Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Juli 2017 - W 2 K 15.1223

bei uns veröffentlicht am19.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer Schmutzwassergebühr.

1. Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks T... Str. ... in ... Z. das an die als öffentliche Einrichtung betriebene Entwässerungseinrichtung des Beklagten angeschlossen ist.

2. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 setzte der Beklagte für das oben bezeichnete Grundstück u.a. Schmutzwassergebühren für den Abrechnungszeitraum 1. Oktober 2011 bis 30. September 2012 in Höhe von 266,56 EUR fest. Er legte der Berechnung einen Verbrauch von 98 m³ und den in § 10 Abs. 1 Satz 2 der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Marktes Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen (BGS-EWS R/Z) vom 15. September 2010 i.d.F. der 1. Änderungssatzung vom 17. September 2013 festgesetzten Gebührensatz in Höhe von 2,72 EUR pro m³ zugrunde. Ein Zustellungsdatum für den Bescheid ist der Behördenakte nicht zu entnehmen.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 21. November 2012, beim Beklagten am 23. November 2012 eingegangen, Widerspruch ein, über den bislang nicht entschieden wurde.

II.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2015, eingegangen bei Verwaltungsgericht Würzburg am 2. Dezember 2015, ließ der Kläger gegen die Festsetzung der Schmutzwassergebühren im Bescheid vom 29. Oktober 2012 Klage erheben.

Die Klage wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Parteien seien längere Zeit in Verhandlungen wegen der Aufklärung der Gebührenkalkulation gewesen. Diese Gespräche seien jedoch ohne Erfolg geblieben, weshalb die Klage gem. § 75 VwGO zulässig sei.

Die Gebührenkalkulation sei fehlerhaft. Insbesondere sei das Anlagevermögen zu hoch angesetzt, weil früher erhobene Beiträge beim Anlagevermögen nicht in Abzug gebracht worden seien. Nach Auskunft des Beklagten seien schon bei der Gebührenkalkulation des Jahres 2003 Entwässerungsbeiträge in Höhe von 3 Mio. EUR aus tatsächlich erhobenen und vereinnahmten Verbesserungsbeiträgen des Jahres 1996 nicht berücksichtigt worden. 2001 sei ein Kommunalberatungsbüro beauftragt worden, erstmals die für die Berechnung der kalkulatorischen Kosten erforderlichen Unterlagen zu erstellen. Die hierfür erforderlichen Daten habe das Büro vom Beklagten erhalten. Hierbei sei dem Beklagten jedoch ein entscheidender Fehler unterlaufen. 3 Mio. EUR Einnahmen aus Ergänzungsbeiträgen für die Erweiterung der Kläranlage seien nicht „gemeldet“ worden. Dies habe zur Folge gehabt, dass die kalkulatorischen Zinsen und die Abschreibungen von einem überhöhten Anlagevermögen berechnet worden seien, was zu einer Gebührenerhöhung von 2,60 EUR pro qm auf 3,98 EUR pro m³ geführt habe. Der Gemeinderat habe am 5. Dezember 2006 zudem eine weitere Erhöhung auf 4,44 EUR pro m³ beschlossen. Es habe sich eine Bürgerinitiative gebildet, die Auskunft über die Gebührenexplosion gefordert habe. Daraufhin sei zwar der kalkulatorische Zinssatz gesenkt worden, die Höhe des tatsächlichen Anlagevermögens sei trotz ständiger Nachfrage jedoch nicht nachprüfbar gewesen. Aufgrund der Zweifel an der Richtigkeit der Gebührenkalkulation habe der Beklagte die an das Satzungsbüro gemeldeten Vermögensdaten nochmals überprüft und dabei die nicht berücksichtigten 3 Mio. EUR „gefunden“. Ab dem Jahr 2007 habe der Beklagte das Anlagevermögen dann zwar um 1,6 Mio. EUR gekürzt, nicht jedoch um die vollen 3 Mio. EUR. Es stünden noch 1,4 Mio. EUR aus den Verbesserungsbeiträgen des Jahres 1996 im Raum, um die das Anlagevermögen bei der Gebührenkalkulation, die der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Markts Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen vom 15. September 2010 zugrunde liege, vermindert werden müsse. Der Beklagte habe gegenüber der Bürgerinitiative erklärt, dass Rechnungen aus den 1960er Jahren fälschlicherweise unter „Straßenbau“ und nicht unter „Abwasser“ verbucht worden seien und es Übertragungsfehler und Zahlendreher in Höhe von weiteren 760.000 EUR gegeben habe. Laut Beklagtem seien von den 3 Mio. EUR deshalb nur 1,6 Mio. EUR geblieben, um die das Anlagevermögen gekürzt worden sei. Belege hierzu seien nicht vorgelegt worden. Der Beklagte habe sich dann mit der Bürgerinitiative darauf geeinigt, anhand von drei Rechnungen zu überprüfen, ob für die fälschlicherweise unter Straßenbau verbuchten Ausgaben nicht bereits Beiträge von Anliegern erhoben worden seien und wie sich der Betrag in Höhe von 640.000 EUR zusammensetze. Dies könne anhand der Sachbücher und Jahresabrechnungen jedoch nicht geprüft werden. Die Ausgabenzusammenstellungen für die Beitragsberechnung hätten von der Bürgerinitiative nicht eingesehen werden können. Auch dem Kläger sei eine Überprüfung der Gebührenkalkulation letztlich nicht möglich, da die hierzu erforderlichen Unterlagen dem Kläger nicht zugänglich gemacht worden seien. Zahlendreher in Höhe von 760.000 EUR seien nicht glaubhaft und könnten nicht nachvollzogen werden. Die dem Anlagevermögen zu Grunde liegenden Einnahmen und Ausgaben aus den Sachbüchern der Rechnungsjahre 1950 bis 2000 seien lediglich von einem Mitarbeiter des Beklagten ermittelt und dem Satzungsbüro zur Verfügung gestellt worden, das die Gebührenkalkulation vorgenommen habe. Die Abwassergebühr sei zu hoch, da bei der Erstellung der Gebührenkalkulation die aus den 3 Mio. EUR verbleibenden 1,4 Mio. EUR unberücksichtigt geblieben sei. Dies führe zur Nichtigkeit der Satzung und zur Rechtswidrigkeit der Gebührenbescheide.

Ferner habe der Beklagte einen zu hohen Fremdwasseranteil von deutlich über 50% in seiner Entwässerungseinrichtung. Daraus resultiere ein nicht betriebsbedingter Aufwand, der nicht in der Gebührenkalkulation berücksichtigt werden dürfe. Im Jahr 2005 sei eine Schutzwassermenge von 522.000 m³ in die Kläranlage des Zweckverbandes eingeleitet worden, während der Frischwasserbezug im Gemeindegebiet nur 241.000 m³ betragen habe. Das meiste Fremdwasser komme aus dem Baugebiet „Lerlach“, aus dem die Eigentümer sehr viel Grundwasser über ihre Drainagen in die Kanalisation einleiten würden. Unabhängig davon, dass diese Einleitung aufgrund der einschlägigen DIN-Vorschriften unzulässig sei, sei die Umlegung der Kosten auf sämtliche Gebührenschuldner des Ortes rechtswidrig. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 30. November 2015, 25. August 2016 und 12. Juli 2017 Bezug genommen.

Der Kläger lässt beantragen,

Der Gebührenbescheid vom 29. Oktober 2012 wird hinsichtlich der Gebühr für das Abwasser/Schmutzwasser aufgehoben.

Der Beklagte lässt beantragen,

die Klage wird abzuweisen.

Es wird im Wesentlichen ausgeführt:

Der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Insbesondere sei die Gebührenkalkulation nicht fehlerhaft. Richtig sei zwar, dass in den Ortsteilen Zellingen und Retzbach in den Jahren 1994 und 1995 Verbesserungsmaßnahmen im Bereich der Entwässerungseinrichtung (Kanal) durchgeführt und entsprechende Vorauszahlungen erhoben worden seien. Auch seien die früheren Beitrags- und Gebührensatzungen nichtig gewesen. Spätestens seit Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Markts Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen vom 15. September 2010 verfüge der Beklagte jedoch über wirksames Satzungsrecht. Die darin festgesetzten Gebührensätze beruhten auf der Gebührenkalkulation der ... ... GmbH, die mit der Korrektur sowie der Kalkulation des Gebührensatzes für die neue Kalkulationsperiode ab 2010 beauftragt worden sei. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Gebührenkalkulation bestünden nicht. Soweit seitens des Klägers vorgebracht werde, dass das darin berücksichtigte Anlagevermögen in fehlerhafter Weise zu hoch angesetzt worden sei, treffe das nicht zu. Der Gemeinderat des Beklagten habe in seiner Sitzung vom 14. September 2010 eine Übergangsregelung beschlossen, dass noch nicht bestandskräftige Gebührentatbestände nach Maßgabe der Satzung vom 15. September 2010 veranlagt würden. Damit sei sichergestellt, dass sich eine etwaige Fehlerhaftigkeit früherer Gebührenkalkulationen nicht auf die hier verfahrensgegenständlichen Gebührenfestsetzungen auswirken könne. Die vom Beklagten im Jahr „1976“ (wohl gemeint: 1996) erhobenen Verbesserungsbeiträge im Umfang von umgerechnet 3 Mio. EUR seien im Rahmen der Kalkulation berücksichtigt worden. Aus dem Gemeinderatsbeschluss vom 2. April 2007 sei ersichtlich, dass nach Bekanntwerden der Nichtberücksichtigung von Einnahmen aus Verbesserungsbeiträgen für die öffentliche Entwässerungseinrichtung in Höhe von ca. 3 Mio. EUR der Anlagennachweis rückwirkend bis in die 1950er Jahre neu aufgestellt worden sei. In der Folge seien die kalkulatorischen Kosten im Rahmen einer Nachkalkulation unter Berücksichtigung der seinerzeit außer Acht gebliebenen Einnahmen aus den Verbesserungsbeiträgen von 3 Mio. EUR neu berechnet worden – mit der Konsequenz, dass rückwirkend für die Zeit ab 1998 sowohl die Abschreibungen wie auch die kalkulatorischen Zinsen im Rahmen sämtlicher folgenden Kalkulationsperioden korrigiert worden und der daraus resultierende Einnahmenüberschuss jeweils in den folgenden Kalkulationszeitraum mit der Folge einer sukzessiven Gebührensenkung vorgetragen worden sei. Aus einer beigefügten Übersicht über die ursprüngliche Kalkulation und die im Jahr 2007 neu erstellte Kalkulation sei ersichtlich, dass sich der Gebührensatz für Schmutzwassergebühren von ursprünglich 4,44 EUR je m³ auf den korrekten Gebührensatz von 2,99 EUR je m³ im Jahr 2007 ermäßigt habe. Anlässlich der Kalkulation der Niederschlagswassergebühr sei ferner eine erneute Korrektur der Kalkulation erfolgt. Dies habe zur Folge gehabt, dass sich der Gebührensatz für Schmutzwasser von 2,99 EUR je m³ nochmals auf 2,72 EUR je m³ ermäßigt habe. Im Jahr 2016 sei eine erneute Kalkulation erstellt worden, mit der Konsequenz, dass der Gebührensatz für Schmutzwasser mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 auf 2,87 EUR je m³ festgesetzt worden sei. Die Behauptung, der Beklagte habe Zahlendreher und Übertragungsfehler bei der Korrektur über 760.000 EUR zugestanden, sei unzutreffend. Für das weitere Vorbringen wird auf die Schriftsätze vom 14. Juni 2016, 6. September 2016 und 12. Juni 2016 Bezug genommen.

Nach Auskunft des Beklagten ist eine behördliche Entscheidung über die Widersprüche der Kläger im Hinblick auf die gerichtlichen Verfahren nicht mehr beabsichtigt.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurden die Verfahren W 2 K 15.1224 bis W 2 K 15.1226 vom Verfahren W 2 K 15.1223, die sich auf weitere Grundstücke des Klägers bzw. Gebührenbescheide für einen vorangegangen Abrechnungszeitraum beziehen, abgetrennt.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Gerichtsakte, die beigezogene Behördenakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2017 Bezug genommen.

Gründe

Die als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO statthafte Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die mit Gebührenbescheid vom 29. Oktober 2012 für das Grundstück T... Str. ..., 9. Z., festgesetzten Schmutzwassergebühren sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1.1 Gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i.d.F. d. Bek. vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, BayRS 2024-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl S. 36), können Gemeinden für die Benutzung ihrer öffentlichen Einrichtungen auf Grund einer besonderen Abgabensatzung, welche die Schuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab, den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen muss, Benutzungsgebühren erheben. Zu diesen Einrichtungen zählt auch die als öffentliche Einrichtung betriebene Entwässerungseinrichtung des Beklagten.

Von dieser Ermächtigung hat der Beklagte durch den Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Markts Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen vom 15. September 2010 Gebrauch gemacht. Diese wurde einschließlich der späteren Änderungssatzung vom 17. September 2013 ordnungsgemäß gem. Art. 26 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (Gemeindeordnung - GO) i.d.F. d. Bek. vom 22. August 1998 (GVBl S. 796; BayRS 2020-1-1-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl S. 335), jeweils im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft bekannt gemacht.

Jenseits des in § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS R/Z vom 15. September 2010 festgesetzten Gebührensatzes für Schmutzwasser sind Anhaltspunkte für die Nichtigkeit der Satzung weder vorgetragen noch ersichtlich.

1.2 Im Streit steht allein die Höhe des in § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS-EWS R/Z vom 15. September 2010 für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2013 festgesetzten Gebührensatzes.

Gem. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG soll das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben decken, darf diese – bei Einrichtungen mit Anschluss- und Benutzungszwang – jedoch nicht überschreiten. Damit wird das Kostendeckungsprinzip als zentrales Prinzip der Gebührenkalkulation im Kommunalabgabenrecht verankert. Es bestimmt als Obergrenze, wie hoch die Gesamtheit des Gebührenaufkommens für die Einrichtung sein darf. Allerdings verlangt es nicht, dass nachträglich Gebührenaufkommen und Kosten rechnerisch genau gegenüberzustellen wären und sich aus einer aufgrund einer ex-post-Betrachtung ergebenden Überschreitung eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips ergeben würde. Vielmehr ist die Prognose der entstehenden Kosten zum Zeitpunkt des Satzungserlasses und nicht die Betrachtung der tatsächlichen Kosten nach Ablauf des Kalkulationszeitraums für die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips maßgeblich (so z.B. BayVGH, B.v. 25.8.2016 – 20 ZB 15.2449 – juris Rn. 3 unter Verweis auf Stadlöder in Schieder/Happ, BayKAG, Stand Juni 2007, Erl. C Art. 8 KAG, Rn. 11 m.w.N.). Eine Verletzung dieses Kostenüberschreitungsverbots hat regelmäßig die Unwirksamkeit der Gebührenregelung und damit die Nichtigkeit des gesamten Gebührenteils der Beitrags- und Gebührensatzung zur Folge (vgl. Nitsche/Baumann/Mühlfeld, Satzungen zur Abwasserbeseitigung mit Abgabenregelungen, Stand Dezember 2016, 20.09 zu § 9 BGS Ziff. 5 lit. a m.w.N. zur Rechtsprechung des BayVGH). Anders als bei unvorhergesehener bzw. unbeabsichtigter Überdeckung ist eine kalkulierte (beabsichtigte) Kostenüberdeckung selbst dann unzulässig und führt zur Nichtigkeit der Gebührenregelung, wenn sie nur geringfügig ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.1991 – 23 N 88.306 – LSKAG Nr. 8.3.1/8; U.v. 25.2.1998 – 4 B 97.399 – VwRR BY 1998, 169; U.v. 16.12.1998 – 23 N 94.3201 und 97.20002 – BayVBl 1999, 463; U.v. 2.3.2000 – 4 N 99.68 – BayVBl 2000, 591).

Das gleiche gilt, wenn rechtsirrig nicht einrichtungsbezogene Kosten in die Kalkulation einfließen (dazu z.B. OVG SH, U.v. 4.9.2014 – 4 KN 1/13 – juris) oder – wie hier im Raum stehend – wenn einrichtungsbezogene Einnahmen aus Verbesserungsbeiträgen nicht gebührenmindernd einbezogen werden. So hat gem. Art. 8 Abs. 3 Satz 3 KAG bei der Verzinsung des Anlagekapitals der durch Beiträge und ähnliche Entgelte sowie – je nach Zweckbestimmung – der durch Zuwendungen aufgebrachte Kapitalanteil außer Betracht zu bleiben. Den Abschreibungen sind gem. Art. 8 Abs. 3 Satz 2 KAG die Anschaffungs- und Herstellungskosten, gekürzt um Beiträge und ähnliche Entgelte, zugrunde zu legen. Maßgeblich sind dabei die tatsächlichen Beitragseinnahmen (vgl. dazu BayVGH, U.v. 2.10.2013 – 20 N 13.411 – juris, Rn. 19). Fließen also Ausgaben für das Anlagevermögen, die tatsächlich jedoch über bereits vereinnahmte Verbesserungsbeiträge finanziert wurden, in Form von Abschreibungen in die Gebührenkalkulation ein, wird ein Wertverzehr als fiktive Ausgabe eingestellt, der bereits zuvor durch Beiträge abgegolten wurde. Auch die mit der Kapitalverzinsung abgebildete Bindung von Kapital entfällt in dem Maße, wie das Anlagevermögen z.B. durch Verbesserungsbeiträge fremdfinanziert wurde. Beides führt stets zu einer unzulässigen Überdeckung des Gebührenaufkommens und hat gem. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG die Nichtigkeit der darauf beruhenden Gebührenregelung zur Folge. Insoweit sind sich alle Beteiligten einig, dass die Gebührensatzungen bis zum Erlass der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Markts Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen vom 15. September 2010, die die tatsächlich erhobenen Verbesserungsbeiträge aus dem Jahr 1996 unstreitig nicht berücksichtig hatten, nichtig sind.

Der hier verfahrensgegenständliche Bescheid basiert jedoch gerade auf der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung des Markts Zellingen für die Ortsteile Retzbach und Zellingen vom 15. September 2010, bei der die 1996 erhobenen Verbesserungsbeiträge bei Erstellen der Gebührenkalkulation grundsätzlich bekannt waren und bei der Berechnung der kalkulatorischen Verzinsung wie der Abschreibung auf das Anlagevermögen dem Grunde nach auch unstreitig einbezogen wurden. Streitig ist alleine, in welcher Höhe die tatsächlich vereinnahmten Verbesserungsbeiträge dabei berücksichtigt wurden bzw. ob sie sich in vollem Maße gebührenmindernd ausgewirkt haben.

So trägt der Kläger vor, dass beim Anlagevermögen bzw. den darauf vorzunehmenden Abschreibungen lediglich 1,6 Mio. EUR und nicht der volle Betrag von 3 Mio. EUR eingestellt worden seien. Der Beklagte – so der Vortrag des Klägers – habe die tatsächlich vereinnahmten Verbesserungsbeiträge aus dem Jahr 1996 unzulässiger Weise mit anderem – von ihm behauptetem – Korrekturbedarf in Höhe von 1,4 Mio. EUR zulasten der Gebührenschuldner vorab verrechnet. Dieser Abzug setze sich zusammen aus Ausgaben in Höhe von 640.000 EUR, die in den 1960er Jahren fälschlicherweise im Straßenbau statt bei der Entwässerung veranschlagt worden seien, und Übertragungsfehlern und Zahlendrehern in Höhe von 760.000 EUR. Der Kläger bezieht sich dabei auf tatsächliche oder vermeintliche Aussagen eines mit der Gebührenberechnung befassten Gemeindeangestellten, denen in der mündlichen Verhandlung mangels Relevanz für die tatsächlich durch das beauftragte Kommunalberatungsunternehmen durchgeführte Berechnung nicht weiter nachzugehen war.

Der Vorwurf der unzulässigen Vorabverrechnung konnte durch den nachvollziehbaren und glaubhaften Vortrag des Vertreters des beauftragten Kommunalberatungsunternehmens in der mündlichen Verhandlung entkräftet werden. Eine unzulässige Vorabverrechnung der bei der Kapitalverzinsung und der Abschreibung einzustellenden, in den vorangegangenen Gebührenkalkulationen jedoch fehlerhaft nicht berücksichtigten Verbesserungsbeiträge kann nach Überzeugung des Gerichts mangels sonstiger konkreter Anhaltspunkte für die maßgebliche Satzung deshalb ausgeschlossen werden. So erklärte der Vertreter des mit der Gebührenkalkulation befassten Kommunalberatungsunternehmens, die Anlagennachweise seien bis ca. 1960 zurückverfolgt und Fehler seien korrigiert worden. Dabei seien auch die streitgegenständlichen 3 Mio. EUR im Rahmen der jährlichen Abschreibung berücksichtigt worden. Die Anlagennachweise seien – vom Kommunalberatungsunternehmen – komplett neu erstellt worden. Dabei seien keine Gegenrechnungen der hier streitgegenständlichen Posten vorgenommen worden. Das Büro habe 2006/2007 neue Zahlen vom Beklagten bekommen. Eine Vorsaldierung oder Quersaldierung sei auszuschließen, weil sich das Büro alle Sachbücher und Belege vorlegen lasse. Es müssten somit grundsätzlich alle Nachweise vorliegen. Lägen einzelne Nachweise nicht vor, würde das entsprechend überprüft. Es sei auch überprüft worden, inwieweit in den letzten 50 Jahren Ausgaben für die Entwässerung etwa auf andere Haushaltsstellen verbucht worden seien. Wenn die im Raum stehenden 640.000 EUR bereits über Straußenausbaubeiträge vom Beklagten erhoben worden seien, seien diese auch nicht in die Berechnung eingestellt worden, weil insoweit dann kein Aufwand vorgelegen habe. Für jedes der zurückliegenden Jahre sei separat ein Jahresabschluss erstellt worden. Er sei selbst zwar nicht dabei gewesen, aber es sei standartmäßig immer der gleiche Ablauf, der eingehalten werde.

Das in der mündlichen Verhandlung geschilderte Vorgehen des Kommunalberatungsunternehmens ist geeignet, eine unzulässige (Vor-)Verrechnung verschiedener Positionen bei der Erstellung der Gebührenkalkulation auszuschließen. Der Vertreter des Kommunalberatungsunternehmens hat nachvollziehbar vorgetragen, dass es dem Standardvorgehen entspreche, sich zu den vom Beklagten gelieferten Daten und Zahlen alle Einzelbelege geben zu lassen, so dass eine eigenständige Überprüfung, Bewertung und bilanzielle Einordnung der Daten gewährleistet sei. Bei einem solchen Vorgehen kann zur Überzeugung des Gerichts ausgeschlossen werden, dass die Gebührenkalkulation für die Kalkulationsperiode 2010 bis 2013 auf seitens des Beklagten falsch zusammengefassten Zahlen beruht, was zu fehlerhaften Positionen bei der Kapitalverzinsung und den Abschreibungen auf das Anlagevermögen führen würde. Selbst wenn – wie vom Kläger glaubwürdig vorgetragen – der Beklagte im Zuge der Aufarbeitung der vorangegangen Fehler bei der Gebührenkalkulation durch Einlassungen einzelner Mitarbeiter den Eindruck erweckt haben sollte, es seien im Vorfeld der Neubilanzierung durch das Kommunalberatungsbüro zu Verrechnungen und Kürzungen in Höhe von 1,4 Mio. EUR gekommen, wurde dieser Verdacht in der mündlichen Verhandlung durch die fachlich kompetenten und detaillierten Einlassungen des Vertreters des tatsächlich befassten Kommunalbüros hinreichend ausgeräumt. Auch die schriftsätzlich vorgelegte Gegenüberstellung der Gebührenkalkulationen 2000 bis 2006 vor und nach Korrektur (fiktiv) lässt keine Schlüsse auf Fehler bei der Berücksichtigung der Verbesserungsbeiträge aus dem Jahr 1996 zu. Sowohl die veranschlagten Abschreibungen wie die Verzinsung des Anlagekapitals wurden durchgängig in erheblichem Umfang gebührenmindernd korrigiert. Auch wenn daraus nicht ohne weiteres auf das Gesamtvolumen der Korrektur des Anlagevermögens geschlossen werden kann, erscheint die jährlich errechnete Differenz bei der Position „Abschreibung“ bei einem Abschreibungszeitraum über eine angenommene Lebensdauer des beitragsfinanzierten Anlagevermögens von ca. 40 bis 50 Jahren, beginnend ab der tatsächlichen Erstellung 1995, plausibel. Da die Position „Abschreibung“ nicht vom bei der Kapitalverzinsung veranschlagten Zinssatz abhängt, geht der Hinweis des Klägers auf die parallele Senkung des Zinssatzes diesbezüglich ins Leere – und zwar unabhängig davon, ob sich die Zinssatzsenkung nur auf den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2013 bezieht, oder bereits bei der Korrektur der vorangegangen Kalkulationsperioden berücksichtigt wurde. Dementsprechend hat sich der errechnete Beitragssatz von 4,44 EUR pro m³ auf 2,72 EUR pro m³ verringert. Im Übrigen verkennt der Kläger dabei, dass die Abschreibung des Anlagevermögens, das 1994/1995 durch die Verbesserungsbeiträge (Kanal) geschaffen wurde, bereits ab damals jährlich erfolgt ist und deshalb in den Anlagennachweisen enthalten ist. Im Jahr 2010 konnten insoweit die 3 Mio. EUR aus dem Jahr 1994/1995 nicht mehr erneut in voller Höhe korrigiert werden, sondern nur noch mit dem zeitanteiligen Restwert, den die Anlagen zu diesem Zeitpunkt bilanziell noch hatten.

Mangels entsprechender Auffälligkeiten der vorgelegten Globalkalkulation sowie unter Würdigung des Vortrags des Vertreters des Kommunalberatungsunternehmens bestand für das Gericht kein Anlass, im Rahmen der Amtsermittlung ein Sachverständigengutachten zur tatsächlichen Überprüfung der der Kalkulation zugrundeliegenden Daten in Auftrag zu geben. Ein solches Gutachten wurde auch nicht beantragt. Das Gericht kommt mithin auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung, dass es bei der Berechnung des Gebührensatzes in § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS R/Z vom 15. September 2010 nicht fehlerhaft unterlassen wurde, Verbesserungsbeiträge aus dem Jahr 1996 in Höhe von (weiteren) 1,4 Mio. EUR einzustellen.

1.3 Auch der Vortrag des Klägers bezüglich eines etwaig zu hohen Fremdwassereintrags greift nicht durch. Es handelt sich um einen unsubstantiierten Verdacht, der unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Ausforschung nicht geeignet ist, eine weitere Amtsermittlung auszulösen, zumal sich die Angaben auf das Jahr 2005 und nicht die maßgebliche Kalkulationsperiode beziehen.

1.4 Soweit der Kläger vortragen lässt, dass „noch ungeklärt“ sei, dass die Anfangsabschreibungen auf das Investitionsvermögen in einer Summe ausgewiesen worden sei, während später in Abschreibungen aus dem gemeindeeigenen Ortsnetz und der vom Beklagten zu zahlenden Investitionsumlage an den Zweckverband unterschieden worden sei, ist schon nicht ersichtlich, welcher Fehler sich daraus auf die allein verfahrensgegenständliche Gebührenkalkulation 2010 bis 2013 ergeben soll. Da aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der Verbesserungsbeiträge aus dem Jahr 1996 alle vorangegangen Gebührensatzungen nichtig waren, bestand auch hinsichtlich der gewählten Abschreibungsmethode bzw. hinsichtlich der gegebenenfalls gewählten Aufteilung keine Bindung für spätere Kalkulationsperioden. Eine fehlerhafte Zuordnung des Anlagevermögens, die sich ggf. auch für die verfahrensgegenständliche Kalkulation auswirken könnte, wurde damit nicht substantiiert behauptet. Entsprechende Zuordnungsfehler sind auch sonst nicht ersichtlich.

1.5 Auch der vom Kläger pauschal aufgeworfenen Frage, ob in der Betriebskostenumlage des Abwasserzweckverbandes bereits Abschreibungen für dessen Anlagen enthalten seien, war vom Gericht mangels Substantiierung nicht weiter nachzugehen – zumal sich schon den vorgelegten Behördenakten detaillierte Ausführungen des Kommunalberatungsunternehmens zur Aufteilung der kalkulatorischen Kosten für den Beklagten und den Abwasserzweckverband entnehmen lassen (vgl. Behördenakte, Bl. 48ff.).

Das Gericht hat auf der Grundlage der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Gebührensatz von 2,72 EUR pro m³ in § 10 Abs. 1 Satz 2 BGS/EWS R/Z vom 15. September 2010 eine fehlerhafte Gebührenkalkulation zugrunde liegt.

2. Da weitere Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 festgesetzten Schmutzwassergebühren weder ersichtlich noch vorgetragen sind, war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.732,32 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet, da keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.

1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Kläger machen gegen die Relevanz des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013 (Az. 20 N 13.411), mit dem der Senat den Antrag des Klägers zu 1), die 1. Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) des Beklagten für das Gebiet der Wasserversorgungseinrichtung K. vom 8. August 2012 für unwirksam zu erklären, abgelehnt hat und auf das sich das Verwaltungsgericht in dem streitgegenständlichen Urteil maßgeblich gestützt hat, geltend, dass dieses sich auf den Zeitraum 2009 bis 2011 beziehe und die eigene Kalkulation des Bevollmächtigten der Kläger ergeben habe, dass auf der Grundlage der entstandenen Kosten eine niedrigere Gebühr richtig sei. Mit diesem Vortrag verkennen die Kläger jedoch maßgebliche Grundsätze der Gebührenkalkulation.

Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Kommunalabgabengesetz (KAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. April 1993 (GVBl S. 264, zuletzt geändert durch Gesetz vom 11.3.2014 (GVBl S. 70)) soll das Gebührenaufkommen die nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ansatzfähigen Kosten einschließlich der Kosten für die Ermittlung und Anforderung von einrichtungsbezogenen Abgaben decken. Damit wird das Kostendeckungsprinzip als zentrales Prinzip der Gebührenkalkulation im Kommunalabgabenrecht verankert. Es bestimmt als Obergrenze, wie hoch die Gesamtheit des Gebührenaufkommens für die Einrichtung sein darf. Allerdings verlangt es nicht, dass nachträglich Gebührenaufkommen und Kosten rechnerisch genau gegenüberzustellen wären und sich aus einer aufgrund einer ex-post-Betrachtung ergebenden Überschreitung eine Verletzung des Kostendeckungsprinzips ergeben würde. Vielmehr ist die Prognose der entstehenden Kosten zum Zeitpunkt des Satzungserlasses und nicht die Betrachtung der tatsächlichen Kosten nach Ablauf des Kalkulationszeitraums für die Einhaltung des Kostendeckungsprinzips maßgeblich (vgl. nur Stadlöder in Schieder/Happ, BayKAG, C Erl. Art. 8 KAG, Rn. 11 m.w.N.).

Vorliegend kalkulierte der Beklagte auf der Grundlage der in den Jahren 2009 bis 2011 entstandenen Zahlen die Gebühren für den Zeitraum 2012 bis 2014 neu und setzte die ermittelte Gebühr in der 1. Änderungssatzung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS/WAS) vom 8. August 2012 fest. Diese Änderungssatzung war Gegenstand des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013. Die Ausführungen in diesem Urteil sind daher für den vorliegenden Streitfall sehr wohl maßgeblich, da der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 31. März 2014 abdeckt und damit in den Kalkulationszeitraum (2012 bis 2014) fällt.

Die (nur im erstinstanzlichen Verfahren) vorgelegte eigene Kalkulation des Bevollmächtigten der Kläger ist schon aus dem Grunde unbeachtlich und vermag keine ernstlichen Zweifel zu begründen, als sie sich nicht im Sinne einer Prognose mit den zu erwartenden Zahlen für den Zeitraum 2012 bis 2014 befasst, sondern die tatsächlich entstandenen Kosten in diesen Jahren auf die tatsächlich von dem Beklagten gelieferte Wassermenge umlegt. Die „Kalkulation“ geht daher von einem falschen Ansatz aus und ist für den hier streitigen Zeitraum schon aus diesem Grunde unbeachtlich.

Aus diesem Grunde war das Verwaltungsgericht auch nicht verpflichtet, der klägerseits erhobenen Rüge eines fehlerhaften Gebührensatzes nachzugehen.

Da der Senat bereits rechtskräftig die Rechtmäßigkeit der 1. Änderungssatzung zur BGS/WAS des Beklagten für das Gebiet der Wasserversorgungseinrichtung K. vom 8. August 2012 festgestellt hat, konnten die weiteren, im Zulassungsverfahren dagegen erhobenen Rügen (die sich wörtlich mit dem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren decken) der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung begründen.

2. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO liegt tatsächlich nicht vor (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Ob das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft gehandelt hat, ist grundsätzlich nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt zu beurteilen (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 48). Vorliegend ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Rechtmäßigkeit des maßgeblichen Gebührensatzes bereits aufgrund des Urteils des Senats vom 2. Oktober 2013 feststand. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung ist die unterbliebene weitere Aufklärung im Wege eines Sachverständigengutachtens, wie sie im Zulassungsantrag geltend gemacht wird, nicht zu beanstanden.

Im Übrigen greift auch die Rüge, dass klägerseits kein Beweisantrag habe gestellt werden können, da eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden habe, nicht. Findet eine mündliche Verhandlung nicht statt, so kommt es für die Frage, ob ein Antrag gestellt wurde, auf die schriftsätzlich formulierten Anträge an (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 101, Rn. 11). Ein derartiger Beweisantrag findet sich aber weder in der Klagebegründung im erstinstanzlichen Verfahren noch in dem Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 12. Oktober 2015, mit dem er sein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärte. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht besteht aber grundsätzlich dann nicht, wenn das Verwaltungsgericht von einer Beweiserhebung absieht, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat (vgl. nur BayVGH, B.v. 12.3.2014, Az. 6 ZB 12.470, NVwZ 2014, 894, Rn. 24 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3 GKG, § 52 Abs. 1, 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.

Tenor

Die Beitrags- und Gebührensatzung der Antragsgegnerin in der Fassung der 13. Nachtragssatzung ist hinsichtlich der Regelungen zu § 12 Abs. 3 und Abs. 4 unwirksam, soweit in § 12 Abs. 3 und 4 ein Gebührensatz von 0,69 Euro je gebührenpflichtiger Fläche festgesetzt wird.

Die Antragsgegnerin trägt 17/18 der bis zum Erlass des Teileinstellungsbeschlusses vom 18. Juni 2013 entstandenen Verfahrenskosten; die übrigen Kosten des Verfahrens trägt sie allein.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Antragsgegnerin darf die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragsteller wenden sich gegen den in § 12 Abs. 3 und 4 der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Stadt Uetersen in der Fassung der 13. Nachtragssatzung festgesetzten Gebührensatz.

2

Durch die 13. Nachtragssatzung wurde § 12 Abs. 3 und 4 der Beitrags- und Gebührensatzung (im Folgenden: Gebührensatzung) wie folgt geändert:

3

§ 12
Gebührensatz für Niederschlagswasserentsorgung

4

(3) Die Niederschlagswassergebühr beträgt 0,690 € je m² gebührenpflichtige Fläche.

5

(4) Wird einer/einem Grundstückseigentümerin/Grundstückseigentümer eines bebauten Grundstücks die Einleitung von Sickerwasser aus Drainagen in das Niederschlagswasserkanalnetz genehmigt, so sind hierfür folgende Gebühren zu entrichten.

6

Sie betragen:

7

je m² Kellerfläche, die drainiert wird 0,690 €.

8

Am 14. Dezember 2012 beschloss die Ratsversammlung der Antragsgegnerin die Nachtragssatzung. Diese wurde am 28. Dezember 2012 bekannt gemacht.

9

Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 13. November 2012 verfügte der Kreis Pinneberg - Untere Wasserbehörde - mit Bescheid vom 11. September 2013, der Antragsgegnerin zugestellt am 18. September 2013, dass das Teilstück des „Heidgrabens“ zwischen dem Auslauf aus dem Mühlenteich (Rosarium) bis zum Hafenbecken der Pinnau in Uetersen als Gewässer 2. Ordnung entwidmet wird.

10

Am 15. Februar 2013 haben die Antragsteller einen Normenkontrollantrag gemäß § 47 VwGO gestellt.

11

Sie tragen zum Hintergrund der Rechtsstreitigkeit vor, die Antragsgegnerin benutze das Gewässer „Heidgraben“ gemeinsam mit der Gemeinde Heidgraben zur Entsorgung des Niederschlagswassers. Der „Heidgraben“ sei im Bereich zwischen dem Rosarium und dem Stichhafen in den Jahren 2007/2008 vergrößert worden, da er in der Vergangenheit überlastet gewesen sei. Aus Sicherheitsgründen habe am Ende des „Heidgrabens“ auch noch ein Pumpwerk errichtet werden müssen. Die dafür aufgewendeten Kosten beliefen sich auf rund 4,5 Millionen €. Bei dem Gewässer „Heidgraben“ handele es sich um ein Gewässer 2. Ordnung nach dem Landeswassergesetz. Es durchfließe das Gebiet der Gemeinde Heidgraben und das der Antragsgegnerin. Der „Heidgraben“ fließe, von der Gemeinde Heidgraben kommend, in Uetersen durch das Rosarium. Der sogenannte „Mühlenteich“ im Rosarium habe die Funktion eines Regenrückhaltebeckens. Der „Heidgraben“ fließe dann weiter zum Stichhafen und münde am Ende des Stichhafens in die Pinnau. Zwischen dem Rosarium und dem Stichhafen werde der „Heidgraben“ auch als „Mühlenbach“ bezeichnet. Sowohl die Gemeinde Heidgraben als auch die Antragsgegnerin nutze das Gewässer „Heidgraben“ zur Entsorgung des Niederschlagswassers. Nach der Sachverständigenfeststellung im Gutachten der Abwasserentsorgung Uetersen GmbH vom 5. Juni 2009 stamme das im Rosarium über den „Heidgraben“ ankommende Niederschlagswasser in etwas zur Hälfte aus dem Gebiet der Gemeinde Heidgraben und zur Hälfte aus dem Gebiet der Antragsgegnerin.

12

Die Antragsteller machen geltend, die Gebührensatzung sei hinsichtlich der Regelung des Gebührensatzes in § 12 Abs. 3 und § 12 Abs. 4 unwirksam. In der genannten Vorschrift werde die Niederschlagswassergebühr je m² gebührenpflichtige Fläche auf 0,690 € je m² festgesetzt. Der in § 12 Abs. 3 und § 12 Abs. 4 festgelegte einheitliche Gebührensatz sei rechtswidrig. Bei seiner Kalkulation seien unstreitig auch Unterhaltungskosten für das Gewässer „Heidgraben“ eingeflossen. Derartige Kosten seien jedoch nicht nach § 6 KAG, sondern allenfalls nach § 7 KAG umlagefähig, sofern eine entsprechende Satzung existiere. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der im Herbst 2012 bei dem Kreis Pinneberg - Untere Wasserbehörde - gestellte Antrag auf Entwidmung des Gewässers habe nicht ausgereicht, um das Gewässer „Heidgraben“ als Bestandteil des Abwassersystems der Antragsgegnerin einzuordnen. § 1 der Abwassersatzung verlange, dass die wasserrechtlichen Verfahren abgeschlossen seien. Nach § 1 Abs. 6 lit. b der Abwassersatzung gehörten Gewässer und Gräben erst dann zur Abwassersatzung, wenn diese Gewässer oder Gräben aufgrund der vorgeschriebenen wasserrechtlichen Verfahren Bestandteil des Abwassersystems geworden seien. Die Satzung könnte daher erst frühestens am 18. September 2014 wirksam geworden sein. Der vorherige Einzug von kommunalen Abgaben bleibe aber auch dann rechtswidrig. Zudem wäre die Entwidmung ausschließlich aus abgabenrechtlichen Gründen betrieben worden. Die eigentlich vorgesehene Abgabensatzung nach § 7 KAG habe man nicht beschließen wollen. Das Vorgehen sei mit den grundlegenden Vorgaben des Wasserrechts, Gewässer zu erhalten und unter dem Schutz des Wasserrechts zu halten, nicht vereinbar. Ziel der Entwidmung sei allein, möglichst alle Kosten auf den Gebührenzahler im Bereich der Antragsgegnerin umlegen zu können, da man keine Möglichkeit gesehen habe, die Nachbargemeinde Heidgraben an den Kosten zu beteiligen.

13

Des Weiteren sei der Gebührensatz deshalb rechtswidrig, da in seine Kalkulation sämtliche Kosten eingestellt wurden, ohne diejenigen Kosten herauszurechnen, die in Folge der gegebenen Mitbenutzung des „Heidgrabens“ durch die Gemeinde Heidgraben von dieser getragen werden müssten. Von einer entsprechenden Kostentragungspflicht gehe nunmehr auch die Antragsgegnerin aus, ohne die Konsequenzen hieraus zu ziehen.

14

Selbst wenn man die Unterhaltungskosten für umlagefähig hielte, seien diese zu hoch angesetzt. Sie hätten um den Anteil der Nachbargemeinde Heidgraben reduziert werden müssen, den diese nach den einschlägigen wasserrechtlichen Vorschriften zu tragen hätte. Hinsichtlich des Verteilungsmaßstabes sei richtig, dass die Antragsteller die den jeweiligen Werten zugrundeliegenden Flächengrößen nicht anzweifelten. Dies ändere aber nichts an der fehlerhaften Kalkulation des Gebührensatzes, da die Kosten für die Mitbenutzung durch die Gemeinde Heidgraben nicht herausgerechnet worden seien.

15

Die Antragsteller beantragen,

16

die Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Abwasserbeseitigung der Stadt Uetersen (Beitrags- und Gebührensatzung) in der Fassung der 13. Nachtragssatzung vom 14. Dezember für unwirksam zu erklären, soweit in § 12 Abs. 3 und 4 ein Gebührensatz von 0,69 Euro festgesetzt wird.

17

Die Antragsgegnerin beantragt,

18

den Antrag abzulehnen.

19

Sie macht geltend, aus § 1 Abs. 6 der Abwassersatzung folge, dass zu den Abwasseranlagen auch die Grundstücksanschlusskanäle vom Straßenkanal bis zur Grundstücksgrenze, Gräben und solche Gewässer, die aufgrund der vorgeschriebenen wasserrechtlichen Verfahren Bestandteil der Abwasseranlagen geworden sind sowie die von Dritten errichteten und unterhaltenen Abwasseranlagen, welche der Stadt aufgrund ihrer Beteiligung oder Beitragsleistung oder Kraft öffentlichen Rechts für die Benutzung zur Grundstücksentwässerung zur Verfügung gestellt sind, gehören. Entgegen der Auffassung der Antragsteller sei der „Heidgraben“ auch bereits vor der Entwidmung Bestandteil der öffentlichen Einrichtung im Sinne der Abwassersatzung gewesen. Dies hänge davon ab, ob der Gebührenpflichtige Anlagen in Anspruch nehme, die zur entwässerungsrechtlichen Zwecken technisch geeignet und durch Widmung zu diesem Zweck vom Einrichtungsträger bestimmt seien. Die Widmung müsse nicht ausdrücklich erfolgen. Ein solcher nach außen erkennbare Widmungswille könne grundsätzlich etwa darin liegen, dass die streitige Anlage von der Kommune hergestellt sei und der Unterhalt der Anlage auf kommunale Kosten erfolge. Darüber hinaus könnten auch die Aufnahme der Anlagen in ein Kataster oder einen Bestandsplan sowie der Umstand, dass die jeweilige Gemeinde eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Einleitung des in der Anlage gesammelten Abwassers in ein Gewässer habe, Indizien für eine solche Widmung sein. Die Widmung könne sogar in der Geltendmachung von Abwassergebühren für die Benutzung gesehen werden, weil dies nur zulässig wäre, wenn es sich bei der betreffenden Anlage um einen Teil der öffentlichen Entwässerungsanlage handele. Zu Unrecht gingen die Antragsteller davon aus, dass die Einbeziehung des „Heidgrabens“ in die Entwässerungsanlage daran gescheitert sei, dass es sich bei diesem Graben um ein Gewässer 2. Ordnung gehandelt habe. Hierbei werde übersehen, dass die Gewässereigenschaft verlorengehen könne, wenn ein offenes Gewässer zu Zwecken der Abwasserbeseitigung in eine Ortskanalisation einbezogen werden würde. Das Gewässer würde dann Teil der Abwasseranlage werden. Voraussetzung sei, dass eine planmäßig herbeigeführte technische Einheit zwischen Ortskanalisation und Gewässer bestehe. Das Gewässer müsse bei natürlicher Betrachtung als Bestandteil oder Zubehör des örtlichen Entwässerungssystems angesehen werden können. Beides müsse als geschlossene technische Einheit erscheinen. Ein Gewässer sei technisch integriert, wenn die Abwasserströme diesem zugeführt würden und unterhalb des Gewässerendpunktes das Abwasser entweder unmittelbar in ein Sammelbecken oder in eine Kläranlage eingeleitet und in die Kanalisation weiter abgeleitet werde. In einem solchen Falle scheide das Gewässer aus dem allgemeinen Wasserhaushalt aus. Ein Indiz für ein Fortbestehen des Zusammenhangs mit dem natürlichen Wasserkreislauf und somit gegen die faktische Einbeziehung in die Kanalisation könne es hingegen sein, wenn das Gewässer weiterhin von einem Wasser- und Bodenverband unterhalten werde. Hiervon abgesehen könne nach der sogenannten „Zwei-Naturen-Theorie“ ein Gewässer sowohl die Funktion eines Abwasserkanals als auch gleichzeitig eine allgemeine Vorfluterfunktion erfüllen. Das kommunale Satzungsrecht komme dann parallel mit dem Wasserrecht zur Anwendung. Der „Zwei-Naturen-Theorie“ sei beizupflichten. Die gemeinsame Nutzung einer (Teil-)Einrichtung zu verschiedenen Zwecken sei nichts Ungewöhnliches, beispielsweise gebe es im Falle der Niederschlagswasserbeseitigung häufig sogenannte Gemeinschaftseinrichtungen, die sowohl der Straßenentwässerung als auch der Beseitigung des auf den Grundstücken anfallenden Niederschlagswassers dienten. Sofern Niederschlagswasser über eine Straßenentwässerungsanlage abgeleitet würde, bedürfe es nicht etwa zuvor eines straßenrechtlichen Verfahrens, um die Möglichkeit zu eröffnen, die in der Straße verlegten Kanalisationsleitung auch zum Bestandteil der öffentlichen Einrichtung „Abwasserbeseitigung“ zu machen. Die Antragsgegnerin sei deshalb auch vor der Entwidmung berechtigt gewesen, die für die Teilstrecke des „Heidgrabens“, der auf ihrem Stadtgebiet verlaufe und Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage (Niederschlagswasserbeseitigung) sei, entfallenden Unterhaltungskosten mit in den gebührenfähigen Aufwand einzubeziehen und sie entsprechend den Regelungen der Satzung auf die Benutzer zu verteilen. Außerdem habe der Kreis Pinneberg den „Heidgraben“ mindestens seit dem Jahre 1972 als Bestandteil der Ortsentwässerung der Antragsgegnerin angesehen. Selbst wenn der Gebührensatz zu hoch kalkuliert worden sein sollte, müsste dennoch in Betracht gezogen werden, ob die erhöhte Gebühr von einer der Antragsgegnerin zuzubilligenden Bagatellgrenze abgedeckt würde.

20

Über die geltend gemachten Bedenken hinaus hätten die Antragsteller keine Anhaltspunkte dargelegt, weshalb der in der Satzung enthaltene Gebührenmaßstab fehlerhaft sein könne.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte und den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

22

Im Tenor hat der Senat das Datum des Teileinstellungsbeschlusses v. 18. Juni 2013 sowie die Bezeichnung „Antragsgegnerin“ (statt: Beklagten) gem. § 118 Abs. 1 VwGO berichtigt.

Entscheidungsgründe

23

Der Antrag ist zulässig und begründet.

24

Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 VwGO AG entscheidet das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit einer anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift. Hierunter fallen auch kommunale Abgabensatzungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG.

25

Gemäß § 47 Abs. 2 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die Anwendung der Rechtsvorschriften in ihren Rechten verletzt zu sein. Diese Voraussetzungen liegen hier ohne Weiteres vor, da die Antragsteller geltend machen, Adressaten von Gebührenbescheiden zu sein, für welche die Satzung als Rechtsgrundlage herangezogen worden ist. Die Antragsteller sind daher in ihren Rechten verletzt, wenn der in § 12 Abs. 3 und 4 der Satzung festgelegte Gebührensatz rechtswidrig ist.

26

Die Antragsteller haben die einjährige Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingehalten. Die 13. Nachtragssatzung ist am 28. Dezember 2012 bekanntgemacht worden, der Antrag am 15. Februar 2013, mithin innerhalb der Frist, beim Oberverwaltungsgericht eingegangen.

27

Entgegen der Meinung der Antragsgegnerin fehlt den Antragstellern auch nicht das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Bei Stattgabe des gestellten Antrages tritt nicht etwa der in der Vorgängerfassung normierte - höhere - Gebührensatz in Kraft. Die Antragsteller haben in der mündlichen Verhandlung ihren Normenkontrollantrag dahingehend gestellt, dass der in § 12 Abs. 3 und 4 der Satzung geregelte Gebührensatz in der Fassung der 13. Nachtragssatzung für unwirksam erklärt werden soll. In diesem Falle würde es bis zum Beschluss eines neuen Gebührensatzes an einer wirksamen Rechtsgrundlage für den Erlass von Gebührenbescheiden fehlen. In der Antragstellung liegt eine zulässige Klarstellung des in der Klageschrift lediglich angekündigten Antrages. Eines Einverständnisses der Antragsgegnerin hierzu bedarf es nicht. Dies wäre im Übrigen auch dann der Fall, wenn man eine Klagänderung annehmen wollte. Eine solche wäre wegen zu bejahender Sachdienlichkeit gemäß § 91 Abs. 1 Alt. 2 VwGO ebenfalls ohne Einverständnis der Antragsgegnerin zulässig.

28

Der Antrag hat in der Sache Erfolg.

29

Der Gebührensatz in § 12 Abs. 3 und 4 der Satzung in der Fassung der 13. Nachtragssatzung ist ungültig und daher gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

30

Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der Satzung bestehen nicht. Die Satzung ist aber materiell rechtswidrig.

31

Der Senat merkt vorab an, dass er gegen die bei der Kalkulation des Gebührensatzes angesetzte Verteilungsfläche keine Bedenken hat. Insbesondere durfte der Satzungsgeber für die Einleitung von Sickerwasser aus Drainagen als Teil der Niederschlagswasserbeseitigung in der Gebührensatzung unter Verwendung des Maßstabes der Kellerfläche, die drainiert wird, denselben Gebührensatz für die Niederschlagswasserbeseitigung im Übrigen, dort je Quadratmeter bebauter und/oder befestigter Fläche) festsetzen. Anders als bei der sogenannten Tiefendrainage für Baureifmachung von Grundstücken wird oberflächennahes Grundwasser zum Beispiel in einer Ringdrainage gesammelt und in das Kanalnetz eingeleitet. Es handelt sich um versickertes Niederschlagswasser aus dem Bereich von Grundstücken, dessen Beseitigung als Teil der Grundstücksoberflächenentwässerung angesehen werden kann.

32

Der Gebührensatz ist jedoch unwirksam, weil die Antragsgegnerin bei der Kalkulation des Gebührensatzes Aufwendungen berücksichtigt hat, die sich nicht auf die öffentlich-rechtliche Einrichtung Niederschlagswasserbeseitigung beziehen. Die Einstellung nicht gebührenfähiger Aufwendungen zieht einen Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot nach sich und bewirkt die Unwirksamkeit der mit dem Normenkontrollantrag angegriffenen Regelung. In der Rechtsprechung des 2. Senats, die vom erkennenden Senat geteilt wird, führt ein Verstoß gegen das Kostenüberschreitungsverbot zur Unwirksamkeit des Gebührensatzes insgesamt und nicht etwa nur zur Teilnichtigkeit. Ein zum Zeitpunkt seiner Beschlussfassung unwirksamer Gebührensatz kann nicht nachträglich wieder wirksam werden, da die Regelung aufgrund des Verstoßes gegen höherrangiges Recht nicht suspendiert, sondern derogiert wird (OVG Schleswig, Urt. v. 20.05.1997 - 2 L 129/94 -; OVG Schleswig, Urt. v. 21.06.2000 - 2 L 80/99 -, Juris). Der Verstoß gegen höherrangiges Recht kann deshalb im Nachhinein nicht geheilt werden; der Satzungsgeber muss vielmehr einen wirksamen Gebührensatz durch Satzung beschließen.

33

Der Gebührensatz ist deshalb unwirksam, weil die Antragsgegnerin für das Jahr 2013 Gewässerunterhaltungskosten für den Bereich des „Heidgrabens“ zwischen dem Mühlenteich und dem Stichhafen in die Kalkulation eingestellt und damit gegen das in § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG normierte Kostenüberschreitungsverbot verstoßen hat. Nach dieser Vorschrift sollen Benutzungsgebühren so bemessen werden, dass sie die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Dies verbietet es, Kosten, die sich nicht auf die öffentliche Einrichtung Niederschlagswasserbeseitigung beziehen, in die Kalkulation des Gebührensatzes einzustellen. Dies ist aber geschehen. Der Heidgraben war zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der 13. Nachtragssatzung am 14. Dezember 2012 nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung. Der Rechtsbegriff der Einrichtung wird im Kommunalabgabengesetz nicht normiert, sondern vorausgesetzt. Es ist grundsätzlich Sache der Gemeinde, im Rahmen ihres Organisationsermessens den Gegenstand der Abgabe (§ 2 Abs. 1 Satz 2 KAG) anzugeben. Benutzungsgebühren werden gemäß § 6 Abs. 1 KAG für die Benutzung der öffentlichen Einrichtung erhoben und sollen gemäß § 6 Abs. 2 KAG die erforderlichen Kosten der laufenden Verwaltung und Unterhaltung der öffentlichen Einrichtung decken. Hieraus folgt, dass die Gemeinde im Rahmen ihres Organisationsermessens auch die öffentliche Einrichtung durch Satzung beschreiben muss, weil sonst der Gegenstand der Abgabe nicht hinreichend bezeichnet werden kann. Es ist folglich nicht so, dass - ohne entsprechende Regelung in der Satzung - sämtliche Anlagenteile, die für die Abwasserbeseitigung erforderliche sind, Bestandteil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung sind (vgl. aber OVG Schleswig, Urt. v. 30.11.1992 - 2 L 295/91 -, Juris). Maßgeblich ist der in der Beitrags- und Gebührensatzung festgelegte Einrichtungsbegriff. Dies schließt allerdings nicht aus, zur Auslegung ergänzend auf die Regelungen der Abwassersatzung zurückzugreifen. Der Beitrags- und Gebührensatzung der Antragsgegnerin lässt sich nicht entnehmen, dass auch Gewässer zweiter Ordnung Bestandteil der öffentlichen Einrichtung sein können. Die in § 1 Abs. 2 a bis c der Satzung getroffenen Regelungen zu der Übergabestation für den Abwasserzweckverband, den Sammlern, Druckrohrleitungen, Pumpstationen, Hebeanlagen, Regenrückhaltebecken und den Anschlusskanälen von der Hauptleitung zu den einzelnen Grundstücken betreffen den beitragsfähigen Aufwand für die Kalkulation des Gebührensatzes. Auch der Regelung des § 12 Abs. 1 der Beitrags- und Gebührensatzung, die auf das Kanalnetz und das offene Grabensystem Bezug nimmt, ist nicht zu entnehmen, dass Gewässer zweiter Ordnung vor ihrer förmlichen Entwidmung Teil der öffentlichen Abwasserbeseitigungseinrichtung sein können. Nichts anderes ergibt sich auch aus den Regelungen der Satzung über die Abwasserbeseitigung der Stadt Uetersen, welche zur Ermittlung des Einrichtungsbegriffes ergänzend herangezogen werden kann, da auch aus ihr Rückschlüsse über den Willen der Antragsgegnerin als Satzungsgeberin gezogen werden können. Gemäß § 1 Abs. 6 Buchstabe b Abwassersatzung gehören zu den Abwasseranlagen auch Gräben und solche Gewässer, die aufgrund der vorgeschriebenen wasserrechtlichen Verfahren Bestandteil der Abwasseranlage geworden sind. Das erst im September 2013 abgeschlossene Entwidmungsverfahren bezüglich des verrohrten Teils des Heidgrabens zwischen Mühlenteich und dem Stichhafen ist als vorgeschriebenes wasserrechtliches Verfahren in diesem Sinne zu verstehen. Hieraus folgt, dass der entsprechende Abschnitt des Heidgrabens erst mit Abschluss des Verfahrens, mithin durch die durch Verfügung vom 11. September 2013 erfolgte Endwidmung als Gewässer zweiter Ordnung Bestandteil der öffentlichen Einrichtung Niederschlagswasserbeseitigung geworden ist. Gleichwohl sind die Kosten für die Einrichtung einer Pumpstation, eines größeren Ablaufes des Mühlenteiches und der Verlegung neuer Leitungen mit größerem Durchmesser im angesprochenen Abschnitt des Heidgrabens in Höhe von über 4 Millionen Euro bei der Kalkulation für das Jahr 2013 in Form von kalkulatorischen Zinsen und Abschreibung eingestellt worden. Die Einstellung dieser nicht einrichtungsbezogenen Kosten bei der Kalkulation des Gebührensatzes führt zu dessen Unwirksamkeit unabhängig davon, in welcher Höhe sich der Fehler ausgewirkt hat.

34

Auf eine Bagatellgrenze kann sich die Antragsgegnerin in diesem Falle nicht berufen. Zwar führt wegen der sich daraus für die Träger öffentlicher Einrichtungen ergebenden Unsicherheiten nicht jede geringfügige Kostenüberdeckung, die aus der Einbeziehung nicht gebührenfähiger Kosten resultiert, zur Nichtigkeit des Gebührensatzes (OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998 - 2 L 22/96 -, NordÖR 1998, 351). Etwas anderes gilt allerdings bei bewusst fehlerhaften Kalkulationen, bei der beabsichtigten Erzielung von Überschüssen (Gewinnen) oder bei der Einbeziehung von Kosten, die offenkundig weder leistungs- noch einrichtungsbezogen sind (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 24.06.1998, a.a.O.). Bei einem Fall wie dem vorliegenden, in dem rechtsirrig nicht einrichtungsbezogene Kosten in die Kalkulation eingeflossen sind, führen auch geringfügige Auswirkungen auf den Gebührensatz zu dessen Unwirksamkeit.

35

Der Umstand, dass sich der wasserrechtliche Status des hier interessierenden Abschnitts des Heidgraben im Laufe des Jahres 2013 mit Abschluss des Endwidmungsverfahrens geändert hat und damit zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die 13. Nachtragssatzung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu rechnen war, ändert nichts an der Unzulässigkeit der Einstellung der nicht einrichtungsbezogenen Kosten in die Gebührenkalkulation. Anderenfalls würde die Rechtmäßigkeit der Gebührenkalkulation von einem zukünftigen Ereignis und dessen Eintrittswahrscheinlichkeit abhängig werden, was zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde. Darüber hinaus bliebe der Umstand in jedem Falle erheblich, dass Kosten für den Zeitraum vom Januar bis zum Entwidmungszeitpunkt im September 2013 in die Kalkulation eingeflossen sind.

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Der Senat merkt in diesem Zusammenhang noch an, dass er es für zweifelhaft hält, ob der Satzungsgeber ein Gewässer zweiter Ordnung vor dessen förmlicher Entwidmung überhaupt zulässigerweise durch eine Satzungsregelung in die öffentliche Einrichtung einbeziehen könnte.

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Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang nur ausgesprochen, dass das Bundesrecht eine vor dem Zeitpunkt der Endwidmung bestehende Eigenschaft als Gewässer die Zuordnung zur öffentlichen Einrichtung nicht grundsätzlich hindert (BVerwG, Beschl. v. 28.04.2008 - 7 B 16.08 -, Juris). Ob ein Gewässer in diesem Sinne zwei Naturen haben kann, das heißt zugleich Bestandteil einer öffentlichen Einrichtung und ein dem Regime des Wasserrechts unterworfenes Gewässer sein kann, hält der Senat landesrechtlich für zweifelhaft. Der Landesgesetzgeber hat im Kommunalabgabengesetz zwischen Benutzungsgebühren in § 6 KAG und den Kosten für die Unterhaltung von Gewässern in § 7 KAG unterschieden. Dies spricht dafür, dass Gewässerunterhaltungskosten nicht in die Benutzungsgebühr für eine öffentliche Einrichtung im Sinne von § 6 KAG einbezogen werden dürfen. Desweiteren obliegt nach Landesrecht die Gewässerunterhaltung gemäß § 40 LWG bei Gewässern zweiter Ordnung den in § 40 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 genannten Personen, in erster Linie den Eigentümerinnen oder Eigentümern des Gewässers sowie den Anliegerinnen oder Anliegern. Die Anwendung der sogenannten Zwei-Naturen-Lehre würde erhebliche Kostenzuordnungsprobleme aufwerfen, zumal - anders als bei technischen Gemeinschaftsanlagen wie etwa bei der Straßenentwässerung - hier typischerweise unterschiedliche Unterhaltungslasten bestehen dürften. Letztlich bedurfte diese Frage aber keiner Entscheidung, da - wie bereits ausgeführt - der fragliche Abschnitt des Heidgrabens vor seiner Endwidmung als Gewässer zweiter Ordnung schon nach dem Satzungsrecht der Antragsgegnerin nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung war.

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Nach allem ist dem Normenkontrollantrag bereits aus diesem Grunde stattzugeben.

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Ein weiterer Grund, der zur Unwirksamkeit des festgesetzten Gebührensatzes führt, ist folgender: Die Antragsgegnerin hat bei der Gebührenkalkulation 2013 variable Kosten berücksichtigt, die von der Menge des zu beseitigenden Wassers abhängen, so ein Entsorgungsentgelt für die Abwasserentsorgung Uetersen GmbH, auf welche die Pflicht zur Abwasserentsorgung übertragen ist sowie die - ebenfalls von der Abwassermenge abhängende - Abwasserabgabe Land. Hierbei ist jedoch nicht beachtet worden, dass die Kosten, die der gemäß § 40 Abs. 1 LWG Gewässerunterhaltungspflichtige zu tragen hat, nicht in die Kalkulation des Gebührensatzes für die Niederschlagswasserbeseitigung einfließen dürfen. Für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Mühlenteiches hat der Unterhaltungspflichtige dieses Gewässers - die Stadt Uetersen - zu sorgen. Sie kann nicht den Ablauf des Wassers in die Niederschlagswasserkanalisation bewerkstelligen und sodann die variablen Kosten für die Beseitigung der Gesamtmenge des ablaufenden Wassers den Nutzern der Einrichtung Niederschlagswasserbeseitigung aufbürden.

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Entsprechendes gilt für die Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtung der Antragsgegnerin durch die Nachbargemeinde Heidgraben. Diese leitet Niederschlagswasser in ihrem Gemeindegebiet in den Heidgraben ein und trägt insoweit zu den variablen Kosten bei, welche die Antragsgegnerin bei der Gebührenkalkulation 2013 in die Kalkulation eingestellt hat. Die Erforderlichkeit von Kosten im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 KAG ist jedoch nur zu bejahen, wenn diese zur Erstellung der durch die Gebühren zu finanzierenden Leistungen anfallen, also eine Finanzierungsverantwortlichkeit der Gebührenschuldner besteht. Unzulässig ist die Einbeziehung von Kosten, die Leistungen zuzuordnen sind, welche für andere als den Kreis der gebührenpflichtigen Benutzer erbracht werden. Gebührenpflichtige Nutzer einer öffentlichen Einrichtung dürfen an den durch die Übernahme von Abwasser aus Nachbargemeinden verursachten Zusatzkosten nicht beteiligt werden (OVG Schleswig, Urt. v. 24.10.2007 - 2 LB 36/06 -, Juris). Dies ist vorliegend jedoch geschehen. Aus dem von den Antragstellern vorgelegten Privatgutachten „Oberflächenentwässerung im Einzugsgebiet des Heidgraben“, welches im Auftrage der Abwasserentsorgung Uetersen GmbH von dem Büro „dänekamp und partner - Beratende Ingenieure VBI“ erstellt worden ist, ergibt sich, dass „zwischen der Gemeinde Heidgraben und der Stadt Uetersen von einer rechnerischen Aufteilung der Abflussmengen in einem Verhältnis von 1 : 1 ausgegangen werden“ kann. Dass die Gemeinde Heidgraben in erheblichem Umfang Niederschlagswasser in den Heidgraben einleitet, ist im Übrigen unstreitig.

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Da die aufgezeigten Verstöße gegen das Kostenüberschreitungsverbot bereits zum Erfolg der Normenkontrollantrages führen müssen, hat der Senat nicht mehr überprüft, ob es sich bei dem Entsorgungsentgelt im Übrigen an die Abwasserentsorgung Uetersen GmbH, an der die Stadt Uetersen 51 % der Anteile hält, in vollem Umfang um erforderliche Kosten im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 2 KAG handelt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Gründe, die Revision zuzulassen (§ 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.