Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 06. Feb. 2019 - W 8 S 19.30240

bei uns veröffentlicht am06.02.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerinnen sind marokkanische Staatsangehörige (Mutter mit zwei minderjährigen Kindern). Die Antragsgegnerin lehnte ihre Asylanträge mit Bescheid vom 25. Januar 2019 als offensichtlich unbegründet ab und drohte ihnen die Abschiebung nach Marokko an.

Die Antragstellerinnen ließen am 4. Februar 2019 im Verfahren W 8 K 19.30239 Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid erheben und gleichzeitig im vorliegenden Sofortverfahren beantragen,

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung wird angeordnet.

Zur Antragsbegründung ließen die Antragstellerinnen im Wesentlichen ausführen: Die Antragstellerin zu 1) sei nach ihrer Scheidung von ihrem Ehemann alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Die beiden älteren Kinder lebten bei ihren Eltern in Casablanca. Die beiden jüngeren Kinder lebten mit der Antragstellerin zu 1) in Deutschland. Laut vorgelegtem Attest des Krankenhauses St. Josef vom 14. Januar 2019 leide die Antragstellerin zu 2) an Diabetes Typ 1, Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall) und an erythros-quamösen Hautveränderungen. Demnach sei die Antragstellerin zu 2) auf Insulintherapie angewiesen, die optimierbar erscheine. Ob diese im Heimatland der Antragstellerin erreichbar sei, erscheine fraglich. Da eine nicht behandelte Diabetes Typ 1 eine lebensgefährliche Krankheit darstelle, sofern Insulinspritzen nicht täglich erreichbar seien, müsse hier die Behandelbarkeit der Krankheit besonders sorgfältig geprüft werden.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 19.30239) und die beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. 5 enthaltene Abschiebungsandrohung anzuordnen, hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).

Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 21.12.2018, Stand: November 2018; vgl. ebenso Bundesamt für ..., Länderreport 2, Marokko, November 2018; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 10.10.2018).

Das Vorbringen der Antragstellerinnen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die angesprochene persönliche Situation ist offensichtlich (vgl. § 30 AsylG) nicht asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant, wie die Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat.

Nach dem eigenen Sachvortrag der Antragstellerin zu 1) war wesentlicher Ausreisegrund ihre persönliche wirtschaftliche Situation in Marokko sowie das Zusammenleben mit ihrem Ehemann in Italien seit 2006, von dem sie sich im Jahr 2015 getrennt habe und in Scheidung lebe. Ihre persönliche Situation in Italien sowie die Gesundheit insbesondere der Antragstellerin zu 2) veranlassten die Antragstellerinnen nach Deutschland zu reisen.

Des Weiteren liegen insbesondere keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, die sich das Gericht zu Eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation in Marokko wird im angefochtenen Bundesamtsbescheid - im Einklang mit den vorliegenden Erkenntnissen - schon ausführlich dargelegt ist, dass das Existenzminimum der Antragstellerinnen bei einer Rückkehr gesichert ist und Grundversorgung sowie die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet sind (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 21.12.2018, Stand: November 2018, S. 21 f.; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 10.10.2018, S. 31 ff.). Die Antragstellerin zu 1) ist noch jung und erwerbsfähig; ihr ist zuzumuten, - wie schon in der Vergangenheit - zur Sicherung des Existenzminimums den notwendigen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit zu verdienen und gegebenenfalls auf die Unterstützung durch Familienangehörige der in Marokko noch lebenden (Groß-)Familie sowie sonstige Hilfemöglichkeiten zurückzugreifen (ebenso VG Augsburg, U.v. 29.6.2018 - Au 4 K 18.30358 - juris; OVG NRW, U.v. 18.5.2018 - 1 A 2/18.A - juris; VG Cottbus, U.v. 7.11.2017 - 5 K 1230/17.A - juris; VG Greifswald, U.v. 19.9.2017 - 4 A 1408/17 As HGW - juris).

Das Bundesamt für ... hat im streitgegenständlichen Bescheid auf Seite 8 ff. des Weiteren ausgeführt, dass die medizinische Versorgung in Marokko gewährleistet ist. Mittellose Personen können auf Antrag bei der Präfektur eine Karte erhalten, bei deren Vorlage die Behandlungen kostenfrei sind. Chronische und psychiatrische Krankheiten können in Marokko behandelt werden, wenn auch Ausstattung, Qualität und Hygiene nicht mit dem europäischen Standard zu vergleichen sind (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 21.11.2018, Stand: November 2018, S. 22; BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 10.10.2018, S. 33 f.). Letzteres ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG auch nicht erforderlich. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin zu 2) aufgrund ihres Gesundheitszustandes einer besonderen Behandlung bedürfte, die in Marokko nicht zu erlangen ist und die sie sich nicht leisten könnte (vgl. VG Magdeburg, U.v. 23.7.2018 - 8 A 181/18 - juris; VG Cottbus, U.v. 7.11.2017 - 5 K 1230/17.A - juris; VG Greifswald, U.v. 19.9.2017 - 4 A 1408/17 - As HGW - juris).

Weiter ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erheblich konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substanziierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer bzw. die Ausländerin muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen.

Vorliegend haben die Antragstellerinnen die Erkrankung der Antragstellerin zu 2) zum einen durch eine Bescheinigung des Krankenhauses St. ..., Sch., vom 14. Januar 2019, geltend gemacht. Dort ist diagnostiziert: Bekannte Diabetes Typ 1, Alopecia areata, erythrosquamöse Hautveränderungen. Zu Letzteren ist vermerkt, dass diverse Therapien ohne Erfolg gewesen seien. Zum anderen liegt ein vorläufiger Arztbrief der L. Krankenhauses GmbH in Sch. vom 12. Januar 2019 mit den Diagnosen: Diarrhoe und Gastroenteritis sowie Typ 1-Diabetes betreffend die Antragstellerin zu 2) vor. Weiter ist ausgeführt, die Antragstellerin zu 2) habe am 14. Januar 2019 mit einem guten klinischen Befund die Klinik verlassen können. Bezüglich des Diabetes seien bei a.e. infektbedingten Hyperglykämien rezidivierende Insulinbolusgaben erfolgt. Hinsichtlich der Diabetestherapie bestünden nur rudimentäre Vorkenntnisse. Erstaunlicherweise liege der HbA1c unter dieser Therapie nur im leicht erhöhten Bereich mit nur wenigen milden Hyperglykämien und keiner schweren. Es bestünde ein deutliches Defizit an Kenntnissen über den Diabetes und auch die aktuelle Insulintherapie entspreche nicht dem aktuellen Standard und sei somit optimierbar. Jedoch sei aufgrund des dennoch guten HbA1c und anamnestisch wenigen Unterzuckerungen zu überlegen, ob auch aufgrund der Sprachbarriere zum aktuellen Zeitpunkt eine Therapieumstellung auf ICT und ausführliche Schulung sinnvoll sei und überhaupt zu einer Verbesserung der Stoffwechseleinstellung führen könne.

Zu den Erkrankungen der Antragstellerin zu 2) ist anzumerken, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen sowie den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich ist, dass diese nicht auch in Marokko weiter behandelt werden können. Insbesondere lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Marokko aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar verschlechtern würden. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten insoweit entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG keine Aussagen zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation für die Antragstellerin zu 2) voraussichtlich ergeben. Vielmehr wird ausdrücklich auf den guten HbA1c und die anamnestisch wenigen Unterzuckerungen hingewiesen und die Frage gestellt, ob eine Therapieumstellung sinnvoll sei und überhaupt zu einer Verbesserung führen könne.

Auch hinsichtlich des Haarausfalls und der Hautkrankheit ist nichts für gravierende Folgen bei einer Rückkehr nach Marokko ersichtlich. Die Antragstellerin zu 2) muss sich letztlich auf die Hilfemöglichkeiten in ihrem Land verweisen lassen.

Die gesundheitliche Möglichkeit und die medizinische Versorgung der Antragstellerinnen stellen sich bei einer Rückkehr nach Marokko nicht anders dar als wie bei zahlreichen anderen Landsleuten in vergleichbarer Lage.

Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Marokko schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des marokkanischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Die Antragstellerinnen sind gehalten, sowohl die Möglichkeiten des marokkanischen Gesundheitssowie Sozialsystems auszuschöpfen, als auch gegebenenfalls auf private Hilfemöglichkeiten, etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen, zurückzugreifen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen. Die Antragstellerinnen sind bei einer Rückkehr nach Marokko nicht auf sich allein gestellt bzw. nicht allein und ohne Unterstützung; vielmehr können die Antragstellerinnen auf ihre dort noch lebende (Groß-)Familie zurückgreifen. Die Antragstellerinnen verfügen über Verwandte, die sie gegebenenfalls unterstützen können.

Zusätzlich besteht für die Antragstellerinnen die Möglichkeit, sich in Marokko an wohltätigen Organisationen und Organisationen mit humanitärer Mission zu wenden. Das Bundesamt für ... hat im streitgegenständlichen Bescheid auf Seite 8 schon auf ein umfangreiches Unterstützungsangebot, gerade auch für Mütter, hingewiesen (vgl. zusätzlich auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Marokko vom 10.10.2018, S. 25 ff., 26). Weiter gibt es bei einer Rückkehr nach Marokko auch Reintegrationsprojekte. Im September 2017 nahm das vom BMZ geförderte Migrationszentrum in Casablanca seine Arbeit auf. Das Beratungszentrum ist auch Anlaufpunkt für Rückkehrer aus Deutschland, die nach Arbeitsmöglichkeiten auf dem marokkanischen Arbeitsmarkt oder in Vorhaben der deutsch-amerikanischen Entwicklung Zusammenarbeit suchen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Königreich Marokko vom 21.12.2018, Stand: November 2018, S. 22). Des Weiteren existieren weitere Hilfemöglichkeiten (z.B. Programme) bei freiwilliger Rückkehr. Insofern leistet unter anderem die Zentrale Ausländerbehörde Unterfranken eine entsprechende Rückkehrberatung (vgl. http://www.regierung.unterfranken.bayern.de/aufgaben/1/2/04049/index.html). Die Beihilfen können neben Reisebeihilfen und finanzieller Unterstützung auch medizinische Zusatzkosten erfassen. Gerade auch Müttern mit Kindern kann geholfen werden.

Eine reibungslose und gesicherte Weiterbehandlung der Antragstellerin zu 2) lässt sich zudem zum einen über die Mitgabe notwendiger Medikamente für eine Übergangszeit sowie zum anderen durch die Organisation einer Weiterbehandlung schon vorab (etwa durch Verwandte in Marokko) überbrücken.

Letztlich müssen sich die Antragstellerinnen grundsätzlich auf den in ihrem Heimatstaat vorhandenen Versorgungsstandard im Gesundheitswesen verweisen lassen. Erkrankte haben keinen Anspruch auf eine optimale Behandlung ihrer Erkrankung. Dies gilt insbesondere auch für eine etwaige Behandlung der Folgeerkrankungen. Der Verweis auf den Standard im Heimatland gilt nicht nur für die Grunderkrankung, sondern auch für die Folgeerkrankungen einschließlich der dafür erforderlichen Medikation. Ein Anspruch auf eine optimale Behandlung besteht nicht. Selbst wenn die Qualität der Medikamente und der Behandlung der Erkrankung der Antragstellerin zu 2) hinter der in Deutschland zurückbleibt, verschafft dies den Antragstellerinnen nicht ein Bleiberecht in Deutschland.

Schließlich ist noch zu betonen, dass nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen und schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlichen verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen unmittelbar eintretenden Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte, wenn sich die Antragstellerinnen den Möglichkeiten des marokkanischen Gesundheitssystems unterwerfen.

Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Marokko. Diese betreffen jedoch jeden marokkanischen Staatsangehörigen in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 36 Verfahren bei Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und bei offensichtlicher Unbegründetheit


(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. (2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Ent

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 30 Offensichtlich unbegründete Asylanträge


(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. (2) Ein Asylantrag ist

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In den Fällen der Unzulässigkeit nach § 29 Absatz 1 Nummer 2 und 4 und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages beträgt die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche.

(2) Das Bundesamt übermittelt mit der Zustellung der Entscheidung den Beteiligten eine Kopie des Inhalts der Asylakte. Der Verwaltungsvorgang ist mit dem Nachweis der Zustellung unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht zu übermitteln.

(3) Anträge nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsandrohung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen; dem Antrag soll der Bescheid des Bundesamtes beigefügt werden. Der Ausländer ist hierauf hinzuweisen. § 58 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung soll im schriftlichen Verfahren ergehen; eine mündliche Verhandlung, in der zugleich über die Klage verhandelt wird, ist unzulässig. Die Entscheidung soll innerhalb von einer Woche nach Ablauf der Frist des Absatzes 1 ergehen. Die Kammer des Verwaltungsgerichts kann die Frist nach Satz 5 um jeweils eine weitere Woche verlängern. Die zweite Verlängerung und weitere Verlängerungen sind nur bei Vorliegen schwerwiegender Gründe zulässig, insbesondere wenn eine außergewöhnliche Belastung des Gerichts eine frühere Entscheidung nicht möglich macht. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Die Entscheidung ist ergangen, wenn die vollständig unterschriebene Entscheidungsformel der Geschäftsstelle der Kammer vorliegt. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes und die Anordnung und Befristung nach § 11 Absatz 7 des Aufenthaltsgesetzes sind ebenso innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsandrohung bleibt hiervon unberührt.

(4) Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Ein Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2, die der Ausländer im Verwaltungsverfahren nicht angegeben hat, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn andernfalls die Entscheidung verzögert würde.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen.

(2) Ein Asylantrag ist insbesondere offensichtlich unbegründet, wenn nach den Umständen des Einzelfalles offensichtlich ist, dass sich der Ausländer nur aus wirtschaftlichen Gründen oder um einer allgemeinen Notsituation zu entgehen, im Bundesgebiet aufhält.

(3) Ein unbegründeter Asylantrag ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn

1.
in wesentlichen Punkten das Vorbringen des Ausländers nicht substantiiert oder in sich widersprüchlich ist, offenkundig den Tatsachen nicht entspricht oder auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird,
2.
der Ausländer im Asylverfahren über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder diese Angaben verweigert,
3.
er unter Angabe anderer Personalien einen weiteren Asylantrag oder ein weiteres Asylbegehren anhängig gemacht hat,
4.
er den Asylantrag gestellt hat, um eine drohende Aufenthaltsbeendigung abzuwenden, obwohl er zuvor ausreichend Gelegenheit hatte, einen Asylantrag zu stellen,
5.
er seine Mitwirkungspflichten nach § 13 Abs. 3 Satz 2, § 15 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 oder § 25 Abs. 1 gröblich verletzt hat, es sei denn, er hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder ihm war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten aus wichtigen Gründen nicht möglich,
6.
er nach §§ 53, 54 des Aufenthaltsgesetzes vollziehbar ausgewiesen ist oder
7.
er für einen nach diesem Gesetz handlungsunfähigen Ausländer gestellt wird oder nach § 14a als gestellt gilt, nachdem zuvor Asylanträge der Eltern oder des allein personensorgeberechtigten Elternteils unanfechtbar abgelehnt worden sind.

(4) Ein Asylantrag ist ferner als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Abs. 2 vorliegen oder wenn das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.

(5) Ein beim Bundesamt gestellter Antrag ist auch dann als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn es sich nach seinem Inhalt nicht um einen Asylantrag im Sinne des § 13 Abs. 1 handelt.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die positive Verbescheidung seines Asylantrags.

Nach eigenen Angaben ist der Kläger marokkanischer Staatsangehöriger, geboren am 20. September 2000 in Marokko, vom Volk der Araber und sunnitischen Glaubens. Auf seinen durch den Amtsvormund am 5. Oktober 2017 gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) nach Anhörung am 24. Januar 2018 mit Bescheid vom 2. Februar 2018 den Antrag auf Asylanerkennung ab und erkannte weder die Flüchtlingseigenschaft, den subsidiären Schutz noch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG zu (1. – 4.). Die Abschiebung nach Marokko wurde angedroht (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6.). Auf die Gründe des Bescheids wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Der Kläger ließ durch seinen Amtsvormund am 15. Februar 2018 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben; zuletzt wurde beantragt,

unter Aufhebung des Bescheids vom 2. Februar 2018 dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen,

hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Hinblick auf Marokko vorliegen;

sowie das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf null zu befristen.

Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 24. April 2018 im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei homosexuell und habe diese Neigung bereits in Marokko im Geheimen mit seinem damaligen Schuldirektor ausgelebt, welcher ihm dann zur Flucht nach Deutschland verholfen habe. Seine Flucht habe der Kläger damit begründet, dass Homosexuelle in seinem Land verfolgt würden und dass die Polizei Kenntnis über seine sexuelle Ausrichtung erlangt habe. In Marokko bestünden strafrechtliche Bestimmungen, die spezifisch die Homosexualität beträfen; Homosexuelle seien eine bestimmte soziale Gruppe im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3b Abs. 1 Nr. 4 lit. a) und b) AsylG. Bei Auslebung der Homosexualität in Marokko würden in vielen Fällen auch tatsächlich Freiheitsstrafen verhängt. Es könne von dem Schutzsuchenden nicht erwartet werden, seine Homosexualität im Heimatland geheim zu halten oder die Auslebung seiner sexuellen Ausrichtung zurückzuhalten, um die Gefahr einer Verfolgung oder Bestrafung zu vermeiden, da Homosexualität einen großen Teil der eigenen Identität ausmache. Bei einer offenen Auslebung seiner Homosexualität habe der Kläger ein Verfahren zu erwarten. Auf eine Entscheidung des VG Düsseldorf wurde verwiesen, welches einem schutzsuchenden Homosexuellen aus Marokko die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen habe. Zudem sei die Homophobie der Gesellschaft ein großes Problem. Ein Aktivist, der sich für Homosexuelle in Marokko einsetze, habe etwa von einem Video berichtet, in dem zwei Männer von einer Gruppe junger Männer in ihrer Privatwohnung in flagranti überfallen und brutal malträtiert würden. Die Täter seien teilweise zu geringeren Haftstrafen verurteilt worden als die beiden Liebhaber. Vor dem Gericht hätten Demonstrationen für die Täter stattgefunden. Solche Vorfälle gebe es gemäß dem Aktivisten zu genüge. Interner Schutz gem. § 3e AsylG bestehe für den Kläger nicht.

Jedenfalls stehe dem Kläger ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG zu. Die wirtschaftlichen und sozialen Existenzbedingungen wiesen erhebliche Defizite auf. Diesbezüglich sei es im März 2018 zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitsbehörden gekommen.

Zudem sehe sich der Kläger im Gleichheitssatz verletzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klagebegründung vom 24. April 2018 Bezug genommen.

Die Beklagte übermittelte am 22. Februar 2018 ihre Akten; in der Sache äußerte sie sich nicht.

Am 29. Juni 2018 fand die mündliche Verhandlung statt; wegen des Verlaufs wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die Bundesamtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung subsidiären Schutzes; er hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts 2. Februar 2018 ist insgesamt – auch in Bezug auf die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

In dem streitgegenständlichen Bescheid wird zutreffend davon ausgegangen, dass die Angaben des Klägers nicht den Anforderungen an einen schlüssigen Sachvortrag erfüllen; erforderlich ist insoweit, dass der Asylbewerber zu den in seine eigene Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Asylanspruch lückenlos zu tragen (vgl. etwa BayVGH, B.v. 4.4.2012 – 14 ZB 12.30101 – juris Rn. 8; BVerwG, B.v. 19.10.2001 – 1 B 24/01 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dem genügt das Vorbringen des Klägers nicht; das Gericht folgt insgesamt der zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (vgl. insbesondere S. 4 bis 6), nimmt hierauf gem. § 77 Abs. 2 AsylG Bezug und macht sie sich zu Eigen.

Hieran ändert das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nichts. Vielmehr sind dort ähnliche bzw. weitere Widersprüche, Unstimmigkeiten, nicht nachvollziehbare Abläufe und Steigerungen (vgl. zu diesen Kriterien etwa VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; HessVGH, U.v.4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris) zu Tage getreten.

Das Gericht ist daher nicht der erforderlichen Überzeugung, dass das vom Kläger behauptete individuelle Schicksal der Wahrheit entspricht; es geht vielmehr umgekehrt davon aus, dass der Kläger eine Homosexualität und die im Zusammenhang damit stehenden Erlebnisse in Marokko nur angegeben hat, um eine positive Verbescheidung seines Asylantrag zu erreichen.

Zu Lasten des Klägers ist es bereits zu werten, dass er sich – trotz entsprechender Aufforderung durch das Bundesamt (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 3) – nicht weiter um die Beschaffung einer Geburtsurkunde bemüht und damit beweisvereitelndes Verhalten gezeigt hat. Nachdem auch sonst keine die Identität des Klägers betreffende Papiere vorliegen, steht bereits nicht fest, dass der Kläger tatsächlich aus Marokko stammt. Auch sein genaues Alter ist ungewiss, was jedoch vor dem Hintergrund, dass der Kläger als minderjähriger Schüler eine homosexuelle Beziehung mit seinem Schuldirektor geführt haben will, gerade im vorliegenden Fall ein wesentliches Identitätsmerkmal ist. Nachdem der Kläger, wie er weiter beim Bundesamt angegeben hat (Anhörungsniederschrift, S. 8), mit seiner Familie in Marokko in Kontakt steht, ist auch davon auszugehen, dass es jedenfalls Möglichkeiten gegeben hätte, sich um die Geburtsurkunde zu bemühen; selbst solche Möglichkeiten hat der Kläger – was zu seinen Lasten zu werten ist – nicht genutzt. Die behauptete Homosexualität des Klägers spielt insoweit keine Rolle; wenn die Familie – wie vom Kläger angegeben – davon ausgeht, er habe Marokko aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, könnte der Kläger seiner Familie ohne weiteres nachvollziehbar verdeutlichen, dass er seine Geburtsurkunde für seinen Aufenthalt in Europa benötigt; seine angebliche Homosexualität müsste er hierfür nicht gegenüber seiner Familie offen legen.

Weiterhin sind folgende Widersprüche und Unschlüssigkeiten im Vortrag des Klägers festzustellen:

- Beim Bundesamt hat der Kläger angegeben, die Beziehung mit dem Schuldirektor habe vom Jahr 2014 bis Mai 2017 gedauert (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 5, 6 und 7); hieraus ergäbe sich eine Dauer der Beziehung von jedenfalls deutlich über zwei Jahren. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger demgegenüber angegeben, die Beziehung habe zwischen eineinhalb und zwei Jahren gedauert. Diese erhebliche Diskrepanz – sie betrifft den Kern des Asylvorbringens des Klägers, nämlich die homosexuelle Beziehung mit dem Direktor – ist nicht erklärbar. Vielmehr hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung weiter angegeben, die Beziehung habe begonnen, kurz nachdem er an die Schule gekommen sei (also 2014) und habe kurz vor seiner Ausreise (im Mai 2017) geendet. Damit hat der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung kurz hintereinander vollkommen widersprüchliche Angaben zur Dauer der Beziehung gemacht.

– Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, Marokko im Mai 2017 verlassen zu haben. Dies widerspricht seiner Angabe vor dem Bundesamt, er habe sein Heimatland am 17. August 2017 verlassen (Anhörungsniederschrift, S. 3). Im Übrigen waren bereits die Angaben des Klägers vor dem Bundesamt widersprüchlich; so lässt sich seinem späteren Vorbringen vor dem Bundesamt ebenfalls ein Verlassen Marokkos im Mai 2017 entnehmen (Anhörungsniederschrift, S. 7). Da der Kläger geltend gemacht hat, seine Ausreise hänge damit zusammen, dass andere Personen und auch die Polizei von der homosexuellen Beziehung erfahren hätten (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 7), handelt es sich, was das Ende der Beziehung und das Ausreisedatum angeht, ebenfalls um Widersprüche in wesentlichen Bereichen des Klägervortrags.

– In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, vor der Beziehung mit dem Direktor bereits zwei andere homosexuelle Beziehungen gehabt zu haben. Dies widerspricht seinen – ohnehin bereits widersprüchlichen – Angaben vor dem Bundesamt, Gedanken an Homosexualität erst gehabt zu haben, als er den Direktor näher kennen gelernt habe (Anhörungsniederschrift, S. 6) bzw. vor der Zeit mit dem Direktor einen sexuellen Kontakt mit einem Jungen gehabt zu haben (Anhörungsniederschrift, S. 7).

– Wie bereits im streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt (S. 5) erscheint es nicht nachvollziehbar, dass der Kläger den vollen Namen des Schuldirektors, mit dem er eine längere Beziehung geführt haben will und der ihm die Flucht ermöglicht und finanziert haben soll, nicht kennt, sondern nur dessen Vornamen.

– Nicht nachvollziehbar ist ferner, dass der Kläger keinen Kontakt mit seinem Schuldirektor, insbesondere hinsichtlich seiner Reise bis nach Deutschland, haben will. Der Kläger hat auf die Frage, weshalb er gerade nach Deutschland gekommen sei, beim Bundesamt geantwortet, dies sei der Rat des Direktors gewesen (Anhörungsniederschrift, S. 8). Vor diesem Hintergrund erscheint es völlig unglaubwürdig, dass der Schuldirektor die Information ausgereicht haben soll, dass es der Kläger bis nach Spanien geschafft habe.

– In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger angegeben, er habe dem Direktor berichtet, dass man sie bei der Polizei angezeigt habe. Beim Bundesamt hat er demgegenüber – umgekehrt – vorgebracht, der Direktor habe ihm mitgeteilt, dass die Polizei von der Homosexualität erfahren habe (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 7). Damit liegt, da insoweit eine Gefahr durch staatliche Stellen angegeben wird, ein weiterer erheblicher Widerspruch bei einem für die vom Kläger vorgebrachten Fluchtgründe wesentlichen Umstand vor.

Die genannten Widersprüche sind mit den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführten Verdolmetschungsproblemen bei der Anhörung vor dem Bundesamt nicht erklärbar. Für derartige Probleme enthält die hierzu aufgenommene Niederschrift keinerlei Anhaltspunkte, obwohl die Anhörung über drei Stunden gedauert hat. Der Kläger ist sogar ausdrücklich gefragt worden, ob er – wegen der von ihm angeführten Homosexualität – einen anderen, männlichen Dolmetscher wünsche (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 6). Der Kläger hat bei einer Frage auch selbst eine Antwort korrigiert, als Grund hierfür hat er aber nicht Verdolmetschungsprobleme, sondern eine Unkonzentriertheit seinerseits angegeben (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 7). Zudem wurde der Kläger bei der Anhörung von seinem Vormund begleitet; jedenfalls diesen hätte er auf eventuelle Schwierigkeiten bei der Verdolmetschung hinweisen können. Dies ist nicht geschehen. Vielmehr hat der Kläger gegenüber dem Bundesamt selbst bestätigt, dass keine Verständigungsschwierigkeiten bestanden (Bundesamtsakte, Bl. 41). Angesichts dessen stellt sich das Vorbringen des Klägers bezüglich Verdolmetschungsproblemen als reine Schutzbehauptung und damit als weiterer Umstand dar, der geeignet ist, den klägerischen Vortrag maßgeblich in Zweifel zu ziehen.

Da angesichts der dargestellten Widersprüche nicht davon auszugehen ist, dass das Vorbringen des Klägers, insbesondere sein Vorbringen, homosexuell zu sein, zutrifft, kommt es auf die in der Klagebegründung aufgeworfenen Fragen einer staatlichen oder quasi-staatlichen Verfolgung Homosexueller in Marokko nicht an. Die vom Kläger angeführte Entscheidung des VG Düsseldorf betraf einen Fall, in dem – anders als hier – zur Überzeugung des Gerichts feststand, dass der dortige Kläger homosexuell war (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 21.12.2016 – 23 K 8700/16.A – juris Rn. 35).

Abschiebungsverbote, insbesondere gem. § 60 Abs. 5 AufenthG, bestehen zu Gunsten des Klägers ebenfalls nicht. Das Gericht folgt auch insoweit der zutreffenden Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und nimmt hierauf gem. § 77 Abs. 2 AsylG Bezug. Insbesondere verfügt der Kläger nach eigenen Angaben über mannigfaltige familiäre Bindungen (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 4); er ist ferner jung, gesund und erwerbsfähig, dementsprechend hat er bereits in Marokko im Verkauf von Lebensmitteln gearbeitet (vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 5). Insofern ist ohne weiteres davon auszugehen, dass der Kläger das erforderliche Existenzminimum bei einer Rückkehr erhalten bzw. erwirtschaften könnte.

Auch die Entscheidung des Bundesamts, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, weist keine Rechtsfehler auf. Die Länge der Frist liegt im Rahmen des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Dass insoweit besondere Umstände vorlägen, die eine Verkürzung der Frist als zwingend erscheinen ließen, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.

Die Klage war damit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Der in Marokko im Jahre 2013 geborene minderjährige Kläger ist seit seiner Geburt schwerstbehindert. Zusammen mit seiner Mutter und einem weiteren minderjährigen Geschwisterkind (Kläger im Verfahren 8 A 85/18 MD) reiste der Kläger am 13.08.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und begehrt letztendlich die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG. Die Beklagte lehnte die Flüchtlingseigenschaft, die Asylanerkennung sowie den subsidiären Schutzstatus mit dem streitbefangenen Bescheid vom 08.03.2018 ab und verneinte Abschiebungshindernisse hinsichtlich Marokkos. Die Abschiebung nach Marokko wurde angedroht.

2

Bezüglich der gesundheitlichen Beeinträchtigung des Kindes gab die Mutter einen Laborbericht aus Marokko vom 23.03.2013 zur Akte. Die Mutter trägt vor, dass das Kind bei der Geburt nicht genügend Sauerstoff erhalten habe und deswegen das Gehirn nicht richtig funktioniere.

3

Das Bundesamt begründete die Ablehnung von Abschiebungshindernissen damit, dass eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Kindes nicht zu erwarten sei. Auf etwaige Heilungschancen bzw. die Möglichkeit einer Verbesserung des Gesundheitszustandes durch in Deutschland zur Verfügung stehende Therapien dürfe nicht abgestellt werden. Es sei nicht ersichtlich, welcher dringenden Fachbehandlung das Kind benötige, die es im Heimatland nicht gebe und es somit eine lebensbedrohliche Verschlimmerung vorliegen würde. Vielmehr sei die notwendige medikamentöse Behandlung gegeben.

4

Im gerichtlichen Verfahren legte der minderjährige Kläger eine ärztliche Stellungnahme vom 19.04.2018 des Facharztes für Kinder und Jugendmedizin Michael Wilms (PROKLIN Medical Care GmbH, Medizinisches Versorgungs-Zentrum in Quedlinburg) vor, welche lautet:

5

„Patient: A., geb. 04.01.2013, Diagnosen: gesichert Spastische Zerebralparese, gesichert Epilepsie, gesichert schwere globals Entwicklungsretardierung, gesichert Asthma bronchiale

6

Sehr geehrte Damen und Herren,

7

ich berichte Ihnen über den Patienten A., den ich als Kinderarzt betreue. Bei dem Patienten handelt es sich um ein schwerst entwicklungsverzögertes Kind. Es besteht weiterhin eine Epilepsie und eine spastische Zerebralparese. benötigt aus diesem Grund eine intensive multimodale Therapie. Er erhält aktuell eine Kombination aus zwei Antiepileptika. Hier würde eine Therapieunterbrechung zu schweren, potentiell, lebensbedrohlichen, auf jeden Fall jedoch zu hirnschädigenden Krampfanfällen führen. Außerdem erfolgt eine Physiotherapie, aufgrund der Spastik. Hier würde eine Unterbrechung zu einer Zunahme der spastischen Kontrakturen (Muskelverkürzungen, welche durch bindegewebigen Umbau der Muskeln dauerhaft sind) führen. Auch hier sind die entstehenden Schäden irreversiebel. Aus diesem Grund, besteht eine dringende Notwendigkeit die Therapien ohne Unterbrechung fort zu setzen. Eine Längere Unterbrechung oder gar Beendigung der Therapie aufgrund von regional, nicht zur Verfügung stehenden Resorcen, bedroht Aymans Gesundheit massiv, führt zu irreparablen Schäden und bedroht potentiell sogar sein Leben.?

8

Weiter liegt eine ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin/Neuropädiatrie, Torsten Richter, vom 26.09.2017 vor:

9

„[…] hiermit berichte ich über den o. g. 4 Jahr und 9 Monate alten schwergeschädigten Jungen einer Marokkanerin, welcher mir im August und September 2017 vorgestellt wurde.

10

Diagnosen: Infantile spastische Cerebralparese, schwere geistige und körperliche Behinderung, Epilepsie, ausbleibende Sprachentwicklung, Bettlägerigkeit und Abhängigkeit vom Rollstuhl, neuromyopathische Kyphoskoliose, Harn- und Stuhlinkontinenz, Asthma bronchiale, V. z. Blindheit

11

GMFCS Level V

12

Untersuchungsbefund: Der Junge wird von seiner Mutter im unzureichend ausgestatteten und dem Körper des Jungen mit seiner schweren Mehrfachbehinderung nicht entsprechend angepassten Rehabuggy liegend vorgestellt. Schlanker Habitus, guter Pflegezustand, offener Mund, hoher spitzer Gaumen, Lippen und Peripherie rosig, sprachlich nur Laute äußernd. Augen fixieren nicht eindeutig, unkoordierte ungezielte Bewegungsmuster der Arme, des Kopfes und nur eingeschränkt des Oberkörpers, z. T. tonische Massenbewegungen. Keine Kopfkontrolle, kein Sitzen möglich, Drehen von Bauchlage in die Rückenlage nicht möglich, schlaffe typotone Rumpfmuskulatur, thoraxale Kyphoskoliose links, angedeutete Kielbrust, große Gelenke der Extremitäten gebeugt. Herz und Luge o. B. Gewicht: 13,5 kg

13

Dauermedikation: Valproinsäure ratiopharm (300 mg/ml): 2 x 0,85 ml/d,

14

Carbamaepin 200 mg: 2 x ½ Tbl./d, Ventoiair 100 µg Dos.-Aerosol (über Spacer): 2 x 1 Hub, Mometason ratioph. Heuschnupfenspray saisonal (?)

15

Dringend notwendig bzw. medizinisch indiziert ist die regelmäßige Anwendung physiotherapeutischer Maßnahmen sowie eine Verordnung eines angepassten Rehabuggys (mit Kopfstütze, Armauflagen, Fußtritt u.a.m.).?

16

Der minderjährige Kläger beantragt,

17

die Beklagte unter insoweitiger Aufhebung des Bescheides vom 08.03.2018 zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen

20

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

21

Auf Aufforderung durch das Gericht macht die Beklagte weitere Ausführungen zur Erkrankung des minderjährigen Kindes und zur Behandlungsmöglichkeit in Marokko. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote seien somit nicht festzustellen und inlandsbezogene Abschiebungshindernisse müsste die Ausländerbehörde treffen.

22

Die Fortführung der Physiotherapie des Kindes sei grundsätzlich in Marokko möglich. Auch hinsichtlich der vorliegenden Epilepsie des Kindes sei die Behandlung in Marokko gewährleistet. Besonders komplizierte Behandlungen könnten z. B. in der Spezialklinik in Rabt-Sale durchgeführt werden. Alle gängigen Medikamente seien verfügbar. Dies bestätige auch das Bundesverwaltungsgericht Österreich in einer Entscheidung vom 15.03.2016.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Gerichtsakte sowie die des Verfahrens der Mutter und des Geschwisterkindes 8 A 85/18 MD und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

24

Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entschieden werden konnte, ist begründet.

25

Der Bescheid des Bundesamtes vom 08.03.2018 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, als dass Abschiebungshindernisse verneint wurden (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der minderjährige Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) Anspruch darauf, dass die Beklagte zu seinen Gunsten und in seiner Person ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Bezug auf das Heimatland Marokko feststellt.

26

Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Ursachen sie beruht. Entscheidend ist allein, ob für den Ausländer eine konkrete individuelle Gefahr für die von der Vorschrift genannten Rechtsgüter besteht und die Gefahr dem Einzelnen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit droht (vgl. nur: BVerwG, Urteile vom 17.10.1995, 9 C 9.95; vom 17.10.2006, 1 C 18.05; jeweils juris). Ein Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift kann auch dann begründet sein, wenn sich die individuelle Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers alsbald nach der Rückkehr in seinen Heimatstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlimmern würde, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind und er auch anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. nur: BVerwG, Urteil vom 29.07.1999, 9 C 2.99; Urteil vom 25.11.1997, 9 C 58.96; Beschluss vom 17.08.2011, 10 B 13.11; jeweils juris). Hiernach sind indes regelmäßig nur solche Umstände relevant, die für den betreffenden Ausländer den Aufenthalt im Zielland der angedrohten Abschiebung unzumutbar machen und damit in Gefahren begründet liegen, welche diesem im Zielstaat drohen (zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis). Treten die befürchteten negativen Auswirkungen jedoch allein durch die Abschiebung als solche und nicht wegen der spezifischen Verhältnisse im Zielstaat der Abschiebung ein, so handelt es sich um sogenannte inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse. Letzteres ist nicht durch das zuständige Bundesamt bei der Entscheidung über Abschiebungsverbote selbst, sondern ist im Falle der tatsächlichen Abschiebung durch die zuständige Ausländerbehörde zu berücksichtigen (vgl. nur: BVerwG, Urteile vom 21.09.1999, 9 C 8.99 und vom 15.10.1999, 9 C 7.99; jeweils juris).

27

Die Prognose einer Gefährdung nach Rückkehr in das Heimatland fordert eine Abwägung der im konkreten Einzelfall für eine zu erwartende Rechtsgutverletzung entsprechenden Umstände. Dies erfordert die zusammenfassende verständige Würdigung aller objektiven Umstände unter Einbeziehung des Ranges des gefährdeten Rechtsgutes und der Zumutbarkeit des mit der Rückkehr verbundenen Risikos aus der Sicht eines vernünftig denkenden, besonnenen Dritten, nämlich, ob die Umstände die erhebliche Gefahr einer Rechtsgutsverletzung alsbald erwarten lassen (vgl. dazu nur: BVerwG, Beschluss vom 18.07. 2001, 1 B 71.01; juris).

28

Das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit der zu erwartenden Gefährdungssituation ist dabei nur dann gegeben, wenn der Eintritt der Gefahr eine bedeutende Rechtsgutbeeinträchtigung nach sich zieht. Ausgehend von einer unzureichenden medizinischen Behandlungsmöglichkeit liegt das für die hieraus resultierende akute Lebensgefahr auf der Hand und heißt für den Fall der befürchteten Verschlimmerung einer bereits vorhandenen Erkrankung, dass sich der Gesundheitszustand nach Ankunft im Zielland der Abschiebung in absehbarer Zeit wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Der Begriff der wesentlichen Verschlechterung liegt nur dann vor, wenn die befürchtete ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustandes nach Rückkehr derart gravierend sein wird, dass außergewöhnlich schwere körperliche oder psychische Schäden oder existenzbedrohende Umstände zu erwarten sind (vgl. nur: OVG NRW, Beschluss vom 20.09.2006, 13 A 1740/05.A; Urteil vom 27.01.2015, 13 A 1201/12.A; alle juris).

29

Andererseits dient das Abschiebungsverbot nicht dazu, dem ausreisepflichtigen erkrankten Ausländer die Heilung seiner Erkrankung im Rahmen des sozialen und Gesundheitssystems der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen. Der Ausländer muss sich grundsätzlich auf den Behandlungsstandard in seinem Herkunftsland verweisen lassen. Zu berücksichtigen ist aber, ob der Ausländer voraussichtlich in der Lage sein wird, ohne Schädigung des Existenzminimums im Sinne der Gefahr drohender Verelendung, die erforderliche, eine Verschlimmerung der Erkrankung verhindernde, im Herkunftsland mögliche Behandlung zu finanzieren. Hierzu sind seine genannten voraussichtlichen Lebensumstände im Herkunftsland aber auch eventuelle finanzielle Unterstützungen den Blick zu nehmen (vgl. nur: OVG NRW, Beschluss vom 05.09.2011, 13 A 1660/11.A; juris).

30

Unter Berücksichtigung dieser genannten Abwägungsmerkmale ist das Gericht in dem maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung davon überzeugt, dass der minderjährige schwerstbehinderte Kläger durch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG geschützt werden muss. Ausweislich der im Tatbestand ausführlich dargestellten ärztlichen Berichte leidet der minderjährige augenblicklich fünfjährige Kläger unstreitig an einer gesicherten spastischen Zerebralparese, einer gesicherten Epilepsie, gesichert schwere globale Entwicklungsretardierung sowie einem gesicherten Asthma bronchiale. Insbesondere der Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Michael Wilms vom 19.04.2018 (Blatt 48 Gerichtsakte) ist zu entnehmen, dass das Kind eine intensive multimodale Therapie benötigt. Augenblicklich erhalte er eine Kombination aus zwei Antiepileptika. Eine Therapieunterbrechung würden zu schweren, potentiell lebensbedrohlichen, auf jeden Fall jedoch zu hirnschädigenden Krampfanfällen führen. Zudem erfolge eine Physiotherapie aufgrund der Spastik. Eine Unterbrechung würde zu einer Zunahme der spastischen Kontrakturen (Muskelverkürzungen) führen. Diese Schäden seien irreversibel. Die Therapien seien ohne Unterbrechung fortzusetzen. Eine längere Unterbrechung oder gar Beendigung der Therapie aufgrund von regional nicht zur Verfügung stehenden Ressourcen bedrohe die Gesundheit des Kindes massiv und führe zu irreparablen Schäden und bedrohe potentiell das Leben des Kindes.

31

An diesen aktuellen, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegenden fachärztlichen Stellungnahmen kommt das Gericht nicht vorbei. Die daraufhin vom Beklagten auf Ersuchen des Gerichts vorgenommene Stellungnahme vermag dies zur Überzeugung des Gerichts nicht erschüttern. Zwar weist das Bundesamt zu Recht auf die medizinischen Standards und der gewährleisteten medizinischen Grundversorgung in Marokko hin. Zudem werden aus der Rechtsprechung bekannte Einzelfälle bestimmter Erkrankungen genannt, wonach in den dortigen Fällen keine Abschiebungsverbote ausgesprochen wurden. An der Einordnung des hier vorliegenden Einzelfalls ändert dies jedoch nichts. Denn zur Überzeugung des Gerichts ist hier gerade aufgrund der Vielzahl und der Schwere der Erkrankungen des Kindes eine Abschiebung nach Marokko nicht zu verantworten; dies nicht nur aus der Ausländerbehörde zu prüfenden inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen, sondern auch deswegen, weil nicht nur während des Transportes, sondern auch unmittelbar nach der Ankunft in Marokko durch den Abbruch der in Deutschland vorgenommenen Therapiemöglichkeiten grundsätzlich eine lebensbedrohende Situation für das Kind eintreten könnte. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts eindeutig aus den vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen und insbesondere aus der zuletzt genannten des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Michael Wilms. Das Eingehen eines derartigen Risikos vermag jedenfalls das erkennende Gericht nicht zu verantworten, so dass das Abschiebungsverbot auszusprechen ist.

32

Darüber hinaus ist das Gericht davon überzeugt, dass jedenfalls in dem Fall des hier zu entscheidenden minderjährigen Kindes, dieses massiven existenzbedrohenden wirtschaftlichen Problemen ausgesetzt sein dürfte.

33

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b Abs. 1 AsylG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.