Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 20. Okt. 2006 - 9 K 790/06

bei uns veröffentlicht am20.10.2006

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Antragsteller, die in von ihnen angemieteten Räumen mit einer Fläche von etwa 60 m² ein Wettbüro betreiben, erstreben im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine baurechtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.02.2006, mit der ihnen unter Anordnung des Sofortvollzugs die Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten als Wettbüro untersagt wird.
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 5 VwGO zulässig, jedoch nicht begründet.
Bei der vom Gericht zu treffenden Ermessensentscheidung, ob die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen die von der Antragsgegnerin für sofort vollziehbar erklärte Nutzungsuntersagung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.02.2006 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederhergestellt werden soll, kommt es in der Regel auf eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der angeordneten sofortigen Vollziehung mit dem Individualinteresse der Antragsteller, vorläufig vom Vollzug der Nutzungsuntersagung verschont zu bleiben, an. Im Rahmen dessen sind die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs ein wesentliches Kriterium. Erweist sich daher der Widerspruch als wahrscheinlich erfolgreich, so wird dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in der Regel zu entsprechen sein. Erweist er sich hingegen als wahrscheinlich aussichtslos, so kann auch der Eilantrag regelmäßig keinen Erfolg haben.
Im vorliegenden Fall wird der Widerspruch nach der in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben. Die Interessenabwägung führt daher zur Ablehnung des Eilantrags.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung (Nr. 2.3 des Bescheides vom 20.02.2006) ist formell ordnungsgemäß ergangen, denn sie ist besonders verfügt (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO). Auch ist das besondere öffentliche Interesse an der Vollziehung schriftlich begründet worden (§ 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO). Die Antragsgegnerin hat den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen damit begründet, dass das Wettbüro vor allem bei Jugendlichen auf großes Interesse stoße, die Betreiber jedoch nicht in der Lage oder nicht willens seien, die Altersgrenze von 18 Jahren zum Eintritt in das Wettbüro zu beachten. Das Wettbüro werde auch ohne die erforderliche baurechtliche Genehmigung betrieben. Das Genehmigungserfordernis verliere seine Bedeutung, wenn die Nutzung bereits ohne Genehmigung zum Vorteil der Betreiber ausgeübt werde, obwohl im vorliegenden Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Nutzungsänderung von einem Ladengeschäft in ein Wettbüro nicht genehmigt werden könne. Damit ist ein besonderes Vollzugsinteresse in ausreichender Weise dargelegt.
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist die Anordnung des Sofortvollzugs nicht zu beanstanden. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung überwiegt das private Interesse der Antragsteller, vorläufig bis zur Entscheidung über die Hauptsache das Wettbüro weiter betreiben zu können. Denn aus gegenwärtiger Sicht ist davon auszugehen, dass die Nutzungsuntersagung zu Recht erfolgt ist und es daher gerechtfertigt erscheint, die baurechtswidrige Nutzung der Räumlichkeiten sofort zu unterbinden.
Rechtsgrundlage für die erlassene Nutzungsuntersagung ist § 65 Satz 2 LBO. Werden danach Anlagen im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, so kann diese Nutzung untersagt werden. Die Räumlichkeiten, deren Nutzung als Ladengeschäft am 01.12.1978 genehmigt wurde, werden nun als Wettbüro genutzt. Im vorliegenden Fall dürfte eine Genehmigung der Nutzungsänderung erforderlich sein, da die Umwandlung des früheren Ladengeschäfts in ein Wettbüro geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen auszulösen. Ein Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften nach der oben genannten Vorschrift über die Nutzungsuntersagung setzt im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 GG voraus, dass die Nutzung nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2002 - 5 S 149/01 -, GewArch 2003, 496, sowie Beschluss vom 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, VBlBW 1996, 300). Die bloß formelle Baurechtswidrigkeit, die von einigen Gerichten allein oder beim Vorliegen besonderer Konstellationen für ausreichend erachtet wird (vgl. dazu die zitierte Rechtsprechung bei Sauter, LBO, Stand: Januar 2006, § 65 Rdnr. 100), vermag eine Nutzungsuntersagung wohl nicht zu rechtfertigen. Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der die Kammer folgt, kann die auf Dauer bestimmte, endgültige Untersagung der Nutzung einer baulichen Anlage mit Rücksicht auf Art. 14 GG nicht mit der bloßen formellen Rechtswidrigkeit dieser Nutzung begründet werden (Beschluss vom 22.11.1996, VBlBW 1996, 300). Die davon abweichende Ansicht des 5. Senats in seinem Urteil vom 22.09.1989 (5 S 3086/88, NVwZ 1990, 480), dass eine Nutzungsuntersagung wegen formeller Baurechtswidrigkeit dann in Betracht kommen kann, wenn die Feststellung der materiellen Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens Schwierigkeiten bereitet, weil hierfür noch weitere Ermittlungen erforderlich sind und die geänderte Nutzung für die städtebauliche Ordnung oder die Nachbarschaft erhebliche Nachteile zur Folge haben könne, dürfte hier nicht relevant sein, da im Hinblick auf die hier verfahrensgegenständliche Nutzungsänderung wohl keine weiteren grundlegenden Ermittlungen in baurechtlicher Hinsicht notwendig sind. Im vorliegenden Fall dürfte daher für die Anordnung einer Nutzungsuntersagung allein die formelle Illegalität nicht ausreichend sein.
Die Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten als Wettbüro kommt aber aller Voraussicht nach auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht in Betracht. Sie ist zudem wohl auch seit Beginn der Nutzung zu keinem Zeitpunkt rechtlich zulässig gewesen. Nach dem aktuellen Bebauungsplan „Marktplatz / Innenstadt II“ vom 15.12.2005 sind Vergnügungsstätten nicht zulässig. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Antragsteller in den von ihnen gemieteten Räumen mit dem Wettbüro eine Vergnügungsstätte betreiben. Ein Kennzeichen von Vergnügungsstätten ist, dass bei diesen in unterschiedlicher Ausprägung die kommerzielle Unterhaltung der Kunden (Besucher) im Vordergrund steht. In den angemieteten Räumen war bisher ein Ladengeschäft eingerichtet. Im Unterschied zu einem Ladengeschäft, in dem Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, kommt es den Besuchern eines Wettbüros typischerweise nicht auf die bloße Auswahl und den Erwerb eines Produktes an. Anders als etwa in Lotto- und Toto-Annahmestellen, die an eine Verkaufsstelle angegliedert sind, will der typische Besucher eines Wettbüros eben nicht nur die Wette einreichen und einen eventuellen Gewinn kassieren. Der Reiz des Besuchs eines Wettbüros besteht zu einem wesentlichen Anteil darin, sich dort aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Weise zu nutzen. Wettbüros ziehen daher ähnlich wie Spielhallen oder Geschäfte mit erotischer Ausrichtung und abweichend von Lotto- und Toto-Annahmestellen ein anderes Publikum an als ein Ladengeschäft (vgl. VG Minden, Beschluss vom 10.02.2006 - 1 L 69/06 - unter Hinweis auf den sogenannten „Trading-down-Effekt“: VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.05.2005 - 3 S 1524/04 -, BauR 2005, 1892). Die Einrichtung der Räumlichkeiten ist im konkreten Fall auch zum Verweilen eingerichtet, wie dies den in der Behördenakte befindlichen Fotos zu entnehmen ist. Danach befindet sich in den als Wettbüro eingerichteten Räumen ein großer Bildschirm, auf dem etwa Fußballspiele oder Pferderennen verfolgt werden können, sowie zumindest ein Spielgerät. Weiterhin sind auf den Fotos verschiedene Tische und Stühle sowie ein Tresen zu sehen. Damit dürfte in dem Wettbüro eine nach dem aktuellen Bebauungsplan „Marktplatz / Innenstadt II“ unzulässige Vergnügungsstätte zu sehen sein.
Auch seit Beginn dieser Nutzung im August 2005 dürfte sie zu keinem Zeitpunkt bauplanungsrechtlich zulässig gewesen sein. Aus gegenwärtiger Sicht ist allerdings davon auszugehen, dass die am 07.12.2004 vom Gemeinderat beschlossene zweite Verlängerung der Veränderungssperre für den Bereich des Bebauungsplans „Marktplatz / Innenstadt II“ keinen rechtlichen Bestand haben dürfte. Denn nach § 17 Abs. 2 BauGB kann die Gemeinde die Frist, nach der die Veränderungssperre außer Kraft tritt, um ein weiteres Jahr nochmals verlängern, wenn besondere Umstände es erfordern. Derartige besondere Umstände für eine zweite Fristverlängerung im Sinne von § 17 Abs. 2 BauGB liegen aber nur vor, wenn ein Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet ist, die sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Bei dieser Ungewöhnlichkeit kann es sich um Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrads oder des Verfahrensablaufs handeln. Notwendig ist aber ein ursächlicher Zusammenhang. Gerade die Ungewöhnlichkeit des Falles muss ursächlich dafür sein, dass die Aufstellung des Planes mehr als die übliche Zeit erfordert. Hinzu kommen muss außerdem, dass die jeweilige Gemeinde, die die Verzögerung verursachenden Ungewöhnlichkeiten nicht zu vertreten hat. Vertreten muss eine Gemeinde insoweit jedes ihr vorwerfbare Verhalten, wobei davon ausgegangen werden kann, dass Mängel, die in der Sphäre der Gemeinde auftreten, auf deren Fehlverhalten zurückzuführen sind. Das Erfordernis, dass besondere Umstände vorliegen müssen, setzt mit dem Ablauf des dritten Sperrjahres ein und steigert sich im Maß des Zeitablaufs (vgl. schon BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 - IV C 39.74 -, NJW 1977, 400 sowie aktuell VGH Bad.-Württ., Urteil vom 03.03.2005 - 3 S 1998/04 -, VBlBW 2006, 144). Die vermeintliche Notwendigkeit der weiteren Verlängerung der Veränderungssperre wird seitens der Antragsgegnerin in der Sitzungsvorlage für die Gemeinderatssitzung am 07.12.2004 damit begründet, dass in Rücksprache mit dem Landratsamt über Begründung und Inhalt des Bebauungsplans deutlich geworden sei, dass bei einem großflächigen Verbot von Vergnügungsstätten in allgemeiner Form ohne weitere Spezifizierung keine gesamte städtebauliche Begründung möglich sei. Die Begründung sei auf die verschiedenartig geprägten Stadtquartiere aufzuteilen. Aus dieser Begründung wird nicht deutlich, weshalb bis Dezember 2004 für die Antragsgegnerin keine städtebauliche Begründung für das Verbot von Vergnügungsstätten bei entsprechender Konzentrierung ihrer Verwaltungskraft möglich gewesen ist und inwiefern die Verzögerung auf Umstände zurückzuführen ist, die sie nicht zu vertreten hat. Aus gegenwärtiger Sicht ist daher davon auszugehen, dass die weitere Verlängerung der Veränderungssperre im Dezember 2004 rechtswidrig gewesen ist.
10 
Aber auch unter Berücksichtigung der bisher gültigen Bauleitplanung für das Stadtquartier, in dem das Wettbüro liegt, kommt wohl eine Nutzungsänderung in der beabsichtigten Weise nicht in Betracht. Nach dem Bebauungsplan „Marktplatz / Innenstadt“ vom April 1984 sind in dem dort festgesetzten Mischgebiet Vergnügungsstätten wie etwa Spielhallen, Kinos, Striptease-Lokale, Discotheken und Gastwirtschaften mit discoähnlichem Betrieb ausgeschlossen. Nach Angaben der Antragsgegnerin befindet sich im Geltungsbereich dieses Bebauungsplans auch keine Spielhalle. Die von Antragstellerseite erwähnte Vergnügungsstätte liegt in einem anderen Plangebiet, das jetzt vom neuen Bebauungsplan „Marktplatz / Innenstadt II“ zwar umfasst ist, im Gegensatz zum verfahrensgegenständlichen Wettbüro jedoch in seinem Bestand geschützt ist. Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die bisherigen und gegenwärtigen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen die europarechtlich bestehende Dienstleitungsfreiheit nicht unzulässigerweise beeinträchtigt.
11 
Da die Nutzung der Räumlichkeiten als Wettbüro somit im Widerspruch zu bauplanungsrechtlichen Vorschriften stand und dieser Widerspruch auch weiterhin besteht, so ist grundsätzlich das Ermessen für die Untersagung dieser Nutzung eröffnet. Im vorliegenden Fall ist dabei derzeit zu Grunde zu legen, dass die Antragsteller wegen der Nutzung der angemieteten Räumlichkeiten als Wettbüro bis zur Untersagungsverfügung vom 20.02.2006 mit der Antragsgegnerin nicht in Kontakt getreten sind. Sie haben auch eine schriftliche Anfrage der Antragsgegnerin vom 04.11.2005 unbeantwortet gelassen. Bei der Ermessensausübung konnte daher eine Auseinandersetzung mit Argumenten von Antragstellerseite oder gar mit einem formulierten Nutzungsänderungsantrag nicht stattfinden. Bei der Begründung für den Sofortvollzug, die in ihrer Substanz auch für die Grundentscheidung gilt, wurde auf die Notwendigkeit des Jugendschutzes abgestellt. Ferner wurde geprüft, ob statt der Nutzungsuntersagung eine nachträgliche Genehmigung hätte in Betracht kommen können, was letztlich ausgeschlossen wurde. Die auf Grund dessen im Ermessenswege getroffene Entscheidung, die Nutzung des Wettbüros zu untersagen, ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.
12 
Der Antrag hat daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO keinen Erfolg. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Zu Grunde gelegt wurde der Mindestbetrag des gewerblichen Jahresgewinns in Höhe von 15.000,00 EUR (vgl. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004, dort Nr. 9.4 und Nr. 54.2.1), der wegen des Eilverfahrens zu halbieren war.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Baugesetzbuch - BBauG | § 17 Geltungsdauer der Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist

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Tenor Die Verlängerung der Veränderungssperre für das Gebiet „Gewerbegebiet Nord“ der Gemeinde N. vom 21. Juli 2004 wird für unwirksam erklärt. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens. Die Revision wird nicht zugela
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Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Oktober 2006 - 9 K 790/06 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das B

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

Tenor

Die Verlängerung der Veränderungssperre für das Gebiet „Gewerbegebiet Nord“ der Gemeinde N. vom 21. Juli 2004 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Normenkontrollverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verlängerung der Geltungsdauer einer Veränderungssperre.
Am 22.8.2001 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Änderung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Nord“ mit dem Ziel, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben und Verbrauchermärkten sowie Anlagen für sportliche Zwecke zu schaffen, und eine Satzung über eine Veränderungssperre. Beides wurde in der Rathausrundschau vom 24.8.2001 öffentlich bekannt gemacht.
Am 23.7.2003 beschloss der Gemeinderat die Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein Jahr. Dieser Beschluss wurde in der Rathausrundschau vom 15.8.2003 öffentlich bekannt gemacht.
Am 21.7.2004 beschloss der Gemeinderat die Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein weiteres Jahr, weil „auf Grund der urlaubsbedingten Abwesenheit und der bekannten Belastungssituation des stellvertretenden Bauamtsleiters Herrn W. noch nicht in die detaillierte Sachbearbeitung eingestiegen werden konnte“.
Am 25.8.2004 stellte die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag. Sie macht geltend, sie sei Eigentümerin des Grundstücks G1, das im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Nord“ liege. An dem Beschluss des Gemeinderats vom 21.7.2004 hätten zwei Mitglieder des Gemeinderats mitgewirkt, die wegen Besorgnis der Befangenheit weder beratend noch beschließend hätten mitwirken dürfen. Es handle sich dabei um Herrn B. S., der Inhaber des Fotostudios S. im Ortskern sei, sowie um Herrn W. H., der Inhaber der Firma F. O. by H. sei. Durch die beabsichtigte Verhinderung der Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Nord“ entstünden den beiden im Ortskern ansässigen Einzelhändlern Vorteile. Beide Gemeinderatsmitglieder profitierten unmittelbar von dem Satzungsbeschluss, da dadurch die Konkurrenz in N. beschränkt werde. Der Schutz der im Ortskern gelegenen Betriebe sei gerade bezweckt. Es liege auch kein Fall des § 18 Abs. 3 GemO vor, denn die Entscheidung berühre nicht nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für die zweite Verlängerung einer Veränderungssperre lägen nicht vor, da besondere Umstände nicht gegeben seien. Das lange Zuwarten dürfe auch nicht damit begründet werden, dass eine Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen abgewartet werden sollte, denn diese Entscheidung sei am 4.5.2004 ergangen. Die Antragsgegnerin hätte die gesamte ihr zur Verfügung stehende Verwaltungskraft und die notwendige Umsicht aufwenden und in intensiver Bearbeitung das Bebauungsplanverfahren betreiben müssen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass dem unmittelbar angrenzend an das Bebauungsplangebiet gelegenen Betrieb B. B., der dort ein F.-O.Center betreibe, eine Baugenehmigung innerhalb des Plangebiets für eine Vielzahl von Stellplätzen erteilt worden sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die am 21.7.2004 beschlossene zweite Verlängerung der Veränderungssperre für das Gebiet „Gewerbegebiet Nord“ der Gemeinde N. für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzuweisen.
10 
Zur Begründung macht sie geltend, der Normenkontrollantrag gegen die zweite Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre sei unbegründet. Bezüglich der geltend gemachten Befangenheit von zwei Gemeinderatsmitgliedern im Sinne von § 18 GemO fehle es an der Unmittelbarkeit eines Vor- oder Nachteils. Auf der Ebene des Satzungsbeschlusses über die Verlängerung der Veränderungssperre hätten die von der Antragstellerin genannten Mitglieder des Gemeinderats keinen unmittelbaren Vorteil ziehen können. In diesem Zusammenhang sei nicht darüber entschieden worden, welche Einzelhandelswarensortimente ausgeschlossen werden sollten. Jedenfalls liege ein Fall des § 18 Abs. 3 GemO vor. Auch die in § 17 Abs. 2 BauGB genannten besonderen Umstände für die Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein weiteres Jahr lägen vor. Die Antragsgegnerin hätte entsprechend den Vorgaben des Einzelhandelserlasses des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg vom 21.2.2001 ein Einzelhandelskonzept entwickeln müssen. Eine Abarbeitung der notwendigen Bestandsaufnahme sei vor dem Jahr 2005 nicht möglich gewesen. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass der bisherige Bauamtsleiter Herr H. seit Dezember 2002 arbeitsunfähig gewesen und im April 2004 verstorben sei. Die Stelle habe erst zum 1.10.2004 wieder besetzt werden können. Der stellvertretende Bauamtsleiter Herr W. sei personell nicht in der Lage gewesen, die Vorarbeiten für die Bebauungsplanänderung schneller voranzubringen. Hinzu sei ein Wechsel im Amt des Bürgermeisters gekommen. Wegen der Erkrankung und der personellen Engpässe innerhalb der Gemeinde sei ein schnelleres Arbeiten nicht möglich gewesen. Der Hinweis auf die Stellplätze der Firma B. B. gehe fehl, da es dabei um die Schaffung dringend erforderlicher Stellplätze für einen bereits bestehenden Betrieb gegangen sei und nicht um eine Beschränkung von Warensortimenten.
11 
Dem Senat lagen die Unterlagen der Antragsgegnerin bezüglich der Änderung des Bebauungsplans „Gewerbegebiet Nord“ und der verschiedenen Satzungen über die Veränderungssperre vor.

Entscheidungsgründe

 
12 
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet.
13 
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin gem. § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, denn sie ist Eigentümerin eines Grundstücks, das von der Veränderungssperre erfasst wird.
14 
Der Antrag ist auch begründet. Die zweite Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 22.8.2001 für das Plangebiet „Gewerbegebiet Nord“ der Antragsgegnerin vom 21.7.2004 ist unwirksam.
15 
Der Satzungsbeschluss vom 21.7.2004 leidet allerdings nicht an einem formellen Mangel, denn die von der Antragstellerin benannten Mitglieder des Gemeinderats waren nicht befangen im Sinne von § 18 Abs. 1 GemO. Nach dieser Vorschrift darf ein Mitglied des Gemeinderats weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder bestimmten anderen Personen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Mitglied des Gemeinderats auf Grund der Beziehung zum Gegenstand der Entscheidung ein individuelles Sonderinteresse an der Entscheidung hat, welches von der Beschlussfassung gezielt betroffen wird. Die tatsächliche Verschaffung eines unmittelbaren Vorteils oder Nachteils in diesem Sinne ist nicht erforderlich. Es genügt die konkrete Eignung des Beschlussgegenstands hierzu. Die Möglichkeit eines Sonderinteresses muss nicht direkt aus der Entscheidung folgen. Sind weitere Entscheidungen erforderlich, kommt es darauf an, inwieweit die vorangegangene Entscheidung die nachfolgende festlegt. Es ist Zweck der Befangenheitsvorschriften des § 18 GemO, die auf einen Ausgleich öffentlicher und privater Interessen beruhenden Entscheidungen des Gemeinderats von individuellen Sonderinteressen freizuhalten und damit zugleich das Vertrauen der Bürger in eine am Wohl der Allgemeinheit orientierte und unvoreingenommene Kommunalverwaltung zu stärken (vgl. Urteile des Senats vom 25.10.1983 - 3 S 1221/83 -, VBlBW 1985, 21 und vom 8.8.1990 - 3 S 2948/89 -).
16 
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die beiden von der Antragstellerin benannten Gemeinderäte sind Inhaber von Einzelhandelsbetrieben im Zentrum der Antragsgegnerin. Ziel der durch die angegriffene Veränderungssperre gesicherten Bauleitplanung ist in erster Linie der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in dem Gewerbegebiet. Dies kann zwar dazu führen, dass dadurch die Ansiedlung von Konkurrenzbetrieben zu den bestehenden Einzelhandelsbetrieben der benannten Gemeinderatsmitglieder im „Gewerbegebiet Nord“ verhindert wird. Dies führt jedoch zu keinem unmittelbaren Vorteil, denn die Umsatz- und Gewinnchancen der bestehenden Einzelhandelsbetriebe hängen von einer Vielzahl struktureller (Betriebsstandort, Betriebsgröße) und wirtschaftlicher (Preis-Leistungs-Verhältnis, Service, Warenangebot) Gegebenheiten ab. Die mögliche Verhinderung eines Konkurrenzbetriebs in einem bestimmten Gewerbegebiet führt nicht zwangsläufig zu einer unmittelbaren Verbesserung der Erwerbschancen eines bestehenden Betriebs, zumal im Zeitpunkt der Verlängerung der Veränderungssperre noch nicht abzusehen ist, welches Warensortiment im Gewerbegebiet ausgeschlossen werden soll. Damit war im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderats nicht absehbar, welche bestehenden Einzelhandelsbetriebe auf der Gemarkung der Antragsgegnerin durch die in Aussicht genommene Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplans einen wirtschaftlichen Vorteil erreichen können.
17 
Der Befangenheit der benannten Gemeinderäte steht auch § 18 Abs. 3 GemO entgegen. Danach gilt § 18 Abs. 1 GemO nicht, wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt. Das durch die Veränderungssperre betroffene Sonderinteresse der von der Antragstellerin bezeichneten Gemeinderäte hebt sich von dem allgemeinen Gruppeninteresse der Einzelhändler der Antragsgegnerin nicht deutlich ab, denn alle Einzelhändler müssen zumindest in Teilbereichen ihrer Sortimente mit Umsatzeinbußen rechnen, die ihnen durch die Konkurrenz eines in einem Gewerbegebiet angesiedelten Einzelhandelsbetriebs erwächst. Das Auftreten neuer Konkurrenz für den vorhandenen Einzelhandel fällt unter den Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 3 GemO. Dies wäre nur anders zu sehen, wenn auf Grund der Entscheidung über die Änderung des Bebauungsplans und der Veränderungssperre gewissermaßen gezielt eine marktbeherrschende Stellung des innerörtlichen Einzelhandels bedroht wäre (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.1.1986 - 1 S 2009/85 -). Dies ist im Gegensatz zu dem dort entschiedenen Fall nicht gegeben.
18 
Der Antrag der Antragstellerin ist jedoch deshalb begründet, weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für eine zweite Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde die Geltungsdauer der Veränderungssperre bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern, wenn besondere Umstände es erfordern. Besondere Umstände in diesem Sinne liegen nur vor, wenn ein Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet ist, die sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Bei dieser Ungewöhnlichkeit kann es sich um Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrads oder des Verfahrensablaufs handeln. Notwendig ist weiterhin ein ursächlicher Zusammenhang. Gerade die Ungewöhnlichkeit des Falles muss ursächlich dafür sein, dass die Aufstellung des Planes mehr als die übliche Zeit erfordert. Hinzu kommen muss außerdem, dass die jeweilige Gemeinde die die Verzögerung verursachenden Ungewöhnlichkeiten nicht zu vertreten hat. Vertreten muss eine Gemeinde insoweit jedes ihr vorwerfbare Fehlverhalten, wobei im Allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass Mängel, die in der Sphäre der Gemeinde auftreten, auf deren Fehlverhalten zurückzuführen sind. Das Erfordernis, dass besondere Umstände vorliegen müssen, setzt mit dem Ablauf des dritten Sperrjahres ein und steigert sich im Maß des Zeitablaufs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 - = NJW 1977, 400; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.1994 - 8 S 2252/94 -, UPR 1995, 278; OVG Lüneburg, Urteil vom 5.12.2001 - 1 K 2682/98 - = BRS 64 Nr. 112).
19 
Solche besonderen Umstände für die Verzögerung der Planung liegen hier nicht vor. Für die Dauer der Planung ist hier von Bedeutung, dass die durch die Veränderungssperre zu sichernde Planung lediglich die Änderung eines bestehenden Bebauungsplans betrifft und nicht etwa eine völlige Neubeplanung eines bisher unbeplanten Bereichs. Ziel der Planänderung ist nach dem entsprechenden Änderungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 22.8.2001 allein die Schaffung planungsrechtlicher Voraussetzungen für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, Verbrauchermärkten und Anlagen für sportliche Zwecke in einem vorhandenen Gewerbegebiet. Auch unter Berücksichtigung der Größe des Plangebiets wäre es bei zügiger Planungstätigkeit der Antragsgegnerin möglich gewesen, die beabsichtigten Brancheneinschränkungen innerhalb der üblichen Geltungsfrist einer Veränderungssperre von drei Jahren festzulegen. Soweit die Planungsdauer dadurch verlängert worden ist, dass die Antragsgegnerin mehrere Bebauungspläne gleichzeitig mit dem Ziel ändern will, bestimmte Einzelhandelsbetriebe in Gewerbegebieten auszuschließen, liegt dies ausschließlich in der Sphäre der Gemeinde. Dadurch entstehende Verzögerungen sind daher ihr anzulasten. Auch die von der Antragsgegnerin geltend gemachten verwaltungsinternen Schwierigkeiten durch Krankheit und Tod von Mitarbeitern liegen in der Sphäre der Gemeinde. Die Verzögerung des Verfahrens beruht offensichtlich auf einer Entscheidungsschwäche des Gemeinderats. Die Unschlüssigkeit des Satzungsgebers rechtfertigt nicht, eine Planung auch in ihrer das Eigentum belastenden Auswirkung auf Dauer in der Schwebe zu halten.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Gründe

 
12 
Der Antrag der Antragstellerin ist zulässig und begründet.
13 
Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist die Antragstellerin gem. § 47 Abs. 2 S. 1 VwGO antragsbefugt, denn sie ist Eigentümerin eines Grundstücks, das von der Veränderungssperre erfasst wird.
14 
Der Antrag ist auch begründet. Die zweite Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre vom 22.8.2001 für das Plangebiet „Gewerbegebiet Nord“ der Antragsgegnerin vom 21.7.2004 ist unwirksam.
15 
Der Satzungsbeschluss vom 21.7.2004 leidet allerdings nicht an einem formellen Mangel, denn die von der Antragstellerin benannten Mitglieder des Gemeinderats waren nicht befangen im Sinne von § 18 Abs. 1 GemO. Nach dieser Vorschrift darf ein Mitglied des Gemeinderats weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung einer Angelegenheit ihm selbst oder bestimmten anderen Personen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Mitglied des Gemeinderats auf Grund der Beziehung zum Gegenstand der Entscheidung ein individuelles Sonderinteresse an der Entscheidung hat, welches von der Beschlussfassung gezielt betroffen wird. Die tatsächliche Verschaffung eines unmittelbaren Vorteils oder Nachteils in diesem Sinne ist nicht erforderlich. Es genügt die konkrete Eignung des Beschlussgegenstands hierzu. Die Möglichkeit eines Sonderinteresses muss nicht direkt aus der Entscheidung folgen. Sind weitere Entscheidungen erforderlich, kommt es darauf an, inwieweit die vorangegangene Entscheidung die nachfolgende festlegt. Es ist Zweck der Befangenheitsvorschriften des § 18 GemO, die auf einen Ausgleich öffentlicher und privater Interessen beruhenden Entscheidungen des Gemeinderats von individuellen Sonderinteressen freizuhalten und damit zugleich das Vertrauen der Bürger in eine am Wohl der Allgemeinheit orientierte und unvoreingenommene Kommunalverwaltung zu stärken (vgl. Urteile des Senats vom 25.10.1983 - 3 S 1221/83 -, VBlBW 1985, 21 und vom 8.8.1990 - 3 S 2948/89 -).
16 
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die beiden von der Antragstellerin benannten Gemeinderäte sind Inhaber von Einzelhandelsbetrieben im Zentrum der Antragsgegnerin. Ziel der durch die angegriffene Veränderungssperre gesicherten Bauleitplanung ist in erster Linie der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben in dem Gewerbegebiet. Dies kann zwar dazu führen, dass dadurch die Ansiedlung von Konkurrenzbetrieben zu den bestehenden Einzelhandelsbetrieben der benannten Gemeinderatsmitglieder im „Gewerbegebiet Nord“ verhindert wird. Dies führt jedoch zu keinem unmittelbaren Vorteil, denn die Umsatz- und Gewinnchancen der bestehenden Einzelhandelsbetriebe hängen von einer Vielzahl struktureller (Betriebsstandort, Betriebsgröße) und wirtschaftlicher (Preis-Leistungs-Verhältnis, Service, Warenangebot) Gegebenheiten ab. Die mögliche Verhinderung eines Konkurrenzbetriebs in einem bestimmten Gewerbegebiet führt nicht zwangsläufig zu einer unmittelbaren Verbesserung der Erwerbschancen eines bestehenden Betriebs, zumal im Zeitpunkt der Verlängerung der Veränderungssperre noch nicht abzusehen ist, welches Warensortiment im Gewerbegebiet ausgeschlossen werden soll. Damit war im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderats nicht absehbar, welche bestehenden Einzelhandelsbetriebe auf der Gemarkung der Antragsgegnerin durch die in Aussicht genommene Änderung der Festsetzungen des Bebauungsplans einen wirtschaftlichen Vorteil erreichen können.
17 
Der Befangenheit der benannten Gemeinderäte steht auch § 18 Abs. 3 GemO entgegen. Danach gilt § 18 Abs. 1 GemO nicht, wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt. Das durch die Veränderungssperre betroffene Sonderinteresse der von der Antragstellerin bezeichneten Gemeinderäte hebt sich von dem allgemeinen Gruppeninteresse der Einzelhändler der Antragsgegnerin nicht deutlich ab, denn alle Einzelhändler müssen zumindest in Teilbereichen ihrer Sortimente mit Umsatzeinbußen rechnen, die ihnen durch die Konkurrenz eines in einem Gewerbegebiet angesiedelten Einzelhandelsbetriebs erwächst. Das Auftreten neuer Konkurrenz für den vorhandenen Einzelhandel fällt unter den Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 3 GemO. Dies wäre nur anders zu sehen, wenn auf Grund der Entscheidung über die Änderung des Bebauungsplans und der Veränderungssperre gewissermaßen gezielt eine marktbeherrschende Stellung des innerörtlichen Einzelhandels bedroht wäre (vgl. insoweit VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20.1.1986 - 1 S 2009/85 -). Dies ist im Gegensatz zu dem dort entschiedenen Fall nicht gegeben.
18 
Der Antrag der Antragstellerin ist jedoch deshalb begründet, weil die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für eine zweite Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift kann die Gemeinde mit Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde die Geltungsdauer der Veränderungssperre bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern, wenn besondere Umstände es erfordern. Besondere Umstände in diesem Sinne liegen nur vor, wenn ein Planverfahren durch eine Ungewöhnlichkeit gekennzeichnet ist, die sich von dem allgemeinen Rahmen der üblichen städtebaulichen Planungstätigkeit wesentlich abhebt. Bei dieser Ungewöhnlichkeit kann es sich um Besonderheiten des Umfangs, des Schwierigkeitsgrads oder des Verfahrensablaufs handeln. Notwendig ist weiterhin ein ursächlicher Zusammenhang. Gerade die Ungewöhnlichkeit des Falles muss ursächlich dafür sein, dass die Aufstellung des Planes mehr als die übliche Zeit erfordert. Hinzu kommen muss außerdem, dass die jeweilige Gemeinde die die Verzögerung verursachenden Ungewöhnlichkeiten nicht zu vertreten hat. Vertreten muss eine Gemeinde insoweit jedes ihr vorwerfbare Fehlverhalten, wobei im Allgemeinen davon ausgegangen werden kann, dass Mängel, die in der Sphäre der Gemeinde auftreten, auf deren Fehlverhalten zurückzuführen sind. Das Erfordernis, dass besondere Umstände vorliegen müssen, setzt mit dem Ablauf des dritten Sperrjahres ein und steigert sich im Maß des Zeitablaufs (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.9.1976 - IV C 39.74 - = NJW 1977, 400; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 10.11.1994 - 8 S 2252/94 -, UPR 1995, 278; OVG Lüneburg, Urteil vom 5.12.2001 - 1 K 2682/98 - = BRS 64 Nr. 112).
19 
Solche besonderen Umstände für die Verzögerung der Planung liegen hier nicht vor. Für die Dauer der Planung ist hier von Bedeutung, dass die durch die Veränderungssperre zu sichernde Planung lediglich die Änderung eines bestehenden Bebauungsplans betrifft und nicht etwa eine völlige Neubeplanung eines bisher unbeplanten Bereichs. Ziel der Planänderung ist nach dem entsprechenden Änderungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 22.8.2001 allein die Schaffung planungsrechtlicher Voraussetzungen für den Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben, Verbrauchermärkten und Anlagen für sportliche Zwecke in einem vorhandenen Gewerbegebiet. Auch unter Berücksichtigung der Größe des Plangebiets wäre es bei zügiger Planungstätigkeit der Antragsgegnerin möglich gewesen, die beabsichtigten Brancheneinschränkungen innerhalb der üblichen Geltungsfrist einer Veränderungssperre von drei Jahren festzulegen. Soweit die Planungsdauer dadurch verlängert worden ist, dass die Antragsgegnerin mehrere Bebauungspläne gleichzeitig mit dem Ziel ändern will, bestimmte Einzelhandelsbetriebe in Gewerbegebieten auszuschließen, liegt dies ausschließlich in der Sphäre der Gemeinde. Dadurch entstehende Verzögerungen sind daher ihr anzulasten. Auch die von der Antragsgegnerin geltend gemachten verwaltungsinternen Schwierigkeiten durch Krankheit und Tod von Mitarbeitern liegen in der Sphäre der Gemeinde. Die Verzögerung des Verfahrens beruht offensichtlich auf einer Entscheidungsschwäche des Gemeinderats. Die Unschlüssigkeit des Satzungsgebers rechtfertigt nicht, eine Planung auch in ihrer das Eigentum belastenden Auswirkung auf Dauer in der Schwebe zu halten.
20 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
21 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Sonstige Literatur

 
22 
Rechtsmittelbelehrung
23 
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
24 
Die Beschwerde ist beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Schubertstraße 11, 68165 Mannheim oder Postfach 10 32 64, 68032 Mannheim, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen.
25 
Die Beschwerde muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
26 
In der Begründung der Beschwerde muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
27 
Für das Beschwerdeverfahren besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
28 
Beschluss vom 3. März 2005
29 
Der Streitwert wird gem. § 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
30 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.