Der Kläger begehrt für den Zeitraum vom 26. Mai 2008 bis 21. Juli 2014 einen Unfallausgleich auf der Grundlage einer höheren MdE von mindestens 50%.
Der am … geborene Kläger stand - zuletzt im Amt eines Polizeioberkommissars - im Dienst des Beklagten. Mit Wirkung vom 1. September 2009 wurde er in den Ruhestand versetzt.
Am 26. Mai 2008 erlitt der Kläger bei der Verfolgung eines flüchtenden Straftäters eine Verletzung der linken Schulter. Das Schadensereignis wurde mit Bescheid vom 4. August 2009 als Dienstunfall anerkannt und als Unfallfolge eine SLAP-Läsion/BankartLäsion festgestellt.
Die Gutachterin Dr. E.-P. hat am 22. Juli 2009 u.a. festgestellt, dass das Unfallereignis wesentliche Ursache für den Zustand der linken Schulter des Klägers sei. Hieraus ergebe sich eine MdE in Höhe von 30 v.H. Mit Bescheid vom 6. August 2009 wurde dem Kläger daher Unfallausgleich gemäß § 35 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG; heute: Art. 52 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG)) ab dem Tag des Unfalls gewährt. Der Entscheidung wurde eine MdE in Höhe von 30 v.H. zugrunde gelegt.
Mit Abhilfebescheid vom 21. Juni 2011 wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von Unfallruhegehalt nach § 36 BeamtVG (heute: Art. 53 BayBeamtVG) ab dem 1. September 2009 vorliegen.
Im Rahmen eines sich anschließenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (W 1 K 11.734) um die Anerkennung weiterer Dienstunfallfolgen wurde der Beklagte durch Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 22. Juli 2014 verpflichtet, als weitere Folge des Dienstunfalls - im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung am 1. September 2009 - eine depressive Anpassungsstörung anzuerkennen. Im Übrigen wurde die Klage im Hinblick auf die Anerkennung einer depressiven Anpassungsstörung sowie einer Plexusläsion als - im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung - noch vorliegende weitere Dienstunfallfolgen abgewiesen. Der beklagtenseitig eingelegte Antrag auf Zulassung der Berufung wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2016 abgelehnt.
Daraufhin erließ der Beklagte am 13. April 2016 einen Bescheid, mit dem als weitere Folge des Dienstunfalls eine „depressive Anpassungsstörung ab 1. September 2009“ anerkannt wurde. Auf Widerspruch des Klägers wurde diese Entscheidung durch Bescheid vom 7. März 2017 dahingehend abgeändert, dass als Folge des Dienstunfalls vom 26. Mai 2008 anerkannt wurde: „Depressive Anpassungsstörung bis 21. Juli 2014“.
Am 31. März 2016 ließ der Kläger beantragen, ihm einen (höheren) Unfallausgleich nach Art. 52 BayBeamtVG zu gewähren. Der Beklagte holte hierauf hin ein nervenheilkundliches Gutachten bei Prof. S. ein. Dieser stellte am 7. November 2016 fest, dass für die psychischen Beschwerden in Form einer Anpassungsstörung eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20% angemessen sei. Insgesamt ergebe sich unter Berücksichtigung der Beeinträchtigung des linken Schultergelenks mit einer weiteren Teil-MdE von 30% aufgrund der Schmerzmodulation durch die psychische Situation einer Überlappung der Symptome, so dass die Gesamt-MdE mit 40% einzuschätzen sei.
Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens erging am 27. Juli 2017 ein Bescheid über die Neufestsetzung des Unfallausgleichs für den Zeitraum vom 26. Mai 2008 bis 21. Juli 2014 auf der Grundlage einer MdE in Höhe von 40 v.H. Hiergegen erhob der Kläger unter dem 25. August 2017 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 2017 zurückgewiesen wurde. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 19. Oktober 2017 zugestellt.
Am 17. November 2017 ließ der Kläger Klage erheben und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass inhaltliche Bedenken gegen das der Entscheidung zugrunde liegende medizinische Gutachten vom 7. November 2016 bestünden. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Gutachter in vorherigen Verfahren eklatante Fehler im Hinblick auf die Diagnose der Anpassungsstörung gemacht habe. Es müsse hinsichtlich der Höhe der MdE im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung differenziert werden. Hierbei müsse auf die Einschätzung des seinerzeit behandelnden Psychiaters Dr. H. vom 7. September 2009 zurückgegriffen werden, wonach dem Kläger eine schwere depressive Episode mit Psychopharmakabehandlung attestiert worden sei, sodass eine weit höhere Teil-MdE als 20 v.H. festzustellen sei. Der Kläger sei ab September 2009 mit dem Psychopharmakon Citalopram behandelt wurden, weshalb es bis zur Untersuchung durch den Gutachter im Dezember 2009 zu einer Linderung der Beschwerden gekommen sei. Hierauf gehe Prof. S. in seinem Gutachten zur MdE-Festsetzung nicht ein, sondern mutmaße nur hinsichtlich des Schweregrades der Erkrankung zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung. Die Frage der zumutbaren Anpassungsleistung des Klägers dürfe entgegen der Einschätzung des Gutachters nur eine untergeordnete Rolle spielen, zumal sich der Kläger im maßgeblichen Zeitraum in einer schweren depressiven Episode befunden habe. Überdies habe Prof. S. im Gutachten vom 17. März 2010 in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass er die Frage der zumutbaren Willensanstrengung des Klägers zur Überwindung der Beschwerden aufgrund einer einmaligen gutachterlichen Untersuchung nicht beantworten könne.
Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, dass es zu einer Überlappung der orthopädischen und psychischen Symptome gekommen sei, weshalb aus den Einzel-MdE von 20 v.H. (Psyche) und 30 v.H. (Schulter) eine Gesamt-MdE von 40 v.H. festgesetzt worden sei. Diese Überlappung stehe in Widerspruch zu den Ausführungen des Gutachters in seinen Vorgutachten, in denen ein Zusammenhang zwischen der Schmerzsymptomatik und den psychischen Beschwerden bislang keine Rolle gespielt habe. Ein Widerspruch ergebe sich auch zum Urteil des VG Würzburg vom 22. Juli 2014, wonach die Anerkennung der depressiven Anpassungsstörung als Dienstunfallfolge zu erfolgen habe, da insbesondere die Kränkungen aufgrund der für den Kläger negativen Behördenentscheidungen in der Folge des Dienstunfalls hierfür maßgeblich gewesen seien und nicht etwa psychosomatische Störungen aufgrund der unfallbedingten orthopädischen Einschränkungen. Der Bayer. Verwaltungsgerichtshof habe nachfolgend im Beschluss vom 17. März 2016 ausgeführt, dass der Sachverständige bei seinen Begutachtungen keinen Zusammenhang zwischen psychischen Beschwerden und einer Schmerzsymptomatik hergestellt habe.
Schließlich sei auch nicht überzeugend, dass der Gutachter im zeitlichen Verlauf durchgängig eine MdE von 20 v.H. für die psychischen Beschwerden anerkannt habe. Vielmehr sei aufgrund der fortschreitenden Substitution des Unfallanteils durch den Persönlichkeitsanteil zunächst eine hohe MdE auch für die Unfallfolge einer depressive Anpassungsstörung anzuerkennen gewesen, die sich dann bis zum Tag der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Würzburg am 22. Juli 2014 auf Null reduziert habe. Nach alledem sei zumindest im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung eine MdE von mindestens 50 v.H. angezeigt. Der Kläger beantragte vorsorglich die Anerkennung einer chronischen Schmerzsymptomatik als weitere Unfallfolge und Berücksichtigung dieser im Rahmen der MdE.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
Der Bescheid vom 27. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2017 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, bei dem Kläger im Zeitraum 26. Mai 2008 bis 21. Juli 2014 einen Unfallausgleich auf der Grundlage einer MdE von mindestens 50% zu gewähren.
Hilfsweise beantragt der Klägerbevollmächtigte, zum Beweis der Tatsache, dass bei dem Kläger zum Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand zum 1. September 2009 aufgrund einer gerichtlich festgestellten depressiven Anpassungsstörung eine höhere MdE als 20 v.H. und damit eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v.H. vorgelegen hat, die Einvernahme des Dr. H* …, E* … … … … als Zeugen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde auf das medizinische Gutachten vom 7. November 2016 verwiesen, woraus sich eine Gesamt-MdE von 50% nicht ableiten lasse. Der Sachverständige komme unter Beachtung der Grundsätze aus der zugrunde zu legenden Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) nachvollziehbar und schlüssig zur Einschätzung einer Gesamt-MdE von 40 v.H. Insbesondere sei in Zusammenschau mit den früheren Gutachten festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung die Einzel-MdE auf nervenärztlichen Fachgebiet keinesfalls mit einem höheren Grad als 20 v.H. festzusetzen sei. In seinem ersten Gutachten vom 17. März 2010, Untersuchungszeitpunkte 17. Dezember und 23. Dezember 2009, habe der Gutachter vielmehr bereits festgestellt, dass die depressive Anpassungsstörung relativ gering ausgeprägt sei (S. 41 des Gutachtens). Der Kläger habe weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren Unterlagen vorgelegt, insbesondere keine medizinischen, die die gutachterlichen Feststellungen infrage stellen könnten. Zwischen dem Schmerzempfinden und dem psychischen Zustand bestehe stets eine Wechselwirkung; diese psychische Schmerzmodulation sei fachmedizinisch ein feststehender, anerkannter Vorgang. Dass die Unfallfolgen auf psychischem und orthopädischem Fachgebiet unabhängig voneinander bestünden, bedeute demzufolge nicht, dass bei der Einschätzung der MdE die psychischen Beeinträchtigungen, welche sich aus der depressiven Anpassungsstörung ergeben, und die psychischen Beeinträchtigungen, die sich aus dem Schmerzsyndrom ergeben, nicht gemeinsam zu betrachten wären und sich überlappen könnten, was ihre Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit angehe. Denn sowohl das Schmerzsyndrom als auch die depressive Anpassungsstörung hätten Auswirkungen auf die Psyche, womit sich vorliegend die auf unterschiedlichen Faktoren beruhenden psychischen Beeinträchtigungen überlappten. Die Einschätzung des Gutachters stehe damit auch nicht in Widerspruch zu den vorangegangenen Urteilen. Soweit der Kläger auf Befunde seines behandelnden Psychiaters verweist, so sei festzustellen, dass dem Gutachter die vollständigen Akten vorgelegen hätten und von diesem eine eigene Anamnese durchgeführt worden sei. Der Kläger sei Prof. S. überdies infolge der vorherigen Begutachtungen vertraut. Soweit der Kläger argumentiere, die Gesamt-MdE können nicht stetig bei 40 v.H. gelegen haben, so handele es sich hierbei um die maximale unfallbedingte MdE, da die unfallbedingte depressive Anpassungsstörung längstens bis zum 21. Juli 2014 bestanden habe und gegen Ende des Zeitraums eher mit einem Abklingen zu rechnen sei.
Unter dem 10. März 2018 und 13. Juli 2018 hat das Gericht ergänzende gutachterliche Stellungnahmen des Prof. S. eingeholt. Mit Antwortschreiben vom 9. Juli 2018 sowie 27. Juli 2018 hielt der Gutachter an seiner Einschätzung vom 7. November 2016 fest und nahm zur Frage der Überlappung der Symptome auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet, einer Anpassungsleistung des Klägers sowie der Höhe der Teil-MdE für psychische Beeinträchtigungen Stellung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten in den Verfahren W 1 K 17.1344 und W 1 K 17.1345 sowie der beigezogenen Behördenakten verwiesen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung des Beklagten, ihm für den Zeitraum vom 26. Mai 2008 bis zum 21. Juli 2014 einen höheren Unfallausgleich auf der Grundlage einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (im Folgenden: MdE) von mindestens 50 v.H. zu gewähren. Vielmehr ist der Bescheid des Beklagten vom 27. Juli 2017, mit dem dem Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum eine MdE von 40 v.H. zuerkannt wurde, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Es ist darauf hinzuweisen, dass die mit Schriftsatz vom 30. Juli 2018 beantragte Anerkennung einer chronischen Schmerzsymptomatik als weitere Dienstunfallfolge und die Berücksichtigung derselben im Rahmen der MdE-Festsetzung vorliegend nicht Streitgegenstand sind, da es insoweit bereits an einer behördlichen Vorbefassung mangelt.
Auf die vorliegende Verpflichtungsklage ist das Bayerische Beamtenversorgungsgesetz in der Fassung vom 5. August 2010, zuletzt geändert durch § 8 des Gesetzes vom 18. Mai 2018, anzuwenden. Denn nach Art. 100 Abs. 4 Satz 1 BayBeamtVG steht für die am 31. Dezember 2010 vorhandenen Unfallfürsorgeberechtigten ein vor dem 1. Januar 2011 erlittener Dienstunfall im Sinn des Beamtenversorgungsgesetzes in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung dem Dienstunfall im Sinne dieses Gesetzes gleich. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, weil der am 26. Mai 2008 erlittene Dienstunfall des Klägers mit Bescheid des Beklagten vom 4. August 2009 gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG anerkannt wurde.
Nach Art. 52 Abs. 1, Abs. 2 BayBeamtVG wird dem verletzten Beamten neben der Besoldung oder dem Ruhegehalt ein Unfallausgleich in Höhe der Grundrente nach § 31 Abs. 1 - 3 des Bundesversorgungsgesetzes gewährt, solange der verletzte Beamte infolge des Dienstunfalls in der Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 25 v.H. beschränkt ist. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Eine unfallunabhängige Minderung der Erwerbsfähigkeit bleibt außer Betracht.
Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf einen höheren Unfallausgleich, da der Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum bereits Unfallausgleich auf Basis einer MdE von 40 v.H. geleistet hat und der Kläger eine Festsetzung der MdE in Höhe von 50 v.H. oder mehr nicht beanspruchen kann.
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist nach der körperlichen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen. Dabei handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der der vollen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Erwerbsfähigkeit ist die Kompetenz des Verletzten, sich unter Nutzung der Arbeitsgelegenheiten, die sich ihm abstrakt im gesamten Bereich des Erwerbslebens bieten, einen Erwerb zu verschaffen. Auf den bisherigen Beruf oder die bisherige Tätigkeit wird nicht abgestellt. Es kommt nicht auf die individuellen Verhältnisse, also die persönlichen Kenntnisse oder die geistigen, körperlichen, psychischen und sozialen Fähigkeiten an. Die Festsetzung der MdE im Versorgungsrecht folgt den unfallversicherungsrechtlichen Anforderungen. Sie richtet sich auch dort nach den verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens, die sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergeben (vgl. § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Voraussetzung ist ein Vergleich der vor und nach dem Dienstunfall bestehenden individuellen Erwerbsfähigkeit.
Der Grad der MdE ist aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu ermitteln. Dabei bilden allgemeine Erfahrungssätze, in Tabellen und Empfehlungen enthaltene Richtwerte, also antizipierte Sachverständigengutachten, in der Regel die Basis für die Bewertung der MdE durch den Sachverständigen. Die konkrete Bewertung muss jedoch stets auf die Besonderheiten der MdE des betroffenen Beamten abstellen. Entscheidend ist, dass der Sachverständige bei seiner dienstunfallrechtlichen Bewertung als Maßstab die körperliche Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu Grunde legt (BayVGH, B.v. 1.2.2013 - 3 ZB 11.1166 - juris; OVG NRW, B.v. 25.8.2011 - 3 A 3339/08 -juris; VG München, U.v. 15.12.2016 - M 12 K 16.2825 - juris; Weinbrenner in: Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, BeamtVG, § 35, Rn. 54).
Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt zwar in erster Linie auf ärztlich wissenschaftlichem Gebiet. Doch bei der Frage, welcher MdE-Grad vorliegt, handelt es sich letztlich um eine Rechtsfrage, die ohne Bindung an ärztliche Gutachten unter Berücksichtigung der Einzelumstände zu entscheiden ist (vgl. LSG Bayern, U.v. 10.3.2010 - L 2 U 177/07 - juris).
Wenn sich - wie vorliegend - festgestellte Grade von Einzel-MdE auf Beeinträchtigungen verschiedener medizinischer Fachgebiete beziehen, ist ein Grad der Gesamt-MdE zu bestimmen. Dabei ist von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-MdE-Grad bedingt und dann zu prüfen, inwieweit sich dieser im Hinblick auf die weitere Funktionsbeeinträchtigung erhöht (vgl. BayVGH, B.v. 22.10.2015 - 3 ZB 13.1258 - juris; VG Würzburg, U.v. 5.3.2013 - W 1 K 11.629 - juris; Teil A Ziffer 3 c) der versorgungsmedizinischen Grundsätze nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung). Bei der Ermittlung des Gesamt-MdE durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Teil-Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-MdE-Grades ungeeignet. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander (vgl. Teil A Ziffer 3 a) der versorgungsmedizinischen Grundsätze nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung). Um die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander beurteilen zu können, muss aus der ärztlichen Gesamtschau heraus beachtet werden, dass die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander unterschiedlich sein können: Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können hierbei voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken. Dies ist vor allem der Fall, wenn Funktionsbeeinträchtigungen an paarigen Gliedmaßen oder Organen - also z. B. an beiden Armen oder beiden Beinen oder beiden Nieren oder beiden Augen - vorliegen, die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden und schließlich können diese durch eine hinzutretende Gesundheitsstörung nicht verstärkt werden (vgl. Teil A Ziffer 3 d) der versorgungsmedizinischen Grundsätze nach der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung).
In Anwendung dieser Maßstäbe ist die Kammer auf der Grundlage der vorliegenden gutachterlichen Äußerungen des Prof. S. vom 7. November 2016, 9. Juli 2018 sowie 27. Juli 2018 zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 26. Mai 2008 bis 21. Juli 2014 eine Teil-MdE hinsichtlich der depressiven Anpassungsstörung in Höhe von 20 v.H. (1.) sowie eine Gesamt-MdE von 40 v.H. (2.) vorliegen und die angegriffenen Bescheide daher rechtmäßig sind. Unstreitig besteht auf orthopädischem Fachgebiet eine Teil-MdE aufgrund des dienstunfallbedingten Schadens in der linken Schulter in Höhe von 30 v.H., wie bereits bestandskräftig durch Bescheid vom 6. August 2009 festgestellt.
1. Der Gutachter Prof. S. hat unter Bezugnahme auf einschlägige Gutachtenliteratur überzeugend festgestellt, dass für Anpassungsstörungen eine (Teil-) MdE von 20 v.H. festzusetzen sei, bei stärkergradig ausgeprägten Störungen von 30 v.H. (vgl. hiermit übereinstimmend: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 170). Prof. S. hat im Falle des Klägers nachvollziehbar eine MdE von 20 v.H. für angemessen erachtet. Der Gutachter hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass bei der Festsetzung eines MdE-Grades für die depressive Anpassungsstörung auch die durch eine erhebliche Zwanghaftigkeit geprägte Persönlichkeit des Klägers berücksichtigt werden müsse, welche wesentlich zur Entwicklung und Aufrechterhaltung der psychischen Erkrankung beigetragen habe. Es seien daher die anlagebedingten Faktoren bei der MdE-Festsetzung von den unfallbedingten zu trennen (Blatt 601 ff. der Dienstunfallakte). Diese auf zwei verschiedenen Faktoren beruhende Verursachung der psychischen Erkrankung deckt sich mit den früheren Aussagen des Gutachters (Blatt 539, 544, 551 der Dienstunfallakte) und ist im Grundsatz zwischen den Beteiligten unstreitig.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die beim Kläger vorliegende depressive Anpassungsstörung im streitgegenständlichen Zeitraum nicht das Ausmaß eines stärkergradig ausgeprägten Störungsbildes erreicht hat, welches allein eine höhere Teil-MdE als 20 v.H. rechtfertigen könnte. Ein stärkergradiges Störungsbild lässt sich insbesondere nicht dem ärztlichen Attest des den Kläger seinerzeit behandelnden Psychiaters Dr. H. vom 7. September 2009 entnehmen, wonach der Kläger an einer schweren depressiven Episode, eher chronifiziert, gelitten habe. Abgesehen davon, dass Dr. H. diese Diagnose nicht näher begründet hat und die im Attest genannte Reduzierung des Selbstvertrauens und Leistungsbewusstseins sowie die Schlafstörungen nicht für eine schwere Ausprägung einer depressiven Episode sprechen, hat Prof. S. bereits im Gutachten vom 17. März 2010 - basierend auf einer zeitnah zum Ruhestandsversetzungszeitpunkt stattgefundenen Untersuchung des Klägers am 17. und 23. Dezember 2009 - überzeugend erläutert, dass der Diagnose einer schweren depressiven Episode nicht gefolgt werden könne, da andernfalls schon aus Gründen einer möglichen Suizidalität die sofortige Einweisung in die geschützte Abteilung einer psychiatrischen Klinik erforderlich gewesen wäre, was jedoch bei dem Kläger nicht der Fall war. Zudem wäre der Kläger bei Vorliegen einer schweren depressiven Episode so stark beeinträchtigt gewesen, dass er beispielsweise seine Behördenkorrespondenz nicht mehr hätte bewältigen können (Blatt 330 der Dienstunfallakte; übernommen in: VG Würzburg U.v. 22. Juli 2014 - W 1 K 11.734 - S. 18 f. (Blatt 561 f. der Dienstunfallakte)). Auf die Behördenkorrespondenz des Klägers im Zeitraum der Ruhestandsversetzung etwa in Form des persönlich eingelegten Widerspruchs vom 10. September 2009 (Blatt 201 der Dienstunfallakte) sowie sein Schreiben vom 10. August 2009 an das Landesamt für Finanzen (Blatt 232 der Heilbehandlungsakte) kann in diesem Zusammenhang verwiesen werden. Auch in der ergänzenden Stellungnahme des Prof. S. vom 9. Juli 2018 erklärt dieser übereinstimmend mit seiner früheren Begutachtung, dass der Kläger im Dezember 2009 bei der ersten Untersuchung noch eine gewisse Distanz zu den Geschehnissen um den Unfall und seiner vorzeitigen Pensionierung gehabt habe, was ebenfalls auf eine zumindest nicht stärkergradig ausgeprägte depressive Episode bzw. Anpassungsstörung hinweist.
Eine andere Einschätzung ergibt sich vor diesem Hintergrund auch nicht unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrages, dass er seit September 2009 mit dem Psychopharmakon Citalopram behandelt worden sei, weshalb es bis zur ersten Untersuchung durch Prof. S. im Dezember 2009 zu einer Linderung der Beschwerden gekommen sei. Denn der Gutachter hat die Ablehnung einer schweren depressiven Episode explizit auch unter Berücksichtigung der Einnahme von Citalopram seit September 2009 abgegeben (Blatt 301 ff. der Dienstunfallakte). Überdies hat der Kläger selbst bei der Angabe seiner Beschwerden im Rahmen der Untersuchung zur Erstbegutachtung durch Prof. S. angegeben, dass es ihm, seitdem ihm sein Nervenarzt Citalopram verordnet habe, noch schlechter gehe (Blatt 308 der Dienstunfallakte), was der nunmehrigen Angabe einer Verbesserung seines Zustandes durch das Medikament Citalopram gerade zuwiderläuft.
Wenn der Kläger vorträgt, dass die Teil-MdE im zeitlichen Verlauf nicht durchgängig bei 20 v.H. gelegen haben könne und zumindest bei der Ruhestandsversetzung ein höherer Wert zu berücksichtigen sei, da der unfallbedingte Anteil der psychischen Erkrankung nach den Feststellungen des Gutachters im Laufe der Zeit bis auf null am Tag der mündlichen Verhandlung abgenommen habe, so verkennt er, dass die Berücksichtigung einer Teil-MdE von 20 v.H. entsprechend vorstehender Ausführungen den Höchstwert im zeitlichen Verlauf darstellt, wie sich den ergänzenden Stellungnahmen des Prof. S. vom 9. Juli 2018 und 27. Juli 2018 klarstellend entnehmen lässt („…Deshalb ist nicht erkennbar, warum sich eine andere Einschätzung der MdE über die Zeit ergeben sollte…“, „…Deswegen kann ich nicht erkennen, warum zum damaligen Zeitpunkt eine höhere MdE als 20 v.H. gerechtfertigt gewesen wäre…“). Dieser Bewertung schließt sich das Gericht vollumfänglich an. Letztlich würde demgegenüber die Argumentation des Klägers darauf hinauslaufen, dass zumindest in zeitlich späterer Teilen des hier streitgegenständlichen Zeitraums die Teil-MdE mit einem geringeren Grad als 20 v.H. festzusetzen wäre, was sich wiederum - zu seinen Lasten - auch auf die Bestimmung des Gesamt-MdE-Grades auswirken würde.
Darüber hinaus ist auch vor und nach dem Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung bis zum Ablauf des im vorliegenden Verfahren streitigen Zeitraums am 21. Juli 2014 gleichfalls nicht von einer höheren Teil-MdE als 20 v.H. auszugehen. Prof. S. hat zwar in einem weiteren Gutachten vom 12. Juli 2013 eine mittelschwere Depression diagnostiziert und in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2014 erklärt, dass sich der psychische Zustand des Klägers in den drei Jahren zwischen den beiden Untersuchungen deutlich verschlechtert habe (Blatt 538, 550 der Dienstunfallakte; vgl. auch Stellungnahme des Gutachters vom 9. Juli 2018). Gleichzeitig hat der Gutachter jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass mit fortschreitender Zeit der originäre Unfallanteil bei der Verursachung der Beschwerden gegenüber dem Persönlichkeitsanteil in den Hintergrund getreten sei (Blatt 544 der Dienstunfallakte; Stellungnahme des Gutachters vom 9. Juli 2018). Hat sich somit zwar die depressive Anpassungsstörung des Klägers im Laufe der Zeit verschlechtert, so hat sich jedoch im gleichen Zeitraum auch der unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Anteil an der depressiven Anpassungsstörung deutlich erhöht, dessen Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit nach Art. 52 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG wiederum außer Betracht zu bleiben haben. Daher spricht nichts dafür, dass zu irgendeinem Zeitpunkt während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums eine höhere Teil-MdE als 20 v.H. vorgelegen hat (vgl. oben). Zudem war der Kläger über den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum hinweg wegen seiner depressiven Anpassungsstörung nicht in stationärer Behandlung und hat - wenn auch mit anwaltlicher Unterstützung - weitere Rechtsbehelfsverfahren geführt, weshalb entsprechend obiger Ausführungen auch nicht von einer stärkergradigen depressiven Störung auszugehen ist (vgl. oben).
Prof. S. hat im Rahmen der gutachterlichen Festsetzung der Teil-MdE für die depressive Anpassungsstörung auf 20 v.H. auch zulässigerweise darauf abgestellt, dass dem Kläger eine gewisse Anpassungsleistung im Laufe der Zeit zuzumuten gewesen sei. Der Gutachter hat in diesem Zusammenhang überzeugend erklärt, dass der Kläger kognitiv gut ausgestattet und intelligent sei; er verfüge über alle mentalen Mittel, eine Anpassungsleistung zu erbringen. Anlässlich der ersten Begutachtung im Jahre 2009 habe er noch eine gewisse Distanz zum Ereignis selbst und den nachfolgenden Auseinandersetzungen mit den Behörden aufgewiesen. Aus dieser Position heraus habe die genannte Anpassungsleistung erbracht werden können. Entsprechend obiger Ausführungen stand der vom Gutachter erwähnten zumutbaren Anpassungsleistung auch nicht das Vorliegen einer schweren depressiven Episode entgegen, was angesichts der geführten Behördenkorrespondenz (vgl. etwa Blatt 79, 86 ff., 142 f. der Dienstunfallakte, Blatt 128 ff., 178 f., 182 f., 232 der Heilbehandlungsakte) sowie einem mangelnden stationären Aufenthalt wegen der psychischen Erkrankung auch für den Zeitraum vor der Ruhestandsversetzung des Klägers gilt.
Mit dieser Einschätzung zur Anpassungsleistung setzt sich der Gutachter auch nicht in Widerspruch zu der Aussage in seinem früheren Gutachten vom 17. März 2010, in welchem dieser die Frage, ob der Beamte bei der ihm zuzumutenden Willensanpassung die von ihm angegebenen Beschwerden ganz oder bald hätte überwinden können, damit beantwortet hat, dass die Frage der zumutbaren Willensanstrengung aufgrund einer einmaligen gutachterlichen Untersuchung nicht beantwortet werden könne (Blatt 336 der Dienstunfallakte). Denn es ist zu konstatieren, dass der Gutachter den Kläger zwischenzeitlich bereits dreimal persönlich untersucht hat und sich damit nunmehr ein merklich besseres und umfassenderes Bild von der psychischen Situation des Klägers - auch im zeitlichen Verlauf - machen kann. Zudem hat der Gutachter dem Kläger im Rahmen der Festsetzung der Teil-MdE auch nur eine „gewisse Anpassungsleistung im Laufe der Zeit“ zugemutet, während er bei seiner Begutachtung im Jahre 2010 im anderweitigen Zusammenhang der Kausalitätsfeststellung zu der Frage Stellung genommen hat, ob der Kläger die von ihm angegebenen Beschwerden bei ihm zuzumutender Willensanpassung hätte „ganz oder bald überwinden können“. Es besteht damit in den beiden Aussagen zur Anpassungsleistung erkennbar ein Unterschied in zeitlicher sowie insbesondere in qualitativer Hinsicht, so dass das Gericht davon überzeugt ist, dass Prof. S. bei seiner Begutachtung vom 7. November 2016 in der Lage war, die Einschätzung einer „gewissen Anpassungsleistung im Laufe der Zeit“ fachlich fundiert zu treffen. Überdies handelt es sich bei dieser gutachterlichen Aussage ganz offensichtlich lediglich um ein zusätzliches begründendes Element der unabhängig hiervon vom Gutachter als zutreffend erkannten Teil-MdE von 20 v.H. (Blatt 602 f. der Dienstunfallakte: „…Im vorliegenden Fall ist eine MdE von 20% angemessen, nicht zuletzt deswegen, weil Herrn St* … eine gewisse Anpassungsleistung im Laufe der Zeit zuzumuten ist.“).
Die Einschätzung des Klägers, dass eine höhere Teil-MdE für die depressive Anpassungsstörung gerechtfertigt wäre, wird schließlich auch nicht durch anderweitige medizinische Unterlagen gestützt und stellt letztlich eine fachlich nicht fundierte Spekulation dar. Vielmehr wird das überzeugende Ergebnis des Prof. S. auch durch den den Kläger behandelnden Psychiater Dr. H. in dessen Privatgutachten vom 18. Oktober 2010 im seinerzeitigen gerichtlichen Verfahren W 1 K 11.734 bestätigt. Darin folgert Dr. H. abschließend, dass die Einschränkung der geistig psychischen Leistungsfähigkeit aufgrund der depressiven Anpassungsstörung einen zusätzlichen Invaliditätsgrad von 10% bedinge (wobei nicht abschließend klar wird, ob es sich hierbei lediglich um die Angabe einer Teil-MdE oder aber eines Additionswertes im Rahmen der Gesamt-MdE handelt). Anhaltspunkte für eine höhere Erwerbsfähigkeitsminderung zu einem anderen Zeitpunkt des streitgegenständlichen Zeitraums lassen sich dem Gutachten des Dr. H. nicht entnehmen.
2. Auch die Festsetzung der Gesamt-MdE auf 40 v.H. im streitgegenständlichen Zeitraum ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Gutachter Prof. S. ist diesbezüglich unter Anwendung der oben dargestellten Maßstäbe korrekt von der höchsten Einzel-MdE (hier 30 v.H. auf orthopädischem Fachgebiet) ausgegangen und hat die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander in einer ärztlichen Gesamtschau gewürdigt. Er ist hierbei rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf den beiden genannten Fachgebieten vorliegend (teilweise) überlappen und daher eine Gesamt-MdE von 40 v.H. gerechtfertigt ist.
Der Gutachter stützt diese Einschätzung maßgeblich auf die Schmerzmodulation durch die psychische Situation des Klägers und führt in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf entsprechende Fachliteratur überzeugend aus, dass sich die psychische Verfassung stets modulierend auf das Schmerzerleben auswirke, was medizinisches Allgemeinwissen und wissenschaftlich gut belegt sei. Eine strikte Trennung zwischen psychosomatischen und kränkungsbedingten Ursachen, wie vom Kläger angenommen, sei überdies nicht sinnvoll. Anfangs hätten die durch die Schulterverletzung bedingten, damals eindeutig somatischen Schmerzen im Vordergrund gestanden. Die Weiterentwicklung sei durch die sensitive und zwanghafte Persönlichkeit des Klägers geprägt worden, die wiederum mit erhöhter Kränkbarkeit einhergegangen sei. Diese habe zur Entwicklung einer Depression mit dysfunktionaler Modulation des Schmerzsyndroms geführt. Eine psychosomatische Komponente sei bei den Beschwerden seit langem vorhanden und nur insofern im Zusammenhang mit dem Schmerzsyndrom zu sehen, als es sich nicht um ein „Entwederoder“, sondern vielmehr um ein „Sowohl-als-auch“ handele. Es habe ausgesagt werden sollen, dass es sich nicht um psychosomatische Beschwerden sui generis handele. Dem Schmerzsyndrom sei durch Anerkenntnis einer MdE von 30% wegen der Beeinträchtigung des linken Schultergelenks Rechnung getragen.
Damit hat der Gutachter nachvollziehbar erklärt, dass die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet gerade nicht unabhängig voneinander bestehen, sondern eine Wechselwirkung dergestalt besteht, dass sich die Auswirkungen der depressiven Anpassungsstörung auch modulierend auf die orthopädisch bedingten Funktionsbeeinträchtigungen und dort insbesondere auf das Schmerzerleben, welchem im Rahmen der Festsetzung der Teil-MdE von 30 v.H. bereits Rechnung getragen wurde, auswirken. Damit besteht eine Überschneidung der Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, sodass bei Teil-MdE-Graden von 30 v.H. und 20 v.H. eine niedrigere Gesamt-MdE als 50 v.H. - hier 40 v.H. - gerechtfertigt ist. Schließlich ist der Gutachter auch überzeugend nicht von einer vollständigen Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen ausgegangen, sondern hat der depressiven Anpassungsstörung mit ihren negativen Folgewirkungen auf die Erwerbsfähigkeit noch einen eigenständigen Bedeutungsgehalt beigemessen und auf Grundlage dessen die Teil-MdE auf orthopädischem Fachgebiet um 10 v.H. erhöht.
Die Gesamt-MdE Festsetzung wird darüber hinaus - wie bereits erwähnt - durch die Einschätzung des Dr. H. in seinem Privatgutachten vom 18. Oktober 2010 bestätigt, wonach die Einschränkung der psychischen Leistungsfähigkeit einen zusätzlichen Invaliditätsgrad von 10% bedinge (vgl. oben). Überdies entspricht das Ergebnis dem Regelfall bei der Bildung eines Gesamt-MdE-Grades, wonach eine Addition der Teilwerte nicht stattfindet und der Gesamt-MdE-Grad in aller Regel niedriger als die Summe der Einzelschäden ist (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl., S. 131 f.). Der Kläger hat auch diesbezüglich keine anderweitigen ärztlichen Stellungnahmen vorgelegt, die gegen die fachliche Einschätzung des Prof. S. sprechen würden.
Der Gutachter setzt sich mit der Feststellung einer (teilweisen) Überlappung der Funktionsbeeinträchtigungen auch nicht in Widerspruch zu seinen Vorgutachten. Wenn der Kläger diesbezüglich meint, dass in früheren Gutachten die nunmehr herangezogene Schmerzsymptomatik keine Rolle gespielt habe und insbesondere kein Zusammenhang zwischen dieser und den psychischen Beschwerden hergestellt worden sei, so ist diesbezüglich entscheidend festzustellen, dass Gegenstand der früheren Begutachtungen und des Gerichtsverfahrens W 1 K 11.734 allein die Frage der rechtlichen Kausalität des Dienstunfalls für die depressive Anpassungsstörung war und gerade nicht die spezifischen wechselseitigen Beziehungen zwischen den einzelnen Dienstunfallfolgen im Rahmen der Festsetzung von MdE-Graden. Unter Berücksichtigung dessen erscheint es schon vom Ansatzpunkt her verfehlt, die seinerzeitigen Aussagen des Gutachters als umfassend und abschließend in Bezug auf den hiesigen Streitgegenstand zu betrachten. Überdies schließt die seinerzeitige Feststellung, dass die psychischen Beeinträchtigungen auf die Auseinandersetzungen mit den Behörden zurückzuführen seien, die im hiesigen Zusammenhang angeführte Modulation der Schmerzen durch die psychische Erkrankung (unabhängig von deren Entstehungsgründen) ersichtlich keineswegs aus. Auch ist zu beachten, dass Prof. S. in der Vergangenheit zu keinem Zeitpunkt positiv festgestellt hat, dass eine psychosomatische Komponente beim Kläger nicht vorhanden ist. Vielmehr hat er bereits im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2014 u.a. erklärt, dass bekannt sei, dass eine Wechselwirkung zwischen Schmerzen und Psyche bestehe (S. 4 der Verhandlungsniederschrift vom 22. Juli 2014 (Blatt 551 der Dienstunfallakte)). Wenn der Gutachter bei dieser Gelegenheit zudem angegeben hat, dass die psychischen Veränderungen auf indirekte Unfallfolgen zurückzuführen seien, insbesondere den Kampf mit den Behörden, so wird bereits aus der Wortwahl „insbesondere“ deutlich, dass auch andere Verursachungsbeiträge existieren müssen, auch wenn diese seinerzeit nicht explizit benannt wurden. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang einen Widerspruch der gutachterlichen Äußerungen auch zu Ausführungen im Urteil des VG Würzburg vom 22. Juli 2014 sowie im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2016 sieht, so vermag dieser Einwand bereits formal nicht durchzugreifen, da die Entscheidungsgründe gerichtlicher Entscheidungen nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 121 Rn. 21). Im Übrigen besteht ein Widerspruch schon deshalb nicht, weil sich die genannten Gerichtsentscheidungen gerade nicht mit der MdE-Bewertung befassen.
Wenn der Kläger schließlich auf ein Schreiben des Gutachters vom 19. April 2010 hinweist, wonach sich aus neurologischer Sicht kein Zusammenhang mit dem Unfall ergebe und die Verordnung von Schmerzmitteln als erstattungsfähig abgelehnt werde, so kann auch hieraus kein Widerspruch konstruiert werden, da eine Aussage zur Erstattungsfähigkeit verordneter Schmerzmittel zum einen nicht spezifisch in das Fachgebiet des Prof. S. fällt, sondern in das orthopädische Fachgebiet, worauf der Gutachter in dem zitierten Schreiben auch hingewiesen hat. Zum anderen hat er seine gutachterliche Einschätzung aus dem Jahr 2010, die diesem Schreiben zugrunde liegt und wonach die depressive Anpassungsstörung nicht wesentlich teilursächlich auf den Dienstunfall zurückzuführen sei, im Laufe des seinerzeitigen Gerichtsverfahrens um die Anerkennung einer psychiatrischen Dienstunfallfolge (W 1 K 11.734) explizit revidiert.
Unabhängig von der Einschätzung des Prof. S. finden sich eine Reihe weiterer Anhaltspunkte in den Dienstunfallakten für einen Zusammenhang zwischen den Schulterschmerzen und der psychischen Erkrankung des Klägers, welche eine Überschneidung der Funktionsbeeinträchtigungen ebenfalls nahe legen. So wird etwa im Gesundheitszeugnis des polizeiärztlichen Dienstes vom 13. Oktober 2008 festgestellt, dass die Schmerzsymptomatik auf chirurgischem Fachgebiet auch zu negativen Auswirkungen auf die psychische Verfassung des Beamten geführt habe (Blatt 283 der Personalakte, Blatt 207 der Dienstunfallakte). Im Schreiben vom 10. August 2009 an das Landesamt für Finanzen hat der Kläger ausgeführt, dass er auf die Einnahme des Medikaments Jarsin angewiesen sei aufgrund der durch das Unfallgeschehen und die lange Schmerzphase ausgelösten Depressionen (Blatt 232 der Heilbehandlungsakte). Dr. H. hat am 16. Juni 2010 erklärt, dass der Kläger aufgrund der starken Schmerzen und der schwierigen sozialen Situation vermehrt depressiv gewesen sei. In der Folgezeit habe sich durch die unzureichende Rückbildung ein depressives Syndrom entwickelt (Blatt 406 der Dienstunfallakte).
3. Auch darüber hinaus liegen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der Begutachtung durch Prof. S. vor. Die fachlichen Stellungnahmen vom 6. November 2016, 9. Juli 2018 und 27. Juli 2018 gehen von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, nachdem dem Gutachter alle erforderlichen Unterlagen vorlagen und eine persönliche Untersuchung des Klägers am 23. Juni 2016 stattgefunden hat. Der Gutachter hat den Sachverhalt korrekt erfasst und bei der Begutachtung berücksichtigt.
An der Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters bestehen ebenfalls keine Zweifel. Der Gutachter ist Facharzt für Neurologie, Intensivmedizin, Geriatrie sowie Facharzt für Nervenheilkunde. Im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten sind auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zulässige Beweismittel, sofern sie inhaltlich und nach der Person des Sachverständigen den Anforderungen entsprechen, die an ein gerichtliches Gutachten zu stellen sind (vgl. BVerwG, B.v. 20.2.1998 - 2 B 81/97 - juris). Die von einer Verwaltungsbehörde bestellten Gutachter sind grundsätzlich als objektiv urteilende Gehilfen der das öffentliche Interesse wahrenden Verwaltungsbehörde und nicht als parteiische Sachverständige anzusehen (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1964 - VI C 45.61 - juris Rn. 27).
Die Sachkunde des Gutachters ist hier auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, da dieser seine Auffassung im Gutachten vom 12. Juli 2013 bzw. in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juli 2014 gegenüber der im Jahre 2010 vertretenen Einschätzung teilweise revidiert hat, indem er - zugunsten des Klägers - dann abschließend zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die depressive Anpassungsstörung annähernd gleichwertig auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Es spricht vielmehr eher für die Sachkunde und Unparteilichkeit des Gutachters, eine früher vertretene Auffassung zu überdenken und erforderlichenfalls anzupassen. Überdies ist nicht ersichtlich, dass die erwähnte Änderung der Einschätzung die Sachkunde des Gutachters generell oder speziell für die vorliegende Problematik infrage stellen würde.
Der Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es nicht. Denn die gerichtliche Aufklärungspflicht ist in diesem Zusammenhang nur dann verletzt, wenn sich das Gericht auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten stützt, das objektiv ungeeignet ist, ihm die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn das vorliegende Gutachten auch für den Nichtsachkundigen erkennbare Mängel aufweist, etwa nicht auf dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft beruht, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Die Pflicht zur Ergänzung des vorliegenden Gutachtens folgt nicht schon daraus, dass ein Beteiligter dieses als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <45> = Buchholz 303 § 414 ZPO Nr. 1 S. 6; Beschlüsse vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 122.07 - Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 2 = ZBR 2008, 257<259 f.> und vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 = NJW 2009, 2614; st.Rspr.). Dies zugrunde gelegt bestanden vorliegend entsprechend obiger Ausführungen keine Anhaltspunkte dafür, ein weiteres Gutachten einholen zu müssen.
4. Schließlich war auch dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag des Klägers, seinen behandelnden Psychiater Dr. H. als Zeugen dazu zu vernehmen, dass im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung bei dem Kläger eine höhere Teil-MdE als 20 v.H. für die depressive Anpassungsstörung und damit eine Gesamt-MdE von mindestens 50 v.H. vorgelegen habe, nicht nachzukommen. Denn bei der Feststellung eines Teilsowie eines Gesamt-MdE-Grades handelt es sich nicht um dem Zeugenbeweis zugängliche Tatsachen, sondern vielmehr um Rechtsfragen (vgl. LSG Bayern, U.v. 10.3.2010 - L 2 U 177/07 - juris; Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 86 Rn. 27).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.