Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 20. Sept. 2018 - W 3 K 17.258

bei uns veröffentlicht am20.09.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin streitet mit der Beklagten um die Erstattung einer von der Klägerin bezahlten kinderbezogenen Förderung nach Art. 18 ff. BayKiBiG.

Das Kind M. K. besucht seit dem Jahr 2015 das „… Kinderhaus …“ in W. Es hält sich zeitweise gemeinsam mit seiner Mutter, welche an der Universität W. ein Studium betreibt, in einem Studentenwohnheim im Bereich der Beklagten auf. Der Vater des Kindes wohnt im Bereich der Klägerin, wo sich das Kind M. K. und seine Mutter zeitweise ebenfalls aufhalten.

Am 24. Juni 2016 beantragte die Evangelisch-Lutherische Gesamtkirchengemeinde W. als Trägerin des „… Kinderhaus …“ bei der Klägerin für das Beitragsjahr 2015 eine Gewährung von Betriebskostenförderung nach Art. 18 ff. BayKiBiG.

Auf eine entsprechende Nachfrage der Klägerin beim „… Kinderhaus …“ teilte dessen Leitung mit, die Mutter von M. K. wohne trotz ihres Studiums und des daran gekoppelten Krippenbesuchs ihres Sohnes in W. weiterhin in K. Die Mutter fahre jedes Wochenende (Freitag bis Sonntag, wenn möglich auch Freitag bis Montag) und an allen freien Tagen mit ihrem Kind nach Hause und halte sich dann in der Gemeinde K. auf. Für beide Eltern sei es wichtig, dass der Wohnsitz des Kindes weiterhin in ihrer Gemeinde liege und es sich dort aufhalte, soweit dies möglich sei. Auch wenn das Kind oder die Mutter krank sei, blieben sie in K.. Allerdings werde die Kontinuität des Krippenbesuchs auch während der Semesterferien beibehalten, damit das Kind nicht den Bezug zur Gruppe verliere; ca. zweimal im Monat (keine festen Wochenenden) verlängere die Mutter mit dem Kind Wochenenden (z.B. Freitag bis Montag) in K..

Mit Bescheid vom 21. Juni 2016 bewilligte die Klägerin der Evangelisch-Lutherischen Gesamtkirchengemeinde W. eine kindbezogene Förderung hinsichtlich des Kindes M. K. nach Art. 18 ff. BayKiBiG für das Jahr 2015 in Höhe von 7.137,33 EUR.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2016 bat die Klägerin die Beklagte um eine Erstattung des kommunalen Anteiles der kindbezogenen Förderung in Höhe von 3.309,63 EUR und begründete dies damit, der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes befinde sich in W. Indiz des gewöhnlichen Aufenthalts sei der Beginn des Wegs zum Kinderhaus, der in W. beginne. Im Bereich der Klägerin halte sich das Kind lediglich an „teilweise auch verlängerten“ Wochenenden und an freien Tagen auf. Der Aufenthalt in W. sei nicht vorübergehend.

Mit Schreiben vom 29. Juli 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, den gewöhnlichen Aufenthalt habe jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Es sei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Ob eine voraussichtliche Verweildauer als vorübergehender oder gewöhnlicher Aufenthalt zu werten sei, hänge von der Art und dem Zweck des Aufenthalts ab. Dabei sei eine Prognose zu erstellen. Die Beklagte gehe davon aus, dass trotz des Studiums der Mutter in W. der Lebensmittelpunkt bzw. der regelmäßige Schwerpunkt der persönlichen Lebensverhältnisse und somit der gewöhnliche Aufenthalt in K. liege. Dafür spreche auch, dass die Mutter während des Studiums „nur“ in einem Studentenwohnheim wohne und auch an Wochenenden, wenn möglich auch Freitag bis Montag und an freien Tagen, bei Krankheit der Mutter oder des Kindes, nach K. fahre und sich dann dort aufhalte. Für beide Eltern sei es wichtig, dass das Kind sich in K. aufhalte, soweit dies möglich sei. Der Beginn des Weges des Kindes zur Kindertagesstätte sei für die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts irrerelevant. Damit habe der Träger des Kinderhauses keinen Förderanspruch gegenüber der Beklagten gehabt. Eine Erstattung erfolge nicht. Dem Schreiben war eine Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt.

Mit Schreiben vom 3. August 2016, bei der Beklagten eingegangen am 6. August 2016, erhob die Klägerin Widerspruch und ließ diesen damit begründen, die Mutter sei mit Hauptwohnsitz in W. gemeldet; da sogar während der Ferienzeiten der studierenden Mutter ein Besuch der Kindertagesstätte in W. erfolge, treffe die Rechtsauffassung der Klägerin zu.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2017 wies die Regierung von Unterfranken den Widerspruch zurück und begründete dies damit, das Kind halte sich verstärkt in K. auf, um den Kontakt zur Familie und die Beziehungen im Ort zu festigen. Damit liege trotz des Studiums der Mutter in W. der Lebensmittelpunkt bzw. der regelmäßige Schwerpunkt der persönlichen Lebensverhältnisse und somit der gewöhnliche Aufenthalt in K.

II.

Am 10. März 2017 ließ die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen,

Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Regierung von Unterfranken vom 23. Februar 2017 wird aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, an die Klägerin 3.309,63 EUR zu zahlen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, es sei allein auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen; von der Verweildauer könne auf den Lebensmittelpunkt geschlossen werden, wobei es bei unterschiedlichen Aufenthalten der betreuungsberechtigten Eltern auf den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes ankomme. Die Auffassung der Widerspruchsbehörde, die Mutter halte sich „nur“ aufgrund des Studiums in W. auf und lebe „nur in einem Studentenwohnheim“, sei als Kriterium für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht tauglich. Es komme nicht auf den Grund des Aufenthalts, sondern auf den tatsächlichen Aufenthalt an.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, grundsätzlich sei meist von der tatsächlichen Verweildauer auf den Lebensmittelpunkt zu schließen. Dies werde in der Regel auch bei längeren Studienaufenthalten angenommen. Ob ein gewöhnlicher Aufenthalt vorliege, sei ausgehend von bekannten Umständen des Einzelfalles anhand einer Prognose zu beurteilen. Die Mutter halte sich mit dem Kind lediglich in Zeiten in W. auf, die sie für die Durchführung des Studiums benötige; alle anderen Zeiten verbringe sie in K., wo der Lebensmittelpunkt der Familie liege. Für beide Eltern sei es wichtig, dass der Wohnsitz und damit der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes weiterhin in K. liege und es sich dort aufhalte, soweit dies irgendwie möglich sei und es der Bezug zur Krippengruppe zulasse. Die gemeinsame Familienwohnung liege in K..

Beide Parteien verzichteten auf mündliche Verhandlung.

Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ein von der Klägerin geltend gemachter Erstattungsanspruch hinsichtlich des kommunalen Anteils der kindbezogenen Förderung für den Kinderkrippenbesuch des Kindes M. K. in der Einrichtung „… Kinderhaus … …“ im Jahr 2015.

Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Vorliegend handelt es sich um eine Verpflichtungsklage und nicht um eine allgemeine Leistungsklage, da die Beklagte das Ansinnen der Klägerin nicht mit einfachem Schreiben, sondern in Form eines (insbesondere mit Rechtsbehelfsbelehrung:versehenen) Verwaltungsaktes abgelehnt hat, hinsichtlich dessen zudem ein Widerspruchsbescheid ergangen ist.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltende gemachte Anspruch nicht zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Klägerin stützt ihr Begehren auf § 105 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (BGBl. I 2001, 130), zuletzt geändert durch Art. 6 Gesetz vom 11. November 2016 (BGBl. I, 2500), - SGB X -. Hat hiernach ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der zuständig oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Diese Vorschrift hat den Zweck, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen auszugleichen, die dadurch zustande gekommen sind, dass ein unzuständiger Leistungsträger (rechtswidrig) eine Leistung erbracht hat, für welche ein anderer Leistungsträger zuständig gewesen wäre. Dabei setzt § 105 Abs. 1 SGB X die endgültige Leistungserbringung durch einen - wie im vorliegenden Fall von der Klägerin behauptet - ursprünglich unzuständigen Leistungsträger voraus, während im Fall des § 102 SGB X eine vorläufige Leistung erbracht wird (Böttiger in Diering/Timme, Sozialgesetzbuch X, LPK, 4. Auflage 2016, § 105 Rn. 1 bis 5 m.w.N.). Voraussetzung des Erstattungsanspruches ist es insbesondere, dass die Sozialleistung im Übrigen rechtmäßig und nur deshalb rechtswidrig ist, weil sie durch den unzuständigen Leistungsträger erbracht worden ist (Böttiger a.a.O. Rn. 14).

Während im vorliegenden Fall die weiteren Voraussetzungen des § 105 Abs. 1 SGB X vorliegen, kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, sie habe als unzuständige Leistungsträgerin eine Leistung an den Träger des „… Kinderhaus … …“ erbracht, für welche tatsächlich die Beklagte zuständig gewesen wäre.

Der Anspruch der Träger von Kindertageseinrichtungen - im vorliegenden Fall das „… Kinderhaus … …“ - richtet sich nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz - BayKiBiG) vom 8. Juli 2005 (GVBl. 2005, 236), zuletzt geändert mit § 12 Gesetz vom 24. Juli 2018 (GVBl. 2018, 613) gegen diejenige Gemeinde, in welcher das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinn des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Art. I des Gesetzes vom 11.12.1975, BGBl. I, S. 3015), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz vom 14. August 2017 (BGBl. I, S. 3214) - SGB I - hat (Aufenthaltsgemeinde).

Den gewöhnlichen Aufenthalt hat nach § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Demgegenüber hat jemand gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB I seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Der gewöhnliche Aufenthalt unterscheidet sich vom Wohnsitz dadurch, dass der Wohnsitz auf Dauer angelegt ist und den Mittelpunkt der Lebensverhältnisse bildet, während der gewöhnliche Aufenthalt mehr zukunftsoffen ist und den örtlichen Schwerpunkt der Lebensverhältnisse angibt. Bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse und auf eine vorausschauende Betrachtung an (Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch SGB I, Stand: Juni 2018, § 30 Rn. 11, Rn. 14 f. m.w.N.). Irrelevant ist hingegen, wo der angemeldete Erst- oder Zweitwohnsitz ist (Porsch/Hellfritsch/ Berwanger, Bayerisches Kinderbildungs- und -betreuungsrecht, 3. Auflage 2014, Art. 18 BayKiBiG Rn. 157). Prägend sind das subjektive Kriterium des zukunftsoffenen Verbleibs und das objektive Kriterium der Umstände, die erkennen lassen, dass die Person an dem Ort nicht nur vorübergehend verweilt (Eschelbach/Schindler in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 86 Rn. 2).

Die Frage, ob und wo eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist für jede Person einzeln zu bestimmen. Dies gilt auch für Kinder und Jugendliche, die einen von ihren Eltern oder einem Elternteil abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt haben können. Ein Minderjähriger hat in der Regel seinen gewöhnlichen Aufenthalt an dem Ort, an dem er seine Erziehung erhält; er liegt grundsätzlich bei dem Elternteil, der das Personensorgerecht ausübt und bei dem es sich tatsächlich aufhält. Kleinkinder sind nicht in der Lage, selbstständig einen Willen, an einem bestimmten Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen, zu bilden; dieser Wille wird durch denjenigen der Eltern bzw. des die Personensorge ausübenden Elternteils ersetzt, allerdings muss sich das Kind selbst physisch dort aufhalten (BVerwG, U.v. 26.9.2002 - 5 C 46/01, 5 B 37/5 B 37/01 - juris Rn. 18 bis 20). Dies bedeutet, dass ein Minderjähriger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel an dem Ort hat, an dem er seine Erziehung erhält (OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 15.3.2017 - 4 M 36/17 - juris Rn. 7). Maßgebend ist der Lebensmittelpunkt; bei Personen mit einer Wohnung am Arbeitsplatz und einer weiteren Wohnung bei der Familie wird die familiäre und häusliche Bindung für den Lebensmittelpunkt als ausschlaggebend gehalten (OVG Mecklenburg-Vorpommern, B.v. 27.3.2017 - 1 M 487/16 - juris Rn. 10), sodass dieser gegenüber dem Ort des beruflichen Interesses regelmäßig das größere Gewicht hat (Loos in Wiesner, SGB VIII, Kommentar, 5. Auflage 2015, § 86 Rn. 6).

Unter Zugrundelegung dieser Vorgaben gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Kind M. K. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in K. und damit im Bereich der Klägerin hat.

Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass beide Elternteile gemeinsam das Sorgerecht für das Kind ausüben. Beide Eltern unterhalten für sich und ihr Kind in K. ein „Familienheim“, wo sie sich als Familie gemeinsam aufhalten, „soweit dies möglich ist“ (vgl. Auskunft der stellvertretenden Leitung des „… Kinderhaus … …“ vom 29.4.2016). Sie haben zwar den gemeinsamen Willen, dass sich M. K. gemeinsam mit der Mutter wegen deren Studiums auch in W. aufhalten und dass M. K. dort eine Kindertageseinrichtung besuchen soll; allerdings hat dieser Aufenthalt in W. ein geringeres Gewicht. Er ist zunächst rein durch das dortige Studium der Mutter von M. K. motiviert; familiäre Bindungen sind dort nicht vorhanden. Zwar ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass nach dem Willen der Eltern sich das Kind zusammen mit seiner Mutter auch in Zeiten in W. aufhält, die nicht allein durch den Zwang zur Anwesenheit der Mutter im Rahmen des Studiums vorgegeben sind; dies betrifft die Semesterferien, in welchen sich Mutter und Kind zeitweise allein zu dem Zweck in W. aufhalten, dass M. K. „nicht den Bezug zur Gruppe verliert und um eine stabile Integration gewährleisten zu können“ (vgl. Schreiben der stellvertretenden Leitung des „… Kinderhaus …“ vom 29.4.2016). Allerdings ist dies nicht hinreichend für die Annahme, W. sei der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts, weil M. K. dort seine Erziehung erhalte. Denn die Erziehung eines Kleinkindes erfolgt nicht primär und in erster Linie in der von ihm besuchten Kindertageseinrichtung, sondern gleichmäßig in allen Lebensbeziehungen, in welchen sich das Kind befindet. Deshalb ist diesbezüglich wiederum auf die gesamten Lebensumstände der Familie abzustellen; und hier liegt der Schwerpunkt in K.. Dies wird dadurch deutlich, dass die Eltern möglichst mittels verlängerter Wochenenden und mittels „Urlaub“ (vgl. Stellungnahme der stellvertretenden Leitung des „… Kinderhaus …“ vom 23.5.2016) dem Familienleben in K. ein besonderes Gewicht geben wollen. Dies wird zusätzlich dadurch verdeutlicht, dass das Familienheim in K. auch in Notfällen wie bei Krankheit von Mutter oder Kind die Priorität hat; demgegenüber ist der Aufenthalt in W. rein „zweckorientiert“; die eigentliche „Heimat“ (im qualitativen Sinne) von M. K. liegt in K., wie sich schon aus der Ausführung der stellvertretenden Leitung des „… Kinderhaus …“ vom 29. April 2016 ergibt, die K. als das „Zuhause“ von M. K. bezeichnet.

Demgegenüber kommt es auf eine quantitative Betrachtung und damit auf die Frage, an wie vielen Tagen im Jahr sich M. K. in W. und an wie vielen Tagen er sich in K. aufhält, nicht an.

Damit liegt der örtliche Schwerpunkt der Lebensverhältnisse unter Berücksichtigung einer vorausschauenden Betrachtung in K., wo die Familie immer wieder als solche zusammen ist, sobald die äußeren Lebensumstände es erlauben.

Da somit das Kind M. K. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I in K. hat, hat die Evangelischlutherische Gesamtkirchengemeinde W. als Trägerin des „… Kinderhaus …“ einen kindbezogenen Förderanspruch gegen die Klägerin, die damit örtlich zuständiger Leistungsträger ist. Damit steht der Klägerin ein Anspruch gegen die Beklagte aus § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht zu.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 30 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. (2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt. (3) Einen Wohnsitz hat jem

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 102 Anspruch des vorläufig leistenden Leistungsträgers


(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig. (2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorle

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 105 Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers


(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleist

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Gründe 1 Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, der auswärtigen Betreuung des am 11. Januar 2011 geborenen Antragstellers in der Kindertage

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Hat ein Leistungsträger auf Grund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht, ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

Gründe

1

Das Verwaltungsgericht hat dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache aufgegeben, der auswärtigen Betreuung des am 11. Januar 2011 geborenen Antragstellers in der Kindertagesstätte „Kinderland“ in D-Stadt zuzustimmen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat nach den von ihm erhobenen Einwänden, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), Erfolg.

2

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie entgegen dem Vorbringen des Antragstellers rechtzeitig eingelegt und begründet worden. Nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen und innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe zu begründen (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Diese Fristen haben hier nicht bereits mit der Übermittlung der erstinstanzlichen Entscheidung an den Antragsgegner durch Telefax (Telekopie) am 24. Januar 2017, sondern erst mit der Zustellung durch die Post gegen Empfangsbekenntnis am 30. Januar 2017 begonnen, so dass die Einlegung der Beschwerde am 10. Februar 2017 und deren Begründung am 28. Februar 2017 rechtzeitig erfolgt sind. Die Übermittlung eines Beschlusses durch Telefax setzt die Frist nach § 147 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO nur dann in Lauf, wenn sie gegen ein Empfangsbekenntnis gemäß § 174 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolgt (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 18. August 2008 - 2 M 103/08 -, NJW 2009, S. 166; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 147 Rn. 3). Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Beschluss zwar am 24. Januar 2017 an die Beteiligten durch Telefax übermittelt, diese Übermittlung aber in den entsprechenden Fax-Anschreiben nicht mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet. Mit Eingangsdatum, Stempel und Unterschrift zu versehende und zurückzusendende Empfangsbekenntnisse hat das Verwaltungsgericht den Beteiligten hingegen erst zusammen mit den durch die Post übersandten Ausfertigungen des angefochtenen Beschlusses übermittelt. Dementsprechend haben die Beteiligten auf diesen Empfangsbekenntnissen auch nicht das Datum des Faxeingangs am 24. Januar 2017, sondern das jeweilige Zustellungsdatum der durch die Post übersandten Beschlussausfertigungen als für die Zustellung maßgebliches Eingangsdatum eingetragen. Ausweislich dieser Eintragungen erfolgte der Eingang beim Antragsgegner erst am 30. Januar 2017.

3

Vor diesem Hintergrund ist es für den Beginn der Rechtsmittel(begründungs)frist auch unerheblich, ob der Antragsteller dem Antragsgegner den angefochtenen Beschluss am 26. Januar 2017 per E-Mail übermittelt hat; auch dadurch wäre dem Zustellungserfordernis gemäß § 174 Abs. 2 ZPO nicht genügt. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen von § 174 Abs. 3 ZPO (Zustellung durch elektronisches Dokument) erfüllt.

4

Der Bescheid vom 27. Januar 2017, mit dem der Antragsgegner der auswärtigen Betreuung des Antragstellers in der Kindertagesstätte „Kinderland“ in D-Stadt bis zur unanfechtbaren Entscheidung in der Hauptsache zugestimmt hat, führt nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Der Bescheid dient der Umsetzung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts. Ein Rechtsmittelverzicht liegt hierin nicht, denn der Bescheid ist ausdrücklich „vorbehaltlich einer Überprüfung […] im Rechtsmittelverfahren“ ergangen.

5

2. Die Beschwerde ist auch begründet. Der Antragsteller hat entgegen § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

6

a) Gemäß § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege des Landes Sachsen-Anhalt (Kinderförderungsgesetz - KiFöG) vom 5. März 2003 (GVBl. LSA S. 48), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. November 2016 (GVBl. LSA S. 354), hat jedes Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt im Land Sachsen-Anhalt bis zur Versetzung in den 7. Schuljahrgang Anspruch auf einen ganztägigen Platz in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch richtet sich nach § 3 Abs. 4 KiFöG gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Gebiet das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die Leistungsberechtigten nach § 3 KiFöG haben das Recht, im Rahmen freier Kapazitäten zwischen den verschiedenen Tageseinrichtungen am Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes oder an einem anderen Ort zu wählen (§ 3b Abs. 1 Satz 1 KiFöG); der Wahl soll entsprochen werden, sofern dies nicht mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist (§ 3b Abs. 2 KiFöG). Auch der Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts gemäß § 3b Abs. 1 Satz 1 KiFöG richtet sich gegen den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 16. September 2014 - 4 M 120/14 -, juris, Rn. 5).

7

Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass er seinen gewöhnlichen Aufenthalt (noch) in Sachsen-Anhalt hat. Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes im Sinne von § 3 Abs. 1 und 4, § 3b Abs. 1 Satz 1 KiFöG ist auf die Definition des Begriffs „gewöhnlicher Aufenthalt“ in § 86 SGB VIII zurückzugreifen, der die örtliche Zuständigkeit für die Gewährung von Leistungen nach dem SGB VIII regelt. Denn der landesrechtliche Rechtsanspruch auf Betreuung in einer Tageseinrichtung (§ 3 Abs. 1 und 4 KiFöG) und das Wunsch- und Wahlrecht nach § 3b KiFöG knüpfen an die bundesrechtlichen Vorgaben gemäß § 24 und § 5 SGB VIII an (vgl. LTDrucks. 4/399, S. 18 f.; LTDrucks 4/1682, S. 9; vgl. auch OVG LSA, Beschluss vom 30. April 2015 - 4 M 41/15 -, juris, Rn. 5). Ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne von § 86 SGB VIII hat eine Person an dem Ort oder in dem Gebiet, an oder in dem sie sich bis auf weiteres im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und den Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen hat. Bei Minderjährigen, insbesondere Kindern, kommt es für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts maßgeblich auf den Willen des oder der Sorgeberechtigten an. Ein Minderjähriger hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Regel an dem Ort, an dem er seine Erziehung erhält, wobei es bei einer Unterbringung außerhalb der Familie maßgeblich ist, ob sie nur vorübergehend oder auf Dauer erfolgen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. März 2010 - 5 C 12/09 -, juris, Rn. 25).

8

Nach dem ergänzend heranzuziehenden § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I, zu dem sich für den hier zu beurteilenden Fall aus dem Achten Buch Sozialgesetzbuch Abweichendes nicht ergibt (§ 37 Satz 1 SGB I), hat jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Zur Begründung eines „gewöhnlichen Aufenthalts“ ist ein dauerhafter oder längerer Aufenthalt nicht erforderlich, es genügt vielmehr, dass der Betreffende sich an dem Ort oder in dem Gebiet „bis auf weiteres“ im Sinne eines zukunftsoffenen Verbleibs aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Die Frage, ob und wo eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist für jede Person einzeln zu bestimmen ist; dies gilt auch für Kinder und Jugendliche, die einen von ihren Eltern oder einem Elternteil abweichenden gewöhnlichen Aufenthalt haben können (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 - 5 C 46/01, 5 B 37/5 B 37/01 – juris, Rn. 18).

9

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein minderjähriges Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei dem Elternteil hat, der das Personensorgerecht ausübt und bei dem es sich tatsächlich aufhält. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes kann allerdings auch abweichend von dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern bzw. der sonstigen Personensorgeberechtigten bestimmt werden. Die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt auch bei minderjährigen Kindern eine tatsächliche Aufenthaltsnahme voraus; diese Voraussetzung kann nicht durch den bloßen Willen eines personensorgeberechtigten Elternteils, an einem Ort einen gewöhnlichen Aufenthalt für das Kind zu begründen, oder entsprechende objektive Vorbereitungshandlungen (etwa Anmietung und Einrichtung einer Wohnung; melderechtliche Anmeldung) ersetzt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2002 - 5 C 46/01, 5 B 37/5 B 37/01 – juris, Rn. 19).

10

b) Gemessen an diesen Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er seit dem 1. Januar 2017 „unter der Woche“ nicht mehr bei seinem Vater wohne, sondern bei seiner 77-jährigen Urgroßmutter und ihrem 78-jährigen Lebensgefährten in A-Stadt und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Hierfür reicht – wie ausgeführt – weder der Wille des personensorgeberechtigten Vaters aus, den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers in A-Stadt zu begründen, noch die melderechtliche Anmeldung des Antragstellers in A-Stadt. Maßgeblich ist, ob der Antragsteller sich bei seiner Urgroßmutter und ihrem Lebensgefährten bis auf weiteres aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat. Dies ist weder nachvollziehbar dargelegt noch sonst ersichtlich. Vor allem ist unklar, weshalb der Antragsteller aufgrund des berufsbedingten Umzugs seines Vaters von O-Stadt nach J-Stadt (Landkreis Helmstedt) nicht weiterhin bei diesem wohnen sollte, zumal die vom Antragsteller besuchte Kindertagesstätte „Kinderland“ in D-Stadt nur ca. 6 km vom neuen Wohnsitz des Kindsvaters entfernt ist statt wie bisher ca. 18 km. A-Stadt, der Wohnort der Urgroßmutter des Antragstellers, ist dagegen ca. 29 km von D-Stadt entfernt. Dem Senat erschließt sich nicht, weshalb die 77-jährige Urgroßmutter des Antragstellers oder ihr 78-jähriger Lebensgefährte es auf sich nehmen sollten, den Antragsteller täglich in die Kindertagesstätte zu bringen und von dort abzuholen, wenn die Wohnung des Kindsvaters, der dies auch bisher erledigt hat, soviel näher liegt.

11

Hinzu kommt, dass nach dem Vorbringen des Antragsgegners in der Beschwerdebegründung bei drei unangekündigten Hausbesuchen (am 24. Januar 2017 um 16.00 Uhr, am 14. Februar 2017 um 17.00 Uhr und am 16. Februar 2017 um 17.15 Uhr) der Antragsteller im Haushalt seiner Urgroßmutter nicht angetroffen wurde. Bei dem ersten Hausbesuch habe der Lebensgefährte der Urgroßmutter angegeben, dass sich der Antragsteller oft am Wochenende in A-Stadt aufhalte. Er habe dort aber weder ein Kinderzimmer noch ein eigenes Bett. Der Lebensgefährte der Urgroßmutter habe zudem bestätigt, dass der Antragsteller während der Woche im Haushalt des Kindsvaters in J-Stadt wohne und von diesem zur Kindertagesstätte nach D-Stadt gebracht und von dort abgeholt werde. Nach Angaben des Antragsgegners sei diese Verfahrensweise auch vom Träger der Kindertageseinrichtung, dem (…) H-Stadt, bestätigt worden. Dies wird auch durch die am 15. März 2017 vorgelegte Stellungnahme des Lebensgefährten der Urgroßmutter vom 11. März 2017 und die „Bestätigungen der Nachbarschaft“ nicht in Zweifel gezogen. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass der Antragsteller sich während der Woche (Montag bis Freitag) bei der Urgroßmutter aufhält und von ihr bzw. ihrem Lebensgefährten in die Kindertagesstätte gebracht wird. Damit ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller sich tatsächlich dauerhaft in A-Stadt aufhält und dort den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.

12

Da der Antragsteller nach summarischer Prüfung seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb von Sachsen-Anhalt hat, ist der Antragsgegner nicht nach § 3 Abs. 1 und 4, § 3b Abs. 1 Satz 1 KiFöG anspruchsverpflichtet. Dem Antragsteller bleibt es unbenommen, seinen bundesgesetzlichen Anspruch auf Ausübung des Wunsch- und Wahlrechts gemäß § 24 i. V. m. § 5 SGB VIII gegenüber dem örtlich zuständigen Jugendhilfeträger geltend zu machen (vgl. auch VG Magdeburg, Urteil vom 10. Dezember 2015 - 6 A 37/15 -, juris, Rn. 15 ff.), wobei offen bleiben kann, ob dieser Anspruch nicht schon durch den Bescheid des Landkreises Helmstedt vom 13. Februar 2017 erfüllt ist.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 188 Satz 2 VwGO.

14

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Tenor

1. Das Verfahren wird eingestellt.

2. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. Oktober 2016 – 2 B 1738/16 – wird für unwirksam erklärt.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner je die Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Weiterförderung der Ganztagsbetreuung ihrer Tochter durch den Antragsgegner in einer Kindertageseinrichtung in A-Stadt.

2

Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO, den Antragsgegner zu verpflichten, die Ganztagesbetreuung ihrer am 15. September 2013 geborenen Tochter über den 1. September 2016 weiter zu fördern, abgelehnt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Antragstellerin habe das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 KiFöG M-V haben Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern ab Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Eintritt in die Schule einen Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung. Die Tochter der Antragstellerin habe ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in A-Stadt. Sie erfahre die Erziehung durch die Antragstellerin jeweils regelmäßig von Montag bis Freitag in A-Stadt und am Samstag und Sonntag auf Rügen, damit sei A-Stadt der Mittelpunkt ihrer Lebensverhältnisse und damit der Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes.

3

Nach Zustellung dieses Beschlusses am 19. Oktober 2016 hat die Antragstellerin am 2. November 2016 Beschwerde eingelegt, die sie am 17. November 2016 begründet hat.

4

Der Antragsgegner hält die Beschwerde für unbegründet, u. a. sei gegen eine Weiterbewilligung einzuwenden, dass diese mit unvertretbaren Mehrkosten verbunden sei. Für die Tagespflege in A-Stadt fielen monatlich 883,00 € an, der Kostensatz für die Kindertagespflege ganztags belaufe sich in der Gemeinde D... auf 458,27 €.

5

Mit Schreiben vom 15. Februar 2017 hat die Antragstellerin die Erledigung des Verfahrens in der Hauptsache erklärt, nachdem das Land A-Stadt nunmehr den Anspruch der Antragstellerin mit Wirkung vom 1. September 2016 erfülle. Der Antragsgegner hat sich dieser Erklärung angeschlossen.

II.

6

Nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen und die Entscheidung des Verwaltungsgerichts gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO für wirkungslos zu erklären. Die Entscheidung trifft gemäß § 87a Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwGO der Berichterstatter allein.

7

Gemäß § 161 Abs. 2 VwGO ist nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten nur noch über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden. Danach entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, nach dem Grundsatz des § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten dem Beteiligten aufzuerlegen, der voraussichtlich in der Hauptsache unterlegen gewesen wäre, hätte sich der Rechtsstreit nicht in der Hauptsache erledigt (BVerwG, Urt. v. 06.04.1989 – 1 C 70/86 –, BVerwGE 81, 356, 363, zit. nach juris Rn. 32). Neben der Frage der Erfolgsaussichten ist für die Kostenentscheidung von Bedeutung, ob einer der Beteiligten durch eigenen Willensentschluss die Erledigung veranlasst hat (vgl. nur Redeker/ von Oertzen, VwGO, 16. Aufl. § 161 Rn. 6 mit Hinw. zur Rechtspr.).

8

Der Senat hält danach die hälftige Kostenteilung für angemessen, insbesondere da bei vorzunehmender summarischer Prüfung – im Eilverfahren ohnehin und nach Erledigung zudem – die zulässige Beschwerde der Antragstellerin auch (teilweise) begründet gewesen wäre.

9

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn ihre Tochter hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Förderung gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 KiFöG M-V. Nach dieser Vorschrift haben Kinder mit gewöhnlichem Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern ab Vollendung des dritten Lebensjahres bis zum Eintritt in die Schule einen Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung. Diese Voraussetzungen erfüllt die Tochter der Antragstellerin, insbesondere hat sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in D... auf Rügen und damit im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.

10

Gemäß § 86 Abs. 1 SGB VIII ist für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch der örtliche Träger zuständig, in dessen Bereich die Eltern ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Ohne Bedeutung ist hierbei, ob Vater oder Mutter das Personensorgerecht für das Kind haben. Der Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ wird in § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I legal definiert. Danach hat den gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Der gewöhnliche Aufenthalt bestimmt sich nach dem Lebensmittelpunkt. Bei Pendlern mit einer Wohnung am Arbeitsort und einer weiteren bei der Familie ist die familiäre Bindung für den Lebensmittelpunkt ausschlaggebend (vgl. Kunkel-Kepert, SGB VIII, 5. Aufl., § 86 Rn. 13 mit Hinw. auf Rechtspr.). Der Lebensmittelpunkt der noch minderjährigen Tochter der Antragstellerin befindet sich somit im Familienheim ihrer Eltern in D.... Dort haben ihre Eltern und damit auch sie dem Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen. Darauf, dass die Antragstellerin von montags bis freitags in A-Stadt arbeitet und diese Tätigkeit auch nicht mehr vorübergehend ist und die Tochter der Antragstellerin in einer Kindertageseinrichtung in A-Stadt tatsächlich betreut wird, kommt es nicht an. Soweit § 3 Abs. 3 Satz 1 KiFöG M-V den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes beschreibt, bestimmt die Vorschrift nichts Abweichendes zu § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I37 Satz 1 SGB I).

11

Schon nach den objektiven Verhältnissen spricht alles dafür, dass der Lebensmittelpunkt der Tochter der Antragstellerin D... ist, denn dort haben sich ihre Eltern ein Familienheim gekauft und nur dort leben beide Elternteile gemeinsam. Dementsprechend haben beide Elternteile dieses Hausgrundstück melderechtlich als ihre Hauptwohnung angegeben. Dagegen ist melderechtlich nichts einzuwenden. Gemäß § 22 Abs. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) ist Hauptwohnung eines verheirateten oder eine Lebenspartnerschaft führenden Einwohners, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie oder seinem Lebenspartner lebt, die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie oder der Lebenspartner. Diese Vorschrift gilt zwar allein dem Wortlaut nach nicht für nichteheliche Lebensgemeinschaften – wie die der Antragstellerin –, sie ist jedoch mindestens dann auf solche Lebensgemeinschaften entsprechend anzuwenden, wenn aus der Lebensgemeinschaft ein gemeinsames Kind hervorgegangen ist und die nichteheliche Lebensgemeinschaft deshalb als Familie anzusehen ist, die unter den grundrechtlichen Schutz von Art. 6 Abs. 1 GG steht. Einer analogen Anwendung dieser Vorschrift bedarf es jedoch nicht, weil sich dieses Ergebnis auch über die Zweifelsregelung des § 22 Abs. 3 BMG erreichen lässt. Nach dieser Vorschrift ist in Zweifelsfällen die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen des Einwohners liegt. Darauf, ob nur die Antragstellerin oder auch der Kindesvater die elterliche Sorge innehaben, kommt es dabei nicht an. Denn die Eltern leben nicht getrennt voneinander. Deshalb geht der Hinweis des Antragsgegners auf § 86 Abs. 2 SGB VIII fehl. Denn diese Vorschrift setzt voraus, dass die Eltern verschiedene gewöhnliche Aufenthalte haben, also insbesondere nicht (mehr) zusammenwohnen.

12

Dem Anspruch auf vorläufige Weiterförderung hätte – ausnahmsweise – auch nicht das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegengestanden, weil die Tochter der Antragstellerin von dem Antragsgegner bereits in der Vergangenheit vom 1. November 2014 bis 30. August 2016 in derselben Einrichtung in A-Stadt, für die die Antragstellerin die Weiterförderung begehrt hat, fortlaufend gefördert worden war. Für diesen Zeitraum hatte der Antragsgegner den Förderanspruch für das Kind in der Berliner Einrichtung mit Bescheid vom 6. Oktober 2014 bestätigt.

13

Die Beschwerde der Antragstellerin wäre jedoch ohne die Erledigungserklärungen nicht in vollem Umfang begründet gewesen. Denn die Antragstellerin hätte nur einen Anspruch auf Neubescheidung gehabt. Denn die Ermessensentscheidung des Antragsgegners war insoweit fehlerhaft, als er die Weiterförderung insgesamt mit der Begründung abgelehnt hat, dass eine Förderung unverhältnismäßig sei, weil die Kostenhöhe der Kindertagepflege in A-Stadt 883,00 € und in D... nur 458,27 € betrage. Vielmehr hätte der Antragsgegner im Rahmen seiner Ermessensentscheidung prüfen müssen, ob er zumindest eine der Höhe nach begrenzte Förderung ermöglichen kann. Für die Finanzierung bei Inanspruchnahme von Angeboten außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt § 22 KiFöG M-V Folgendes:

14

„Wählen Personensorgeberechtigte eine Kindertageseinrichtung oder Tagespflegeperson außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, so gilt der in der Vereinbarung nach § 16 für die gewählte Kindertageseinrichtung oder für die gewählte Tagespflegeperson bestimmte Anteil des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe an der Finanzierung der Entgelte auch für den zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, jedoch begrenzt auf den durchschnittlich entstehenden Entgeltanteil im eigenen Zuständigkeitsbereich.“

15

§ 22 KiFöG ist eine gesetzliche Regelung der Ermessensausübung im Hinblick auf das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern aus § 5 SGB VIII. Eine Ermessensentscheidung, die diese Begrenzungsvorschrift nicht in den Blick nimmt, und die Kostenübernahme als unverhältnismäßig insgesamt verweigert, ist fehlerhaft. Auch darf dabei nicht allein auf die Kosten der Kindereinrichtungen in der Gemeinde D... abgestellt werden, vielmehr ist die Förderung gemäß § 22 a. E. KiFöG M-V begrenzt auf den durchschnittlich entstehenden Entgeltanteil im eigenen Zuständigkeitsbereich, also auf die auf den gesamten Landkreis Vorpommern-Rügen bezogenen Durchschnittskosten für einen Ganztagstagespflegeplatz. Vor diesem Hintergrund wäre der Antrag der Antragstellerin neu zu bescheiden gewesen.

16

Die Nichterhebung von Gerichtskosten folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.

17

Hinweis:

18

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs gelten für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben.

(2) Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts bleiben unberührt.

(3) Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.

(1) Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. § 104 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Der Umfang des Erstattungsanspruchs richtet sich nach den für den zuständigen Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten gegenüber den Trägern der Eingliederungshilfe, der Sozialhilfe, der Kriegsopferfürsorge und der Jugendhilfe nur von dem Zeitpunkt ab, von dem ihnen bekannt war, dass die Voraussetzungen für ihre Leistungspflicht vorlagen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.