Verwaltungsgericht Trier Urteil, 24. Mai 2016 - 3 K 3823/15.TR

ECLI:ECLI:DE:VGTRIER:2016:0524.3K3823.15.00
bei uns veröffentlicht am24.05.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Disziplinarverfügung, mit der gegen ihn ein Verweis verhängt wird.

2

Der als Polizeikommissar im Dienst des beklagten Landes stehende Kläger wurde am ... in ... geboren. Er legte am 5. Juli 2005 die Fachhochschulreife an der berufsbildenden Schule für Ernährung, Hauswirtschaft und Sozialpflege in ... (Note: 3,1) i.V.m. einer Ausbildung zum Hauswirtschafter bei der ... (Note: 81,6 Punkte = gut) ab. Von 2005 bis 2009 besuchte er die Fachhochschule ... Am 1. Oktober 2009 nahm er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf das Bachelorstudium an der Hochschule der Polizei ... auf. Nachdem er die schriftliche Prüfung im Modul 9 im Juni 2012 nicht bestanden hatte, wurde er zunächst entlassen. Anlässlich eines im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ... abgeschlossenen Vergleichs wurde der Kläger nach erfolgreicher Wiederholungsklausur am 3. April 2014 erneut zum Polizeikommissar-Anwärter unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf ernannt und im sechsten Bachelorstudiengang wieder eingegliedert. Nach erfolgreicher Laufbahnprüfung wurde er trotz des bereits gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahrens am 5. Mai 2015 zum Polizeikommissar auf Probe ernannt und zur Bereitschaftspolizei versetzt.

3

Mit Verfügung vom 9. April 2015 wurde gegen den Kläger ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Im Zusammenhang mit einem Internetauftritt einer Gemeinschaft aus Trainern und Coaches (www...de), in dem die Person des Klägers präsentiert wurde, wurde dem Beamten ein Verstoß gegen die außerdienstliche und innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht der Beamten und der Polizeibeamten im Besonderen sowie ein Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht vorgehalten. Der Kläger wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Ermittlungsführerin wurde bestellt.

4

Unter dem 23. April 2015 äußerte sich der Kläger zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.

5

Aufgrund der Versetzung des Klägers zur Bereitschaftspolizei wurde das Disziplinarverfahren an die Direktion der Bereitschaftspolizei abgegeben. Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen wurde dem Beamten mit Schreiben vom 21. Mai 2015 bekannt gegeben. Ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zur Beantragung weiterer Ermittlungen eingeräumt. Hiervon machte der Kläger nachfolgend Gebrauch.

6

Mit Verfügung vom 14. Juli 2015 wurde gegen den Kläger ein Verweis verhängt. Ihm wurde vorgeworfen, er sei Teil einer Gemeinschaft aus Trainern und Coaches (www...de) gewesen. Diese Gemeinschaft habe nach Angaben auf der genannten Internetseite „unterschiedliches Know-how wie Hypnosecoaching, Körpertraining, Kommunikations- und Rhetoriktraining und Verfahren aus dem NLP“ angeboten. Alle Angebote seien kostenpflichtig gewesen. Der Kläger sei auf der Homepage wie folgt beschrieben: „... ist Akademiker und angehender Polizeikommissar mit weitreichender Lebenserfahrung, insbesondere als Reiseleiter in verschiedenen Ländern und Kulturen. Er unterstützt mit seinen guten Menschenkenntnissen, seinem südländischen Charme und Flair unsere Kunden bei dem Thema Verführung und Pick up. Durch seine ruhige und besonnene Art hilft er unseren Kunden auch bei emotional aufregenden Situationen locker und gelassen zu bleiben. Somit steht dem erotischen Abenteuer nichts mehr im Wege. Schwerpunkte: Verführung in Bars, Diskotheken und auf der Straße (Bargame, Clubgame, Streetgame)“.

7

Aufgrund dieses Sachverhalts stehe fest, dass der Kläger eine geplante Nebentätigkeit nicht angezeigt und somit gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen habe. Unabhängig davon, dass er noch keinerlei Tätigkeit in der Gemeinschaft ausgeführt habe, weder ein arbeitsrechtliches Verhältnis noch eine Honorar- oder eine sonstige Vergütungsvereinbarung bestanden und auch der für den ... geplante Männerstammtisch ohne den Kläger stattgefunden habe, wäre der Kläger jedoch verpflichtet gewesen, allein das Dienstleistungsangebot im Internet auf der Seite www...de anzuzeigen und genehmigen zu lassen. Dies ergebe sich daraus, dass durch den Internetauftritt jederzeit seine Arbeitsleistung hätte gefordert werden können. Nebentätigkeiten seien vor deren Ausübung anzuzeigen und gegebenenfalls genehmigen zu lassen. Unterlasse der Beamte eine derartige Beantragung, so liege gerade in diesem Unterlassen bereits ein Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht und damit gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht. Der Kläger habe durch die erfolgten Belehrungen an den Tagen seiner Einstellung (2009 in 2014) und den dienstrechtlichen Vorlesungen um das sensible Thema der Anzeige- und Genehmigungspflicht gewusst. Infolge dessen sei ihm Vorsatz vorzuwerfen. Bei Zweifeln an einer Genehmigungspflicht hätte er in jedem Fall bei der zuständigen Personalstelle nachfragen müssen. Im Übrigen sei auch ein fahrlässiges Fehlverhalten pflichtwidrig.

8

Der ausgesprochene Verweis sei notwendig aber auch ausreichend, um auf den Kläger dergestalt einzuwirken, dass eine zukünftige Beachtung seiner beamtenrechtlichen Pflichten erwartet werden könne.

9

Den fristgemäß eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass die geplante Tätigkeit genehmigungsfähig gewesen wäre. Eine Anzeigepflicht, dass eine Nebentätigkeit beabsichtigt sei, bestehe jedoch nicht. § 83 LBG bestimme hierzu, dass die „Ausübung“ jeder entgeltlichen Nebentätigkeit der Genehmigung bedürfe. Hieraus ergebe sich, dass die Tätigkeit als solche bereits aufgenommen worden sein müsse. Dies sei jedoch vorliegend nicht der Fall gewesen.

10

Selbst wenn spätestens das Vorhaben, am ... an einem Männerstammtisch teilnehmen zu wollen, hätte angezeigt werden müssen, so sei im Disziplinarverfahren zweifelsfrei erwiesen, dass er weder beabsichtigt habe, an dem Stammtisch teilzunehmen noch sei der Stammtisch überhaupt durchgeführt worden. Mithin habe es auch kein geplantes Ereignis gegeben, zu welchem er im Rahmen einer etwaigen Nebentätigkeit hätte erscheinen können.

11

Er müsse sich allenfalls vorwerfen lassen, die beabsichtigte Aufnahme einer Tätigkeit schon veröffentlicht zu haben. Es stehe jedoch fest, dass die Veröffentlichungen im Internet nicht durch ihn veranlasst worden seien, sondern durch den Betreiber der entsprechenden Internetseite, den Zeugen ... Bei der Annahme, dass er Einfluss auf seine Personenbeschreibung gehabt habe, handle es sich um eine reine Spekulation.

12

Mit Bescheid vom 2. Dezember 2015 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ergänzend zum Ausgangsbescheid wurde ausgeführt, dass es sich bei der vom Kläger beabsichtigten Tätigkeit um eine genehmigungsbedürftige Tätigkeit handle. Die Genehmigungspflicht diene dazu, dem Dienstherrn zu ermöglichen, bereits im Vorfeld mögliche Nachteile, die sich aus der Ausübung der Tätigkeit ergeben könnten, frühzeitig zu erkennen und gegebenenfalls zu unterbinden. Damit solle sichergestellt werden, dass der Beamte keine Tätigkeiten ausübe, die zu einer Belastung im Hauptamt oder zu einer Ansehensschädigung führen könnten. Dementsprechend müssten auch bereits vorbereitende Handlungen unter die Genehmigungspflicht subsumiert werden. Dies gelte insbesondere wenn die Vorbereitungsmaßnahmen wie z.B. Werbemaßnahmen auf Internetportalen durch die Öffentlichkeit wahrgenommen werden könnten und damit potentiell geeignet seien, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Tätigkeit des Beamten zu beeinflussen und somit das Ansehen der öffentlichen Verwaltung zu schädigen. Auch die Ausgestaltung des Genehmigungsverfahrens spreche dafür, dem Dienstherrn die Möglichkeit zu geben, bereits vor Aufnahme der Nebentätigkeit eine solche zu versagen.

13

Bezogen auf den vorliegenden Fall sei zu sehen, dass der Kläger auf der Internetseite mit Kenntnissen im Bereich “Verführung und Pick-up“ geworben habe. Insoweit wäre zu überprüfen gewesen, ob hierdurch eine Ansehensschädigung der rheinland-pfälzischen Polizei zu erwarten sei. Auch wenn der Männerstammtisch abgesagt worden sei, habe er zumindest die Absicht gehabt, aktiv an dem Termin teilzunehmen und sein Wissen weiterzugeben. Hätte der Kläger Zweifel an der Genehmigungsbedürftigkeit gehabt, wäre er gehalten gewesen, sich vorab bei entsprechender Stelle über das weitere Vorgehen zu informieren.

14

Mit der beabsichtigten Tätigkeit sei unstreitig bereits öffentlich geworben worden, so dass für den Kläger auch festgestanden habe, bei Bedarf tätig zu werden. Er habe diesbezüglich bereits konkrete Pläne gehabt.

15

Selbst wenn er keine administrativen Rechte an der Internetseite gehabt habe, sei davon auszugehen, dass ihm zumindest seine Personenbeschreibung bekannt gewesen sei. Es erscheine unglaubwürdig, dass der Betreiber der Internetseite einen Text mit Foto veröffentlicht habe ohne dass der Kläger Kenntnis davon gehabt habe und diesem hätte widersprechen können.

16

Hiergegen hat der Kläger fristgemäß am 22. Dezember 2015 Klage erhoben. Er trägt weiterhin vor, dass die Aufnahme der Tätigkeit allenfalls in der Vorplanung gewesen sei. Im Rahmen der Zeugenvernehmung sei festgestellt worden, dass er für den entsprechenden Auftritt im Internet in keiner Weise verantwortlich gewesen sei. Unmittelbar nach Kenntniserlangung, dass er auf der Internetseite aufgeführt sei, habe er die sofortige Löschung seiner Präsenz veranlasst.

17

Darüber hinaus rügt der Kläger, dass der Beklagte im Rahmen des Disziplinarverfahrens auf eine rechtswidrige Methode der Erkenntnisgewinnung zurückgegriffen habe und mittels einer verdeckt arbeitenden Person tätig geworden sei.

18

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 14. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2015 aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er trägt vor, die Ausübung der in Rede stehenden Nebentätigkeit habe mit der Veranlassung der Bekanntgabe seiner Person als „Coach“ auf der Internetseite begonnen. Dies sei in der Absicht geschehen, bei entsprechender Nachfrage auch tätig zu werden. Seine Handlung sei damit über das bloße Vorbereitungsstadium hinausgegangen.

21

Die ausgeübte Nebentätigkeit sei auch nicht genehmigungsfähig gewesen. Der Schwerpunkt seiner Nebentätigkeit sei im Bereich „Verführung in Bars, Diskotheken und auf der Straße“ angepriesen worden. Dies sei geeignet, ein negatives Bild und eine Ansehensschädigung der rheinland-pfälzischen Polizei hervorzurufen.

22

Der Einsatz eines nicht offen ermittelnden Polizeibeamten sei in Disziplinarverfahren grundsätzlich gestattet.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie die Verwaltungs- und Personalakten verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

24

Die nach §§ 42, 72 Landesdisziplinargesetz vom 2. März 1998 (GVBl Seite 29), zuletzt geändert durch Gesetz (Art. 7) vom 15. Juni 2015 (GVBl Seite 93), zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die Disziplinarverfügung vom 14. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2015 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 21 LDG i.V.m. § 113 Abs. 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

25

Der Kläger hat mit dem ihm vorgehaltenen Internetauftritt und der konkreten Art der Werbung der von einer Gemeinschaft von Trainern und Coaches angebotenen Leistung das Gebot zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Beamtenstatusgesetz vom 17. Juni 2008 (BGBl. I. S. 1010) – BeamtStG -), welches für Polizeibeamte eine besondere Ausprägung im § 115 Landesbeamtengesetz vom 20. Oktober 2010 (GVBl. S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz (Art. 5) vom 15. Juni 2015 (GVBl. S. 90), – LBG – findet, schuldhaft verletzt. Darüber hinaus hat er gegen das Nebentätigkeitsrecht nach §§ 82 ff. LBG verstoßen und damit auch seine Gehorsamspflicht (§ 35 S. 2 BeamtStG) verletzt. Zum Zwecke der Ahndung dieses Dienstvergehens (§ 47 BeamtStG) ist gegen ihn zu Recht die Disziplinarmaßnahme des Verweises verhängt worden.

26

Dabei legt das Gericht seiner Würdigung folgenden Sachverhalt zu Grunde:

27

Der Kläger war Teil einer Gemeinschaft aus Trainern und Coaches, die unter der Internetseite www...de ihre Dienstleistung wie folgt angeboten haben: „Ziel ist es, Fortbildungen und Entwicklungsmöglichkeiten in nahezu jedem Lebensbereich zu ermöglichen. Dabei versuchen wir, Körper und Geist zu fordern und zu fördern, damit du dein volles Potenzial ausschöpfen kannst“. Nachfolgend wurden die drei Trainer namentlich mit ihren jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkten vorgestellt. Das Angebot erstreckt sich über Hypnosecoaching, Angstbewältigung, Raucherentwöhnung, autogenes Training, Körperwahrnehmung, therapeutisches Schreiben bis zur „Verführung in Bars, Discotheken und auf der Straße“. Alle Angebote waren kostenpflichtig. Der Kläger und sein Tätigkeitsschwerpunkt wurden auf der Homepage wie folgt beschrieben: „... ist Akademiker und angehender Polizeikommissar mit weitreichender Lebenserfahrung, insbesondere als Reiseleiter in verschiedenen Ländern und Kulturen. Er unterstützt mit seinen guten Menschenkenntnissen, seinem südländischen Charme und Flair unsere Kunden bei dem Thema Verführung und Pick up. Durch seine ruhige und besonnene Art hilft er unseren Kunden auch bei emotional aufregenden Situationen locker und gelassen zu bleiben. Somit steht dem erotischen Abenteuer nichts mehr im Wege. Schwerpunkte: Verführung in Bars, Diskotheken und auf der Straße (Bargame, Clubgame, Streetgame)“.

28

Über diese Werbung hinaus hat der Kläger noch keine konkrete Tätigkeit für die Gemeinschaft entfaltet.

29

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Werbung der Gemeinschaft unter der Internetseite www...de. Da den Feststellungen zum Sachverhalt keine Erkenntnisse des im disziplinarischen Ermittlungsverfahrens eingesetzten und verdeckt ermittelnden Polizeibeamten zugrunde liegen, hat sich ein möglicher - vom Kläger gerügter - Verfahrensverstoß, der allenfalls zu einem Verwertungsverbot der gewonnenen Beweisergebnisse führen würde und für den bei wenigen, konkret bestimmten Ermittlungshandlungen gegenüber einem eingeschränkten Personenkreis – wie hier - im Übrigen nichts spricht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 6. Mai 2008 - 3 A 10045/08.OVG -, juris), jedenfalls nicht realisiert.

30

Mit diesem Verhalten hat der Kläger gegen seine sich aus § 34 S. 3 BeamtStG ergebende Pflicht verstoßen, sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Zudem hat er seine sich aus § 115 LBG ergebende Dienstpflicht zur Wahrung des Ansehens der Polizei verletzt. Hiergegen verstößt ein Beamter, der sich außerdienstlich seine Arbeitskraft nutzbar machen will und in einer öffentlichkeitswirksamen Werbung sein Amt und seine Dienstbezeichnung im direkten Zusammenhang mit der von ihm angebotenen Leistung als wesentlich vertrauensbegründendes Element missbraucht. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass Polizeibeamten ein hohes Maß an Achtung und Vertrauen in deren Redlichkeit entgegen gebracht wird. Werden außerdienstliche Leistungen dahingehend beworben, dass diese von einem „Polizeikommissar“ angeboten werden, ist dies grundsätzlich mit der Erwartung von Seriosität und Zuverlässigkeit verbunden. Bezieht sich das Leistungsangebot eines Polizeibeamten auf „Verführung und Pick-up“, wobei letzterem im Sprachgebrauch durchaus die Bedeutung einer nicht akzeptablen und frauenfeindlichen „Anmache“ zukommt, steht hinter der Verquickung von Dienstbezeichnung und Leistungsangebot eine absichtliche vertrauensbegründende Intension. Von der Öffentlichkeit kann kein Verständnis dafür verlangt werden, dass ein Polizeibeamter sich im außerdienstlichen Bereich derart unlauterer Werbe- und Wettbewerbsmittel bedient und dadurch zugleich das Ansehen der Polizei schädigt. Ein derartiges Verhalten und darüber hinaus auch die angebotene Leistung an sich wecken Zweifel an der Integrität und Loyalität des Beamten gegenüber seinem Dienstherrn sowie des Beamtentums und verstößt damit wegen der materiellen Dienstbezogenheit nicht nur gegen die außerdienstliche sondern insbesondere gegen die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht des Beamten.

31

Darüber hat der Kläger durch den vorgehaltenen Internetauftritt auch gegen das Nebentätigkeitsrecht verstoßen. Nach § 83 Abs. 1 LBG bedürfen Beamte zur Ausübung jeder entgeltlichen Nebentätigkeit mit Ausnahme der in § 84 Abs. 1 LBG abschließend aufgeführten, der vorherigen Genehmigung, soweit sie nicht nach § 82 Abs. 1 LBG zu ihrer Ausübung verpflichtet sind. Nach S. 2 des § 83 Abs. 1 LBG unterliegt auch eine unentgeltliche gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit oder die Mitarbeit hierbei der Genehmigungspflicht.

32

Die vom Kläger im Rahmen der Gemeinschaft ausweislich der Internetwerbung angebotenen Leistungen stellen unstreitig eine Nebentätigkeit im vorgenannten Sinne dar. Die Tätigkeit des „Lifecoachung“ war seitens der Gemeinschaftsmitglieder auf Erwerb ausgerichtet, da sie unbestritten mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden sollte (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Januar 2007 – 1 D 16/05 –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Februar 2002 – 3 A 11578/01.OVG; Beschluss vom 6. April 2009 – 3 B 10160/09.OVG –; VG Trier, Urteil vom 10. November 2009 – 3 K 361/09.TR –, juris). Um eine Nebentätigkeitsgenehmigung hat der Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt nachgesucht.

33

Dass der Kläger noch keine Trainertätigkeit für die Gemeinschaft ausgeübt hat, sich sein Engagement mithin lediglich in der Werbung seiner Dienste erschöpft hat, steht im vorliegenden Einzelfall der nebentätigkeitsrechtlichen Relevanz nicht entgegen. Der Begriff der „Ausübung“ einer Tätigkeit im Sinne des § 82 LBG bedarf einer differenzierenden Betrachtung, sofern es um die nebentätigkeitsrechtliche Qualifizierung von Tätigkeiten im Vorfeld der eigentlichen Nebentätigkeit geht (vgl. auch VG Trier, Urteil vom 3. Februar 2016 – 3 K 2619/15.TR -). Handelt es sich bei diesen um Werbemaßnahmen dergestalt, dass bereits Leistungen des Angebotsspektrums quasi zum „Kennenlernen“ und in der Absicht, Kontakte zu knüpfen, vorgestellt werden, fallen auch diese Werbemaßnahmen als konkretes Geschäftsanbahnungsverhalten bereits unter den Begriff der Ausübung einer Nebentätigkeit, auch wenn sie unentgeltlich angeboten werden (vgl. VG Trier, a.a.O.).

34

Wenn auch vorliegend noch nicht das Erbringen konkreter Trainerleistungen in Rede steht, sondern lediglich eine öffentlichkeitswirksame Werbung im Internet, belegt diese jedoch nach ihrer Aufmachung deutlich, dass die Gemeinschaft im Vorfeld der Aufnahme der eigentlichen Geschäftstätigkeit bereits ein eigenes Geschäftsmodel entwickelt und hierzu ein Werbekonzept erstellt hat. Dieses war gezielt darauf ausgerichtet, nicht nur das Leistungsspektrum der Gemeinschaft, sondern konkrete Leistungsprodukte in Verbindung mit dem jeweiligen Leistungserbringer einem breiten Interessentenkreis zu offerieren. Zum Gesamtkonzept der Werbung gehörte, wie vom Zeugen ... ausdrücklich vorgetragen, die persönliche Präsentation der Mitglieder der Gemeinschaft unter Nennung der Berufsbezeichnung, um insbesondere den Kläger als vertrauenswürdigen und seriösen Leistungserbringer herauszustellen. Zudem ist zu sehen, dass es im Weiteren noch vor Aufnahme der eigentlichen Geschäftstätigkeit zur Werbung der Gemeinschaft gehörte, am ... einen kostenfreien Männerstammtisch anzubieten, um Interessenten für die Gemeinschaft zu gewinnen. Hinter diesen vorbereitenden Maßnahmen stand eine hinreichend konkrete vertragliche Anbahnungsabsicht dahin, dass die im Internet individuell angepriesenen Leistungen unmittelbar durch Kunden abgerufen werden können. Damit ist die Wertung gerechtfertigt, dass der Beginn der Nebentätigkeit bereits mit der Erstellung des Werbekonzepts und der Werbung als konkretes Geschäftsanbahnungsverhalten begonnen hat.

35

Dass eine derartige Vorbereitungshandlung bereits unter den nebentätigkeitsrechtlichen Begriff fällt, entspricht auch dem Sinn und Zweck des Rechts. Bei der Einschränkung der Ausübung von Nebentätigkeiten von Beamten geht es um den vorbeugenden Schutz vor möglichen Beeinträchtigungen der geschuldeten und vollen unparteiischen Dienstleistung des Beamten, wobei als mögliche Beeinträchtigungen einerseits Interessenkonflikte und andererseits eine übermäßige Verausgabung der Arbeitskraft außerhalb des Dienstes gelten. Es soll sichergestellt werden, dass der Beamte sein Amt pflichtgemäß unparteiisch, unbefangen und in ungeteilter Loyalität gegenüber dem Dienstherrn wahrnimmt und schon der Anschein möglicher Interessen- oder Loyalitätskonflikte vermieden wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990, BVerwGE 84, 299). Diesem Zweck ist die Notwendigkeit geschuldet, bereits vor Aufnahme einer Nebentätigkeit eine entsprechende Genehmigung einzuholen, um den hieraus drohenden Gefahren möglichst bereits im Vorfeld zu begegnen. Erfordert eine Nebentätigkeit – wie hier – die Erstellung eines Werbekonzepts und einer öffentlichkeitswirksamen Werbung im Medium Internet mit der die nebentätigkeitsrechtlich relevante Leistung des Beamten für den Kunden sofort abrufbar wird, liegt es auf der Hand, den Beginn der Nebentätigkeit bereits auf den Zeitpunkt der Erstellung einer Werbung vorzuverlagern. Denn nur dadurch kann einer Gefahr der Beeinträchtigung der vorgenannten Interessen des Dienstherrn, insbesondere der sich hier bereits realisierten Gefahr der Ansehensschädigung des Beamtentums, im Vorfeld wirksam begegnet werden.

36

Da der Kläger nicht über eine nebentätigkeitsrechtliche Genehmigung verfügt hat, ist ihm ein formaler und darüber hinaus auch ein materiell-rechtlicher Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht vorzuhalten. Aus den obigen Ausführungen zum Gebot des achtungs- und vertrauenswürdigen Verhaltens der Beamten und der Polizeibeamten im Besonderen folgt zugleich, dass die Nebentätigkeit nach § 83 Abs. 2 Nr. 5 LBG infolge der Gefahr einer Ansehensschädigung der öffentlichen Verwaltung nicht genehmigungsfähig gewesen wäre.

37

Dem Kläger ist hinsichtlich des Verstoßes gegen die Achtungs- und Wohlverhaltenspflicht ein zumindest bedingt vorsätzliches und bezüglich des Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsrecht ein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung und nach Durchlaufen des Bachelorstudiengangs war dem Kläger bewusst, dass an ihn im Interesse der Achtung der Beamtenschaft besondere Loyalitätspflichten gestellt werden. Dass eine Werbung in der vorgehaltenen Art und Weise diesen Pflichten zuwiderläuft, hätte sich ihm aufdrängen müssen. Wenn er auch geltend macht, dass er nicht Administrator der Website gewesen sei und er keinerlei administrativen Rechte gehabt habe, so ist jedoch unstreitig, dass er dem Administrator jedenfalls ein Foto von sich und seine persönlichen Daten zur Verfügung gestellt hat. Dass er den Werbetext nicht selbst erstellt hat, lässt seine Verantwortlichkeit ebenso nicht entfallen. Denn der Kläger hat zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass ihm der Verwendungszweck der von ihm zur Verfügung gestellten Informationen und die Werbung nicht bekannt gewesen seien. Infolgedessen ist ihm, als einem von drei Trainern der Gemeinschaft und Anbieter höchstpersönlicher Leistungen, auch der Inhalt der Werbung des Unternehmens zuzurechnen. Darüber hinaus war es dem Kläger eigenem Bekunden zu Folge nach Einleitung des Disziplinarverfahrens auch möglich, unverzüglich den Internetauftritt bezüglich seiner Person zu löschen bzw. löschen zu lassen. Von daher verfängt auch aus diesem Grund sein Einwand der fehlenden Zugriffsmöglichkeit auf die Website nicht.

38

Hinsichtlich des Verstoßes gegen das Nebentätigkeitsrecht ist dem Kläger Fahrlässigkeit vorzuhalten. Dem Beamten war die Sensibilität des Themas Nebentätigkeitsrecht unstreitig bekannt. Wenn ihm auch zugute zu halten ist, dass eine nebentätigkeitsrechtliche Relevanz von Vorbereitungshandlungen rechtlich nicht ganz eindeutig einzuordnen ist, muss er sich dennoch vorhalten lassen, dass er sich vor dem werbenden Internetauftritt in der vorgehaltenen Art und Weise bei seinem Dienstherrn hätte vergewissern müssen, ob dieses Verhalten genehmigungspflichtig ist. Dies hat der Kläger pflichtwidrig nicht getan.

39

Unter Berücksichtigung der Bemessungsvorgaben des § 11 LDG ist das Dienstvergehen des Klägers mit einem Verweis angemessen geahndet. Bei der dem Kläger zurechenbaren und die Wohlverhaltenspflicht verletzenden Internetpräsentation sowie dem fährlässigen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht handelt es sich um ein einmaliges Fehlverhalten, welches ausgehend von seinem Gewicht, grundsätzlich mit der geringsten Disziplinarmaßnahme des Verweises zu ahnden ist. Dabei liegt das Augenmerk auf der Verletzung der Wohlverhaltenspflicht, die bereits unabhängig vom Verstoß gegen das Nebentätigkeitsrecht die Verhängung eines Verweises indiziert. In Anbetracht dessen, dass der Kläger sich erst am Beginn seiner Beamtenlaufbahn befindet, ist die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme in jedem Fall erforderlich, um eine Verinnerlichung der Dienstpflichten auf Dauer zu gewährleisten und klare Weichen für die Zukunft zu stellen. In Anbetracht der vom Beklagten ausgeführten Persönlichkeitsmerkmale ist zudem eine positive Prognose dahingehend gerechtfertigt, dass der Kläger sich den Verweis zur Mahnung einer zukünftig ordnungsgemäßen Pflichterfüllung gereichen lassen wird. Der Verhängung einer höheren Disziplinarmaßnahme durch das Gericht steht das Verbot der reformatio in peius entgegen (§ 76 Abs. 2 LDG).

40

Nach alledem ist die Klage mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Gründe, die Berufung zuzulassen, sind nicht gegeben (§§ 124, 124a VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beamtinnen und Beamte haben ihre Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Sie sind verpflichtet, deren dienstliche Anordnungen auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen. Dies gilt nicht, soweit die Beamtinnen und Beamten nach besonderen gesetzlichen Vorschriften an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen sind.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei organisatorischen Veränderungen dem Dienstherrn Folge zu leisten.

(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten außerhalb des Dienstes ist nur dann ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.

(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten oder früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen oder an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, oder wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Bei sonstigen früheren Beamtinnen und früheren Beamten gilt es als Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft gegen die in den §§ 37, 41 und 42 bestimmten Pflichten verstoßen. Für Beamtinnen und Beamte nach den Sätzen 1 und 2 können durch Landesrecht weitere Handlungen festgelegt werden, die als Dienstvergehen gelten.

(3) Das Nähere über die Verfolgung von Dienstvergehen regeln die Disziplinargesetze.

(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.

(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Tenor

Der Beklagte wird aus dem Dienst entfernt.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich derjenigen des behördlichen Disziplinarverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Vollstreckungsschuldner bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckungsfähigen Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger betreibt die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst.

2

Der am A...in B...geborene Beklagte steht als Polizeikommissar im Dienst des klagenden Landes. Nach der Hauptschule besuchte er von 1993 bis 1995 die Berufsfachschule C... Am 1. September 1995 wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf als Polizeianwärter des Landes Rheinland-Pfalz eingestellt. Nach seiner Ausbildung erfolgte am 1. September 1996 die Ernennung zum Polizeioberwachtmeister und am 1. September 1997 zum Polizeimeister. In der Zeit vom 1. September 1997 bis 30. April 2000 wurde der Beklagte bei der Bereitschaftspolizei verwendet. Am 1. Mai 2000 erfolgte die Versetzung zum Polizeipräsidium D..., wo er mit Ausnahme einer vorübergehenden Abordnung zur PD E... anlässlich der dort stattfindenden Expo 2000 vom 18. August 2000 bis 13. November 2000 bei der Polizeiinspektion F... eingesetzt wurde.

3

Der Beklagte wurde am 18. Mai 2002 zum Polizeiobermeister, am 18. Mai 2008 zum Polizeihauptmeister und am 18. Juli 2008 zum Polizeikommissar befördert. Die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit wurde dem Beamten am 2. Juni 2004 verliehen.

4

Seit dem 15. Dezember 2013 ist der Beklagte dauerhaft erkrankt. Mit Schreiben vom 13. Juli 2015 hat der Beklagte wegen Dienstunfähigkeit nach einem Dienstunfall am 28. September 2013 seine Versetzung in den Ruhestand beantragt.

5

Der Beamte ist geschieden und hat zwei Kinder im Alter von elf und zehn Jahren.

6

In der letzten Anlassbeurteilung vom 25. März 2010 wurde der Beklagte mit der Gesamtbewertung „B“ (gute Leistung) beurteilt.

7

Eine Leistungseinschätzung anlässlich des vorliegenden Disziplinarverfahrens vom 7. April 2015 bescheinigte ihm Folgendes:

8

„PK G... kam zum 02.05.2011 von der Dienstgruppe “D“ zur Dienstgruppe “B“. Grund hierfür war, dass PK G... auf der Dienstgruppe „D“ nicht mehr zu Recht kam und mittlerweile von den Kollegen auch nicht akzeptiert wurde, so dass ein reibungsloser Ablauf nicht mehr möglich bzw. nur schwer möglich war.

9

Auf hiesiger Dienstgruppe wurde er mit POK´in H... als „festes Streifenteam“ eingesetzt.

10

Sein Arbeitsvolumen im Außendienst war gut. Der Umgang mit dem polizeilichen Gegenüber würde ich nicht immer als ausgeglichen bezeichnen. Er war oft forsch bis aggressiv.

11

Sein Arbeitsvolumen ließ aber sofort nach, wenn es darum ging, die getroffenen Maßnahmen und Sachverhalte zu Papier zu bringen. Meist wurden die schriftlichen Arbeiten von POK´in H... erledigt. Hier gab es erhebliche Defizite. Dies führte dazu, dass ich die Anordnung vom 08.12.2012 schreiben musste und ihm gegen Unterschrift aushändigte.

12

Bemerkenswert war auch die Anzahl seiner Krankheitstage. Vom 01.01.2012 bis 31.07.2013 waren es insgesamt 707 Krankstunden. Auffallend bei den „Krankheiten“ war der Umstand, dass er die gleichen Krankheiten aufwies, die zuvor jemand aus der Dienstgruppe bzw. seine Streifenpartnerin hatte.

13

Anzumerken war auch der Umstand, dass die Krankheitstage meist auf Tage fielen, an denen er frei wollte, es aus dienstlichen Gründen nicht ging. Hier muss aber angefügt werden, dass PK G... fast für alle Krankentage ein Attest vorlegte.

14

Durch die Kollegen wurde im Laufe der Zeit ermittelt, dass er öfters an seinen kranken Tagen zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin, die eine Hundeschule betrieb, unterwegs war. Er hat regelmäßig per facebook diese Ausflüge dokumentiert.

15

Durch permanente Aufsicht und Druck von mir konnten bis Juli 2013 seine Minusstunden fast vollständig abgebaut werden. Dies gelang dadurch, dass er bei „frei“ seine Urlaubsstunden einsetzen musste oder er halt krank wurde.

16

Sein Verhalten innerhalb der Schicht würde ich als „asozial“ bezeichnen. Die anderen waren ihm mehr oder weniger egal, solange er „sein“ Ding machen konnte. Er bedurfte einer permanenten Aufsicht.

17

Zuletzt machte ihm seine „Schilddrüse“ zu schaffen, was dazu führte, dass er seit Dezember 2013 in den Krankenstand ging. Für die Kollegen, die ihn kannten, war klar, dass das Ereignis in I... irgendwann für ihn ein Thema sein wird. Sein Verhalten nach dem Vorfall war mehr oder weniger normal. Es konnten keine außergewöhnlichen Feststellungen bezüglich seines Verhaltens oder Person getroffen werden. Eine „Krankmeldung“ wegen der Explosion in I... ist nur die logische Konsequenz aus den vorher gezeigten Verhaltensmustern.

18

Eine Besonderheit von PK G... war auch die Tatsache, dass es ihm gelang, völlig ungepflegt und in nicht dienstlich gelieferter Kleidung herumzulaufen. Meist war seine Kleidung mit Hundehaaren übersät.....“

19

Disziplinarrechtlich ist der Beamte nicht vorbelastet. Gegen ihn ist bei der Staatsanwaltschaft J... derzeit ein Strafverfahren wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen anhängig (Az.: K...). Der strafrechtliche Sachverhalt ist Gegenstand der Disziplinarklage.

20

Mit Verfügung vom 4. Dezember 2013 wurde gegen den Beklagten wegen des Verdachtes des leichtfertigen Schuldenmachens in vier Fällen ein Disziplinarverfahren eingeleitet, welches mit Verfügung vom 10. Februar 2014 auf zwei weitere Pfändungssachen ausgedehnt wurde. Die Verfügungen wurden dem Beklagten am 13. Februar 2014 ausgehändigt.

21

Am 19. Februar 2014 erfolgte die Ausdehnung auf den Vorwurf der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit als Hundeausbilder. Von einer Unterrichtung wurde zunächst wegen Gefährdung der Sachverhaltsaufklärung abgesehen.

22

Auf Antrag des Klägers erging durch das erkennende Gericht am 9. April 2014 ein Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss (3 O 609/14.TR). Der Beschluss kam am 23. April 2014 zur Ausführung.

23

Eine weitere Ausdehnung erfolgte mit Verfügung vom 22. April 2014 auf die Vorwürfe: Leichtfertiges Schuldenmachen in nunmehr neun Fällen, Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit während Dienstunfähigkeit, Nichtwahrnehmung von Terminen beim Gesundheitsamt, unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst, verspätete Vorlage von Attesten, unentschuldigtes Fernbleiben bei einer Gerichtsverhandlung, Nichtwahrnehmung von Terminen bei Vorgesetzten und Äußerung von Unwahrheiten, Nichtbearbeitung eines Vorgangs und Nichtvorlage eines Erklärungsvordruckes. Der Beklagte wurde über seine Rechte belehrt und ihm wurde Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

24

Mit Verfügungen vom 15. Mai 2014, 24. Juni 2014, 11. August 2014, 15. August 2014, 21. Oktober 2014 und 4. Dezember 2014 wurde das Disziplinarverfahren ausgedehnt auf weitere Forderungssachen sowie auf die Vorwürfe der verspäteten Vorlage von Attesten, des Nichtantritts von amtsärztlich empfohlenen Therapiemaßnahmen, der Nichtvorlage eines Anamnesebogens an die Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle L... (ZMU) trotz mehrmaliger Aufforderung, des unberechtigten Aufbewahrens von dienstlichen Unterlagen in Privaträumlichkeiten, der Nichtwahrnehmung eines Termins bei der ZMU, der Verletzung der Auskunftspflicht und des unberechtigten Fertigens eines Lichtbildes von einem amtlichen Dokument und Weiterleitens an eine Dritte.

25

Mit der letztgenannten Verfügung vom 4. Dezember 2014 wurde der Beklagte zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und Einbehaltung von Dienstbezügen angehört. Die Maßnahmen wurden jedoch nicht umgesetzt.

26

Am 24. Juni 2014 fand ein Gespräch mit dem Beklagten und dessen Verfahrensbevollmächtigten statt. Dem Beklagten wurde Bedenkzeit eingeräumt, ob er das Dienstverhältnis durch eine eigene Kündigung beenden wolle. Dies lehnte der Beklagte nach einer Bedenkzeit ab.

27

Das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Beklagten mit Schreiben vom 25. Juni 2015 mitgeteilt. Der Beamte wurde über seine Rechte belehrt. Nach Ablauf einer gewährten Fristverlängerung zur Stellungnahme äußerte der Beklagte sich persönlich per E-Mail - beim Kläger eingegangen am 3. August 2015 –.

28

Dem Beklagten wurde mit Schreiben vom 7. August 2015 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, Disziplinarklage mit dem Ziel seiner Entfernung aus dem Dienst zu erheben. Auf die Möglichkeit, die Mitbestimmung des Personalrates zu beantragen, wurde hingewiesen. Mit Schreiben vom 18. August 2015 wurde dem Beklagten abermals Gelegenheit zur Stellungnahme und Beantragung weiterer Ermittlungen gegeben. Eine Äußerung des Beklagten erfolgte erst mit E-Mail vom 5. November 2015.

29

Am 3. September 2015 hat der Kläger die vorliegende Disziplinarklage erhoben, mit der er die Entfernung des Beklagten aus dem Dienst betreibt. Dem Beamten werden folgende Verfehlungen vorgehalten:

30

1. In der Zeit ab Mitte 2011 eine Nebentätigkeit ohne Genehmigung auch während einer von ihm angegebenen Dienstunfähigkeit ausgeübt zu haben.

31

Der Beklagte habe gemeinsam mit seiner früheren Lebensgefährtin Frau M... das von ihr am 30. August 2012 unter der damaligen gemeinsamen Wohnadresse in N..., angemeldete Gewerbe für Hundesporttätigkeiten, Verkauf von Hundezubehör und Hundefutter, betrieben. Im Internet hätten beide die Hundeschule unter O... präsentiert. Bei zahlreichen Hundesportvereinen habe der Beklagte regelmäßig als Trainer gearbeitet und hierbei, zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin M..., auch Unterordnungs- und Schutzdiensttrainingsseminare gegen Entgelt oder geldwerten Vorteil veranstaltet bzw. durchgeführt. Zusätzlich habe der Beklagte Akquise bei zahlreichen, auch weiter entfernten Hundesportvereinen betrieben und hierbei auch längere Anreisen mit seinem PKW zurückgelegt:

32

a) Beim HSZ P... habe er am 1. November 2011 gemeinsam mit Frau M... ein Unterordnungs- und Schutzdiensttraining gegen Entgelt veranstaltet. Darüber hinaus habe er dort seit Ende 2011 bis Mitte 2013 zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin zu festen Trainingszeiten, d.h. freitags, samstags und sonntags entsprechende Übungsstunden angeboten. Dabei habe sich der Beklagte wahrheitswidrig als polizeilicher Diensthundeführer ausgegeben. Erst auf Intervention der Vereinsvorsitzenden, der Zeugin Q..., habe er dies unterlassen. U.a. diese habe sich über die längeren Abwesenheitszeiten des Beklagten von der Dienststelle gewundert. Im Januar 2012 sei die weitere Zusammenarbeit vom Verein aufgekündigt worden.

33

b) Beim HSV R... habe der Beklagte gemeinsam mit Frau M... vom 13. Januar bis 15. Januar 2012 ein Seminar abgehalten. Beide seien wiederholt auf dem Vereinsgelände anwesend gewesen und hätten dort mit ihren Hunden privat trainiert. Es sei bekannt gewesen, dass der Beklagte Polizeibeamter sei. Es sei beabsichtigt gewesen, für den Verein längerfristig als Schutzdiensthelfer zu arbeiten.

34

c) Der Beklagte und Frau M... hätten sich bereit erklärt, ab März 2012 bis Ende 2013 den Unterricht für die im Oktober 2012 verstorbene Frau S..., T..., durchzuführen. Der Beklagte habe die Trainings größtenteils begleitet, ohne selbst aktiv gewesen zu sein. In wenigen Fällen habe Frau M... das Training gemeinsam mit dem Beklagten durchgeführt. Den Teilnehmern sei der Beruf des Beklagten bekannt gewesen.

35

d) Am 2. und 3. Juni 2012 habe der erkrankte Beklagte mit Frau M... ein Unterordnungs- und Schutzdiensttraining beim HSV U... II durchgeführt.

36

e) Im März und April 2013 und 2014 habe der Beklagte mit Mitgliedern des Hundesportvereins V... im Vorfeld einer Prüfung für die Landesgruppenausscheidung Pinscher–Schnauzer den Schutzdienst trainiert. In den Monaten März bis April 2013 als auch in den Monaten März bis April 2014 sei der Beklagte erkrankt gewesen. Darüber hinaus habe der Beklagte versucht, weitere Kurse gegen Entgelt anzubieten. Frau M... habe dem Verein auch handschriftliche Angebote offeriert.

37

Im Juni/Juli 2013 habe der Beklagte für den Vereinsvorsitzenden, Herrn W..., einen Riesen-Schnauzer begutachtet. Hierzu seien mehrere Fahrten in den Raum X... erforderlich gewesen. Als Aufwandsentschädigung für die Fahrtkosten sei dem Beklagten ein Betrag i.H.v. 100 € gezahlt und die Verpflegungskosten seien übernommen worden.

38

f) Beim Schäferhundeverein Y..., der überwiegend aus Mitgliedern im Rentenalter bestehe, habe der Beklagte im Herbst 2013 bis April 2014 mit einem größeren Kundenkreis für eine Begleit-/Schutzhundeprüfung trainiert.

39

g) Im Frühjahr 2014 seien Frau M... und der Beklagte nach einem Umzug nach Z... in den HSV A1... eingetreten. In der Folgezeit hätten beide dort Hundetrainings sowohl mit Vereinsmitgliedern als auch externen Personen (Privatkunden) durchgeführt. Der Beklagte habe über einen vereinseigenen Schlüsselbund verfügt, so dass er das Trainingsgelände sowie die Einrichtungen des Vereinsheims jederzeit habe nutzen können. Mit Frau M... sei ein Unkostenbeitrag für die Benutzung des Übungsplatzes i.H.v. 5 Euro für jeden privaten Kunden der Hundeschule vereinbart worden. Der Verein habe letztlich jedoch kein Geld erhalten. Nicht ermittelbar sei gewesen, ob Frau M... oder der Beklagte für diese Trainingsstunden Geld erhalten hätten.

40

h) Seit März/April 2014 bis August 2014 seien der Beklagte und Frau M... regelmäßig zum Hundetraining beim SV B1... gewesen. Dem Verein sei bekannt gewesen, dass es sich bei dem Beklagten um einen Polizeibeamten gehandelt habe. In dieser Zeit sei der Beklagte erkrankt gewesen.

41

i) Im Zeitraum seiner Erkrankung habe er zudem vom 15. März 2014 bis 16. März 2014 gemeinsam mit Frau M... bei J1... einen Workshop „Funtrailing“ angeboten und durchgeführt.

42

j) Im Weitern habe er beim OG C1...e.V., VdH D1... und HSV E1... versucht, Seminare anzubieten.

43

Der Beklagte betreibe Hundesport ausschließlich im Bereich „Schutzdienst“. Diese Sportart sei für den Helfer körperlich und mental anstrengend. Er habe diese Tätigkeit trotz Erkrankung mehr oder minder täglich über mehrere Stunden, zum Teil bis spät in die Nacht hinein, ausgeführt.

44

Für die ausgeübte Nebentätigkeit habe der Beklagte keine Genehmigung besessen. Hierdurch habe er schuldhaft nicht nur formell, sondern infolge der Ausübung der Nebentätigkeit u.a. während Zeiten seiner angegebenen Krankheit auch in materieller Hinsicht gegen das für ihn geltende Nebentätigkeitsrecht, gleichzeitig gegen seine Hingabepflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten, insbesondere in Ausprägung der besonderen Wohlverhaltenspflicht der Polizeibeamten, verstoßen. Allein hierdurch habe der Beklagte bereits einen endgültigen Vertrauensbruch bewirkt.

45

2. Leichtfertig Schulden gemacht zu haben

46

Der Beklagte mache bereits seit fast fünf Jahren leichtfertig Schulden und habe offensichtlich kein Interesse an einem geregelten Finanzgebaren.

47

Seit Mitte 2013 seien beim Beklagten 18 Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse eingegangen. Ab 2012 seien durch 18 Gläubiger insgesamt 25 Vollstreckungsbescheide für 18 Einzelforderungen erwirkt worden, wovon sich vier Fälle durch Zahlungen erledigt hätten. In einem Fall hätten sich der Beklagte und der Gläubiger auf eine Ratenzahlung geeinigt. Am 29. Juli 2013 sei ein Pfändungsversuch erfolglos verlaufen. In vier Fällen sei der Beklagte Terminen zur Abgabe einer Vermögensauskunft ohne Angabe von Gründen ferngeblieben. Insgesamt seien vier Haftbefehle durch das Amtsgericht B1... auf Abgabe einer Vermögensauskunft ergangen, in deren Folge der Beklagte am 11. Dezember 2013 von dem zuständigen Obergerichtsvollzieher für die Abgabe verhaftet worden sei. Fünf Zwangsvollstreckungsbescheide beruhten auf Forderungen für ärztliche Leistungen, die der Beklagte zumindest bei der Beihilfestelle nicht geltend gemacht habe, da er letztmals am 14. April 2011 einen Antrag auf Gewährung von Beihilfe gestellt habe. Das Gehalt des Beklagten sei bis auf das Existenzminimum i.H.v. 880 € gepfändet. Die Gesamtforderungen beliefen sich derzeit auf ca. 65.000 €, wobei bei dem Landesamt für Finanzen Ansprüche an dem Gehalt des Beklagten in Höhe von ca. 47.000 € gepfändet bzw. Ansprüche an dem Gehalt abgetreten seien.

48

Hierdurch habe der Beklagte außerdienstlich gegen seine Pflicht zu geordneter Wirtschaftsführung und damit gegen seine Achtungs- und Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Er habe sich nicht lediglich als „schlechter Schuldner“ erwiesen, sondern er habe die berechtigten Gläubigerinteressen in einer über das bloße Nichterfüllen hinausgehenden Weise beeinträchtigt. Selbst nach Einleitung des Disziplinarverfahrens am 4. Dezember 2013 habe er es zu noch 14 weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen kommen lassen.

49

3. Anordnungen des Dienstherrn nicht befolgt und Unwahrheiten geäußert zu haben

50

a) Der Beklagte habe sich ohne Rechtfertigung einer amtsärztlichen Untersuchung über mehrere Monate entzogen und einen erforderlichen Anamnesebogen erst nach mehrmaligen Aufforderungen an die ZMU übersandt.

51

b) Einer Aufforderung seines Vorgesetzten, am 12. Februar 2014, 10:00 Uhr, zu einem Gespräch zu erscheinen, habe er nicht Folge geleistet und das Nichterscheinen mit einem tatsächlich nicht wahrgenommenen Arzttermin begründet.

52

c) Anlässlich der Übergabe der Disziplinarverfügung am 16. Februar 2014 sei der Beklagte aufgefordert worden, binnen drei Tagen in einem ihm zugeteilten Vorgang (Tgb.-Nr. F1...) noch dringend einen Bericht zu fertigen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen.

53

d) Einen Erklärungsvordruck zum Familienzuschlag habe er trotz mehrmaliger Aufforderung bis zum heutigen Tag nicht vorgelegt.

54

Durch dieses Fehlverhalten habe der Beklagte gegen seine Pflicht zur vollen Hingabe sowie seine Gehorsamspflicht verstoßen. Außerdem habe nach § 81 Abs. 2 S. 2 LBG die Pflicht bestanden, sich der geforderten amtsärztlichen Untersuchung zeitnah zu unterziehen. Schließlich habe er durch die Äußerung von Unwahrheiten gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen.

55

4. Seine Erkrankung nicht bzw. nicht rechtzeitig angezeigt und entsprechende Atteste teils verspätet vorgelegt zu haben.

56

Der Beklagte habe seit seiner Erkrankung am 15. Dezember 2013 in der Regel ärztliche Krankmeldungen mit zum Teil mehrwöchiger Verspätung vorgelegt, bzw. er habe sich überhaupt nicht krank gemeldet. Nach Ablauf von Arbeitsunfähigkeitsfristen seien neue Arztbesuche häufig erst nach mehreren Wochen wahrgenommen worden.

57

Hierdurch habe er gegen seine Gehorsamspflicht i.V.m. § 81 S. 2 und S. 3 LBG verstoßen.

58

5. Durch das Gesundheitsamt für erforderlich gehaltene und durch den Dienstherrn angeordnete Therapiemaßnahmen nicht bzw. verspätet durchgeführt zu haben.

59

Nach anhaltender Erkrankung des Beklagten ab dem 15. Dezember 2013 sei der Beklagte am 27. März 2014 durch das Gesundheitsamt bei der Kreisverwaltung G1... untersucht worden. Mit Schreiben vom 10. April 2014 sei der Beklagte aufgefordert worden, Nachweise über die vom Gesundheitsamt für erforderlich erachteten Therapien zur Stabilisierung seines Gesundheitszustandes bis spätestens 25 April 2014 vorzulegen. Bescheinigungen seien jedoch trotz erneuter Anmahnung und Fristsetzung nicht vorgelegt worden. Erst nach Aufforderung vom 21. November 2014 sei die auch von der der ZMU mit Gutachten vom 22. Oktober 2014 für erforderlich erachtete weitere Behandlung durchgeführt worden, indem der Beklagte sich ab dem 8. Dezember 2014 in stationäre Behandlung in das ... in V... begeben habe.

60

Mit diesem Verhalten habe der Beklagte gegen seine Pflicht, seinem Dienstherrn die volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und diese, im Falle der Einschränkung, bestmöglich wiederherzustellen, verstoßen. Darüber hinaus habe er seine Gehorsamspflicht verletzt.

61

6. Unberechtigt vertrauliche Daten einem Dritten zugänglich gemacht und dienstliche Unterlagen außerhalb dienstlicher Räume aufbewahrt zu haben

62

Im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 9. Juli 2013 um 6:10 Uhr habe der Beklagte den Personalausweis einer kontrollierten Person mit seinem privaten Handy abfotografiert und das Foto seiner ehemaligen Lebensgefährtin per WhatsApp mit der Bemerkung: „Haben wir gerade kontrolliert.... Man beachte den Vornamen“, zugesandt.

63

Aufgrund dieses Sachverhalts sei derzeit bei der Staatsanwaltschaft J... ein Strafverfahren wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen gemäß § 203 StGB anhängig (Aktenzeichen: K...).

64

Im Rahmen der bei dem Beklagten am 23. April 2014 durchgeführten Durchsuchung seiner Privaträumlichkeiten sei ein Einsatzbefehl der PI J... vom 9. Februar 2013 aufgefunden worden. Auf dem Einsatzbefehl sei vermerkt: „VS- nur für den Dienstgebrauch“. Der Einsatzbefehl sei frei zugänglich für Dritte aufbewahrt gewesen.

65

Aufgrund dieses Verhaltens habe der Beklagte gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten sowie gegen seine Gehorsamspflicht verstoßen.

66

7. Einer Gerichtsverhandlung unentschuldigt ferngeblieben zu sein

67

Am 5. Februar 2014 seien mehrere Beamte der PI F..., darunter auch der Beklagte, in der Eigenschaft als Polizeibeamte als Zeugen im Strafverfahren ... zum Landgericht J... geladen gewesen. Der Beklagte sei jedoch zu dem Termin nicht erschienen.

68

Hierdurch habe er gegen seine Einsatzpflicht, seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten sowie seine besonderen Pflichten als Polizeibeamter verstoßen.

69

8. Am 9. Dezember 2013 unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben zu sein und gegenüber dem Vorgesetzten die Unwahrheit geäußert zu haben.

70

Am 9. Dezember 2013 sei der Beklagte nicht zum Dienst erschienen. Auf telefonische Nachfrage des Kollegen POK H1... habe der Beklagte wahrheitswidrig angegeben, dass ihm der Dienstgruppenleiter, PHK I1..., Dienstbefreiung genehmigt habe.

71

Der Beklagte habe gegen seine Dienstleistungspflicht nach § 81 Abs. 1 S. 1 LBG sowie seine Hingabepflicht verstoßen. Weiterhin habe er erneut seine Wahrheitspflicht verletzt.

72

Unter Berücksichtigung aller Umstände sowie der Schwere des Dienstvergehens sei von einer endgültigen Zerstörung des Vertrauensverhältnisses auszugehen. Bereits die Ausübung der Nebentätigkeit über mehrere Jahre, teilweise auch während der längerfristig andauernden Erkrankung und während Kurzzeiterkrankungen, die Werbung mit seinem Polizeiberuf sowie der Umstand, dass die Erkrankung des Beklagten einer Vielzahl von Personen bekannt gewesen sei, rechtfertige die Verhängung der Höchstmaßnahme. Die übrigen Dienstpflichtverletzungen bestätigten, dass der Beamte sich derart weit vom Dienst entfernt habe, dass eine weitere dienstliche Verwendung bei der Polizei überhaupt nicht mehr möglich sei. Insbesondere sei sein nach wie vor uneinsichtiges Verhalten nach Einleitung und Ausdehnung des Disziplinarverfahrens belegt durch weiterhin eingegangene Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sowie die Tatsache, dass aktuell für den Zeitraum vom 3. März 2015 bis 2. Juli 2015 abermals keine Krankmeldung vorliege. All dies indiziere seine Untragbarkeit im Dienst.

73

Der Kläger beantragt,

74

den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.

75

Der Beklagte beantragt,

76

die Klage abzuweisen.

77

Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte sich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen eingelassen.

78

Mit Beschluss vom 21. Januar 2016 wurde dem Beamten Prozesskostenhilfe mit monatlichen Ratenzahlungen bewilligt.

79

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze sowie die Personal- und Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese lagen dem Gericht vor und waren ebenso wie die Gerichtsakte 3 O 609/14.TR Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

80

Der Beklagte hat sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht, das unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Umfangs, in dem der Beamte seine Pflichten verletzt und das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit beeinträchtigt hat, sowie unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes (§ 11 Landesdisziplinargesetz H2... vom 2. März 1998, GVBl S. 29, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Juni 2013, GVBl S. 157, – LDG –) die Entfernung aus dem Dienst erforderlich macht (§ 3 Abs. 1 Nr. 5 und 8 LDG). Aufgrund des eingetretenen irreparablen Vertrauensverlustes und der nicht wiedergutzumachenden Ansehensschädigung ist eine mildere disziplinarrechtliche Ahndung des Dienstvergehens nicht angezeigt.

81

Dabei ist das Gericht am Ausspruch der Disziplinarmaßnahme nicht durch die vom Verfahrensbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung in den Raum gestellte mögliche Beeinträchtigung der Verhandlungsfähigkeit des persönlich anwesenden Beklagten gehindert.

82

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt Verhandlungsunfähigkeit dann vor, wenn der Beamte nicht in der Lage ist, die Bedeutung des Disziplinarverfahrens und der einzelnen Verfahrensvorgänge zu erkennen und sich sachgemäß zu verteidigen. Verhandlungsfähigkeit des Beamten setzt allerdings nicht notwendig die Fähigkeit voraus, selbst Argumentations- und Verhandlungsstrategien zu entwickeln, weil dies in erster Linie Aufgabe eines Prozessbevollmächtigten ist (BVerwG, Urteil vom 12. September 2000 – 1 D 96.97 –, Beschluss vom 25. Januar 2001 – 1 D 31.99 –, juris). Um verhandlungsfähig zu sein, muss der Beamte in jeder Lage des Verfahrens im Stande sein, sich in verständiger Weise zu verteidigen. Dies erfordert sowohl die Fähigkeit, anderen verständlich zu machen, was vorgetragen werden soll, als auch diejenige, das in sich aufzunehmen und zu verstehen, was andere erklären (BVerwG, Beschlüsse vom 4. November 2003 – 1 D 8.02 und 12. Mai 2005 – 2 WD 34.04 –, juris).

83

Verhandlungsunfähigkeit begründet grundsätzlich noch kein Prozesshindernis, das einer Prüfung des disziplinarrechtlichen Vorwurfs eines Dienstvergehens in der Sache entgegensteht (§ 17 Abs. 1 LDG). Diesem, das Disziplinarverfahren tragenden Grundsatz liegt das öffentliche Interesse zu Grunde, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und dessen hierfür erforderliches Ansehen zu wahren. Aufgrund dessen ist es dem Dienstherrn nicht von vornherein verwehrt, das grundsätzlich auf Lebenszeit angelegte Dienstverhältnis einseitig zu beenden, wenn der Beamte durch eigene Schuld vertrauensunwürdig und damit für den öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. In prozessualer Hinsicht ist der Verhandlungsunfähigkeit nach Maßgabe der Prozessgesetze gegebenenfalls durch die Bestellung eines Prozesspflegers zu begegnen, um dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht des Beamten auf rechtliches Gehör und dem Gebot des fairen Verfahrens Rechnung zu tragen (BVerwG, Urteil vom 4. September 2009 – 2 C 80/08 -, juris).

84

Ob und inwieweit eine Verhandlungsunfähigkeit im Disziplinarverfahren prozessuale Bedeutung erlangt, kann nicht aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe beantwortet werden, sondern hängt insbesondere von der Beweislage im Einzelfall ab. Das Recht auf rechtliches Gehör beinhaltet den Zugang des Beamten zu allen Quellen der Sachverhaltsermittlung. Er muss insbesondere in die Lage versetzt werden, rechtzeitig zu Inhalt und Aussagekraft aller potentiell belastenden Beweismittel, Erklärungen und Indizien Stellung zu nehmen, die den Prozessstoff des Disziplinarverfahrens bilden. Dazu gehört, dass der Beamte die Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen auf jede prozessual zulässige Art infrage stellen kann. Dies ist nur möglich, wenn er sich einen unmittelbaren Eindruck von den Zeugen verschaffen kann. (BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 2012 – 2 B 33/12 –, juris). Kann das Recht auf Beweisteilhabe auch nicht über einen Prozesspfleger bewältigt werden, etwa weil es um den Nachweis von Tatsachen geht, zu denen sich nur der Beamte selbst aufgrund seiner höchstpersönlichen Wahrnehmung des angeschuldigten Geschehens infolge unmittelbaren Erlebens äußern kann, wird die Verhandlungsunfähigkeit im Regelfall zu einem verfassungsrechtlich geforderten Maßnahmeverbot führen (BVerwG, Urteil vom 24. September 2009, a.a.O.).

85

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze bestehen vorliegend zunächst keine konkreten Anhaltspunkte, die für eine Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten sprechen könnten, so dass das Gericht auch nach Amtsermittlungsgrundsätzen nicht gehalten ist, der Frage der Verhandlungsfähigkeit durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens nachzugehen. Eine die aktuelle Verhandlungsunfähigkeit auch nur nahelegende attestierende ärztliche Bescheinigung hat der Beklagte nicht vorgelegt. Die in der Vergangenheit vorgelegten ärztlichen Atteste, die beim Beklagten u.a. eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostizieren, verhalten sich ebenso nicht zur Frage einer daraus resultierenden Verhandlungsunfähigkeit. Der Bevollmächtigte des Beklagten hat auch weder im Vorfeld der Verhandlung noch in der Verhandlung selbst von der prozessualen Möglichkeit, bei aktueller Verhandlungsunfähigkeit eine Terminverlegung oder –aufhebung zu beantragen, Gebrauch gemacht.

86

Soweit der Verfahrensbevollmächtigte des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung auf eine Medikation des Beklagten hingewiesen hat, die möglicherweise Einfluss auf die Verhandlungsfähigkeit des Beamten haben könnte, handelt es sich um eine Mutmaßung, die im Laufe der Verhandlung aufgrund des persönlichen Eindrucks, den sich das Gericht von der Person des Beklagten verschaffen konnte, durch nichts bestätigt werden konnte. Auf Nachfrage war der Beklagte jeweils in der Lage, das gegen ihn vorliegende Belastungsmaterial durch entsprechende Einlassungen zu kommentieren und Vorhaltungen entgegen zu treten. Mithin war das Gericht auch nicht von Amts wegen gehalten, die Verhandlung zu vertagen.

87

Schließlich war nach den gegebenen Umständen die Feststellung eines objektiven Dienstvergehens im vorliegenden Einzelfall auch ohne Durchführung einer Beweisaufnahme und damit ohne wesentliche Mitwirkung des angeschuldigten Beamten allein aufgrund der Ermittlungen des Klägers im Disziplinarverfahren möglich, so dass sich eine Verhandlungsunfähigkeit auch nicht auf die dem Disziplinarmaß zugrunde zu legende Tatsachenfeststellung ausgewirkt hätte. Vorliegend hat der Beklagte sich zudem noch nach Erhebung der Disziplinarklage schriftlich per E-Mail vom 5. November 2015 umfassend zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen eingelassen und entlastende Gesichtspunkte vorgetragen, die in die Gesamtwürdigung des Gerichts mit einbezogen wurden, jedoch nicht geeignet waren, von der Höchstmaßnahme abzusehen.

88

In der Sache steht aufgrund der Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung und des Inhalts der zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Unterlagen fest, dass der Beklagte sich eines Dienstvergehens schuldig gemacht hat. Nach § 47 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BGBl. I S. 1010) – BeamtStG - begehen Beamtinnen und Beamte ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Ein Verhalten des Beamten außerhalb des Dienstes ist ein Dienstvergehen, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für sein Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Zu den elementaren und im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes unabdingbaren beamtenrechtlichen Verhaltensgeboten gehört die sich aus § 34 S. 1 BeamtStG ergebende Pflicht des Beamten, sich mit vollem persönlichem Einsatz seinem Beruf zu widmen, wozu die Dienstleistungspflicht und die Pflicht gehört, zur Wiederherstellung einer beeinträchtigten Arbeitskraft infolge Erkrankung, die notwendigen Maßnahmen zur Genesung zu ergreifen. Nach S. 3 dieser Vorschrift muss ferner das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Hierzu zählt insbesondere die Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten. Eine besondere Ausprägung entfaltet diese Pflicht nach § 115 Landesbeamtengesetzes vom 20. Oktober 2010 (GVBl S. 319), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2013 (GVBl S. 359), – LBG – für Beamte im Polizeidienst.

89

Nach § 83 Abs. 1 LBG bedarf der Beamte zur Übernahme jeder Nebentätigkeit der vorherigen Genehmigung des Dienstherrn. Darüber hinaus ist der Beamte verpflichtet, dienstliche Anordnungen der Vorgesetzten auszuführen und deren allgemeine Richtlinien zu befolgen (§ 35 S. 2 BeamtStG). Gegen diese Dienstpflichten hat der Beklagte über einen langen Zeitraum in unterschiedlicher Ausprägung und mit einer derartigen Beharrlichkeit verstoßen (I.), dass dem Dienstherrn eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beamten nicht mehr zuzumuten ist. Der Beamte hat sich für den öffentlichen Dienst als untragbar erwiesen (II.). Gründe, die geeignet wären, im Einzelfall von der Verhängung der Höchstmaßnahme abzusehen, hat der Beamte nicht geltend gemacht und sind nach den gegebenen Umständen auch nicht ersichtlich.

I.

90

Dieser Würdigung legt das erkennende Gericht folgenden Sachverhalt zu Grunde:

91

1. Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit in der Zeit ab November 2011 bis Ende 2014

92

Auf die ehemalige Lebensgefährtin des Beklagten, Frau M..., war seit dem 30. August 2012 unter der gemeinsamen Wohnadresse ein Gewerbe für Hundesporttätigkeiten, Verkauf von Hundezubehör und Hundefutter angemeldet. Auf der Internetseite der Hundeschule O... präsentierte sich bildlich sowie textlich neben Frau M... auch der Beklagte. Gemeinsam mit Frau M... hat der Beklagte bei zahlreichen Hundesportvereinen regelmäßig als Trainer gearbeitet und auch Unterordnungs- und Schutzdiensttrainingsseminare gegen Entgelt oder geldwerte Vorteile veranstaltet bzw. durchgeführt. Ferner hat er Akquise bei zahlreichen, auch weiter entfernten Hundesportvereinen betrieben, um in diesem Gewerbe Fuß zu fassen:

93

a) Beim HSZ P... hielt der Beklagte sich gemeinsam mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin ab Ende 2011 regelmäßig zum Training auf dem Vereinsgelände auf. Am 1. November 2011 hat der Beklagte gemeinsam mit Frau M... ein Unterordnungs- und Schutzdiensttraining veranstaltet. An dem Seminar haben etwa 8 bis 10 Personen teilgenommen. Der Beklagte hat den Bereich Schutzdienst geleitet. Das Entgelt pro Teilnehmer i.H.v. 40 bzw. 15 € (mit oder ohne Hund) ist beiden Referenten ausbezahlt worden. Das Geld ist jedoch größtenteils vom Beklagten vereinnahmt worden.

94

Ansonsten hat der Beklagte dort seit Ende 2011 bis Mitte 2013 zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin zu festen Trainingszeiten, d.h. freitags, samstags und sonntags entsprechende Übungsstunden angeboten. Frau M... hat überwiegend theoretische Anweisungen erteilt, während der Beamte die praktischen Übungen ausgeführt bzw. geleitet hat. Er hat hierfür auch über die erforderliche Schutzbekleidung verfügt. Das Training hat regelmäßig stattgefunden und hat von 17:00 Uhr bis ca. 2:00/3:00 Uhr nachts gedauert. Insgesamt hat er einen Personenkreis von etwa 20 Personen mehr oder weniger regelmäßig trainiert. Bei den Teilnehmern handelte es sich um Freunde und Bekannte des Beklagten und seiner ehemaligen Lebensgefährtin oder um Vereinsmitglieder des HSV P... Dabei hat sich der Beklagte wahrheitswidrig als polizeilicher Diensthundeführer ausgegeben. Erst auf Intervention der Vereinsvorsitzenden, der Zeugin Q..., hat er dies unterlassen. U.a. diese hat sich über die längeren Abwesenheitszeiten des Beklagten von der Dienststelle gewundert.

95

b) Ein Seminar beim HSV R... vom 13. Januar bis 15. Januar 2012 hat der Beklagte selbstständig geleitet. An dem Seminar haben 14 Personen teilgenommen. Die Seminargebühr i.H.v. 530 € ist gegen Quittungsbeleg in bar an die Referenten übergeben worden. Der Beleg ist von Frau M... unterzeichnet, das Geld jedoch größtenteils vom Beklagten vereinnahmt worden. Frau M... hat lediglich einen geringen Anteil erhalten.

96

Beide sind im Übrigen wiederholt auf dem Vereinsgelände anwesend gewesen und haben dort mit ihren Hunden privat trainiert. Es ist bekannt gewesen, dass der Beklagte Polizeibeamter ist. Zudem ist beabsichtigt gewesen, für den Verein längerfristig als Schutzdiensthelfer zu arbeiten.

97

c) Der Beklagte hat beim HSV U... am 2./3. Juni 2012, obwohl er an diesen beiden Tagen erkrankt war, gemeinsam mit Frau M... ein Unterordnungs- und Schutzdiensttraining durchgeführt. Er hat eigenständig den Bereich „Schutzdienst“ geleitet. Zu dem Seminar waren 8 bis 10 Personen angemeldet gewesen. Die Teilnahmegebühr hat pro Person 60 bzw. 30 € (mit bzw. ohne Hund) betragen. Die Gebühr ist vom Verein eingesammelt und an Frau M... bzw. den Beklagten nach Beendigung des Seminars in bar ausbezahlt worden. Der Verein hat hiervon jeweils zehn Euro pro Teilnehmer als Unkostenbeitrag einbehalten. Während des Seminars haben beide in ihrem mitgeführten Wohnwagen übernachtet. Sie haben kostenfrei die Einrichtungen des Vereinsheimes (Bad, Küche etc.) benutzen können. Dem Verein war bekannt, dass es sich bei dem Beklagten um einen Polizeibeamten handelt.

98

d) Im März und April 2013 und 2014 hat der Beklagte mit Mitgliedern des Hundesportvereins V... im Vorfeld einer Prüfung für die Landesgruppenausscheidung Pinscher–Schnauzer den Schutzdienst trainiert. Der Zeitaufwand hierfür hat 5 bis 6 komplette Arbeitstage betragen. Als Gegenleistung ist der Beklagte vom Verein kostenlos mit Essen und Trinken versorgt worden. In den Monaten März bis April 2013 als auch in den Monaten März bis April 2014 war der Beklagte erkrankt.

99

Darüber hinaus hat er versucht, weitere Kurse gegen Entgelt anzubieten. Frau M... hat dem Verein auch handschriftliche Angebote offeriert.

100

Im Juni/Juli 2013 hat der Beklagte für den Vereinsvorsitzenden, Herrn W..., einen Riesen-Schnauzer begutachtet. Hierzu waren mehrere Fahrten in den Raum X... erforderlich. Als Aufwandsentschädigung für die Fahrtkosten ist dem Beklagte ein Betrag i.H.v. 100 € gezahlt und die Verpflegungskosten sind übernommen worden.

101

e) In der Zeit von April bis Dezember 2014 waren der Beklagte und seine ehemalige Lebensgefährtin Mitglieder im Hundesportverein A1... In der gleichen Zeit, d.h. seit März/April 2014 und damit wesentlich in der Zeit der langfristigen Erkrankungsphase des Beklagten, waren beide regelmäßig zum Hundetraining beim SV B1... Der Beklagte hat dort für den Verein als Trainer im Schutzdienst gearbeitet und mit Vereinsmitgliedern an den ständigen Trainingstagen (mittwochs, samstags und sonntags) regelmäßig Schutzdienst trainiert. Darüber hinaus war er auch an Montagabenden zum privaten Training auf dem dortigen Übungsplatz. Dem Verein war bekannt, dass es sich bei dem Beklagten um einen Polizeibeamten handelt.

102

f) Im Zeitraum vom 15. März 2014 bis 16. März 2014, d.h. ebenfalls während der Erkrankung des Beklagten, hat dieser gemeinsam mit Frau M... bei J1... einen Workshop „Funtrailing“ durchgeführt bzw. geleitet. Er war über die gesamte Zeit des Workshops anwesend und hat die Teilnehmer und die Hunde in gleichem Maße betreut wie Frau M...

103

g) Darüber hinaus hat der Beklagte versucht, bei den Vereinen OG C1...e.V. und VdH D1... Seminare für das Schutzdiensttraining anzubieten. Die Vereine hatten jedoch kein Interesse.

104

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren, u.a. durch Vernehmung der Zeugen K1..., M..., Q..., W..., L1..., M1..., N1...und O1... Im Übrigen hat der Beklagte selbst im Disziplinarverfahren eingeräumt, gemeinsam mit Frau M... die Seminare in P... und beim HSV R... sowie den Workshop in J1... abgehalten zu haben. Darüber hinaus bestätigte der Beklagte die angebotenen Trainingszeiten beim HSZ P..., beim Hundesportverein V..., beim Schäferhundeverein OG B1... sowie die Begutachtung eines Riesenschnauzers für den Zeugen W...

105

Durch seine Betätigung im Bereich des „Hundetrainings“ hat der Beklagte eine ungenehmigte Nebentätigkeit ausgeübt. Nach § 83 Abs. 1 LBG bedarf der Beamte zur Übernahme jeder Nebentätigkeit, mit Ausnahme der in § 84 Abs. 1 LBG genannten und für solche, zu deren Wahrnehmung er verpflichtet ist (§ 82 Abs. 1 LBG), einer Genehmigung. Eine Genehmigung hat der Beklagte zu keinem Zeitpunkt beantragt.

106

Von der Notwendigkeit einer Genehmigung war vorliegend auch nicht aus dem Grund abzusehen, dass die Tätigkeiten des Beklagten unter den Begriff der Freizeitgestaltung und nicht unter den der Nebentätigkeit zu subsumieren sind. Die Abgrenzung zwischen einer Hobbybetätigung und einer Nebentätigkeit bewegt sich im Spannungsfeld der von Art. 2 des Grundgesetzes – GG - geschützten Freizeitgestaltung einerseits und der Frage, wann eine genehmigungspflichtige, insbesondere gewerbliche Nebentätigkeit, die dem Regelungsgehalt des Art. 33 Abs. 5 GG unterfällt, vorliegt. Die maßgeblichen Vorschriften des Beamtenrechts sowie die Nebentätigkeitsverordnung beantworten die hier streitige Frage nicht. § 82 Abs. 1 LBG definiert als Nebentätigkeit das Nebenamt und die Nebenbeschäftigung. Aus § 83 Abs. 1 LBG ergibt sich, dass eine gewerbliche Tätigkeit, selbst dann, wenn sie unentgeltlich ausgeübt wird, nicht genehmigungsfrei ist. Nach § 3 Abs. 3 Nebentätigkeitsverordnung vom 2. Februar 1987 (GVBl 1987, 31) – NebVO - ist Nebenbeschäftigung jede nicht zu einem Haupt- oder Nebenamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes. Eine weitergehende Abgrenzung zur hier relevanten Hobbybetätigung enthält das Gesetz nicht. Daher ist ergänzend auf Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Vorschriften abzustellen. Danach muss eine Nebentätigkeit im beamtenrechtlichen Sinne eine gewisse Parallelität zum Beamtendienst aufweisen, die typischerweise im Erwerbsstreben zu sehen ist. Eine Nebentätigkeit liegt demnach grundsätzlich bei einer wirtschaftlichen Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht vor, wobei egal ist, ob auch tatsächlich nach Abzug der Kosten ein Gewinn erzielt wird (BVerwG, Urteil vom 1. Januar 2007 – 1 D 16/05 -, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Februar 2002 – 3 A11578/01. OVG –, Beschluss vom 6. April 2009 – 3 B 10160/09.OVG – ; VG Trier, Urteil vom 10. November 2009 – 3 K 361/09 -, juris ). Zum nebentätigkeitsrechtlich unbeachtlichen Freizeitverhalten zählen etwa das Familienleben, nicht berufsmäßig betriebener Sport oder z.B. Aktivitäten beim Hausbau oder unvergütete Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden und politischen Parteien. Wesentlich bleibt damit darauf abzustellen, ob die Tätigkeit auf Erwerb gerichtet oder wirtschaftlich bedeutsam ist, oder ob sie den Beamten erheblich in Anspruch nimmt (HessVGH, Urteil vom 24. September 2003 – 1 UE 783/02 – m.w.N., juris). Für die Einordnung als – gewerbliche – Nebentätigkeit spricht dabei insbesondere, wenn die Betätigung auf Dauer angelegt ist, mit einer gewissen auf Erwerb ausgerichteten Struktur erfolgt und dieses durch ein entsprechendes Auftreten nach außen dokumentiert wird. Von einer gewerblichen Nebentätigkeit wird in der Regel dann auszugehen sein, wenn erkennbar allmählich ein Zweitberuf aufgebaut werden soll (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 20. November 2001 – 6 K 1546/01.KO –; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. März 2002 – 2 A 10067/02 –).

107

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze bedürfen die dem Beklagten vorgehaltenen Betätigungen, die auf den ersten Blick unter den Begriff des “Hundesports“ fallen, in nebentätigkeitsrechtlicher Hinsicht einer differenzierenden Betrachtung. Keinesfalls schließt diese Kategorisierung jedoch – wie vom Beklagten behauptet – das Vorliegen einer genehmigungspflichtigen Nebentätigkeit von vornherein aus. Ausgangspunkt der Betrachtung ist, dass die ehemalige Lebensgefährtin des Beklagten selbstständig eine Hundeschule und damit ein Gewerbe betrieben hat, in dem der Beklagte – zumindest unterstützend – tätig gewesen ist. Dies ergibt sich nicht nur aus der dargestellten Internetpräsenz sondern auch aus der unstreitigen Tatsache, dass der Beklagte gemeinsam mit der ehemaligen Lebensgefährtin in einer Vielzahl von Vereinen, in denen sie nicht Mitglieder waren, zu festen Zeiten Trainingseinheiten für Vereinsmitglieder und auch Externe sowie Seminare gegen Entgelt angeboten hat. Hiervon zu unterscheiden waren nach Aussagen der Zeugen Zeiten, zu denen sich der Beklagte ausschließlich zum privaten Training auf den jeweiligen Übungsplätzen aufgehalten hat. Bereits den Trainingseinheiten war eine auf Dauer und Regelmäßigkeit ausgelegte Struktur immanent, die einem gewerbsmäßig geführten Betrieb nahe kommt. Diese Trainingszeiten haben den Beklagten auch zeitlich vergleichbar einer regelmäßig ausgeübten Beschäftigung an festen Wochentagen und über mehrere Stunden in Anspruch genommen (HSZ P1..., regelmäßige Trainingszeiten: freitags, samstags und sonntags von 17:00 Uhr bis ca. 2/3:00 Uhr nachts, 5-6 komplette Arbeitstage für die Vorbereitung der Mitglieder des Hundesportvereins V... auf den Landesgruppenausscheid Pinscher – Schnauzer, regelmäßige Trainingszeiten beim Schäferhundeverein OG B1...: mittwochs samstags und sonntags sowie die mehrtägigen Seminare). Zudem verfügte der Beklagte über die für das angebotene Schutzdiensttraining erforderliche Ausrüstung.

108

Zwar konnte eine Vergütung dieser Tätigkeiten in Geld oder zumindest geldwerten Vorteilen nicht in jedem Einzelfall nachgewiesen werden, jedoch wird dieser Umstand dadurch kompensiert, dass die Trainingseinheiten in der Gesamtschau der außerdienstlichen Beschäftigung des Beklagten darauf ausgerichtet waren, in den jeweiligen Vereinen zumindest zunächst einmal Fuß zu fassen, sich den Vereinsvorständen und Mitgliedern – sei es auch durch Begutachtung eines Hundes im Falle einer Kaufabsicht – als Fachmann vorzustellen, um sodann dort auch entgeltliche Unterordnungs- und Schutzdiensttrainingsseminare anbieten zu können. Dass eine solche Anbahnungsabsicht bestand, ergibt sich unschwer daraus, dass der Beklagte an verschiedene Vereine gezielt mit dem Anliegen, dort Schutzdiensttrainingseinheiten anbieten zu können, herangetreten ist, tatsächlich Seminare u.a. in verschiedenen Vereinen durchgeführt wurden, der Beklagte in den Vereinen gezielt das Schutzdiensttraining für sich beansprucht hat, obwohl hierfür Trainer zur Verfügung standen, und nicht zuletzt daraus, dass der Beklagte unter erheblichen finanziellen Problemen gelitten hat, wie sich unter anderem auch aus den disziplinarrechtlichen Ermittlungen ergibt, und er – wie von ihm eingeräumt - nach einer weiteren Einnahmequelle gesucht hat.

109

Dass die Beschäftigung darüber hinaus – wie von ihm geltend gemacht - auch dem persönlichen Training seiner eigenen Hunde gedient hat, lässt den Charakter einer beachtlichen Nebentätigkeit nicht entfallen, da diesem Umstand lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukommt, wie beispielsweise die Aussage des Zeugen N1...(Blatt 364ff der Disziplinarakte) belegt. Dieser konnte angeben, dass der Beklagte im Laufe der festen Trainingszeiten mittwochs, samstags und sonntags, an denen der Beklagte zunächst nur als normaler Teilnehmer anwesend war, über mehrere Stunden sukzessive fast das gesamte Schutzdiensttraining übernommen hat, was letztlich auch zu Unstimmigkeiten in dem Verein führte. Unbeachtet lässt das erkennende Gericht in Anbetracht der Hobbyinteressen des Beklagten jedoch seine Aktivitäten in dem Hundesportverein A1..., in den er im Frühjahr 2014 gemeinsam mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin als Mitglied eingetreten ist. Ebenso nicht berücksichtigt wird der Vorwurf, in der Hundeschule in S... tätig gewesen zu sein, da der Kläger eigenen Ausführungen zufolge davon ausgeht, dass der Beklagte Frau M... zu diesen Trainings lediglich begleitet habe, ohne selbst aktiv gewesen zu sein. Schließlich sieht es das Gericht unter Berücksichtigung der hierzu durchgeführten Ermittlungen nicht als erwiesen an, dass der Beklagte im Schäferhundeverein Y... aktiv tätig geworden ist. Insgesamt gesehen lässt dieser Umstand den Vorwurf der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit jedoch nicht entfallen.

110

Der Beklagte hat die von ihm ausgeübte Tätigkeit weder angezeigt noch hierfür die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt. Damit hat er nicht nur formal, sondern auch in materieller Hinsicht gegen das Nebentätigkeitsrecht verstoßen. Die Nebentätigkeit war materiell – rechtlich nicht genehmigungsfähig. Nach § 83 Abs. 2 LBG ist die Genehmigung zu versagen, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Der Begriff der dienstlichen Interessen ist verwaltungsgerichtlich voll nachprüfbar und durch die Aufzählung wesentlicher Versagungsgründe in § 83 Abs. 2 S. 2 LBG konkretisiert, ohne abschließend zu sein, wie es sich aus der Verwendung des Begriffs „insbesondere“ ergibt.

111

Nach § 83 Abs. 2 Nr. 1 LBG ist eine Nebentätigkeitsgenehmigung zu versagen, wenn die Tätigkeit des Beamten nach Art und Umfang so stark in Anspruch nimmt, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der dienstlichen Pflichten behindert werden kann. Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn die zeitliche Beanspruchung durch die genehmigungs- und anzeigepflichtige Nebentätigkeit 8 Stunden in der Woche bzw. ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Dies war vorliegend unter Berücksichtigung der regelmäßigen Trainingszeiten in den Vereinen HSZ P1... ab November 2011 bis Anfang/Mitte 2013, Schäferhundeverein OG B1... in der Zeit von März bis August 2014 sowie den darüber hinaus angebotenen Vorbereitungstrainings für Prüfungen und den durchgeführten mehrtägigen Seminaren der Fall.

112

Daneben ist nach § 83 Abs. 2 Nr. 5 LBG eine Nebentätigkeit auch dann zu unterbinden, wenn die Tätigkeit dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung abträglich sein kann. Insoweit ist relevant, ob die Tätigkeit des Betreffenden geeignet ist, aus der Sicht eines objektiven Dritten dem Ansehen der öffentlichen Verwaltung zu schaden. Von der Öffentlichkeit kann kein Verständnis dafür erwartet werden, dass ein Beamter nicht nur ungenehmigt außerdienstliche Nebentätigkeiten ausübt und hierdurch den Anschein erweckt, er sei in seinem Hauptberuf nicht ausgelastet, sondern diese auch in Zeiten wahrnimmt, in denen er andererseits nicht in der Lage ist, seinen alimentierten Pflichten als Beamter nachzukommen. Wie die Ermittlungen im Disziplinarverfahren belegen, hat der Beklagte seine Nebentätigkeit in einer Vielzahl von Fällen in Zeiten kurzfristiger Erkrankungen aber auch durchgängig in der Zeit ab dem 15. Dezember 2013, dem Beginn seiner nach wie vor andauernden Dauererkrankung, ausgeübt. Während Zeiten der Erkrankung hat sich der Beamte aller Tätigkeiten zu enthalten, die auch nur im Ansatz den Eindruck erwecken könnten, der Beamte werde zu Unrecht voll alimentiert oder, dass eine Erkrankung tatsächlich nicht vorliegt.

113

Diese zu unterbindende Gefahr der Ansehensbeeinträchtigung bestand unzweifelhaft im Fall des Beklagten mit seinem außenwirksamen Auftreten. Einer Vielzahl von Zeugen war nicht nur der Umstand seines Beamtenstatus sondern auch seiner Erkrankung bekannt. Seine umfangreiche Beschäftigung in den Vereinen wurde demzufolge teilweise bereits mit Unverständnis zur Kenntnis genommen (Zeugen Q... und W...), so dass sich die geschilderte Gefahr, die durch das Erfordernis der Genehmigung zu verhindern gilt, auch realisiert hat.

114

Der Verstoß gegen das formelle und materielle Nebentätigkeitsrecht – insbesondere wegen des Verstoßes gegen § 83 Abs. 2 Nr. 5 LBG - indiziert zugleich einen Verstoß gegen die beamtenrechtliche Pflicht des Beklagten, sich mit vollem persönlichen Einsatz nach § 34 S. 1 BeamtStG seinem Beruf zu widmen. Im Beamtenverhältnis als öffentlich–rechtliches Dienst- und Treueverhältnis werden die Beteiligten umfassend in Anspruch genommen. Einerseits ist der Beamte verpflichtet, sich seinem Beruf hinzugeben und von daher seine Arbeitskraft grundsätzlich voll dem Dienstherrn zu widmen. Im Gegenzug ist der Dienstherr verpflichtet, dem Beamten in Gestalt von Dienst- und Versorgungsbezügen eine angemessene Alimentation zu leisten. Ausgehend hiervon steht dem Dienstherrn – gewährleistet durch die Vorschriften des Nebentätigkeitsrechts – eine Prüfungs- und Entscheidungsmöglichkeit zu, wenn ein Beamter durch eine nicht dienstlich veranlasste Nebentätigkeit seine Arbeitskraft auch außerhalb des beruflichen Pflichtenkreises nutzbar machen will. Diesem Interesse dient die Notwendigkeit der Zustimmung des Dienstherrn zu der beabsichtigten Tätigkeit; der Dienstherr soll in dem berechtigten Interesse an einer vollwertigen, nicht durch anderweitige Verausgabung der körperlichen oder psychischen Arbeitskraft beeinträchtigten Dienstleistung des Beamten geschützt werden (BVerwG, Urteil vom 25. Januar 1990, BVerwGE 84, 299 ff; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2002 – 3 A11578/01.OVG). Dies schließt das berechtigte Interesse des Dienstherrn mit ein, dass der Beamte im Fall einer Dienstunfähigkeit seine Kräfte auf eine nachhaltige Genesung verwendet und den Gesundungsprozess nicht durch eine Nebentätigkeit behindert oder verzögert. In einer derartigen Situation muss der Beamte auf die Wahrnehmung außerdienstlicher Tätigkeiten verzichten, ohne dass es eines konkreten medizinischen Nachweises bedarf, dass die ausgeübte Nebentätigkeit den Gesundungsprozess des Beamten behindert oder verzögert. Das entscheidende disziplinarische Gewicht erhält die Nebentätigkeit allein dadurch, dass der Beamte die Nebentätigkeit in einer Zeit ausübt, in der er krankgeschrieben ist und seine Kräfte nicht schont, sondern sie zu eigenen Erwerbszwecken einsetzt (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 1999, BVerwGE 113,337; Beschluss vom 17. Juli 2013 – 2 B 27/12; Sächs. OVG, Urteil vom 20. Oktober 2014 – D 6 B 403/13 –, juris).

115

Gegen diese Interessenlage hat der Beklagte vehement verstoßen. Insbesondere war er nicht berechtigt, sich in einem Akt therapeutischer Selbsthilfe eigenmächtig über die Bestimmungen des Nebentätigkeitsrechts hinwegzusetzen und hierdurch das Ansehen seines Dienstherrn in der Öffentlichkeit zu schädigen. Von daher kann der Beklagte kein Gehör damit finden, dass ihm seine Erkrankung so zugesetzt habe, dass er einerseits nicht in der Lage gewesen sei, Dinge des täglichen Lebens zu organisieren, und er andererseits – quasi zu therapeutischen Zwecken – auf die Beschäftigung mit seinen Hunden angewiesen gewesen sei. Der Beklagte wurde im Zeitraum seiner Dauererkrankung – wie noch aufzuzeigen sein wird - zu Gesprächen und amtsärztlichen Untersuchungen aufgefordert. Ihm wurden Therapien aufgegeben, denen er sich - zumindest zeitweise – bewusst verschlossen hat. In dieser Lage wäre er umso mehr verpflichtet gewesen, seinem Dienstherrn die zeitintensive Beschäftigung mit Hunden offenzulegen und um eine entsprechende Genehmigung seiner Nebentätigkeit nachzusuchen, um dem Dienstherrn im Interesse der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes die Möglichkeit einer Steuerung zu geben.

116

Gleichfalls hat der Beklagte seine Gehorsamspflicht (§ 35 S. 2 BeamtStG) sowie seine Pflicht, sein Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes so auszurichten, dass es der Achtung und dem Vertrauen gerecht wird, die sein Beruf erfordert (§ 34 S. 3 BeamtStG), verletzt. Ein Beamter, der die für ihn geltende nebentätigkeitsrechtliche Rechtslage aus eigennützigen Motiven außer Acht lässt, verstößt gegen dieses Gebot. Dies gilt umso mehr, wenn der Beamte seiner angezeigten Krankheit zum Trotz nach außen sichtbar Tätigkeiten ausübt, die von der Allgemeinheit als Arbeitsleistung aufgefasst werden können, wie bereits ausgeführt.

117

Hinsichtlich der vorgenannten Pflichtenverstöße ist dem Beklagten Vorsatz insofern vorzuhalten, als er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin im November 2011 in P..., vom 13. Januar bis 15. Januar 2012 in R..., am 2. und 3. Juni 2012 beim HSV U... und am 15. und 16. März 2014 in J1... Seminare gegen Entgelt abgehalten hat. Dem Beklagten war bekannt, dass er zur Ausübung einer derartigen unzweifelhaft als „Nebentätigkeit“ zu qualifizierende Beschäftigung der vorherigen Genehmigung bedarf. Über diese Obliegenheit hat er sich bewusst hinweggesetzt.

118

Soweit er im Übrigen in einer Vielzahl von Vereinen unter Erbringung eines erheblichen Zeitaufwandes Trainingseinheiten geleitet hat, geschah dies in der Absicht, in den jeweiligen Vereinen Fuß zu fassen, um auch dort auf Dauer als Trainer eingesetzt zu werden mit der Möglichkeit, hier entsprechende Seminare gegen Entgelt anbieten zu können. Dass er auch damit gegen das Nebentätigkeitsrecht verstößt, hätte sich dem Beklagten bei gehörigem Einsatz seiner Erkenntniskräfte erschließen müssen, so dass ihm insoweit grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Wäre er seiner Pflicht, zur Einholung einer Nebentätigkeitsgenehmigung für die o.g. Tätigkeiten nachgekommen, hätte in diesem Zusammenhang auch geklärt werden können, inwieweit nicht nur generell Trainertätigkeiten in dem hier ausgeübten Umfang genehmigungsfrei sind, sondern es hätte insbesondere zudem die Frage nach der Genehmigungspflicht von geschäftsanbahnendem Verhalten geklärt werden können. Da er all dies unterlassen hat, hat er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet gelassen, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Es liegt ein unentschuldbares Fehlverhalten vor, das ein gewöhnliches Maß erheblich übersteigt (VGH Mannheim, Urteil vom 19. Februar 1991 – 4 S 2895/90 –; BGH, Urteil vom 29 Januar 2003 – IV ZR 173/01 –, Urteil vom 8. Juli 1992 – IV ZR 223/91 –, juris)

119

2. Pflichtwidrige Schuldenwirtschaft

120

Der Beklagte hat eine pflichtwidrige Schuldenwirtschaft an den Tag gelegt. Dabei sind Gegenstand des disziplinarrechtlichen Vorwurfs ausschließlich die Tatsachen, die Gegenstand der Einleitungs- und der Ausdehnungsverfügungen sowie des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen waren:

121

a) Forderungssache Frau Rechtsanwältin Q1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 17. Juli 2013 – 1M 505/13 – i.H.v. 1076,91 €,

122

b) Forderungssache Rechtsanwälte R1..., ..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 8. August 2013 – 1444–11/HM/sch; und 1M 1038/13 – i.H.v. 3710,42 € und 618,00 € und Kosten i.H.v. 153,66 €,

123

c) Forderungssache Oberfinanzdirektion ..., ..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 15. Oktober 2013 – 1644803749600 in Höhe von 2584,94 €,

124

d) Forderungssache ... GmbH, Rechtsanwälte S1..., ..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 14. November 2013 – 1M 1494/13 i.H.v. 220,27 €,

125

e) Forderungssache Dr. med. ..., Rechtsanwälte T1..., ..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20. Dezember 2013 – 1M 1740/13 – i.H.v. 324,35 € zuzüglich Zinsen,

126

f) Forderungssache Tierärztliche Verrechnungsstelle, U1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 27. Januar 2014, 1M 48/14 i.H.v. 732,28 € zuzüglich Zinsen,

127

g) Rechtsanwälte ..., T..., Forderungssache Dr. med. ..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 28. Januar 2014 – 1M 59/14 i.H.v. 441,00 € zuzüglich Zinsen,

128

h) Forderungssache Stadtverwaltung B1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 3. Februar 2014 – 143; FAD 88497 i.H.v. 298,34 € zuzüglich Zinsen,

129

i) Forderungssache Finanzamt B1... Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 6. März 2014 – 713/WILL–LY113/6 – i.H.v. 207,96 €,

130

j) Forderungssache Rechtsanwalt V1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 3. April 2014 – 1M 358/14 – i.H.v. 430,79 € zuzüglich Zinsen,

131

k) Forderungssache Privatärztliche Verrechnungsstelle, Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18. Juli 2014 – 1M 848/14 – i.H.v. 368,60 € zuzüglich Zinsen,

132

l) Forderungssache Prof. Dr. W1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18. Juli 2014 – 1M 849/14 – i.H.v. 371,62 € zuzüglich Zinsen,

133

m) Forderungssache G..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 18. Juni 2014 – 1M 751/14 – i.H.v. 762,70 € zuzüglich Zinsen,

134

n) Forderungssache Kreisverwaltung X1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 12. August 2014 – 03–2113–40421 – i.H.v. 53,91 € zuzüglich Zinsen,

135

o) Forderungssache Sparkasse Y1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 26. August 2014 – 1M 1095/14 – i.H.v. 12.999,02 € zuzüglich Zinsen,

136

p) Forderungssache Z1..., Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 3. September 2014 – 1M 1125/14 i.H.v. 823,38 € zuzüglich Zinsen und

137

q) Forderungssache G..., Pfändungs- und Überweisungsverfügung vom 10. November 2014 – 22M 2479/14 – i.H.v. 380,67 € zuzüglich Zinsen.

138

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Ermittlungen des Klägers im behördlichen Disziplinarverfahren und wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

139

Indem der Beklagte in den oben genannten Fällen Zahlungsverpflichtungen nicht eingehalten hat, so dass seine Gläubiger Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse haben erwirken bzw. Vollstreckungsersuchen haben abgeben müssen, hat der Beklagte seine außerdienstliche Pflicht zu geordneter Wirtschaftsführung und damit gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG LBG verstoßen. Zwar kann ein Beamter grundsätzlich – wie jeder andere Bürger – Schulden machen, ohne dass seine beamtenrechtlichen Pflichten davon betroffen werden. Dienstvergehensqualität erhält ein Verhalten in diesem Zusammenhang erst dann, wenn der Leichtfertigkeit der Eingehung einer Verpflichtung eine Abwicklungsstörung folgt, die nach den Umständen vorhersehbar ist, wenn sich der Beamte beim Eingehen oder Abwickeln der Verbindlichkeiten unlauter oder unredlich verhält oder wenn er seine Schulden nicht mit der ihm möglichen, gebotenen und zumutbaren Sorgfalt tilgt und dadurch die Gefahr gerichtlicher Maßnahmen gegen ihn heraufbeschwört (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 1995 – 1 D 66/94 –, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23. November 1990, 3 A 11324/90.OVG).

140

Unter dieser Prämisse hat der Beklagte zumindest im Rahmen der Abwicklung seiner Verbindlichkeiten ein pflichtwidriges Verhalten an den Tag gelegt. Als offensichtlich zahlungsunfähiger Beamter hat er Mahnungen der Gläubiger unbeantwortet gelassen und diese in ein Pfändungs- und gerichtliches Mahnverfahren gedrängt. Am 29. Juli 2013 verlief ein Pfändungsversuch erfolglos. In vier Fällen blieb der Beklagte Terminen zur Abgabe einer Vermögensauskunft ohne Angabe von Gründen fern. Mit Datum vom 20. März 2013, 7. und 23. Oktober 2013 ergingen insgesamt vier Haftbefehle durch das Amtsgericht B1... auf Abgabe einer Vermögensauskunft, in deren Folge der Beklagte am 11. Dezember 2013 verhaftet wurde. Von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes muss verlangt werden, dass er seine Gläubiger über seine Zahlungsunfähigkeit aufklärt, sie um Stundung bittet und, soweit möglich, geeignete Zahlungsvorschläge macht. Als beamtenunwürdig gilt insbesondere, wenn ein Beamter – wie hier – Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seiner Gläubiger erschwert und es sogar zu Haftbefehlen gegen ihn kommen lässt.

141

Dem Beklagten ist hinsichtlich der ungeordneten Schuldenwirtschaft ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen. Über die Bemühungen seiner Gläubiger, eine Zahlung zu erwirken, hat der Beklagte sich bewusst hinweggesetzt. Obwohl sich ihm durch die Vielzahl der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, die festgesetzten Termine zur Abgabe einer Vermögensauskunft und die Haftbefehle ein dringender Handlungsbedarf aufgedrängt hat, hat er es bewusst unterlassen, rechtzeitig mit den Gläubigern Zahlungsvereinbarungen zu treffen, um diese - zumindest teilweise - zu befriedigen.

142

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Schuldausschlussgründen sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte gesundheitlich nicht in der Lage gewesen wäre, seine finanziellen Verhältnisse zu ordnen. Soweit er sich auf eine Posttraumatische Belastungsstörung nach einem Polizeieinsatz anlässlich eines Großbrandes am 28. September 2013 beruft, ist er zunächst darauf zu verweisen, dass zumindest die unter a) bis g) genannten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse ihren Ursprung in der Zeit vor dem genannten Unfall hatten. Diese reihten sich vielmehr bereits in eine Vielzahl von unbefriedigten Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit ein, so dass es insoweit an einem kausalen Bezug zwischen einer Posttraumatischen Belastungsstörung und dem Fehlverhalten des Beklagten fehlt. Für die Zeit nach dem 28. September 2013 wurde dem Beklagten privatärztlicherseits eine Posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert, die nach Aussage des Dr. A2..., Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie, Chefarzt des Klinikums für Psychosomatik, Psychotherapie, ..., dazu geführt habe, dass der Beklagte nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine persönlichen Angelegenheiten zu regeln und insbesondere Rechnungen zu bezahlen. Unabhängig davon, ob der Diagnose der Posttraumatischen Belastungsstörung überhaupt zu folgen ist, bestehen jedoch zumindest anhand des tatsächlichen Verlaufs der vorwerfbaren Schuldenwirtschaft Bedenken an der von Seiten des Facharztes vermuteten Kausalität zwischen der diagnostizierten Krankheit und den daraus resultierenden Folgen für den täglichen Lebensablauf. Jedenfalls ergeben sich aus den vorgelegten privatärztlichen Attesten u.a. des Dr. A2... vom Dezember 2014, 5. Februar 2015 und 3. Juli 2015 keine Anhaltspunkte dafür, dass die behauptete Posttraumatische Belastungsstörung zu einem kompletten Ausschluss der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit beim Beklagten geführt hat. Hiergegen sprechen zudem auch die den privatärztlichen Bescheinigungen ohnehin vorrangigen amtsärztlichen Aussagen vom 9. April 2014, 22. Oktober 2014 und 21. Mai 2015. Im Gutachten des Gesundheitsamtes bei der Kreisverwaltung G1... vom 9. April 2014 wurde ausgeführt, dass der Hausarzt weitere fachärztliche und therapeutische Schritte geplant habe, die auch nach Auffassung des Gesundheitsamtes durchzuführen seien. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Therapiemaßnahmen „nach unserem Eindruck auch von Herr G... selbst angestrebt werden“, und dass aus Sicht des Gesundheitsamtes ihm diese nicht als Auflage gemacht werden müssen. Die ZMU bescheinigt dem Beklagten am 22. Oktober 2014 gesundheitliche Beeinträchtigungen, die eine möglichst rasche Einleitung einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik dringend erforderlich machen. Gleichzeitig soll eine regelmäßige Inanspruchnahme einer nervenfachärztlichen und auch einer richtlinienkonformen psychotherapeutischen Behandlung berufsbegleitend medizinisch durchgeführt werden. Hierauf wurde der Beklagte ausweislich des Gutachtens ausdrücklich hingewiesen und er wurde über die weitere Vorgehensweise aufgeklärt. Mit weiterem Gutachten der ZMU vom 21. Mai 2015 wird angemerkt, dass die mit Krankenhausentlassung am 5. Februar 2015 empfohlene Inanspruchnahme einer ambulanten Psychotherapie in der Zwischenzeit nicht in die Wege geleitet worden sei. Krankheitsbedingte Gründe dies nicht zu tun, gebe es nicht. Die Ausführungen in sämtlichen amtsärztlichen Bescheinigungen bestätigen mithin eine Einsichts- und Steuerungsfähigkeit des Beklagten, da ihm ansonsten die dort aufgeführten Therapiemaßnahmen nicht zur selbständigen Durchführung und Inanspruchnahme hätten empfohlen werden können. Dafür, dass beim Beklagten eine lediglich partielle Einsichts- und Steuerungsfähigkeit vorgelegen haben könnte, spricht indessen nichts.

143

Ob und inwieweit möglicherweise die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit eingeschränkt war, bedarf hier keiner näheren Erläuterung, da eine solche an einer Schuldhaftigkeit des Fehlverhaltens nichts ändert, sondern allenfalls im Rahmen der Maßnahmebemessung Berücksichtigung finden kann.

144

3. Der Beklagte ist Anordnungen seines Dienstherrn nicht nachgekommen.

145

a) Mit Schreiben seines Dienstherrn vom 23. Januar 2014 wurde der Beklagte darüber in Kenntnis gesetzt, dass aufgrund seiner Erkrankung seit dem 15. Dezember 2013 die Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung geboten ist und er sich wegen eines Termins mit dem Gesundheitsamt in Verbindung setzen soll. Den auf den 4. Februar 2014 festgesetzten Termin hat der Beamte unentschuldigt nicht wahrgenommen. Daraufhin ist er durch das Personalreferat darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass ein neuer Termin für den 17. Februar 2014, 14:00 Uhr, festgelegt sei. Auch diesen Termin hat der Beklagte unentschuldigt nicht wahrgenommen. Vielmehr hat er mit Schreiben des gleichen Tages mitgeteilt, dass er das Schreiben des Personalreferats erst an diesem Tag zur Kenntnis erhalten habe, da er sich aufgrund seiner Erkrankung längere Zeit nicht an seiner Wohnanschrift aufgehalten habe. Diese Aussage entsprach nicht der Wahrheit, da er zwecks Aushändigung der Disziplinarverfügung vom 10. Februar 2014 den stellvertretenden Leiter der PI F... am 16. Februar 2014 aufgesucht hat und er am 12. und 13. Februar 2014 dabei beobachtet wurde, wie er sich unter seiner Wohnadresse in B1... aufgehalten und Erledigungen getätigt hat. Mit Schreiben vom 18. Februar 2014 ist er aufgefordert worden, bis zum 25. Februar 2014 einen Termin für eine amtsärztliche Untersuchung zu vereinbaren. Der Beklagte ist zwar anschließend mit dem Gesundheitsamt in Kontakt getreten und hat einen Untersuchungstermin für den 6. März 2014 vereinbart, den er jedoch am 5. März 2014 mit der Begründung abgesagt hat, aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage zu sein, ein Auto zu führen. Eine Überprüfung seiner Wohnadresse hat ergeben, dass sich sein Kraftfahrzeug und sein Wohnanhänger nicht vor Ort befanden. Vielmehr hat der Kläger sich anlässlich seiner Nebentätigkeit zu diesem Zeitpunkt in V... aufgehalten.

146

Durch das Gesundheitsamt wurde ein neuer Termin für den 17. März 2014, 10:30 Uhr, vereinbart, den der Beklagte abermals unentschuldigt nicht wahrgenommen hat. Das Personalreferat vereinbarte daraufhin einen weiteren Termin für den 27. März 2014, 9:00 Uhr. Mit Schreiben vom 17. März 2014 ist der Beklagte aufgefordert worden, diesen Termin wahrzunehmen. Er wurde eindringlich auf seine dienstlichen Pflichten hingewiesen. Diesen Termin nahm er sodann auch wahr.

147

Auf Empfehlung des Amtsarztes bei der Kreisverwaltung G1... vom 9. April 2014, eine Untersuchung durch die Zentrale Medizinische Untersuchungsstelle in L... (ZMU) durchführen zu lassen, ist der Beklagte mit Schreiben vom 10. April 2014 durch das Personalreferat über die anstehende Untersuchung bei der ZMU informiert worden. Ihm wurde ein Anamnesebogen mit gleicher Post zugesandt. Da er diesen Bogen bis zum 24. Juni 2014 trotz schriftlicher Erinnerung der ZMU vom 7. Mai 2014 und mündlicher Erinnerung vom 17. Juni 2014 nicht übersandt hatte, konnte eine Untersuchung bei der ZMU nicht stattfinden. Erst nach erneuter Zusendung des Anamnesebogens und Rücksendung durch den Beklagten wurde ein Untersuchungstermin für den 11. August 2014 vereinbart. Diesen Termin nahm der Beklagte jedoch nicht wahr. Vielmehr ging die Terminvorladung als unzustellbar an die ZMU zurück. Aufgrund des letzten vorgelegten Attestes ging man sodann davon aus, dass der Beklagte nach B2... Z..., C2..., umgezogen war. Eine Meldung des Umzugs war nicht erfolgt. Erst am 13. Oktober 2014 konnte die amtsärztliche Untersuchung durch die ZMU durchgeführt werden. Unter dem 21. November 2014 wurde der Beklagte aufgefordert, die von der ZMU für erforderlich erachtete stationäre Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik durchzuführen. Mit Schreiben vom 6. Januar 2015 wurde der Beklagte davon in Kenntnis gesetzt, dass eine Nachuntersuchung bei der ZMU veranlasst worden sei. Er wurde darauf hingewiesen, dass der Anamnesebogen innerhalb von zehn Tagen an die ZMU zurückzusenden sei. Unter dem 2. März 2015 wurde er erneut auf seine Mitwirkungspflicht hingewiesen. Erst in der Folge legte der Beklagte den Bogen vor, so dass auch erst am 19. Mai 2015 die amtsärztliche Untersuchung durchgeführt werden konnte.

148

b) Auf Aufforderung seines Vorgesetzten sollte der Beklagte am 12. Februar 2014, 10:00 Uhr, zu einem Gespräch zu erscheinen, in dem unter anderem die Disziplinarverfügung vom 10. Februar 2014 ausgehändigt werden sollte. Der Beklagte sagte diesen Termin um 10:00 Uhr mit der Begründung ab, einen Arzttermin zu haben. Er kündigte ein Erscheinen nach diesem Termin an. Gegen 13:45 Uhr meldete er sich erneut bei seinem Vorgesetzten und gab an, die gesamte Zeit bei seinem behandelnden Arzt gewesen zu sein. Tatsächlich war der Beklagte lediglich um 11:11 Uhr am Haupteingang der Praxis des Herrn Dr. D2...H1... und warf etwas in den Briefkasten. Bereits um 11:12 Uhr fuhr er mit seinem Auto zurück in Richtung Ortsmitte E2...

149

e) Anlässlich der Übergabe der Disziplinarverfügung am 16. Februar 2014 wurde der Beklagte aufgefordert, binnen drei Tagen in einem ihm zugeteilten Vorgang (Tgb.-Nr. F1...) noch dringend einen Bericht zu fertigen. Dieser Aufforderung kam der Beklagte trotz der ausdrücklichen Weisung nicht nach.

150

f) Die Oberfinanzdirektion F2... teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26. März 2014 mit, dass der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderung (24. April, 21. Oktober, 3. Dezember 2013, 13. Januar 2014) den Erklärungsvordruck zum Familienzuschlag nicht ausgefüllt und unterschrieben zurückgesandt habe. Ebenso habe er das Scheidungsurteil mit dem amtlichen Rechtskraftvermerk nicht vorgelegt. Durch das Rechtsreferat PV 1 wurde der Beklagte am 1. April 2014 aufgefordert, bis zum 14. April 2014 den Erklärungsvordruck hinsichtlich der Neuberechnung seiner Bezüge der OFD bzw. dem PP D... vorzulegen. Dem kam der Beklagte bis zum 8. Oktober 2014 nicht nach. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 wurde er erneut aufgefordert, den Erklärungsvordruck bis spätestens 28. Oktober 2014 ausgefüllt dem Referat PV 1 vorzulegen. Auch dieser Aufforderung kam er bislang nicht nach.

151

Dieser Sachverhalt steht ausweislich der Ermittlungen fest und wird vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.

152

Aufgrund des geschilderten Verhaltens hat der Beklagte gegen seine Dienstpflichten, sich mit voller Hingabe seinem Beruf zu widmen (§ 34 S. 1 BeamtStG) sowie Anordnungen und allgemeine Richtlinien der Vorgesetzten zu befolgen (§ 35 S. 2 BeamtStG), verstoßen. Die an den Beklagten gerichteten dienstlichen Anordnungen seiner Vorgesetzten waren jeweils klar verständlich und inhaltlich eindeutig. Ebenso bestehen keine Bedenken an deren Rechtmäßigkeit.

153

Aus der Pflicht zu vollem persönlichem Einsatz folgt die Pflicht des Beamten, dem Dienstherrn seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst die Pflicht, die Arbeitskraft im Interesse des Dienstherrn nicht nur zu erhalten, sondern die beschränkte oder verlorene Arbeitskraft best- und schnellstmöglich wieder herzustellen. Zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft muss er alle ihm angebotenen und zumutbaren Möglichkeiten nutzen.

154

Vorliegend war der Beklagte aufgrund einer länger andauernden Erkrankung auf Weisung des Dienstherrn verpflichtet, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen (§ 81 Abs. 2 S. 2 LBG). Dieser Pflicht hat der Beklagte sich beharrlich über einen nicht unerheblichen Zeitraum verweigert.

155

Die Pflicht, nach Aufforderung des Dienstherrn, zu einem Personalgespräch zu erscheinen, gehört zu den Kernpflichten eines jeden Beamten. Stünde das Befolgen derartiger Anordnungen im Belieben eines jeden Beamten, wäre die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung erheblich infrage gestellt.

156

Mit den genannten Verstößen gegen die Gehorsamspflicht (§ 35 S. 2 BeamtStG) geht ein Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) einher, da der Beklagte die Nichtwahrnehmung der Termine mit einer vorgetäuschten Ortsabwesenheit, seiner Erkrankung und einem nicht stattgefundenen Arzttermin zu entschuldigen versucht hat. Mit der vorgenannten Pflicht ist es grundsätzlich unvereinbar, dass der Beamte gegenüber seinem Vorgesetzten die Unwahrheit äußert. Nach den Umständen des Einzelfalls liegt auch kein Ausnahmefall von der Wahrheitspflicht vor. Weder befand der Beklagte sich in einer besonderen Konfliktsituation, die ein Abweichen von der Wahrheit menschlich verständlich erscheinen lässt, noch liegt ein Fall der geforderten Selbstbezichtigung im Disziplinarverfahren vor.

157

Ebenso ergingen die Weisungen, eine dienstlichen Stellungnahme sowie den Erklärungsvordruck zum Familienzuschlag abzugeben, zu Recht. Auch diesen Weisungen hat der Beklagte sich beharrlich entzogen.

158

Hinsichtlich der Pflichtverstöße ist dem Beklagten ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen. Soweit der Beklagte sich auch insoweit auf eine Posttraumatische Belastungsstörung beruft, ist auch hier auf die vorgenannten Ausführungen zur Schuldenwirtschaft zu verweisen.

159

4. Keine rechtzeitige Anzeige der Erkrankungen

160

Seine Erkrankung hat der Beklagte nicht bzw. nicht rechtzeitig angezeigt und entsprechende Atteste teils verspätet vorgelegt. Am 28. Januar 2014 wurde der Beklagte auf die Pflicht zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ab dem dritten Tage hingewiesen. Zu einer beabsichtigten Anordnung, zukünftig die Vorlage eines privat ärztlichen Attestes ab dem erstens Krankheitstag anzuordnen, wurde er am 28. Januar 2014 angehört. Wegen Nichtbefolgens der Pflicht wurden mit Verfügungen vom 19. Februar 2014 und 10. März 2014 die Einbehaltung der Dienstbezüge für den 15. und 19. Januar 2014 sowie für die Zeit ab dem 1. Februar 2014 bis 26. Februar 2014 festgestellt. Seit seiner Erkrankung am 15. Dezember 2013 hat der Beklagte am 18. Dezember 2013, 9. Januar 2014, 20. Januar 2014, 27. Februar 2014, 11. März 2014, 4. April 2014, 5. Mai 2014, 18. Mai 2014, 3. Juni 2014, 15. August 2014, 9. Oktober 2014, 8. Dezember 2014, 3. Februar 2015 und 13. August 2015 ärztliche Krankmeldungen mit teilweise mehrwöchiger Verspätung vorgelegt, bzw. sich überhaupt nicht krank gemeldet. Insoweit wird auf die ausführliche Darlegung der Umstände der Verfristungen in der Klageschrift verwiesen. Lediglich exemplarisch sei erwähnt, dass der Beklagte am 20. Dezember 2014 eine Folgekrankmeldung hätte vorlegen müssen. Eine solche ging erst am 3. Februar 2015 ein, worin eine weitere Dienstunfähigkeit bis zum 1. März 2015, festgestellt am 30. Januar 2015, bescheinigt worden war. Erst am 13. August 2015, also fast sechs Monate später, legte er ein Attest des Herrn Dr. G2... vor, ausgestellt am 5. August 2015 vor, aus dem sich ergibt, dass er voraussichtlich vom 3. Juli 2015 bis voraussichtlich 31. August 2015 erkrankt sei. Dies bestätigt nicht nur, dass Krankmeldungen mit erheblicher Verspätung vorgelegt wurden, sondern dass nach Ablauf von Arbeitsunfähigkeitsfristen neue Arztbesuche erst nach mehreren Wochen wahrgenommen wurden.

161

Dieser Sachverhalt steht nach den Ermittlungen fest und wird von dem Beklagten nicht bestritten.

162

Durch dieses Gebaren hat der Beklagte gegen seine Dienstpflicht nach § 35 S. 2 BeamtStG i.V.m. § 81 S. 2 und 3 LBG verstoßen, wonach eine Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung spätestens am folgenden Arbeitstag unter Angabe der Dauer der Erkrankung gegenüber dem Vorgesetzten anzuzeigen ist. Dies gilt sowohl bezüglich einer erstmaligen Erkrankung als auch bezüglich einer weiteren Dienstunfähigkeit nach bereits attestierter Erkrankung. Ohne Einhaltung dieser Dienstpflicht ist ein funktionsfähiger Ablauf der Dienstgeschäfte nicht möglich.

163

In Bezug auf diese Pflichtverletzung ist dem Beklagten ebenso unbeschadet der ihm attestierten Posttraumatischen Belastungsstörung ein Verschulden in Gestalt eines vorsätzlichen Verhaltens vorzuwerfen. Auf die vorangegangenen Ausführungen wird verwiesen.

164

5. Der Beklagte hat die durch das Gesundheitsamt für erforderlich gehaltenen und durch den Dienstherrn angeordneten Therapiemaßnahmen nicht bzw. verspätet durchgeführt.

165

Nach anhaltender Erkrankung des Beklagten ab dem 15. Dezember 2013 ist der Beklagte am 27. März 2014 durch das Gesundheitsamt bei der Kreisverwaltung G1... untersucht worden. Ausweislich des Gutachtens vom 9. April 2014 wurde darauf hingewiesen, dass nach Auskunft des Hausarztes weitere fachärztliche und therapeutische Schritte geplant seien (nervenärztlich bzw. psychiatrisch bzw. psychosomatisch bzw. psychotherapeutisch), die zunächst ambulant, nach fachärztlichem Dafürhalten dann eventuell auch stationär durchzuführen seien. Diese Therapiemaßnahmen hat das Gesundheitsamt auch für erforderlich gehalten, um die Dienstfähigkeit des Beklagten zu verbessern bzw. wieder herzustellen. Mit Schreiben vom 10. April 2014 wurde der Beklagte aufgefordert, Nachweise über bereits begonnene Therapien zur Stabilisierung seines Gesundheitszustandes, wie in dem Gutachten formuliert, dem zuständigen Referat PV 3 bis spätestens 25 April 2014 vorzulegen. Auf seine dienstlichen Pflichten und die Folgen einer Pflichtverletzung wurde er hingewiesen. Mit Schreiben vom 13. Mai 2014 wurde er erneut auf seine beamtenrechtlichen Pflichten hingewiesen und die Vorlage der Nachweise wurde bis zum 23. Mai 2014 angemahnt.

166

Bescheinigungen sind jedoch in der Folgezeit nicht eingegangen. Die nachfolgende Untersuchung bei der ZMU hat ausweislich des Gutachtens vom 22. Oktober 2014 die Erforderlichkeit der Einleitung einer stationären Behandlung in einer psychosomatischen Fachklinik ergeben, da der Beklagte seit seiner Krankschreibung „nur relativ anspruchslose Behandlungsmaßnahmen“ in Anspruch genommen habe. Mit Schreiben vom 21. November 2014 wurde der Beklagte aufgefordert, sich der geforderten stationären Behandlung zu unterziehen und unverzüglich diese Behandlung anzutreten. Soweit der Therapieantritt feststehe, solle er nachgewiesen werden und bis zum 10. Dezember 2014 seien Kopien der Anträge an die Beihilfestelle und die Krankenkasse wegen der Kostenübernahme vorzulegen. Erst ausweislich eines am 12. Dezember 2014 ausgestellten Attestes konnte festgestellt werden, dass der Beklagte sich ab dem 8. Dezember 2014 stationär in dem ... in V... der angeordneten Therapie unterzogen hat.

167

Dieser Sachverhalt wurde vom Kläger ausermittelt und wird vom Beklagten nicht bestritten.

168

Mit dem aufgezeigten Verhalten hat der Beklagte entsprechend den Ausführungen zu dem Vorwurf, sich nicht bzw. verzögert einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen zu haben (Ziff. 3 a)) gegen seine Pflicht, seinem Dienstherrn die volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, und diese, im Falle der Einschränkung, bestmöglich wiederherzustellen (§ 34 S. 1 BeamtStG), verstoßen. Darüber hinaus hat er rechtmäßig ergangene und klar definierte Anordnungen seines Dienstvorgesetzten nicht befolgt und damit seine Gehorsamspflicht (§ 35 S. 2 BeamtStG) verletzt.

169

Der Beklagte hat beharrlich seit Anfang April des Jahres 2014 die Wiederherstellung seiner Dienstfähigkeit dadurch blockiert, dass er die ihm aufgegebenen Therapiemaßnahmen letztlich erst am 8. Dezember 2014 in die Wege geleitet hat. Da er sich seiner Gesunderhaltungspflicht damit bewusst widersetzt hat, ist ihm hinsichtlich dieses Pflichtverstoßes Vorsatz vorzuhalten. Soweit der Beklagte sich insoweit ebenso auf eine Posttraumatische Belastungsstörung beruft, die ihm die Bewältigung der Dinge des täglichen Lebens und damit möglicherweise die Einleitung entsprechender therapeutischer Maßnahmen unmöglich gemacht haben soll, bleibt auf die zu den übrigen Anschuldigungspunkten gemachten Ausführungen zu verweisen. Ergänzend bleibt anzumerken, dass auch der Verlauf der Dinge der Vergangenheit, nämlich die Wahrnehmung von Privatarztterminen überhaupt, dem behaupteten Fehlen der Schuldhaftigkeit entgegensteht.

170

6. Zugänglichmachen vertraulicher Daten und Aufbewahrung dienstlicher Unterlagen in privaten Räumen

171

Der Beklagte hat im Rahmen einer Verkehrskontrolle am 9. Juli 2013, um 6:10 Uhr den Personalausweis einer kontrollierten Person mit seinem privaten Handy abfotografiert und das Foto seiner ehemaligen Lebensgefährtin per WhatsApp mit der Bemerkung: „Haben wir gerade kontrolliert..... Man beachte den Vornamen“, zugesandt.

172

Im Rahmen der bei dem Beklagten am 23. April 2014 durchgeführten Durchsuchung seiner Privaträumlichkeiten wurde ein Einsatzbefehl der PI J... vom 9. Februar 2013 aufgefunden. Auf dem Einsatzbefehl war vermerkt: „VS- nur für den Dienstgebrauch“. Der Einsatzbefehl wurde frei zugänglich für Dritte aufbewahrt.

173

Der Sachverhalt steht fest nach Aktenlage und wird vom Beklagten nicht bestritten.

174

Aufgrund dieses Verhaltens hat der Beklagte gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) sowie gegen seine Gehorsamspflicht (§ 35 S. 2 BeamtStG) i.V.m. § 8 Landesdatenschutzgesetz sowie Nr. 2.2 der Dienstvereinbarung über Datenschutz und Datensicherheit bei der Polizei H2... und Ziff. 5.2 der Rahmendienstanweisung für den Datenschutz und Sicherheit bei der Aufbewahrung von Akten mit personenbezogenen Daten verstoßen, wonach es einem Beamten untersagt ist, dienstliche Daten zu einem anderen als dem zur jeweiligen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu verarbeiten oder unbefugt zu offenbaren. Schützenswert sind sowohl die Daten des BPA als auch der Einsatzbefehl. Bei der Einstufung „VS-Nur für den Dienstgebrauch, VS-VfD“ handelt es sich um eine so genannte Geheimhaltungsvorschrift (MinBl. 1996, S. 66, hier: Geringste Geheimhaltungsstufe).

175

Dem Beklagten ist dahingehend ein vorsätzliches Verhalten vorzuwerfen, da ihm als langjährigem Beamten die entsprechenden Obliegenheiten bekannt waren und er die Ablichtung des BPA erkennbar bewusst zu Belustigungszwecken weitergeleitet hat. Ebenso war ihm bewusst und bekannt, dass Dokumente, die der Geheimhaltung unterliegen, nicht offen in Privaträumlichkeiten aufbewahrt werden dürfen.

176

7. Nichtwahrnehmung seiner Zeugenpflicht

177

Am 5. Februar 2014 waren mehrere Beamte der PI F..., darunter auch der Beklagte, in der Eigenschaft als Polizeibeamte als Zeugen im Strafverfahren ... zum Landgericht J... geladen. Der Beklagte ist zu dem Termin nicht erschienen.

178

Die Ermittlungen bestätigen diesen Sachverhalt.

179

Hierdurch hat der Beamte gegen seine Einsatzpflicht (§ 34 S. 1 BeamtStG), seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 S. 3 BeamtStG) sowie seine besonderen Pflichten als Polizeibeamter (§ 115 LBG) verstoßen. Als potentieller Zeuge in einem Strafverfahren war der Beklagte verpflichtet, den Termin wahrzunehmen bzw. sich zumindest zu entschuldigen. Die Öffentlichkeit kann insbesondere kein Verständnis dafür aufbringen, dass ein Polizeibeamter, der in dieser Funktion zum Zwecke der Wahrheitsfindung als Zeuge vor Gericht geladen ist, sich seiner Zeugenpflicht entzieht.

180

Der Beklagte handelte insoweit mit Vorsatz. Selbst wenn die Zeugenaussage, wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht geltend gemacht, für ihn mit unangenehmen Erinnerungen an das angeblich seine Posttraumatische Belastungsstörung auslösende Ereignis verbunden gewesen wäre, konnte ihn dies von seiner Pflicht nicht entbinden. Zumindest wäre er zu einer ordnungsgemäßen Entschuldigung, gegebenenfalls unter Vorlage eines ärztlichen Attestes, verpflichtet gewesen.

181

8. Unentschuldigtes Fernbleiben vom Dienst

182

Am 9. Dezember 2013 war für die Dienstgruppe des Beklagten ein Einsatztraining beim SETZ in I2... dienstlich angeordnet. Auch der Beklagte war angemeldet und der Termin war seit dem 1. November 2013 in die Dienstvorplanung eingetragen. Der Beklagte erschien jedoch nicht zum Dienst, weshalb er von seinem Kollegen POK H1... angerufen und zu seinem Verbleib befragt wurde. Diesem Kollegen gegenüber gab der Beklagte an, dass ihm der Dienstgruppenleiter, PHK I1..., Dienstbefreiung genehmigt habe, weil er am 7. Dezember 2013 einen Zusatznachtdienst bei der Dienstgruppe „C“ abgeleistet gehabt habe. Dies entsprach jedoch nicht der Wahrheit. PHK I1... hatte dem Beklagten keine Dienstbefreiung gewährt. Darüber hinaus wies das Arbeitszeitkonto des Beklagten zu diesem Zeitpunkt ein Minus von 52 Stunden und 15 Minuten auf, so dass bereits aus diesem Grunde eine Dienstbefreiung überhaupt nicht möglich war.

183

Dieser Sachverhalt steht fest aufgrund der Ermittlungen im behördlichen Disziplinarverfahren und wird vom Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

184

Der Beklagte hat hiermit gegen seine Hingabe- und Dienstleistungspflicht nach §§ 34 S. 1 BeamtStG, 81 Abs. 1 S. 1 LBG verstoßen, da er ungenehmigt vom Dienst ferngeblieben ist. Weiterhin hat er erneut seine Wahrheitspflicht verletzt (§ 34 S. 3 BeamtStG).

185

Der Beklagte handelte vorsätzlich, da er sich bewusst durch eine geäußerte Unwahrheit eine unberechtigte Dienstbefreiung erschlichen hat.

II.

186

Welche Disziplinarmaßnahme für das nach dem Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens zu würdigende Fehlverhalten erforderlich ist, richtet sich gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LDG nach dessen Schwere unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung.

187

Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der disziplinaren Maßnahme ist demnach die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale). Zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen der Pflichtenverstöße für den dienstlichen Bereich und für Dritte, insbesondere nach der Höhe des entstandenen Schadens.

188

Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild“ des Beamten erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges dienstliches Verhalten vor und nach der Tat. Es erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder einer psychischen Ausnahmesituation davon abweicht. Einen Aspekt des Persönlichkeitsbildes stellt auch tätige Reue dar, wie sie durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils noch vor der drohenden Entdeckung zum Ausdruck kommt.

189

Das Bemessungskriterium „Umfang der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ erfordert eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf seinen allgemeinen Status, seinen Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und seine konkret ausgeübte Funktion.

190

Aus den gesetzlichen Vorgaben des § 11 Abs. 1 LDG folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu befinden, ob der Beamte auch künftig in erheblicher Weise gegen Dienstpflichten verstoßen wird, oder ob die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen ist. Ergibt die prognostische Gesamtwürdigung, dass ein endgültiger Vertrauensverlust noch nicht eingetreten ist, haben die Verwaltungsgerichte diejenige Disziplinarmaßnahme zu verhängen, die erforderlich ist, um den Beamten zur Beachtung der Dienstpflichten anzuhalten und der Ansehensbeeinträchtigung entgegenzuwirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007, Az.: 2 C 9/06 – juris -).

191

Vorliegend hat der Beklagte durch das festgestellte Dienstvergehen nicht nur das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit verloren; die Entfernung aus dem Dienst ist auch unter Berücksichtigung seines Persönlichkeitsbildes und Abwägung aller für und gegen ihn sprechenden Gesichtspunkte unausweichlich.

192

Dabei ergibt sich die Schwere des Dienstvergehens weniger aus einem einzigen für die Maßnahmebemessung richtungsweisenden Fehlverhalten, sondern vielmehr aus der Vielzahl der dem Beamten vorzuhaltenden Verfehlungen unterschiedlicher Qualität und unterschiedlichen Ursprungs, die in ihrer Gesamtheit den Schluss rechtfertigen, dass der Beamte sich innerlich wie äußerlich bereits seit mehreren Jahren von seinem dienstlichen Pflichtenkreis gelöst hat.

193

Der Beklagte hat sich im außerdienstlichen Bereich ein Betätigungsfeld geschaffen, welches aufgrund der Art der dort entfalteten Tätigkeiten und der langjährigen und zeitintensiven Praktizierung nicht nur nebentätigkeitsrechtliche Relevanz entfaltete, sondern offenkundig den Schwerpunkt seiner Arbeitskraft und auch seiner Interessen bildete. Erschwerend wirkt, dass der Beklagte die nicht genehmigten Nebentätigkeiten auch in Zeiten ausgeübt hat, in denen er als von Steuergeldern alimentierter Beamter aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage war, seinem Dienstherrn seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Ein derartiges Gebaren stößt sowohl bei dem Dienstherrn als auch bei der Allgemeinheit auf Unverständnis und weckt in der Regel derart erhebliche Zweifel an der Integrität eines Beamten als auch an derjenigen des öffentlichen Dienstes insgesamt, dass die Entfernung aus dem Dienst geboten sein kann (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2. Mai 2001 – 3 A 10366/01.OVG, vom 10. März 2004 – 3 A 10118/04.OVG, vom 9. Dezember 2005 – 3 A 11300/05.OVG).

194

Die ungeordnete Schuldenwirtschaft des Beklagten über mehrere Jahre und mit weitreichenden Folgen bis zu seiner Verhaftung hat nach ihren objektiven und subjektiven Merkmalen ebenso nicht nur ein erhebliches Gewicht, sondern zeugt insgesamt von einer Persönlichkeit, die nicht nur im dienstlichen, sondern auch im privaten Bereich die wesentlichen Gepflogenheiten eines sozialen Miteinander verlassen hat. Den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern und seiner geschiedenen Ehefrau ist der Beklagte wiederholt und ohne Rücksicht der damit für seine Familie verbundenen Folgen nicht nachgekommen. Obwohl ihm ein Beihilfeanspruch gegen das Land Rheinland-Pfalz zum Zwecke der Begleichung von Arztkosten zugestanden hat, hat der Beklagte seit mehreren Jahren keine Beihilfeanträge mehr gestellt und die von ihm in Anspruch genommenen Ärzte wegen ihrer Forderungen in gerichtliche Mahnverfahren laufen lassen. Selbst die Abgabe eidesstattlicher Versicherungen, Haftbefehle und schließlich seine Verhaftung vermochten den Beklagten nicht eines Besseren zu belehren und ihn zu einem Umlenken seines Verhaltens zu bewegen. Dementsprechend ließ der Beklagte es auch noch nach Einleitung des Disziplinarverfahrens wegen Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen in vier Fällen noch zu weiteren 13 zum Gegenstand des Disziplinarverfahrens gemachten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen kommen, womit er seiner durch Gleichgültigkeit geprägten Pflichtvergessenheit erheblich Nachdruck verleihen hat.

195

Im dienstlichen Bereich setzte sich seine Unbelehrbarkeit darin fort, dass er sich trotz längerfristiger Erkrankung zunächst über Monate der vom Dienstherrn geforderten amtsärztlichen Untersuchung und schließlich auch den angeordneten Therapiemaßnahmen versperrte. Damit boykottierte er nicht nur seine Genesung, sondern auch das immer wieder bekundete Interesse seines Dienstherrn, ihn bei der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit zu unterstützen. Die von ihm praktizierte Vorlage der Krankmeldungen zeigt zudem deutlich, dass er sich – sogar nachdem der Einbehalt von Dienstbezügen festgestellt worden war - an seine dienstlichen Obliegenheiten nicht mehr gebunden fühlt. Die Interessen an einer ordnungsgemäßen Dienstplanung sowie diejenigen seiner Kollegen, die immer wieder für ihn, infolge verspäteter Krankmeldung auch kurzfristig, einspringen mussten, waren ihm offenkundig gleichgültig. Der Umstand, dass der Beklagte im gleichen Zeitraum in der Lage war, sich mit höchster Konzentration der von ihm ausgeübten Nebentätigkeit zu widmen, belegt umso mehr, dass der Beamte sich von seinem beruflichen Pflichtenkreis und seinem Dienstherrn unumkehrbar und endgültig gelöst hat.

196

Demzufolge war es dem Beamten auch gleichgültig, dass seine Bezüge mangels der mehrfach angemahnten Vorlage des Erklärungsvordrucks zum Familienzuschlag nicht aktualisiert werden konnten, dass er geheimhaltungsbedürftige Unterlagen nicht in der dafür vorgesehenen Form in seinen privaten Räumlichkeiten aufbewahrt, und dass er seine Zeugenpflichten missachtet und damit möglicherweise die Rechtspflege behindert hat. Darüber hinaus schreckte er nicht davor zurück, zum Zwecke der Verfolgung eigennütziger Motive gegenüber seinem Dienstherrn und auch Kollegen gezielt die Unwahrheit zu äußern. Das gezeigte Verhalten stimmt folglich mit der im Disziplinarverfahren abgegebenen Leistungseinschätzung seines Vorgesetzten und der darin zum Ausdruck gekommenen Charakterstruktur des Beklagten überein, nämlich dass es dem Beklagten wesensimmanent ist, dass er ohne Rücksicht auf andere und die damit verbundenen Folgen im dienstlichen und - wie durch das Disziplinarverfahren belegt - privaten Bereich vordergründig „sein Ding“ machen will. Entsprechend der Prognose seines unmittelbaren Dienstvorgesetzten ging der durch die Vorhaltungen im Disziplinarverfahren schließlich in Erklärungsnot geratene Beklagte dann auch dazu über, das Ereignis in I... als Schuldausschlussgrund für fast alle ihm vorgehaltenen Verfehlungen vorzuschieben, ohne dass die Richtigkeit dieser Behauptung von ihm nachgewiesen wurde. All dies belegt, dass der Beamte nicht gewillt ist, eine Verantwortlichkeit gegenüber sich selbst, seinen Kollegen, seinem Dienstherrn und auch gegenüber der Allgemeinheit zu übernehmen. Das Zurückziehen in eine Opferrolle ist nach den Feststellungen im behördlichen Disziplinarverfahren durch nichts gerechtfertigt und bestätigt wesentlich seine fehlende Integrationsfähigkeit und -willigkeit in die geordneten Strukturen des öffentlichen Dienstes, die für dessen Funktionsfähigkeit unerlässlich ist. Der Beklagte hat sich über Jahre hinweg mit stoischer Beharrlichkeit seinen Dienstpflichten entzogen und damit das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit in seine Integrität verloren. Zugleich hat er in der Öffentlichkeit einen derart erheblichen Ansehensschaden bewirkt, der mit einer Disziplinarmaßnahme unterhalb der Entfernung aus dem Dienst nicht mehr wiedergutzumachen ist.

197

Mildernde Gesichtspunkte, die es dennoch ausnahmsweise rechtfertigen könnten, von der Höchstmaßnahme abzusehen, sind nicht ersichtlich. Zwar wurden dem Beklagten ausweislich der Anlassbeurteilung vom 5. März 2010 noch gute Leistungen („B“) bescheinigt. Diese ließen jedoch bereits ab dem Jahr 2011 ausweislich der im Disziplinarverfahren eingeholten Leistungseinschätzung nachhaltig nach.

198

Sonstige Umstände, die geeignet wären, das Dienstvergehen in einem wesentlich milderen Licht erscheinen zu lassen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere vermag der Beklagte sich nicht auf eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit infolge einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu berufen. Zwar kann die Frage danach, ob der Beamte im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit ein Dienstvergehen begangen hat, nach der von den Bemessungsvorgaben des §§ 11 Abs. 1 LDG geforderten Prognoseentscheidung nicht schematisch als unbeachtlich behandelt werden. Jedoch bietet der vorgehaltene Sachverhalt bereits keinen hinreichenden Anlass dazu, von einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit des Beklagten auszugehen. (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 – 2 C 9/06 –, juris).

199

Erheblich verminderte Schuldfähigkeit gemäß §§ 20, 21 StGB setzt voraus, dass die Fähigkeit, das Unrecht einer Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, wegen einer Störung im Sinne von § 20 StGB bei Tatbegehung erheblich eingeschränkt war. Für die Steuerungsfähigkeit kommt es darauf an, ob das Hemmungsvermögen so stark herabgesetzt war, dass der Betroffene den Tatanreizen erheblich weniger Widerstand als gewöhnlich entgegenzusetzen vermochte. Die daran anknüpfende Frage, ob die Verminderung der Steuerungsfähigkeit aufgrund einer krankhaften seelischen Störung „erheblich“ war, ist eine Rechtsfrage, die die Verwaltungsgerichte ohne Bindung an die Einschätzung Sachverständiger in eigener Verantwortung zu beantworten haben. Hierzu bedarf es einer Gesamtschau der Persönlichkeitsstruktur des Betroffenen, seines Erscheinungsbildes vor, während und nach der Tat und der Berücksichtigung der Tatumstände, insbesondere der Vorgehensweise. Die Erheblichkeitsschwelle liegt umso höher, je schwerer das in Rede stehende Delikt wiegt. Dementsprechend hängt im Disziplinarrecht die Beurteilung der Erheblichkeit im Sinne des § 21 StGB von der Bedeutung und Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten ab.

200

Dies vorausgeschickt, bestehen keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Persönlichkeitsveränderung des Beklagten im Tatzeitraum, die zu einer erheblichen Verminderung seiner Schuldfähigkeit geführt hat. Die vom Beklagten geltend gemachte Posttraumatische Belastungsstörung, die durch ein Ereignis am 28. September 2013 ausgelöst worden sein soll, kann den Beklagten ohnehin nur hinsichtlich der nach diesem Zeitpunkt begangenen Verfehlungen entlasten. Mithin entfaltet dieser Umstand keinerlei Relevanz für den wesentlichen Zeitraum der Ausübung einer nicht genehmigten Nebentätigkeit. Auch die vorwerfbare Schuldenwirtschaft stellte sich beim Beklagten bereits vor seiner angeblichen Erkrankung in wesentlichen Grundzügen und in nicht unerheblichem Ausmaß ein. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Vorwurfs, den Erklärungsvordruck zum Familienzuschlag nicht vorgelegt zu haben, vertrauliche Daten unberechtigt weitergeleitet und dienstliche Unterlagen in Privaträumen aufbewahrt zu haben.

201

Unbeschadet dessen, vermag der Beklagte sich aber auch hinsichtlich der übrigen Verfehlungen nicht auf diesen Milderungsgrund zu berufen. Denn selbst wenn nach dem Grundsatz in dubio pro reo aufgrund der privatärztlicherseits diagnostizierten „komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung“ seit der Brandkatastrophe in I... am 28. September 2013 von einer verminderten Schuldfähigkeit auszugehen wäre, hätte diese in seinem Fall nach den vorgenannten Grundsätzen nicht die Grenze zur Erheblichkeit überschritten. Hierfür sprechen nach der vom Disziplinargericht vorzunehmenden Würdigung der Gesamtumstände seine Persönlichkeit und sein Erscheinungsbild vor, während und nach den Verfehlungen, die Einsehbarkeit der verletzten Dienstpflichten sowie die konkreten Tatumstände.

202

Wie dargelegt, hat der Beklagte sich auch schon vor dem 28. September 2013 in vielfältiger Form resistent gegen seine dienstlichen Pflichten erwiesen, wie insbesondere seine nachhaltig gleichgültige Schuldenwirtschaft und die Ausübung nicht genehmigter Nebentätigkeiten auch während seiner Erkrankung belegen. Infolgedessen ist dem Beklagten vorzuhalten, dass er in Fortführung seiner Pflichtvergessenheit und Gleichgültigkeit und mithin offenkundig ohne wesentlichen Einfluss des die diagnostizierte Posttraumatische Belastungsstörung angeblich auslösenden Ereignisses weiterhin Pflichtverletzungen begangen hat. Im Übrigen handelt es sich bei den in die Zeit nach diesem Ereignis fallenden Pflichtenverstößen vorwiegend um Weisungsverstöße und Verstöße gegen die Vorlagepflicht von Attesten, mithin um leicht einsehbare Kernpflichten, deren Erfüllung auch bei Vorliegen einer eingeschränkten Einsichts- und Steuerungsfähigkeit von einem Beamten erwartet werden kann, dies zumal der Beamte seine Nebentätigkeit im gleichen Zeitraum unter Einsatz seiner vollen geistigen und körperlichen Kräfte bewerkstelligen konnte.

203

Da das Gericht sich im Termin zur mündlichen Verhandlung zudem davon überzeugen konnte, dass es dem Beklagten an Einsicht, Reue und vor allem an Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich der von ihm begangenen Verfehlungen fehlt, kann dem Beamten insgesamt keine positive Zukunftsprognose gestellt werden. Dem Dienstherrn ist eine weitere Zusammenarbeit mit dem Beklagten nicht mehr zuzumuten. Die Entfernung aus dem Dienst ist unausweichlich.

204

Die Verhängung der Höchstmaßnahme verstößt vor diesem Hintergrund auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dabei sind in das Verhältnis zu setzen die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Dienstherrn, zu der das Fehlverhalten geführt hat, und die zu verhängende Disziplinarmaßnahme. Hat ein Beamter – wie hier – durch vorwerfbares Verhalten die Vertrauensgrundlage und damit die wesentliche Voraussetzung für eine Fortdauer des Beamtenverhältnisses zerstört, dann ist seine Entfernung aus dem Dienst die einzige Möglichkeit, dass durch den Dienstherrn sonst nicht lösbare Beamtenverhältnis einseitig zu beenden. Die darin liegende Härte für den Beamten ist nicht unverhältnismäßig. Sie beruht vielmehr auf ihm zurechenbarem Verhalten (stg. Rspr. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1997 – 1 D 60/97 –, juris).

205

Anhaltspunkte für eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Feststellung des Unterhaltsbeitrages sind nicht ersichtlich (§§ 8 Abs. 2, 70 LDG).

206

Die Kostenentscheidung folgt aus § 99 Abs. 1 LDG. Verfahren nach dem Landesdisziplinargesetz sind gebührenfrei (§ 109 Abs. 1 LDG).

207

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten folgt aus § 21 LDG i.V.m. §§ 167 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –, 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.