Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 10. Okt. 2007 - 9 K 1516/07

bei uns veröffentlicht am10.10.2007

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, auf gegen den Antragsteller zu 1 gerichtete aufenthaltsbeendende Maßnahmen bis 16 Tage nach dem Zeitpunkt zu verzichten, zu dem die im Parallelverfahren 9 K 1389/07 ergangene Entscheidung bei Stattgabe vollzogen, bei Zurückweisung bestandskräftig, oder das Verfahren für in der Hauptsache erledigt erklärt ist.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Der Antrag auf vorläufige Aussetzung der Abschiebung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang ist zulässig, Dies gilt auch, soweit der Antrag neben dem Antragsteller zu 1 von der Antragstellerin zu 2, der Verlobten des Antragstellers zu 1, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, gestellt wurde. Auch sie ist antragsbefugt, die Entscheidung betrifft auch ihre Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 GG.
Der Antrag ist auch begründet. Die Antragsteller haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dies ergibt sich der Absicht der Eheschließung, die - soweit ersichtlich - unmittelbar bevorsteht.
Unter gewissen Voraussetzungen kann in Fällen einer beabsichtigten und unmittelbar bevorstehenden Eheschließung eines Ausländers mit einem deutschen Staatsangehörigen von einer zeitweisen Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen zum Zwecke des Schutzes der Eheschließungsfreiheit eines Ausländers und seiner deutschen Verlobten ausgegangen werden. Insoweit führt der VGH Baden- Württemberg in seinem Beschluss vom 13.11.2001 - 11 S 1848/01- folgendes aus:
„Die Aussetzung einer - grundsätzlich rechtlich zwingend gebotenen - Abschiebung eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers (vgl. § 49 Abs. 1 AuslG) wegen einer beabsichtigten Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen im Bundesgebiet kommt aus Rechtsgründen jedoch nicht allein wegen des Verlöbnisses und auch dann nicht in Betracht, wenn die Eheschließung völlig ungewiss ist. Diese Ungewissheit kann sowohl wegen fehlender formeller (s. dazu insbesondere die §§ 4 ff PStG; vgl. auch VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 24.1.2001 - 11 S 2717/00 -) und/oder materieller Voraussetzungen für die Eheschließung bestehen als auch wegen nicht absehbarer zeitlicher Dauer des Eheschließungsverfahrens, wenn der Standesbeamte aus Gründen, die in den Zurechnungsbereich der Verlobten fallen (vgl. dazu auch SächsOVG, Beschluss vom 20.12.1995, SächsVBl. 1996, 119), einen Termin zur Eheschließung nicht festsetzen kann. Dementsprechend ist anerkannt, dass im Hinblick auf eine beabsichtigte Eheschließung nur dann ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung wegen zeitweiser Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen (§ 55 Abs. 2 AuslG) bestehen kann, wenn im konkreten Einzelfall die Eheschließung im Bundesgebiet unmittelbar bevorsteht (vgl. dazu u.a. VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 18.12.1997 - A 14 S 3451/97 - und vom 24.1.2001 - 11 S 2717/00 -; SächsOVG, Beschluss vom 20.12.1995, SächsVBl. 1996, 119; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 17.8.1999, NVwZ-RR 2000, 641; VG München, Beschluss vom 11.3.1996, InfAuslR 1996, 178; auch Nr. 55.2.3 AuslG-VwV). Insoweit gibt es keine allgemein gültige, feste zeitliche Grenze - etwa sechs bis acht Wochen -; vielmehr ist jeweils unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände im Einzelfall zu entscheiden, ob eine Eheschließung ernsthaft beabsichtigt ist und unmittelbar bevorsteht. Dabei ist in erster Linie der grundrechtliche Schutz der Eheschließungsfreiheit zu beachten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG als wesentlichen Bestandteil das Recht oder die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen; insbesondere soll durch Art. 6 Abs. 1 GG auch der ungehinderte Zugang zur Ehe garantiert und die Eheschließung nicht gefährdet werden. Das Recht der Eheschließungsfreiheit, das weder durch einen Gesetzesvorbehalt noch auf andere Weise beschränkt ist, sowie das daraus erwachsende Recht zur Abwehr staatlicher Behinderungen gelten sowohl für Deutsche wie für Ausländer (vgl. insbesondere BVerfG, Beschlüsse vom 7.10.1970, BVerfGE 29, 166, 175 ff, vom 4.5.1971, BVerfGE 31, 58, 67 ff, und vom 14.11.1973, BVerfGE 36, 146, 161 ff). Diese grundrechtliche Schutzpflicht des Staates aus Art. 6 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Gewährleistung der Eheschließungsfreiheit ist jedoch im Zusammenhang mit der - ebenfalls auf Art. 6 Abs. 1 GG beruhenden - Pflicht zu sehen, eine bereits geschlossene, bestehende Ehe und Familie eines Ausländers mit einem Deutschen bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu berücksichtigen, wie dies regelmäßig durch eine Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Beendigung des Aufenthalts mit den entgegenstehenden privaten Belangen des Ausländers und seines Ehepartners nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen muss (...). Dabei sind jedoch auch die Unterschiede zu berücksichtigen, die sich daraus ergeben, dass eine im Bundesgebiet gelebte eheliche und familiäre Gemeinschaft grundsätzlich auf unbestimmte Dauer angelegt ist, die beabsichtigte Eheschließung aber als zeitlich bestimmbarer Vorgang zunächst lediglich die Grundlage einer danach erst beginnenden ehelichen Lebensgemeinschaft bildet. Diesem Unterschied ist besonders im Hinblick auf einen erstrebten vorläufigen Rechtsschutz in dem - durch den gesetzlichen Sofortvollzug geprägten - Vollstreckungsverfahren der Abschiebung Rechnung zu tragen.
Unter Beachtung dieser rechtlichen Anforderungen ergibt sich für die Beantwortung der Frage, ob eine Eheschließung unmittelbar bevorsteht und deshalb ein Rechtsanspruch auf Duldung nach § 55 Abs. 2 AuslG bestehen kann, dass nach den Umständen des Einzelfalls außer den zeitlichen Anforderungen an eine hinreichende Bestimmbarkeit eines Termins zur Eheschließung besonders die formellen und materiellen Voraussetzungen für die beabsichtigte Eheschließung vorliegen müssen, deren Erfüllung in die Sphäre der Verlobten fällt. Es bedarf im vorliegenden Verfahren keiner abschließenden Beurteilung, ob eine Eheschließung immer dann schon unmittelbar bevorsteht, wenn - wie dies beim Antragsteller zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts der Fall war - das erforderliche Ehefähigkeitszeugnis für den Ausländer vorliegt oder - was ersichtlich in gleicher Weise ausreichend sein soll - dem zuständigen Standesamt sämtliche für die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses erforderlichen Unterlagen vorliegen (so die Regelung in Nr. 18.0.1 AuslG-VwV, auf die in Nr. 55.2.3 AuslG-VwV ausdrücklich verwiesen wird). Im Fall des Antragstellers sprachen jedenfalls die erkennbaren Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts dafür, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine weitere Duldung gegeben waren, nachdem die in die Sphäre der Verlobten fallenden Anforderungen an eine unverzügliche Eheschließung ersichtlich erfüllt waren und sich auch abzeichnete, dass die Minderjährigkeit der deutschen Verlobten des Antragstellers der Eheschließung nicht entgegen stehen würde (vgl. § 1303 BGB).“
An dieser Rechtslage hat sich infolge des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes nichts geändert; auch § 60a Abs. 2 AufenthaltsG sieht - jedenfalls - die Aussetzung der Abschiebung vor, solange die Abschiebung aus rechtlichen Gründen unmöglich ist.
Die nach der zitierten Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen für eine zeitweilige Aussetzung der Abschiebung liegen vor. Denn die Antragsteller dürften - soweit sich dies nach Aktenlage beurteilen lässt - in absehbarer Zeit heiraten; das Gericht hat - wiederum ausgehend von der Aktenlage - auch keine entscheidungserheblichen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Eheschließungswillens der Antragsteller.
Die Antragsteller haben gegenüber dem Standesamt auch alle Erklärungen und Unterlagen vorgelegt, soweit ihnen dies bisher möglich war und in ihrer Macht gestanden hatte. Zwar fehlt noch die Vorlage eines Ausweispapieres zur Einholung der Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisse, die vom Oberlandesgericht S. ausgesprochen werden muss, doch verfügt der Antragsteller zu 1 derzeit selbst nicht über ein solches Papier. Auf einen von den Antragstellern gerichtlich gestellten Antrag wurde jedoch der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom heutigen Tage (VG Sigmaringen - 9 K 1389/07 -) verpflichtet, dem Standesamt eine Kopie des beim Antragsgegner befindlichen Ersatzpapieres zu übersenden. Da mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts - nach Auskunft der zuständigen Standesbeamtin gegenüber dem Gericht - innerhalb von vier bis sechs Wochen nach Übersendung der Unterlagen zu rechnen ist und nach Aktenlage auch nichts erkennbar ist, was gegen die Erteilung der genannten Befreiung sprechen könnte, ist von einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung i.S.d. zitierten Rechtsprechung auszugehen.
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Angesichts der Nachteile, die eine Abschiebung für die Antragsteller hätte (vgl. hierzu den Beschluss im Verfahren 9 K 1389/07) ist auch ein Anordnungsgrund gegeben.
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Der Zeitraum der begehrten Aussetzung der Abschiebung erscheint jedenfalls nicht zu lang, weshalb dem gestellten Antrag in vollem Umfang stattzugeben war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs 2004 (hälftiger Auffangstreitwert).

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,1.über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;2.bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auc

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(1) Die Beurkundungen in einem Personenstandsregister sind nach ihrem Abschluss (§ 3 Abs. 2) in einem weiteren elektronischen Register (Sicherungsregister) zu speichern. (2) Das Sicherungsregister ist wie das Personenstandsregister am Ende des Jahre

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Verwaltungsgericht Sigmaringen Beschluss, 10. Okt. 2007 - 9 K 1389/07

bei uns veröffentlicht am 10.10.2007

Tenor Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Standesamt F. eine beglaubigte Fotokopie des vom indischen Generalkonsulat für den Antragsteller zu 1 ausgestellten Ausweisersatzpapieres (Reisedokuments)
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 05. März 2008 - 11 S 378/08

bei uns veröffentlicht am 05.03.2008

Tenor Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 21. Januar 2008 - 3 K 2706/07 - teilweise geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschie

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Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Standesamt F. eine beglaubigte Fotokopie des vom indischen Generalkonsulat für den Antragsteller zu 1 ausgestellten Ausweisersatzpapieres (Reisedokuments) zu übersenden.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Standesamt F. eine beglaubigte Fotokopie des vom indischen Generalkonsulats für ihn ausgestellten Ausweisersatzpapieres (Reisedokuments) zu übersenden, ist zulässig. Dies gilt auch, soweit der Antrag neben dem Antragsteller zu 1 von der Antragstellerin zu 2, der Verlobten des Antragstellers zu 1, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, gestellt wurde. Auch sie ist antragsbefugt, die Entscheidung betrifft auch ihre Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 GG.
Der Antrag ist auch begründet. Die Antragsteller haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Das Gericht geht davon aus, dass dem Antragsgegner ein Ausweispapier des Antragstellers zu 1 vorliegt, da solches bisher nicht bestritten wurde. Im Übrigen folgt es bei seiner Entscheidung den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Freiburg im Beschluss vom 19.09.2005 - 1 K 1641/05 -, dass in einem vergleichbaren Fall folgende Rechtsausführungen gemacht hatte:
„Eine Herausgabe des dem Antragsgegner nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG überlassenen Reisepasses kann der Antragsteller zwar weder nach § 21 Abs. 5 AsylVfG, noch nach § 65 Abs. 1, Abs. 2 AsylVfG beanspruchen, da dieser Reisepass vom Antragsgegner grundsätzlich benötigt wird, um den illegalen Aufenthalt des seit rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers durch Abschiebung beenden zu können.
Dem Antragsteller steht aber ein Anspruch darauf zu, dass der Antragsgegner dem Standesamt eine beglaubigte Kopie des Reisepasses übersendet, dessen Auskunft zufolge die Vorlage des Originalpasses (durch den Antragsteller bzw. von Amt zu Amt) für die Eheschließung nicht erforderlich ist. Nach § 50 Abs. 6 AufenthG soll zwar im Regelfall der Pass eines ausreisepflichtigen Ausländers bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden. Im Ausnahmefall kann und muss die Ausländerbehörde dem Ausländer aber den Pass überlassen, bzw. in den Fällen, in denen der Besitz des Originalpasses nicht erforderlich ist, ihm zumindest eine beglaubigte Kopie desselben aushändigen oder den Originalpass bzw. dessen beglaubigte Kopie direkt von Amt zu Amt an eine andere Behörde vorlegen. Ein solcher Ausnahmefall wird in der Rechtsprechung bejaht, wenn überwiegende Interessen des Ausländers dies erfordern und dadurch das gegenläufige Interesse des Ausländers an der Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gefährdet wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2001 - 13 S 542/01 -, InfAuslR 2001, 432; Bay.VGH, Urteil vom 17.06.1997 - 10 B 97.1277 -, AUAS 1997, 170; OVG Berlin, Beschluss vom 15.10.1999 - 8 S 37.99 -, InfAuslR 2000, 27; VG S., Beschluss vom 13.02.2004 - 11 K 222/04 -, InfAuslR 2004, 202 und VG Lüneburg, Beschluss vom 27.06.2001 - 1 B 30.01 -, InfAuslR 2001, 438; siehe auch die vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz, Ziffer 50.6.5).
Der Zweck der amtlichen Verwahrung des Passes gemäß § 50 Abs. 6 AufenthG (bzw. zuvor § 42 Abs. 6 AuslG 1990) ist es lediglich, durch Vorenthaltung des Dokuments zu verhindern, dass ausreisepflichtige Ausländer durch Vernichtung dieses Dokuments oder durch die Behauptung, es verloren zu haben, ihre Ausreise vereiteln oder verzögern, und der Ausländerbehörde eine Überwachung der Einhaltung der Ausreisepflicht durch Aushändigung des Passes erst bei Ausreise zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 11/6321 und GK-Ausländerrecht RdNr. 99 zu § 42 AuslG).
Die Voraussetzung für einen Ausnahmefall im Sinne der genannten Rechtsprechung sind hier gegeben. Ist die Erfüllung der genannten gesetzlichen Verwahrungszwecke wie im vorliegenden Fall in vollem Umfang dadurch gesichert, dass der Originalpass weiter vollständig im Besitz des Antragsgegners verbleibt, so ermächtigt § 50 Abs. 6 AufenthG den Antragsgegner nicht, darüber hinaus durch Verweigerung einer bloßen Übersendung einer beglaubigten Kopie des Passes die als Grundrechtsvorwirkung aus Art. 6 GG resultierende Eheschließungsfreiheit des Antragstellers und zugleich auch seiner deutschen Verlobten zu beeinträchtigen und so vom gesetzlichen Zweck der Verwahrungsregelung nicht mehr gedeckte, fremde Zwecke zu verfolgen (so ausdrücklich VG Lüneburg, siehe oben a.a.O. unter ergänzendem Hinweis auf die in Art. 16 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ausdrücklich verankerte Eheschließungsfreiheit, wonach „heiratsfähige Männer... ohne Beschränkung durch Rasse, Staatsbürgerschaft, oder Religion das Recht“ haben „eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen“). Denn § 50 Abs. 6 AufenthG ermächtigt eben nur dazu, die Erfüllung einer als bestehend vorausgesetzten Ausreisepflicht dadurch zu sichern, dass die für ihren zwangsweisen Vollzug notwendigen Originalunterlagen bei der Behörde verbleiben. Die Vorschrift ermächtigt hingegen nicht auch dazu, den unveränderten Fortbestand der die Ausreisepflicht bzw. ihre Vollziehbarkeit begründenden Umstände mit allen Mitteln zu sichern und dazu das Entstehen von Rechtspositionen zu vereiteln, die der Ausreisepflicht selbst bzw. zumindest ihrem Vollzug entgegenstehen könnten.“
Diese Grundsätze sind auch vorliegend anwendbar, insbesondere gelten sie gleichermaßen für Passersatzpapiere, wie § 50 Abs. 6 AufenthG zeigt.
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Auch widerspricht die Herausgabe einer Kopie eines Passes oder Passersatzpapieres nicht dem Begehren des indischen Generalkonsulats, dass Rückreisedokumente, die den deutschen Behörden zum Zwecke der Abschiebung ausgestellt werden, nicht dem Ausländer ausgehändigt werden. Denn das Originaldokument verbleibt - wie bereits erwähnt - bei der Behörde. Dass auch die Übergabe einer beglaubigten Kopie in der vorliegenden Art - ausschließlich zum Zwecke der Eheschließung - dem Willen des Generalkonsulats widerspräche, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Denn es ist nicht ersichtlich, wie durch eine Eheschließung eines indischen Staatsangehörigen mit einer deutschen Verlobten - auch wenn dies unter mittelbarer Verwendung eines für Zwecke der Abschiebung ausgestellten Ersatzpapieres erfolgt - Rechtspositionen oder sonstige Interessen des indischen Staates beeinträchtigt werden könnten.
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Der Antragsteller zu 1 dürfte wohl auch nicht darauf verwiesen werden können, er solle sich selbst an das indische Generalkonsulat wenden und sich dort einen Pass beschaffen. Denn er hat solches nach Aktenlage bereits erfolglos versucht. Er ist über seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich an das Konsulat herangetreten, hat jedoch keine Antwort von dort erhalten. Das Gericht hat derzeit keinen Anlass an den entsprechenden Angaben des Prozessbevollmächtigten zu zweifeln. Entsprechendes gilt, was die Ernsthaftigkeit des Eheschließungswillens der Antragsteller angeht.
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Da der Antragsteller zu 1 gegenüber dem Standesamt im Rahmen der beabsichtigten Eheschließung seine Identität und Zugehörigkeit zum indischen Staatsverband auch nicht auf andere Weise nachweisen kann und bei bloßer Übersendung einer Kopie des Passersatzpapieres die Interessen des Antragsgegners voll umfänglich gewahrt bleiben, liegt auch ein überwiegendes bzw. zwingendes Interesse an dieser Kopieübersendung vor. Hieraus ergibt sich auch ein Anordnungsgrund. Denn nach einer durch das Gericht telefonisch bei der zuständigen Standesbeamtin eingeholten Auskunft liegen alle notwendigen Unterlagen mit Ausnahme des hier fraglichen Identitätspapiers vor, so dass mit einer Eheschließung in naher Zukunft gerechnet werden kann, auch wenn - nach vorliegen des Identitätspapiers - zunächst noch beim Oberlandesgericht S. eine Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses einzuholen ist; diese Prozedur dauert nach Aussage der Standesbeamtin zwischen vier und sechs Wochen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass eine Eheschließung in Deutschland, die nach allem weitgehend vorbereitet sein dürfte, zumindest in absehbarer Zeit dann scheitern würde, wenn der Antragsgegner die beabsichtigte Abschiebung durchführt. Entsprechendes gälte jedoch auch, wenn der Antragsteller zu 1 freiwillig ausreise würde und dann auf das Visumsverfahren zu Wiedereinreise nach Deutschland angewiesen wäre. Im Übrigen wäre eine Ausreise - ebenso wie eine Eheschließung in Indien - mit erheblichen Kosten für die Antragsteller verbunden, wobei nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese von den Antragstellern getragen werden könnten. Dies alles rechtfertigt angesichts eines vergleichsweise klaren Anordnungsanspruchs auch die Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 2 GKG. In Anbetracht der Vorwegnahme der Hauptsache hat das Gericht davon abgesehen, den Streitwert im Hinblick auf das vorliegende Eilverfahren zu halbieren.

(1) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten;
6.
über die Beiladung.

(2) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer oder des Senats entscheiden.

(3) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Eine Ehe darf nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden. Mit einer Person, die das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, kann eine Ehe nicht wirksam eingegangen werden.

Tenor

Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Standesamt F. eine beglaubigte Fotokopie des vom indischen Generalkonsulat für den Antragsteller zu 1 ausgestellten Ausweisersatzpapieres (Reisedokuments) zu übersenden.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter entscheiden, da die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO).
Der Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, dem Standesamt F. eine beglaubigte Fotokopie des vom indischen Generalkonsulats für ihn ausgestellten Ausweisersatzpapieres (Reisedokuments) zu übersenden, ist zulässig. Dies gilt auch, soweit der Antrag neben dem Antragsteller zu 1 von der Antragstellerin zu 2, der Verlobten des Antragstellers zu 1, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, gestellt wurde. Auch sie ist antragsbefugt, die Entscheidung betrifft auch ihre Eheschließungsfreiheit aus Art. 6 GG.
Der Antrag ist auch begründet. Die Antragsteller haben sowohl das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs als auch eines Anordnungsgrundes glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Das Gericht geht davon aus, dass dem Antragsgegner ein Ausweispapier des Antragstellers zu 1 vorliegt, da solches bisher nicht bestritten wurde. Im Übrigen folgt es bei seiner Entscheidung den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Freiburg im Beschluss vom 19.09.2005 - 1 K 1641/05 -, dass in einem vergleichbaren Fall folgende Rechtsausführungen gemacht hatte:
„Eine Herausgabe des dem Antragsgegner nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylVfG überlassenen Reisepasses kann der Antragsteller zwar weder nach § 21 Abs. 5 AsylVfG, noch nach § 65 Abs. 1, Abs. 2 AsylVfG beanspruchen, da dieser Reisepass vom Antragsgegner grundsätzlich benötigt wird, um den illegalen Aufenthalt des seit rechtskräftiger Ablehnung seines Asylantrags vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers durch Abschiebung beenden zu können.
Dem Antragsteller steht aber ein Anspruch darauf zu, dass der Antragsgegner dem Standesamt eine beglaubigte Kopie des Reisepasses übersendet, dessen Auskunft zufolge die Vorlage des Originalpasses (durch den Antragsteller bzw. von Amt zu Amt) für die Eheschließung nicht erforderlich ist. Nach § 50 Abs. 6 AufenthG soll zwar im Regelfall der Pass eines ausreisepflichtigen Ausländers bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden. Im Ausnahmefall kann und muss die Ausländerbehörde dem Ausländer aber den Pass überlassen, bzw. in den Fällen, in denen der Besitz des Originalpasses nicht erforderlich ist, ihm zumindest eine beglaubigte Kopie desselben aushändigen oder den Originalpass bzw. dessen beglaubigte Kopie direkt von Amt zu Amt an eine andere Behörde vorlegen. Ein solcher Ausnahmefall wird in der Rechtsprechung bejaht, wenn überwiegende Interessen des Ausländers dies erfordern und dadurch das gegenläufige Interesse des Ausländers an der Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gefährdet wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.06.2001 - 13 S 542/01 -, InfAuslR 2001, 432; Bay.VGH, Urteil vom 17.06.1997 - 10 B 97.1277 -, AUAS 1997, 170; OVG Berlin, Beschluss vom 15.10.1999 - 8 S 37.99 -, InfAuslR 2000, 27; VG S., Beschluss vom 13.02.2004 - 11 K 222/04 -, InfAuslR 2004, 202 und VG Lüneburg, Beschluss vom 27.06.2001 - 1 B 30.01 -, InfAuslR 2001, 438; siehe auch die vorläufigen Anwendungshinweise zum Aufenthaltsgesetz, Ziffer 50.6.5).
Der Zweck der amtlichen Verwahrung des Passes gemäß § 50 Abs. 6 AufenthG (bzw. zuvor § 42 Abs. 6 AuslG 1990) ist es lediglich, durch Vorenthaltung des Dokuments zu verhindern, dass ausreisepflichtige Ausländer durch Vernichtung dieses Dokuments oder durch die Behauptung, es verloren zu haben, ihre Ausreise vereiteln oder verzögern, und der Ausländerbehörde eine Überwachung der Einhaltung der Ausreisepflicht durch Aushändigung des Passes erst bei Ausreise zu ermöglichen (vgl. BT-Drucksache 11/6321 und GK-Ausländerrecht RdNr. 99 zu § 42 AuslG).
Die Voraussetzung für einen Ausnahmefall im Sinne der genannten Rechtsprechung sind hier gegeben. Ist die Erfüllung der genannten gesetzlichen Verwahrungszwecke wie im vorliegenden Fall in vollem Umfang dadurch gesichert, dass der Originalpass weiter vollständig im Besitz des Antragsgegners verbleibt, so ermächtigt § 50 Abs. 6 AufenthG den Antragsgegner nicht, darüber hinaus durch Verweigerung einer bloßen Übersendung einer beglaubigten Kopie des Passes die als Grundrechtsvorwirkung aus Art. 6 GG resultierende Eheschließungsfreiheit des Antragstellers und zugleich auch seiner deutschen Verlobten zu beeinträchtigen und so vom gesetzlichen Zweck der Verwahrungsregelung nicht mehr gedeckte, fremde Zwecke zu verfolgen (so ausdrücklich VG Lüneburg, siehe oben a.a.O. unter ergänzendem Hinweis auf die in Art. 16 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ausdrücklich verankerte Eheschließungsfreiheit, wonach „heiratsfähige Männer... ohne Beschränkung durch Rasse, Staatsbürgerschaft, oder Religion das Recht“ haben „eine Ehe zu schließen und eine Familie zu gründen“). Denn § 50 Abs. 6 AufenthG ermächtigt eben nur dazu, die Erfüllung einer als bestehend vorausgesetzten Ausreisepflicht dadurch zu sichern, dass die für ihren zwangsweisen Vollzug notwendigen Originalunterlagen bei der Behörde verbleiben. Die Vorschrift ermächtigt hingegen nicht auch dazu, den unveränderten Fortbestand der die Ausreisepflicht bzw. ihre Vollziehbarkeit begründenden Umstände mit allen Mitteln zu sichern und dazu das Entstehen von Rechtspositionen zu vereiteln, die der Ausreisepflicht selbst bzw. zumindest ihrem Vollzug entgegenstehen könnten.“
Diese Grundsätze sind auch vorliegend anwendbar, insbesondere gelten sie gleichermaßen für Passersatzpapiere, wie § 50 Abs. 6 AufenthG zeigt.
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Auch widerspricht die Herausgabe einer Kopie eines Passes oder Passersatzpapieres nicht dem Begehren des indischen Generalkonsulats, dass Rückreisedokumente, die den deutschen Behörden zum Zwecke der Abschiebung ausgestellt werden, nicht dem Ausländer ausgehändigt werden. Denn das Originaldokument verbleibt - wie bereits erwähnt - bei der Behörde. Dass auch die Übergabe einer beglaubigten Kopie in der vorliegenden Art - ausschließlich zum Zwecke der Eheschließung - dem Willen des Generalkonsulats widerspräche, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Denn es ist nicht ersichtlich, wie durch eine Eheschließung eines indischen Staatsangehörigen mit einer deutschen Verlobten - auch wenn dies unter mittelbarer Verwendung eines für Zwecke der Abschiebung ausgestellten Ersatzpapieres erfolgt - Rechtspositionen oder sonstige Interessen des indischen Staates beeinträchtigt werden könnten.
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Der Antragsteller zu 1 dürfte wohl auch nicht darauf verwiesen werden können, er solle sich selbst an das indische Generalkonsulat wenden und sich dort einen Pass beschaffen. Denn er hat solches nach Aktenlage bereits erfolglos versucht. Er ist über seinen Prozessbevollmächtigten schriftlich an das Konsulat herangetreten, hat jedoch keine Antwort von dort erhalten. Das Gericht hat derzeit keinen Anlass an den entsprechenden Angaben des Prozessbevollmächtigten zu zweifeln. Entsprechendes gilt, was die Ernsthaftigkeit des Eheschließungswillens der Antragsteller angeht.
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Da der Antragsteller zu 1 gegenüber dem Standesamt im Rahmen der beabsichtigten Eheschließung seine Identität und Zugehörigkeit zum indischen Staatsverband auch nicht auf andere Weise nachweisen kann und bei bloßer Übersendung einer Kopie des Passersatzpapieres die Interessen des Antragsgegners voll umfänglich gewahrt bleiben, liegt auch ein überwiegendes bzw. zwingendes Interesse an dieser Kopieübersendung vor. Hieraus ergibt sich auch ein Anordnungsgrund. Denn nach einer durch das Gericht telefonisch bei der zuständigen Standesbeamtin eingeholten Auskunft liegen alle notwendigen Unterlagen mit Ausnahme des hier fraglichen Identitätspapiers vor, so dass mit einer Eheschließung in naher Zukunft gerechnet werden kann, auch wenn - nach vorliegen des Identitätspapiers - zunächst noch beim Oberlandesgericht S. eine Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses einzuholen ist; diese Prozedur dauert nach Aussage der Standesbeamtin zwischen vier und sechs Wochen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass eine Eheschließung in Deutschland, die nach allem weitgehend vorbereitet sein dürfte, zumindest in absehbarer Zeit dann scheitern würde, wenn der Antragsgegner die beabsichtigte Abschiebung durchführt. Entsprechendes gälte jedoch auch, wenn der Antragsteller zu 1 freiwillig ausreise würde und dann auf das Visumsverfahren zu Wiedereinreise nach Deutschland angewiesen wäre. Im Übrigen wäre eine Ausreise - ebenso wie eine Eheschließung in Indien - mit erheblichen Kosten für die Antragsteller verbunden, wobei nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass diese von den Antragstellern getragen werden könnten. Dies alles rechtfertigt angesichts eines vergleichsweise klaren Anordnungsanspruchs auch die Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 52 Abs. 2 GKG. In Anbetracht der Vorwegnahme der Hauptsache hat das Gericht davon abgesehen, den Streitwert im Hinblick auf das vorliegende Eilverfahren zu halbieren.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.