Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 02. März 2015 - W 2 S 14.50197

bei uns veröffentlicht am02.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller (W 2 K 14.50196) gegen die in der Ziffer 2 des Bescheids vom 10. Dezember 2014 enthaltenen Abschiebungsanordnung wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragsteller, syrische Staats- und kurdischer Volkszugehörigkeit, reisten am 17. April 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 6. Juni 2014 Asylanträge. Der Antragsteller zu 1) ist der am ... 1966 geborene Familienvater, die Antragstellerin zu 2) ist seine am ... 1973 geborene Ehefrau und die Antragsteller zu 2) und zu 3) sind die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder (geboren am ...2000 und am ...2001).

Die Antragsteller haben bereits in Bulgarien ein Asylverfahren durchlaufen und erhielten in diesem die Zuerkennung internationalen subsidiären Schutzes.

Am ... 2014 wurde ein weiteres gemeinsames Kind in der Bundesrepublik Deutschland geboren. Dieses Kind ist Kläger bzw. Antragsteller in den Verfahren W 2 K 14.50198 und W 2 S 14.50199 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2014, ein Zustellungsnachweis ist nicht in der Bundesamtsakte auffindbar, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag der Antragsteller als unzulässig ab (Ziffer 1.) und ordnete deren Abschiebung nach Bulgarien an (Ziffer 2.).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag auf Durchführung eines Asylverfahrens unzulässig sei, da die Antragsteller aufgrund des in Bulgarien gewährten Schutzes keine weitere Schutzgewährung verlangen könnten. Die Anordnung der Abschiebung wird auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützt, wobei es keiner vorherigen Androhung und Fristsetzung bedürfe. Abschiebungshindernisse bezüglich des sicheren Drittstaates Bulgarien lägen nicht vor.

Hiergegen erhoben die Antragsteller am 19. Dezember 2014 Klage (W 2 K 14.50196), über die noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig ließen sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragen:

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen.

2. Die Abschiebung nach Bulgarien für unzulässig zu erklären.

Zur Begründung wird auf Gerichtsentscheidungen verwiesen, die eine Abschiebung anerkannter Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigter nach Bulgarien für unzulässig erklären würden, da in Bulgarien nicht die Einhaltung der humanitären Mindeststandards der Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) sichergestellt sei. Ferner würden sich die Antragsteller wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung in ärztlicher Behandlung befinden. Die angekündigten entsprechenden Arztberichte wurden trotz Aufforderung des Gerichts nicht vorgelegt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.

II.

1. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (Ziffer 1 des Antrags) ist zulässig, insbesondere ist er gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG in der Fassung des Artikel 1 Nummer 27 des Gesetzes zur Umsetzung der RL 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I vom 5. September 2013, S. 3474) i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO statthaft, soweit er sich gegen die unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides angeordnete Abschiebung nach Bulgarien richtet.

2. Der Antrag ist auch begründet.

Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005/04, juris). Hat der Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg, weil der angegriffene Verwaltungsakt fehlerhaft ist, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, insbesondere, wenn die angegriffene Verfügung derzeit als rechtmäßig zu beurteilen ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht jedenfalls dann regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse, wenn diese Rechtswirkungen bereits kraft Gesetzes bestehen.

Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Sigmaringen, B. v. 14.7.2014 - A 1 K 254/14). Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris).

Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begegnet bei summarischer Prüfung jedenfalls derzeit ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit.

Dabei kann hier offen bleiben, ob die Verhältnisse in Bulgarien gegenwärtig einer Abschiebung von anerkannten Flüchtlingen nach Bulgarien entgegenstehen. Hat der Asylsuchende bereits einen Schutzstatus erhalten, kommt es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskommission vorliegt bzw. eine tatsächliche Gefahr dafür besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat ausgesetzt zu sein. Ob dafür nach der derzeitigen Erkenntnislage ausreichenden Anhaltspunkte gegeben sind, ist zweifelhaft (vgl. dazu VG Magdeburg, B. v. 3.12.2014 - 9 B 400/14 - juris, m. w. N.). Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass der UNHCR in seiner aktualisierten Bestandsaufnahme vom April 2014 („UNHCR Observations: Current Situation of Asylum in Bulgaria - April 2014“) nicht mehr darauf beharrt, von Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien abzusehen. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (European Asylum Support Office - EASO) hat ebenfalls keine Empfehlung ausgesprochen, von der Rückstellung nach Bulgarien abzusehen. Allerdings verkennt das Gericht nicht die Hinweise auf die prekäre Lage der Personen, denen in Bulgarien ein Schutzstatus zuerkannt wurde (vgl. VG Oldenburg, B. v. 29.1.2015 - 12 B 472/15 - m. w. N.).

Daneben kann es auch offenbleiben, ob die Antragsteller als Familie mit einem Baby und zwei minderjährigen Kindern zu einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe gehören (so z. B. VG Magdeburg, B. v. 3.12.2014 - 9 B 400/14). Wegen des grundrechtlich garantierten Rechts auf Familienschutz (Art. 6 GG) ist hierbei auch das erst im Juli 2014 in der Bundesrepublik Deutschland geborene Kind der Antragsteller zu 1) und zu 2) (W 2 K 14.50198 und W 2 K 14.50199) zu berücksichtigen.

Die angebliche psychische Erkrankung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung konnten die Antragsteller im Gerichtsverfahren nicht glaubhaft machen, so dass nicht von deren Existenz ausgegangen werden kann.

Die Abschiebungsanordnung ist aber deswegen rechtswidrig, weil es vorliegend an einer Zustimmung der bulgarischen Behörden entsprechend den Vorgaben des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien über die Rückübergabe/Rückübernahme von Personen an der Grenze (Rückübernahmeabkommen) vom 1. Februar 2006 (BGBl. II 2006, S. 90) fehlt.

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 (2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) unter Randnummer 156 ausgeführt, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG erst dann ergehen kann, wenn der Zielstaat der Abschiebung einer Übernahme des Asylsuchenden zugestimmt hat. Da die Antragsteller bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort subsidiären Schutz erhalten haben, kommen die Bestimmungen der Verordnung 604/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) hier nicht zur Anwendung (vgl. BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - juris Rn. 26).

Nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 Rückübernahmeabkommens übernimmt jede Vertragspartei auf Ersuchen der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatsangehöriger), wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person über einen gültigen, durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel oder ein gültiges Visum verfügt. Das Übernahmeersuchen muss innerhalb von zwölf Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder dem rechtswidrigen Aufenthalt der betroffenen Person gestellt werden (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens) und soll die in Art. 7 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens näher bezeichnete Angaben und Unterlagen enthalten.

In der Rechtsprechung ist nicht eindeutig geklärt, ob auch ohne Erklärung der Übernahmebereitschaft durch die bulgarischen Behörden abschließend im Sinne der oben zitierten bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung feststeht, dass die Abschiebung auch tatsächlich und in rechtlicher Hinsicht durchgeführt werden kann (vgl. auch VG Trier, B. v. 16.4.2014 - 5 L 569/14 - juris Rn. 52). Das erkennende Gericht schließt sich nach überschlägiger Prüfung der Meinung an, die dies verneint (vgl. VG Augsburg, U. v. 13.11.2014 - Au 2 K 14.30421 - juris; a. A. VG Magdeburg, B. v.3.12.2014 - 9 B 400/14).

Ein Übernahmeersuchen („Anbietungsverfahren“) erfolgt in der Regel auf Veranlassung der für den Ausländer zuständigen Ausländerbehörde durch die Bundespolizeidirektion (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 des Rückübernahmeabkommens). Nach Erklärung der Übernahmebereitschaft seitens der bulgarischen Behörden wird dies wiederum der Ausländerbehörde bzw. dem Bundesamt mitgeteilt. Insofern kann hier auch nicht von einer gesicherten Verwaltungsübung dergestalt ausgegangen werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthaltes im Drittstaat der betreffende Flüchtling ohne weiteres und unverzüglich aufgenommen wird (vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand Juni 2014, § 34a Rn. 20; VG Berlin, B. v. 14.10.2014 - 23 L 489.14 A - juris Rn. 16; a. A. VG Magdeburg, B. v. 3.12.2014 - 9 B 400/14), da die Übernahmebereitschaft grundsätzlich für jeden Ausländer individuell geklärt werden muss.

Nach der Aktenlage hat im vorliegenden Fall das Bundesamt die Ausländerbehörde und diese anschließend die Bundespolizei gebeten, das Einverständnis der bulgarischen Behörden zu der Rücküberstellung der Antragsteller einzuholen (vgl. Bl. 73 bis 76 der Akte des Bundesamtes). So ging das Bundesamt selbst davon aus, dass eine solche Erklärung der bulgarischen Behörden erforderlich sei. Eine solche Einverständniserklärung ist nicht erteilt worden. Dies ist nach telefonischer Auskunft des Bundesamtes bis heute nicht geschehen.

Daher war dem Antrag stattzugeben.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Gericht die Nr. 1 des angegriffenen Bundesamtsbescheids für rechtmäßig hält. Das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichen subsidiären Schutz ist unzulässig, wenn dem Ausländer, wie hier dem Antragsteller in Bulgarien, bereits die Stellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist (BayVGH, B. v. 12.1.2015 - 20 ZB 14.30091 - juris; BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - juris).

3. Der in Ziffer 2 gestellte Antrag auf Erklärung, dass die Abschiebung des Antragstellers nach Bulgarien rechtswidrig ist, geht nach Auslegung anhand des Rechtsschutzbedürfnisses inhaltlich im Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf. Insofern bedurfte es keiner eigenen gerichtlichen Feststellung.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

1

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem - gleichzeitig mit der Klage (9 A 399/14 MD) - am 17.10.2014 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014, mit welchem festgestellt wird, dass den Antragstellern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1) sowie die Abschiebung der Antragsteller nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziffer 2).

2

Der neben einem Prozesskostenhilfegesuch am 17.10.2014 sinngemäß gestellte Antrag,

3

die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: 9 A 399/14 MD) der Antragsteller vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014 anzuordnen,

4

hat Erfolg.

5

Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG in der Fassung des Artikel 1 Nummer 27 des Gesetzes zur Umsetzung der RL 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I vom 5. September 2013, S. 3474) i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO statthaft, soweit er sich gegen die unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides angeordnete Abschiebung nach Bulgarien richtet.

6

Der Antrag ist auch begründet. Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005/04, Juris). Hat der Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg, weil der angegriffene Verwaltungsakt fehlerhaft ist, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, insbesondere, wenn die angegriffene Verfügung derzeit als rechtmäßig zu beurteilen ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht jedenfalls dann regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse, wenn diese Rechtswirkungen bereits kraft Gesetzes bestehen.

7

Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die – wie hier – nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, Juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, Beschluss vom 14.07.2014, A 1 K 254/14). Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).

8

Die Abschiebungsanordnung begegnet bei summarischer Prüfung jedenfalls derzeit ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit. Zwar dürften die Verhältnisse in Bulgarien nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln einer Abschiebung von anerkannten Flüchtlingen nach Bulgarien nicht entgegenstehen (1.). Die konkrete Situation der Familie der Antragsteller, zu der auch die Antragstellerin in dem parallel geführten Klageverfahren 9 A 401/14 MD bzw. Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes 9 B 402/14 MD gehört (Ehefrau und Mutter der Antragsteller), lässt es hier aber nicht ausgeschlossen erscheinen, dass die besonderen Bedürfnisse der schutzbedürftigen Personengruppen nach Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU im Fall der Rückführung nicht hinreichend beachtet werden, mithin nicht sichergestellt ist, dass eine rechtsverletzungsfreie Rücküberstellung der Antragsteller, die dieser Personengruppe angehören, erfolgt, was zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung führt (2.).

9

1. Gleichwohl ist Folgendes voranzustellen:

10

Die Antragsgegnerin hat die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung dem Grunde nach zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG gestützt. Zuvorderst ist bei summarischer Prüfung festzustellen, dass aufgrund der erfolgten Asylantragstellung (vgl. § 13 AsylVfG) die Zuständigkeit der Antragsgegnerin zu bejahen ist und es damit keiner Rückkehrentscheidung nach Art. 6 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger bedarf.

11

Soll ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat i.S.d. § 26a AsylVfG abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt (vgl. § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).

12

a. Die Möglichkeit der Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat wird nicht nach § 26a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch europarechtliche Vorschriften – insbesondere nicht die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) – verdrängt. Voranzustellen ist insoweit, dass gemäß Art. 49 Satz 2 Dublin-III-VO die Verordnung zwar auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 01.01.2014 gestellt werden, wobei unter Antrag i.S.v. dieser Vorschrift derjenige zu verstehen ist, der Anlass für die Frage nach der Geltung des Dublinsystems ist (vgl. VG Magdeburg, Beschuss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD –, n.v.), mithin der von den Antragstellern am 07.05.2014 gestellte Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland. Die Dublin-III-VO findet jedoch auf Personen, denen – wie den Antragstellern mit Entscheidung vom 31.01.2014 – die Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zuerkannt worden ist, keine Anwendung (vgl. (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, m.w.N., juris; Bender/Bethke, Dublin III, Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung - Elf Thesen zu den aktuellen Änderungen bezüglich innereuropäischer Abschiebungen, Asylmagazin 11/2013, Seite 358, 359). Aus der Systematik der Dublin-III-VO ergibt sich, dass sie nur auf Personen anwendbar ist, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den entweder noch nicht oder - zumindest teilweise - negativ entschieden wurde. So lässt sich der Dublin III-Verordnung keine Bestimmung entnehmen, die den zuständigen Mitgliedstaat dazu verpflichtet, eine Person aufzunehmen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – wie hier – bereits vollumfänglich stattgegeben wurde. Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO sieht eine Verpflichtung zur Aufnahme vielmehr nur dann vor, wenn und soweit die betreffende Person in dem zuständigen Staat noch nicht oder abschlägig beschieden wurde. Nicht geregelt ist hingegen der Fall, dass der zuständige Staat dem Schutzbegehren bereits entsprochen hat. Bei dem erneuten Asylantrag einer Person, die bereits als Flüchtling i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU anerkannt wurde, handelt es sich folgerichtig auch nicht um einen Folge- oder einen Zweitantrag im Sinne der §§ 71, 71a AsylVfG, die vom Anwendungsbereich der Dublin-III-VO erfasst werden (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 14. 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris VG Cottbus, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 5 L 190/14.A, zit. nach juris, Rn. 15). Denn der Folge- und der Zweitantrag beziehen sich auf Konstellationen, in denen ein früherer Asylantrag zurückgenommen, unanfechtbar abgelehnt bzw. in denen ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossen wurde. Diese Fallgestaltungen sind bei einer vollumfänglichen Stattgabe des Schutzgesuchs nicht einschlägig (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch die Vorgängerverordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) kein anderes Ergebnis begründet hätte. Denn die Zuständigkeitsnormen der Dublin II-VO fanden ebenfalls keine Anwendung, wenn ein erneut Schutzsuchender bereits in einem anderen Mitgliedsstaat als Flüchtling anerkannt wurde (anders bei lediglich subsidiär Schutzberechtigen, vgl. hierzu: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).

13

Ergibt sich danach, dass insbesondere die Dublin III-VO auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet, kommt es – entgegen der Auffassung der Antragsteller – auf die Einhaltung der dort festgelegten Verfahrensvorschriften nicht an.

14

b. Bulgarien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab dem Grunde nach "sicherer Drittstaat" im Sinne von § 26a AsylVfG i.V.m. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.

15

Konsequenz des mit der Einreise über einen sicheren Drittstaat verbundenen materiellen Asylausschlusses ist, dass die Antragsgegnerin nicht prüft, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweist. Denn der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

16

Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, kommt es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Der Umfang/Inhalt des gewährten Schutzes richtet sich nach Art. 20 ff. Flüchtlingsschutz-Richtlinie 2011/95 EU.

17

Wegen des allein summarischen Prüfungsmaßstabes soll hier offenbleiben, ob die „sichere Drittstaatenregelung“ des § 26a AsylVfG in Entsprechung des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93) bzw. des unionsrechtlichen Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) dazu führt, dass die Annahme besteht, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen, mit der Folge, dass unter diesen Bedingungen die - freilich widerlegbare - Vermutung gilt, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten (zustimmend: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris; a.A. Marx, Spontane Binnenwanderung international Schutzberechtigter in der Union, InfAuslR 2014, 227 ff.). Denn es bestehen nach der aktuellen Auskunftslage bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse in Bulgarien – mit Ausnahme solcher für besonders schutzbedürftige Personengruppen (vgl. Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95 (EU)) – hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz zurückbleiben, mithin tatsächlich die Gefahr besteht, dass anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt sind. Dies hat im Regelfall zur Folge, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG erlassen werden darf.

18

Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Anhaltspunkte dafür, dass die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachtet wird, sind vorliegend weder ersichtlich noch werden sie von den Antragstellern substantiiert behauptet.

19

Für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nichts ersichtlich. Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu (VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

20

Im Hinblick auf Bulgarien ist zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Der UNHCR schildert in seinem Bericht "Current Situation of Asylum in Bulgaria" zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien (vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.). So bestünde eine bis zu zweimonatige Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem - wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch - einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an angemessenem und bezahlbarem Unterkünften, was eine Integration erschwere. Ohne externe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften seien die Statusinhaber auf die weitere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen angewiesen, wo sie kaum Möglichkeit zur Integration in die bulgarische Gesellschaft hätten. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. Zwar hätten die Statusinhaber – wie Asylsuchende – unter 18 Jahren nach bulgarischem Recht im gleichen Maße Zugang zu Bildung wie bulgarische Staatsbürger. Voraussetzung für den Antritt des Schulbesuchs sei jedoch die erfolgreiche Teilnahme an einem SAR-Sprachkurs, der nur in einer Aufnahmeeinrichtung vorgehalten werde. In den übrigen Einrichtungen würden informelle Sprachkursen erteilt, die vom UNHCR finanziert und von der Caritas durchgeführt würden. Deren Anerkennung sei derzeit noch nicht sichergestellt.

21

Die aufgezeigten Defizite lassen nicht den Schluss zu, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, zumal der UNHCR die Bemühungen Bulgariens an der Einrichtung eines neuen Integrationsprogramms begrüßt und zur raschen Umsetzung des Programms, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Bildung, Unterkunft und Lebensunterhalt aufruft. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30969/09 -, juris dort Rdnr. 249). Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, Beschluss vom 2.04.2013 - 27725/10 -, juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2013 - 17 L 660/13.A -, juris Rn. 43, m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2014 – 17 L 2342/14.A –, juris). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (zu Italien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris, m.w.N.). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalts, Freizügigkeit, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

22

2. Die Antragsteller gehören jedoch zu einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe, was derzeit dem Erlass der Abschiebungsanordnung entgegensteht. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Antragsteller Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung (Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU) entsprechend einzustufen ist (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

23

Dies ist vorliegend der Fall. Denn die Antragsgegnerin hat beim Erlass der Abschiebungsanordnung nicht berücksichtigt, dass der sechsjährige Antragsteller zu 2. und der fünfjährige Antragsteller zu 3. als Minderjährige einer schutzbedürftigen Personengruppe nach § 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU angehören. Nach der aktuellen Auskunftslage (s.o. UNHCR-Bericht von April 2014) bestehen jedoch greifbare Anhaltspunkte dafür, dass eine gesicherte Unterkunft der Antragsteller und der Ehefrau/Mutter der Antragsteller (9 B 402/14 MD) bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht zur Verfügung steht. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden Vorkehrungen für die Rückkehr der Antragsteller zu treffen, die eine gesicherte Unterkunft einschließen. Gleiches gilt soweit nach der Auskunftslage Überwiegendes dafür spricht, dass die minderjährigen Antragsteller zu 2. und 3. ein Zugang zur Bildung verwehrt bleibt, wenn ihre Teilnahmemöglichkeit an einem anerkannten Sprachkurs nicht sichergestellt wird. Schließlich ist zu konstatieren, dass die medizinische Versorgung der suizidgefährdeten Ehefrau/Mutter der Antragsteller sowohl auf dem Reiseweg als auch in Bulgarien in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden zu gewährleisten ist (vgl. Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 9 B 402/14 MD).

24

Zwecks Sicherstellung effektiven Rechtschutzes ist wegen des vielfältigen und nicht ausschließlich in der Sphäre der Antragsgegnerin liegenden Maßnahmenbündels, das eine zureichende Abstimmung/Zusicherung der bulgarischen Behörden voraussetzt, notwendig und angemessen, nicht lediglich ein bloßes Maßnahmengebot i.S.d. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO bei Ablehnung des vorläufigen Rechtschutzantrags zu statuieren, sondern vor der beabsichtigen Abschiebung deren Durchführung und Überwachung (insbesondere durch Garantien der bulgarischen Behörden) einzufordern. Das bisherige Vorbringen der Antragsgegnerin zugrunde gelegt, ist nämlich nicht erkennbar, dass sie bereits geeignete Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet hat, zumal sie sich der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personengruppe nicht hinreichend bewusst war.

25

Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass dem Umstand, dass Bulgarien zwecks Rückführung der Antragsteller auf die Grenzpolizei/das Ministerium des Innern in seinem Schreiben vom 17.06.2014 (Beiakte A, Bl. 61) unter Ablehnung der Rückführung nach Dublin III-VO verweist, nicht zu entnehmen ist, dass die Abschiebung – bei Beachtung des oben dargestellten Maßnahmenbündels – als solche nicht durchgeführt werden kann. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verlangt für den Erlass der Abschiebungsanordnung, dass feststehen muss, dass die Abschiebung auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Voraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung ist danach, dass die Übernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, abschließend geklärt ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 – OVG 2 S 6.12 – juris, Rdnr. 4; vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 19398/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 – juris, Rdnr. 156). Dies ist hier der Fall. Denn die Rückführung der Antragsteller richtet sich nach dem bilateralen deutsch-bulgarischen Abkommen über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rücknahmeabkommen) vom 07.03.2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.). Danach ist Bulgarien grundsätzlich verpflichtet, auch die Antragsteller wieder aufzunehmen. Nach Art. 5 ff. Rücknahmeabkommen, der die Übernahme von Personen betrifft, die – wie die Antragsteller – nicht die deutsche oder bulgarische Staatsangehörigkeit besitzen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für ein Übernahme der Antragsteller nicht vorliegen, insbesondere die sich danach ergebenen Fristen nicht mehr eingehalten werden können. Danach muss innerhalb von 12 Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden ein Übernahmeersuchen gestellt werden, dessen Beantwortung spätestens innerhalb von 14 Tagen zu erfolgen hat, wobei die Zustimmung nach Ablauf der Frist als erteilt gilt. Mit der Zustimmung zur Übernahme kann die betreffende Person unverzüglich in das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei innerhalb einer Frist von drei Monaten zurückgeführt werden, wobei bei rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen für die Übergabe auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei die Frist verlängert werden kann (vgl. Art. 7). Dies zugrunde gelegt, ist davon auszugehen, dass die Übernahmebereitschaft Bulgariens abschließend geklärt ist, ohne dass dies zuvor für den vorliegenden Einzelfall nochmals geprüft werden muss (a. A. wohl Trier, Beschluss vom 16.04.2014 – 5 L 569/14.Tr – juris, Rdnr. 52). Denn die Übernahmebereitschaft setzt nicht ausnahmslos voraus, dass eine ausdrückliche positive Erklärung des ersuchten sicheren Drittstaates gegenüber der Bundesrepublik Deutschland abgegeben wurde, soweit eine gesicherte Verwaltungsübung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Drittstaat besteht, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthaltes im Drittstaat der betreffende Flüchtling ohne weiteres und unverzüglich aufgenommen werden kann (Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, Juni 2014, zu § 34a Rn. 20). So liegt der Fall nach dem oben Gesagten hier. Zweifel an der Rückübernahmebereitschaft werden nicht durch die Erklärung der bulgarischen Behörden vom 17.06.2014 begründet. Die bulgarischen Behörden haben hier auf das – noch im Rahmen eines Dublin-Verfahrens eingeleiteten – Überstellungsersuchen lediglich darauf hingewiesen, dass die Überstellung des Antragstellers zu 1. in den Geschäftsbereich der Grenzpolizei falle und dort abzuwickeln sei, weil das Asylverfahren mit der Anerkennung des Antragstellers als Flüchtling abgeschlossen worden sei. Dies stellt die Übernahmebereitschaft Bulgariens aber nicht in Frage; vielmehr hat die bulgarische Behörde lediglich auf die innerstaatliche Zuständigkeit einer anderen Behörde hingewiesen und ihre Übernahmeverpflichtung als solche nicht verneint (vgl. dazu bei vollumfänglicher Verneinung der Übernahmeverpflichtung: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 119,50 € festgesetzt.


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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juni 2014 wird in Nr. 2 aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Das Urteil hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am ... 1995 in ..., Syrien, geborene Kläger, nach eigenen Angaben syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit sunnitischer Glaubensrichtung, wendet sich gegen die Feststellung der Beklagten, dass ihm in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und gegen die Anordnung der Abschiebung in die Republik Bulgarien, wo ihm internationaler subsidiärer Flüchtlingsschutz zuerkannt worden ist.

Ihm wurde nach Durchführung eines Asylverfahrens in der Republik Bulgarien Anfang Januar 2014 internationaler subsidiärer Flüchtlingsschutz zuerkannt, ein Reisepass ausgestellt und eine bis 24. Oktober 2016 gültige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Er reiste anschließend am 15. Januar 2014 auf dem ... in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 10. Februar 2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Er wurde hierzu vom Bundesamt am 10. und 11. Februar 2014 angehört. Zum Ergebnis der Anhörungen wird auf die entsprechenden Niederschriften Bezug genommen.

Das Bundesamt teilte auf Anfrage des Landratsamts ... als zuständige Ausländerbehörde mit, dass ein „Bestätigungsschreiben“ der bulgarischen Behörden, aus dem die Übernahmebereitschaft für den Kläger hervorgehe, nicht vorliege. Dies sei auch nicht erforderlich, weil der Kläger nicht unter den Anwendungsbereich der Dublin III-VO falle. Daraufhin bestätigte das Landratsamt ... mit Schreiben vom 3. August 2014, dass einer Rückführung des Klägers nach Bulgarien keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegenstünden.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2014, zugestellt am 7. Juli 2014, stellte das Bundesamt fest, dass dem Kläger in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1.) und ordnete dessen Abschiebung in die Republik Bulgarien an (Ziffer 2.).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit dem Asylantrag gemäß § 13 Abs. 2 AsylVfG sowohl die Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinn des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG, als auch die Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG beantragt worden sei, da der Antrag nicht auf die Zuerkennung internationalen Schutzes beschränkt worden sei.

Der Antrag auf Durchführung von Asylverfahren sei abzulehnen, da der Kläger sich aufgrund seiner Einreise aus Bulgarien, einem sicheren Drittstaat im Sinn von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. Anlage I zum AsylVfG, gemäß § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen könne. Ausnahmen nach § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Da der Asylantrag nur nach § 26a Abs. 1 AsylVfG abgelehnt worden sei und die Abschiebung in den sicheren Drittstaat angeordnet werde, sei gemäß § 31 Abs. 4 AsylVfG lediglich festzustellen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht zustehe. Es sei in einem solchen Fall grundsätzlich weder über das Vorliegen der Voraussetzungen der Zuerkennung des internationalen Schutzes noch über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG zu entscheiden.

Die Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Einer vorhergehenden Androhung und Fristsetzung bedürfe es nicht. Die Pflicht zur Übernahme der Kläger durch Bulgarien ergebe sich aus dem Rückübernahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien vom 1. Februar 2006 (BGBl. II 2006, S. 259).

Hiergegen erhob der Kläger am 21. Juli 2014 Klage und beantragte zuletzt:

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juni 2014 wird in dessen Ziffer 2. aufgehoben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger zwar in Bulgarien subsidiären Schutz erhalten habe, dort aber wegen der allgemein fremdenfeindlichen Stimmung und aufgrund eines Übergriffs auf ihn nicht bleiben könne. Nach Zuerkennung des subsidiären Schutzes habe er die Asylunterkunft verlassen müssen, erhalte keine finanzielle Unterstützung und sei auch nicht krankenversichert gewesen.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 6. August 2014 die Behördenakten vor.

Mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 wurde das Verwaltungsstreitverfahren zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. Mit weiterem Beschluss vom 13. Oktober 2014 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt.

In der mündlichen Verhandlung erklärte die Klägerbevollmächtigte bezüglich der ursprünglich auch gegen Ziffer 1. des Bescheids des Bundesamts gerichteten Klage die Klagerücknahme. Daraufhin wurde das Verfahren insoweit abgetrennt und durch Beschluss eingestellt (Az. Au 2 K 14.30585).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegende Gerichts- und Behördenakte sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 13. November 2014 verwiesen.

Gründe

Die nach der teilweisen Klagerücknahme nur noch gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2. des Bescheids vom 23. Juni 2014 gerichtete Klage ist zulässig und begründet.

1. Die unter Ziffer 2. des behördlichen Entscheidungsausspruchs verfügte Abschiebungsanordnung ist rechtswidrig, verletzt den Kläger in seinen Rechten und war daher aufzuheben. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 (2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) unter Randnummer 156 ausgeführt, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG erst dann ergeht, wenn der Zielstaat der Abschiebung einer Übernahme des Asylsuchenden zugestimmt hat.

Vorliegend fehlt es an einer Zustimmung der bulgarischen Behörden entsprechend den Vorgaben des Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Bulgarien über die Rückübergabe/Rückübernahme von Personen an der Grenze (Rückübernahmeabkommen) vom 1. Februar 2006 (BGBl. II 2006, S. 90). Da der Betroffene bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort subsidiären Schutz erhalten hat, kommen die Bestimmungen der Verordnung 604/2013/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) hier nicht zur Anwendung (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.2014 - 10 C 7.13 - juris Rn. 26; VG Trier, B.v. 16.4.2014 - 5 L 569/14.TR - juris Rn. 14; VG Berlin, B.v. 14.10.2014 - 23 L 489.14 A - juris Rn. 8 ff.; a.A. VG Bremen, B.v. 11.3.2014 - 1 V 153/14 - juris Rn. 18 f.). Dies ergibt sich daraus, dass das in dieser Verordnung geregelte Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates nach Art. 20 Dublin III-VO nur eingeleitet wird, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird und der Antragsteller im Sinn der Verordnung gemäß Art. 2c) derjenige ist, der einen Antrag gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde.

Nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 Rückübernahmeabkommens übernimmt jede Vertragspartei auf Ersuchen der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (Drittstaatsangehöriger), wenn sie die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt nicht erfüllt und nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass die Person über einen gültigen, durch die andere Vertragspartei ausgestellten Aufenthaltstitel oder ein gültiges Visum verfügt. Das Übernahmeersuchen muss innerhalb von zwölf Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden von der rechtswidrigen Einreise oder dem rechtswidrigen Aufenthalt der betroffenen Person gestellt werden (Art. 7 Abs. 2 Satz 1 des Rückübernahmeabkommens) und soll die in Art. 7 Abs. 1 des Rückübernahmeabkommens näher bezeichnete Angaben und Unterlagen enthalten. Ohne Erklärung der Übernahmebereitschaft durch die bulgarischen Behörden steht aber nicht abschließend im Sinne der oben zitierten bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung fest, dass die Abschiebung auch tatsächlich und in rechtlicher Hinsicht durchgeführt werden kann (vgl. auch VG Trier, B.v. 16.4.2014 - 5 L 569/14 - juris Rn. 52).

Nach der vom Gericht bei der Bundespolizeidirektion ... eingeholten telefonischen Auskunft erfolge das Übernahmeersuchen („Anbietungsverfahren“) in der Regel auf Veranlassung der für den Ausländer zuständigen Ausländerbehörde durch die Bundespolizeidirektion (vgl. Art. 13 Abs. 1 Nr. 1 des Rückübernahmeabkommens). Nach Erklärung der Übernahmebereitschaft seitens der bulgarischen Behörden werde dies wiederum der Ausländerbehörde bzw. dem Bundesamt mitgeteilt. Insofern kann hier auch nicht von einer gesicherten Verwaltungsübung dergestalt ausgegangen werden, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthaltes im Drittstaat der betreffende Flüchtling ohne weiteres und unverzüglich aufgenommen wird (Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand Juni 2014, §34a Rn. 20; VG Berlin, B.v. 14.10.2014 - 23 L 489.14 A - juris Rn. 16), da die Übernahmebereitschaft grundsätzlich für jeden Ausländer individuell geklärt wird. Dies ist vorliegend nach Auskunft der Bundespolizeidirektion ... beim Kläger nicht geschehen. Auch das Bundesamt am 20. Mai 2014 teilte auf Anfrage der für den Kläger zuständigen Ausländerbehörde lediglich mit, dass kein „Bestätigungsschreiben“ der bulgarischen Behörden vorläge, dies auch nicht erforderlich sei, weil der Kläger schon nicht unter den Anwendungsbereich der Dublin III-VO falle (siehe Behördenakte Bl. 77). Dies wurde auf Anfrage des Gerichts mit Schreiben des Bundesamts vom 27. Oktober 2014 nochmals bestätigt.

Von daher war der Bescheid insoweit aufzuheben.

2. Die Entscheidung über die Kosten des nach § 83b AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahrens folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe

1

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem - gleichzeitig mit der Klage (9 A 399/14 MD) - am 17.10.2014 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014, mit welchem festgestellt wird, dass den Antragstellern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1) sowie die Abschiebung der Antragsteller nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziffer 2).

2

Der neben einem Prozesskostenhilfegesuch am 17.10.2014 sinngemäß gestellte Antrag,

3

die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: 9 A 399/14 MD) der Antragsteller vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014 anzuordnen,

4

hat Erfolg.

5

Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG in der Fassung des Artikel 1 Nummer 27 des Gesetzes zur Umsetzung der RL 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I vom 5. September 2013, S. 3474) i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO statthaft, soweit er sich gegen die unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides angeordnete Abschiebung nach Bulgarien richtet.

6

Der Antrag ist auch begründet. Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005/04, Juris). Hat der Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg, weil der angegriffene Verwaltungsakt fehlerhaft ist, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, insbesondere, wenn die angegriffene Verfügung derzeit als rechtmäßig zu beurteilen ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht jedenfalls dann regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse, wenn diese Rechtswirkungen bereits kraft Gesetzes bestehen.

7

Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die – wie hier – nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, Juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, Beschluss vom 14.07.2014, A 1 K 254/14). Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).

8

Die Abschiebungsanordnung begegnet bei summarischer Prüfung jedenfalls derzeit ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit. Zwar dürften die Verhältnisse in Bulgarien nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln einer Abschiebung von anerkannten Flüchtlingen nach Bulgarien nicht entgegenstehen (1.). Die konkrete Situation der Familie der Antragsteller, zu der auch die Antragstellerin in dem parallel geführten Klageverfahren 9 A 401/14 MD bzw. Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes 9 B 402/14 MD gehört (Ehefrau und Mutter der Antragsteller), lässt es hier aber nicht ausgeschlossen erscheinen, dass die besonderen Bedürfnisse der schutzbedürftigen Personengruppen nach Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU im Fall der Rückführung nicht hinreichend beachtet werden, mithin nicht sichergestellt ist, dass eine rechtsverletzungsfreie Rücküberstellung der Antragsteller, die dieser Personengruppe angehören, erfolgt, was zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung führt (2.).

9

1. Gleichwohl ist Folgendes voranzustellen:

10

Die Antragsgegnerin hat die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung dem Grunde nach zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG gestützt. Zuvorderst ist bei summarischer Prüfung festzustellen, dass aufgrund der erfolgten Asylantragstellung (vgl. § 13 AsylVfG) die Zuständigkeit der Antragsgegnerin zu bejahen ist und es damit keiner Rückkehrentscheidung nach Art. 6 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger bedarf.

11

Soll ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat i.S.d. § 26a AsylVfG abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt (vgl. § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).

12

a. Die Möglichkeit der Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat wird nicht nach § 26a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch europarechtliche Vorschriften – insbesondere nicht die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) – verdrängt. Voranzustellen ist insoweit, dass gemäß Art. 49 Satz 2 Dublin-III-VO die Verordnung zwar auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 01.01.2014 gestellt werden, wobei unter Antrag i.S.v. dieser Vorschrift derjenige zu verstehen ist, der Anlass für die Frage nach der Geltung des Dublinsystems ist (vgl. VG Magdeburg, Beschuss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD –, n.v.), mithin der von den Antragstellern am 07.05.2014 gestellte Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland. Die Dublin-III-VO findet jedoch auf Personen, denen – wie den Antragstellern mit Entscheidung vom 31.01.2014 – die Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zuerkannt worden ist, keine Anwendung (vgl. (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, m.w.N., juris; Bender/Bethke, Dublin III, Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung - Elf Thesen zu den aktuellen Änderungen bezüglich innereuropäischer Abschiebungen, Asylmagazin 11/2013, Seite 358, 359). Aus der Systematik der Dublin-III-VO ergibt sich, dass sie nur auf Personen anwendbar ist, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den entweder noch nicht oder - zumindest teilweise - negativ entschieden wurde. So lässt sich der Dublin III-Verordnung keine Bestimmung entnehmen, die den zuständigen Mitgliedstaat dazu verpflichtet, eine Person aufzunehmen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – wie hier – bereits vollumfänglich stattgegeben wurde. Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO sieht eine Verpflichtung zur Aufnahme vielmehr nur dann vor, wenn und soweit die betreffende Person in dem zuständigen Staat noch nicht oder abschlägig beschieden wurde. Nicht geregelt ist hingegen der Fall, dass der zuständige Staat dem Schutzbegehren bereits entsprochen hat. Bei dem erneuten Asylantrag einer Person, die bereits als Flüchtling i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU anerkannt wurde, handelt es sich folgerichtig auch nicht um einen Folge- oder einen Zweitantrag im Sinne der §§ 71, 71a AsylVfG, die vom Anwendungsbereich der Dublin-III-VO erfasst werden (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 14. 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris VG Cottbus, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 5 L 190/14.A, zit. nach juris, Rn. 15). Denn der Folge- und der Zweitantrag beziehen sich auf Konstellationen, in denen ein früherer Asylantrag zurückgenommen, unanfechtbar abgelehnt bzw. in denen ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossen wurde. Diese Fallgestaltungen sind bei einer vollumfänglichen Stattgabe des Schutzgesuchs nicht einschlägig (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch die Vorgängerverordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) kein anderes Ergebnis begründet hätte. Denn die Zuständigkeitsnormen der Dublin II-VO fanden ebenfalls keine Anwendung, wenn ein erneut Schutzsuchender bereits in einem anderen Mitgliedsstaat als Flüchtling anerkannt wurde (anders bei lediglich subsidiär Schutzberechtigen, vgl. hierzu: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).

13

Ergibt sich danach, dass insbesondere die Dublin III-VO auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet, kommt es – entgegen der Auffassung der Antragsteller – auf die Einhaltung der dort festgelegten Verfahrensvorschriften nicht an.

14

b. Bulgarien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab dem Grunde nach "sicherer Drittstaat" im Sinne von § 26a AsylVfG i.V.m. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.

15

Konsequenz des mit der Einreise über einen sicheren Drittstaat verbundenen materiellen Asylausschlusses ist, dass die Antragsgegnerin nicht prüft, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweist. Denn der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

16

Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, kommt es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Der Umfang/Inhalt des gewährten Schutzes richtet sich nach Art. 20 ff. Flüchtlingsschutz-Richtlinie 2011/95 EU.

17

Wegen des allein summarischen Prüfungsmaßstabes soll hier offenbleiben, ob die „sichere Drittstaatenregelung“ des § 26a AsylVfG in Entsprechung des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93) bzw. des unionsrechtlichen Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) dazu führt, dass die Annahme besteht, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen, mit der Folge, dass unter diesen Bedingungen die - freilich widerlegbare - Vermutung gilt, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten (zustimmend: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris; a.A. Marx, Spontane Binnenwanderung international Schutzberechtigter in der Union, InfAuslR 2014, 227 ff.). Denn es bestehen nach der aktuellen Auskunftslage bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse in Bulgarien – mit Ausnahme solcher für besonders schutzbedürftige Personengruppen (vgl. Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95 (EU)) – hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz zurückbleiben, mithin tatsächlich die Gefahr besteht, dass anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt sind. Dies hat im Regelfall zur Folge, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG erlassen werden darf.

18

Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Anhaltspunkte dafür, dass die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachtet wird, sind vorliegend weder ersichtlich noch werden sie von den Antragstellern substantiiert behauptet.

19

Für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nichts ersichtlich. Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu (VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

20

Im Hinblick auf Bulgarien ist zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Der UNHCR schildert in seinem Bericht "Current Situation of Asylum in Bulgaria" zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien (vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.). So bestünde eine bis zu zweimonatige Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem - wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch - einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an angemessenem und bezahlbarem Unterkünften, was eine Integration erschwere. Ohne externe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften seien die Statusinhaber auf die weitere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen angewiesen, wo sie kaum Möglichkeit zur Integration in die bulgarische Gesellschaft hätten. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. Zwar hätten die Statusinhaber – wie Asylsuchende – unter 18 Jahren nach bulgarischem Recht im gleichen Maße Zugang zu Bildung wie bulgarische Staatsbürger. Voraussetzung für den Antritt des Schulbesuchs sei jedoch die erfolgreiche Teilnahme an einem SAR-Sprachkurs, der nur in einer Aufnahmeeinrichtung vorgehalten werde. In den übrigen Einrichtungen würden informelle Sprachkursen erteilt, die vom UNHCR finanziert und von der Caritas durchgeführt würden. Deren Anerkennung sei derzeit noch nicht sichergestellt.

21

Die aufgezeigten Defizite lassen nicht den Schluss zu, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, zumal der UNHCR die Bemühungen Bulgariens an der Einrichtung eines neuen Integrationsprogramms begrüßt und zur raschen Umsetzung des Programms, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Bildung, Unterkunft und Lebensunterhalt aufruft. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30969/09 -, juris dort Rdnr. 249). Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, Beschluss vom 2.04.2013 - 27725/10 -, juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2013 - 17 L 660/13.A -, juris Rn. 43, m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2014 – 17 L 2342/14.A –, juris). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (zu Italien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris, m.w.N.). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalts, Freizügigkeit, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

22

2. Die Antragsteller gehören jedoch zu einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe, was derzeit dem Erlass der Abschiebungsanordnung entgegensteht. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Antragsteller Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung (Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU) entsprechend einzustufen ist (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).

23

Dies ist vorliegend der Fall. Denn die Antragsgegnerin hat beim Erlass der Abschiebungsanordnung nicht berücksichtigt, dass der sechsjährige Antragsteller zu 2. und der fünfjährige Antragsteller zu 3. als Minderjährige einer schutzbedürftigen Personengruppe nach § 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU angehören. Nach der aktuellen Auskunftslage (s.o. UNHCR-Bericht von April 2014) bestehen jedoch greifbare Anhaltspunkte dafür, dass eine gesicherte Unterkunft der Antragsteller und der Ehefrau/Mutter der Antragsteller (9 B 402/14 MD) bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht zur Verfügung steht. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden Vorkehrungen für die Rückkehr der Antragsteller zu treffen, die eine gesicherte Unterkunft einschließen. Gleiches gilt soweit nach der Auskunftslage Überwiegendes dafür spricht, dass die minderjährigen Antragsteller zu 2. und 3. ein Zugang zur Bildung verwehrt bleibt, wenn ihre Teilnahmemöglichkeit an einem anerkannten Sprachkurs nicht sichergestellt wird. Schließlich ist zu konstatieren, dass die medizinische Versorgung der suizidgefährdeten Ehefrau/Mutter der Antragsteller sowohl auf dem Reiseweg als auch in Bulgarien in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden zu gewährleisten ist (vgl. Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 9 B 402/14 MD).

24

Zwecks Sicherstellung effektiven Rechtschutzes ist wegen des vielfältigen und nicht ausschließlich in der Sphäre der Antragsgegnerin liegenden Maßnahmenbündels, das eine zureichende Abstimmung/Zusicherung der bulgarischen Behörden voraussetzt, notwendig und angemessen, nicht lediglich ein bloßes Maßnahmengebot i.S.d. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO bei Ablehnung des vorläufigen Rechtschutzantrags zu statuieren, sondern vor der beabsichtigen Abschiebung deren Durchführung und Überwachung (insbesondere durch Garantien der bulgarischen Behörden) einzufordern. Das bisherige Vorbringen der Antragsgegnerin zugrunde gelegt, ist nämlich nicht erkennbar, dass sie bereits geeignete Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet hat, zumal sie sich der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personengruppe nicht hinreichend bewusst war.

25

Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass dem Umstand, dass Bulgarien zwecks Rückführung der Antragsteller auf die Grenzpolizei/das Ministerium des Innern in seinem Schreiben vom 17.06.2014 (Beiakte A, Bl. 61) unter Ablehnung der Rückführung nach Dublin III-VO verweist, nicht zu entnehmen ist, dass die Abschiebung – bei Beachtung des oben dargestellten Maßnahmenbündels – als solche nicht durchgeführt werden kann. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verlangt für den Erlass der Abschiebungsanordnung, dass feststehen muss, dass die Abschiebung auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Voraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung ist danach, dass die Übernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, abschließend geklärt ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 – OVG 2 S 6.12 – juris, Rdnr. 4; vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 19398/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 – juris, Rdnr. 156). Dies ist hier der Fall. Denn die Rückführung der Antragsteller richtet sich nach dem bilateralen deutsch-bulgarischen Abkommen über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rücknahmeabkommen) vom 07.03.2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.). Danach ist Bulgarien grundsätzlich verpflichtet, auch die Antragsteller wieder aufzunehmen. Nach Art. 5 ff. Rücknahmeabkommen, der die Übernahme von Personen betrifft, die – wie die Antragsteller – nicht die deutsche oder bulgarische Staatsangehörigkeit besitzen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für ein Übernahme der Antragsteller nicht vorliegen, insbesondere die sich danach ergebenen Fristen nicht mehr eingehalten werden können. Danach muss innerhalb von 12 Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden ein Übernahmeersuchen gestellt werden, dessen Beantwortung spätestens innerhalb von 14 Tagen zu erfolgen hat, wobei die Zustimmung nach Ablauf der Frist als erteilt gilt. Mit der Zustimmung zur Übernahme kann die betreffende Person unverzüglich in das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei innerhalb einer Frist von drei Monaten zurückgeführt werden, wobei bei rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen für die Übergabe auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei die Frist verlängert werden kann (vgl. Art. 7). Dies zugrunde gelegt, ist davon auszugehen, dass die Übernahmebereitschaft Bulgariens abschließend geklärt ist, ohne dass dies zuvor für den vorliegenden Einzelfall nochmals geprüft werden muss (a. A. wohl Trier, Beschluss vom 16.04.2014 – 5 L 569/14.Tr – juris, Rdnr. 52). Denn die Übernahmebereitschaft setzt nicht ausnahmslos voraus, dass eine ausdrückliche positive Erklärung des ersuchten sicheren Drittstaates gegenüber der Bundesrepublik Deutschland abgegeben wurde, soweit eine gesicherte Verwaltungsübung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Drittstaat besteht, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthaltes im Drittstaat der betreffende Flüchtling ohne weiteres und unverzüglich aufgenommen werden kann (Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, Juni 2014, zu § 34a Rn. 20). So liegt der Fall nach dem oben Gesagten hier. Zweifel an der Rückübernahmebereitschaft werden nicht durch die Erklärung der bulgarischen Behörden vom 17.06.2014 begründet. Die bulgarischen Behörden haben hier auf das – noch im Rahmen eines Dublin-Verfahrens eingeleiteten – Überstellungsersuchen lediglich darauf hingewiesen, dass die Überstellung des Antragstellers zu 1. in den Geschäftsbereich der Grenzpolizei falle und dort abzuwickeln sei, weil das Asylverfahren mit der Anerkennung des Antragstellers als Flüchtling abgeschlossen worden sei. Dies stellt die Übernahmebereitschaft Bulgariens aber nicht in Frage; vielmehr hat die bulgarische Behörde lediglich auf die innerstaatliche Zuständigkeit einer anderen Behörde hingewiesen und ihre Übernahmeverpflichtung als solche nicht verneint (vgl. dazu bei vollumfänglicher Verneinung der Übernahmeverpflichtung: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).


Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung (§ 78 AsylVfG) sind nicht gegeben. Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, weil sie inzwischen durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt worden sind. Demnach ist das Begehren auf Zuerkennung von unionsrechtlichem subsidiärem Schutz unzulässig, wenn dem Ausländer, wie hier der Klägerin in Malta, bereits im Ausland die Rechtsstellung eines Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne von § 4 AsylVfG zuerkannt worden ist. Das Bundesamt ist bei Vorliegen einer ausländischen Anerkennungsentscheidung zur Feststellung von subsidiärem Schutz in Deutschland weder verpflichtet noch berechtigt (BVerwG, U. v. 17.06.2014 - 10 C 7.13 - NVwZ 2014, 1460).

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2 VwGO, 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.