Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 15. Jan. 2019 - W 10 S 18.50551

bei uns veröffentlicht am15.01.2019

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin, nach eigenen Angaben eine am … 1997 in Edo-State geborene nigerianische Staatsangehörige mit der Volkszugehörigkeit der Edo und christlicher Religion, wurde am 23. Oktober 2018 in einem ICE von der Bundespolizei aufgegriffen und erkennungsdienstlich behandelt. Sie gab dabei an, am 22. Oktober 2018 in das Bundesgebiet eingereist zu sein.

Am 31. Oktober 2018 beantragte die Antragstellerin beim Bundesamt für ... (im Folgenden: Bundesamt) Asyl. Dabei gab sie an, sie habe ihr Herkunftsland am 29. September 2016 verlassen und sei über Niger und Libyen nach Italien eingereist. Dort habe sie sich ein Jahr und 10 Monate lang aufgehalten und im Dezember 2016 einen Asylantrag gestellt. Am 3. April 2017 habe sie ein für zwei Jahre gültiges italienisches Aufenthaltsdokument erhalten.

Am 6. November 2018 wurde die Antragstellerin zur Zulässigkeit ihres Asylantrags angehört. Dabei gab sie im Wesentlichen an, sie sei am 16. Dezember 2016 in Italien angekommen, wo ihr Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Den Aufenthaltstitel könne sie nicht vorzeigen, da er ihr gestohlen worden sei. Sie habe in Italien eine Anhörung zu ihren Asylgründen gehabt. Neue Gründe bzw. neue Tatsachen könne sie nicht vortragen. Sie habe eine positive Entscheidung über ihren Asylantrag erhalten, denn sie habe eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre bekommen.

Am 8. November 2018 ersuchte das Bundesamt die italienischen Behörden um Wiederaufnahme der Antragstellerin. Eine Antwort erfolgte innerhalb der vorgesehenen Fristen nicht.

Mit Bescheid vom 23. November 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Ziffer 1 des Bescheides), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Auf die Begründung des Bescheides wird zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Gegen diesen ihr am 27. November 2018 durch die Ausländerbehörde ausgehändigten Bescheid erhob die Antragstellerin am 28. November 2018 Klage, über die noch nicht entschieden ist (Az: W 10 K 18.50550).

Gleichzeitig beantragte sie im vorliegenden Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung verwies die Antragstellerin auf die Anhörung beim Bundesamt und führte ergänzend aus, sie könne nicht nach Italien zurückkehren, da sie nicht wisse, wo sie bleiben solle. Sie hätte dort keine Unterkunft und auch keinerlei sonstige Unterstützung und müsste deshalb auf der Straße leben. Davor fürchte sie sich, da sie als Frau schutzlos wäre.

Für die Antragsgegnerin beantragte das Bundesamt, den Antrag abzulehnen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtssowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung (Ziffer 3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 23. November 2018) hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Abschiebungsanordnung (Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides) ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag statthaft, weil der Klage keine aufschiebende Wirkung zukommt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG). Der Antrag wurde auch innerhalb der Wochenfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG bei Gericht gestellt.

2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Das Gericht trifft im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO eine eigene, originäre Entscheidung über die Anordnung bzw. die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund der sich ihm im Zeitpunkt seiner Entscheidung gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG darbietenden Sach- und Rechtslage. Das Gericht hat dabei das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gegeneinander abzuwägen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 152; Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 89). Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel abzulehnen, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache nach summarischer Prüfung voraussichtlich erfolglos bleiben wird; ergibt eine vorläufige Überprüfung des Rechtsbehelfs in der Hauptsache dagegen, dass diese offensichtlich erfolgreich sein wird, so überwiegt regelmäßig das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Sind die Erfolgsaussichten hingegen offen, so ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. Eyermann/Hoppe, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 90 ff.).

Gemessen an diesen Grundsätzen fällt die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung erweist sich die Abschiebungsordnung nach Italien als rechtmäßig. Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt daher das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der Vollziehung.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des streitgegenständlichen Bescheides der Antragsgegnerin verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Das Vorbringen der Antragstellerin führt zu keiner anderen Bewertung.

a) Die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung beruht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Lässt sich anhand dieser Kriterien der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Die Antragstellerin hat bereits in Italien einen Asylantrag gestellt, sodass grundsätzlich die italienischen Behörden für die Prüfung desselben zuständig sind.

Da das Wiederaufnahmegesuch innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO an Italien gerichtet wurde, ist die Zuständigkeit auch nicht auf die Antragsgegnerin übergegangen. Auch auf der Grundlage von Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO ergibt sich keine Zuständigkeit der Antragsgegnerin, weil die dort geregelte Überstellungsfrist offensichtlich nicht abgelaufen ist.

b) Die Überstellung der Antragstellerin nach Italien ist auch nicht rechtlich unmöglich. Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO besteht ein Überstellungshindernis, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem Mitgliedstaat, in den diese überstellt werden sollen, systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta i.V.m. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mit sich bringen. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO beruht auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass das in Art. 4 der EU-Grundrechtecharta enthaltene Verbot unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung von fundamentaler Bedeutung ist und aufgrund der engen Verbindung zur Achtung der Würde des Menschen (Art. 1 der EU-Grundrechtecharta) und seines daraus resultierenden absoluten Charakters auch bei Überstellungen nach der Dublin-Verordnung voll umfänglich beachtet werden muss (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417; U.v. 5.4.2016 - C-404/15, C 659/15 - NJW 2016, 1709 Rn. 85, 86; U.v. 16.2.2017 - C-578/16 - NVwZ 2017, 691 Rn. 59).

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) beruht auf dem „Prinzip gegenseitigen Vertrauens“, dass alle daran beteiligten Mitgliedstaaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), dem Protokoll vom 1967 und in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 79). Dies begründet die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80). Hierbei handelt es sich zwar um eine widerlegbare Vermutung. Die Anforderungen an die Feststellung systemischer Mängel und eine daraus resultierende Widerlegung der Sicherheitsvermutung sind allerdings hoch. Im Hinblick auf das Ziel der Dublin III-VO, zügig und effektiv den für das Asylverfahren zuständigen Staat zu bestimmen, können geringfügige Verstöße hierfür nicht ausreichen. Um das Prinzip gegenseitigen Vertrauens entkräften zu können, muss vielmehr ernsthaft zu befürchten sein, dass dem Asylbewerber aufgrund genereller defizitärer Mängel im Asylsystem des eigentlich zuständigen Mitgliedstaates mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-Grundrechtecharta droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - Rn. 6; EuGH, U.v. 21.12.2011, a.a.O., Rn. 80; VGH Baden-Württemberg, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris Rn. 41). Erforderlich ist insoweit die real bestehende Gefahr, dass in dem Mitgliedstaat, in den überstellt werden soll, die grundlegende Ausstattung mit den notwendigen, zur Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse elementaren Mitteln so defizitär ist, dass der materielle Mindeststandard nicht erreicht wird und der betreffende Mitgliedstaat dieser Situation nicht mit geeigneten Maßnahmen, sondern mit Gleichgültigkeit begegnet (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 29.1.2018 - 10 LB 82/17 - juris Rn. 34 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) kann allerdings die bloße schlechtere wirtschaftliche oder soziale Stellung der Person in dem Mitgliedstaat, in welchen sie überstellt werden soll, nicht für die Annahme einer unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausreichen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 - 27725/10 - ZAR 2013, 336, Rn. 70 f.). Der EGMR führt in seiner Entscheidung aus, dass Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung der Vertragsparteien enthalte, jede Person innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs mit Obdach zu versorgen oder finanzielle Leistungen zu gewähren, um ihr dadurch einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen. Einer Überstellung nach der Dublin-Verordnung stünden daher nur außergewöhnliche zwingende humanitäre Gründe entgegen.

Gemessen an diesen Grundsätzen geht das Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung der aktuellen Erkenntnisse im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) nicht davon aus, dass das Asylverfahren in Italien generell unionsrechtlichen Maßstäben widerspricht bzw. dort generell unzureichende Aufnahmebedingungen herrschen, die zu einer Verletzung der durch Art. 4 der EU-Grundrechtecharta gewährleisteten Rechte führen. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein sicherer Drittstaat im Sinne der Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a AsylG. Es ist in Ermangelung anderweitiger substanzieller Anhaltspunkte davon auszugehen, dass das Asylrecht in Italien zumindest dem internationalen und europäischen Mindeststandard entspricht und jedenfalls elementare Bedürfnisse der Asylbewerber gedeckt werden können.

Asylbewerber haben in Italien entsprechend dem Grundrecht auf Asyl Zugang zu einem rechtsstaatlichen Asylverfahren mit gerichtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten. Über den Ablauf des Asylverfahrens wird über Informationsbroschüren in unterschiedlichen sprachlichen Fassungen sowie über Betreuungsdienste Auskunft gegeben. Bei Dublin-Rückkehrern ist im Regelfall gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr nach Italien ihren ursprünglichen Antrag auf internationalen Schutz weiterverfolgen oder erstmals einen Asylantrag stellen können. Das Asylverfahren soll zwar grundsätzlich nicht länger als sechs Monate dauern (vgl. amtliche Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG Nordrhein-Westfalen vom 23.2.2016). Der Umstand, dass diese Verfahrensdauer aufgrund der aktuellen Belastungssituation nicht immer eingehalten werden kann, rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines unzureichenden Asylverfahrens, zumal diesbezügliche Schwierigkeiten wegen des enormen Zustroms an Schutzsuchenden nicht nur in Italien, sondern in vielen europäischen Ländern bestehen.

Weiterhin erhalten Asylsuchende während des Asylverfahrens in Italien Leistungen für die Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse, insbesondere Nahrungsmittel, Hygieneartikel und Kleidung (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018 m.w.N.). Auch wenn Italien diesbezüglich hinter den Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland zurückbleibt und insbesondere kein umfassendes Sozialsystem kennt, so begründet dies entsprechend der obigen Ausführungen keine generellen systemischen Mängel.

Asylbewerber haben darüber hinaus in gleicher Weise wie italienische Bürger einen Anspruch auf medizinische Versorgung, der mit der Registrierung eines Asylantrags entsteht. Bis zum Zeitpunkt der Registrierung werden gleichwohl medizinische Basisleistungen, wie beispielsweise kostenfreie Notfallversorgung, gewährleistet (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt, a.a.O., S. 17).

Während des Asylverfahrens haben Asylbewerber einen Anspruch auf Unterbringung. Grundsätzlich werden zahlreiche Plätze für Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer in verschiedenen staatlichen Unterkünften zur Verfügung gestellt, die über ganz Italien verteilt sind. Sowohl das Bundesamt für ... als auch Asylum Information Database (im Folgenden: AIDA) gehen von einer Gesamtkapazität von über 175.000 Plätzen aus (vgl. BAMF, Länderinformation: Italien, Stand: Mai 2017, S. 2; AIDA, Country Report: Italy, Stand: März 2018, S. 80 ff.), sodass angesichts der hohen Zahl von Asylbewerbern nach wie vor eine Überbelegung anzunehmen ist. Neben den staatlichen Einrichtungen existieren verschiedene caritative und kommunale Einrichtungen, die zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten bieten, um Asylbewerber vor Obdachlosigkeit zu schützen. In Einzelfällen ist es gleichwohl möglich, dass Dublin-Rückkehrer keine Unterbringung erhalten und vorübergehend obdachlos sind. Insbesondere kann es zu Problemen kommen, wenn Dublin-Rückkehrer in Italien bereits offiziell untergebracht waren, da der Anspruch auf Unterbringung in staatlichen Einrichtungen untergeht, wenn der Ausländer seine Unterkunft ohne vorherige Bewilligung verlässt oder eine ihm zugewiesene Unterkunft gar nicht erst in Anspruch genommen hat (vgl. BAMF, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand: 27.9.2018, S. 16). Der Anspruch kann zwar wieder aufleben. Insoweit ist allerdings ein vorheriger Antrag bei der Questura erforderlich, die ursprünglich für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig war. Eine Unterbringung in einer staatlichen Einrichtung kann erst dann wieder erfolgen, wenn die Wiederaufnahme genehmigt wurde (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 28). In dieser Übergangsphase sind Dublin-Rückkehrer auf die Hilfe von Freunden oder caritativer Einrichtungen, über deren Aufnahmekapazität es jedoch keine gesicherten und aussagekräftigen Unterlagen gibt, angewiesen, um der Obdachlosigkeit entgehen zu können. Im Ergebnis ist die Unterkunftssituation in ihrer Gesamtschau damit weiterhin problematisch.

Gleichwohl sind diese defizitären Umstände noch nicht als generelle systemische Mängel in Italien zu qualifizieren, zumal die Annahme von Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO entsprechend den oben genannten Maßgaben an hohe Anforderungen geknüpft ist. Der maßgebliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit muss sich auf Basis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ergeben und sich nicht nur auf einzelne Mängel des Systems beziehen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der italienische Staat mit Unterstützung von European Asylum Support Office der Europäischen Union (EASO) geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Aufnahmekapazitäten stetig zu erhöhen und aktiv darum bemüht ist, diese auch weiterhin zu verbessern (vgl. EASO, Special Support Plan to Italy, 11.3.2015). Dies gilt umso mehr als die Anzahl der in Italien ankommenden Asylbewerber seit Beginn des Jahres 2018 stark rückläufig ist.

Auch unter Auswertung neuerer Erkenntnismittel und auf der Basis vorstehender Ausführungen schließt sich das Gericht in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung der Einschätzung zahlreicher anderer Verwaltungsgerichte an, dass Italien grundsätzlich über ausreichende Unterbringungskapazitäten sowie ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes und richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz bestehender Mängel noch als funktionsfähig betrachtet werden kann (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 - 12 L 3754/16.A - juris; VG Augsburg, B.v. 1.3.2018 - Au 5 S 18.50329 - juris; VG München, B.v. 6.6.2018 - M 11 S 18.51151 - BeckRS 2018, 15962; B.v. 9.8.2018 - M 26 S 18.52225, BeckRS 2018, 19472; VG Ansbach, U.v. 1.8.2018 - AN 14 K 17.50567 - juris; VG Karlsruhe, U.v. 22.3.2018 - A 5 K 15921/17 - BeckRS 2018, 7260; OVG Lüneburg, B.v. 13.6.2018 - 10 LB 204/18, BeckRS 2018, 22826; B.v. 2.7.2018 - 10 LB 249/18, BeckRS 2018, 24922; BayVGH, U.v. 18.2.2014 - 13 aB 13.30295 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris).

Diese Einschätzung bedarf auch in Anbetracht des am 24. September 2018 erlassenen Dekrets der italienischen Regierung (sog. Salvini-Dekret) keiner Modifizierung. Soweit ersichtlich, betrifft die Regelung Änderungen in den Bereichen des Aufenthaltsrechtes aus humanitären Gründen sowie des Verlustes eines zuerkannten Schutzstatus (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation: Italien, Stand 27.9.2018, S. 6). Unmittelbare Auswirkungen auf die Behandlung von Asylbewerbern, deren Anerkennungsverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen wurde, sind damit derzeit nicht zu erwarten. Im Übrigen liegt die Gewährung eines humanitären Aufenthaltsrechtes nach unanfechtbarem negativem Abschluss des Asylverfahrens gemäß Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger vom 16. Dezember 2008 (ABl. L 348/98, sog. Rückführungsrichtlinie) im Ermessen der Mitgliedstaaten. Dem gegenüber regelt Art. 9 der Rückführungsrichtlinie die Fälle, in denen kraft Unionsrechtes die Rückführung in das Herkunftsland trotz unanfechtbarer Ablehnung des Asylantrages nicht zulässig ist. Im Übrigen ist der jeweilige Mitgliedstaat kraft seiner Gebietshoheit befugt, den Aufenthalt von unanfechtbar abgelehnten Asylbewerbern in seinem Hoheitsgebiet zu beenden, zu dulden oder durch Gewährung eines zumindest befristeten Aufenthaltsrechtes zu legalisieren. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Vorschriften der Rückführungsrichtlinie gegen primäres Unionsrecht, insbesondere Grundrechte der betroffenen Asylbewerber verstoßen würden oder dass in Italien in der behördlichen Praxis rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber unter Verstoß gegen diese Vorschriften in ihr Herkunftsland zurückgeführt würden, liegen nicht vor.

Auch der EGMR führt in seiner Tarakhel-Entscheidung vom 4. November 2014 aus, dass die allgemeine Situation der Asylbewerber in Italien nicht mit der Griechenlands vergleichbar sei und keine systemischen Mängel vorlägen (EGMR, Tarakhel gegen Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 114 ff.). Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine erhebliche Anzahl von Asylbewerbern keine Unterkunft finde oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht sei. Um sicherstellen zu können, dass die Aufnahmebedingungen an die besonderen Bedürfnisse von besonders schutzbedürftigen Personen angepasst seien, müssten vor deren Abschiebung individuelle Garantien von den italienischen Behörden eingeholt werden, dass diese Personen in Einrichtungen und unter Bedingungen aufgenommen würden, die ihrer Schutzbedürftigkeit angemessen seien (Rn. 120, 122 der zitierten Entscheidung).

Die Antragstellerin gehört als alleinstehende Frau ohne gravierende gesundheitliche Einschränkungen auch nicht zu einem besonders schutzbedürftigen (vulnerablen) Personenkreis im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180/96, sog. Aufnahmerichtlinie), dessen Belangen im Einzelfall besonders Rechnung zu tragen wäre. Unter Umständen müsste für eine besonders schutzbedürftige bzw. vulnerable Person eine individuelle Garantie von den italienischen Behörden eingeholt werden, dass eine Unterbringung in Einrichtungen und unter Bedingungen erfolgt, die der Schutzbedürftigkeit angemessen sind (vgl. EGMR, Tarakhel gegen Schweiz, Nr. 29217/12 - NVwZ 2015, 127, Rn. 120, 122). Bei alleinstehenden Asylbewerberinnen ohne gravierende gesundheitliche Einschränkungen handelt es sich in Italien jedoch nicht um einen besonders schutzbedürftigen (vulnerablen) Personenkreis (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 28.5.2018 - 10 LB 202/18 - juris Rn. 88 ff. m.w.N.). Zwar sind Frauen bei einem Leben „auf der Straße“ oder in besetzten Häusern dem Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt; auch nimmt die Schweizerische Flüchtlingshilfe an, dass in Italien viele Frauen gezwungen seien, ihren Lebensunterhalt mit Prostitution zu verdienen, und Frauenhandel ein gravierendes Problem darstelle (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Aufnahmebedingungen in Italien, August 2016, S. 52, 65). Doch kann nach Auffassung des Gerichts auch unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse nicht festgestellt werden, dass alleinstehende Frauen ohne gravierende gesundheitliche Einschränkungen bei einer Rückkehr nach Italien mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 4 EU-Grundrechtecharta und Artikel 3 EMRK ausgesetzt und daher generell besonders schutzbedürftig sind.

Weiterhin liegen auch keine außergewöhnlichen Umstände vor, welche die Antragsgegnerin veranlassen würden bzw. müssten, von ihrem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO Gebrauch zu machen.

c) Die Feststellung der Antragsgegnerin, dass im Falle der Antragstellerin keine zielstaats- oder inlandsbezogenen Abschiebungsverbote bestehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Antragstellerin schon nichts vorgetragen. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte für zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG oder inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse im Sinne des § 60a Abs. 2 AufenthG ersichtlich.

Die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien ist somit sowohl tatsächlich möglich als auch rechtlich zulässig, weshalb das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung der sofortigen Vollziehung überwiegt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

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Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 22. Sept. 2016 - 13 A 2448/15.A

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Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist hinsichtli

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - A 11 S 1721/13

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.Die Revisio

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz hat nur in den Fällen des § 38 Absatz 1 sowie des § 73b Absatz 7 Satz 1 aufschiebende Wirkung. Die Klage gegen Maßnahmen des Verwaltungszwangs (§ 73b Absatz 5) hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Die Klage gegen Entscheidungen des Bundesamtes, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft widerrufen oder zurückgenommen worden ist, hat in folgenden Fällen keine aufschiebende Wirkung:

1.
bei Widerruf oder Rücknahme wegen des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder des § 3 Absatz 2,
2.
bei Widerruf oder Rücknahme, weil das Bundesamt nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen hat.
Dies gilt entsprechend bei Klagen gegen den Widerruf oder die Rücknahme der Gewährung subsidiären Schutzes wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Absatz 2. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1985 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört zu den Punjabi. Er verließ nach seinen Angaben Pakistan am 25.02.2012 und kam am 26.03.2012 nach Italien, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 03.06.2012 reiste er nach seinen Angaben auf dem Landweg über die Schweiz oder Frankreich nach Deutschland.
Am 18.06.2012 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte daraufhin am 18.10.2012 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Am 30.11.2012 erfolgte die Zustimmung Italiens zur Rücküberstellung des Klägers.
Mit Bescheid vom 03.12.2012 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten; jedenfalls wurde der Bescheid mit einem Begleitschreiben vom 15.01.2013 zur Post gegeben. Die für den 31.01.2013 vorgesehene Überstellung nach Italien konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger nicht angetroffen wurde.
Am 28.01.2013 erhob der Kläger Klage und machte geltend, eine Abschiebung nach Italien sei nicht zulässig. Er habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt. Auch bestehe die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Italien. Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
Mit Beschluss vom 14.03.2013 (A 12 K 332/13) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 03.12.2012 enthaltene Abschiebungsanordnung an und gab der Beklagten auf, dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mitzuteilen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 17.06.2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 03.12.2012 auf und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland auf den ausdrücklichen Antrag des Klägers, sein Asylverfahren fortzuführen. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei Italien der zuständige Mitgliedstaat. Allerdings leide das Asylsystem Italiens unter sog. systemischen Mängeln im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sodass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse.
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beklagten ließ der Senat durch Beschluss vom 14.08.2013 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
Am 05.09.2013 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet: Zunächst sei davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnung keine subjektiven Rechte der Asylbewerber begründe. Im Übrigen gelte nach der Rechtsprechung des EuGH eine generelle Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolge. Dass in Bezug auf Italien ernsthaft und erwiesenermaßen zu befürchten sei, dass systemische Mängel zwangsläufig mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung der überstellten Asylbewerber einhergingen, könne nicht eingewandt werden. Nach den vorliegenden Quellen, insbesondere von UNHCR, seien derartige Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.06.2013 - A 12 K 331/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Drittstaat) eingereist ist, kann sich nicht auf Artikel 16a Abs. 1 des Grundgesetzes berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Ausländer im Zeitpunkt seiner Einreise in den sicheren Drittstaat im Besitz eines Aufenthaltstitels für die Bundesrepublik Deutschland war,
2.
die Bundesrepublik Deutschland auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages mit dem sicheren Drittstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist oder
3.
der Ausländer auf Grund einer Anordnung nach § 18 Abs. 4 Nr. 2 nicht zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden ist.

(2) Sichere Drittstaaten sind außer den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die in Anlage I bezeichneten Staaten.

(3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, dass ein in Anlage I bezeichneter Staat nicht mehr als sicherer Drittstaat gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind. Die Verordnung tritt spätestens sechs Monate nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Abschiebungsanordnung nach Italien.

Der am ... 1994 in ... (Gambia) geborene Antragsteller ist gambischer Staatsangehöriger mit Volkszugehörigkeit der Fulla und muslimischem Glauben.

Seinen Angaben zufolge reiste der Antragsteller am 29. Oktober 2017 erstmalig in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er unter dem 12. Dezember 2017 einen förmlichen Asylantrag stellte.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für ... (im Folgenden: Bundesamt) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) vor. Für den Antragsteller liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 mit der Kennung „...“ vor. Danach ist der Antragsteller am 17. Juni 2017 illegal nach Italien eingereist.

Das Bundesamt richtete am 14. Dezember 2017 ein Übernahmeersuchen an Italien. Dieses blieb im Folgenden unbeantwortet.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15. Februar 2018 wurde der Antrag des Antragstellers auf Asylanerkennung als unzulässig abgelehnt (Nr. 1 des Bescheids). Nr. 2 bestimmt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) im Falle des Antragstellers nicht vorliegen. In Nr. 3 wird gegenüber dem Antragsteller die Abschiebung nach Italien angeordnet. Nr. 4 setzt das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung fest.

In den Gründen des Bescheides ist ausgeführt, dass der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) unzulässig sei, da Italien auf Grund der illegalen Einreise gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Daher werde der Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht materiell geprüft. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Italien als zuständiger Mitgliedsstaat innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmeersuchens durch Italien oder der endgültigen negativen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder einer Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung habe, durchzuführen (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach den Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Eine Abschiebung sei gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundrechte (EMRK) ergebe. In Betracht komme dabei in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK und damit die Prüfung, ob im Falle einer Abschiebung der Betroffene tatsächlich Gefahr liefe, einer dieser absoluten Schutznorm widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Einer Dublin-Überstellung stünden einzig außergewöhnliche schwerwiegende humanitäre Gründe entgegen. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien führten nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfüge, welches trotz nach wie vor bestehender Mängel des Aufnahmeverfahrens prinzipiell funktionsfähig sei. Während des Asylverfahrens hätten Asylbewerber Anspruch auf Unterbringung, Verpflegung, Rechtsberatung, medizinische Versorgung, psychologische Hilfe und auf einen Dolmetscher. Ebenso bestehe ein Recht auf Kleidung und Hygieneartikel zum persönlichen Gebrauch. Wenn ein Asylverfahren nach sechs Monaten nicht abgeschlossen sei, hätten die Asylbewerber ein Recht zu arbeiten. Der Antragsteller habe nicht substantiiert vorgetragen, dass ihm im Falle einer Abschiebung nach Italien eine individuell-konkrete erhebliche Gefahr in dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten Maße drohe. Der Antragsteller habe in seinem Vortrag nicht substantiiert dargelegt, inwiefern ihm in Italien eine individuelle Gefahr drohe. Der Antragsteller habe im Wesentlichen vorgebracht, dass er nicht nach Italien überstellt werden wolle, da er dort viele Probleme gehabt habe. Sein Zielland sei von Anfang an Deutschland gewesen. In Italien habe man ihn aus dem Camp für Flüchtlinge geworfen. Darüber hinaus habe er Schmerzen an der linken Hüfte. Diese habe er bereits in Afrika gehabt. Ein Attest bezüglich dieser Beschwerden sei nicht vorgelegt worden. Bezüglich der medizinischen Beschwerden sei der Antragsteller im Bedarfsfalle auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Die vorgetragenen medizinischen Beschwerden des Antragstellers (Schmerzen in der Hüfte) seien nicht als lebensbedrohlich und als nicht so schwerwiegend zu beurteilen. Eine Reiseunfähigkeit liege ebenfalls nicht vor. Es sei zu erwarten, dass bei dem Antragsteller durch eine Abschiebung nach Italien keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes eintreten werde und dass es für ihn möglich sein werde, in Italien eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, von dem Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse seien nicht geltend gemacht worden. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf sechs Monate sei im vorliegenden Fall angemessen.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Bundesamtes vom 15. Februar 2018 wird ergänzend verwiesen.

Der Antragsteller hat gegen den vorbezeichneten Bescheid am 23. Februar 2018 Klage zur Niederschrift beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Bescheid des Bundesamtes für ... vom 15. Februar 2018 (Gz.: ...) aufzuheben (Az. Au 5 K 18.50328). Über diese Klage ist noch nicht entschieden worden.

Ebenfalls am 23. Februar 2018 hat der Antragsteller im Wege vorläufigen Rechtsschutzes beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: Au 5 K 18.50328) anzuordnen.

Zur Begründung wurde auf den Asylantrag vom 26. Januar 2018 Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat dem Gericht die einschlägige Verfahrensakte vorgelegt; ein Antrag wurde nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verfahrensakte Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

a) Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für den gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder jene, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, da er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Ein Abweichen von diesen allgemeinen Grundsätzen der Entscheidungsfindung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist vorliegend nicht geboten. Insbesondere ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nicht erst bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes geboten, wie dies in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags als unbeachtlich oder offensichtlich unbegründet gemäß der gesetzlichen Anordnung in § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Fall ist. Diese Modifizierung des Prüfungsmaßstabs im Eilrechtsschutzverfahren hat der Gesetzgeber nicht auf Rechtsschutzverfahren gegen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG erlassene Abschiebungsanordnungen ausgedehnt, so dass es hier bei den allgemeinen Grundsätzen verbleibt (vgl. zum Ganzen: VG Augsburg, B.v. 26.1.2015 – Au 7 S 15.50015 – juris Rn. 15 m.w.N.).

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG kommt es für den vorliegenden Beschluss im Eilverfahren, der ohne mündliche Verhandlung ergeht, maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung an.

b) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze überwiegt vorliegend das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das private Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage wird die vom Antragsteller erhobene Klage (Az. Au 5 K 18.50328) voraussichtlich ohne Erfolg bleiben.

aa) Die unter Nr. 1 des gegenständlichen Bescheids getroffene Ablehnung des Asylantrages des Antragstellers als unzulässig ist bei summarischer Prüfung rechtlich nicht zu beanstanden.

Ein Asylantrag ist gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, da die Republik Italien aufgrund von dessen illegaler Einreise gemäß Art. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) für die Entscheidung über den Asylantrag des Antragstellers zuständig ist.

(1) Maßgeblich für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats zur Prüfung des Asylantrags ist im gegebenen Fall die Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutzes zuständig ist (Dublin III-VO), die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Abs. 1 Dublin-III-VO). Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO findet diese Verordnung auf Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten (mithin ab 1. Januar 2014) gestellt werden und gilt ab diesem Zeitpunkt – ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung – für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 17.6.2014 – 10 C 7/13 – juris Rn. 27). Vorliegend sind sowohl der gegenständliche Asylantrag und damit auch der Antrag auf internationalen Schutz i.S.v. Art. 2 lit. b Dublin III-VO (12. Dezember 2017) als auch das Aufnahmegesuch an die Republik Italien (14. Dezember 2017) nach dem vorgenannten Stichtag gestellt worden.

(2) Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO prüfen die Mitgliedstaaten jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist in Fällen, in denen ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze illegal überschreitet, dieser Mitgliedstaat – hier Italien – für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag gestellt worden ist, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO wird bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO ist, wenn sich anhand der Kriterien der Dublin-III-VO der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen lässt, der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Hier hat sich der Antragsteller nach seinem eigenen Vorbringen zunächst in Italien aufgehalten. Für den Antragsteller liegt ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 in Bezug auf Italien vor. Zutreffend hat die Antragsgegnerin daher am 14. Dezember 2017 ein Übernahmeersuchen an die Republik Italien gerichtet, welches im Folgenden unbeantwortet geblieben ist. Damit ist nach Art. 22 Abs. 1 und Abs. 7 Dublin III-VO die Zuständigkeit zur Behandlung des Asylantrages des Antragstellers mit Ablauf des 14. Februar 2018 auf die Republik Italien übergegangen. Auch die Frist aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO, nach der die Zuständigkeit (Italiens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts endet, ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht abgelaufen.

Gründe dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland als Antragsgegnerin gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers im Wege des Selbsteintrittsrechts übernehmen und das Ermessen der Antragsgegnerin insoweit auf Null reduziert sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

bb) Die Abschiebungsanordnung nach Italien in Nr. 3 des Bescheides begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

(1) Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 AsylG. Hiernach ordnet das Bundesamt bei – wie hier – beabsichtigter Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 AsylG) die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamts zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

(2) Die Abschiebung des Antragstellers in die Republik Italien ist grundsätzlich auch rechtlich möglich.

Nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO kann es sich als unmöglich erweisen, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, soweit es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 der EU–Grundrechtecharta – GR-Charta – mit sich bringen (vgl. hierzu EuGH vom 21.12.2011, Rs. C-411/10 u.a., juris; vom 14.11.2013, Rs. C-4/11, juris; vom 10.12.2013, Rs. C-394/12, juris). Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen einschlägige EU-Richtlinien genügen somit, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln; nur soweit das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht, ist eine Überstellung mit Art. 4 GR-Charta unvereinbar (BVerwG vom 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Leitsatz und Rn. 6).

Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze ist festzustellen, dass im Fall des Antragstellers eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bei Rücküberstellung in die Republik Italien – bei der es sich als Mitglied der Europäischen Union bereits kraft Gesetzes um einen sicheren Drittstaat i.S.v. Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 26 a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG handelt – nicht ernsthaft zu befürchten ist. Systemische Mängel im italienischen Asylverfahren hat der Antragsteller bereits nicht aufzeigt. Solche sind auch für das Gericht nicht erkennbar. In dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt ist nicht zu erkennen, dass die Verhältnisse in Italien hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, das der Antragsteller dort mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein würden (vgl. dazu ausführlich OVG NRW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2238/15.A – juris).

Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 17.9.2014, u.a. – 2 BvR 1795/14 – juris) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Entscheidung der Großen Kammer v. 4.11.2014, Tarakhel, Nr. 29217/12) geben für den Fall des volljährigen, alleinstehenden Antragstellers, der nicht zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, nichts her. Systemische Mängel in Italien werden in diesen Entscheidungen gerade nicht festgestellt. Beide Gerichte haben vielmehr unter Hervorhebung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Neugeborenen und Kleinstkindern die Auffassung vertreten, eine Überstellung nach Italien bedürfe einer vorherigen Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden, dass die jeweils betroffenen Asylsuchenden in Italien in einer der besonderen Situation von Kindern gerecht werdenden Einrichtung gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht werden. Diese Entscheidungen, selbst wenn man etwa die Entscheidung des EGMR als Hinweis auf einen systembedingten Mangel der Aufnahmebedingungen in Italien für eine bestimmte Personengruppe verstehen wollte, treffen für den Fall des Antragstellers indes keine Aussage. Sowohl aus der Entscheidung des EGMR vom 4. November 2014 (a.a.O.) als auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014 (a.a.O.) ergibt sich nicht, dass der Antragsteller als alleinstehender Mann zu dem besonders schutzbedürftigen Personenkreis gehört, bei dem Einschränkungen bei der Abschiebung nach Italien zu beachten sind. Die Einschränkungen betreffen Familien mit Neugeborenen und Kleinstkindern. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. gegen Niederlande (Nr. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des Dublin-Verfahrens zu verbieten. Die Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts an den EuGH (B.v. 27.6.2017 – 1 C 26.16) betrifft die Situation anerkannter Flüchtlinge in Italien. Diese ist mit der Lage von Antragstellern, die sich noch im Asylverfahren befinden, nicht zu vergleichen. Wie ausgeführt, beachtet Italien die grundlegenden Verfahrensgarantien, die an ein Asylverfahren zu stellen sind ebenso wie die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber. Wie auch aus anderen europäischen Ländern bekannt ist, unterscheidet sich die Situation von Personen im laufenden Asylverfahren häufig grundlegend von der Lage anerkannter Flüchtlinge. Aus der Entscheidung des EuGH zu den vom Bundesverwaltungsgericht aufgeworfenen Fragen sind demnach keine entscheidungserheblichen Erkenntnisse für das vorliegende Dublin-Verfahren zu erwarten.

Nichts anderes folgt aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 – 16 A 1757/15 As SN – juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom (OVG NRW, a.a.O.). Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich v. 2.8.2016 und v. 29.9.2016). Aus dem Bericht folgt, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet. Dies gilt auch für die Not- und Grundversorgung von illegal sich in Italien aufhaltenden Personen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien bei Bedarf auch Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat (s. hierzu auch VG München, B.v. 8.3.2017 – M 8 S 16.50874 – juris Rn. 32). Grundsätzlich erhalten auch Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung. Sofern sie einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt. Zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden. Aktuelle Erkenntnisse diesbezüglich liegen den neueren Entscheidungen zugrunde (vgl. jeweils m.w.N. VG Osnabrück, B.v. 8.8.2017 – 5 B 212/17 – juris; VG München, B.v. 12.7.2017 – M 9 S 17.51545 – juris; B.v. 11.7.2017 – M 9 S 17.51549 – juris; VG Cottbus, B.v. 12.7.2017 – 5 L 442/17.A – juris; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.; U.v. 7.7.2016 – 13 A 2302/15.A – juris Rn. 41; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 – 11 LB 248/14 – DÖV 2015, 807). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrages in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Entwicklung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedsstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 3 EMRK oder Art. 4 GR-Charta mit dem dafür notwendigen Schwergrad nahe lägen (vgl. OVG NRW, U.v. 18.7.2016 – 13 A 1859/14.A – juris Rn. 41 ff.). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Aus diesen Gründen bestand für die Antragsgegnerin auch keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben.

Auch die gegenwärtige hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien wird erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann nicht ausgegangen werden. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. auch VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S 17.50821 – juris, sowie BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Italien, v. 30.11.2017, S. 6 ff., 12 ff.). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich demnach auch nicht mit Blick auf die Situation des Antragstellers annehmen. Vielmehr geht das Gericht von einer hinreichenden Unterbringungs- und Versorgungsmöglichkeit in Italien aus.

Konkret sind des Weiteren keine gewichtigen Erkrankungen ersichtlich bzw. vorgebracht. Es ist nicht erforderlich, dass eine eventuell erforderliche medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Probleme (Hüftschmerzen) eine längerfristige ärztliche Behandlung erfordern würden und diese in Italien für den Antragsteller nicht erreichbar wäre. Aussagekräftige ärztliche Atteste hat der Antragsteller im Verfahren nicht vorgelegt.

Zudem verfügt Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge, wobei Asylsuchende sowie international Schutzberechtigte mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung gleichgestellt sind (vgl. VG München, B.v. 2.5.2017 – M 9 S 17.50821 – juris m.w.N.). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass in Italien allgemein ein hoher medizinischer Standard gewährleistet ist (vgl. zum Ganzen: VG München, B.v. 11.7.2017 – M 9 S 17.51549 – juris; Gb. v. 4.7.2017 – M 9 K 17.50585 – juris; VG Freiburg, U.v. 4.2.2016 – A 6 K 1356/15 – juris; jeweils m.w.N.).

(3) Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die die Antragsgegnerin selbst zu berücksichtigen hätte, sind nicht ersichtlich. Diesbezüglich fehlt jeglicher Vortrag des Antragstellers.

Somit ist die Abschiebung des Antragstellers nach Italien rechtlich zulässig und möglich.

cc) Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) stellt sich ebenfalls als voraussichtlich rechtmäßig dar. Einwände hiergegen hat der Antragsteller nicht erhoben. Nach Ansicht des Gerichts ist die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Monate angemessen (§ 11 Abs. 2 AufenthG). Die Befristung hält sich innerhalb des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG eröffneten gesetzlichen Rahmens von bis zu fünf Jahren. Das nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eröffnete Ermessen wurde erkannt und ermessensfehlerfrei ausgeübt.

3. Nachdem die Klage in der Hauptsache voraussichtlich erfolglos bleiben wird, überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes vom 15. Februar 2018, so dass die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage abzulehnen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren unterlegen hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.

Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller, nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am 4. Februar 2018 in die Bundesrepublik Deutschland ein, äußerte am 6. Februar 2018 ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) durch behördliche Mitteilung am 6. Februar 2018 schriftlich Kenntnis erlangte und stellte am 9. März 2018 einen förmlichen Asylantrag.

Eine EURODAC-Recherche ergab einen Treffer der Kategorie 1 für Italien (IT1..., Antragstellung 08.01.2015 in Taranto, s. Bl. 5 der Behördenakte) sowie einen Treffer der Kategorie 1 für die Schweiz (CH1..., Antragstellung 23.10.2017 in Vallorbe, s. Bl. 5 der Behördenakte). Am 14. März 2018 wurde vom Bundesamt ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet, das nicht beantwortet wurde. Aufgrund von Problemen mit DublinNet Italien wurde zunächst keine Empfangsbestätigung erhalten. Mit E-Mail vom 28. März 2018 wurde der Erhalt des Übernahmeersuchens durch Italien bestätigt (vgl. verspäteter Empfangsnachweis, Bl. 82 ff. der Behördenakte).

Bei der Erstbefragung durch die Regierung ... am 22. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei nicht verheiratet, habe keine Kinder und auch sonst keine Verwandten in Deutschland oder Europa. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt und Fingerabrücke abgegeben. Sein Asylantrag sei positiv verbeschieden worden. Seine Permesso di Soggiorno habe er auf dem Weg in die Schweiz verloren. In der Schweiz habe er auch Asyl beantragt. Sein Antrag dort sei negativ verbeschieden worden.

Bei der Anhörung vor dem Bundesamt zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und zur Zulässigkeit des Asylantrags am 9. März 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 12. September 2014 von Libyen nach Italien eingereist, habe dort mindestens drei Jahre gelebt und sei dann in die Schweiz gereist und habe dort drei Monate gelebt. Bei der Einreise in Italien und der Schweiz habe er jeweils internationalen Schutz beantragt. Er habe keine Familienangehörigen in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat.

Bei den Anhörungen zur Zulässigkeit des Asylantrags und nach § 25 AsylG am 11. April 2018 gab der Antragsteller an, er habe sowohl in der Schweiz als auch in Italien eine Anhörung gehabt. In Italien habe er einen positiven Bescheid bekommen, in der Schweiz einen negativen. Die entsprechenden Bescheide habe er nicht. In Deutschland stelle er deshalb einen Asylantrag, weil er seine Dokumente und Papiere in Italien verloren habe. Außerdem er krank, er brauche medizinische Versorgung, die er in Italien nicht bekommen habe. Er habe Italien verlassen, weil er seine Papiere verloren habe. Wegen seiner Erkrankung sei er bei vier verschiedenen Krankenhäusern gewesen, die ihm alle nicht haben helfen können. Nach Italien könne er nicht zurück, weil er keine Papiere habe. In der Schweiz habe er ohnehin keinen Asylantrag stellen wollen. Er habe nur nach Deutschland kommen wollen. Als er in der Schweiz aufgegriffen worden sei, sei er vor die Wahl gestellt worden, entweder zurück nach Italien, wohin er nicht habe zurückgehen können oder in der Schweiz einen Asylantrag zu stellen. Sein Reiseziel sei aber Deutschland gewesen. Er sei auf dem linken Ohr taub. Er habe dies auf der Flucht bekommen. In ärztlicher Behandlung befinde er sich deswegen nicht. Er habe Atteste, aber diese seien in Italien. Er habe Medikamente bekommen, aber nicht ausreichend. Die Medikamente habe er in Italien bekommen. Er wolle in keinen anderen Staat in Europa überstellt werden. Er möchte nur in Deutschland bleiben, er glaube, dass er nur in Deutschland die nötige Unterstützung bekomme. Er habe keine Familienmitglieder in Deutschland und in ganz Europa nicht.

Mit Bescheid vom 13. April 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da Italien auf Grund des dort gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass der Antragsteller entgegen der bisherigen Erkenntnislage bereits in einem anderen europäischen Staat internationalen Schutz erhalten habe und deshalb die Dublin-III-Verordnung keine Anwendung finden könne, bleibe es gleichwohl bei der Unzulässigkeit des Asylantrags. Die weitere Unzulässigkeit könne auch auf dem erfolglosen Abschluss des früheren Asylverfahrens beruhen, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht vorlägen. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG lägen nicht vor. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Italien würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung des Antragstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK oder Art. 4 EUGrundrechtscharta vorliege. Im Folgenden wurde detailliert näher dargelegt, warum im italienischen Asylsystem keine systemischen Mängel bestünden. Hinsichtlich der vorgebrachten medizinischen Beschwerden sei der Antragsteller im Bedarfsfall auf das italienische Gesundheitssystem zu verweisen. Der Antragsteller habe in seinem Vortrag in keiner Weise darlegen können, inwiefern die angegebene gesundheitliche Beschwerde eine erhebliche konkrete Gefahr für ihn darstelle. Darüber hinaus befinde er sich nach Kenntnislage des Bundesamts in keiner längerfristigen ärztlichen Behandlung in Deutschland. Die angegebenen medizinischen Beschwerden seien als nicht lebensbedrohlich und nicht so schwerwiegend zu beurteilen, als dass sie eine Reiseunfähigkeit begründen würden. Es sei zu erwarten, dass durch die Abschiebung keine wesentliche Verschlechterung seines Gesundheitszustands eintreten werde und dass es für ihn möglich sein werde, in Italien eine eventuell notwendige medizinische Behandlung zu erhalten. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller von einer medizinischen Versorgung in Italien grundsätzlich ausgeschlossen sei. Der Abschiebung stünden auch keine weiteren inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO veranlassen könnten, seien nicht ersichtlich.

Der Antragsteller hat am 26. April 2018 Klage erhoben (M 11 K 18.51150) und gleichzeitig beantragt,

hinsichtlich der Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des Bescheids vom 13.04.2018, Az.: ... die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Zur Begründung nahm der Antragsteller auf seine Angaben beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Bezug. Im Falle einer Rückkehr nach Italien befürchte er, obdachlos auf der Straße seinen Lebensunterhalt mit Betteln bestreiten zu müssen. Er wisse nicht, wohin er sich in Italien sonst wenden könnte, um Unterstützung zu erhalten, da von den Behörden keine Unterstützung zu erwarten sei.

Das Bundesamt hat die Akten in elektronischer Form vorgelegt, sich inhaltlich jedoch nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in diesem und im zugehörigen Klageverfahren sowie die Behördenakte verwiesen.

II.

Der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hinsichtlich der nach § 75 AsylG kraft Gesetzes sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung ist zulässig aber unbegründet.

Entfaltet ein Rechtsbehelf von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Dabei sind insbesondere die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Eilverfahren gebotene summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Entsprechend diesem Maßstab ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht veranlasst, da die Klage in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Der angefochtene Bescheid erweist sich nach Aktenlage voraussichtlich als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der VO 604/2013 (im Folgenden: Dublin III-VO). Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Mitgliedsstaat bestimmt wird. Die Kriterien finden in der in Kapitel III genannten Rangfolge (Art. 7 ff. Dublin-III-VO) Anwendung. Lässt sich anhand der Kriterien der Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Daneben bestimmt die Dublin-III-Verordnung in Kapitel V (Art. 18 ff. Dublin-III-Verordnung) Pflichten der zuständigen Mitgliedstaaten, deren Verletzung zu einem Übergang von Zuständigkeiten führen kann.

Der Antragsteller ist entsprechend seinem Vortrag von Libyen kommend nach Italien eingereist, so dass nach Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO Italien für seinen dort ausweislich des erzielten EURODAC-Treffers am 8. Januar 2015 gestellten Asylantrag zuständig ist. Im Übrigen wurde dort jedenfalls der zeitlich frühere Asylantrag gestellt, so dass sich die Zuständigkeit Italiens auch aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO ergeben würde. Zudem hat Italien das gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO rechtzeitig gestellte Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 1 Dublin III-VO (Empfangsnachweis am 28.03.2018, vgl. Akte Bl. 82 ff.) nicht beantwortet und wäre somit auch im Hinblick auf die sekundären Zuständigkeitskriterien nach Art. 18 ff. Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrags zuständig. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass einem nicht fristgerecht beantworteten Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 2 Dublin-III-Verordnung die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und den gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen oder die Prüfung abzuschließen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller in Italien tatsächlich internationalen Schutz erhalten hat, bestehen nicht. Der Vortrag des Antragstellers, sein Asylantrag in Italien sei positiv verbeschieden worden, ist unsubstantiiert und reicht daher nicht aus, um von der Zuerkennung internationalen Schutzes in Italien ausgehen zu können. Dies folgt zum einen daraus, dass der Antragsteller keinerlei Nachweise diesbezüglich vorlegen konnte. Sein Vortrag er habe seine italienischen Dokumente verloren ist zum einen pauschal, vage und oberflächlich. Zum anderen ist der Vortrag des Antragstellers auch in sich widersprüchlich. So gab der Antragsteller im Rahmen der Befragung bei der Regierung ... am 22. März 2018 an, er habe seine Permesso di Soggiorno auf dem Weg in die Schweiz verloren. Im Rahmen der Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 11. April 2018 gab er hingegen an, er habe seine Papiere in Italien verloren und habe Italien verlassen, da er seine Papiere verloren habe, mithin habe er Italien gerade deshalb verlassen, da er seine Papiere verloren habe. Schließlich ist, ungeachtet der Tatsachen, dass der Antragsteller keine Nachweise bzgl. einer Zuerkennung internationalen Schutzes vorlegen konnte und seine Erklärungen hierzu unglaubhaft sind, der Inhalt seines Vortrags hinsichtlich der Schutzgewährung selbst bereits unbsubstantiiert, vage und oberflächlich ist. So trug der Antragsteller stets lediglich pauschal vor, sein Asylantrag in Italien sei positiv verschieden worden. Hingegen hat er schon keinerlei Angaben dazu gemacht, welche Art von Schutz er erhalten hat, für welchen Zeitraum er eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat und welche übrigen Dokumente er außerdem erhalten hat. Aufgrund all dessen ist nicht glaubhaft gemacht, dass dem Antragsteller in Italien internationaler Schutz zuerkannt worden ist. Zwar findet sich hierzu im Bescheid keine ausdrückliche Begründung, was grundsätzlich einen Fehler in der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids darstellt. Unabhängig von der Heilungsmöglichkeit des § 45 VwVfG, wäre ein diesbezüglicher Begründungsfehler aber wohl bereits nach § 46 VwVfG unbeachtlich, da in der Sache keine andere Entscheidung ergehen könnte, da die Tatsache der Schutzgewährung in einem anderen Mitgliedstaat gerichtlich voll überprüfbar ist und dem Bundesamt diesbezüglich gerade kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Im Übrigen wären in Bezug auf die Würdigung dieser Rechtsfrage höchstens einfache, aber keine für den Erfolg des Eilverfahrens erforderlichen ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids gegeben.

Die Zuständigkeit liegt auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO bei der Antragsgegnerin (oder einem anderen Mitgliedsstaat), weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GrCh) ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 – juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedsstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedsstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedsstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. zur Dublin-II-VO BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris Ls. und Rn. 9).

Entsprechend diesem Maßstab ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein noch. Das Gericht schließt sich zur Situation im Hinblick auf das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte an (vgl. aktuell OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris Rn. 39 ff.; OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris Rn. 72 ff.; OVG NW, U.v. 21.6.2016 – 13 A 1896/14.A – juris Rn. 47 ff.), die auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte steht (vgl. EGMR, U.v. 13.1.2015 - Nr. 51428/10; U.v. 30.6.2015 - Nr. 39350/13).

Der Antragsteller hat keine individuelle Gefährdung substantiiert geltend gemacht.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind nicht ersichtlich.

Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse, die über die bereits im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens relevanten Umstände hinausgehen, sind nicht ersichtlich. Insofern wird zunächst gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die Begründung des angefochtenen Bescheids verwiesen.

Ergänzend dazu wird klargestellt, dass die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Probleme weder zu einem inlands- noch einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis führen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U. v. 11. 12. 2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 26 m. w. N.). Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind für Asylbewerber kostenfrei (VG Düsseldorf, B. v. 13. 07. 2015 - 13 K 6850/14.A - juris). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Bei fehlendem Wohnsitz genügt die Angabe einer virtuellen Adresse bei einer Nichtregierungsorganisation. Insbesondere die Caritas bietet Sammeladressen auch für Personen an, die keinen festen Wohnsitz haben, diesen jedoch unter anderem für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert die Not- und Grundversorgung sogar von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B. v. 19.9.2015 - Au 7 S 15.50412 - juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B. v. 5.11. 2014 - M 18 S 14.50356 - juris). Daher ist davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hätte. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass sich der Asylsuchende grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen muss, selbst wenn dieser - wofür vorliegend allerdings nichts spricht - dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte (vgl. VG Köln, U. v. 11.05.2015 - 14 K 799/15.A - juris Rn. 37). Zudem trägt der Antragsteller auch nichts weiter vor, das für eine Reiseunfähigkeit oder eine Lebensgefahr sprechen würde. Sein pauschaler Vortrag er sei auf dem linken Ohr taub und brauche daher medizinische Versorgung lässt in keinster Weise erkennen, weshalb er reiseunfähig sein oder sich sein Zustand in Italien verschlechtern solle. Der Antragsteller hat noch nicht einmal vorgetragen, dass er über Taubheit auf einem Ohr hinaus unter Schmerzen o.ä. leide. Zudem befindet er sich aktuell nicht in ärztlicher Behandlung, sodass bereits allein deshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass seine Beschwerden die für ein inlands- oder zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis erforderliche Erheblichkeitsschwelle erreichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die drohende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. „Dublin Verfahrens“.

Der 1995 geborene Antragsteller ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Nigerias. Er reiste nach seinen Angaben in der Anhörung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (i.F.: Dublin III-VO) vom 18. Juni 2018 am 10. April 2018 von Italien kommend in das Bundesgebiet ein und beantragte am 18. Juni 2018 förmlich beim Bundesamt Asyl.

Eine Eurodac-Recherche am 10. April 2018 ergab neben einem Eurodac-Treffer der Kategorie 2 für Italien (IT2…) auch einen Eurodac-Treffer der Kategorie 1 (IT1…). Daraufhin wurde am 29. Mai 2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet. Mit Schreiben vom 11. Juni 2018 erklärten die italienischen Behörden ihr Einverständnis mit der Rückübernahme des Antragstellers.

Bei seinen Anhörungen vor dem Bundesamt am 18. Juni und 4. Juli 2018 gab der Antragsteller an, er sei am 5. März 2017 in Italien eingereist und habe etwa ein Jahr und einen Monat in Turin gelebt. Er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, sei aber hierzu noch nicht angehört worden. In Italien habe er unter Bluthochdruck gelitten, sei aber nicht behandelt worden. Deshalb wolle er nicht dorthin zurück. Nun sei er in ärztlicher Behandlung, die Einnahme von Medikamenten sei aber nicht erforderlich.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2018 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziff. 3) und befristete das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4).

Hiergegen erhob der Antragsteller am 17. Juli 2018 Klage. Zugleich beantragt er im gegenständlichen Verfahren:

Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung nach Italien wird die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) angeordnet.

Zur Begründung führt er aus, er leide unter einer chronischen Hepatitis B-Infektion. Da die Versorgung von Asylbewerbern in Italien unzureichend sei, sei eine Rückkehr dorthin nicht zumutbar.

Vorgelegt wurde ein Bericht des Gesundheitsamts vom 14. Juni 2018 über eine Laboruntersuchung, die eine chronische und potenziell ansteckende Hepatitis B-Infektion ergab. Inwieweit eine ärztliche Behandlung erforderlich sei, hänge von etwaigen Beschwerden des Patienten und von zusätzlichen Tests ab, die vom Hausarzt durchzuführen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte.

II.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier aufgrund des § 75 Abs. 1 AsylG einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung, bei der es abzuwägen hat zwischen dem sich aus § 75 AsylG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfes. Ein gewichtiges Indiz ist dabei die Erfolgsaussicht des Hauptsacheverfahrens. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, hat das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurückzutreten. Erweist sich dagegen der Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung, bei der jedoch die gesetzgeberische Entscheidung, die aufschiebende Wirkung einer Klage auszuschließen, zu berücksichtigen ist.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe geht die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 S. 1 AsylG) sind die Erfolgsaussichten seiner Klage gegen die Abschiebungsanordnung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamts als gering anzusehen. Die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung erweist sich mit hoher Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig.

Die Abschiebungsanordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt u.a. dann, wenn der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Überprüfung gegeben. Danach ist Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat (nachfolgend unter a.) und es bestehen keine Hindernisse für die Durchführung der Abschiebung (nachfolgend unter b.).

a. Ausweislich des Eurodac-Treffers „IT1“ ist Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat. Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO).

Art. 3 Abs. 1 S. 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kap. III der Dublin-III-VO als zuständiger Mitgliedstaat bestimmt wird. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrages zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Dem Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“ zufolge hat der Antragsteller in Italien einen Asylantrag gestellt. Ausweislich des Eurodac-Trefferformulars wurde seine Asylantragstellung bereits am 19. April 2017 in Italien (Cuneo) registriert. Angesichts der Asylantragstellung steht Art. 13 abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO der Zuständigkeit Italiens nicht entgegen (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A – DVBl. 2014, 790 – juris Rn. 46 ff. zu der im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO; VG Minden, B.v. 18.2.2015 – 10 L 107/15.A – juris Rn. 22 ff.).

Des Weiteren hat das Bundesamt vor Erlass der Abschiebungsanordnung das Zustimmungsverfahren mittels seines fristgerechten Wiederaufnahmeersuchens vom 29. Mai 2018 durchgeführt. Da Italien sein Einverständnis mit der Wiederaufnahme des Antragstellers erklärt hat, ist Italien nunmehr verpflichtet, ihn wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO).

b. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden. Gründe i.S.d. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO, die der Überstellung des Antragstellers nach Italien entgegenstehen, sind nicht ersichtlich. Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und sieht von einer umfassenden Begründung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Lediglich ergänzend bzw. zusammenfassend wird folgendes ausgeführt:

Das Gemeinschaftsrecht verlangt ein Absehen von der Überstellung in den nach der Dublin-III-VO an sich zuständigen Staat, wenn diese aus rechtlichen Gründen unmöglich ist. Dies wäre der Fall, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC mit sich bringen; dann nämlich verletzt eine solche Überstellung die Pflicht zur grundrechtskonformen Auslegung und Anwendung der Dublin-III-VO. Derartige systemische Mängel, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen weder bei der Durchführung von Asylverfahren noch hinsichtlich des Aufnahmesystems in Italien festzustellen.

Das Gemeinsame Europäische Asylsystem wurde in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte beachten, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und dem Protokoll von 1967 sowie in der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH, U.v. 10.12.2013 – C-394/12 - Abdullahi/Bundesasylamt, juris Rn. 52; EuGH, U.v. 21.12.2011 − C-411/10, C-493/10 - N.S./Secretary of State for the Home Department u. a., juris Rn. 78). Nach diesem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens bzw. nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 –juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der GFK, der EMRK und der Charta der Grundrechte i.S.v. Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich (EuGH, U.v. 21.12.2011 – a.a.O., Rn. 99, 104).

Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Vermutung jedoch nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt (EuGH, U.v. 21.12.2011 – a.a.O., Rn. 81 ff). Vielmehr ist von systemischen Mängeln nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber auch im konkret zu entscheidenden Einzelfall dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.03.2014 – 10 B 6/14 – juris Rn. 6; im Anschluss hieran B.v. 06.06.2014 – 10 B 35/14 – juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben schließt sich das Gericht der Bewertung des umfangreichen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte v. 13.1.2015 (Nr. 51428/10) und v. 30.6.2015 (Nr. 39350/13); OVG SH, U.v. 4.4.2018 – 10 LB 96/17 – juris, Rn. 39 ff.; OVG NRW, U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris Rn. 54 ff.; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG Rh-Pf, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13.OVG - juris; OVG LSA, U.v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg., B.v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris; OVG Nds, B.v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; U.v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 – juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss.

Zwar hatte Italien in der Vergangenheit Kapazitätsengpässe in Bezug auf Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen. Italien hat in den letzten Jahren auf den Zustrom der Flüchtlinge reagiert und seine Kapazitäten erhöht. So ist das Aufnahmesystem in Italien innerhalb von vier Jahren von ca. 5.000 Plätzen auf ca. 120.000 Plätze angewachsen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf, S. 15). So kann auch die Europäische Flüchtlingsorganisation ECRE (= European Council on Refugees and Exiles), die die verschiedenen asylunterstützenden Organisationen der europäischen Länder bündelt, in ihrem für Italien aktualisierten Länderbericht vom 31. Dezember 2017, AIDA, S. 41 ff., sowie der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016, a.a.O, kein systematisches Versagen des italienischen Asylsystems feststellen. Ebenso sind aus weiteren aktuellen Berichten zur Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber Mängel und Defizite feststellbar (vgl. Länderreport der Menschenrechtspraxis 2017 des U.S. Departement of State v. 20.4.2018, S. 10 f., einsehbar z.B. über Asylfact; Bericht von Amnesty International „Italy 2017/2018“ v. 22.2.2018, abrufbar unter https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/italy/report-italy/ (Stand 19.6.2018); Bericht Ärzte ohne Grenzen „Out of sight“ v. 8.2.2018, abrufbar unter http://www.msf.org/en/article/out-sight-second-edition (Stand 19.6.2018), sie sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der der Antragsteller angehört, nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRC mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann nach alledem nicht angenommen werden.

Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt auch ohne Erfolg, soweit Abschiebungshindernisse zu prüfen sind. Soweit der Antragsteller vorgetragen hat, er leide unter Bluthochdruck und einer chronischen Hepatitis B-Infektion, wurde nicht glaubhaft gemacht, dass eine schwerwiegende Erkrankung vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlimmern würde (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, § 60a Abs. 2c AufenthG). Aus dem vorgelegten Befundbericht ergibt sich lediglich das Vorhandensein der Infektion; dass diese beim Antragsteller zu konkreten Beschwerden führt, die die Reisefähigkeit einschränken oder aufheben, ist nicht ersichtlich. Es liegt daher weder Reiseunfähigkeit noch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vor.

Im Übrigen kann eine medikamentöse Behandlung einer Hepatitis-Infektion auch in Italien durchgeführt werden. Die Antragsgegnerin ist gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 und 2 Dublin-III-VO verpflichtet, bei der Überstellung nach Italien diesem Staat eine Gesundheitsbescheinigung mit allen erforderlichen Daten zu übermitteln. Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem (OVG NW, U.v. 22.9.2016 – 13 A 2448/15.A – juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016 an das OVG NW, S. 6). Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) vom August 2016, S. 54 f. („Aufnahmebedingungen in Italien – Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien“, einsehbar z.B. über MILO oder Asylfact bzw. in der Gerichtsbibliothek – Dublin-Sammlung: Italien – bzw. teils frei zugänglich im Internet abrufbar); Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Das sog. ticket – der Selbstbehalt – muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt (Bericht der SFH vom August 2016, a.a.O., S. 56f.). Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (Bericht der SFH vom August 2016, a.a.O., S. 55).

Schließlich sind auch ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis oder individuelle außergewöhnliche Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO notwendig machen, nicht ersichtlich.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes war somit mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich mit ihrer Klage gegen die Ablehnung ihres Asylantrages als unzulässig und die Anordnung ihrer Überstellung nach Italien im Rahmen des „Dublin-Verfahrens“.

Der Kläger sind äthiopische Staatsangehörige, reisten am 13. Januar 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten dort am 2. Dezember 2016 ihre Asylanträge.

Nach den Erkenntnissen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) – der Abgleich der Fingerabdrücke ergab einen EURODAC-Treffer der Kategorie 2 – lagen Anhaltspunkte vor für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO).

Daraufhin wurde am 12. Januar 2017 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Italien gerichtet, das ohne Antwort bleib und damit gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO nach zwei Monaten als akzeptiert galt.

Mit Bescheid des Bundesamts vom 15. März 2017 wurden die Asylanträge als unzulässig abgelehnt (Nummer 1 des Bescheides) und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nummer 2). Unter Nummer 3 des Bescheides wurde die Abschiebung nach Italien angeordnet. Unter Nummer 4 des Bescheides wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1

Aufenthaltsgesetz (AufenthG) auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Die Kläger haben mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23. März 2017, eingegangen bei Gericht am 27. März 2017, Klage erhoben. Im weiteren Verlauf trugen die Kläger, zuletzt mit Schriftsätzen vom 17. Oktober 2017 und 16. November 2017, vor, die Überstellungsfrist von sechs Monaten sei am 13. September 2017 abgelaufen. Dem entgegnete die Beklagte, zuletzt mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2017, dass die Kläger am 9. und am 10. Mai 2017 unbekannten Aufenthalts gewesen seien, und dass deshalb unter dem 27. Juli 2017 durch Schreiben an die italienischen Behörden die Überstellungsfrist bis zum Ablauf des 13. September 2018 verlängert worden sei.

Die Kläger beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 15. März 2017 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in dem Bescheid vom 15. März 2017.

Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2018 verzichteten die Kläger auf mündliche Verhandlung, die Beklagte aufgrund allgemeiner Prozesserklärung vom 27. Juni 2017.

Der Rechtsstreit wurde mit Beschluss der Kammer vom 1. August 2018 nach Anhörung der Prozessbevollmächtigten der Kläger sowie aufgrund allgemeiner Prozesserklärung der Beklagten vom 27. Juni 2017 auf den Einzelrichter übertragen.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht entscheidet durch den Einzelrichter, dem das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 1. August 2018 übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 AsylG).

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klage wurde insbesondere fristgerecht erhoben gemäß § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG.

2. Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klage ist unbegründet, weil der Bescheid der Beklagten vom 15. März 2017 rechtmäßig ist, und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2017 (BGBl. I S. 2780) geändert worden ist.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) sind die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig (Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheides), die Feststellung, dass keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Aufenthaltsgesetz bestehen (Nummer 2) und die unter Nummer 3 angeordnete Abschiebung nach Italien rechtlich nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für die Befristungsentscheidung unter Nummer 4 des Bescheides.

Die Beklagte hat den Asylantrag der Kläger zu Recht als unzulässig abgelehnt (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylG).

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat a) nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO - oder b) aufgrund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Der Asylantrag der Kläger ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG unzulässig, weil nach zutreffender Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall Italien für die Behandlung des Asylgesuchs der Kläger zuständig ist (Art. 3 Abs. 1 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO).

Nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31 – „Dublin IIIVO“), wird der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Hier ist Italien für die Prüfung der Asylanträge zuständig.

Nachdem die italienischen Behörden auf das Aufnahmegesuch Deutschlands nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten (Art. 22 Abs. 1 Dublin III-VO) reagierten, ist gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung Italiens nach sich zieht, die Kläger aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für ihre Ankunft zu treffen.

Die Zuständigkeit Italiens ist nicht auf die Beklagte übergegangen. Ein Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte ergibt sich insbesondere nicht wegen Ablaufs der sechsmonatigen Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO.

2.1. Die (zunächst 6-monatige) Überstellungsfrist ist zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht abgelaufen. Denn die Beklagte hat von der Möglichkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 Dublin III-VO Gebrauch gemacht. Danach kann die Überstellungsfrist auf höchstens 18 Monate verlängert werden, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger hat zwar detailliert und engagiert dargelegt, dass die Kläger in einer längeren Zeitspanne, in die auch der 9. und 10. Mai 2017 fallen, gearbeitet und ihr Essen eingenommen hätten, konnte die Anwesenheit der Kläger in der ihnen zugewiesenen Unterkunft aber für den 9. und 10. Mai 2017 im Besonderen nicht beweisen. Allgemeine Arbeitsbescheinigungen für die Kläger über mehrere Monate, beim Kläger zu 1) im Übrigen erst ab dem 13. Mai 2017, sind nicht hinreichend. Essensteilnahme-Kreuzchen sind ebenso kein verwertbarer Beleg für eine Anwesenheit, ebenso wenig die Tatsache, dass die Kläger jeweils ihre Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz entgegengenommen haben (Letzteres wurde zumindest nicht dargelegt für den 9. und 10. Mai 2017). Wird aber eine Person zu einem Zeitpunkt, in der sie sich üblicherweise in der zugewiesenen Unterkunft aufhält, nicht angetroffen, so ist es aufgrund der Mitwirkungspflicht nach § 15 AsylG an ihr, plausibel darzulegen, dass sie nicht flüchtig war, indem sie konkret darlegt, „wann sie sich wo zu welchem Zweck aufgehalten hat“ (vgl. VG Minden, B.v. 16.3.2018 - 10 L 258/18.A -, juris). Daran fehlt es hier.

Der Umstand, dass die Kläger im relevanten Zeitpunkt, 9. und 10. Mai 2017, unabgemeldet abwesend gewesen waren, steht fest, wie sich aus den von der Beklagten unter dem 13. Dezember 2017 vorgelegten Unterlagen ergibt. Zumindest waren die Kläger in der Zeit vom 9. bis 10. Mai 2017 für die Behörden nicht auffindbar. Im fraglichen Zeitrahmen galt die staatliche Zuweisung an die Unterkunft, in der die Kläger nicht anwesend waren.

Unter Beachtung von Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 29 Abs. 2 Satz 2, Alt. 2 Dublin III-VO konnte die Verlängerung der Überstellungfrist durch die Beklagte erfolgen. Die Fristenregelungen der Dublin III-VO begründen zwar zweifellos nach der neuen Rechtsprechung des EuGH (U.v. 25.10.2017, Rs. C-201/16 , juris: 6-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Dublin III-VO ist drittschützend und bewirkt nach Verstreichen Zuständigkeitsübergang) subjektive Rechte des Asylbewerbers. Wenn hier die Überstellungsfrist abgelaufen wäre und der ursprünglich zuständige Mitgliedsstaat nicht mehr zur Übernahme bereit wäre, bestünde für das Asylverfahren die Zuständigkeit der Beklagten.

Die Beklagte hat aber von der Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist Gebrauch gemacht. Dabei ist dies - und das genügt mangels entgegenstehenden Unionsrechts - dadurch bewirkt und dokumentiert, dass die Beklagte den italienischen Behörden mitgeteilt hat, dass die Kläger flüchtig sind, und dass die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO bis zum 13. September 2018 verlängert wird, und zwar innerhalb des Laufs der zunächst geltenden 6-monatigen Überstellungsfrist. Die Beklagte hat Italien über die Flüchtigkeit der Kläger und die daraus folgende Unmöglichkeit der Überstellung informiert. Das Erfordernis der Information des Zielstaates vor Ablauf der Überstellungsfrist folgt aus Art. 9 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 2. September 2003 in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 der Kommission vom 30. Januar 2014 i.V.m. Art. 29 Abs. 4 Dublin III-VO. Dem hat die Beklagte mit ihrem Schreiben an die italienischen Behörden genügt. Darin liegt auch eine - jedenfalls konkludente getroffene - nach dem Wortlaut von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO („Die Frist […] kann verlängert werden […]“) erforderliche Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung (vgl. zur Notwendigkeit einer Entscheidung der Beklagten über die Fristverlängerung VG Dresden, U.v. 12.06.2015 - 7 K 2951/14.A -, juris). Nach der VO (EU) Nr. 118/2014 vom 30. Januar 2014 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 erhielt Artikel 9 Absatz 2 folgende Fassung: „(2) Ein Mitgliedstaat, der aus einem der in Artikel 29 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Gründe die Überstellung nicht innerhalb der üblichen Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Annahme des Gesuchs um Aufnahme oder Wiederaufnahme der betroffenen Person oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese aufschiebende Wirkung hat, vornehmen kann, unterrichtet den zuständigen Mitgliedstaat darüber vor Ablauf dieser Frist. Ansonsten fallen die Zuständigkeit für die Behandlung des Antrags auf internationalen Schutz bzw. die sonstigen Verpflichtungen aus der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gemäß Artikel 29 Absatz 2 der genannten Verordnung dem ersuchenden Mitgliedstaat zu.“ Einen Verwaltungsakt mit Außenwirkung gegenüber den Klägern stellt die Verlängerung der Überstellungsfrist nach einhelliger Rechtsauffassung nicht dar.

Es kann dahinstehen, ob Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-VO die Befugnis verleiht, die Höchstdauer der Verlängerung der Überstellungsfrist stets auszuschöpfen, zumal diese Frist nur einmal (aufgrund eines Fluchttatbestandes) verlängerungsfähig ist. Aus letzterem Grund ist auch aus keiner unionsrechtlichen Vorschrift die Pflicht der Beklagten zu erkennen, nach dem Wiederauftauchen der Kläger die rechtskonform verlängerte Frist zu begrenzen.

Die Kläger können sich mithin nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO von 6 Monaten abgelaufen ist. Denn ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner sonst möglichen Überstellung durch sein Nichtdasein mit bedingtem Vorsatz entzieht. Die Kläger waren am 9. und 10. Mai 2017 vollziehbar ausreisepflichtig. „Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch dem Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten“ (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 – RN 3 K 14.50264 -, juris, sowie VG Magdeburg, B.v. 11.12.2014 - 1 B 1196/14 m.w.N. -, juris).

Dies gilt insbesondere im Betrachte des § 10 Abs. 1 AsylG, über den die Kläger belehrt wurden, wonach der Asylbewerber („Ausländer“) während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen hat, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können. Ein Asylbewerber ist „flüchtig“ im Sinne von Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bei jeder Form eines unbekannten Aufenthalts, mit der er sich vorsätzlich und unentschuldigt seiner Abschiebung entzieht (BayVGH, B.v. 29.04.2016 – 11 ZB 16.50024, juris). Dieses subjektive Moment im Sinne eines dolus eventualis (Inkaufnehmens) ergibt sich aus dem Wort „flüchtig“, das eben mehr voraussetzt als nur „abwesend“ oder “nicht erreichbar“, aber die Inkaufnahme einer vergeblichen Abschiebung genügen lässt.

Eine Stellungnahme des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages bringt es auf den Punkt: „Eine Verlängerung, weil der Asylbewerber flüchtig ist, ist dann möglich, wenn ein Überstellungsverfahren bereits gescheitert oder aussichtlos ist, weil die Person ohne Verschulden der Behörden nicht auffindbar ist oder rechtmäßigen Anordnungen, ihren Aufenthaltsort mitzuteilen oder sonstigen Pflichten zur Mitwirkung an einer Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat nicht nachkommt“ (wiss. Dienst des BT, AZ: WD 3 - 3000 - 115/15, vgl. auch Hailbronner, Kommentar zum Ausländerrecht, Anm. 49 zu § 29 AsylG).

Ebenso urteilte das VG Schwerin (B.v. 24.08.2016 - 3 B 2176/16 As SN -, juris): „…hat die Antragsgegnerin am 07.06.2016 vor Ablauf der Überstellungsfrist am 10.06.2016 einen Überstellungsversuch unternommen, dem sich der Antragsteller in zurechenbarer Weise entzogen hat mit der Folge, dass er als flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO anzusehen war…Unter ‚flüchtig‘ sind alle Sachverhalte zu subsumieren, in denen der Antragsteller aus von diesem zu vertretenden Gründen für die Behörden des die Überstellung durchführen wollenden Staates nicht auffindbar ist oder sonst wie das Verfahren absichtlich behindert (Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, Stand: 01.02.2014, Art. 29 K12 m.w.N.). Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung dauerhaft verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung ‚flüchtig ist‘ knüpft nämlich an die ‚Überstellung‘ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Regensburg, U.v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264 – Rn. 54 ff., juris m.w.N.).“

Ähnlich judiziert das Verwaltungsgericht Greifswald (U.v. 16.12.2016 - 3 A 231/16 As HGW, juris sowie Gerichtsbescheid v. 31.05.2016 - 3 A 256/16 As HGW -, juris): „Flüchtig … ist eine Person dann, wenn sie über einen erheblichen Zeitraum hinweg aus von ihr zu vertretenden Gründen nicht auffindbar ist.“

Im vorliegenden Fall hatten die Kläger ihre Unauffindbarkeit (und diese nicht nur über eine kurze Zeitspanne, etwa zum Einkaufen oder Abendbummel) auch zu vertreten. Sie hatten im Übrigen nichts dazu geäußert, woraus sich ergibt, dass auch der Beklagten oder der zuständigen Ausländerbehörde bzw. der Unterkunftsleitung ihr wirklicher Aufenthaltsort am 9. und 10. Mai 2017 bekannt gewesen ist.

Es ist mangels einer Abmeldung der Kläger nicht nachvollziehbar, wann und wo sie sich während des 9. und 10. Mai 2017 aufhielten. Ein Auszug aus der Unterkunft ist aufgrund des schlüssigen Vorbringens der Prozessbevollmächtigten der Kläger samt Anlagen zwar nicht anzunehmen, aber auch nicht erforderlich zur Annahme von „Flüchtigkeit“.

Auch das Sich-Entfernen von der Unterkunft ohne Abmeldung wie hier genügt, um zu verhindern, dass die Beklagte 6 Monate ununterbrochen zur Verfügung hat, um die Abschiebung zu planen, vorzubereiten und durchzuführen.

Die hier ausgeführten Grundsätze müssen übrigens auch unabhängig davon gelten, ob ein Überstellungsversuch - wie hier nicht - konkret stattgefunden hat oder nicht. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO kommt es bei der 2. Alternative nicht darauf an, ob ein Abschiebungsversuch unternommen wurde: „Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.“ Es ist dem betreffenden abschiebewilligen Mitgliedstaat, so die ratio dieser unionsrechtlichen Vorschrift, nicht zuzumuten, mit ständigen Unwägbarkeiten zu rechnen, sondern ihm soll die 6-monatige Überstellungsfrist ununterbrochen zur Verfügung stehen (vgl. EuGH, U.v. 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - Rn. 43 ff., juris), um die Überstellung in Abstimmung mit dem zuständigen Mitgliedstaat vernünftig und für den Asylbewerber sozialverträglich zu organisieren. Dieser Wertung entspricht auch die gängige Rechtsprechung, dass durch einen Eilantrag und Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts die 6-Monatsfrist zur Überstellung unterbrochen wird. Die Überstellungsfrist beginnt mithin ab dem Zeitpunkt der Bekanntgabe eines ablehnenden Eilbeschlusses vollständig neu zu laufen (BVerwG, B.v. 27.4.2016 - 1 C 22.15 - und U.v. 26.05.2016 - 1 C15.15 -, juris; OVG NRW - B.v. 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris).

Freilich begrenzt der auch europarechtlich fundierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. statt vieler EuGH, U.v. 11.07.1989, C-265/87, Slg. 1989, 2237, zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts) die Möglichkeit der Verlängerung der Überstellungsfrist: ist der Ausländer nur für eine unerheblich kurze Zeit oder unverschuldet unangemeldet unauffindbar (Einkauf, sonstige private Erledigung, Arztbesuch, Unfall), ist selbstverständlich nicht von Flüchtigkeit auszugehen. Bei der hier streitgegenständlichen Zeitspanne des Fernbleibens verhält es sich jedoch anders.

Die Verlängerung der Überstellungsfrist war also rechtlich korrekt, da die Kläger für eine nicht unerheblich kurze Zeit unentschuldigt und ohne Abmeldung unauffindbar waren, und dies dem Bundesamt bekannt wurde. Mehr als die Abwesenheit festzustellen und die Kläger in die Abgangsliste einzutragen, wie geschehen, konnten die Beklagte respektive deren Hilfsbedienstete nicht unternehmen.

2.2. Besondere Umstände, die nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO zu einer Zuständigkeit der Beklagten führen würden, sind seitens der Kläger weder konkret vorgetragen noch ersichtlich. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 - C 4 11/10 und C 493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer ernsthaften und durch Tatsachen bestätigten Gefahr für die Kläger führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 Grundrechtscharta bwz. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Der Asylbewerber kann der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat mithin nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten (so grundsätzlich EuGH, U.v. 10.12.2013 - 10-394/12 -, juris). So bestimmt Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO, dass im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedsstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat der zuständige Mitgliedsstaat wird. An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. Einzelne Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Art. 3 EMRK der zuständigen Mitgliedstaaten genügen hierfür nicht. Von systemischen Mängeln ist vielmehr erst dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 -, juris; B.v. 6.6.2014 - 10 B 25/14 -, juris).

Ausgehend davon bestehen nach dem der Kammer vorliegenden Erkenntnismaterial im gegenwärtigen Zeitpunkt keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern im Falle der Rücküberstellung nach Italien auf Grund dort vorhandener systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber eine menschenunwürdige oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) bzw. Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) drohen würde. Die Kläger haben keine Argumente dafür vorgetragen, die auf systemische Mängel bzw. Schwachstellen im Asylverfahren in Italien schließen lassen, von denen sie individuell betroffen sein könnten. Solche sind dem Gericht auch nicht bekannt (vgl. zum Asylverfahren im Einzelnen Auswärtiges Amt, Auskunft an das OVG NRW vom 23.2.2016, 1.1). Die Verneinung systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien entspricht zudem der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Menschengerichtshofs (vgl. in unterschiedlichen Fallkonstellationen - EGMR, Urteil vom 30. Juni 2015 - 39350/13 -, Rn. 36, vom 13.1.2015 - 51428/10 -, juris, Rn. 35 und v. 4.11.2014 - 29217/12 -, juris, Rn. 114 f.) sowie der Rechtsprechung deutscher Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichte (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 14.30295 -, juris; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; Hess.VGH, B.v. 28.2.2014 - 10 A 681/13.Z.A -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A -, juris; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris; U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris; OVG Lüneburg, U.v. 25.6.2015 - 11 LB 284/14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, U.v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13 -, juris; OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 14.11.2013 - 4 L 44/13 -, juris; VG Ansbach, U.v. 15.1.2016 - AN 14 K 15.50422 -, juris; VG Magdeburg, B.v. 23.1.2017 - 8 B 15/17 -, juris). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA – Asylum Information Database erstellten aktuellen Länderbericht zu Italien vom Dezember 2016 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/ aida_it_2016update) oder dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016 (abrufbar unter https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedin-gungen-final.pdf; vgl. dazu auch VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris, Rn. 122). Nach den vorliegenden Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Grundsätzlich erhalten auch sog. Dublin-Rückkehrer eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung, es wird ein Asylverfahren durchgeführt. Die Situation in Italien hat sich 2017 verbessert, zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden (vgl. zur neueren Rechtsprechung VG Augsburg, Gerichtsbescheid v. 5.3.2018 - Au 5 K 18.50256 -, juris, VG Greifswald, B.v. 8.11.2017 - 6 B 2052/17 As HGW -, juris). Aus diesen Gründen bestand für die Beklagte auch keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO wegen des Vorliegens außergewöhnlicher humanitärer Gründe auszuüben.

Ergänzend wird hierzu auf die ausführliche Begründung des streitgegenständlichen Bescheids des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

2.3. Auch die Anordnung der Abschiebung nach Italien (Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides) begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylG. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AsylG ordnet das Bundesamt in den Fällen, in denen der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in den zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Italien ist – wie bereits ausgeführt – für die Prüfung des Asylantrages der Kläger zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Eine fehlende Übernahmebereitschaft Italiens ist nicht gegeben, da Italien innerhalb der vorgesehenen Zweimonatsfrist auf das Ersuchen um Übernahme nicht geantwortet hat und deshalb davon auszugehen ist, dass dem Übernahmeersuchen stattgegeben wird, was die Verpflichtung Italiens zur Aufnahme und zu entsprechenden Vorkehrungen für die Versorgung der Betreffenden nach sich zieht (vgl. Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO).

2.4. Die erfolgte Befristung des Einreiseverbots auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Nummer 4 des Bescheides) begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Rechtsgrundlage hierfür ist § 11 Abs. 1 und 2 AufenthG. Anhaltspunkte dafür, dass die im vorliegenden Fall festgesetzte Frist von sechs Monaten gegen die gesetzlichen Vorgaben verstößt, bestehen nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Befristungsentscheidung im vorliegenden Fall unzutreffende Erwägungen zu Grunde gelegt oder Belange der Kläger nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

2.5. Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Beklagte in dem streitgegenständlichen Bescheid in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festgestellt hat, dass zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1

Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen. Abschiebungshindernisse, die einer Abschiebung der Kläger nach Italien entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich und wurden seitens der Kläger auch nicht vorgetragen. Dies gilt zum einen hinsichtlich zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), deren Nichtvorliegen die Beklagte in Nummer 2 des angefochtenen Bescheides in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG festgestellt hat. Auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die die Beklagte bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ebenfalls zu prüfen hat (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2015 - 10 CE 15.810, 10 C10 C 15.813 -, juris Rn. 4), sind nicht ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 83b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der nach seinen Angaben am … 1997 in ... (Togo) geborene Kläger reiste nach eigenen Angaben am 12.08.2017 auf dem Luftweg aus Italien kommend in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 23.08.2017 einen Asylantrag. Bei der Bundesamtsakte findet sich ein EURODAC-Treffer „IT2“, demzufolge der Kläger in Italien am 18.07.2017 die Fingerabdrücke abgenommen bekommen hatte (vgl. Aktenseite 3 der Bundesamtsakte).
Bei einem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle Heidelberg am 23.08.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, sich in Italien am Hauptbahnhof in Neapel aufgehalten zu haben, ohne dort einen Asylantrag gestellt zu haben (vgl. Aktenseite 37 ff. der Bundesamtsakte).
Bei einer weiteren Anhörung zur Zulässigkeit des gestellten Asylantrags beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle Heidelberg am 31.08.2017 gab der Kläger im Wesentlichen an, sein Geburtsdatum sei eigentlich der 25.03.1987. Es stimme, dass er vor seiner Einreise nach Deutschland in Italien gewesen sei, dort sei er aber obdachlos gewesen und seine Verletzung aus seinem Heimatland sei nicht behandelt worden, weshalb er nach Deutschland weitergereist sei. Er habe einen Furunkel am rechten Oberschenkel, der auf einen Unfall in Togo zurückgehe. Er legte einen Arztbrief der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums ... vom 25.08.2017 vor, ausweislich dessen ihm dort ein Furunkel am linken Oberschenkel entfernt wurde; ferner legte er ein Kontrollblatt der Ambulanz im ... vom 25.08.2017 vor, auf beide Dokumente wird wegen der Einzelheiten verwiesen (vgl. Aktenseite 64 bis 66 der Bundesamtsakte).
Auf ein am 12.09.2017 an Italien gerichtetes Aufnahmegesuch gemäß Art. 13 Abs. 1 der Dublin III-Verordnung (vgl. Aktenseite 83-95 der Bundesamtsakte) erfolgte keine Reaktion der italienischen Behörden.
Mit Bescheid vom 13.11.2017 lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an (Ziffer 3) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, in Italien bestünden derzeit keine systemischen Mängel des Asylsystems, die einer Dublin-Überstellung nach höchstrichterlicher Rechtsprechung entgegengehalten werden könnten, wenn dem Kläger aufgrund deren Bestehen im Zielstaat eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 EMRK drohe. Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse seien nicht ersichtlich; die vom Kläger vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden könnten auch in Italien behandelt werden, weshalb auch die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausscheide. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 13.11.2017 verwiesen.
Gegen diesen am 17.11.2017 zugestellten Bescheid hat der Kläger am 23.11.2017 Klage vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben. Zur Begründung der Klage führt er zur Vertiefung seines Vortrags aus dem Verwaltungsverfahren aus, er habe sich zwar zuvor in Italien aufgehalten, aber nur für vier Tage. Da sich dort niemand um ihn gekümmert habe und er auch hinsichtlich seiner gesundheitlichen Probleme keine Hilfe erfahren habe, sei er nach Deutschland weitergereist. Er sei auch in seinem Heimatland politisch aktiv gewesen; es stehe zu vermuten, dass er bei einer Rückkehr dorthin inhaftiert würde, nachdem die Polizei bereits nach ihm gesucht habe und sein Vater aufgrund seiner politischen Aktivitäten zusammengeschlagen worden und verstorben sei. Für die Unzulässigkeit seiner Überstellung nach Italien hat er in der mündlichen Verhandlung ferner auf zwei Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 - und des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.06.2017 - 1 C 26.16 - an den Gerichtshof der Europäischen Union verwiesen, denen er entnimmt, dass eine Dublin-Überstellung nach Italien derzeit deshalb unterbleiben müsse, weil ihm dort im Falle der Zuerkennung eines Status aufgrund des dort defizitären Sozialsystems eine konventionswidrige Behandlung drohe, die - anders als bei italienischen Staatsangehörigen - auch nicht durch familiäre Unterstützung aufgefangen werden könne und deren unionsrechtliche Bedeutung für das Dublin-Verfahren derzeit ungeklärt sei.
Der Kläger hat ferner im am 23.11.2017 parallel anhängig gemachten Eilverfahren - A 5 K 15922/17 - zum Beleg der von ihm vorgetragenen Erkrankungen ein Notfallprotokoll des Klinikums Nordstadt ... vom 13.08.2017 vorgelegt, ausweislich dessen er dort aufgrund eines Juckreizes unklarer Genese in Behandlung war. Hierauf wird ebenso wegen der Einzelheiten verwiesen wie auf den dort ebenfalls in Bezug genommenen, bereits im Verfahren vor dem Bundesamt vorgelegten Arztbrief der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums ... vom 25.08.2017, ausweislich dessen ihm dort ein Furunkel am linken Oberschenkel entfernt wurde.
Er beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 13.11.2017, ... aufzuheben;
10 
hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 S. 1 AufenthG bestehen;
11 
weiter hilfsweise: die Beklagte zu verpflichten, über die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
12 
Die Beklagte beantragt,
13 
die Klage abzuweisen.
14 
Das Bundesamt bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid. Die Beklagten-Vertreter haben zuletzt in der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 17.07.2017 und eine Stellungnahme der Bundesrepublik Deutschland vom 21.07.2017 zu dem Vorabentscheidungsersuchen C-163/17 des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache Jawo ./. BRD vorgelegt, zu denen der Klägervertreter Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten hat und auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.
15 
Dem Gericht haben die einschlägigen Behördenakten vorgelegen. Hierauf sowie auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
I.
16 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Anfechtungsklage gemäß den §§ 42 Abs. 1, 1. Alt., 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, mit den Hilfsanträgen hinsichtlich der Ziffern 2 und 4 des angegriffenen Bescheids als Verpflichtungsklage gemäß den §§ 42 Abs. 1, 2. Alt., 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
17 
Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 AsylG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine gerichtliche Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung hat danach zur Folge, dass das Bundesamt das Verfahren fortführen und eine Sachentscheidung treffen muss (vgl. dazu grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, InfAuslR 2017, S. 162 = BVerwGE 157, 18 zu § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG; auf alle Unzulässigkeitstatbestände des § 29 Abs. 1 AsylG erstreckt durch BVerwG, Urteil vom 21.11.2017 - 1 C 39.16 -, juris ). Der weitere, nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG n.F. vom Bundesamt zu prüfende Streitgegenstand, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, kann durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage hilfsweise mit der Verpflichtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden (vgl. dazu wiederum BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, InfAuslR 2017, S. 162 = BVerwGE 157, 18; BVerwG, Urteil vom 21.11.2017 - 1 C 39.16 -, juris ). Schließlich erstrebt der Kläger in zulässiger Weise mit seinem weiteren Hilfsantrag eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG, als sie das Bundesamt in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids festgesetzt hat (vgl. zur Zulässigkeit eines solchen Hilfsantrags nach der Neufassung des § 11 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I S. 1386 grundlegend BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, NVwZ 2018, S. 88 ).
II.
18 
Die Klage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
19 
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zunächst zu Recht in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG als unzulässig eingestuft. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-Verordnung), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nachdem Italien nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist des Art. 22 Abs. 1 und 7 der Dublin III-Verordnung auf das Aufnahmegesuch des Bundesamts vom 12.09.2017 reagiert hat, ist die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers gemäß Art. 22 Abs. 7 der Dublin III-Verordnung am 13.11.2017 auf Italien übergegangen.
20 
Dem kann der Kläger auch weder einen Ablauf der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung (unter a), noch das Bestehen systemischer Mängel im Asylsystem oder in den Aufnahmebedingungen Italiens (unter b) entgegenhalten.
21 
a) Gemäß Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 der Dublin III-Verordnung erfolgt die Überstellung des Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 der Dublin III-Verordnung aufschiebende Wirkung hat. Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin III-Verordnung ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist von sechs Monaten durchgeführt wird.
22 
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. zuletzt EuGH , Urteil vom 25.10.2017, Rs. C-201/16, Shiri ./. Österreich, NVwZ 2018, S. 43 m.w.N. zur jüngsten Rspr. des EuGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 - 1 C 6.16 -, NVwZ 2016, S. 1492 ) kann der Antragsteller sich unter Geltung der Dublin III-Verordnung - anders als noch unter Geltung der Dublin II-Verordnung (vgl. dazu EuGH , Urteil vom 10. Dezember 2013, Abdullahi ./. Bundesasylamt, Rs. C-394/12, NVwZ 2014, S. 208 ; BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, S. 154 ) - auf einen Ablauf dieser Frist gegenüber dem ersuchenden Mitgliedstaat auch berufen.
23 
Im vorliegenden Fall ist allerdings die Sechs-Monats-Frist des Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 der Dublin III-Verordnung seit dem Übergang der Zuständigkeit auf Italien noch nicht abgelaufen; zudem ist der Lauf der genannten Frist hier auch seit Stellung des Eilantrags am 23.11.2017, über den mit Blick auf die Entscheidung durch die Kammer in der Hauptsache noch nicht entschieden wurde, unterbrochen (vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 26.05.2016 - 1 C. 15.15 -, NVwZ 2016, S. 1185). Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist danach nicht aufgrund Ablaufs der Überstellungsfrist nach der Dublin II-Verordnung wieder entfallen.
24 
b) Die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Dublin III-Verordnung auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-Verordnung setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III der Verordnung vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III der Verordnung bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 der Dublin III-Verordnung selbst der zuständige Mitgliedstaat. Die genannte Vorschrift soll den unter der Geltung der Dublin II-Verordnung erreichten Stand der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (grundlegend EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) wie auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (grundlegend EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413) kodifizieren (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris ).
25 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. des Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der genannten Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, S. 1039 noch zur Dublin II-Verordnung unter Bezugnahme auf EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417 ).
26 
Systemische Mängel bzw. Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat stehen einer Überstellung des Klägers nach Italien für den Zeitraum der Durchführung seines dortigen Asylverfahrens hier jedoch nicht entgegen (unter aa). Soweit der Kläger darüber hinaus die Unzulässigkeit seiner Überstellung nach Italien damit begründen möchte, dass ihm dort für den Fall seiner Anerkennung aufgrund unzureichender Hilfen im italienischen Sozialsystem für anerkannte Flüchtlinge eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta drohe, ist dies nicht Gegenstand der Prüfung im Überstellungsverfahren nach der Dublin III-Verordnung und muss er dies nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vor italienischen Behörden und Gerichten geltend machen (unter bb).
27 
aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wie auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, der die Kammer sich anschließt und der der Kläger auch nichts Substantiiertes entgegenhält, bestehen - jedenfalls betreffend solche Antragsteller, die nicht aufgrund schwerer Krankheit oder besonders jungen Alters respektive unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Familieneinheit als besonders vulnerabel einzustufen sind, - während eines laufenden Asylverfahrens in Italien nach derzeitiger Erkenntnislage keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. dazu zuletzt nur EGMR, Entscheidung vom 13.01.2015, A.M.E. v. Niederlande, Nr. 51428/10; Urteil vom 30.06.2015, A.S. v. Schweiz, Nr. 39350/13, juris, jeweils m.w.N. zur vorangegangenen Rspr. des EGMR; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, S. 293; Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris ; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris ; Urteil vom 18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris jeweils m.w.N.; zuletzt mit Beschluss vom 16.02.2017 - 13 A 316/17.A -, juris ).
28 
bb) Es kann auch dahinstehen, ob dem Kläger nach derzeitiger Erkenntnislage tatsächlich für den Fall seiner Anerkennung aufgrund etwaiger unzureichender Hilfen im italienischen Sozialsystem für anerkannte Schutzberechtigte mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta droht (diese Frage wird in der Rspr. zu § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ganz überwiegend verneint; vgl. insb. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris ; a.A. etwa VG Minden, Urteil vom 29.11.2017 - 10 K 1823/15.A -, juris jeweils m.w.N.; (erst) im Anschluss an die dort erfolgte Vorlage an den EuGH näher aufzuklärende „konkrete Anhaltspunkte“ für solche Umstände sieht der VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris aufgrund eines Berichts der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, Aufnahmebedingungen in Italien, dort S. 33 ff.; vgl. auch die Zusammenstellung der Rspr. bei VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris ).
29 
Denn diese Frage zählt jedenfalls im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG im Dublin-Verfahren nicht zum Prüfungsmaßstab der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit einer in einem anderen Verfahren erfolgten Vorlagefrage im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde unter Art. 19 Abs. 4 GG zuletzt, dort betreffend die auch hier aufgeworfene Rechtsfrage verneinend, BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 -, InfAuslR 2018, S. 108 ).
30 
Dies folgt bei Auslegung (allein) des Normtextes der Dublin III-Verordnung bereits daraus, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer solchen Entscheidung im Dublin-Verfahren nach deutschem Recht noch ungeklärt ist, ob der Antragsteller überhaupt durch Anerkennung als Flüchtling in Italien in die befürchtete Gefahr geraten wird, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erleiden (unter aaa). Eine dahingehende Überprüfung der Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG würde ferner auch den übergeordneten unionsrechtlichen Prüfungsrahmen der gerichtlichen Kontrolle im Dublin-Überstellungsverfahren überschreiten, wie er sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend zweifelsfrei ableiten lässt (unter bbb). Schließlich ist eine solche Überprüfung gerade auch mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Überstellung von Antragstellern im Dublin-Verfahren einerseits sowie von anerkannten Flüchtlingen andererseits nach Italien nicht veranlasst (unter ccc).
31 
aaa) Die Kammer teilt zunächst die Auffassung der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg, dass eine Berücksichtigung der Lebensumstände eines Antragstellers nach einer (unterstellten) Zuerkennung internationalen Schutzes in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat jedenfalls nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Dublin III-Verordnung nicht Gegenstand der hiernach vorzunehmenden Prüfung auf systemische Mängel bzw. Schwachstellen ist, da Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-Verordnung allein „das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller“ in Bezug nimmt, mithin - wie auch sonst durchgängig (vgl. nur Art. 1 und Art. 2 c) und d) der Verordnung) - allein den Zeitraum eines laufenden Asylverfahrens des Antragstellers erfasst (vgl. hierzu VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris ).
32 
Für dieses Auslegungsergebnis spricht ferner maßgeblich auch der systematische Gesichtspunkt, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG in zweifacher Hinsicht noch offen ist, ob dem Antragsteller nach einer Überstellung nach Italien in seinem dortigen Asylverfahren ein Schutzstatus zuerkannt wird und wie sich gegebenenfalls eine solche Zuerkennung auf seine Lebensbedingungen auswirken würde. Weder ist zu diesem Zeitpunkt eine belastbare Prognose möglich, wie sich die Erfolgsaussichten des Asylantrags des jeweiligen Antragstellers nach italienischem Recht - im notwendig späteren Entscheidungszeitpunkt und nach etwaigen Änderungen der politischen Situation im Herkunftsland - gestalten, noch kann zu diesem Zeitpunkt verlässlich eingeschätzt werden, wie sich die Lebensbedingungen für Schutzberechtigte in Italien bis zum rechtskräftigen Abschluss eines dortigen Asylverfahrens entwickeln werden (vgl. auch hierzu VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris unter Bezugnahme auf VG Augsburg, Beschluss vom 06.10.2017 - Au 3 S 17.50239 -, juris ).
33 
Anderenfalls müsste das Gericht im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer Überstellungsentscheidung im Dublin-Verfahren auch die Erfolgsaussichten eines späteren Asylverfahrens im Dublin-Überstellungsstaat in den Blick nehmen, was - abgesehen von der begrenzten Leistbarkeit einer solchen Eventualprüfung nach fremdem Recht - offensichtlich dem Sinn und Zweck der Dublin III-Verordnung zuwiderlaufen würde, im Rahmen des vorgelagerten Dublin-Verfahrens zunächst die Zuständigkeit für die Durchführung des jeweiligen Asylverfahrens abschließend zu klären, bevor dann in einem zweiten Schritt dieses Asylverfahren im zuständigen Mitgliedstaat nach dessen materiellen Recht durchgeführt wird (auch in diesem Sinne bereits VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris wiederum unter Bezugnahme auf VG Augsburg, Beschluss vom 06.10.2017 - Au 3 S 17.50239 -, juris ).
34 
Angesichts dessen verneinen im Übrigen auch manche Gerichte, die im Fall einer Gewährung von Flüchtlings- oder subsidiärem Schutz in Italien im Rahmen der Prüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG die Gefahr einer drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausdrücklich bejahen, im Rahmen der Prüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG deren Entscheidungserheblichkeit hinsichtlich einer Überstellung im Dublin-Verfahren (so zuletzt etwa VG Minden, Beschluss vom 09.01.2018 - 10 L 1755/17.A -, juris bei weiterhin aufrechterhaltener Annahme systemischer Mängel des Sozialsystems für Anerkannte entgegen der Rspr. des OVG Nordrhein-Westfalen).
35 
bbb) Dieses Auslegungsergebnis folgt nach Auffassung der Kammer nicht nur aus der geltenden Fassung der Dublin III-Verordnung wie auch des deutschen Asylgesetzes, sondern lässt sich auch hinreichend zweifelsfrei aus der bisher zum unionsrechtlichen Prüfungsmaßstab einer Überstellung im Dublin-Verfahren ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ableiten, die keine Anhaltspunkte für eine Bedeutsamkeit einer etwaigen späteren Flüchtlingsanerkennung im Dublin-Überstellungsstaat in dem - einer solchen vorgelagerten - Dublin-Verfahren enthält. Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union durch die - ohnehin nicht letztinstanzlich im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Entscheidung berufene - Kammer war danach nicht geboten (vgl. dazu nur EuGH, Urteil vom 06.10.1982 - C.I.L.F.I.T. - Rs. 283/81, Slg. 1982, S. 3415 ).
36 
Nach der bislang zum Prüfungsmaßstab bei der gerichtlichen Kontrolle von Überstellungsentscheidungen nach der Dublin III-Verordnung ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich ein Asylantragsteller allgemein - neben der Verletzung formeller Vorgaben wie der Überstellungsfristen (s.o.) - in materieller Hinsicht zum einen darauf berufen, dass ihm aufgrund struktureller Defizite im Asylsystem und den Aufnahmebedingungen im Dublin-Überstellungsstaat dort kein den Anforderungen des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta genügendes Asylverfahren gewährt wird (vgl. nochmals grundlegend EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417). Darüber hinaus hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter Bezugnahme auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Dublin-Verfahren klargestellt, dass auch bei Nichtbestehen solcher struktureller Defizite im Asylverfahren des Überstellungsstaats im jeweiligen Einzelfall die Überstellung eines Asylbewerbers als solche für ihn mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta verbunden sein kann, unabhängig von der Qualität der Aufnahme und der verfügbaren Versorgung in dem für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat (vgl. EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 PPU, C.K., H.F. und A.S. ./. Slowenien, NVwZ 2017, S. 691 dort bezogen auf den Fall eines besonders ernsten Gesundheitszustands).
37 
Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Rechtmäßigkeit von Überstellungen im Dublin-Verfahren (die im Übrigen auch im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien steht; vgl. dazu unter ccc) sowie ergänzend unter 3.) gebietet danach in materieller Hinsicht zum einen die Berücksichtigung struktureller Defizite während des laufenden Asylverfahrens im Überstellungsstaat, zum anderen die Prüfung in jedem Einzelfall, ob der Überstellungsakt als solcher gegen die genannten grund- und menschenrechtlichen Gewährleistungen verstößt (vgl. in diese Richtung nunmehr auch die Überlegungen in der Stellungnahme der Europäischen Kommission in der Rechtssache C-163/17, Jawo ./. BRD, vom 17.07.2017, dort ).
38 
Die Prüfung etwaiger struktureller Defizite im Rechtssystem des Überstellungsstaats, die erst im weiteren zeitlichen Fortgang nach einer Überstellung und auch nach Durchführung des anschließenden Asylverfahrens in dem zuständigen Mitgliedstaat nachteilige Folgen für den Antragsteller mit sich bringen könnten, wie sie der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15.03.2017 (im Übrigen unter lediglich unspezifischer Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH; vgl. VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris : „Aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union [...] ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass insoweit keine umfassende Bewertung gerade auch unionsrechtlich geboten sein könnte [...]“; kritisch hierzu bereits VG Freiburg, Beschluss vom 10.01.2018 - A 4 K 6049/17 -, juris ) anspricht, betrifft aber weder den einen noch den anderen der beiden genannten, bislang vom Gerichtshof der Europäischen Union seiner Rechtsprechung zugrunde gelegten Anknüpfungspunkte der gerichtlichen Kontrolle einer Dublin-Überstellung. Weder aus der Überstellung als solcher noch im sich anschließenden Asylverfahren droht dem Kläger derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.
39 
Eine Erweiterung der gerichtlichen Kontrolle auf eventuelle spätere Folgeentwicklungen einer Dublin-Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat würde im Übrigen letztlich auch den durch den Unionsgesetzgeber in Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen nach der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Standard der Inländergleichbehandlung nach Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (sog. Qualifikationsrichtlinie) über eine Auslegung der Dublin III-Verordnung überspielen und in der Konsequenz die - nach der Zuständigkeitsverteilung der Verträge - den Mitgliedstaaten obliegende Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Grundprinzipien ihrer sozialen Sicherungssysteme aushebeln. Dies wäre jedoch eine - offensichtlich weitreichende - politische Entscheidung, die allein der Unionsgesetzgeber respektive die Mitgliedstaaten treffen könnten (vgl. hierzu auch die Überlegungen in der Stellungnahme der BRD in der Rechtssache C-163/17, Jawo ./. BRD, vom 21.07.2017, dort ). Nichts Anderes folgt schließlich aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.06.2017 (BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27.06.2017 - 1 C 26.16 -, juris), der sich allein auf die Zulässigkeit einer Überstellung dort anerkannter Flüchtlinge nach Italien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG bezieht (vgl. hierzu nur BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 -, InfAuslR 2018, S. 108 ).
40 
ccc) Eine solche Erweiterung der gerichtlichen Kontrolle ist schließlich gerade auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Überstellung von Antragstellern im Dublin-Verfahren einerseits sowie von anerkannten Flüchtlingen andererseits nach Italien nicht veranlasst.
41 
Bezüglich vorgetragener struktureller Defizite im Recht eines Konventionsstaats prüft der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Verfahren, die die Zulässigkeit einer Überstellung im Dublin-Verfahren betreffen, seit seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2011 zu Griechenland vergleichsweise detailliert, ob die allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Überstellungsstaat nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme begründen, dass diese angesichts ihrer besonderen Lage Gefahr laufen, dort einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. hierzu zuletzt zusammenfassend EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 ; für Griechenland bejaht aufgrund der im dortigen Asylverfahren seitens des UNHCR, des Europäischen Menschenrechtskommissars und vieler internationaler NGOs übereinstimmend festgestellten erheblichen strukturellen Mängel des Asylverfahren; vgl. dazu EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, , insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2011, S. 413).
42 
Zur Begründung dieses vergleichsweise strengen Kontrollmaßstabs gerade im speziellen Fall der Dublin-Überstellungen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Unterzeichnerstaaten der EMRK hat der Gerichtshof im Wesentlichen auf zwei Umstände hingewiesen, die diesen rechtfertigen: Zum einen hat der Gerichtshof großes Gewicht auf den besonderen Status des Beschwerdeführers als Asylbewerber gelegt, der deswegen einer besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe angehörte und einem weiten internationalen Konsens zufolge als solcher besonders schutzbedürftig war (vgl. auch hierzu zuletzt zusammenfassend EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 unter Verweis auf EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, , auch insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2011, S. 413). Zum anderen hat der Gerichtshof zur Begründung des genannten Kontrollmaßstabs maßgeblich darauf abgestellt, dass das positive Recht (nämlich die Richtlinie 2003/09/EG zur Festsetzung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern ) vorschreibe, dass bedürftigen Asylbewerbern Unterkunft und angemessene materielle Bedingungen gewährt werden müssten (vgl. nochmals EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 unter Verweis auf EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413 ). Der Sache nach billigt der EGMR den Mitgliedstaaten damit mit Blick auf die bereits unionsrechtlich eingegangenen Verpflichtungen - strukturell vergleichbar seiner Rechtsprechung zur „margin of appreciation“ bei anderen Konventionsgewährleistungen (vgl. zum Konzept der margin of appreciation, mit dem der EGMR seinen Kontrollmaßstab in unterschiedlichen Fallgruppen justiert, grundlegend EGMR, Handyside v. Großbritannien, Urteil vom 07.12.1976, Nr. 5493/72 ; weiterführend zu den relevanten Kriterien für die Bestimmung der Reichweite der jeweiligen margin of appreciation Prepeluh, ZaöRV 61 (2001), S. 771 <772-780>) - angesichts des damit auf dem Gebiet der Europäischen Union vorhandenen (jedenfalls normativen) Konsenses bei der Gestaltung der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im laufenden Verfahren einen geringeren Spielraum zu.
43 
Beide Begründungselemente des genannten strengen Kontrollmaßstabs unter Art. 3 EMRK bei Überstellungen im Dublin-Verfahren in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lassen sich jedoch nach Auffassung der Kammer auf die rechtliche Bewertung einer Überstellung anerkannter Flüchtlinge - jedenfalls, wenn (wie auch hier) eine solche Anerkennungsentscheidung noch gar nicht vorliegt - nicht übertragen (vgl. zu den Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle einer Überstellung anerkannter Flüchtlinge nach Griechenland unter Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 08.05.2017 - 2 BvR 157/17 -, NVwZ 2017, S. 1196 ).
44 
Zum einen würde ein anerkannter Flüchtling rechtlich nicht mehr dem mit Blick auf seine besondere Vulnerabilität als Schutzsuchender während des Asylverfahrens geltenden Sonderregime der neugefassten Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) unterliegen, sondern wäre vielmehr gemäß Art. 20 ff. der Qualifikationsrichtlinie grundsätzlich (lediglich) ebenso wie ein Inländer zu behandeln (vgl. hierzu im Übrigen auch VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris unter Verweis auf die eigene Rspr. mit Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, S. 77).
45 
Zum anderen besteht - anders als im besonderen Fall der Mindestgewährleistungen für Asylbewerber im laufenden Verfahren - kein Konsens zwischen den Mitgliedstaaten über die den eigenen Staatsbürgern zu gewährenden Mindestleistungen sozialer Sicherheit. Auch in der Konsequenz dessen (eingehend zur sehr zurückhaltenden Rechtsprechung des EGMR hinsichtlich einer Anerkennung sozialer Leistungsrechte vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Konvention Frohwerk, Soziale Not in der Rechtsprechung des EGMR, 2012, S. 11 ff. und passim) urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ständiger Rechtsprechung, dass Art. 3 EMRK nicht so ausgelegt werden kann, dass er die Konventionsstaaten verpflichtet, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Wohnung zu gewähren (grundlegend EGMR, Urteil vom 18.01.2001, Nr. 27238/95, Chapman v. Vereinigtes Königreich ) und dass dieser Vorschrift auch keine allgemeine Pflicht entnommen werden kann, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen, damit sie einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten können (grundlegend EGMR, Urteil vom 26.04.2005, Nr. 53566/99 ; vgl. zum Ganzen mit Blick auf Italien zuletzt erneut EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 ).
46 
Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht nur in seinen bereits zitierten jüngeren Entscheidungen zur Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien betreffend nicht-vulnerable Antragsteller auf die Lebensbedingungen anerkannter Flüchtlinge nicht Bezug genommen (vgl. nochmals EGMR, Entscheidung vom 13.01.2015, A.M.E. v. Niederlande, Nr. 51428/10; Urteil vom 30.06.2015, A.S. v. Schweiz, Nr. 39350/13, juris; ebenso auch EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127). Der Gerichtshof hat darüber hinaus mit seiner jüngsten Entscheidung vom 30.05.2017 in der Sache E.T und N.T v. Schweiz betreffend die Überstellung anerkannter Flüchtlinge nach Italien - explizit in Abgrenzung zu seiner Rechtsprechungslinie zu den Dublin-Überstellungen - die zuletzt genannten Grundsätze seiner Rechtsprechungslinie zur grundsätzlich fehlenden Einklagbarkeit sozialer Mindeststandards nach der Konvention erneut bekräftigt und ausdrücklich unterstrichen, dass die dortigen Beschwerdeführer im Einklang mit den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention in Italien nach den allgemeinen Regeln des nationalen italienischen Rechts Zugang zum Arbeitsmarkt, Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung, Sozialwohnungen und dem Bildungssystem hatten, weshalb sie (insoweit) jedenfalls darauf zu verweisen seien, ihre Rechte unter der Konvention vor den italienischen Gerichten geltend zu machen (vgl. zum Ganzen EGMR, Entscheidung vom 30.05.2017, Nr. 79480/13, E.T. und N.T. v. Schweiz, ).
47 
Die Kammer entnimmt diesen Ausführungen des Gerichtshofs vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen, dass auch nach dessen Rechtsprechung das (faktische) Bestehen etwaiger struktureller Defizite im Sozialsystem eines Dublin-Überstellungsstaats auch unter Art. 3 EMRK jedenfalls nicht im Verfahren gegen eine Überstellung im Dublin-Verfahren, sondern gegebenenfalls in einem späteren Verfahren vor den Gerichten des Überstellungsstaats geltend zu machen ist.
48 
Nach alledem erweist sich die vom Bundesamt hier getroffene Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids als rechtmäßig.
49 
2. Das Bundesamt hat weiter mit Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids in Anwendung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) auch zutreffend festgestellt, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 (unter a) und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (unter b) im Falle des Klägers nicht vorliegen. Diese Entscheidung hat das Bundesamt auch zutreffend auf den Dublin-Überstellungsstaat Italien und nicht auf das Herkunftsland des Klägers bezogen (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 03.04.2017 - 1 C 9.16 -, NVwZ 2017, S. 1207 m.w.N.).
50 
a) Soweit das Bundesamt zunächst zutreffend das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG verneint, prüft der angegriffene Bescheid in diesem Rahmen im Wesentlichen das Nichtvorliegen systemischer Mängel im italienischen Asyl- und Aufnahmesystem, das allerdings bereits (auch) im Rahmen der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheids maßgeblich zum Prüfungsmaßstab zählt. Aus § 60 Abs. 5 AufenthG, demzufolge ein Ausländer nicht abgeschoben werden darf, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, sind hinsichtlich der - hier allein relevanten (vgl. dazu nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -, juris unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, S. 526 = BVerwGE 105, 322 zur Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 4 AuslG) - zielstaatsbezogenen Umstände keine weitergehenden Anforderungen abzuleiten als aus der oben genannten Rechtsprechung zur Frage des Bestehens systemischer Mängel des Asylsystems oder der Aufnahmebedingungen eines Dublin-Überstellungsstaats; die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt danach aus den bereits genannten Gründen im Falle des Klägers nicht in Betracht (vgl. dazu nochmals die Ausführungen unter 1.).
51 
b) Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist hier nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies ist hier weder unter dem Gesichtspunkt einer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Handhabung im Ausnahmefall auch auf Allgemeingefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG aufgrund einer schlechten Versorgungslage in Italien zu begründen (unter aa) noch wegen der Gefahr einer unzureichenden Behandlung bei dem Antragsteller bestehender Krankheiten (unter bb):
52 
a) Die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt grundsätzlich das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder seine Bevölkerungsgruppe allgemein treffen, wird der Abschiebungsschutz grundsätzlich nur durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Beim Fehlen einer solchen Regelung kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte (vgl. zu den Voraussetzungen einer solchen Anwendung im Ausnahmefall auch auf Allgemeingefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 15.95 -, NVwZ 1996, S. 476 = BVerwGE 99, 331; Beschluss vom 26.01.1999 - 9 B 617.98 -, NVwZ 1999, S. 668 noch zu § 53 Abs. 6 AuslG; zuletzt etwa BVerwG, Urteil vom 08.09.2011 - 10 C 14.10 -, NVwZ 2012, S. 240 zur Situation in Afghanistan). Eine solche extreme konkrete Gefahrenlage besteht in Italien während des laufenden Asylverfahrens für den Kläger aus den bereits genannten Gründen jedoch nicht; auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verwiesen werden.
53 
b) Die Gefahr, dass sich eine diagnostizierte Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatland - bzw. hier im Überstellungsstaat - verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheit dort unzureichend sind, kann eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des betroffenen Ausländers i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen, die als zielstaatsbezogenes Abschiebehindernis im Klageverfahren gegen den Bescheid des Bundesamts zu berücksichtigen wäre (grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, NVwZ 1998, S. 524 zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG; zuletzt mit Urteil vom 17.10.2006 – 1 C 18.05 -, NVwZ 2007, S. 712 = BVerwGE 127, 33).
54 
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl. I S. 390) liegt eine solche erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt nach der neuen Fassung des Gesetzes in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG), wobei mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung zu fordern sein dürfte, dass dieser Teil des Zielstaats dem Ausländer auch tatsächlich zugänglich ist (vgl. dazu entsprechend BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, S. 463, noch zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG).
55 
Eine anhand dieses Maßstabs im Rahmen von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigende erhebliche Gesundheitsgefährdung besteht beim Kläger jedoch nicht. Die in dem hier vom Kläger vorgelegten Notfallprotokoll des Klinikums Nordstadt ... vom 13.08.2017 und im weiter vorgelegten Arztbrief der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums ... vom 25.08.2017 genannten Diagnosen (Juckreiz unklarer Genese; Furunkel am linken Oberschenkel) wurden zum einen - soweit ersichtlich erfolgreich - behandelt und erreichen darüber hinaus weder je für sich genommen noch in Kombination den Schweregrad einer nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigenden erheblichen Gesundheitsgefährdung.
56 
Im Übrigen sind die genannten Erkrankungen in Italien auch behandelbar. Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt. Das sog. ticket - der Selbstbehalt - muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt. Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne Weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (vgl. zum Ganzen nur den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, S. 54 ff.; zuletzt etwa VG München, Beschluss vom 29.12.2017 - M 9 S 17.52538 -, juris jeweils m.w.N.).
57 
3. Ferner ist auch die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids rechtmäßig ergangen. Soll ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies setzt nicht nur voraus, dass der Asylantrag mit Blick auf die Situation im Dublin-Überstellungsstaat gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu Recht als unzulässig eingestuft (vgl. dazu oben unter 1.) und nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zutreffend verneint wurden (vgl. oben unter 2.), sondern auch, dass einer Überstellung in diesen Staat keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegenstehen.
58 
Nach der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt.
59 
Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Diese Gefahren muss das Bundesamt entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen nur BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 -, NVwZ 2014, S. 1511 ; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311>; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.05.2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, jeweils m.w.N.).
60 
In Übereinstimmung hiermit hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zuletzt entschieden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Überstellung eines Asylbewerbers, dessen Gesundheitszustand besonders ernst ist, als solche für ihn mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta verbunden sein kann, unabhängig von der Qualität der Aufnahme und der verfügbaren Versorgung in dem für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat. In diesem Kontext ist davon auszugehen, dass die Überstellung eines eine besonders schwere psychische oder physische Beeinträchtigung aufweisenden Asylbewerbers, wenn mit ihr die tatsächliche und erwiesene Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden wäre, eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne des genannten Artikels darstellen würde.
61 
Die staatlichen Stellen müssen bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte - wie in Bezug auf ihn ausgestellte ärztliche Bescheinigungen zum Nachweis der besonderen Schwere seines Gesundheitszustands - alle ernsthaften Zweifel hinsichtlich der Auswirkung der Überstellung auf den Gesundheitszustand des Betroffenen beseitigen. Dabei dürfen sie sich, insbesondere bei einer schweren psychischen Erkrankung, nicht auf die bloßen Folgen des physischen Transports des Betroffenen von einem Mitgliedstaat in einen anderen beschränken, sondern müssen alle erheblichen und unumkehrbaren Folgen berücksichtigen, die mit der Überstellung verbunden wären. In diesem Rahmen müssen die staatlichen Stellen des betreffenden Mitgliedstaats prüfen, ob der Gesundheitszustand des Betroffenen durch die nach der Dublin-III-Verordnung in Betracht kommenden Vorsichtsmaßnahmen angemessen und hinreichend geschützt werden kann, und, wenn ja, diese Vorsichtsmaßnahmen treffen.
62 
Hält das zuständige Gericht diese Vorsichtsmaßnahmen für ausreichend, um jede tatsächliche Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Fall der Überstellung des betreffenden Asylbewerbers auszuschließen, hat es die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, dass die Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats sie vor der Überstellung des Betroffenen umsetzen. Wenn nötig, muss dessen Gesundheitszustand vor der Durchführung der Überstellung neu bewertet werden. Sofern diese Vorsichtsmaßnahmen hingegen in Anbetracht der besonderen Schwere der Erkrankung des betreffenden Asylbewerbers nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass seine Überstellung nicht mit der tatsächlichen Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden sein wird, obliegt es den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, die Durchführung seiner Überstellung auszusetzen, solange er aufgrund seines Zustands nicht überstellungsfähig ist (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 PPU, C.K., H.F. und A.S. ./. Slowenien, NVwZ 2017, S. 691 m.w.N. auch zur parallel laufenden jüngeren Rspr. des EGMR).
63 
Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 -, NVwZ 2014, S. 1511, 2 BvR 732/14 und 2 BvR 1795/14, jeweils juris sowie 2 BvR 991/14; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.04.2015 - 2 BvR 602/15 -, NVwZ 2015, S. 810) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127) muss im speziellen Fall einer Abschiebung von Familien mit Kleinstkindern nach Italien - angesichts der dort zuletzt aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen bestehenden belastbaren Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer - unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu treffender Vorsichtsmaßnahmen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Gewährleistung der Zulässigkeit der Überstellung als solcher eine konkrete und einzelfallbezogene Zusicherung der italienischen Behörden eingeholt werden, dass die Familie in Italien eine gesicherte Unterkunft für alle Familienmitglieder erhalten werde.
64 
Der Kläger ist allerdings alleinstehend und - auch angesichts der von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste - reisefähig; seiner Überstellung nach Italien im Dublin-Verfahren stehen danach auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, womit im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG „feststeht“, dass diese durchgeführt werden kann.
65 
4. Schließlich ist auch die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, rechtlich nicht zu beanstanden. Inlandsbezogene Umstände - etwa familiäre Beziehungen im Bundesgebiet -, die eine dem Kläger günstigere Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
III.
66 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.

Gründe

 
I.
16 
Die Klage ist mit dem Hauptantrag als Anfechtungsklage gemäß den §§ 42 Abs. 1, 1. Alt., 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO, mit den Hilfsanträgen hinsichtlich der Ziffern 2 und 4 des angegriffenen Bescheids als Verpflichtungsklage gemäß den §§ 42 Abs. 1, 2. Alt., 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig.
17 
Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 AsylG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) mit der Anfechtungsklage anzugreifen. Eine gerichtliche Aufhebung der Unzulässigkeitsentscheidung hat danach zur Folge, dass das Bundesamt das Verfahren fortführen und eine Sachentscheidung treffen muss (vgl. dazu grundlegend BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, InfAuslR 2017, S. 162 = BVerwGE 157, 18 zu § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG; auf alle Unzulässigkeitstatbestände des § 29 Abs. 1 AsylG erstreckt durch BVerwG, Urteil vom 21.11.2017 - 1 C 39.16 -, juris ). Der weitere, nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG n.F. vom Bundesamt zu prüfende Streitgegenstand, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, kann durch den Schutzsuchenden zusätzlich zu der gegen die Unzulässigkeitsentscheidung gerichteten Anfechtungsklage hilfsweise mit der Verpflichtungsklage zur verwaltungsgerichtlichen Prüfung gestellt werden (vgl. dazu wiederum BVerwG, Urteil vom 14.12.2016 - 1 C 4.16 -, InfAuslR 2017, S. 162 = BVerwGE 157, 18; BVerwG, Urteil vom 21.11.2017 - 1 C 39.16 -, juris ). Schließlich erstrebt der Kläger in zulässiger Weise mit seinem weiteren Hilfsantrag eine kürzere Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG, als sie das Bundesamt in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids festgesetzt hat (vgl. zur Zulässigkeit eines solchen Hilfsantrags nach der Neufassung des § 11 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27.07.2015, BGBl. I S. 1386 grundlegend BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, NVwZ 2018, S. 88 ).
II.
18 
Die Klage ist jedoch in vollem Umfang unbegründet.
19 
1. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zunächst zu Recht in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG als unzulässig eingestuft. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III-Verordnung), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Nachdem Italien nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist des Art. 22 Abs. 1 und 7 der Dublin III-Verordnung auf das Aufnahmegesuch des Bundesamts vom 12.09.2017 reagiert hat, ist die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers gemäß Art. 22 Abs. 7 der Dublin III-Verordnung am 13.11.2017 auf Italien übergegangen.
20 
Dem kann der Kläger auch weder einen Ablauf der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 der Dublin III-Verordnung (unter a), noch das Bestehen systemischer Mängel im Asylsystem oder in den Aufnahmebedingungen Italiens (unter b) entgegenhalten.
21 
a) Gemäß Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1 der Dublin III-Verordnung erfolgt die Überstellung des Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 der Dublin III-Verordnung aufschiebende Wirkung hat. Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 der Dublin III-Verordnung ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist von sechs Monaten durchgeführt wird.
22 
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. zuletzt EuGH , Urteil vom 25.10.2017, Rs. C-201/16, Shiri ./. Österreich, NVwZ 2018, S. 43 m.w.N. zur jüngsten Rspr. des EuGH) und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 - 1 C 6.16 -, NVwZ 2016, S. 1492 ) kann der Antragsteller sich unter Geltung der Dublin III-Verordnung - anders als noch unter Geltung der Dublin II-Verordnung (vgl. dazu EuGH , Urteil vom 10. Dezember 2013, Abdullahi ./. Bundesasylamt, Rs. C-394/12, NVwZ 2014, S. 208 ; BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 - 1 C 32.14 -, NVwZ 2016, S. 154 ) - auf einen Ablauf dieser Frist gegenüber dem ersuchenden Mitgliedstaat auch berufen.
23 
Im vorliegenden Fall ist allerdings die Sechs-Monats-Frist des Art. 29 Abs. 1 UAbs. 1, Abs. 2 der Dublin III-Verordnung seit dem Übergang der Zuständigkeit auf Italien noch nicht abgelaufen; zudem ist der Lauf der genannten Frist hier auch seit Stellung des Eilantrags am 23.11.2017, über den mit Blick auf die Entscheidung durch die Kammer in der Hauptsache noch nicht entschieden wurde, unterbrochen (vgl. dazu nur BVerwG, Urteil vom 26.05.2016 - 1 C. 15.15 -, NVwZ 2016, S. 1185). Die Zuständigkeit Italiens für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist danach nicht aufgrund Ablaufs der Überstellungsfrist nach der Dublin II-Verordnung wieder entfallen.
24 
b) Die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Dublin III-Verordnung auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-Verordnung setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Kapitel III der Verordnung vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III der Verordnung bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 der Dublin III-Verordnung selbst der zuständige Mitgliedstaat. Die genannte Vorschrift soll den unter der Geltung der Dublin II-Verordnung erreichten Stand der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (grundlegend EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417) wie auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (grundlegend EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413) kodifizieren (vgl. hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris ).
25 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. des Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der genannten Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den zuständigen Mitgliedstaat aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, S. 1039 noch zur Dublin II-Verordnung unter Bezugnahme auf EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417 ).
26 
Systemische Mängel bzw. Schwachstellen des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat stehen einer Überstellung des Klägers nach Italien für den Zeitraum der Durchführung seines dortigen Asylverfahrens hier jedoch nicht entgegen (unter aa). Soweit der Kläger darüber hinaus die Unzulässigkeit seiner Überstellung nach Italien damit begründen möchte, dass ihm dort für den Fall seiner Anerkennung aufgrund unzureichender Hilfen im italienischen Sozialsystem für anerkannte Flüchtlinge eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta drohe, ist dies nicht Gegenstand der Prüfung im Überstellungsverfahren nach der Dublin III-Verordnung und muss er dies nach der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vor italienischen Behörden und Gerichten geltend machen (unter bb).
27 
aa) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wie auch des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen, der die Kammer sich anschließt und der der Kläger auch nichts Substantiiertes entgegenhält, bestehen - jedenfalls betreffend solche Antragsteller, die nicht aufgrund schwerer Krankheit oder besonders jungen Alters respektive unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Familieneinheit als besonders vulnerabel einzustufen sind, - während eines laufenden Asylverfahrens in Italien nach derzeitiger Erkenntnislage keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen (vgl. dazu zuletzt nur EGMR, Entscheidung vom 13.01.2015, A.M.E. v. Niederlande, Nr. 51428/10; Urteil vom 30.06.2015, A.S. v. Schweiz, Nr. 39350/13, juris, jeweils m.w.N. zur vorangegangenen Rspr. des EGMR; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, InfAuslR 2014, S. 293; Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris ; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.07.2016 - 13 A 2302/15.A -, juris ; Urteil vom 18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris jeweils m.w.N.; zuletzt mit Beschluss vom 16.02.2017 - 13 A 316/17.A -, juris ).
28 
bb) Es kann auch dahinstehen, ob dem Kläger nach derzeitiger Erkenntnislage tatsächlich für den Fall seiner Anerkennung aufgrund etwaiger unzureichender Hilfen im italienischen Sozialsystem für anerkannte Schutzberechtigte mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta droht (diese Frage wird in der Rspr. zu § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ganz überwiegend verneint; vgl. insb. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris ; a.A. etwa VG Minden, Urteil vom 29.11.2017 - 10 K 1823/15.A -, juris jeweils m.w.N.; (erst) im Anschluss an die dort erfolgte Vorlage an den EuGH näher aufzuklärende „konkrete Anhaltspunkte“ für solche Umstände sieht der VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris aufgrund eines Berichts der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, Aufnahmebedingungen in Italien, dort S. 33 ff.; vgl. auch die Zusammenstellung der Rspr. bei VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris ).
29 
Denn diese Frage zählt jedenfalls im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG im Dublin-Verfahren nicht zum Prüfungsmaßstab der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (vgl. zum Erfordernis der Entscheidungserheblichkeit einer in einem anderen Verfahren erfolgten Vorlagefrage im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde unter Art. 19 Abs. 4 GG zuletzt, dort betreffend die auch hier aufgeworfene Rechtsfrage verneinend, BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 -, InfAuslR 2018, S. 108 ).
30 
Dies folgt bei Auslegung (allein) des Normtextes der Dublin III-Verordnung bereits daraus, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer solchen Entscheidung im Dublin-Verfahren nach deutschem Recht noch ungeklärt ist, ob der Antragsteller überhaupt durch Anerkennung als Flüchtling in Italien in die befürchtete Gefahr geraten wird, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erleiden (unter aaa). Eine dahingehende Überprüfung der Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG würde ferner auch den übergeordneten unionsrechtlichen Prüfungsrahmen der gerichtlichen Kontrolle im Dublin-Überstellungsverfahren überschreiten, wie er sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend zweifelsfrei ableiten lässt (unter bbb). Schließlich ist eine solche Überprüfung gerade auch mit Blick auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Überstellung von Antragstellern im Dublin-Verfahren einerseits sowie von anerkannten Flüchtlingen andererseits nach Italien nicht veranlasst (unter ccc).
31 
aaa) Die Kammer teilt zunächst die Auffassung der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Freiburg, dass eine Berücksichtigung der Lebensumstände eines Antragstellers nach einer (unterstellten) Zuerkennung internationalen Schutzes in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat jedenfalls nach dem Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG i.V.m. Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 der Dublin III-Verordnung nicht Gegenstand der hiernach vorzunehmenden Prüfung auf systemische Mängel bzw. Schwachstellen ist, da Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-Verordnung allein „das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller“ in Bezug nimmt, mithin - wie auch sonst durchgängig (vgl. nur Art. 1 und Art. 2 c) und d) der Verordnung) - allein den Zeitraum eines laufenden Asylverfahrens des Antragstellers erfasst (vgl. hierzu VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris ).
32 
Für dieses Auslegungsergebnis spricht ferner maßgeblich auch der systematische Gesichtspunkt, dass im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG in zweifacher Hinsicht noch offen ist, ob dem Antragsteller nach einer Überstellung nach Italien in seinem dortigen Asylverfahren ein Schutzstatus zuerkannt wird und wie sich gegebenenfalls eine solche Zuerkennung auf seine Lebensbedingungen auswirken würde. Weder ist zu diesem Zeitpunkt eine belastbare Prognose möglich, wie sich die Erfolgsaussichten des Asylantrags des jeweiligen Antragstellers nach italienischem Recht - im notwendig späteren Entscheidungszeitpunkt und nach etwaigen Änderungen der politischen Situation im Herkunftsland - gestalten, noch kann zu diesem Zeitpunkt verlässlich eingeschätzt werden, wie sich die Lebensbedingungen für Schutzberechtigte in Italien bis zum rechtskräftigen Abschluss eines dortigen Asylverfahrens entwickeln werden (vgl. auch hierzu VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris unter Bezugnahme auf VG Augsburg, Beschluss vom 06.10.2017 - Au 3 S 17.50239 -, juris ).
33 
Anderenfalls müsste das Gericht im Zeitpunkt der gerichtlichen Überprüfung einer Überstellungsentscheidung im Dublin-Verfahren auch die Erfolgsaussichten eines späteren Asylverfahrens im Dublin-Überstellungsstaat in den Blick nehmen, was - abgesehen von der begrenzten Leistbarkeit einer solchen Eventualprüfung nach fremdem Recht - offensichtlich dem Sinn und Zweck der Dublin III-Verordnung zuwiderlaufen würde, im Rahmen des vorgelagerten Dublin-Verfahrens zunächst die Zuständigkeit für die Durchführung des jeweiligen Asylverfahrens abschließend zu klären, bevor dann in einem zweiten Schritt dieses Asylverfahren im zuständigen Mitgliedstaat nach dessen materiellen Recht durchgeführt wird (auch in diesem Sinne bereits VG Freiburg, Beschluss vom 24.11.2017 - A 2 K 7807/17 -, juris wiederum unter Bezugnahme auf VG Augsburg, Beschluss vom 06.10.2017 - Au 3 S 17.50239 -, juris ).
34 
Angesichts dessen verneinen im Übrigen auch manche Gerichte, die im Fall einer Gewährung von Flüchtlings- oder subsidiärem Schutz in Italien im Rahmen der Prüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG die Gefahr einer drohenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausdrücklich bejahen, im Rahmen der Prüfung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG deren Entscheidungserheblichkeit hinsichtlich einer Überstellung im Dublin-Verfahren (so zuletzt etwa VG Minden, Beschluss vom 09.01.2018 - 10 L 1755/17.A -, juris bei weiterhin aufrechterhaltener Annahme systemischer Mängel des Sozialsystems für Anerkannte entgegen der Rspr. des OVG Nordrhein-Westfalen).
35 
bbb) Dieses Auslegungsergebnis folgt nach Auffassung der Kammer nicht nur aus der geltenden Fassung der Dublin III-Verordnung wie auch des deutschen Asylgesetzes, sondern lässt sich auch hinreichend zweifelsfrei aus der bisher zum unionsrechtlichen Prüfungsmaßstab einer Überstellung im Dublin-Verfahren ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ableiten, die keine Anhaltspunkte für eine Bedeutsamkeit einer etwaigen späteren Flüchtlingsanerkennung im Dublin-Überstellungsstaat in dem - einer solchen vorgelagerten - Dublin-Verfahren enthält. Eine Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union durch die - ohnehin nicht letztinstanzlich im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV zur Entscheidung berufene - Kammer war danach nicht geboten (vgl. dazu nur EuGH, Urteil vom 06.10.1982 - C.I.L.F.I.T. - Rs. 283/81, Slg. 1982, S. 3415 ).
36 
Nach der bislang zum Prüfungsmaßstab bei der gerichtlichen Kontrolle von Überstellungsentscheidungen nach der Dublin III-Verordnung ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich ein Asylantragsteller allgemein - neben der Verletzung formeller Vorgaben wie der Überstellungsfristen (s.o.) - in materieller Hinsicht zum einen darauf berufen, dass ihm aufgrund struktureller Defizite im Asylsystem und den Aufnahmebedingungen im Dublin-Überstellungsstaat dort kein den Anforderungen des Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta genügendes Asylverfahren gewährt wird (vgl. nochmals grundlegend EuGH , Urteil vom 21.12.2011, N.S. ./. Secretary of State, verb. Rs. C-411/10, C-493/10, NVwZ 2012, S. 417). Darüber hinaus hat der Gerichtshof der Europäischen Union unter Bezugnahme auf die jüngere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Dublin-Verfahren klargestellt, dass auch bei Nichtbestehen solcher struktureller Defizite im Asylverfahren des Überstellungsstaats im jeweiligen Einzelfall die Überstellung eines Asylbewerbers als solche für ihn mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta verbunden sein kann, unabhängig von der Qualität der Aufnahme und der verfügbaren Versorgung in dem für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat (vgl. EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 PPU, C.K., H.F. und A.S. ./. Slowenien, NVwZ 2017, S. 691 dort bezogen auf den Fall eines besonders ernsten Gesundheitszustands).
37 
Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Rechtmäßigkeit von Überstellungen im Dublin-Verfahren (die im Übrigen auch im Einklang mit der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien steht; vgl. dazu unter ccc) sowie ergänzend unter 3.) gebietet danach in materieller Hinsicht zum einen die Berücksichtigung struktureller Defizite während des laufenden Asylverfahrens im Überstellungsstaat, zum anderen die Prüfung in jedem Einzelfall, ob der Überstellungsakt als solcher gegen die genannten grund- und menschenrechtlichen Gewährleistungen verstößt (vgl. in diese Richtung nunmehr auch die Überlegungen in der Stellungnahme der Europäischen Kommission in der Rechtssache C-163/17, Jawo ./. BRD, vom 17.07.2017, dort ).
38 
Die Prüfung etwaiger struktureller Defizite im Rechtssystem des Überstellungsstaats, die erst im weiteren zeitlichen Fortgang nach einer Überstellung und auch nach Durchführung des anschließenden Asylverfahrens in dem zuständigen Mitgliedstaat nachteilige Folgen für den Antragsteller mit sich bringen könnten, wie sie der Vorlagebeschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15.03.2017 (im Übrigen unter lediglich unspezifischer Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH; vgl. VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris : „Aus der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union [...] ergeben sich keine genügenden Anhaltspunkte dafür, dass insoweit keine umfassende Bewertung gerade auch unionsrechtlich geboten sein könnte [...]“; kritisch hierzu bereits VG Freiburg, Beschluss vom 10.01.2018 - A 4 K 6049/17 -, juris ) anspricht, betrifft aber weder den einen noch den anderen der beiden genannten, bislang vom Gerichtshof der Europäischen Union seiner Rechtsprechung zugrunde gelegten Anknüpfungspunkte der gerichtlichen Kontrolle einer Dublin-Überstellung. Weder aus der Überstellung als solcher noch im sich anschließenden Asylverfahren droht dem Kläger derzeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.
39 
Eine Erweiterung der gerichtlichen Kontrolle auf eventuelle spätere Folgeentwicklungen einer Dublin-Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat würde im Übrigen letztlich auch den durch den Unionsgesetzgeber in Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtungen nach der Genfer Flüchtlingskonvention festgelegten Standard der Inländergleichbehandlung nach Art. 20 ff. der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (sog. Qualifikationsrichtlinie) über eine Auslegung der Dublin III-Verordnung überspielen und in der Konsequenz die - nach der Zuständigkeitsverteilung der Verträge - den Mitgliedstaaten obliegende Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Grundprinzipien ihrer sozialen Sicherungssysteme aushebeln. Dies wäre jedoch eine - offensichtlich weitreichende - politische Entscheidung, die allein der Unionsgesetzgeber respektive die Mitgliedstaaten treffen könnten (vgl. hierzu auch die Überlegungen in der Stellungnahme der BRD in der Rechtssache C-163/17, Jawo ./. BRD, vom 21.07.2017, dort ). Nichts Anderes folgt schließlich aus dem Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.06.2017 (BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27.06.2017 - 1 C 26.16 -, juris), der sich allein auf die Zulässigkeit einer Überstellung dort anerkannter Flüchtlinge nach Italien gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG bezieht (vgl. hierzu nur BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 14.12.2017 - 2 BvR 1872/17 -, InfAuslR 2018, S. 108 ).
40 
ccc) Eine solche Erweiterung der gerichtlichen Kontrolle ist schließlich gerade auch nach der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Überstellung von Antragstellern im Dublin-Verfahren einerseits sowie von anerkannten Flüchtlingen andererseits nach Italien nicht veranlasst.
41 
Bezüglich vorgetragener struktureller Defizite im Recht eines Konventionsstaats prüft der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Verfahren, die die Zulässigkeit einer Überstellung im Dublin-Verfahren betreffen, seit seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2011 zu Griechenland vergleichsweise detailliert, ob die allgemeinen Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Überstellungsstaat nachweislich ernsthafte Gründe für die Annahme begründen, dass diese angesichts ihrer besonderen Lage Gefahr laufen, dort einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (vgl. hierzu zuletzt zusammenfassend EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 ; für Griechenland bejaht aufgrund der im dortigen Asylverfahren seitens des UNHCR, des Europäischen Menschenrechtskommissars und vieler internationaler NGOs übereinstimmend festgestellten erheblichen strukturellen Mängel des Asylverfahren; vgl. dazu EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, , insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2011, S. 413).
42 
Zur Begründung dieses vergleichsweise strengen Kontrollmaßstabs gerade im speziellen Fall der Dublin-Überstellungen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Unterzeichnerstaaten der EMRK hat der Gerichtshof im Wesentlichen auf zwei Umstände hingewiesen, die diesen rechtfertigen: Zum einen hat der Gerichtshof großes Gewicht auf den besonderen Status des Beschwerdeführers als Asylbewerber gelegt, der deswegen einer besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe angehörte und einem weiten internationalen Konsens zufolge als solcher besonders schutzbedürftig war (vgl. auch hierzu zuletzt zusammenfassend EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 unter Verweis auf EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, , auch insoweit nicht abgedruckt in NVwZ 2011, S. 413). Zum anderen hat der Gerichtshof zur Begründung des genannten Kontrollmaßstabs maßgeblich darauf abgestellt, dass das positive Recht (nämlich die Richtlinie 2003/09/EG zur Festsetzung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern ) vorschreibe, dass bedürftigen Asylbewerbern Unterkunft und angemessene materielle Bedingungen gewährt werden müssten (vgl. nochmals EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 unter Verweis auf EGMR , Urteil vom 21.01.2011, M.S.S. v. Belgien und Griechenland, Nr. 30696/09, NVwZ 2011, S. 413 ). Der Sache nach billigt der EGMR den Mitgliedstaaten damit mit Blick auf die bereits unionsrechtlich eingegangenen Verpflichtungen - strukturell vergleichbar seiner Rechtsprechung zur „margin of appreciation“ bei anderen Konventionsgewährleistungen (vgl. zum Konzept der margin of appreciation, mit dem der EGMR seinen Kontrollmaßstab in unterschiedlichen Fallgruppen justiert, grundlegend EGMR, Handyside v. Großbritannien, Urteil vom 07.12.1976, Nr. 5493/72 ; weiterführend zu den relevanten Kriterien für die Bestimmung der Reichweite der jeweiligen margin of appreciation Prepeluh, ZaöRV 61 (2001), S. 771 <772-780>) - angesichts des damit auf dem Gebiet der Europäischen Union vorhandenen (jedenfalls normativen) Konsenses bei der Gestaltung der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im laufenden Verfahren einen geringeren Spielraum zu.
43 
Beide Begründungselemente des genannten strengen Kontrollmaßstabs unter Art. 3 EMRK bei Überstellungen im Dublin-Verfahren in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte lassen sich jedoch nach Auffassung der Kammer auf die rechtliche Bewertung einer Überstellung anerkannter Flüchtlinge - jedenfalls, wenn (wie auch hier) eine solche Anerkennungsentscheidung noch gar nicht vorliegt - nicht übertragen (vgl. zu den Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle einer Überstellung anerkannter Flüchtlinge nach Griechenland unter Art. 19 Abs. 4 GG in diesem Zusammenhang BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 08.05.2017 - 2 BvR 157/17 -, NVwZ 2017, S. 1196 ).
44 
Zum einen würde ein anerkannter Flüchtling rechtlich nicht mehr dem mit Blick auf seine besondere Vulnerabilität als Schutzsuchender während des Asylverfahrens geltenden Sonderregime der neugefassten Aufnahmerichtlinie (Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen) unterliegen, sondern wäre vielmehr gemäß Art. 20 ff. der Qualifikationsrichtlinie grundsätzlich (lediglich) ebenso wie ein Inländer zu behandeln (vgl. hierzu im Übrigen auch VGH Baden-Württemberg, Vorlagebeschluss vom 15.03.2017 - A 11 S 2151/16 -, juris unter Verweis auf die eigene Rspr. mit Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, InfAuslR 2015, S. 77).
45 
Zum anderen besteht - anders als im besonderen Fall der Mindestgewährleistungen für Asylbewerber im laufenden Verfahren - kein Konsens zwischen den Mitgliedstaaten über die den eigenen Staatsbürgern zu gewährenden Mindestleistungen sozialer Sicherheit. Auch in der Konsequenz dessen (eingehend zur sehr zurückhaltenden Rechtsprechung des EGMR hinsichtlich einer Anerkennung sozialer Leistungsrechte vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Konvention Frohwerk, Soziale Not in der Rechtsprechung des EGMR, 2012, S. 11 ff. und passim) urteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in ständiger Rechtsprechung, dass Art. 3 EMRK nicht so ausgelegt werden kann, dass er die Konventionsstaaten verpflichtet, allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen das Recht auf eine Wohnung zu gewähren (grundlegend EGMR, Urteil vom 18.01.2001, Nr. 27238/95, Chapman v. Vereinigtes Königreich ) und dass dieser Vorschrift auch keine allgemeine Pflicht entnommen werden kann, Flüchtlinge finanziell zu unterstützen, damit sie einen gewissen Lebensstandard aufrechterhalten können (grundlegend EGMR, Urteil vom 26.04.2005, Nr. 53566/99 ; vgl. zum Ganzen mit Blick auf Italien zuletzt erneut EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127 ).
46 
Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nicht nur in seinen bereits zitierten jüngeren Entscheidungen zur Zulässigkeit von Dublin-Überstellungen nach Italien betreffend nicht-vulnerable Antragsteller auf die Lebensbedingungen anerkannter Flüchtlinge nicht Bezug genommen (vgl. nochmals EGMR, Entscheidung vom 13.01.2015, A.M.E. v. Niederlande, Nr. 51428/10; Urteil vom 30.06.2015, A.S. v. Schweiz, Nr. 39350/13, juris; ebenso auch EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127). Der Gerichtshof hat darüber hinaus mit seiner jüngsten Entscheidung vom 30.05.2017 in der Sache E.T und N.T v. Schweiz betreffend die Überstellung anerkannter Flüchtlinge nach Italien - explizit in Abgrenzung zu seiner Rechtsprechungslinie zu den Dublin-Überstellungen - die zuletzt genannten Grundsätze seiner Rechtsprechungslinie zur grundsätzlich fehlenden Einklagbarkeit sozialer Mindeststandards nach der Konvention erneut bekräftigt und ausdrücklich unterstrichen, dass die dortigen Beschwerdeführer im Einklang mit den Vorgaben der Genfer Flüchtlingskonvention in Italien nach den allgemeinen Regeln des nationalen italienischen Rechts Zugang zum Arbeitsmarkt, Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung, Sozialwohnungen und dem Bildungssystem hatten, weshalb sie (insoweit) jedenfalls darauf zu verweisen seien, ihre Rechte unter der Konvention vor den italienischen Gerichten geltend zu machen (vgl. zum Ganzen EGMR, Entscheidung vom 30.05.2017, Nr. 79480/13, E.T. und N.T. v. Schweiz, ).
47 
Die Kammer entnimmt diesen Ausführungen des Gerichtshofs vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen, dass auch nach dessen Rechtsprechung das (faktische) Bestehen etwaiger struktureller Defizite im Sozialsystem eines Dublin-Überstellungsstaats auch unter Art. 3 EMRK jedenfalls nicht im Verfahren gegen eine Überstellung im Dublin-Verfahren, sondern gegebenenfalls in einem späteren Verfahren vor den Gerichten des Überstellungsstaats geltend zu machen ist.
48 
Nach alledem erweist sich die vom Bundesamt hier getroffene Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids als rechtmäßig.
49 
2. Das Bundesamt hat weiter mit Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids in Anwendung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der Fassung des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. I S. 1939) auch zutreffend festgestellt, dass nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 (unter a) und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (unter b) im Falle des Klägers nicht vorliegen. Diese Entscheidung hat das Bundesamt auch zutreffend auf den Dublin-Überstellungsstaat Italien und nicht auf das Herkunftsland des Klägers bezogen (vgl. dazu nur BVerwG, Beschluss vom 03.04.2017 - 1 C 9.16 -, NVwZ 2017, S. 1207 m.w.N.).
50 
a) Soweit das Bundesamt zunächst zutreffend das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG verneint, prüft der angegriffene Bescheid in diesem Rahmen im Wesentlichen das Nichtvorliegen systemischer Mängel im italienischen Asyl- und Aufnahmesystem, das allerdings bereits (auch) im Rahmen der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheids maßgeblich zum Prüfungsmaßstab zählt. Aus § 60 Abs. 5 AufenthG, demzufolge ein Ausländer nicht abgeschoben werden darf, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, sind hinsichtlich der - hier allein relevanten (vgl. dazu nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2012 - A 2 S 1995/12 -, juris unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, S. 526 = BVerwGE 105, 322 zur Vorgängervorschrift des § 53 Abs. 4 AuslG) - zielstaatsbezogenen Umstände keine weitergehenden Anforderungen abzuleiten als aus der oben genannten Rechtsprechung zur Frage des Bestehens systemischer Mängel des Asylsystems oder der Aufnahmebedingungen eines Dublin-Überstellungsstaats; die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt danach aus den bereits genannten Gründen im Falle des Klägers nicht in Betracht (vgl. dazu nochmals die Ausführungen unter 1.).
51 
b) Auch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist hier nicht gegeben. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dies ist hier weder unter dem Gesichtspunkt einer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in verfassungskonformer Handhabung im Ausnahmefall auch auf Allgemeingefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG aufgrund einer schlechten Versorgungslage in Italien zu begründen (unter aa) noch wegen der Gefahr einer unzureichenden Behandlung bei dem Antragsteller bestehender Krankheiten (unter bb):
52 
a) Die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG setzt grundsätzlich das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer hingegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, die nicht nur ihn persönlich, sondern zugleich die gesamte Bevölkerung oder seine Bevölkerungsgruppe allgemein treffen, wird der Abschiebungsschutz grundsätzlich nur durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Beim Fehlen einer solchen Regelung kommt die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nur zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke in Betracht, d.h. nur zur Vermeidung einer extremen konkreten Gefahrenlage in dem Sinne, dass dem Ausländer sehenden Auges der sichere Tod droht oder er schwerste Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten hätte (vgl. zu den Voraussetzungen einer solchen Anwendung im Ausnahmefall auch auf Allgemeingefahren i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 15.95 -, NVwZ 1996, S. 476 = BVerwGE 99, 331; Beschluss vom 26.01.1999 - 9 B 617.98 -, NVwZ 1999, S. 668 noch zu § 53 Abs. 6 AuslG; zuletzt etwa BVerwG, Urteil vom 08.09.2011 - 10 C 14.10 -, NVwZ 2012, S. 240 zur Situation in Afghanistan). Eine solche extreme konkrete Gefahrenlage besteht in Italien während des laufenden Asylverfahrens für den Kläger aus den bereits genannten Gründen jedoch nicht; auch insoweit kann auf die Ausführungen zur Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verwiesen werden.
53 
b) Die Gefahr, dass sich eine diagnostizierte Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Heimatland - bzw. hier im Überstellungsstaat - verschlimmert, weil die Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheit dort unzureichend sind, kann eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des betroffenen Ausländers i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen, die als zielstaatsbezogenes Abschiebehindernis im Klageverfahren gegen den Bescheid des Bundesamts zu berücksichtigen wäre (grundlegend BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, NVwZ 1998, S. 524 zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG; zuletzt mit Urteil vom 17.10.2006 – 1 C 18.05 -, NVwZ 2007, S. 712 = BVerwGE 127, 33).
54 
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.03.2016 (BGBl. I S. 390) liegt eine solche erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist, § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt nach der neuen Fassung des Gesetzes in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (§ 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG), wobei mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG in verfassungskonformer Auslegung zu fordern sein dürfte, dass dieser Teil des Zielstaats dem Ausländer auch tatsächlich zugänglich ist (vgl. dazu entsprechend BVerwG, Urteil vom 29.10.2002 - 1 C 1.02 -, DVBl. 2003, S. 463, noch zur Vorgängernorm des § 53 Abs. 6 S. 1 AuslG).
55 
Eine anhand dieses Maßstabs im Rahmen von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigende erhebliche Gesundheitsgefährdung besteht beim Kläger jedoch nicht. Die in dem hier vom Kläger vorgelegten Notfallprotokoll des Klinikums Nordstadt ... vom 13.08.2017 und im weiter vorgelegten Arztbrief der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums ... vom 25.08.2017 genannten Diagnosen (Juckreiz unklarer Genese; Furunkel am linken Oberschenkel) wurden zum einen - soweit ersichtlich erfolgreich - behandelt und erreichen darüber hinaus weder je für sich genommen noch in Kombination den Schweregrad einer nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigenden erheblichen Gesundheitsgefährdung.
56 
Im Übrigen sind die genannten Erkrankungen in Italien auch behandelbar. Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem. Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt. Das sog. ticket - der Selbstbehalt - muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt. Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne Weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (vgl. zum Ganzen nur den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, S. 54 ff.; zuletzt etwa VG München, Beschluss vom 29.12.2017 - M 9 S 17.52538 -, juris jeweils m.w.N.).
57 
3. Ferner ist auch die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids rechtmäßig ergangen. Soll ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies setzt nicht nur voraus, dass der Asylantrag mit Blick auf die Situation im Dublin-Überstellungsstaat gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zu Recht als unzulässig eingestuft (vgl. dazu oben unter 1.) und nationale Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG zutreffend verneint wurden (vgl. oben unter 2.), sondern auch, dass einer Überstellung in diesen Staat keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegenstehen.
58 
Nach der jüngeren Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ist es im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG mit Blick auf den Wortlaut dieser Vorschrift Aufgabe allein des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zu prüfen, ob „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde zur Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt.
59 
Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender, sondern auch bei nachträglich auftretenden Abschiebungshindernissen und Duldungsgründen. Gegebenenfalls hat das Bundesamt die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von deren Vollziehung abzusehen. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ist nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unter anderem dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn). Diese Gefahren muss das Bundesamt entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. zum Ganzen nur BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 -, NVwZ 2014, S. 1511 ; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011 - A 11 S 1523/11 -, InfAuslR 2011, S. 310, dort <311>; VG Karlsruhe, Beschluss vom 19.05.2014 - A 9 K 3615/13 -, juris, jeweils m.w.N.).
60 
In Übereinstimmung hiermit hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union zuletzt entschieden, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Überstellung eines Asylbewerbers, dessen Gesundheitszustand besonders ernst ist, als solche für ihn mit einer tatsächlichen Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta verbunden sein kann, unabhängig von der Qualität der Aufnahme und der verfügbaren Versorgung in dem für die Prüfung seines Antrags zuständigen Mitgliedstaat. In diesem Kontext ist davon auszugehen, dass die Überstellung eines eine besonders schwere psychische oder physische Beeinträchtigung aufweisenden Asylbewerbers, wenn mit ihr die tatsächliche und erwiesene Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden wäre, eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung im Sinne des genannten Artikels darstellen würde.
61 
Die staatlichen Stellen müssen bei Vorliegen objektiver Anhaltspunkte - wie in Bezug auf ihn ausgestellte ärztliche Bescheinigungen zum Nachweis der besonderen Schwere seines Gesundheitszustands - alle ernsthaften Zweifel hinsichtlich der Auswirkung der Überstellung auf den Gesundheitszustand des Betroffenen beseitigen. Dabei dürfen sie sich, insbesondere bei einer schweren psychischen Erkrankung, nicht auf die bloßen Folgen des physischen Transports des Betroffenen von einem Mitgliedstaat in einen anderen beschränken, sondern müssen alle erheblichen und unumkehrbaren Folgen berücksichtigen, die mit der Überstellung verbunden wären. In diesem Rahmen müssen die staatlichen Stellen des betreffenden Mitgliedstaats prüfen, ob der Gesundheitszustand des Betroffenen durch die nach der Dublin-III-Verordnung in Betracht kommenden Vorsichtsmaßnahmen angemessen und hinreichend geschützt werden kann, und, wenn ja, diese Vorsichtsmaßnahmen treffen.
62 
Hält das zuständige Gericht diese Vorsichtsmaßnahmen für ausreichend, um jede tatsächliche Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung im Fall der Überstellung des betreffenden Asylbewerbers auszuschließen, hat es die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sich zu vergewissern, dass die Behörden des ersuchenden Mitgliedstaats sie vor der Überstellung des Betroffenen umsetzen. Wenn nötig, muss dessen Gesundheitszustand vor der Durchführung der Überstellung neu bewertet werden. Sofern diese Vorsichtsmaßnahmen hingegen in Anbetracht der besonderen Schwere der Erkrankung des betreffenden Asylbewerbers nicht ausreichen, um sicherzustellen, dass seine Überstellung nicht mit der tatsächlichen Gefahr einer wesentlichen und unumkehrbaren Verschlechterung seines Gesundheitszustands verbunden sein wird, obliegt es den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats, die Durchführung seiner Überstellung auszusetzen, solange er aufgrund seines Zustands nicht überstellungsfähig ist (vgl. zum Ganzen EuGH, Urteil vom 16.02.2017, Rs. C-578/16 PPU, C.K., H.F. und A.S. ./. Slowenien, NVwZ 2017, S. 691 m.w.N. auch zur parallel laufenden jüngeren Rspr. des EGMR).
63 
Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.09.2014 - 2 BvR 939/14 -, NVwZ 2014, S. 1511, 2 BvR 732/14 und 2 BvR 1795/14, jeweils juris sowie 2 BvR 991/14; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 17.04.2015 - 2 BvR 602/15 -, NVwZ 2015, S. 810) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR , Tarakhel v. Schweiz, Urteil vom 04.11.2014, Nr. 29217/12, NVwZ 2015, S. 127) muss im speziellen Fall einer Abschiebung von Familien mit Kleinstkindern nach Italien - angesichts der dort zuletzt aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen bestehenden belastbaren Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer - unter dem letztgenannten Gesichtspunkt zu treffender Vorsichtsmaßnahmen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur Gewährleistung der Zulässigkeit der Überstellung als solcher eine konkrete und einzelfallbezogene Zusicherung der italienischen Behörden eingeholt werden, dass die Familie in Italien eine gesicherte Unterkunft für alle Familienmitglieder erhalten werde.
64 
Der Kläger ist allerdings alleinstehend und - auch angesichts der von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste - reisefähig; seiner Überstellung nach Italien im Dublin-Verfahren stehen danach auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, womit im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG „feststeht“, dass diese durchgeführt werden kann.
65 
4. Schließlich ist auch die Entscheidung des Bundesamts in Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, rechtlich nicht zu beanstanden. Inlandsbezogene Umstände - etwa familiäre Beziehungen im Bundesgebiet -, die eine dem Kläger günstigere Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begründen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
III.
66 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.