Verwaltungsgericht Minden Beschluss, 13. Okt. 2014 - 5 L 569/14
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 119,50 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der sinngemäße Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 1764/14 gegen den Straßenbaubeitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 26.06.2014 anzuordnen, soweit damit ein höherer Beitrag als 478,02 € festgesetzt worden ist,
4ist zulässig, aber sachlich nicht begründet.
5Ernstlich Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides bestehen nicht.
6Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides rechtfertigen eine Aussetzung der Vollziehung nur dann, wenn nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage mehr für einen Erfolg des jeweiligen Antragstellers in einem entsprechenden Hauptsacheverfahren spricht als für ein Unterliegen. Die gerichtliche Überprüfung des Streitstoffs im Aussetzungsverfahren findet ihre Grenze an den Gegebenheiten des vorläufigen Rechtsschutzes. Danach sind im summarischen Verfahren vordringlich nur die Einwände zu berücksichtigen, die der Rechtsschutzsuchende selbst gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vorbringt, es sei denn, dass sich andere Fehler bei summarischer Prüfung als offensichtlich aufdrängen. Ferner folgt hieraus, dass im vorliegenden Rechtsschutzverfahren weder schwierige Rechtsfragen ausdiskutiert noch komplizierte Tatsachenfeststellungen getroffen werden können.
7Vgl.: OVG NW, Beschluss vom 28.07.1992 - 2 B 2323/92 -.
8In Anwendung dieser Grundsätze ist es nach den Umständen des vorliegenden Falles bisher nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren – in dem von ihm gesehenen Umfang – Erfolg haben würde. Derzeit – und zwar auf der Grundlage der oben angesprochenen eingeschränkten Prüfung – ist vielmehr davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Recht zu dem durch den Bescheid vom 26.06.2014 festgesetzten Straßenbaubeitrag herangezogen hat.
9Zwar erscheint es nach Ansicht des Gerichts zunächst fraglich, ob das für die Beitragsfähigkeit einer Straßenausbaumaßnahme i.S.v. § 8 KAG NRW erforderliche Bauprogramm – bezüglich der hier durchgeführten Maßnahmen an den Gehwegen und der Straßenentwässerungsanlage – in tauglicher Form aufgestellt worden ist. Da die Ausbaumodalitäten vorliegend allein von der Verwaltung der Beklagten festgelegt worden sind, wäre das nicht der Fall, wenn insoweit die Festlegungs- und Entscheidungsbefugnis dem Bau- und Umweltausschuss der Stadt I. zugewiesen war. Dies ist ernsthaft in Betracht zu ziehen. Denn in dem von dem Rat der Stadt beschlossenen „Zuständigkeitskatalog für die städtischen Fachausschüsse“ ist unter „Aufgaben und Zuständigkeiten des Bau- und Umweltausschusses“ Ziffer II 4. geregelt, dass der Ausschuss über „die Ausführung von Straßen, Brücken und Entwässerungsanlagen“ entscheidet, sowie in Ziffer II 22. festgelegt, dass der Ausschuss auch über „die Ausbauprogramme für die Straßen, Wege, Plätze und Gewässer (Erschließungsanlagen)“ entscheidet. Ob diese Regelungen auch die Entscheidungsbefugnis bezüglich der Bauprogramme für die im Bereich der Stadt I. von den Erschließungsanlagen zu trennenden Anlagen nach dem Straßenbaubeitragsrecht begründen, lässt sich jedoch nicht eindeutig beantworten. Die Frage bedarf vielmehr der Klärung durch eine Bestimmung der jeweiligen Zielsetzung der Bestimmungen und eine Auslegung ihrer Formulierungen. Eine solche Verständnisklärung würde jedoch den Rahmen der im vorliegenden Verfahren zu beachtenden Prüfungsanforderungen überschreiten. Deshalb muss diese Frage im vorliegenden Verfahren ungeklärt bleiben und als offen beurteilt werden. Dies reicht jedoch noch nicht aus, um die für einen Erfolg des Verfahrens erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Rechtswidrigkeit der zur Hauptsache angefochtenen Entscheidung zu bejahen.
10Die von dem Antragsteller gegen die (vollständige) Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 26.06.2014 angeführten Argumente vermögen die begehrte Aussetzung der Vollziehung des Bescheides ebenfalls nicht zu rechtfertigen.
11Die Behauptung des Antragstellers, eine Anhörung sei in Bezug auf den Beitragsbescheid nicht erfolgt, trifft so nicht zu. Denn die Antragsgegnerin hat den Antragsteller bereits – vor der Ausbaumaßnahme – unter dem 16.02.2012 auf alle tatsächlichen Aspekte des geplanten Ausbaus und auf die Höhe eines zu erwartenden Anliegerbeitrags hingewiesen. Dabei wurde gleichzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass weitere Fragen hinsichtlich des zu zahlenden Straßenbaubeitrags telefonisch an die Antragsgegnerin herangetragen werden könnten.
12Die Ausführungen des Antragstellers dazu, dass die Antragsgegnerin von der Bildung einer Erschließungseinheit nach dem Baugesetzbuch Abstand zu nehmen hatte, liegen angesichts des Umstandes, dass vorliegend wegen der Maßgeblichkeit des sog. weiten Anlagenbegriffs nach § 1 der Straßenbaubeitragssatzung der Stadt I. nicht auf Erschließungsanlagen nach dem Baugesetzbuch abzustellen ist, neben der Sache.
13Eine beitragsfähige Maßnahme liegt entgegen der Ansicht des Antragstellers vor und zwar in der Form der Erneuerung. Wie von der Antragsgegnerin unwidersprochen vorgetragen, waren die Gehwege und die Straßenentwässerungsanlage in den Straßenzügen X. und J. im Zeitpunkt des Ausbaus bereits über 45 Jahre alt. Ausweislich der von der Antragsgegnerin vorgelegten Lichtbilder waren diese Teileinrichtungen ferner auf ihren gesamten Längen auch in grober Weise verschlissen. Von daher kam auch eine bloße Instandsetzung nicht in Betracht. Darauf, ob die Antragsgegnerin ihrer Unterhaltspflicht während der Liegezeit der Straßen nachgekommen ist, kommt es wegen der unzweifelhaft gegebenen Verschlissenheit der Teileinrichtungen sowie des Ablaufs der „Liegezeit“ im Zeitpunkt ihrer Neuerstellung nicht an.
14Ob die Voraussetzungen einer Verbesserung erfüllt waren, bedarf wegen der gegebenen Erneuerung keiner Erörterung mehr.
15Zwar spricht der Antragsteller zu Recht an, dass die Antragsgegnerin möglicherweise verpflichtet war, von den Aufwendungen Beträge abzusetzen, in deren Höhe sie von den privaten Versorgungsträgern wegen ersparter Aufwendungen, die bei diesen mit der Verlegung von Versorgungsleitungen im Zusammenhang mit der Beseitigung der alten Gehwege zu verzeichnen waren, Ersatz hätte verlangen können. Für eine Ermittlung derartiger Ersparnisse der Versorgungsträger ist jedoch im vorliegenden Verfahren wegen dessen einleitend beschriebenen Charakters kein Raum.
16Entgegen der Einschätzung des Antragstellers hatte die Antragsgegnerin das sog. Verteilungsgebiet nicht um an die angenommene Anlage grenzende Außenbereichsflächen zu vergrößern. Für eine solche Einbeziehung von Außenbereichsflächen enthält die Straßenbaubeitragssatzung der Stadt I. keine Rechtsgrundlage.
17Es ist auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Vollziehung des Straßenbaubeitragsbescheides vom 26.06.2014 für den Antragsteller zu der in § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO angesprochenen Härte führen würde.
18Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Ziffer 2 i.V.m. 52 Abs. 1 GKG. Wegen des vorläufigen Charakters der zu treffenden Eilentscheidung ist die Kammer von ¼ des festgesetzten Straßenbaubeitrages ausgegangen.
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Referenzen - Gesetze
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80

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