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Die Klage ist zulässig und begründet. Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 03.07.2002 und deren Widerspruchsbescheid vom 18.10.2002 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin ist nicht Gebührenschuldnerin bezüglich der von diesen Bescheiden erfassten 100 Hörfunkgeräte.
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Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Rundfunkgebühren ist § 2 Abs. 2 des als Landesgesetz umgesetzten Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - (Art. 4 des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.08.1991, GBl. S. 745, zuletzt geändert durch den 6. Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 20.12.2001, vgl. GBl. 2002, S. 207). Danach besteht - vorbehaltlich der Ausnahmebestimmungen der §§ 5 und 6 RGebStV - die Rundfunkgebührenpflicht für jeden Rundfunkteilnehmer und für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkgerät. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist Rundfunkteilnehmer, wer ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithält. Nach Satz 2 dieser Bestimmung wird ein Gerät zum Empfang bereitgehalten, wenn damit ohne besonderen zusätzlichen technischen Aufwand Rundfunkdarbietungen, unabhängig von Art, Umfang und Anzahl der empfangbaren Programme, unverschlüsselt oder verschlüsselt, empfangen werden können.
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Diese Rechtsgrundlage deckt die mit den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Gebührenerhebung nicht. Die Klägerin hält die streitgegenständlichen Hörfunkgeräte, die ihre Mitarbeiter am Arbeitsplatz nutzen, nicht zum Empfang bereit und ist folglich nicht Rundfunkteilnehmerin im Sinne des § 1 Abs. 2 RGebStV, sodass die zwischen den Beteiligten streitige Frage, wie viele Hörfunkgeräte in den Betriebsräumen der Klägerin tatsächlich zum Empfang bereitgehalten werden, offen bleiben kann.
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Wer Rundfunkteilnehmer im Sinne des auslegungsbedürftigen und der Auslegung zugänglichen § 1 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ist, muss nach objektiven Kriterien und mit Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse bestimmt werden. Maßgeblich ist insoweit, wer die rechtlich gesicherte tatsächliche Verfügungsmacht über das Empfangsgerät hat, wer also die Möglichkeit hat, das Gerät zu nutzen, d.h. insbesondere über seinen Einsatz und über die Programmwahl tatsächlich und verantwortlich zu bestimmen (allg. Meinung, vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 07.08.1992 - 14 S 2371/90 -, VBlBW 1993, 11, 12 mit zahlreichen Nachweisen und mit Anm. Herb; Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 -, VBlBW 2003, 399; Grupp, Grundfragen des Rundfunkgebührenrechts, 1983, S. 109 stellt zusätzlich - mit Hinweis auf ältere Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg - darauf ab, wer eine rechtlich verbindliche Nutzungsregelung treffen kann; ebenso Naujock, in: Hahn / Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 1 RGebStV, Rn 31; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 08.05.2003 - 2 S 699/02 -). Unerheblich dabei ist, wer Eigentümer des Geräts ist. Entscheidend ist vielmehr die Ausgestaltung der faktischen Nutzungsmöglichkeiten im Einzelfall (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 -, a.a.O.). In Rechtsprechung und Literatur sind diesbezüglich verschiedene Kriterien herausgearbeitet worden, die indiziell herangezogen werden können, um den Begriff des Bereithaltens und die Zuordnung eines Empfangsgerätes zu einem Rundfunkteilnehmer näher zu bestimmen (vgl. nur Grupp, a.a.O.), wobei die "Sachherrschaft" über das Empfangsgerät als gewichtiger Anknüpfungspunkt anzusehen ist, wenn sie sich in der rechtlich gesicherten Möglichkeit äußert, über den Einsatz des Gerätes und die Programmwahl tatsächlich und verantwortlich zu bestimmen. Ausreichend ist hierbei die Möglichkeit einer tatsächlichen Nutzung, ohne dass es auf deren Umfang ankommt. Bedeutsam für die im Tatsächlichen erforderliche faktische Verfügungsmacht ist insbesondere auch, wer für Anschaffung, Verwahrung und Kostentragung des Empfangsgeräts Sorge trägt und wer eine Befugnis zu Weisungen über Programmwahl, Einschaltzeit, Lautstärke und sachgemäße Behandlung hat (zu alledem VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 -, a.a.O.). Insoweit ist eine an der Lebenserfahrung ausgerichtete Betrachtungsweise notwendig (vgl. Herb, Anm. zu VGH Baden-Württemberg - 14 S 2371/90 -, VBlBW 1993, 12, 13).
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Nach diesen Vorgaben sind die einzelnen Arbeitnehmer der Klägerin, nicht jedoch diese selbst Rundfunkteilnehmer im Hinblick auf die von ihnen jeweils am Arbeitsplatz genutzten Empfangsgeräte (so allgemein zu Mitarbeitern eines Unternehmens - wenngleich ohne Begründung - auch Naujock, in: Hahn / Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 1 RGebStV, Rn 37). Denn die einzelnen Arbeitnehmer haben faktisch die - alleinige - Möglichkeit zur konkreten Nutzung der im Streit befindlichen Geräte. Sie sind sowohl technisch, als auch persönlich in der Lage, selbstverantwortlich über die Gerätenutzung zu befinden, indem sie sowohl über die Frage des Betriebs, als auch über den Inhalt und die Zeitdauer des Rundfunkempfangs eigenständig entscheiden können. Diese tatsächliche Nutzungsmöglichkeit stellt sich auch rechtlich in hinreichendem Maße als gesichert dar. Denn die zwischen den Beteiligten hinsichtlich ihrer Reichweite streitigen arbeitsrechtlichen Einflussnahmemöglichkeiten der Klägerin auf das Radiohören im Betrieb und die sonstigen durch die Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses gekennzeichneten Gegebenheiten berühren die den Beschäftigten der Klägerin offen stehenden Nutzungsmöglichkeiten nicht in einem solchen Maße, dass von einem eigenverantwortlichen Bestimmungsrecht der Arbeitnehmer nicht mehr auszugehen oder gar eine verdrängende Nutzungsmöglichkeit der Klägerin anzunehmen wäre. Der VGH Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 - ausgeführt, dass nicht jedwede Benutzungseinschränkung die tatsächliche Nutzungsmöglichkeit des Rundfunkgeräts in Frage stellt. Dies folgt bereits daraus, dass jeder Rundfunkteilnehmer ohne Rückwirkung auf diese Position - etwa in der Öffentlichkeit - im Allgemeininteresse Ordnungsbestimmungen zu beachten hat, aus denen sich Nutzungseinschränkungen ergeben (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 16.05.1995 - 8 B 59.92 -, ZfStrVo 1996, 178). Bezogen auf die Fragestellung, ob ein Strafgefangener oder die ihn beherbergende Justizvollzugsanstalt Rundfunkteilnehmer hinsichtlich der den Gefangen überlassenen Empfangsgeräte ist, hat der Verwaltungsgerichtshof maßgeblich darauf abgestellt, ob die fraglichen Benutzungseinschränkungen gerade die rechtlich gesicherte Nutzungsmöglichkeit des Betroffenen zum Empfang von Hörfunksendungen berühren und danach differenziert, ob diese Einschränkungen auf eben diese Möglichkeit oder eher darauf gerichtet sind, ein soziales Miteinander in der Anstalt zu gewährleisten. Diesem Ansatz folgt auch die erkennende Kammer. Im hier zu entscheidenden Fall stellen sich diejenigen Nutzungseinschränkungen, die zunächst kraft des vertraglichen Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und ihren Beschäftigten bestehen und ggf. durch das arbeitsrechtliche Weisungsrecht des Arbeitgebers konkretisiert werden können, als bloße Regelungen der betrieblichen Abläufe und des Miteinanders im Betrieb dar (so in anderem Zusammenhang wohl auch BVerwG, Beschluss vom 30.12.1987 - 6 P 20.82 -, DVBl. 1988, 689). So kann etwa die Rücksichtnahme auf die Belange anderer Arbeitnehmer wie auch die vertraglich geschuldete konzentrierte und sorgfältige Erfüllung der Arbeitspflicht im Einzelfall eine Reduzierung der Lautstärke oder gar einen Verzicht auf Rundfunkempfang erfordern. Derartige dem Arbeitsverhältnis innewohnende Beschränkungen sind jedoch lediglich allgemeine Verhaltensregeln und nehmen einem Arbeitnehmer, der ein Rundfunkempfangsgerät am Arbeitsplatz vorhält, nicht sein Bestimmungsrecht über den konkreten Gebrauch des Geräts. Auch die Betriebsordnung der Klägerin vom 01.10.2000, die jedenfalls auf einen Teil des streitgegenständlichen Veranlagungszeitraums bereits Anwendung fand, verbietet das Radiohören im Betrieb nicht, sondern weist lediglich darauf hin, dass Rundfunkempfangsgeräte gegebenenfalls durch den Besitzer - gemeint ist der Arbeitnehmer - anzumelden und Gebühren entsprechend zu entrichten sind. Allein die Möglichkeit, ein solches generelles Verbot auszusprechen, genügt nicht, um ein Bestimmungsrecht der Arbeitnehmer über die Rundfunkgeräte an ihrem Arbeitsplatz auszuschließen. Ohnehin ist äußerst fraglich - wenngleich nach dem Gesagten nicht entscheidungsbedürftig -, ob die Klägerin ein solches allumfassendes Verbot überhaupt aussprechen darf und ob sie in diesem Fall auf die Mitwirkung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 BetrVG angewiesen wäre (vgl. hierzu den von der Klägerin zitierten Beschluss des BAG vom 14.01.1986 - 1 ABR 75/83 -. NJW 1986, 1952 sowie aus personalvertretungsrechtlicher Sicht BVerwG, Beschluss vom 30.12.1987 - 6 P 20.82 -, DVBl. 1988, 689).
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Dass die arbeitsrechtlich bedingten Nutzungseinschränkungen an der Qualifikation des einzelnen Arbeitnehmers als Rundfunkteilnehmer nichts ändern, lässt sich auch der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg entnehmen. Wenn bereits die aus dem besonderen Gewaltverhältnis des Strafvollzugs folgenden Besonderheiten (vgl. §§ 69, 70 StVollzG und die hierzu erlassene Verwaltungsvorschrift, abgedruckt bei Calliess / Müller-Dietz, Strafvollzugsgesetz, § 69, vor Rn 1) die Verfügungsmacht eines Strafgefangenen über ein - ihm überlassenes - Hörfunkgerät in gebührenrechtlicher Hinsicht nicht in Frage zu stellen vermögen (so VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 -, a.a.O.), so können die dargelegten arbeitsrechtlichen Gegebenheiten erst recht keinen Übergang der Rundfunkteilnehmereigenschaft auf die Klägerin bewirken. Die Kammer verkennt bei dieser Schlussfolgerung nicht die wesensmäßigen Unterschiede zwischen Strafgefangenen und privaten Arbeitnehmern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass eine Justizvollzugsanstalt mit Blick auf die von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Informationsfreiheit und ihre Grundrechtsbindung bei der Ausübung staatlicher Gewalt gewissen Begrenzungen hinsichtlich der Beschränkung des Rundfunkempfangs unterworfen ist, wohingegen ein privater Arbeitgeber ggf. nur mittelbar über die Drittwirkung von Grundrechten (vgl. dazu Zöllner / Loritz, Arbeitsrecht, § 7 I, II) derartige Bindungen zu beachten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hatte jedoch in seiner Entscheidung einen Fall zu beurteilen, in dem die Hausordnung der Justizvollzugsanstalt aus disziplinarischen Gründen die Möglichkeit eines Entzugs des Hörfunkempfangs für die Dauer von bis zu drei Monaten vorsah. Vor diesem Hintergrund können die arbeitsrechtlich bedingten Nutzungseinschränkungen nicht als gewichtiger eingeschätzt werden. Auch der vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, die Fälle seien deshalb nicht vergleichbar, weil der Arbeitnehmer im Gegensatz zum Strafgefangenen abends nach hause gehen könne, lässt keine abweichende Beurteilung zu. Vielmehr zeigt sich gerade darin, dass der Arbeitnehmer sein Empfangsgerät zeitweise mit nach hause nehmen kann, dass die Verfügungsgewalt über das Gerät ihm und nicht seinem Arbeitgeber zuzuordnen ist.
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Im Übrigen ergibt auch eine Betrachtung des Regelungsgefüges des Rundfunkgebührenstaatsvertrages in seiner Gesamtheit, dass der Normgeber in Fallgestaltungen der vorliegenden Art typischerweise den Arbeitnehmer und nicht den Arbeitgeber als Rundfunkteilnehmer angesehen hat. Die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Abs. 2 Satz 1 RGebStV über die Gebührenpflichtigkeit natürlicher Personen, die tragbare Zweitgeräte u.a. in zu gewerblichen Zwecken genutzten Räumen (auch) eines Dritten zum Empfang bereit halten, geht beispielsweise implizit von der Grundannahme aus, dass derjenige - und das ist typischerweise ein Arbeitnehmer - gebührenpflichtig ist, der das Gerät dorthin mitbringt (unter Verweis auf diese Regelung geht auch Naujock, in: Hahn / Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 1 RGebStV, Rn 37, von einer Gebührenpflicht des Arbeitnehmers aus). Dies ergibt sich weiterhin auch mittelbar aus der Regelung des § 1 Abs. 3 RGebStV, wonach bezüglich eines in ein Kraftfahrzeug eingebauten Empfangsgerätes derjenige als Rundfunkteilnehmer gilt, auf den das Fahrzeug zugelassen ist, hilfsweise dessen Halter. Der Normgeber hat damit das in der Praxis bedeutsame Problem privater Radiogeräte von Mitarbeitern in firmeneigenen Kraftfahrzeugen (hierzu Grupp, a.a.O., S. 165 ff.) regelungstechnisch zugunsten der Verwaltungspraktikabilität und aus Gründen der Rechtsklarheit mit einer Fiktion gelöst und damit einen Sachverhalt dem gesetzlichen Tatbestand zugeordnet, den der Pflichtige - typischerweise das Unternehmen, auf welches das Fahrzeug zugelassen ist - gerade nicht verwirklicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2001 - 2 S 88/01 -, NVwZ 2002, 359; BVerwG, Beschluss vom 04.04.2002 - 6 B 1.02 - und die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zum Gesetz zu dem Staatsvertrag über den Rundfunk im vereinten Deutschland und zu dem Vertrag zum Europäischen Fernsehkulturkanal, LT-Ds. 10/5930 vom 04.10.1991, S. 110). Eine derartige Fiktion zum - auch und gerade hinsichtlich des praktischen Bedürfnisses nach Rechtsklarheit und Verwaltungspraktikabilität - vergleichbaren Fall von privaten Empfangsgeräten am Arbeitsplatz findet sich im Staatsvertrag hingegen nicht.
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Die gegen die dargelegte Rechtsauffassung der Kammer von der Beklagten erhobenen Bedenken rechtfertigen keine andere Beurteilung. Zunächst ist insoweit bemerkenswert, dass die Beklagte selbst zunächst in ihrem Schriftsatz an die Klägerin vom 05.02.2001 die Auffassung vertreten hat, dass "streng nach den gesetzlichen Bestimmungen (...) der einzelne Mitarbeiter (...) gebührenpflichtig" sei. Dem entsprechend hat die Beklagte auch im Verfahren 2 S 1606/02 vor dem VGH Baden-Württemberg vortragen lassen, es stehe für sie zweifelsfrei fest, dass jedenfalls Strafgefangene, die ein eigenes Empfangsgerät - und nicht ein von der Vollzugsanstalt ausgegebenes - bereithalten dürfen, als Rundfunkteilnehmer anzusehen seien. Dieser Standpunkt deckt sich auch mit den von der Klägerin vorgelegten Informationen, welche die für die Beklagte tätige Gebühreneinzugszentrale hinsichtlich der Gebührenpflichtigkeit von Arbeitnehmern für Geräte am Arbeitsplatz veröffentlicht.
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Soweit die Beklagte im vorliegenden Verfahren nunmehr eine gegenteilige Rechtsauffassung vertritt, beruft sie sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg. Dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 08.05.2003 - 2 S 699/02 - zur Gebührenpflicht eines Lebensmitteldiscounters bezüglich bei Sonderaktionen verkaufter Rundfunkgeräte, auf das sie sich hierbei maßgeblich stützt, sind keine den obigen Darlegungen widersprechenden Aussagen über die hier entscheidende Frage zu entnehmen, wer Rundfunkteilnehmer ist. Die Beklagte will den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs entnehmen, dass eine (auch nur mögliche) Entscheidung über das "Ob" der Benutzung von Empfangsgeräten - wie sie durch das Verbot des Lebensmitteldiscounters, die Verpackungen der zum Verkauf angebotenen Geräte zu öffnen, getroffen worden sei - als verbindliche Benutzungsregelung die Rundfunkteilnehmereigenschaft des Unternehmens begründe. Dabei wird jedoch außer acht gelassen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof in den Entscheidungsgründen in erster Linie mit der Frage auseinander zu setzen hatte, ob die verpackten Geräte trotz des Verbotes, die Packung zu öffnen, zum Empfang geeignet waren. In Ermangelung weiterer potentieller Rundfunkteilnehmer war für diesen Fall jedoch offenkundig, dass allein das Unternehmen als Rundfunkteilnehmer in Betracht zu ziehen war, sodass abgrenzende Ausführungen zur Person des Rundfunkteilnehmers nicht veranlasst waren. Auch das Urteil des VG Karlsruhe vom 19.09.1996 - 12 K 2664/96 - enthält entgegen der Auffassung der Beklagten keinerlei generalisierende und auf den vorliegenden Fall übertragbare Aussagen über die Frage, wer im Verhältnis Arbeitgeber zu Arbeitnehmer als Rundfunkteilnehmer anzusehen ist. Im dort zu entscheidenden Sachverhalt hielt ein freiberuflich tätiger Inhaber eines Ingenieurbüros ebenda ein vorgeblich privates Fernsehgerät - selbst - zum Empfang bereit, ohne dass wiederum darüber zu befinden war, ob ggf. eine andere Person als Rundfunkteilnehmer in Betracht zu ziehen wäre. Im Mittelpunkt der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts stand dagegen vielmehr die vom Verwaltungsgericht verneinte Frage der Gebührenfreiheit für das Fernsehgerät als Zweitgerät im Sinne des § 5 RGebStV. Soweit sich die Beklagte ferner auf das Urteil des VG Neustadt a. d. Weinstraße vom 22.02.1999 - 3 K 2159/98.NW - beruft, das eine Gemeinde als Rundfunkteilnehmerin hinsichtlich der in Räumen der von ihr unterhaltenen Ortsfeuerwehren qualifiziert hat, vermag dies die dargelegte Rechtsauffassung der Kammer ebenfalls nicht zu erschüttern. Es spricht bereits vieles dafür, dass der dort zugrunde liegende Sachverhalt mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht zu vergleichen ist. Zum Einen stützte sich des VG Neustadt u.a. darauf, dass zahlreiche der streitgegenständlichen Geräte zu Schulungszwecken eingesetzt und damit von der klagenden Gemeinde als Rundfunkteilnehmerin (mit)genutzt wurden. Zum Anderen begründete das VG Neustadt seine Entscheidung maßgeblich damit, dass die Gemeinde als Trägerin der Feuerwehr und als Dienstherrin der Feuerwehrangehörigen in deren Gebührenpflicht "eingetreten" und "gleichsam hilfsweise bzw. in Stellvertretung" für diese in Anspruch zu nehmen sei, wobei der so bezeichnete Eintritt in die Gebührenpflicht auf eigener Veranlassung beruhe, nämlich u.a. auf der im eigenen Namen erfolgten Anmeldung der Geräte durch die Gemeinde selbst ohne nachfolgende Zuordnung der Geräte zu einzelnen Haltern. Es kann letztlich offen bleiben, ob und inwieweit die Rechtsauffassung des VG Neustadt mit der dargelegten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg und mit den darauf aufbauenden Ausführungen der erkennenden Kammer vereinbar ist. Soweit sie diesen entgegen stehen sollte, folgt die Kammer dieser ohne dogmatisch präzise Verankerung allein mit dem vorgeblichen Sinn und Zweck des Rundfunkgebührenstaatsvertrages begründeten Auffassung jedenfalls nicht.
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Die Klägerin ist auch - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht dadurch zur Rundfunkteilnehmerin geworden, dass sie die von der Beklagten begehrte Auskunft betreffend Namen und Anschriften der einzelnen Mitarbeiter, die ein Hörfunkgerät nutzen, bislang nicht erteilt hat. Es bestehen bereits Zweifel daran, ob dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag eine Rechtsgrundlage für einen derartigen Auskunftsanspruch überhaupt zu entnehmen ist. § 4 Abs. 5 Satz 1 RGebStV sieht insoweit bei Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit halten, eine Auskunftspflicht nur bezüglich "ihrer" Gebührenpflicht vor; um Auskunft ersuchte Personen, die nicht Rundfunkteilnehmer sind, müssen lediglich bestätigen, dass sie keine Rundfunkgeräte zum Empfang bereithalten (vgl. VGH Baden-Württemberg - Urteil vom 07.10.1994 - 10 S 489/94 -, VBlBW 1995, 407; zum Auskunftsanspruch vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.07.1995 - 4 A 1828/89 -). Die Bestimmung entspricht damit dem datenschutzrechtlichen Grundsatz, dass eine Datenerhebung zunächst beim Betroffenen zu erfolgen hat (vgl. § 13 Abs. 2 und 3 LDSG; Globig, in: Rossnagel, Handbuch Datenschutzrecht, 4.7, Rn 63 ff.; Gall, in: Hahn / Vesting, Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, § 4 RGebStV, Rn 72). Lediglich bezüglich in häuslicher Gemeinschaft lebender Personen - nicht jedoch für das Verhältnis des Arbeitgebers zum Arbeitnehmer - enthält Satz 2 der Bestimmung eine erweiterte Ermächtigungsgrundlage. Letztlich kann die Reichweite eines möglichen Auskunftsanspruchs jedoch offen bleiben. Selbst wenn man einen solchen zugunsten der Beklagten unterstellt, so wäre sie darauf verwiesen, diesen Auskunftsanspruch im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzen, um so die möglicherweise gebührenpflichtigen Arbeitnehmer in Anspruch nehmen zu können. Dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist schließlich keine Ermächtigungsgrundlage dafür zu entnehmen im Falle der Nichterfüllung eines Auskunftsanspruches nach § 4 Abs. 5 RGebStV als Sanktion eine Rundfunkteilnehmerschaft und damit automatisch eine Gebührenpflicht zu begründen.
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Die Kammer verkennt nicht, dass die Rundfunkanstalten im Massenverwaltungsverfahren des Rundfunkgebühreneinzugs durchaus ein praktisches Bedürfnis an einer pauschalen Inanspruchnahme privater Arbeitgeber hinsichtlich der Rundfunkgeräte ihrer Mitarbeiter haben, um nicht auf die aufwändige Ermittlung der Gebührenpflichtigkeit der oftmals zahlreichen Rundfunkteilnehmer in einem Betrieb verwiesen zu sein. Die aus rechtlicher Sicht jedoch allein maßgeblichen gesetzgeberischen Vorgaben, wie sie ihren Niederschlag im Rundfunkgebührenstaatsvertrag gefunden haben, stehen einer Gebührenpflicht der Klägerin entgegen. Die - politisch zu treffende - Entscheidung, etwa eine der Bestimmung des § 1 Abs. 3 RGebStV vergleichbare Fiktion auch für Fallgestaltungen der vorliegenden Art einzuführen, muss einer Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages vorbehalten bleiben, da sie sich durch die den Gerichten allein mögliche Auslegung des Staatsvertrages nicht erreichen lässt.
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Nach alledem kann offen bleiben, ob ein Gebührenanspruch der Beklagten im Übrigen auch teilweise, soweit er für das Jahr 1997 festgesetzt wurde, verjährt wäre (§ 4 Abs. 4 RGebStV). Es spricht jedoch vieles dafür, dass die Verjährungsfrist entgegen der Auffassung der Beklagten in entsprechender Anwendung der allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Rechts mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen beginnt, in dem die Rundfunkgebühr - für die vorliegende Betrachtung unterstellt - entstanden ist, auch wenn die Rundfunkanstalt keine Kenntnis davon hatte, dass Geräte zum Empfang bereit gehalten wurden (vgl. nur VGH München, Urteil vom 03.07.1996 - 7 B 94.708 -, NVwZ-RR 1997, 230; OVG Saarland, Urteil vom 31.08.1994 - 8 R 21/92 -; Hess. VGH, Urteil vom 27.05.1993 - 5 UE 2259/91 -, NVwZ-RR 1994, 129), und dass sie erst durch den Erlass des angefochtenen Gebührenbescheides, nicht aber durch vorangehende Zahlungsaufforderungen unterbrochen wird. Der gegen die Verjährungseinrede zulässige Einwand der unzulässigen Rechtsausübung, der verhindern soll, dass ein Rundfunkteilnehmer durch die Berufung auf die Verjährung Vorteile aus eigenem unrechtmäßigem Verhalten erlangen würde, setzt jedenfalls ein insgesamt unredliches oder schuldhaftes Verhalten des Rundfunkteilnehmers voraus, das hier nicht festgestellt werden kann (vgl. nur OVG Saarland, a.a.O., und im Übrigen auch VG Neustadt, a.a.O.). Selbst wenn man eine Gebührenpflicht der Klägerin annehmen wollte, so wäre die von ihre vertretene Rechtsansicht keinesfalls als abwegig anzusehen gewesen, sodass ihr eine Nichtanmeldung in Unkenntnis der vermeintlichen Gebührenpflicht nicht anzulasten gewesen wäre.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht sieht keine Veranlassung, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung (§§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO) liegen nicht vor. Die Entscheidung weicht nicht von einer solchen des VGH Baden-Württemberg, des Bundesverwaltungsgerichts oder eines sonstigen in § 124 Abs. 2 Nr. 4 genannten Gerichts ab. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, denn die hier streitige Rechtsfrage ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits geklärt. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne Weiteres aus den angewandten Rechtsgrundlagen in Verbindung mit der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung (insbesondere VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2003 - 2 S 1606/02 -).
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