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| Die Klage ist zulässig. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten besteht ein konkretes Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO, denn es liegt ein bestimmter, bereits überschaubarer Sachverhalt vor, dessen Rechtsfolgen festgestellt werden sollen; dieses Rechtsverhältnis ist zwischen den Beteiligten streitig. Durch die Vorgeschichte, insbesondere durch die auf Verlangen des Landratsamts von der Klägerin ergriffenen organisatorischen Maßnahmen, mit denen die Klägerin aber nicht einverstanden ist, haben sich die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten hinreichend verdichtet. Streitig ist, ob auch die amtlichen Fachassistenten bei der von ihnen vorgenommenen Fleischuntersuchung K2-Material auszusondern haben, oder ob dies allein dem amtlichen Tierarzt obliegt. Die Klägerin hat auch ein schutzwürdiges Interesse an der Klärung dieser Frage, da die vorläufig getroffenen organisatorischen Maßnahmen für sie wirtschaftlich ungünstiger sind und sie bei einer anderen Verfahrensweise ggf. mit einem Bußgeldverfahren rechnen müsste. |
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| Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die von der Klägerin begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden, denn sie wäre unrichtig: Es ist zwar im Grundsatz zutreffend, dass Geflügel, das im Rahmen der Schlachttieruntersuchung als schlachttauglich befunden und in einem Schlachthof geschlachtet wurde, im Ganzen oder in Teilen zu der Kategorie 3 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 gehört. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist aber nicht nur dann gegeben, wenn der amtliche Tierarzt bei der Fleischuntersuchung auf Mensch oder Tier übertragbare Krankheiten feststellt, sondern auch dann, wenn der amtliche Fachassistent eine solche Feststellung trifft, sowie weiter dann, wenn es sich um einen bloßen Verdachtsfall einer solchen Krankheit handelt. |
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| 1. Die Frage der Zuordnung zu den einzelnen Kategorien richtet sich nach Art. 7 bis 10 der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009. Danach sind die tierischen Nebenprodukte in die spezifischen Kategorien nach dem Grad der von ihnen ausgehenden Gefahren einzustufen. Art. 10 definiert in Form einer Aufzählung das Material der Kategorie 3, welches als (Heim-)Tierfutter verwertet werden darf. Maßgeblich ist hier Punkt b) der Liste. Dieser lautet: |
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| „Schlachtkörper und folgende Teile, die entweder von Tieren stammen, die in einem Schlachthof geschlachtet und nach einer Schlachttieruntersuchung als zum menschlichen Verzehr schlachttauglich eingestuft wurden oder ganze Körper und die folgenden Tierteile, die von Wild stammen, das gemäß den Gemeinschaftsvorschriften zum menschlichem Verzehr getötet wurde: |
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| i) Schlachtkörper oder ganze Körper und Teile von Tieren, die gemäß den Gemeinschaftsvorschriften als genussuntauglich zurückgewiesen wurden, jedoch keine Anzeichen von auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheiten aufwiesen; |
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| iii) Häute und Felle, einschließlich Zuputzabschnitte und Spalt; Hörner und Füße, einschließlich Zehenknochen sowie Carpus und Metacarpusknochen, Tarsus und Metatarsusknochen von |
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| - anderen Tieren als Wiederkäuern, die auf TSE getestet werden müssen, sowie |
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| - Wiederkäuern, die gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 mit negativem Ergebnis getestet wurden; |
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| Schon der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, dass es für die Zuordnung des Materials in Punkt b) i) zur Kategorie 3 maßgeblich darauf ankommt, ob die fraglichen Geflügelkörper oder -teile Anzeichen von auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheiten aufgewiesen haben. Die Vorschrift stellt selbst den Zusammenhang mit der Zurückweisung als genussuntauglich her; daraus folgt, dass hier die Durchführung der Fleischuntersuchung in den Blick genommen wurde. Anders als die Klägerin meint, erfolgt nämlich bei der Schlachttieruntersuchung, auf die sie maßgeblich abstellen will, keine Zurückweisung einzelner Tiere als genussuntauglich, sondern allein die Beurteilung der Schlachttauglichkeit der ganzen Herde (Partie) zum menschlichen Verzehr. Angesichts des Vorsorgegrundsatzes, welcher die Abwehr von Gefahren durch die tierischen Nebenprodukte im Auge hat und der die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 prägt, leuchtet es auch ein, dass es nicht allein auf die Schlachttieruntersuchung, sondern auf jegliche Untersuchung der zu schlachtenden und geschlachteten Tiere ankommt: immer dann, wenn Anzeichen für eine auf Mensch oder Tier übertragbare Krankheit auftreten, ist der entsprechende Körper oder das Teil des Tiers der Kategorie 2 zuzuordnen, weil es eben nicht mehr Material der Kategorie 3 sein kann, aber auch nicht solches der Kategorie 1 ist, (vgl. Art. 9 f) und h) der Verordnung). Die Verwendung des Imperfekts in Art. 10 b) Buchstabe i) verweist daher nicht auf die Schlachttieruntersuchung zurück, sondern drückt die Selbstverständlichkeit aus, dass zunächst das Ergebnis der Untersuchung feststehen muss, bevor eine Zuordnung zu einer Kategorie erfolgen kann. |
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| 2. Der Auffassung der Klägerin, eine solche Zuordnung zu Kategorien könne nur durch Stichproben des amtlichen Tierarztes im Rahmen der Fleischuntersuchung erfolgen, kann nicht gefolgt werden. Die Durchführung der Fleischbeschau ist in der Verordnung (EG) Nr. 854/2004 vom 29.04.2004 geregelt. Nach Art. 5 dieser Verordnung, der die amtliche Überwachung von Frischfleisch regelt, führt nach Ziff. 1 b) und d) der Vorschrift der amtliche Tierarzt in Schlachthöfen, die frisches Fleisch in Verkehr bringen, Inspektionen u.a. in Bezug auf die Schlachttieruntersuchung und die Fleischuntersuchung durch. Nach Ziff. 3 des Art. 5 trifft er u.a. Entscheidungen bezüglich Fleisch. Nach Ziff. 4 des Art. 5 können amtliche Fachassistenten den amtlichen Tierarzt bei der amtlichen Überwachung nach Anhang I Abschnitte I und II in der in Anhang I Abschnitt III Kapitel I dargestellten Weise unterstützen. Nach Anhang I Abschnitt I Kapitel II Buchstabe D gehört zu den Inspektionsaufgaben die Fleischuntersuchung. Nach Ziff. 1. dieser Vorschrift sind die Schlachtkörper und die dazugehörigen Nebenprodukte der Schlachtung unverzüglich nach der Schlachtung einer Fleischuntersuchung zu unterziehen. Alle äußeren Oberflächen sind zu begutachten. Dabei können eine geringfügige Handhabung der Schlachtkörper und der Nebenprodukte der Schlachtung oder besondere technische Vorrichtungen erforderlich sein. Besonderes Augenmaß muss dabei Zoonosen und Krankheiten gelten, die Gegenstand tierseuchenrechtlicher Vorschriften der Europäischen Union sind. Die Geschwindigkeit der Schlachtlinie und die Zahl des anwesenden Inspektionspersonals müssen eine ordnungsgemäße Untersuchung erlauben. |
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| Es fällt auf, dass an dieser Stelle nicht wie sonst häufig im Anhang I der Verordnung 854/2004 vom amtlichen Tierarzt, sondern vom „Inspektionspersonal“ die Rede ist. Aus Abschnitt III Kapitel I des Anhangs I zur Verordnung (EG) Nr. 854/2004 geht hervor, warum: Danach dürfen amtliche Fachassistenten den amtlichen Tierarzt bei allen Aufgaben unterstützen, wobei u. a. folgende Einschränkung gilt: „3. bei der Fleischuntersuchung muss der amtliche Tierarzt die Arbeit der amtlichen Fachassistenten regelmäßig überprüfen und bei Tieren, die außerhalb des Schlachthofs notgeschlachtet wurden, die Untersuchung persönlich durchführen.“ Hieraus wird deutlich, dass die Fleischuntersuchung grundsätzlich vom amtlichen Fachassistenten unter gelegentlicher Aufsicht des Tierarztes durchgeführt wird. Nach Anhang I Abschnitt III Kapitel II 2. b) muss der amtliche Tierarzt bei der Fleischuntersuchung nicht jederzeit anwesend sein, wenn ein amtlicher Fachassistent die Fleischuntersuchung durchführt und jegliches Fleisch, das Anomalitäten aufweist, und alles andere Fleisch desselben Tieres absondert, der amtliche Tierarzt solches Fleisch anschließend untersucht und der amtliche Fachassistent ihr Vorgehen und ihre Befunde so dokumentiert, dass der amtliche Tierarzt sich vergewissern kann, dass die Normen eingehalten werden. Dies bedeutet, dass der amtliche Fachassistent weitgehend selbständig bei der Fleischuntersuchung arbeitet, verdächtiges Material aber dem amtlichen Tierarzt vorlegt. Auch die Entscheidungen bezüglich Fleisch kann der amtliche Fachassistent treffen (Anhang I, Abschnitt II, Kapitel V, 1.). Schließlich ist spezifisch für Geflügel im Anhang I Abschnitt IV Kapitel V B. 1. die Fleischuntersuchung nach den Abschnitten I und III vorgeschrieben und darüber hinaus, dass der amtliche Tierarzt persönlich a) eine tägliche Besichtigung der Eingeweide und Leibeshöhlen einer repräsentativen Stichprobe von Tieren und b) bei jeder Geflügelpartie ein und derselben Herkunft eine eingehende Stichprobenuntersuchung von Teilen von Tieren oder von ganzen Tieren, deren Fleisch bei der Untersuchung für genussuntauglich erklärt wurde, durchführt. Letztere Stichproben, auf die die Klägerin alleine abstellen will, dienen wesentlich der Zustandsbeurteilung einer ganzen Partie von geschlachtetem Geflügel. Wichtig für die Frage der Kategorienzuordnung sind aber die Ergebnisse aller durchgeführten Untersuchungen, da die Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 infektiöses Material in Nebenprodukten der Kategorie 3 vermeiden will. Daher muss auch der amtliche Fachassistent für die Aussonderung solchen Materials sorgen. |
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| Es ergibt sich, dass sich die Tätigkeit der amtlichen Fachassistenten keineswegs auf eine Durchführung von Untersuchungen beschränkt, sondern ihnen auch erlaubt, Konsequenzen aus dem Untersuchungsergebnis zu ziehen, insbesondere auch die Zuordnung der tierischen Nebenprodukte zu den Kategorien zu überwachen. Hierbei ist grundsätzlich der Unternehmer für die richtige Zuordnung der Nebenprodukte zu den Kategorien der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 verantwortlich, das amtliche Personal agiert im Rahmen der Kontrolle. Der amtliche Tierarzt hat die Oberaufsicht, trifft aber keineswegs alle notwendigen Entscheidungen. Zutreffend weist das beklagte Land darauf hin, dass die Fachassistenten für die Durchführung ihrer Aufgaben hinreichend und spezifisch ausgebildet sind (geregelt in Anhang I Abschnitt III Kapitel IV Buchstabe b) der Verordnung (EG) Nr. 854/2004). |
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| 3. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es bei der Fleischuntersuchung immer nur darauf ankommt, ob Anzeichen von auf Mensch oder Tier übertragbaren Krankheiten aufgetreten sind. Das heißt, lediglich der Verdacht, nicht aber der Nachweis einer solchen Krankheit ist Voraussetzung für die Verwerfung als Material der Kategorie 2. Auch dies wird in dem Feststellungsantrag der Klägerin verkannt. |
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| Die Berufung war gem. §§ 124 Abs. 2 Nr.3, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, denn die Frage der Befugnis der amtlichen Fachassistenten zur Verwerfung von Nebenprodukten der Schlachtung hat grundsätzliche Bedeutung. |
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| Auf diesen Betrag schätzt die Kammer die finanziellen Einbußen der Klägerin, die sie durch die vom Landratsamt verlangte Verfahrensweise bei der Geflügelschlachtung und bei der Einstufung der tierischen Nebenprodukte erleidet. |
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