Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234

bei uns veröffentlicht am28.09.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die dienstliche Weisung vom 11. September 2018, mit der die Referententätigkeit des Antragstellers bei der durch das Compact-Magazin am 29. September 2018 veranstalteten „Grenzschutzkonferenz“ in München untersagt wurde, wird vorläufig ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und der Antragsgegner jeweils die Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die dienstliche Weisung, mit der dem Antragsteller die Referententätigkeit bei der „Grenzschutzkonferenz“ sowie gleichartiger Veranstaltungen untersagt wurde.

Der Antragsteller steht als Polizeihauptkommissar im Dienste des Antragsgegners. Bei der bevorstehenden Landtagswahl am 14. Oktober 2018 bewirbt er sich um ein Mandat im bayerischen Landtag als Kandidat der Partei Alternative für Deutschland (AfD). Im Rahmen seines Wahlkampfs beabsichtigt der Antragsteller am 29. September 2018 bei einer „Grenzschutzkonferenz“ des Magazins Compact online als Referent aufzutreten und zum Thema „Zum Zustand der inneren Sicherheit in Bayern angesichts der offenen Grenzen“ zu sprechen. Im Internet bewirbt das Magazin den Vortrag damit, dass der Antragsteller als „aktiver Polizeibeamter“ zu diesem Thema spreche. Neben dem Antragsteller referiert unter anderem der führende Aktivist der deutschsprachigen „Identitären Bewegung“ M.S.

Mit Schreiben vom 16. August 2018 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller rein vorsorglich eine Belehrung zur Vermeidung etwaiger dienstaufsichtsrechtlicher Maßnahmen. Durch die Nennung des Berufes als Polizeibeamter könne der Eindruck erweckt werden, dass auf der Veranstaltung, an welcher auch nachweislich Rechtsextremisten teilnehmen und diese zur Verbreitung extremistischer Ansichten nutzen würden, ein bayerischer Polizeibeamter zu diesem Thema vortrage. Der geplante Vortrag im Rahmen dieser Veranstaltung bzw. die Nennung des Berufes als Polizeibeamter würden daher kritisch gesehen. Entsprechend § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG werde von einem Beamten ein Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung und ein aktives Eintreten zu ihrer Erhaltung gefordert. Das Bekenntnis zum Staat und seiner Verfassung müsse daher im gesamten Verhalten zum Ausdruck kommen, innerhalb und außerhalb des Dienstes. Von einem Beamten müsse zumindest erwartet werden, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziere, die den Staat und seine freiheitlich demokratische Grundordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren. Die „Grenzschutzkonferenz“ werde aufgrund des Rednerkreises als potentiell geeignet erachtet, dass es hier zu verfassungsfeindlichen, rechtsextremistischen Äußerungen kommen könnte. In diesem Fall sei seine eindeutige Distanzierung hierzu erforderlich. Insbesondere dürften Polizeibeamte nicht den Eindruck erwecken, die Nähe zur rechtsextremen Szene zu suchen oder mit ihr zu sympathisieren. Die „Identitäre Bewegung“ werde vom Verfassungsschutz zumindest als rechtsextremistische Bestrebung beobachtet, sodass ein Auftritt neben Anhängern der Bewegung im Rahmen derselben Veranstaltung kritisch zu sehen sei. Gemäß § 33 Abs. 2 BeamtStG unterliege der Beamte bei seiner zulässigen politischen Betätigung gewissen Schranken, die sich aus dem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zu seinem Dienstherrn, seiner Loyalitätspflicht zum Staat und der Pflicht zur politischen Neutralität gegenüber der Bevölkerung ergebe. Diese Beschränkung erstrecke sich auch auf politische Betätigung außerhalb des Dienstes. Durch die ausdrückliche Nennung des Berufes als Polizeibeamter in der Ankündigung der Veranstaltung bestehe zumindest die Gefahr, dass der Vortrag als Meinung der bayerischen Polizei verstanden werden könne. Dies sei zu verhindern.

Mit Schreiben vom 13. September 2018 entgegnete der Antragsteller auf diese Belehrung, dass ihm die strikte Trennung von dienstlichen Belangen und privater politischer Betätigung seit fast 3 Jahrzehnten stets problemlos gelungen sei. Die geäußerten Bedenken seien inhaltlich nicht begründet. M.S. sei ihm nicht persönlich bekannt und erst nach seiner Zusage in die Reihe der Referenten aufgenommen worden. Die „Identitäre Bewegung“ sei im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Bundes lediglich als sogenannter Verdachtsfall aufgeführt, so dass deren verfassungsfeindliche Zielsetzung mitnichten als gesichert angenommen werden könne. Es sei Kennzeichen von Konferenzen, dass dort auch sehr kontroverse Meinungen vorgetragen würden. Die Annahme, die Referenten würden sich mit den Äußerungen der jeweils anderen Vortragenden gemein machen, sei abwegig. Die Erwähnung seines Berufes im Landtagswahlkampf sei unvermeidbar, da auf den Stimmzetteln zur Landtagswahl zwingend die Angabe des Berufes vorgeschrieben sei. Ein erzwungenes Verschweigen des Berufes wäre daher nicht nur realitätsfremd, sondern würde auch eine Benachteiligung gegenüber Mitbewerbern darstellen. Er habe nunmehr veranlasst bei der Werbung zur genannten Konferenz den Zusatz „AfD-Landtagskandidat“ aufzunehmen. Die Belehrung werfe bedenkliche Fragen auf. Ein unbegründeter Hinweis auf mögliche dienstrechtliche Konsequenzen könne geeignet sein, den Bewerber um ein Mandat zu verunsichern, einzuschüchtern und ihn zu veranlassen, auf Teile seines Wahlkampfs zu verzichten, was in unzulässiger Weise mit Art. 2 des Bayerischen Abgeordnetengesetzes kollidieren könne.

Mit Schreiben vom 11. September 2018 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller die dienstliche Weisung, wonach seine Referententätigkeit bei der durch das Magazin Compact Online veranstalteten „Grenzschutzkonferenz“ in München und gleichartigen Veranstaltungen untersagt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass nunmehr bekannt geworden sei, dass nicht nur M.S. als führender Kopf der „Identitären Bewegung“ auftrete, sondern die gesamte Veranstaltung als rechtspopulistisch einzustufen sei. Das CompactMagazin sei als „rechtsextrem“ „mit Hang zu Verschwörungstheorien“ zu bezeichnen. Es genüge hier bereits der „böse Schein“ der Zusammenarbeit eines Polizeibeamten mit einem derartigen Magazin, um eine nachhaltige Ansehensschädigung der Polizei in der Öffentlichkeit herbeizuführen. Der Vortrag des Antragstellers im Rahmen derartiger Veranstaltungen unter Nennung seines Berufes stehe aufgrund des in der Öffentlichkeit entstehenden Eindrucks im Widerspruch zu seinen beamtenrechtlichen Verpflichtungen. Im Interesse der Akzeptanz und Legitimation staatlichen Handelns sei er verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Vereinigungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Nach neuer Bewertung der Sachlage könne die Einhaltung seiner beamtenrechtlichen Pflichten nicht anders gewährleistet werden als durch das Absehen der Teilnahme als Redner an derartigen Veranstaltungen.

Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 14. September 2018 Widerspruch, welcher mit Schreiben vom 21. September 2018 abgelehnt wurde.

Mit Schreiben vom 23. September 2018 ersuchte der Antragsteller das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg um Eilrechtsschutz. Zur Begründung führte er aus, der Anordnungsanspruch resultiere aus der Verletzung der staatsbürgerlichen Rechte des Antragstellers gemäß Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 2 BayAbgG. Es sei davon auszugehen, dass der Antragsteller als erfahrener Polizeibeamter mit langjähriger Dienstzeit bei einer halbstündigen Referententätigkeit nicht der Belehrung zuwider handeln würde. Die Weisung treffe den Antragsteller in seinem Status- bzw. Grundverhältnis, insbesondere da er sich momentan im Erholungsurlaub befinde. Damit werde ihm das Recht jeden Staatsbürgers, sich politisch für eine nicht verfassungswidrige Partei engagieren und außerhalb des Dienstes seine politische Meinung äußern zu dürfen, verwehrt. Der Antragsteller würde den Vortrag nicht in Polizeiuniform halten und nach außen sich nur als um ein Abgeordnetenmandat bewerbender Bürger äußern. Es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Konferenz eine von einer verfassungswidrig/-feindlich eingestellten Organisation ausgehende Veranstaltung sei. Weder die AfD noch ihre Mitglieder würden im aktuellen Verfassungsschutzbericht als zu beobachtendes Objekt erwähnt. Es gelte das Parteienprivileg des Bundesverfassungsgerichts. Durch einen Referenten, der sich der „Identitären Bewegung“ verbunden fühle, werde die Veranstaltung nicht per se zu einer verfassungswidrigen, rechtsextremen Veranstaltung. Zudem sei die dienstliche Weisung zu unbestimmt und verstoße gegen das Übermaßverbot. Soweit dem Antragsteller durch die dienstliche Weisung aufgegeben werde, auch zukünftig nicht an „gleichwertigen Veranstaltungen“ als Referent teilzunehmen, erstrecke sich die Verfügung zeitlich vom Wortlaut her über die gesamte noch ausstehende Dienstzeit des Beamten bis hin in seine Zeit als späterer Ruhestandsbeamter. Zudem sei die Bezeichnung „gleichwertig“ zu unbestimmt. Es würde sich ihm als Abgeordneter des bayerischen Landtags verbieten, zu jedem Thema als Referent aufzutreten. Die Weisung verletze im Übrigen auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, da die strikte Untersagung jeglicher Referententätigkeit nicht einmal ansatzweise inhaltlich eingegrenzt sei. Die Weisung sei auch unvereinbar mit dem sog. Schutz der freien Mandatsausübung gemäß Art. 2 BayAbgG und stelle faktisch eine Benachteiligung am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit der Bewerbung um ein Mandat im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayAbgG dar. Ein Anordnungsgrund liege vor, da die Veranstaltung bereits am kommenden Samstag, den 29. September 2018, stattfinden werde. Eine Vorwegnahme der Hauptsache sei zuzulassen aufgrund der drohenden Nachteile für den Antragsteller, da die Berichterstattung über den Kongress publizistisch eine große Chance für den Antragsteller darstelle.

Der Antragsteller beantragt,

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, die dienstliche Weisung des Antragsgegners vom 11. September 2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Ergänzend zu den Begründungen in der Belehrung vom 16. August 2018 sowie der Weisung vom 11. September 2008 führt der Antragsgegner im Wesentlichen aus, der Antrag sei unbegründet. Die Eingriffe in den jeweiligen Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 5 Abs. 1 GG sowie Art. 2 BayAbgG seien zumindest verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Der geplante Vortrag unter Nennung seines Berufes stehe nach Berücksichtigung aller zur Verfügung stehenden Informationen aufgrund des in der Öffentlichkeit entstehenden Eindrucks im Widerspruch zu den beamtenrechtlichen Verpflichtungen des Antragstellers. Dabei sei nicht maßgeblich, ob das Werben mit dem Namen des Antragstellers in Verbindung mit der Berufsbezeichnung als Polizeibeamter auf seine Veranlassung hin oder auf Initiative des Veranstalters erfolgt sei. Die bloße Nichtanwesenheit während des Beitrages des M.S. allein werde nicht als ausreichend erachtet, sich entsprechend pflichtenkonform im beamtenrechtlichen Sinne zu verhalten. Eine eindeutige Distanzierung des Antragstellers zu verfassungsfeindlichen, rechtsextremistischen Äußerungen sei erforderlich. Unter Berücksichtigung des Gesamtcharakters der Veranstaltung könne diese Distanzierung nicht anders erfolgen als durch das Absehen der Mitwirkung des Antragstellers als Redner. Es gehe dem Antragsgegner nicht um die Parteizugehörigkeit des Antragstellers zur AfD, sondern vielmehr um den Gesamtcharakter der Veranstaltung sowie den dortigen Rednerkreis, zu dem hervorgehoben M.S von der „Identitären Bewegung“ zähle. Zudem würden als Redner auf der „Grenzschutzkonferenz“ auch der führende Kopf der Münchner Pegida sowie der Leiter von Pegida Nürnberg auftreten, welche Führungsfiguren aus dem Bereich der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit seien. Die Vorsitzende des Vereins „Volksbegehren Grenzschutz“, welches bei der „Grenzschutzkonferenz“ vorgestellt werden solle, habe ein Video geteilt, das die Schuld am Zweiten Weltkrieg einer angeblichen jüdisch-kapitalistischen Verschwörung zuschiebe. Ein Auftreten eines bayerischen Polizeibeamten auf derselben Veranstaltung könne daher nur als ansehensschädigend beurteilt werden, gleich wie sich der Antragsteller dort dann tatsächlich positioniere. Der Begriff „gleichartig“ meine auch alle künftig vom Compact-Magazin initiierten Veranstaltungen mit ähnlichem Rednerkreis. Die Weisung sei auch verhältnismäßig, da nach Neubewertung der Sachlage hinsichtlich des Gesamtkontextes der Veranstaltung das mildere Mittel der vorsorglichen Belehrung als nicht mehr ausreichend angesehen werden könne. Nicht ausreichend sei zudem eine Abstimmung des Referats des Antragstellers in sensiblen Punkten. Der maßgebliche Aspekt der dienstlichen Weisung sei nicht lediglich der Inhalt der Rede des Antragstellers, sondern bereits die Tatsache, dass ein bayerischer Polizeibeamte im Rahmen dieser Veranstaltung als solcher auftrete. Hilfsweise stelle die Entscheidung auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag ist teilweise unzulässig. Im Übrigen ist der Antrag zulässig und begründet.

1. Hinsichtlich der Untersagung der Teilnahme an gleichartigen Veranstaltungen hat der Antragsteller bereits keinen Anordnungsgrund schlüssig dargelegt. Es wurde gerade nicht vorgetragen, dass der Antragsteller in naher Zukunft beabsichtigt an gleichartigen Veranstaltungen als Redner aufzutreten und es ihm daher nicht zumutbar sei, die Entscheidung in einem noch zu erhebenden Hauptsacheverfahren abzuwarten.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist im Übrigen zulässig und insbesondere statthaft, weil es sich bei der Weisung, mit der dem Antragsteller die Referententätigkeit bei der „Grenzschutzkonferenz“ untersagt wird, mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern um eine (gemischt dienstlich-persönliche) Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 16.7.2015 - 3 CE 15.1046, B.v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 jeweils m.w.N.; BVerwG, U.v. 2.3.2006 - 2 C 3/05 - jeweils juris).

Zwar kann der Antragsteller nicht die Aufhebung der Weisung verlangen. Das Begehren des Antragstellers ist jedoch dahingehend auszulegen, dass er die vorläufige Aussetzung der Weisung begehrt (§ 88 VwGO).

3. Der Antrag ist - soweit zulässig - auch begründet. Die Weisung, mit der die Referententätigkeit und damit der Wahlkampf des Antragstellers bei der „Grenzschutzkonferenz“ untersagt wird, ist unverhältnismäßig.

Der Antragsteller hat insoweit einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da die Veranstaltung bereits am 29. September 2018 stattfindet und Rechtsschutz in der Hauptsache daher nicht mehr rechtzeitig zu erlangen ist.

Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 GG, wonach jeder das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Seine Schranken findet Art. 5 Abs. 1 GG gemäß seinem Absatz 2 in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, somit auch in Art. 33 Abs. 5 GG. Die in Art. 33 Abs. 5 GG hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums werden durch die beamtenrechtlichen Pflichten, namentlich der Treuepflicht, der Neutralitätspflicht sowie das Mäßigungsgebot in § 33 BeamtStG näher konkretisiert und ausgestaltet.

a) Beamte sind - wie alle Staatsbürger - berechtigt, sich (partei-)politisch zu betätigen. § 33 Abs. 2 BeamtStG setzt die grundsätzliche Berechtigung des Beamten zur politischen Betätigung, einschließlich der Mitarbeit in einer nicht verfassungsfeindlichen Partei und der Bewerbung um ein politisches Mandat, als gegeben voraus. Der Beamte muss außerhalb des Dienstes jedoch eine klare Trennung zwischen dem Amt und der Teilnahme am politischen Meinungskampf einhalten. Grundsätzlich kann sich ein Beamter mit der gebotenen Sachlichkeit und Distanz in Wort und Schrift zu jedem Thema, auch zu rechtspolitischen Fragen äußern. Auch die Erwähnung seines Amtes ist in der Regel erlaubt. Der Beamte darf jedoch bei seinen privaten Äußerungen nicht den Anschein einer amtlichen Stellungnahme erwecken. Außerdem darf das Amt nicht ausdrücklich in Anspruch genommen und eingesetzt werden, um seiner Meinung in der politischen Auseinandersetzung mehr Nachdruck zu verleihen und größere Beachtung und Überzeugungskraft zu verschaffen (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.1987 - 2 C 72/86 - juris; BVerfG, B.v. 6.6.1988 - 2 BvR 111/88 - juris).

Vorliegend wirbt der Veranstalter der „Grenzschutzkonferenz“ damit, dass der Antragsteller als „aktiver Polizeibeamter“ zum Thema der inneren Sicherheit - somit der Kernaufgabe der Polizei - spricht. Es wird also gezielt das Amt des Antragstellers als Polizeibeamter in Anspruch genommen, um seiner Meinung zu diesem Thema mehr Nachdruck zu verleihen. Es ist nicht auszuschließen, dass hierdurch unter Umständen der Eindruck erweckt werden könnte, dass der Antragsteller eine Stellungnahme für die Bayerische Polizei abgibt, da er gerade als „aktiver Polizeibeamter“ aufgeführt wird.

Dennoch erscheint eine vollständige Untersagung der Referententätigkeit im Rahmen der „Grenzschutzkonferenz“ unverhältnismäßig. Um der geschilderten möglichen Wirkung der Werbung vorzubeugen, wäre es ausreichend gewesen, den Antragsteller anzuweisen, eingangs seines Redebeitrags klarzustellen, dass es sich - entgegen der missverständlichen Ankündigung - um seine Privatmeinung und mitnichten um eine offizielle Stellungnahme der Bayerischen Polizei handelt. Es liegt somit ein milderes gleich effektives Mittel vor, auf das vorrangig zurückzugreifen ist.

b) Daneben verlangt die politische Treuepflicht als beamtenrechtliche Kernpflicht eine Identifizierung mit der freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates. Von einem Beamten wird über die Pflichten eines jeden Staatsbürgers hinaus ein aktives Handeln, ein Bekenntnis und ein Eintreten verlangt; eine distanzierte Indifferenz genügt nicht. (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 33 Rn. 49 ff., Rn. 59).

Ein Beamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten zu vermeiden, dass er durch sein öffentliches außerdienstliches Verhalten in vorhersehbarer und ihm daher zurechenbarer Weise den Anschein setzt, sich mit rechtsextremen und verfassungsfeindlichem Gedankengut zu identifizieren oder auch nur mit ihm zu sympathisieren. Denn im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns ist er verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Vereinigungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen. Schon das zurechenbare Setzen eines solchen Scheins stellt nach der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts eine disziplinarrechtlich bedeutsame Dienstpflichtverletzung dar. Dies ist ausnahmsweise auch dann möglich, wenn das den „bösen Schein“ begründende (außerdienstliche) Verhalten (in besonderer Weise) geeignet ist, die Akzeptanz oder Legitimation staatlichen Handelns (in bedeutsamer Weise) zu beeinträchtigen. Pflichtwidrig handelt also auch der, der zwar kein Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist, durch konkretes Handeln aber diesen Rechtsschein hervorruft (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2001 - 1 DB 15.01 - juris).

Der Antragsteller selbst ist Mitglied der AfD und damit einer nicht verfassungsfeindlichen Partei. Von einer verfassungsfeindlichen Gesinnung des Antragstellers kann daher nicht ausgegangen werden. Auch sind bisher keinerlei diesbezügliche Verfehlungen des Antragstellers bekannt. Sofern der Antragsgegner angesichts des weiteren Rednerkreises befürchtet, dass es auf der „Grenzschutzkonferenz“ im Rahmen irgendeiner Rede zu verfassungsfeindlichen, rechtsextremistischen Äußerungen kommen könnte, ist diese Befürchtung nicht völlig in Abrede zu stellen. Es werden Referenten erwartet, die Führungspersönlichkeiten der „Identitiären Bewegung“ oder der „PEGIDA München“ darstellen. Ausweislich der Verfassungsschutzberichte 2017 des Bundes sowie des Freistaates Bayern liegen tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Bestrebung der „Identitären Bewegung“ (S.80 f. Bund; S. 150 ff. Bayern) sowie auch der „PEGIDA-München“ (S. 154 ff. Bayern) vor (vgl. auch VG München, B.v. 27.7.2017 - M 22 E 17.1861 - juris).

Um den Anschein zu verhindern, dass sich der Antragsteller als Polizeibeamter mit verfassungsfeindlichem Gedankengut identifiziert und der Gefahr des Ansehensverlustes der Bayerischen Polizei vorzubeugen, wäre es jedoch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ausreichend gewesen, dem Antragsteller aufzugeben, sich eingangs seiner Rede vorbeugend von verfassungsfeindlichem Gedankengut bzw. eventueller diesbezüglicher Äußerungen anderer Redner zu distanzieren. In Verbindung mit dem oben bereits genannten Hinweis auf seine Privatmeinung, ist dies geeignet, eine Ansehensschädigung der Bayerischen Polizei zu verhindern.

c) Aus der Treuepflicht folgt zudem, dass der Beamte sich in der Öffentlichkeit nur so zurückhaltend äußern darf, dass das öffentliche Vertrauen in seine unparteiische, gerechte und gemeinwohlorientierte Amtsführung keinen Schaden nimmt. Seine politischen Meinungsäußerungen dürfen nicht Formen annehmen, die den Eindruck entstehen lassen könnten, der Beamte werde bei seiner Amtsführung nicht loyal gegenüber seinem Dienstherrn und nicht neutral gegenüber jedermann sein (vgl. BVerfG, B.v. 6.6.1988 - 2 BvR 111/88 - juris). Ein Beamter darf z.B. Maßnahmen, die er selbst - wenn auch weisungsgebunden - mit zu tragen hat, in der Öffentlichkeit nicht angreifen (Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, § 33 Rn. 133).

Hierfür sind weder Anhaltspunkte dargetan noch ersichtlich. Sollte der Antragsgegner eine diesbezügliche Pflichtverletzung dennoch befürchten, so wäre es auch hier als milderes Mittel ausreichend, dem Antragsteller aufzugeben, seinen Vortrag vorab mit dem Dienstherrn abzustimmen, wie der Antragsteller selbst in seiner Antragsschrift vorgeschlagen hat. Eine Untersagung der Referententätigkeit ist aufgrund dieses milderen Mittels jedenfalls unverhältnismäßig. Gleiches gilt für etwaige Befürchtungen der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 37 BeamtStG.

Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller seine beamtenrechtlichen Pflichten, auf die er außerdem mit der Belehrung vom 16. August 2018 ausdrücklich hingewiesen worden ist, auch im eigenen Interesse beachtet.

4. Die einstweilige Anordnung ist vorliegend auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie die Hauptsache vorwegnimmt. Wird dem Antragsteller im Sinne des Antrags ermöglicht auf der „Grenzschutzkonferenz“ zu sprechen, erledigt sich insoweit die Hauptsache. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist die Anordnung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutz jedoch schlechterdings notwendig, da ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den Erfolg auch in der Hauptsache spricht und dem Antragsteller eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe der Verwaltung entgegenstehen, zumal den Interessen des Antragsgegners durch oben genannte Anordnungen mildere Mittel zur Verfügung stehen.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Teilnahme an der „Grenzschutzkonferenz“ stellt das wesentliche Begehren des Antragstellers dar, so dass ihm bei der Kostenteilung auch entsprechendes Gewicht zu Teil werden muss, auch wenn unter die Untersagung „gleichwertiger Veranstaltungen“ demgegenüber eine Vielzahl von Veranstaltungen fallen kann. Aus diesem Grund waren die Verfahrenskosten den Beteiligten jeweils zur Hälfte aufzuerlegen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 33 Grundpflichten


(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der

Beamtenstatusgesetz - BeamtStG | § 37 Verschwiegenheitspflicht


(1) Beamtinnen und Beamte haben über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendi

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 28. Sept. 2018 - W 1 E 18.1234 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2015 - 3 CE 15.172

bei uns veröffentlicht am 23.02.2015

Tenor I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2015 wird in seinen Ziffern I und II abgeändert. II. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführun

Verwaltungsgericht München Beschluss, 27. Juli 2017 - M 22 E 17.1861

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. II. Die Kosten des V

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2015 - 3 CE 15.1046

bei uns veröffentlicht am 16.07.2015

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt. G

Referenzen

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin steht als Polizeiinspektorin im Dienst des Antragsgegners. Seit dem 12. Mai 2014 ist sie dienstunfähig erkrankt und wurde im Zeitraum vom 14. Juli 2014 bis 22. August 2014 stationär sowie im Zeitraum vom 24. November 2014 bis 19. Dezember 2014 tagesklinisch in der K. behandelt. Seit dem 29. Juni 2014 befindet sich die Antragstellerin wieder in tagesklinischer Behandlung in der K.

Die Antragstellerin wurde am 14. Oktober und am 20. November 2014 vom Ärztlichen Dienst der Polizei, Frau Dr. ... - Fachärztin für Psychiatrie - untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Antragstellerin aufgrund einer fortbestehenden psychischen Gesundheitsstörung weiterhin dienstunfähig erkrankt sei. Nach Durchführung der geplanten teilstationären psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung ab 24. November 2014 solle eine polizeiärztliche Nachuntersuchung erfolgen. Bis zur Nachuntersuchung könne nicht mit einem Dienstantritt der Antragstellerin gerechnet werden.

Das Polizeipräsidium München forderte die Antragstellerin mit Schreiben vom 2. Februar 2015 auf, sich zur Überprüfung ihrer Dienstfähigkeit am 24. Februar 2015 amtsärztlich untersuchen zu lassen. An dieser Untersuchungsaufforderung wurde nicht festgehalten, nachdem die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt hatte (Verfahren M 5 E 15.703). Das Verfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen mit Beschluss vom 19. März 2015 eingestellt.

Zuvor war der Ärztliche Dienst der Polizei vom Polizeipräsidium München mit Schreiben vom 14. Januar 2015 gebeten worden, unter Berücksichtigung des Gesundheitszeugnisses vom 24. November 2011 eine polizeiärztliche Nachuntersuchung durchzuführen und die folgenden Fragen zu beantworten:

1. Ist die Beamtin zum Untersuchungszeitpunkt dienstfähig? Wenn Nein, wann kann mit der Wiedererlangung der Dienstfähigkeit der Beamtin gerechnet werden?

2. Ist die Beamtin weiterhin gesundheitlich geeignet für eine Verwendung im allgemeinen Beamten- und Verwaltungsdienst?

3. Ist die Beamtin wieder vollschichtig dienstfähig oder ist sie gesundheitlich nurmehr geeignet, ihre Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit zu erfüllen (§ 27 BeamtStG)?

Wenn Ja, in welchem Umfang wäre die regelmäßige Arbeitszeit herabzusetzen und in welcher Verwendung wäre die begrenzte Dienstleistung noch möglich?

4. Liegen bei der Beamtin noch psychische Probleme vor?

5. Wurden bereits alle medizinischen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft oder gibt es noch geeignete medizinische Maßnahmen, um die allgemeine Dienstfähigkeit der Beamtin in absehbare Zeit wiederherzustellen und evtl. vorliegende psychische Probleme in den Griff zu bekommen?

Das Polizeipräsidium München forderte die Antragstellerin mit - dem hier verfahrensgegenständlichen - Schreiben vom 26. März 2015 erneut auf, sich zur Überprüfung der Dienstfähigkeit am 15. April 2015, 8.30 Uhr bzw. am 13. Mai 2015, 8.30 Uhr amts-/polizeiärztlich vom Ärztlichen Dienst der Polizei, Frau Dr. ..., untersuchen zu lassen. Aufgrund der dokumentierten Krankheitszeit könne festgestellt werden, dass seit dem 12. Mai 2014 keine Dienstleistung möglich gewesen sei. Die amtsärztliche Untersuchung erfolge zur Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit und beziehe sich hierbei auf eine Untersuchung bezüglich des Vorliegens psychologischer und psychiatrischer Erkrankungen. Dabei werde zur Klärung ihrer Dienstfähigkeit im Rahmen der vorgesehenen Nachuntersuchung ein ausführliches Anamnesegespräch zur diagnostischen Erhebung ihrer Krankheit geführt. Im Rahmen dessen werde die Antragstellerin zu ihrem zwischenzeitlichen und aktuellen gesundheitlichen Befinden befragt und ggf. derzeit bestehende psychologische und psychiatrische Beschwerden und Störungen sowie aktuelle Konfliktkonstellationen exploriert. Gegenstand des Gesprächs könnten u. a. eine Familienanamnese mit psychosozialer Situation, die frühkindliche und schulische Entwicklung, Pubertät und frühes Erwachsenenalter, Partnerschaften, Ehe, Familie, sozioökonomische Verhältnisse, Freizeitgestaltung, Suchtanamnese und frühere psychische und physische Erkrankungen sein.

Die Antragstellerin beantragte beim Verwaltungsgericht am 10. April 2015 im Wege einer einstweiligen Anordnung,

die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Polizeipräsidiums München vom 26. März 2015 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung der Verpflichtung der Antragstellerin, die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom 26. März 2015 zu befolgen, freizustellen.

Der Antragsgegner beantragte, den Antrag abzulehnen.

Nach richterlichem Hinweis wurde der Untersuchungsauftrag an den Ärztlichen Dienst der Polizei mit Schreiben vom 6. Mai 2015 abgeändert; die letzten beiden Fragen fielen ersatzlos weg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 8. Mai 2015 abgelehnt.

Die streitgegenständliche Anordnung sei in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig. Die Antragstellerin habe nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel hinsichtlich ihrer Dienstunfähigkeit bestünden. Den von der Rechtsprechung geforderten formellen Anforderungen genüge die Anordnung des Antragsgegners vom 26. März 2014. Die Antragstellerin sei seit dem 12. Mai 2014 durchgehend dienstunfähig erkrankt. Ausweislich der vorliegenden Gesundheitszeugnisse des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom 14. Oktober 2014 und 24. November 2014 liege der Dienstunfähigkeit der Antragstellerin eine fortbestehende psychische Gesundheitsstörung zugrunde, was seitens der Antragstellerin auch nicht bestritten werde. Nachdem sich die Antragstellerin nach der letzten polizeiärztlichen Untersuchung am 20. November 2014 in der Zeit vom 24. November 2014 bis 19. Dezember 2014 einer teilstationären Behandlung unterzogen habe, sei nachvollziehbar und in der Anordnung vom 26. März 2014 auch ausreichend dargelegt, dass der Dienstherr nunmehr unter Berücksichtigung der durchgeführten Maßnahme Erkenntnisse über Art und Umfang fortbestehender Einschränkungen der Dienstfähigkeit der Antragstellerin gewinnen wolle. Damit sei in tatsächlicher Hinsicht der Anlass der vorgesehenen Untersuchung für die Antragstellerin erkennbar dargelegt. Die Untersuchungsanordnung sei aber auch inhaltlich nach Art und Umfang hinreichend eingegrenzt und nicht unverhältnismäßig. Die vorgesehene Exploration betreffe zwar die durch Art. 2 Abs. 2 GG geschützten Kernbereich der privaten Lebensgestaltung. Allerdings gehöre eine umfassende Anamnese zum ärztlichen Standardvorgehen. Eine diesbezügliche Erhebung erscheine insbesondere auch deshalb erforderlich, weil die Antragstellerin selbst keinerlei medizinische Befunde oder ärztliche Atteste vorgelegt habe, denen eine aktuelle Beschreibung der Einschränkungen ihrer Leistungsfähigkeit aufgrund der vorliegenden psychischen Gesundheitsstörung bzw. eine Verlaufsprognose hierzu entnommen werden könnte. Eingegrenzt werde die Untersuchung auch dadurch, dass diese sich in dem vorgesehenen Anamnesegespräch erschöpfe. Damit seien weitergehende Untersuchungen (z. B. körperlicher Art) im Untersuchungstermin ausgeschlossen. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Dienstherr auf andere Weise die erforderlichen Erkenntnisse im Hinblick auf die dienstlichen Verwendungsmöglichkeiten der Antragstellerin gewinnen könne. Insbesondere könnte ein Untersuchungstermin bei einem niedergelassenen Psychiater keine gleichwertigen Erkenntnisse erbringen, weil dieser die dienstlichen Erfordernisse nicht in gleicher Weise wie der Polizei-/Amtsarzt beurteilen könne.

Mit der am 12. Mai 2015 eingelegten und Schriftsatz vom 5. Juni 2015 begründeten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

Die Untersuchungsanordnung vom 26. März 2015 genüge nicht den formalen Anforderungen. Es werde nicht ausgeführt, warum eine polizeiärztliche Nachuntersuchung erforderlich sein, der bloße Hinweis auf die in den Monaten November und Dezember 2015 durchgeführte teilstationäre Behandlung sei nicht ausreichend. Der Antragstellerin gegenüber werde suggeriert, es handele sich um eine bloße Fortsetzungsuntersuchungsanordnung, obwohl in der Untersuchungsanordnung auch davon die Rede sei, dass Zweifel an der allgemeinen Dienstfähigkeit bestünden und eine Ruhestandsversetzung nicht ausgeschlossen werden könne. Die Untersuchung solle auch über die Dienstfähigkeit, die Wiederherstellung der eingeschränkten Dienstfähigkeit, Behandlungs- und Therapiemaßnahmen, Stabilisierung und Erhaltung der uneingeschränkten Dienstfähigkeit und eine dauerhafte Vermeidung der Dienstunfähigkeit Ausschluss geben. Vor diesem Hintergrund sei der Untersuchungszweck nicht klar. Soweit auf eine durchgehende Dienstunfähigkeit seit dem 12. Mai 2014 verwiesen worden sei, sei nicht klar, ob es sich dabei um eine durchgehende Dienstunfähigkeit wegen einer Erkrankung oder wegen verschiedener unterschiedlicher Erkrankungen handele. Derzeit sei die Antragstellerin aufgrund einer Entzündung der Nasennebenhöhlen erkrankt. Die Untersuchungsanordnung sei inhaltlich nach Art und Umfang nicht hinreichend eingegrenzt und damit unverhältnismäßig. In der Untersuchungsanordnung werde ausgeführt, dass sich die Polizeiärztin einen Überblick über die von der Antragstellerin zwischenzeitlich durchgeführten Therapiemaßnahmen und der Behandlungsergebnisse verschaffen wolle. Es sei unklar, warum hierfür eine derartig tief gehende Exploration erforderlich sei. Außerdem sei die Untersuchungsanordnung nicht zu befolgen, weil die gesetzlich vorgesehene Belehrung unvollständig sei. Für die Antragstellerin sei nicht absehbar, im welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Untersuchungserkenntnisse an den Dienstherrn weiter gegeben werden könnten. Es hätte auch ein Hinweis darauf erfolgen müssen, dass die ärztliche Schweigepflicht fortbesteht, wenngleich eingeschränkt ist. Weiter hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass die Antragstellerin auf Wunsch eine Kopie des Untersuchungsauftrags enthalten könne. Denn durch die Ermöglichung, den Gutachtensauftrag einzusehen, könne die Antragstellerin den Umfang der seitens des Dienstherrn gestellten Fragen an die Amtsärztin erkennen. Dies diene auch der Kontrolle, ob der Gutachtsauftrag tatsächlich in gesetzmäßiger Weise erstellt worden sei und ob das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Familienangehörigen gewahrt bleibe, deren Verhalten bei der Familienanamnese abgefragt werde.

Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 18. Juni 2015,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums München vom 13. April, 12. Mai, 13. Mai und 7. Juli 2015 wurden weitere Ersatztermine für die ärztliche Untersuchung festgelegt, der letzte am 5. August 2015, 10.00 Uhr.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist statthaft, weil es sich bei der Anordnung gegenüber der Antragstellerin, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG zur Klärung ihrer Dienstfähigkeit/Dienstunfähigkeit polizei-ärztlich untersuchen zu lassen, mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern um eine (gemischt dienstlich-persönliche) Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (vgl. BayVGH, B. v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 - juris Rn. 13).

2. Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht zudem nicht entgegen, dass die Untersuchungsanordnung als behördliche Verfahrenshandlung nach § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist, da sie im Sinne des § 44a Satz 2 VwGO vollstreckt werden kann, weil ihre Nichtbefolgung (jedenfalls bei aktiven Beamten) mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann (BayVGH, B. v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 - juris Rn. 14). Darüber hinaus sollen von § 44a Satz 2 VwGO seiner ratio legis nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen anderenfalls - also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns - die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutz des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Untersuchungsanordnung zulässig, wenn sie eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtstellung beeinträchtigt. Das ist vorliegend zu bejahen, weil eine erneute psychiatrische/psychologische der Antragstellerin erfolgen soll (vgl. BayVGH, B. v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 - juris Rn. 14). Damit ist zugleich auch ein Anordnungsgrund gegeben.

3. Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss wegen der mit ihr verbundenen Eingriffe in die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bestimmten formellen und inhaltlichen Anforderungen genügen (vgl. BVerwG, B. v. 10.4.2014 - 2 B 80/13 - juris; BayVGH, B. v. 23.2.2015 - 3 CE 15.172 - juris Rn. 15).

Nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt, wenn Zweifel über die Dienstunfähigkeit des Beamten bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amts zu erfüllen. Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 19).

Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstunfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind. Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, "worum es geht" (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 20). Genügt diese Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 20).

Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Erhebungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Deshalb sind die mit einer solchen Untersuchung verbundenen Eingriffe in das Recht des Beamten aus Art. 2 Abs. 2 GG wie auch in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht regelmäßig weitgehend. (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 22).

Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 23).

Nach diesen höchstrichterlichen Vorgaben ist die Untersuchungsaufforderung vom 26. März 2015 rechtmäßig.

a. Die Gründe für die psychologische/psychiatrische (Nach-)Untersuchung durch die Polizeiärztin sind in der Untersuchungsaufforderung angegeben. Sie ergeben sich aus dem Umstand, dass die Antragstellerin letztmals am 20.November 2014 von Ärztlichen Dienst der Polizei begutachtet und zum Untersuchungszeitpunkt eine fortbestehende psychischen Gesundheitsstörung und Dienstunfähigkeit festgestellt worden ist. Ferner aus dem Umstand, dass sich die Antragstellerin einer erneuten teilstationären psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung ab dem 24. November 2014 unterziehen wollte und im Anschluss daran eine polizeiärztliche Nachuntersuchung vorgesehen war. Diese Gründe rechtfertigen es, eine polizeiärztliche Untersuchung auf psychologischen/psychiatrischen Gebiet anzuordnen, da letztlich nur der Polizeiarzt beurteilen kann, ob die Antragstellerin den Anforderungen des Amts im abstrakt-funktionellen Sinn in Zukunft gewachsen ist, da dieser die Anforderungen an das konkrete Amt kennt und zudem auch beurteilen kann, ob die Antragstellerin polizeidienstfähig ist.

Damit kommt es nicht auf die in der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die durchgehende Dienstunfähigkeit seit 12. Mai 2014 einen Umstand im Sinne der vorzitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung darstellt (vgl. hierzu BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 27), da insoweit nur eine flankierender, nicht aber ein tragender Umstand genannt worden ist, der letztlich vor dem Hintergrund der vermuteten Dienstunfähigkeit nach Art. 65 Abs. 1 BayBG zu sehen ist.

Auch die in der Beschwerdebegründung vorgenommene Differenzierung zwischen einer Nachfolgeuntersuchung einerseits und der Untersuchung der (eingeschränkten) Dienstfähigkeit andererseits rechtfertigt nicht die Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Denn die Antragstellerin blendet damit aus, dass die Nachuntersuchung nicht Selbstzweck ist, sondern selbstverständlich vor dem Hintergrund der Feststellung der (eingeschränkten) Dienstfähigkeit steht. Zweck der Untersuchung ist stets der Klärung ernstlicher Zweifel an der Dienstfähigkeit (vgl. BVerwG, B. v. 21.2.2014 - 2 B 24/12 - juris Rn. 7), was sich bereits an materiell-rechtlichen Grundlage der Untersuchungsanordnung - Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG - ablesen lässt.

b. Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung sind klar erkennbar. Die Antragstellerin hat sich zur Klärung ihrer Dienstfähigkeit im Rahmen der vorgesehenen Nachuntersuchung einem ausführlichen Anamnesegespräch zu unterziehen, wobei in der Untersuchungsaufforderung mögliche Gesprächsinhalte skizziert werden, die zum Standard einer Anamneseerhebung in der psychologischen bzw. psychiatrischen Diagnostik gehört, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. insoweit auch BVerwG, U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - juris Rn. 22). Damit ist Art und Umfang der ärztlichen Behandlung hinreichend umschrieben. Zur umfassenden Information ist der Untersuchungsauftrag und die Fragen an den Ärztlichen Dienst dem Beamten zur Kenntnis zu bringen. Das sieht bereits Ziff. 1.3.2 Satz 3 des Abschnitts 8 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 13. Juli 2009, zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 24. Juli 2014 - Bekanntmachung -) auf Wunsch des Beamten vor. Aber auch ohne ausdrücklichen Wunsch ist der Untersuchungsauftrag dem Beamten bekannt zu geben. Dies gilt umso mehr, als die Fragen an den (Polizei-)Arzt im Wesentlichen den Umfang bzw. die Zielrichtung der ärztlichen Untersuchung bestimmen. Schließlich ist die Mitteilung der Fragestellung an den Betroffenen auch geboten, um diesem die Prüfung zu ermöglichen, ob sich der Amtsarzt an die Fragestellung der Behörde hält (vgl. zur insoweit vergleichbaren Situation bei der Fahrerlaubniseignung: VGH Mannheim, U. v. 10.12.2013 - 10 S 2397/12 - juris Rn. 26; OVG Magdeburg, B. v. 16.4.2012 - 3 M 527/11 - NJW 2012, 2604 - juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 28.9.2006 - 11 CS 06.732 - juris Rn. 18/20). Vorliegend hat die Antragstellerin sowohl den Untersuchungsauftrag vom 14. Januar 2015 als auch den nunmehr maßgeblichen Untersuchungsauftrag vom 6. Mai 2015 vom Antragsgegner erhalten, so dass ihr die Fragestellung bekannt und sie mithin umfassend über den Umfang der ärztlichen Untersuchung informiert und auch in der Lage ist, zu erkennen, ob sich der Amtsarzt an den Fragenkatalog der Untersuchungsauftrags hält. Hinsichtlich des Umfangs der ärztlichen Untersuchung ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin bislang keinerlei medizinische Befunde oder ärztliche Atteste vorgelegt hat, die eine Eingrenzung vor Beginn der Untersuchung ermöglichen könnten. Es besteht kein gesteigertes Begründungserfordernis für die - ohnehin nur als möglich beschriebenen - Gesprächsinhalte, die zudem im ärztlichen Ermessen stehen, zumal insoweit das Korrektiv des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit greift, wonach eine psychologische/psychiatrische Untersuchung nur dann überhaupt möglich ist, wenn Umstände für eine im geistigen, nervlichen oder seelischen Bereich begründete, dem psychiatrischen Fachbereich zuzuordnende Dienstunfähigkeit des Beamten in der Untersuchungsanordnung genannt werden (vgl. VGH. B.-W., U. v. 22.7.2014 - 4 S 1209/13 - juris Rn. 30). Das ist hier - wie bereits ausgeführt - der Fall.

4. Die Beschwerde rügt, die Untersuchungsanordnung sei unvollständig. Nach Art. 67 Abs. 3 Satz 1 BayBG hat die Behörde vor der Untersuchung auf den Zweck der Untersuchung und auf die ärztliche Befugnis zur Übermittlung der Untersuchungsbefunde nach Abs. 1 an die Behörde hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis findet sich in der verfahrensgegenständlichen Untersuchungsanordnung, wobei er sich auf die Nennung des Art. 67 Abs. 1 BayBG beschränkt, ohne diesen zu zitieren. Eine detaillierte Belehrungspflicht unter Aufnahme der Passage „soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist“, wie sie die Antragstellerin reklamiert, lässt sich aus Art. 67 Abs. 3 Satz 1 BayBG nicht ableiten. Der Umfang der Mitteilungspflicht an das Polizeipräsidium München ist vielmehr mit der Bezugnahme auf Art. 67 Abs. 1 BayBG in der Untersuchungsanordnung hinreichend und entsprechend dem Sinn und Zweck der Hinweispflicht umschrieben. Die Beschwerde verweist auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht Dritter und versucht einen Zusammenhang mit der Hinweispflicht nach Art. 67 Abs. 3 Satz 1 BayBG zu konstruieren und berücksichtigt damit nicht, dass die Rechte Dritter durch Art. 67 Abs. 1 BayBG, der unabhängig jeder Hinweispflicht gilt, ausreichenden Schutz genießen. Danach ist die Übermittlung medizinischer Einzelheiten wegen der Schwere des Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Beamten und auch Dritter auf das unbedingt erforderliche Maß reduziert.

5. Der Antragstellerin ist nicht zu folgen, soweit sie ein Junktim zwischen Untersuchungsanordnung und Gutachtensauftrag behauptet mit der Folge, dass bei einer Änderung des Gutachtensauftrags eine erneute Untersuchungsanordnung zu ergehen hat. Zwar besteht insoweit ein Sachzusammenhang zwischen der Untersuchungsanordnung und dem Untersuchungsauftrag, dass sich letzterer nur im Rahmen der angeordneten Untersuchung (Art und Umfang) bewegen kann. Aus diesem Sachzusammenhang ist zu schließen, dass die Untersuchungsaufforderung nur dann abzuändern wäre, wenn der Untersuchungsauftrag eine Änderung von Art und/oder Umfang der angeordneten (polizei-)ärztlichen Untersuchung erfordern würde. Das ist hier nicht der Fall.

6. Schließlich lässt sich weder der Bekanntmachung noch dem Bayerischen Beamtengesetz eine Hinweispflicht auf die eingeschränkte Fortgeltung der ärztlichen Schweigepflicht (vgl. Ziff. 1.4.2 des Abschnitts 8 der Bekanntmachung) entnehmen. Eine solche lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Auffangstreitwerts festzusetzen ist.

Tenor

I.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2015 wird in seinen Ziffern I und II abgeändert.

II.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die Antragstellerin vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung der amts-/polizeiärztlichen Untersuchung auf orthopädischem/chirurgischem Gebiet aufgrund der Anordnung des Polizeipräsidiums M. vom 22. Dezember 2014 freizustellen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

III.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin steht als Polizeiamtfrau im Dienst des Antragsgegners. Sie wurde letztmals am 23. Juli 2012 polizeiärztlich begutachtet und als polizeidienstunfähig eingestuft.

Seit dem 21. November 2013 ist die Antragstellerin dienstunfähig erkrankt. Hierzu legte sie zunächst für die Zeit vom 21. November 2013 bis 20. Dezember 2013 drei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. S. - Facharzt für Orthopädie und Unfallchirugie - und für die Zeit vom 20. Dezember 2013 bis 28. November 2014 zehn Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. I.-G. - Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie - und für die Zeit vom 21. November 2014 bis 9. Januar 2015 erneut zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. S. vor. Mit Schreiben vom 24. November 2014 wurde die Antragstellerin aufgefordert, dem ärztlichen Dienst der Polizei ärztliche Zeugnisse, die im Zusammenhang mit ihrer Erkrankung stehen, vorzulegen. Aufgrund der seit 20. Dezember 2013 vorgelegten Atteste und mangels weitergehender Erkenntnisse über das Krankheitsbild sei zu vermuten, dass eine Erkrankung im psychologischen, psychiatrischen bzw. neurologischen Bereich vorliege.

Hierzu legte die Antragstellerin ärztliche Befundberichte von Dr. S. vom 28. November 2014 und von Dr. I.-G. vom 27. November 2014 vor.

Nachdem frühere Untersuchungsaufforderungen des Polizeipräsidiums M. vom 22. April 2014 und vom 14. Oktober 2014 im Wege einer einstweiligen Anordnung durch das Verwaltungsgericht für nicht rechtmäßig erachtet wurden, wurde die Klägerin mit Schreiben vom 22. Dezember 2014 erneut zu einer amts-/polizeiärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit/Dienstunfähigkeit seit dem 21. November 2013 aufgefordert. Aufgrund der dokumentierten Krankheitszeit könne festgestellt werden, dass seit dem 21. November 2013 keine Dienstleistung möglich gewesen sei. Die amtsärztliche Untersuchung erfolge zur Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit und beziehe sich hierbei auf eine Untersuchung bezüglich des Vorliegens orthopädischer bzw. chirurgischer und psychologischer, psychiatrischer bzw. neurologischer Erkrankungen. Im Weiteren wurde der Rahmen der Begutachtung durch einen Orthopäden und einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie festgelegt.

Hiergegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und beantragte beim Verwaltungsgericht am 19. Januar 2015 im Wege einer einstweiligen Anordnung,

die Antragstellerin bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von der Verpflichtung freizustellen, die Anordnung des Polizeipräsidiums M. vom 22. Dezember 2014 zur Teilnahme an einer polizeiärztlichen Durchsuchung und Begutachtung am 21. Januar 2015 bzw. am 28. Januar 2015 oder 11. Februar 2015 jeweils 9.00 Uhr zu befolgen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 20. Januar 2015 abgelehnt. Die streitgegenständliche Anordnung sei in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig. Die Antragstellerin habe nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel hinsichtlich ihrer Dienstunfähigkeit bestünden. Den von der Rechtsprechung geforderten formellen Anforderungen genüge die Anordnung des Antragsgegners vom 22. Dezember 2014. Sie sei nicht zu unbestimmt, sondern vielmehr aus sich heraus verständlich, weil daraus hervorgehe, aus welchen Gründen die Antragstellerin sich sowohl einer chirurgischen als auch einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen solle. Aufgrund der vorgelegten Atteste habe der Dienstherr zu dem Schluss gelangen können, dass bei der Antragstellerin eine Erkrankung im chirurgischen/orthopädischen und/oder psychologischen, psychiatrischen oder neurologischen Bereich vorliege und entsprechende Untersuchungen anordnen können. Die Antragstellerin könne der Aufforderung entnehmen, was konkreter Anlass sei. Ferner habe der Antragsgegner die geforderten Untersuchungen nach ihrer Art und ihren Grundzügen festgelegt. Auch die Weigerung des Antragsgegners, der Antragstellerin die Mitnahme einer Begleitperson zur Untersuchung zu gestatten, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Polizeiarzt habe eine Beurteilung der Dienstfähigkeit vorzunehmen. Eine solche verlässliche Einschätzung erfordere neben sorgfältiger körperlicher Untersuchung auch ein unmittelbares und unbeeinflusstes ärztliches Gespräch.

Mit der am 20. Januar 2015 eingelegten und mit Schriftsätzen vom 29. Januar 2015, 6. Februar 2015 und 23. Februar 2015 begründeten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Dem polizeiärztlichen Dienst des Antragsgegners seien zwei aktuelle Befundberichte übersandt worden, aus denen sich einerseits aus neurologischer/psychiatrischer Sicht eine vollständige Dienstfähigkeit, sogar eine vollständige Vollzugsdienstfähigkeit unter Berücksichtigung des Einsatzortes, andererseits aus orthopädischer Sicht eine konkret zu erwartende vollständige Ausheilung der Folgen des Rippenbruchs ergebe. Aus welchem Grund der Antragsgegner meine, es lägen dennoch Bedenken auf beiden fachärztlichen Gebieten hinsichtlich der Dienstfähigkeit der Antragstellerin vor, ergebe sich aus der Anordnung nicht und diese sei deshalb für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar. Es wäre eine Begründung erforderlich gewesen, damit die Antragstellerin erkennen könne, aufgrund welcher Tatsachen der Antragsgegner trotz Vorlage entgegenstehender Befundberichte dennoch eine weitere Dienstunfähigkeit befürchte. Ebenso gehe das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon aus, dass die Untersagung der Mitnahme einer Begleitperson zur Untersuchung rechtmäßig sei.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Mit Schreiben des Polizeipräsidiums M. vom 5. Februar 2015 wurden weitere Ersatztermine für die ärztliche Untersuchung festgelegt, der letzte am 6. März 2015.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und hat teilweise in der Sache Erfolg. Die begehrte einstweilige Anordnung ist aus den Gründen, die von ihr innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind, zu erlassen, soweit sie die amts-/polizeiärztliche Untersuchung auf orthopädischem/chirurgischem Gebiet betrifft. Im Übrigen ist der Antrag abzulehnen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist statthaft, weil es sich bei der Anordnung gegenüber der Antragstellerin, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG zur Klärung ihrer Dienstfähigkeit/Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen, mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt i. S. von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, sondern um eine (gemischt dienstlich-persönliche) Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (BayVGH, B. v. 28.1.2013 - 3 CE 12.1883 - juris Rn. 26; v. 6.10.2014 - 3 CE 14.1357 juris Rn. 12).

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht zudem nicht entgegen, dass die Untersuchungsanordnung als behördliche Verfahrenshandlung i. S. von § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist, da sie i. S. d. § 44a Satz 2 VwGO vollstreckt werden kann, weil ihre Nichtbefolgung (jedenfalls bei aktiven Beamten) mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann (BayVGH B. v. 6.10.2014 - a. a. O. - juris Rn. 13). Darüber hinaus sollen von § 44a Satz 2 VwGO seiner ratio legis nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen anderenfalls - also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns - die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutz des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Untersuchungsanordnung zulässig, wenn sie eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtstellung beeinträchtigt. Das ist vorliegend zu bejahen, weil eine erneute orthopädische/chirurgische und psychiatrische/psychologische bzw. neurologische Untersuchung der Antragstellerin erfolgen soll (BayVGH, B. v. 6.10.2014 a. a. O. Rn. 13). Damit ist zugleich auch ein Anordnungsgrund gegeben.

Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen (BVerwG, U. v. 26.4.2012 - 2 C 17/10; U. v. 30.5.2013 - 2 C 68/11 - B. v. 10.4.2014 - 2 B 80/13 jeweils juris).

Die Untersuchungsanordnung hat zur Voraussetzung, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob die Beamtin wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten ihres abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 19). Die diesbezüglichen Zweifel des Dienstherrn müssen sich auf konkrete Umstände stützen und dürfen nicht aus der Luft gegriffen sein (BayVGH, B. v. 28.1.2013 a. a. O. Rn. 31). Die Anordnung muss sich auf Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, die betroffene Beamtin sei dienstunfähig bzw. polizeidienstunfähig. Der Anordnung müssen die tatsächlichen Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit der Beamten als naheliegend erscheinen lassen (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 19).

In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, in der Anordnung angeben (BVerwG, U. v. 30.5.2013 a. a. O. Rn. 20). Die Beamtin muss anhand der darin gegebenen Begründung entnehmen können, was konkreter Anlass ist und ob das in der Anordnung Verlautbarte die Zweifel an seiner Polizeidienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Dabei darf die Behörde nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat würde schon wissen, „worum es gehe“ (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 20). Genügt diese Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (BVerwG, U. v. 26.4.2012 a. a. O. Rn. 21).

1. Diesen Anforderungen wird die Anordnung des Antragsgegners vom 22. Dezember 2014 offensichtlich nicht hinsichtlich der Anordnung einer Untersuchung auf orthopädischem/chirugischem Gebiet gerecht. In dem Schreiben des Antragsgegners vom 24. November 2014 hinsichtlich der amts/polizeiärztlichen Untersuchung zur Überprüfung der allgemeinen Dienstfähigkeit seit dem 21. November 2013, mit dem die Klägerin zur Vorlage vorhandener Befund- und Behandlungsberichte, Atteste oder weiterer ärztlicher Zeugnisse aufgefordert wurde, wurde vermutet, dass bei der Antragstellerin eine Erkrankung im psychologischen, psychiatrischen bzw. neurologischen Bereich vorliegt. Daher solle demnächst eine amtsärztliche Untersuchung bei Herrn Dr. G. - Facharzt für Psychiatrie - stattfinden. Bezug genommen wurde dabei auf drei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. S. - Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie für den Zeitraum vom 21. November 2013 bis 20. Dezember 2013 sowie auf zehn Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. E.-G. - Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Hierzu hat die Antragstellerin dann ärztliche Befundberichte zur Vorlage beim Polizeiarzt von Dr. E.-G. sowie von Dr. S. vorgelegt. Eine Krankschreibung aus orthopädischen Gründen erfolgte durch Dr. S. in der Zeit vom 21. November 2013 bis 20. Dezember 2013, mithin fast ein Jahr zurückliegend und dann wieder aufgrund der Fraktur der 11. Rippe sowie einer Ellbogenprellung am 21. November 2014 bis 9. Januar 2015. In dem Befundbericht vom 28. November 2014 erläuterte Dr. S., dass sich die Antragstellerin im Rahmen eines häuslichen Unfalls eine Fraktur der elften Rippe rechts sowie eine Ellenbogenprellung rechts zugezogen habe. Es sei zunächst eine Arbeitsunfähigkeit bis 9. Januar 2015 ausgestellt worden. Das Ende der Dienstunfähigkeit sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbar. Eine weitere Kontrolluntersuchung werde nach dem 9. Januar 2015 durchgeführt. Die von der Antragstellerin erlittenen Verletzungen würden, nach aktuellem Sachstand, ohne Folgen ausheilen. In der dann am 22. Dezember 2014 erfolgten Anordnung zur Überprüfung der allgemeinen Dienstunfähigkeit wurde neben der bereits angekündigten psychologischen/psychiatrischen bzw. neurologischen Untersuchung eine weitere Untersuchung auf orthopädischem bzw. chirurgischem Gebiet angeordnet, ohne hierfür eine Begründung zu geben, was konkret ihr Anlass ist. Vor der Fraktur der elften Rippe lag die letzte orthopädische Krankschreibung bereits zum 22. Dezember 2013 zurück. In dem vorgelegten Befundbericht von Dr. S. vom 28. November 2014 wird eine Rippenfraktur beschrieben, die vollständig ausheilen soll. Aufgrund dieser Sachlage ist nicht erkennbar, inwieweit hier eine amts-/polizeiärztliche Untersuchung der Dienstfähigkeit auf orthopädischen/chirurgischen Gebiet veranlasst ist. Die Behörde muss sich mit den vom Beamten vorgelegten Bescheinigungen auseinandersetzen, die unter Umständen eine Untersuchung - ganz oder teilweise - entbehrlich machen können (BVerwG, B. v. 10.4.2014 - a. a. O.- juris Rn. 11). Es hätte in der Untersuchungsanordnung ausgeführt werden müssen, inwieweit trotz der Bescheinigung von Dr. S. vom 28. November 2014 zu einer orthopädisch/chirurgischen Untersuchung Anlass besteht. Soweit der Antragsgegner im Schriftsatz vom 18. Februar 2015 vorträgt, dass dem Polizeipräsidium M. zum Zeitpunkt der Anordnung vom 22. Dezember 2014 nicht bekannt war, dass die Antragstellerin an einer Rippenfraktur leidet, ist dies unbehelflich. Vor Erlass der Anordnung hätte das Polizeipräsidium M. mit dem ärztlichen Dienst der Polizei Kontakt aufnehmen müssen. Dies ist wohl auch geschehen, denn in der Anordnung vom 22. Dezember 2014 ist erstmals von einer orthopädischen/chirurgischen Untersuchung die Rede. Hierfür hätte das Polizeipräsidium M. in Zusammenarbeit mit dem polizeiärztlichen Dienst eine Begründung geben müssen, die sich auch mit der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung von Dr. S. auseinandersetzt.

2. Dagegen sind die Gründe für eine psychologische/psychiatrische bzw. neurologische Untersuchung durch den Polizeiarzt in dem Bescheid vom 22. Dezember 2014 in genügender Weise dargelegt, da die Klägerin aufgrund von zehn Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Frau Dr. E.-G. in der Zeit vom 20. Dezember 2013 bis 28. November 2014 krankgeschrieben war. Bereits eine über elfmonatige Krankschreibung auf psychiatrischen Gebiet rechtfertigt es, eine amts-/polizeiärztliche Untersuchung auf psychologischen/psychiatrischen bzw. neurologischen Gebiet anzuordnen, da letztlich nur der Polizeiarzt beurteilen kann, ob die Antragstellerin den Anforderungen des Amts im abstrakt funktionellem Sinn gewachsen ist, da dieser im Gegensatz zum Privatarzt die Anforderungen an das konkrete Amt kennt und zudem auch beurteilen kann, ob die Antragstellerin polizeidienstfähig ist. Insoweit bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit der privatärzlichen Bescheinigung von Fr. Dr. E. G. Wenn sich der Dienstherr darauf nicht verlassen will, wäre dies im konkreten Fall auch nicht zu beanstanden, da der ärztliche Befundbericht vom 27. November 2014 von Frau Dr. E.-G. auch nicht eindeutig ist, ob bei der Antragstellerin die Dienstfähigkeit wieder voll gegeben ist, denn sie wird nur bei adäquatem Arbeitsplatz, wobei dieser nicht im Polizeipräsidium M. sein sollte, angenommen. Insoweit macht die behandelnde Ärztin selbst Einschränkungen, die zusätzlich Anlass geben, die Dienstfähigkeit zu untersuchen.

3. Die Untersuchungsanordnung hat die Hinzuziehung von Begleitpersonen nicht generell abgelehnt, sondern auch die Möglichkeit aufgezeigt, dass ein entsprechender Antrag unter Angabe besonderer Umstände, die die Anwesenheit einer dritten Person zwingend erforderlich machen, gestellt werden kann. Darüber hinaus ist in dem Schreiben klargestellt, dass es uneingeschränkt möglich ist, eine Vertrauensperson zur Vor- und/oder Nachbesprechung hinzu zu ziehen. Eine solche Beschränkung der Hinzuziehung von Begleitpersonen zu der psychologischen/psychiatrischen bzw. neurologischen Untersuchung ist nicht zu beanstanden. Ein genereller Ausschluss der Hinzuziehung einer Begleitperson kann durch den Dienstherrn dann ausgesprochen werden, wenn dem Dienstherrn das Prognoserisiko, das durch Hinzuziehung einer Begleitperson entsteht, nicht zugemutet werden kann. Ist eine dritte Person bei einem psychiatrischen Explorationsgespräch anwesend, ist zu befürchten, dass keine authentische Kommunikation zwischen dem Arzt und dem Probanden stattfindet. Denn eine verlässliche ärztliche Einschätzung und Begutachtung erfordert bei einer psychiatrischen Exploration ein unmittelbares und unbeeinflusstes ärztliches Gespräch (OVG NRW, B. v. 28.7.2014 - 6 A 1311/13 Rn. 23 OVG Hamburg, B. v. 15.6.2006 - 1 Bs 102/06 Rn. 4; OVG Rheinland-Pfalz B. v. 11.6.2013 - 2 A 11071/12 - juris Rn. 4 ff. unter Bezugnahme auf die medizinische Literatur). Die hierfür gegebenen Gründe erscheinen dem Senat zwingend. Soweit das Verwaltungsgericht Münster (B. v. 16.5.2012 - 4 L 113/12) die Auffassung vertritt, die Ansicht des OVG Hamburg lasse sich nicht mit dem verfassungsrechtlich verbürgten und aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3) folgenden Anspruch auf Gewährung eines fairen Verfahrens vereinbaren, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Insoweit ist bei einem psychiatrischem Explorationsgespräch eine Einschränkung zu machen. Das Vorgehen des Antragsgegners ist mit dem Recht der Antragstellerin auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren vereinbar. Auf die Frage, ob eine Hinzuziehung einer Begleitperson auch bei der orthopädischen/chirurgischen Untersuchung untersagt werden konnte, kommt es nicht mehr an.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und 2, 47 GKG, wobei im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Auffangstreitwertes festzusetzen ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beobachtung des Antragstellers bis auf Weiteres nicht erneut bekannt zu machen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, seine Beobachtung durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden: Landesamt) wegen Äußerungen über die Identitäre Bewegung zu unterlassen, hilfsweise die Beobachtung des Antragstellers nicht erneut öffentlich bekannt zu machen.

Der Antragsteller ist ... Vorsitzender des Landesverbandes ... der Partei ... und steht auf Platz ... der ...-Landesliste für die Bundestagswahl.

Die Identitäre Bewegung ist eine (Jugend-)Gruppierung mit französischen Wurzeln, die seit 2012 als Identitäre Bewegung Deutschland (im Folgenden: IBD) auch in Deutschland aktiv ist. Sie versteht sich selbst als „metapolitischer und aktivistischer Arm der Neuen Rechten“, der sich abseits von Rassismus und Nationalismus für den Erhalt der „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker einsetzt. Sie wendet sich gegen „unkontrollierte Massenzuwanderung“, „Islamisierung“ und den „Verlust der eigenen Identität durch Überfremdung“ und will dem „Großen Austausch“ der Kulturen mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen begegnen, die sich an einer „Politik der Remigration und Leitkultur“ orientieren. Der eingetragene Verein steht wegen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung unter der Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern. In Bayern ist die IBD seit 21. Januar 2016 Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

Anlässlich einer Veranstaltung des ...-Kreisverbandes ...- ... am 19. März 2017 in ... zum Thema „Strategische Ausrichtung ...“, zu der sich die Teilnehmer vorher per E-Mail anzumelden hatten, trat der Antragsteller als Redner auf. Im YouTube-Kanal ... wurde am ... ein Video der Rede des Antragstellers veröffentlicht. Ab Minute ... des Videos äußert sich der Antragsteller darüber, dass er über die Internetseite des Vereins ... unter der Rubkrik „Rechte Termine ... von ihm nicht bekannten Terminen der IBD erfahren habe. Wörtlich führt der Antragsteller dann aus:

“Identitäre ist ´ne tolle Organisation. Das ist ´ne Vorfeldorganisation von ... und die müssen wir unterstützen.“

Auf der Internetseite ... erschien unter dem ... (gesichert von der Antragsgegnerin am ... unter Bezugnahme auf ein kürzlich von Seiten des Antragstellers erfolgtes Lob für die Arbeit der IBD, die immer ohne Gewalt, aber mit viel Geist und oft auch einer Portion Humor daher komme, eine vom Antragsteller verfasste, mit „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebene Stellungnahme. Der Antragsteller führt darin aus:

„Meine Erwähnungen der IB in den letzten Tagen haben hohe Wellen geschlagen. Viele Menschen sind dankbar, dass ich mich als führender Politiker ... schützend vor die IB gestellt habe. Andere – vor allem Kollegen aus ... – sind wiederum beunruhigt, weil sie befürchten, dass uns die Nähe zur IB in die Nähe der Beobachtung des VfS rückt.

Die einen wollen die totale Distanzierung von der IB, die anderen die totale Umarmung mit ihr. Ich werde mit diesem Papier wohl beide Gruppen enttäuschen – denn ich halte beides für falsch. Das eine würde uns bedeutend schwächen, das andere wäre auf lange Sicht für die ... sogar lebensbedrohlich.

Zur Identitären Bewegung

Ich bin kein Experte für die IB. Aber das, was ich von deren Aktionen bisher mitbekomme habe, finde ich sehr gut. Die Aktionen sind alle intelligent, haben Witz und sind alle gewaltfrei. Das kann man von vielen Aktionen von linken Organisationen (vor allem der Antifa) nicht behaupten. Mir ist bewusst, dass die IB vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Bis jetzt konnte mir aber niemand plausibel erklären, warum das Aufstellen von Kreuzen auf bayerischen Berggipfeln etwas sein sollte, das unsere verfassungsmäßige Ordnung bedrohen soll, das Anzünden von Autos und das physische Bedrohen von Andersdenkenden, wie es die Antifa betreibt, hingegen nicht. So lange diese Disproportionalität bestehen bleibt, muss ich auch weiterhin davon ausgehen, dass hier der Verfassungsschutz gegen die IB politisch instrumentalisiert wird.

Die mir persönlich bekannten Aktionen der IB verdienen unseren Respekt – Banner auf dem Brandenburger Tor, Banner auf dem „Buskunstwerk“ in Dresden, die Übergabe der Urkunde für „hervorragende Dienste bei der Zensur“ an Stasi-Kahane von der Denunzianten-Amadeu-Antonio-Stiftung usw. – sie alle sind intelligent, haben Humor und sind absolut gewaltfrei. Darüber hinaus arbeitet die IB mit modernen Kommunikationsmitteln und ist auch damit auf der Höhe der Zeit. Das ist alles den selbst gebastelten und durch wiederholte Einsätze mittlerweile schmuddeligen Bettlaken der Bahnhofsklatscher um Lichtjahre voraus.

Ich erkenne hier nichts Rassistisches, nichts Fremdenfeindliches und schon gar nichts, was die Verfassung unseres Landes bedrohen würde. Ebenso gelingt es mir nicht (selbst nach mehrmaliger Betrachtung) aus dem Motto der IB: „Heimat, Freiheit, Tradition – Multikulti Endstation“ etwas Negatives herauszulesen. Mir persönlich ist es lieber, wenn auf den Gipfeln der bayerischen Berge auch weiterhin die christlichen Kreuze stehen, als dass dort der islamische Halbmond thront.

Daher gründet meine Sympathiebekundung gegenüber der IB auf tiefem Respekt vor deren Mut, Intelligenz und Entschlossenheit. Die IB ist für die AfD das, was die Greenpace für die Grünen war

Rolle der AfD

Manche sind der Meinung, dass wir all die Leute, die sich in der außerparlamentarischen Opposition engagieren, in die Partei aufnehmen sollten (IB, Pegida etc. pp.), weil wir eine „Bewegungspartei“ seien. Das sehe ich nicht so. Ich bin für eine strikte Trennung von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition. Wir sind eine parlamentarische Partei; Pegida, IB etc. sind außerparlamentarische Opposition. Wir haben ähnliche Ziele, wollen diese aber auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Politik in einer Partei zu machen, ist „das langsame Bohren dicker Bretter“ (* ...*). Das ist oft ‚langweilige‘ Parlamentsarbeit, inhaltliches Klein-Klein in den Fachausschüssen, Paragraphenreiterei, und ein wenig Öffentlichkeitsarbeit und Medienauftritte. Diese Arbeit erfordert grundsätzlich einen anderen Typus Mensch, als der Straßenkampf, bzw. der außerparlamentarische Aktionismus. Wer Bewegung will, soll auf die Straße gehen.

Es gelangt zwar Einzelnen – wie dem Grünen ... – beides zu verbinden. Doch grundsätzlich tun sich die Straßenkämpfer anschließend bei der Parlamentsarbeit schwer und die typischen Parlamentarier bringen nicht besonders viele PS auf die Straße.

(Es würde einigen in unserer Partei gut tun, wenn sie erkennen würden, dass sie sich in der Tür geirrt haben, und dass sie ihr Potential viel besser in einer außerparlamentarischen Organisation zur Entfaltung bringen würden – man kann dem Vaterland auf unterschiedliche Arten dienen.)

In einer „normalen“ Umgebung könnte man trotz dieses Unterschieds eine gewisse personelle Verflechtung der parlamentarischen und der außerparlamentarischen Opposition gut heißen, bzw. sogar fördern. Doch wir leben nicht in einer „normalen“ politischen Umgebung. Wir erleben es jeden Tag, dass wir als AfD von einer ganzen Einheitsfront aus Parteien, deren Vorfeldorganisationen, Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden bekämpft werden. Wir wissen auch, dass es bereits mehrfach Druck seitens der Politik auf den VfS gab, uns unter Beobachtung zu stellen. Es wäre dumm, unseren Gegner den Gefallen zu tun, und ihnen die Gründe für diese Beobachtung zu liefern.

Nach unseren bisherigen Erfolgen ist das einzige, womit uns das System noch das Genick brechen kann, die Beobachtung der ganzen Partei durch den VfS. Wir wissen es aus der Vergangenheit am Beispiel der Republikaner, was dann eintritt: Austritte der Beamten und Staatsbediensteten, dann der anderen Mitglieder aus der bürgerlichen Mitte – im Gegenzug Eintritte von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, Radikalisierung, der Fall in die Bedeutungslosigkeit.

Wir sind nicht die Grünen, die es sich leisten konnten, mit RAF-Terroristen und allen möglichen Spinnern in die Parlamente einzuziehen, die dort dann demonstrativ in Birkenstocklatschen ihre Lamapullover gestrickt haben.

Wir sind eine Partei des Bürgertums! Das ist die gesellschaftliche Mitte – die Mittelschicht, der Mittelstand.

Anders als die Grünen, die eine relativ eng gefasste Kernzielgruppe bedienen, (wenn nicht gerade wenige Wochen vor einer Wahl irgendwo in der Welt ein Atomreaktor in die Luft fliegt), haben wir den Anspruch, eine Volkspartei zu sein und breite Massen der Bevölkerung anzusprechen.

Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen.

Daraus ergeben sich für mich zwei logische Konsequenzen:

a) Wir müssen strikt auf die personelle Trennung zu Organisationen achten, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Ich habe das bei den wenigen persönlichen Begegnungen mit den Jungs von der IB, die ich bisher hatte, auch ihnen in dieser Deutlichkeit klar kommuniziert. Sie sind darüber nicht begeistert, können es aber sehr gut nachvollziehen und akzeptieren das. Ich rechne ihnen das hoch an, dass sie diese Trennung respektieren – im Gegensatz zu einigen anderen Gruppierungen.

b) Wir müssen als parlamentarische Partei das Schutzschild für all die Menschen sein, die sich bei Pegida, bei der IB, bei Sichere Heimat, Demo für alle etc. engagieren. Sie zeigen Mut, sie gehen auf die Straße, sie zeigen Missstände auf und erzeugen Druck auf das System. Wir brauchen diese außerparlamentarische Opposition, um Druck auf die Systemparteien und Systemverbände auszuüben. Es ist unsere Aufgabe, diese Menschen aus den Parlamenten heraus zu beschützen. Wir müssen dort die Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch die Systemparteien angreifen und beenden. Mit unseren medialen Zugängen müssen dafür sorgen, dass die Anliegen der außerparlamentarischen Opposition nicht weiter diffamiert werden. Wir müssen deren Themen in die Gesellschaft hineintragen. Kurzum: wir müssen das Schutzschild für diese Organisationen sein.

Das sehe ich als unseren aber auch als meinen persönlichen politischen Auftrag und dafür werde ich auch weiterhin kämpfen.“

Anlässlich dieser schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Antragstellers verfügte das Landesamt mit Aktenvermerk vom 12. April 2017 die Beobachtung des Antragstellers. Die Befürwortung der IBD durch seine Äußerungen werde als tatsächlicher Anhaltspunkt für eine Unterstützung der extremistischen Zielsetzung der IBD bewertet. Sein weiteres Verhalten als Einzelperson unterliege insoweit dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag aus Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayVSG.

Die IBD Bayern verlinkte in ihrem Facebook-Profil auf obenstehenden Beitrag des Antragstellers und dankte ihm für das Lob und das Statement. Ein eigens entwickeltes mit „Identitäre Bewegung“ untertiteltes Symbolbild zeigt ein mit der Aussage „Die Schutzschild-Strategie“ überlegtes Foto des Antragstellers.

Am ... zeigte das ZDF-Magazin ... den Antragsteller in dem Bericht „Machtkampf in ... – Showdown für ...“ als Redner des ... abgehaltenen Landesparteitages der ... mit folgender Aussage:

„Die sich bei Pegida engagieren, die sich bei den Identitären engagieren, wir müssen denen Schutz geben als politische Partei, die in den Parlamenten ist.“

Am 19. April 2017 äußerte sich der Präsident des Landesamtes auf einer Pressekonferenz anlässlich der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2016 auf Nachfrage eines Journalisten u.a. unter Bezugnahme auf den Auftritt in ... und den Text zur „Schutzschild-Strategie“, dass der Antragsteller aufgrund seiner Äußerungen über die IBD gegenwärtig vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Die ... selbst werde nicht beobachtet. Es sei aber interessant, wie sich die ... zu den Äußerungen des Antragstellers stelle.

Am 28. April 2017 ließ der Antragsteller seine Bevollmächtigten beim Verwaltungsgericht München Unterlassungsklage erheben (Az. M 22 K 17.1860). Zugleich beantragt er im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, es zu unterlassen, den Antragsteller durch das Landesamt mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung zu beobachten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017, konkretisiert mit Schriftsatz vom 17. Juli 2017, beantragt der Antragsteller im Eilverfahren hilfsweise ferner,

dem Antragsgegner zu untersagen, die Beobachtung des Antragstellers durch den Verfassungsschutz in Zukunft bekannt zu machen.

Die Beobachtung des Antragstellers und insbesondere die Unterrichtung der Öffentlichkeit hierüber stelle nicht nur einen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) und die Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) dar, sondern – angesichts des bevorstehenden Bundestagswahlkampfes und der Stellung des Antragsstellers als ... Landesvorsitzender der mit der ... um Wählerstimmen rivalisierenden ... – auch eine Verletzung des in Art. 21 GG verankerten grundrechtsähnlichen Parteienprivilegs und der sich aus Art. 21, 3, 20 Abs. 3 GG ergebenden Neutralitätspflicht.

Bezüglich des Antragstellers lägen keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen vor, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet seien und eine Beobachtung rechtfertigen könnten. Der Antragsteller habe sich in Bezug auf einige Aspekte zwar anerkennend zur IBD geäußert, diese Äußerungen seien aber vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Der Antragsteller habe bei seinen auf einzelne gewaltfreie und humorvolle Aktionen der IBD bezogenen Äußerungen stets zu erkennen gegeben, dass er kein Experte für die IBD sei und nicht sämtliche Inhalte, Äußerungen und Aktionen der IBD bewerten wolle. Er identifiziere sich nicht notwendig mit den Inhalten der IBD, sondern habe, da er hinsichtlich der ihm bekannten Aktionen keine Bestrebungen gegen die verfassungsrechtliche Grundordnung habe erkennen können, lediglich deren verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht verteidigt, Aussagen treffen zu dürfen, ohne in einer rechtlich zweifelhaften Weise in den Verfassungsschutzbericht aufgenommen zu werden. Damit habe sich der Antragsteller weder zum Anwalt der IBD gemacht noch diese in Bausch und Bogen und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen. Er habe in seiner „Schutzschild-Strategie“, die sich auf verschiedene Bewegungen der außerparlamentarischen Opposition bezogen habe, auch die strikte Trennung der ... von solchen Gruppierungen betont, personell wie inhaltlich.

Die Ziele der IBD seien bei unvoreingenommener Betrachtung auch nicht verfassungsfeindlich. Die völlige Übereinstimmung mit dem Grundgesetz und das uneingeschränkte Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit ließen eine Beobachtung der IBD absurd erscheinen. Dem Verfassungsschutz falle es denn auch ersichtlich schwer, die letztlich nur politisch motivierte Beobachtung der IBD und damit auch des Antragstellers zu begründen. Dass sich die IBD auf eine „antidemokratische, antiliberale und antiegalitäre Strömung der Weimarer Zeit“ berufe, sei eine haltlose Unterstellung. Dass ein Volk eine ethnokulturelle Identität habe, die sich durch eine gemeinsame Sprache, Kultur, Herkunft und Religion auszeichne, sei weder unzutreffend noch zu beanstanden; die gesehene Nähe zur extremistischen Blut-und-Boden-Ideologie sei nicht nachvollziehbar. Die Verteidigung und Bewahrung von Heimat, Freiheit und Tradition stehe nicht im Widerspruch zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Hinsichtlich der Bekanntgabe der Beobachtung sei von einem offensichtlichen Ermessensmissbrauch auszugehen. Die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte und grundrechtsähnlichen Prinzipien aus Art. 9, 5 und 21 GG, die durch die Bekanntgabe einer staatlichen Beobachtung des Vorsitzenden einer Oppositionspartei herbeigeführt werde, stehe in keinem Verhältnis zum Grad der Art und Weise der möglichen, aber nicht wirklichen Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie widerspreche außerdem schon dem Zweck der Beobachtung.

Der Antragsgegner beantragt,

den Haupt- und Hilfsantrag abzulehnen.

Der Verfassungsschutz sei als Frühwarnsystem im Vorfeld von konkreten Gefahren im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgabenerfüllung verpflichtet, frühzeitig extremistischen Bestrebungen nachzugehen und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen, die auch von Einzelpersonen ausgehen könnten, zu beobachten. Eine Beobachtung sei bereits beim Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zulässig. Diese seien hinsichtlich des Antragstellers gegeben. Er habe in seinen Äußerungen im Wissen um deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz zuletzt mehrfach eine ausgeprägte Nähe zur rechtsextremistischen IBD erkennen lassen. Mit dem bewusst gewählten Begriff der zu unterstützenden „Vorfeldorganisation“ mache der Antragsteller deutlich, dass er ein weit über eine reine Sympathiebekundung hinausgehendes, enges, vernetztes und sich gegenseitig unterstützendes Verhältnis der ... zur IBD anstrebe. Der Antragsteller bemühe sich zwar in seiner „Die Schutzschild-Strategie“ überschriebenen Stellungnahme auf ... die ...-internen Strömungen pro und contra der IBD zu bedienen, seine Forderung nach einer personellen Trennung zwischen ... und IBD sei aber letztlich einzig der Sorge geschuldet, damit Gründe für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu liefern. Die Formulierung „Getrennt marschieren, gemeinsam zuschlagen“ zeige, dass der Antragsteller eine enge, auch inhaltliche Zusammenarbeit mit der IBD strategisch plane. Diese propagiere einen europäischen Ethnopluralismus, d.h. die räumliche und kulturelle Trennung unterschiedlicher Ethnien, was letztlich die Ausweisung großer Bevölkerungsteile unter Missachtung der vom Grundgesetz garantierten Menschenrechte zur Folge habe. Es sei eine starke Nähe zum biologistischen Denken und der völkischen Ideologie von Rechtsextremisten erkennbar. Ideal der IBD sei zudem die attische Demokratie ohne Parlamentarismus, in der Entscheidungen und Wahlen von einem „einheitlichen“ Volk getragen würden. Die Ablehnung des Parlamentarismus und von Parteien stehe im Widerspruch zum Mehrparteiensystem und zur Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Ausübung einer Opposition. Da die IBD ideologisch an das Gedankengut der „Konservativen Revolution“ anknüpfe, sei davon auszugehen, dass sich ebenso wie mit dieser einerseits die Überwindung des bestehenden demokratischen Verfassungsstaates und andererseits die Einsetzung von angeblich erhaltenswerten politischen Prinzipien verbinde. Der ...Bundesvorstand habe den Antragsteller (einem Bericht der F.A.Z. vom ... zu Folge) auch für seine Äußerungen über die IBD unter Berufung auf den vom Bundesvorstand getroffenen „Unvereinbarkeitsbeschluss“, der die Unterstützung verfassungsfeindlicher Organisationen durch ...-Mitglieder verbiete, abgemahnt. Dies habe der Antragsteller, wie der Homepage des ... zu entnehmen sei, akzeptiert.

Die Beobachtung des Antragstellers sei auch verhältnismäßig. Erst auf der Grundlage der Beobachtungen werde es den zuständigen staatlichen Stellen möglich, sich eine auf tatsächliche Erkenntnisse gestützte Meinung über das Ausmaß der Unterstützung zu bilden und zu bewerten, ob die Voraussetzungen für weitergehende staatliche Maßnahmen vorlägen.

Auch die Voraussetzungen des Art. 26 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und Abs. 3 BayVSG für eine Unterrichtung der Öffentlichkeit seien erfüllt. Unterstütze ein Mitglied einer nicht dem Beobachtungsauftrag unterliegenden Partei – noch dazu eine Führungskraft – verfassungsfeindliche Bestrebungen, habe die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse, von diesen Fliehkräften unter Bekanntgabe personenbezogener Daten zu erfahren. Die Bekanntgabe sei auch verhältnismäßig. Sie sei situationsabhängig, mündlich und auf ein ausdrückliches Auskunftsersuchen eines Pressevertreters erfolgt, der sich wiederum auf Art. 4 BayPrG als Ausfluss der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 11 BV gewährleisteten Pressefreiheit berufen könne. Es sei zudem ausdrücklich dargelegt worden, dass sich der Beobachtungsauftrag nicht auf die ... in Gänze beziehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

II.

Das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren auf vorläufige Unterlassung der Beobachtung durch den Verfassungsschutz bleibt ohne Erfolg. Dem Hilfsantrag war dagegen entsprechend dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang stattzugeben.

1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für die vorzunehmende summarische Prüfung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

2. Hinsichtlich des Hauptantrags ist ein Anordnungsgrund ersichtlich gegeben, da die vom Antragsteller als Rechtsverletzung gerügte Beobachtung durch den Verfassungsschutz andauert.

Der Antragsteller hat aber keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen des geltend gemachten und mit der Hauptsacheklage verfolgten öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs, der mangels spezialgesetzlicher Regelungen allein aus grundrechtlich geschützten Rechtspositionen abzuleiten ist (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 21.5.2008 – 6 C 13.07 – juris Rn. 13; U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 16.7.2010 – 10 CE 10.1201 – juris Rn. 16; B.v. 23.9.2010 – 10 CE 10.1830 – juris Rn. 18), liegen nach Auffassung der Kammer nicht vor. Vielmehr ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die mit der Beobachtung einhergehenden Beeinträchtigungen des Antragstellers rechtmäßig und von diesem daher hinzunehmen sind.

2.1 Der Antragsgegner greift mit der Beobachtung allerdings in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen des Antragstellers ein. Bei einer Beobachtung handelt es sich – auch wenn sie aus offenen, allgemein zugänglichen Quellen wie Druckerzeugnissen, Programmen und Aufrufen erfolgt – um einen sich mit der Dauer der Maßnahme verstärkenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Sie ermöglicht die Erstellung zumindest partieller Persönlichkeitsbilder und kann im Fall der offenen Durchführung deshalb eine erhebliche Belastung bedeuten, weil der Staat dem Betroffenen die soziale Kontaktaufnahme mit anderen Personen erschwert. Zudem kann sie, wenn sie bekannt wird, zu seiner Stigmatisierung in der Öffentlichkeit führen (BVerwG, U.v. 21.07.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 95).

Darüber hinaus steht hier auch eine zumindest mittelbare Beeinträchtigung des Grundrechts der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) und weiter des Rechts auf Chancengleichheit im Wettbewerb von politischen Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) inmitten, geht man davon aus, wofür vieles spricht, dass sich der Antragsteller hierauf jedenfalls der Sache nach – auch wenn ggf. eine dogmatische Verortung in den Freiheitsgrundrechten zu suchen wäre – berufen kann (vgl. Maunz/Dürig, GG, Stand Dezember 2016, Art. 21 Rn. 263).

2.2 Der Antragsgegner ist nach summarischer Prüfung aber zur Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD berechtigt.

2.2.1 Rechtsgrundlage für die angegriffene Maßnahme der Beobachtung sind Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 BVerfSchG.

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayVSG gewährt dem Landesamt allgemein die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies u.a. zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Art. 3 BayVSG i.V.m. § 3 BVerfSchG erforderlich ist, wobei die Sammlung von Informationen und deren Auswertung zusammen die Beobachtung ausmachen (vgl. Droste, Handbuch des Verfassungsschutzes, 2007, S. 44).

Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVerfSchG ist es Aufgabe der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen gemäß § 4 Abs. 2 BVerfSchG unter anderem das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben (a), das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition (c) und die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte (g).

Bestrebungen sind gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayVSG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c BVerfSchG politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen, in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in § 4 Abs. 2 BVerfSchG genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen. Für einen Personenzusammenschluss handelt dabei, wer ihn in seinen Bestrebungen nachdrücklich unterstützt.

Bestrebungen gehen über bloße politische Meinungen hinaus. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist ebenso erlaubt wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Es ist allerdings verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde insoweit an die Inhalte von Meinungsäußerungen anknüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist dem Staat grundsätzlich nicht verwehrt, aus Meinungsäußerungen Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls Maßnahmen zum Rechtsgüterschutz zu ergreifen. Wenn Äußerungen Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung erkennen lassen, darf der Staat diese auch zum Anlass nehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen (BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – BVerfGE 113, 63; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275). Kritik an einem Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung muss danach nur als „bloße“ Kritik unberücksichtigt bleiben, nicht jedoch, wenn sie verbunden ist mit der Ankündigung konkreter Aktivitäten zur Beseitigung dieses Verfassungsgrundsatzes oder mit der Aufforderung zu solchen Aktivitäten. Bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei abgegeben werden, liegt es zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden; denn politische Parteien sind gerade auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtet (BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – BVerwGE 137, 275; Murswiek, NVwZ 2006, 121).

Ob die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorliegen, unterliegt in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Dem Antragsgegner steht insoweit keine Einschätzungsprärogative zu. Dies gilt sowohl für das Vorliegen der behaupteten Tatsachen als auch für die daraus gezogenen, wertenden Schlussfolgerungen (VGH München, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1320 – juris; in diesem Sinne wohl auch BVerwG, U.v 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23 zur Überprüfung von Maßnahmen nach dem G 10-Gesetz).

Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen im Rahmen des Beobachtungsauftrags ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte (vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayVSG). Verlangt wird mehr als bloße Vermutungen, Mutmaßungen, Annahmen oder Hypothesen. Andererseits bedarf es auch nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Kraft gesetzt werden sollen. Es müssen vielmehr konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als objektive Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung die Annahme eines Verdachts rechtfertigen (BVerfG, U.v. 14.7.1999 – 1 BvR 2226/94 – BVerfGE 100, 313, 395). Zur Annahme eines solchen Verdachts kann auch die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte führen, wenn jeder für sich genommen einen solchen Verdacht noch nicht zu begründen vermag (BVerwG, U.v. 17.10.1990 – 1 C-12/88 – BVerwGE 87, 23, 28; BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 30). Eine solche Verdachtslage besteht zudem bereits dann, wenn ein die Schutzgüter objektiv beeinträchtigendes Verhalten festgestellt werden kann, ohne dass es auf das subjektive Merkmal des Beeinträchtigenwollens ankommt. Solche tatsächlichen Anhaltspunkte können sich z.B. ergeben aus offiziellen Programmen, Satzungen oder sonstigen Veröffentlichungen, aus Verlautbarungen bzw. Aktivitäten von Funktionären oder Anhängern sowie aus Verbindungen zu bereits als extremistisch erkannten Gruppen oder Einzelpersonen.

Die Anhaltspunkte müssen entsprechend gewichtig sein, um die jeweilige staatliche Reaktion zu rechtfertigen. Die Abstufung der Reaktion auf mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen von der bloßen Beobachtung über die Warnung der Öffentlichkeit durch entsprechende Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht bis hin zum Verbot einer Organisation schließt es aus, jeweils das gleiche Gewicht für tatsächliche Anhaltspunkte für solche Bestrebungen zu verlangen (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 31). Für die Beobachtung aus offenen Quellen ist von einer relativ niedrigen Eingriffsschwelle auszugehen. Es genügt, wenn Umstände gegeben sind, die bei vernünftiger Betrachtungsweise auf solche Bestrebungen hindeuten und daher eine weitere Abklärung erforderlich erscheint.

An dieser Stelle ist schließlich noch darauf hinzuweisen, dass eine Beobachtung des Antragstellers aus offenen Quellen nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil Einzelpersonen – außerhalb des Sonderfalles des § 4 Abs. 1 Satz 4 BVerfSchG – nicht selbständiges Beobachtungsobjekt sein könnten, wie der Antragsteller meint. Eine solche Annahme ergibt sich weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der einschlägigen Bestimmungen des BayVSG und des BVerfSchG. Nach § 3 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 BVerfSchG haben die Verfassungsschutzbehörden nicht Personenzusammenschlüsse zu beobachten, sondern Informationen über Bestrebungen, also Verhaltensweisen von Personen, zu sammeln und auszuwerten. Solche Verhaltensweisen können aber schon qua Gesetz nicht nur von Einzelpersonen, die Mitglieder eines Zusammenschlusses sind („in“), sondern auch von Personen, die außerhalb der Gruppierung stehen („für“), vorgenommen werden. Auch wenn die einzelne Person insoweit nicht als solche, sondern wegen ihrer „organisatorischen Rückkoppelung“ verfassungsschutzrelevant ist, kann ihre Verhaltensweise jedenfalls dann nicht nur dem Personenzusammenschluss, sondern auch ihr als Einzelperson zuzuordnen sein, wenn hieran ein verfassungsschutzrechtliches Erkenntnisinteresse besteht, weil etwa deren individuelle politische Entwicklungslinien nachvollzogen werden sollen oder aber das Verhältnis bzw. die Verbindung zu einem Personenzusammenschluss oder einer Gruppe – wie wohl auch vorliegend – (zunächst noch) unklar ist. (Roth in Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, BVerfSchG, 2014, §§ 3, 4 Rn. 94 ff.; Droste, Handbuch des Verfassungsschutzrechts, 2007, S. 168 ff.).

2.2.2 Gemessen an diesen Vorgaben ist davon auszugehen, dass die derzeitige Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung rechtmäßig ist. Hinsichtlich der IBD liegen tatsächliche Anhaltspunkte vor, die geeignet sind, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen (a). Mit den in seiner Funktion als ... Landesvorsitzender der ... getätigten Äußerungen hat der Antragsteller die IBD auch nachdrücklich unterstützt und damit tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (b). Die angeordnete Beobachtung ist auch verhältnismäßig (c).

a) Auf der Grundlage der vom Antragsgegner vorgelegten Belege zu Selbstverständnis und Zielen der IBD begegnet deren Beobachtung durch das Landesamt, soweit die Gruppe in ... Aktivitäten entfaltet, keinen Bedenken. Die Kammer verweist hierzu insbesondere auf den Vermerk des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 15. November 2016 (im Folgenden: BfV) und das Schreiben des Landesamtes vom 16. Juni 2017 (sowie die dort in Bezug genommenen Quellen), deren Feststellungen zur ideologischen Ausrichtung der IBD sie teilt. Einschränkend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Kammer die abschließenden Bewertungen in den Stellungnahmen, soweit diese auf eine erwiesene Verfassungsfeindlichkeit hindeuten sollten, in Ansehung der vorliegenden Informationen als zu weitgehend erscheinen. Dass bei der IBD konkrete Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen und mithin jedenfalls ein Verdachtsfall gegeben ist, der eine Beobachtung (und auch eine Berichterstattung) rechtfertigt, steht aber außer Frage. Dazu sei Folgendes bemerkt:

Die IBD sieht sich selbst als „aktivistischer Arm der Neuen Rechten“ und orientiert sich wiederum nach eigenem Selbstverständnis am geistigen Erbe der „Konservativen Revolution“ und der Ideologie der „Nouvelle Droite mit ihren französischen Vordenkern“ (vgl. Positionspapier „Identitär – eine Idee“, Fundstellennachweis BfV Fn. 5 und 6).

Mit „Konservative Revolution“ sind verschiedene rechtskonservative bis rechtsextremistische Gruppierungen der Weimarer Republik bzw. Autoren des deutschen Radikalnationalismus gemeint (nach Mohlerscher Diktion: Völkische, Jungkonservative, Nationalrevolutionäre, Bündische und Landvolkbewegung), deren Auffassungen und politische Konzepte (nach Mohler) vom Nationalsozialismus geschieden werden könnten. Die Schriften diverser diesen Gruppierungen angehöriger oder nahestehender Autoren gelten den unterschiedlichen Strömungen der heutigen extremen Rechten als geistiges Refugium. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die dem Schriftsatz des Antragsgegners vom 16. Juni 2017 beigefügte Belegsammlung mit Auszügen aus dem Angebot des identitären Online-Versands „Phalanx Europa“, über den Sticker, Poster bzw. Bücher unter anderem von Ernst Jünger, Carl Schmitt, Arthur Moeller van den Bruck und Oswald Spengler angeboten werden, alles Autoren, die (soweit es um ihre während der Zeit der Weimarer Republik vertretenen Auffassungen geht) der Konservativen Revolution zugerechnet werden. Eine Bezugnahme auf die entsprechenden Traditionsbestände, für die antiliberale, antidemokratische und antiegalitäre Positionen typisch sind, findet sich im Übrigen auch bei der Nouvelle Droite, zu der sich die IBD wie erwähnt gleichfalls bekennt.

Was den zentralen Bestandteil der Ideologie der Identitären Bewegung, den Ethnopluralismus, angeht, ist dieses Konzept nach deren eigenem Verständnis nicht rassistisch, betont vielmehr in bewusster Abgrenzung zur „Multikultiideologie“ die Bedeutung von „Abstammung“, „Kultur“ und „Identität“. Unter Rückgriff auf diese an sich unverfänglichen Begriffe lässt sich eine restriktive Einwanderungspolitik begründen, was für sich betrachtet für die Beurteilung der Verfassungsfeindlichkeit irrelevant wäre, und es bestehen offenkundig auch Schnittmengen mit Konstrukten wie etwa dem Begriff der Leitkultur. Wegen der Fokussierung darauf, dass der Volksbegriff im Wesentlichen ethnisch zu definieren sei, ist das Konzept des Ethnopluralismus aber ersichtlich auch einer Auslegung zugänglich, die mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und damit dem wesentlichen Element der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre, wenn dies als Begründung für eine Ausgrenzung und Rechtlosstellung von Ausländern oder „nicht ethnisch Deutschen“ herangezogen würde, wie dies etwa bei der Programmatik der NPD der Fall ist. Deren Volksbegriff ist ebenfalls ethnisch-kulturell bestimmt und was das Verhältnis zu anderen Völkern angeht, argumentiert sie in der Sache auch „pluralistisch“, da sie (anders als ihr historischer Vorläufer) anerkennt, dass Völkern ein angestammter Lebensraum zukomme, diese sich aber zur Wahrung ihrer Identität nach Möglichkeit nicht vermischen sollen (vgl. hierzu BVerfG, U.v. 17.1.2017 – 2 BvB 1/13 – juris insbes. Rn. 654 ff. und 690 ff.).

Die vom Antragsgegner vorgelegten Belege enthalten zwar keine Aussagen und Stellungnahmen, die eindeutig eine verfassungsfeindliche Zielrichtung in diesem Sinne belegen würden. Gleichwohl liegen tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vor, die eine weitere Abklärung gebieten. Wesentlich für diese Einschätzung ist die offenkundig fremdenfeindliche Tendenz einer Vielzahl der zitierten Aussagen (siehe insbes. die Nachweise in BfV S. 4 ff.), die Rückbindung ihrer Ideologie an die Programmatik der Konservativen Revolution, die in Teilen eben auch völkische Thesen vertrat, weiter die martialisch formulierten Leitmotive ihrer Öffentlichkeitsarbeit („Remigration“, „Bevölkerungsaustausch stoppen“, „Reconquista“) sowie die augenscheinliche Nähe des Konzepts zum Volksbegriff und der Volkstumspolitik der „alten“ Rechten (NPD und Umfeld) in ihrer aktuellen Ausprägung. Das Bekenntnis der IBD, abseits von „Rassismus“ und „Nationalismus“ zu agieren, steht der Annahme von Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor diesem Hintergrund und dem Fehlen eines klaren Bekenntnisses zur uneingeschränkten Gültigkeit der universellen Menschenrechte nicht entgegen, da durchaus möglich erscheint, dass es sich hierbei um ein taktisch bedingtes Lippenbekenntnis handelt, das lediglich den Anschein einer in Wirklichkeit nicht vorhandenen Verfassungstreue erwecken soll. Für diese Annahme spricht im Übrigen auch, dass die IBD zwar immer wieder (trotz des Gebrauchs einer martialischen Rhetorik, was die Abwehr des „Fremden“ angeht) ihre nichtrassistische Grundhaltung betont, es bislang aber geflissentlich unterlassen hat, sich dazu zu äußern, wie sie ihre Forderungen und Leitmotive konkret umsetzen will.

Da dieser Umstand allein bereits die Beobachtung rechtfertigt, bedarf es hier keines weiteren Eingehens auf die Frage, ob und inwieweit die Ablehnung der repräsentativen Demokratie in ihrer durch das Grundgesetz bestimmten Ausgestaltung durch die IBD tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen begründet (vgl. dazu BfV S. 8 ff.). Bemerkt sei hierzu nur so viel, dass die von der IBD geforderte „echte, direkte, deutsche, subsidiarische Demokratie“ ersichtlich wiederum Bezug hat zu dem von der IBD augenscheinlich vertretenen Begriff eines möglichst ausschließlich nach ethnisch-kulturellen Kriterien zu bestimmenden Staatsvolkes und sich damit im Ergebnis die oben bereits angedeuteten Fragen erneut stellen. Auch in diesem Zusammenhang ist wiederum festzustellen, dass die von der IBD verwendeten Begrifflichkeiten teilweise offen und unbestimmt sind und unschwer einer die Menschenwürde als obersten Wert in Frage stellende Auslegung zugänglich wären (z.B. „organische“ Demokratie).

b) Indem der Antragsteller die IBD und ihre Aktionen mehrfach mündlich wie schriftlich befürwortet und seine Partei zur Unterstützung auch der IBD als Vorfeldorganisation der ... aufgerufen hat, hat er die IBD unzweifelhaft in ihren Bestrebungen (im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 BVerfschG) nachdrücklich unterstützt. Diese an seine Partei gerichtete Aufforderung ging über eine bloße Sympathiebekundung hinaus und war für die IBD auch von Bedeutung. Dies zeigt sich etwa daran, dass die IBD in ihrem Facebook-Profil auf den schriftlichen Beitrag des Antragstellers auf ... verlinkt, sich ausdrücklich für das Lob bedankt und eigens ein Symbolbild der Identitären Bewegung mit dem Foto des Antragstellers und der Aussage „Die Schutzschildstrategie“ (vgl. auch Blatt 6 der Behördenakte) eingestellt hat.

Dass der Antragsteller seine Äußerungen zur IBD zum Teil explizit damit einleitete, „kein Experte für die IB“ zu sein und angibt, sich nicht mit der IBD zu identifizieren und diese nicht „in Bausch und Bogen“ und vorbehaltlos mit einem Gütesiegel versehen haben zu wollen, ist für das Vorliegen einer Unterstützungshandlung ohne Belang, da die Frage, ob sich eine Person für einen Personenzusammenschluss betätigt, allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, ohne dass es auf subjektive Merkmale ankäme. Es ist also irrelevant, ob der Antragsteller seine Unterstützungshandlungen in der Annahme vorgenommen hat, dass die IBD keine verfassungsfeindlichen Zielsetzungen verfolge bzw. dass er sich vorsorglich von unter Umständen problematischen Positionen der IBD distanzieren wollte.

c) Schließlich steht auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Beobachtung des Antragstellers mit Mitteln der offenen Informationsbeschaffung nicht entgegen. Die Beobachtung des Antragstellers durch das Landesamt aus allgemein zugänglichen Quellen ist geeignet, den auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützten Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen weiter abzuklären. Die Beobachtung im Wege der Auswertung offener Quellen ist auch erforderlich, da sie im Sinne von Art. 6 Abs. 1 BayVSG das mildeste Mittel im Rahmen der Beobachtung darstellt. Die offene Beobachtung des Antragstellers in dem bislang praktizierten Umfang steht auch nicht erkennbar außer Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg (Art. 6 Abs. 2 BayVSG).

Auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wirkt sich die Informationsbeschaffung aus offenen Quellen nur relativ geringfügig aus, da diese keine Informationen enthalten, die dem persönlichen Lebensbereich des Betroffenen zuzuordnen wären, sondern ausschließlich dessen Wirken in der Öffentlichkeit betreffen und häufig von diesem selbst oder mit dessen Einverständnis der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Im Verhältnis zum Schutzzweck der Beobachtung erscheint der Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung daher nicht unangemessen oder unzumutbar (vgl. BVerwG, U.v. 21.7.2010 – 6 C-22/09 – juris Rn. 102 ff.). Gleiches gilt hinsichtlich etwaiger faktischer Auswirkungen der offenen Beobachtung auf die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) des Antragstellers. Hinsichtlich des Rechts auf Gleichbehandlung von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) ist schließlich festzustellen, dass durch die Beobachtung als solche weder die Werbung für Parteiziele unmittelbar berührt oder gar untersagt wird, noch sind – anders als im Fall der Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung – Auswirkungen auf das Wählerverhalten zu befürchten.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Unterlassungsanspruchs hinsichtlich der Beobachtung aus offenen Quellen nicht glaubhaft gemacht sind und der Hauptantrag abzulehnen war.

3. Der Hilfsantrag hat dagegen Erfolg. Der Antragsteller hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihm insoweit ein Unterlassungsanspruch zustehen dürfte.

3.1 Ein Rechtsschutzbedürfnis ist nicht wegen einer fehlenden Wiederholungsgefahr zu verneinen. Das schutzwürdige Interesse an der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes bezüglich der in der Hauptsache zu erhebenden Unterlassungsklage würde nur dann entfallen, wenn eine Wiederholung der streitgegenständlichen Äußerung eindeutig und von vorneherein ausgeschlossen werden könnte. Der Antragsgegner ist der im Antragsschriftsatz implizierten Annahme des Antragstellers, dass eine erneute Bekanntmachung der Beobachtung in Betracht komme, jedoch nicht ausdrücklich entgegen getreten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich vorbehält, die Beobachtung des Antragstellers erneut bekannt zu machen (vgl. BVerwG, U.v. 15.12.2005 – 7 C 20.04 – juris Rn. 34 und U.v. 25.1.2012 – 6 C 9.11 – juris Rn. 21).

3.2 Mit der somit anzunehmenden Wiederholungsgefahr ist gleichzeitig das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dargetan.

3.3 Der Antragsteller kann sich weiter auf einen Anordnungsanspruch berufen. Maßgeblich ist auch insoweit darauf abzustellen, ob dem Antragsteller ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch zusteht – zu dessen Herleitung unter Anknüpfung an grundrechtlich geschützte Rechtspositionen siehe oben 2. und 2.1 –, was anders als im Falle des mit dem Hauptantrag verfolgten Begehrens hinsichtlich des Hilfsantrags zu bejahen ist.

Die Berichterstattung durch das Landesamt darüber, dass bezüglich einer namentlich genannten Person tatsächliche Anhaltspunkte für die Verfolgung verfassungsfeindlicher Bestrebungen vorliegen, greift wesentlich stärker in dessen grundrechtlich geschützte Rechtspositionen ein als eine bloße Beobachtung aus offenen Quellen (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 – juris Rn. 52 ff. – mittelbare belastende negative Sanktion mit Eingriffscharakter). Zur Überzeugung der Kammer stellt sich vorliegend eine solche Berichterstattung nach den Umständen des Falles als nicht gerechtfertigt dar und kann nicht auf Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 BayVSG gestützt werden.

Nach Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 BayVSG informiert das Landesamt die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3, soweit hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür vorliegen, um diese (die Öffentlichkeit) bereits im Vorfeld einer Gefährdung in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken. Dabei dürfen auch personenbezogene Daten bekanntgegeben werden, wenn die Bekanntgabe für das Verständnis des Zusammenhangs oder der Darstellung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Art. 3 erforderlich ist und die Interessen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen (Art. 26 Abs. 3 BayVSG). Dieses Abwägungsgebot ergänzt und konkretisiert für Zwecke der Berichterstattung die Anwendung des in Art. 6 BayVSG kodifizierten Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit.

Auf der Grundlage dieser Vorgaben verbietet sich eine Berichterstattung über den Antragsteller unter dessen namentlicher Nennung. Denn eine (erneute) Unterrichtung der Öffentlichkeit über die Beobachtung des Antragstellers unter Bezugnahme auf seine Person ist auf der bisherigen Tatsachengrundlage jedenfalls unverhältnismäßig. Eine solche Berichterstattung ist schon nicht erforderlich und würde sich auch nicht als verhältnismäßig im engeren Sinne darstellen, da die schutzwürdigen Interessen des Antragstellers ein etwaiges Interesse an einer konkretisierenden Berichterstattung deutlich überwiegen.

Innerhalb des Maßstabs der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Grundrechte ist es das Prinzip der Erforderlichkeit, welches dazu verpflichtet, permanent nach Mitteln zu suchen, welche die legitimen Zwecke des Eingriffs zwar ebenfalls erreichen, aber eine geringere Eingriffstiefe haben. Diese Pflicht richtet sich, einfach ausgedrückt, auf die Suche nach milderen, den Betroffenen weniger belastenden Mitteln.

Der Zweck, an dem sich die Erforderlichkeitsprüfung orientiert, ist der in Art. 26 Abs. 1 BayVSG verankerte Auftrag, der Öffentlichkeit Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten nach Art. 3 BayVSG zugänglich zu machen, um diese in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise entgegenzuwirken, im fallbezogenen Kontext also die Information der Öffentlichkeit über mögliche verfassungsfeindliche Bestrebungen der IBD und etwaige Verbindungen der IBD zu Parteien und deren Funktionsträgern, konkret der...

Seiner Warnfunktion bezüglich der möglicherweise verfassungsfeindlichen Bestrebungen der IBD kann das Landesamt aber auch ohne Bezugnahme auf den Antragsteller und – da sich der Verdacht von Bestrebungen von Einzelpersonen kaum anonymisiert darstellen lässt – ohne Bezugnahme auf seine konkreten Äußerungen genügen. Festzustellen ist weiter, dass der Antragsteller die Gruppierung nach den vorliegenden Erkenntnissen auch nicht in einer Weise unterstützt, dass die Funktionsfähigkeit der IBD in nicht unerheblichem Maße von dieser Unterstützung abhängig wäre und deshalb – wie es Art. 26 Abs. 3 BayVSG für die Bekanntgabe personenbezogener Daten fordert – das Wissen um die Beziehung zwischen Organisation und potentiellem Unterstützer zur Einschätzung der IBD für die interessierte Öffentlichkeit erforderlich ist. Soweit etwaige Verbindungen der vom Antragsteller repräsentierten ... zur IBD dargestellt werden sollen, erscheint eine Information der Öffentlichkeit schon mit Blick auf die diesbezüglich bereits von Seiten der Presse erfolgte umfängliche Berichterstattung nicht notwendig, jedenfalls aber kann diesem Zweck in Ergänzung der Presseberichterstattung auch ohne Nennung personenbezogener Daten des Antragstellers in gleicher Weise genügt werden. Die Berichterstattung über den Antragsteller befördert folglich auch den Zweck der Beobachtung nicht, weshalb sie sich in Summe eindeutig als nicht erforderlich darstellt.

Die Berichterstattung über die verfassungsschutzrechtliche Beobachtung des Antragstellers aufgrund seiner Äußerungen über die IBD wäre im Übrigen auch nicht verhältnismäßig im engeren Sinne. Eine Gesamtabwägung ergibt, dass die Nachteile, die dem Antragsteller – und aufgrund der faktischen Ausstrahlungswirkung auch der von ihm geführten Partei – durch die Unterrichtung der Öffentlichkeit entstehen, die Vorteile, die die Information der Öffentlichkeit für die wirksame Aufklärung bzw. Abwehr von Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung bietet, unverhältnismäßig überwiegen.

Die Beobachtung des Antragstellers gründet sich darauf, dass er die IBD, hinsichtlich derer der Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen besteht, bei objektiver Betrachtung durch seine Äußerungen unterstützt hat. Für die Verfassungsfeindlichkeit der IBD bestehen bislang aber lediglich tatsächliche Anhaltspunkte; erwiesen ist diese nicht. Der gegenüber dem Antragsteller bestehende Verdacht leitet sich mithin seinerseits von einem auf tatsächliche Anhaltspunkte gegründeten Verdacht ab, was für die Beobachtung des Antragstellers genügt. Die Schwere des Eingriffs im Vergleich zu den Beeinträchtigungen durch eine Beobachtung ist aber ungleich größer im Fall der Berichterstattung unter Namensnennung. Wer vom Verfassungsschutz als für den Rechtsstaat gefährlich eingestuft wird – in diesem Sinne wird die Öffentlichkeit auch Ausführungen zu Verdachtsfällen verstehen –, ist in der Teilhabe am politischen Meinungsbildungsprozess und am öffentlichen Leben erheblich behindert. Bei einer Verdachtsberichterstattung ist daher Sorgfalt und Zurückhaltung angebracht, eröffnet sie doch weiträumige Möglichkeiten für Irrtum und Missbrauch und bewirkt regelmäßig eine „Stigmatisierung“ in der Öffentlichkeit, die schwerlich rückgängig gemacht werden kann und die durch ein Aufrechterhalten und Wiederholen noch intensiviert wird. Dies gilt im Falle des Antragstellers umso mehr, als die wiederholte Bekanntgabe seiner Beobachtung seine Handlungsoptionen im politischen Meinungsstreit erheblich beeinträchtigen dürfte und damit zumindest faktisch auch die von ihm repräsentierte Partei und insoweit – insbesondere mit Blick auf die anstehende Bundestagswahl – auch die Chancengleichheit von Parteien (Art. 21 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) und das in Art. 20 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende Gebot der Neutralität des Staates im Wahlkampf und die Integrität der Willensbildung des Volkes durch Wahlen und Abstimmungen tangiert werden.

Diesen gewichtigen Nachteilen für den Antragsteller (und seine Partei) durch die Bekanntgabe der personenbezogenen Daten stehen keine überwiegenden Interessen der Allgemeinheit gegenüber, die eine Bekanntgabe der Daten nahelegen würden. Der Verfassungsschutz kann seiner Aufklärungsaufgabe auch ohne konkrete Bezugnahme auf den Antragsteller und seine Äußerungen genügen. Der Bekanntgabe der Tatsache der Beobachtung des Antragstellers unter Namensnennung kommt kein solcher Mehrwert hinsichtlich einer Abwehr der von der IBD für die freiheitliche demokratische Grundordnung möglicherweise ausgehenden Gefahren zu, dass es gerechtfertigt erschiene, über den Antragsteller (und damit faktisch auch die von ihm nach außen repräsentierte Partei) auf der Grundlage eines von einem Verdacht abgeleiteten Verdachts in einer – allein durch die Bekanntgabe der Beobachtung – sein Ansehen erheblich beeinträchtigenden Weise zu berichten.

Dem Hilfsantrag war daher stattzugeben.

Zu dem Hinweis des Antragsgegners darauf, dass die Berichterstattung seinerzeit in Reaktion auf eine Pressenanfrage erfolgt sei – wobei der Antragsteller argwöhnt, dass es sich um eine abgestimmte Inszenierung gehandelt habe – ist abschließend darauf hinzuweisen, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG) seine Grenze an Grundrechtspositionen Dritter, die seitens der Behörde zu beachten sind, findet, insbesondere an dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besonderer Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2012 – 7 CE 12.370 – juris, Rn. 13 zur Auslegung des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG). Die Auskunft hätte danach nicht erteilt werden dürfen, da die Grenzen für die Offenbarung personenbezogener Daten Dritter, die durch die verfassungsschutzrechtlichen Regelungen vorgegeben sind und die auch dem Grundrechtsschutz dienen, in entsprechender Weise den presserechtlichen Auskunftsanspruch begrenzen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO.

5. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 45 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wobei für den Haupt- und Hilfsantrag jeweils von einem Streitwert in der Hauptsache i.H.v. 5.000,- Euro ausgegangen wurde.

(1) Beamtinnen und Beamte haben über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch über den Bereich eines Dienstherrn hinaus sowie nach Beendigung des Beamtenverhältnisses.

(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit

1.
Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind,
2.
Tatsachen mitgeteilt werden, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen,
3.
gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde, einer Strafverfolgungsbehörde oder einer durch Landesrecht bestimmten weiteren Behörde oder außerdienstlichen Stelle ein durch Tatsachen begründeter Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches angezeigt wird oder
4.
Informationen unter den Voraussetzungen des Hinweisgeberschutzgesetzes an eine zuständige Meldestelle weitergegeben oder offengelegt werden.
Im Übrigen bleiben die gesetzlich begründeten Pflichten, geplante Straftaten anzuzeigen und für die Erhaltung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzutreten, von Absatz 1 unberührt.

(3) Beamtinnen und Beamte dürfen ohne Genehmigung über Angelegenheiten, für die Absatz 1 gilt, weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben. Die Genehmigung erteilt der Dienstherr oder, wenn das Beamtenverhältnis beendet ist, der letzte Dienstherr. Hat sich der Vorgang, der den Gegenstand der Äußerung bildet, bei einem früheren Dienstherrn ereignet, darf die Genehmigung nur mit dessen Zustimmung erteilt werden. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass an die Stelle des in den Sätzen 2 und 3 genannten jeweiligen Dienstherrn eine andere Stelle tritt.

(4) Die Genehmigung, als Zeugin oder Zeuge auszusagen, darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Durch Landesrecht kann bestimmt werden, dass die Verweigerung der Genehmigung zur Aussage vor Untersuchungsausschüssen des Deutschen Bundestages oder der Volksvertretung eines Landes einer Nachprüfung unterzogen werden kann. Die Genehmigung, ein Gutachten zu erstatten, kann versagt werden, wenn die Erstattung den dienstlichen Interessen Nachteile bereiten würde.

(5) Sind Beamtinnen oder Beamte Partei oder Beschuldigte in einem gerichtlichen Verfahren oder soll ihr Vorbringen der Wahrnehmung ihrer berechtigten Interessen dienen, darf die Genehmigung auch dann, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 4 Satz 1 erfüllt sind, nur versagt werden, wenn die dienstlichen Rücksichten dies unabweisbar erfordern. Wird sie versagt, ist Beamtinnen oder Beamten der Schutz zu gewähren, den die dienstlichen Rücksichten zulassen.

(6) Beamtinnen und Beamte haben, auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, auf Verlangen des Dienstherrn oder des letzten Dienstherrn amtliche Schriftstücke, Zeichnungen, bildliche Darstellungen sowie Aufzeichnungen jeder Art über dienstliche Vorgänge, auch soweit es sich um Wiedergaben handelt, herauszugeben. Die gleiche Verpflichtung trifft ihre Hinterbliebenen und Erben.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.