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Die Klage ist mit dem Hauptantrag auf Verpflichtung des beklagten Landes zur Erteilung der Zustimmung zur Änderung der bereits bestehenden Werkrealschule zulässig, aber unbegründet und daher abzuweisen (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Denn die streitgegenständliche Änderung der Führung von Klassenzügen einer vorhandenen Schule stellt bereits keine Änderung im Sinne des Schulgesetzes dar und ist daher nicht zustimmungspflichtig. Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Zustimmung besteht daher nicht.
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Rechtsgrundlage ist § 30 SchG. Nach § 30 Abs. 1 SchG bedarf der Beschluss eines Schulträgers über die Einrichtung einer öffentlichen Schule der Zustimmung der obersten Schulaufsichtsbehörde. Nach § 30 Abs. 4 Satz 1 SchG gelten die Vorschriften über die Einrichtung einer öffentlichen Schule für die Änderung einer öffentlichen Schule entsprechend. Eine Änderung im Sinne des § 30 Abs. 4 SchG liegt dabei aber nach der Legaldefinition in § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG nur vor bei einer Änderung der Schulart, der Schulform (Normalform oder Aufbauform), des Schultyps, bei dauernder Teilung oder Zusammenlegung, bei Erweiterung bestehender Schulen und bei der Einrichtung von Außenstellen. Nach diesem, auch im Hinblick auf das durch Art. 28 Abs. 2 GG, § 27 Abs. 2 SchG gewährleistete Selbstverwaltungsrecht der Schulträger abschließenden Katalog, stellt die hier streitgegenständliche veränderte Führung von Klassenzügen keine Änderung im Sinne des Schulgesetzes dar.
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Im Einzelnen gilt dazu Folgendes:
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Bei der Graf-E...-Grund-Haupt-und Realschule der Gemeinde Ki..., der Au...-Lä...-Grund-und Hauptschule mit Werkrealschule der Gemeinde Ku... und der Uh... Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule der Gemeinde Wa... handelte es sich um vorhandene öffentliche Schulen im Sinne des Schulgesetzes, das heißt, die Schulen waren bereits vor den Beschlüssen der Kooperationsgemeinden über die Aufhebung der Hauptschulen und Einrichtung einer Werkrealschule eingerichtet und in Betrieb. Die mit Anträgen vom 8.12.2009 und 20.1.2010 verfolgten Begehren der Kooperationsgemeinden (Einrichtung einer Werkrealschule neuen Typs mit Außenstellen in Ku... und Wa... und gleichzeitige Auflösung der bisherigen Hauptschulen) stellten daher, bei schulrechtlicher Betrachtung, keine Einrichtung einer neuen öffentlichen Schule sondern die Änderung einer vorhandenen öffentlichen Schule durch Änderung der Schulart dar (vgl. §§ 4 Abs. 1 Satz 4, 30 Abs. 4 SchG). Das für diese Änderung im Sinne des § 30 Abs. 4 SchG erforderliche schulrechtliche Verfahren wurde durch die Beschlüsse der Gemeinden als Schulträger über die Aufhebung der Hauptschulen und Einrichtung der Werkrealschule (§ 27 Abs. 1 und 2 SchG) und durch Erteilung der erforderlichen Zustimmung zu diesen Beschlüssen durch die zuständige Schulaufsichtsbehörde (§ 30 Abs. 1 und 4 SchG, § 1 Abs. 1 der Verordnung des Kultusministeriums über die Zuständigkeit für schulorganisatorische Maßnahmen in der Fassung vom 20.3.2010) durchgeführt und abgeschlossen. Seit Abschluss des Verfahrens durch die Zustimmungsbescheide des Regierungspräsidiums vom 28.1.2010 bzw. 6.4.2010 sind die Hauptschulen der Kooperationsgemeinden aufgehoben und ist eine Werkrealschule neuen Typs mit zwei Außenstellen eingerichtet. Diese ist seit dem 1.8.2010 auch in Betrieb. Nachdem eine Werkrealschule bereits eingerichtet und in Betrieb ist, benötigt die Klägerin keine Zustimmung zur Einrichtung einer Werkrealschule mehr. Wie nunmehr in der mündlichen Verhandlung beantragt, geht es ihr vielmehr um die Zustimmung zu einer Änderung der bereits vorhandenen Werkrealschule.
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Das diesem Ziel entsprechende Verpflichtungsbegehren ist allerdings nur dann begründet, wenn für die beabsichtigte Änderung der Führung der Klassenzüge die begehrte Zustimmung auch erforderlich ist. Denn eine nach dem Schulgesetz gar nicht vorgesehene Zustimmung kann die Klägerin auch nicht beanspruchen. Die Erforderlichkeit der begehrten Zustimmung würde voraussetzen, dass die beabsichtigte Führung von Klassenzügen an unterschiedlichen Standorten eine Änderung der bereits vorhandenen Werkrealschule im Sinne des § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG darstellt. Dies ist nicht der Fall. Die beabsichtigte Änderung der Führung der Klassenzüge stellt weder eine Änderung der Schulart (die Werkrealschule wird ja beibehalten) dar, noch eine Änderung der Schulform (Normalform oder Aufbauform) oder des Schultyps. Sie stellt auch keine dauernde Teilung oder Zusammenlegung oder Erweiterung bestehender Schulen dar und insbesondere auch keine Einrichtung von Außenstellen, da die nach dem alternierenden Modell 2 in Betrieb genommene und zugestimmte Werkrealschule bereits Außenstellen in Ku... und Wa... besitzt. Damit fehlt es an einer Änderung im Sinne des § 30 Abs. 4 Satz 2 SchG, was den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Zustimmung zur veränderten Führung einzelner Klassenzüge ausschließt.
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Die Klage ist in der Folge mit dem Hauptantrag unbegründet und daher abzuweisen.
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2. Dagegen ist die Klage mit dem ersten Hilfsantrag zulässig und begründet. Einwände gegen die Statthaftigkeit und Zulässigkeit der damit erhobenen Feststellungsklage (§ 43 VwGO) bestehen nicht. Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Zwischen der Klägerin und der Schulaufsichtsbehörde besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und die Klägerin hat ersichtlich ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung. Eine Änderung der Klassenführung ohne vorherige rechtliche Klärung der Zulässigkeit ist der Klägerin nicht zumutbar. Sie würde dadurch eine unsichere Situation für Schüler, Eltern und Schule hervorrufen und müsste mit schulaufsichtsrechtlichen Maßnahmen des Beklagten rechnen. Die Feststellungsklage ist im vorliegenden Fall auch nicht subsidiär, nachdem die Klägerin ihr Ziel nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann. Dies gilt auch im Hinblick auf die Bescheide des Regierungspräsidiums T... vom 28.1.2010, vom 23.2.2010 und vom 6.4.2010. Mit diesen Bescheiden wurde im Rahmen der von § 30 SchG eingeräumten Kompetenz eine Zustimmung zu den Beschlüssen der Kooperationsgemeinden über die Änderung ihrer Schulen erteilt (28.1.2010 und 6.4.2010) bzw. abgelehnt (23.2.2010). Eine Ermächtigung der Schulaufsichtsbehörde über die Befugnis zur Erteilung oder Versagung der Zustimmung hinaus, enthalten die Vorschriften der §§ 27 Abs. 2, 30 Abs. 1 und 4 SchG nicht; eine solche wird vom beklagten Land auch nicht geltend gemacht. In der Folge enthalten die Zustimmungsbescheide vom 28.1.2010 und vom 6.4.2010 über die Erteilung der Zustimmung hinaus keine Regelungen. Die Beschlüsse der Kooperationsgemeinden über die Änderung der Schule werden also nicht durch Regelungen in den Zustimmungsbescheiden ersetzt oder ergänzt. Die Bescheide enthalten von der Zustimmung abgesehen lediglich Hinweise, u.a. zu der nach den Einrichtungsbeschlüssen und der öffentlichen Vereinbarung vorgesehenen Führung von Klassenzügen an unterschiedlichen Standorten. Enthalten die Zustimmungsbescheide aber keine Regelung zur Führung von Klassenzügen an unterschiedlichen Standorten, kann die Klägerin ihr Klageziel auch nicht mit einer hiergegen gerichteten Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage erreichen, sondern ist auf die erhobene Feststellungsklage verwiesen.
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Die danach zulässige Feststellungsklage ist auch begründet. Die getrennte Führung der Züge der Klassen 7 bis 9 der Graf-E...-Grund-Werkreal-und Realschule Ki... an den unterschiedlichen Standorten Ki... und Ku... und die Führung der 10. Klasse am Schulstandort Ku... sind nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG zulässig. Die hiervon abweichende rechtliche Bewertung des beklagten Landes findet im Gesetz keine Stütze. Sie trifft deswegen nicht zu.
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Der Gesetzeswortlaut gibt für die vom beklagten Land für die Klassenstufen 8 bis 10 behauptete Verpflichtung zur Zweizügigkeit an einem Schulstandort nichts her. § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG (neu) lautet: Die Werkrealschule ist grundsätzlich mindestens zweizügig und kann auf mehrere Standorte verteilt sein. Bei Beachtung dieses Wortlauts trifft die Vorschrift zwei Regelungen: Die erste betrifft die vom Gesetzgeber vorgesehene Größe einer Werkrealschule. Diese darf einen gewissen Mindestumfang nicht unterschreiten. Sie muss grundsätzlich mindestens zweizügig sein, das heißt regelmäßig in jeder Stufe der vorgesehenen Klassen 5 bis 10 mindestens über zwei Klassen verfügen. Die im Eckpunktepapier der Landesregierung Baden-Württemberg vom 20.9.2009 dazu vertretene Ansicht, dass dies pro Klassenstufe eine Mindestschülerzahl von 36 voraussetzt, teilt das Gericht nicht. Die gegriffene Zahl ist für das Gericht nicht nachvollziehbar. Anhaltspunkte für die vom Gesetzgeber mit der Anordnung der Zweizügigkeit pro Klassenstufe vorgesehene Mindestschülerzahl finden sich dagegen in der Nummer 2.1 der Verwaltungsvorschrift über die Eigenständigkeit der Schulen und die Unterrichtsorganisation im Schuljahr 2010/11 (K.u.U. 2010, 125 und 155). Nach dem dort verfügten Klassenteiler ist eine Werkrealschulklasse ab einer Schülerzahl von 31 in zwei Klassen aufzuteilen. Danach bedeutet die vom Gesetzgeber verlangte Zweizügigkeit, dass die Schülerzahl einer Werkrealschule (jedenfalls im Schuljahr 2010/11) pro Klassenstufe grundsätzlich mindestens bei 31 liegen muss, um die Einrichtung einer Werkrealschule zu rechtfertigen. Ausnahmen der Art, dass diese Voraussetzung bezüglich einzelner Klassenstufen (z.B. der 10.) grundsätzlich nicht erforderlich sein könnte, vermag das Gericht dem Gesetz nicht zu entnehmen. Die zweite in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG enthaltene Regelung betrifft die räumliche Anordnung der Werkrealschule. Insofern wird durch § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG bestimmt, dass die Schule nicht auf einen Schulstandort beschränkt ist sondern auf mehrere Schulstandorte verteilt sein kann. Weitere Regelungen enthält die Vorschrift nicht, so dass die Annahme des beklagten Landes, dass sich aus der Vorschrift (aber auch nur) für bestimmte Klassenstufen die Verpflichtung zur Zweizügigkeit an einem Standort ableiten lasse, jedenfalls nach dem klaren Wortlaut der Norm nicht zutrifft. Im Gegenteil: § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG enthält bezüglich der getrennten Führung der Klassenzüge der Klassen 8 bis 10 der Werkrealschule an verschiedenen Standorten keine Beschränkung, sondern lässt deren getrennte Führung zu. Der klare Wortlaut der Norm spricht damit gegen die Einschätzung des beklagten Landes. Dies dürfte wohl auch von Lambert/Müller/Sutor, Kommentar zum Schulrecht Baden-Württemberg, in der Kommentierung des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG so gesehen werden, wenn dort zu unter Nr. 1.1 zu § 6 SchG ausgeführt wird: Es wird also rechtlich gesehen schwer werden, Schulträgern entgegenzutreten, wenn sie auch für die oberen Klassen eine auf mehrere Standorte verteilte Werkrealschule gründen wollen.
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Die Annahme des beklagten Landes lässt sich auch nicht durch eine Auslegung nach Sinn und Zweck bestätigen. Der Gesetzgeber wollte mit § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG für kleine einzügige Hauptschulen die Möglichkeit schaffen, sich zu einer Schule an verschiedenen Standorten zusammenzuschließen und damit den Status einer Werkrealschule zu erlangen. Damit sprechen Sinn und Zweck der Vorschrift eher gegen die behauptete Verpflichtung zur Zweizügigkeit aller oder einzelner Klassenstufen an einem Standort und jedenfalls nicht für die Annahme einer solchen Verpflichtung.
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Die Auslegung anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift vermag die Ansicht des beklagten Landes ebenfalls nicht zu bestätigen. Dabei trifft es allerdings zu, dass in einem Eckpunktepapier der Landesregierung Baden-Württemberg, also der Exekutive, vom 20.4.2009 unter der Überschrift Rahmenbedingungen ausgeführt wurde: „Die Klassenstufen 8 - 10 sollen mindestens zweizügig an nur einem Standort geführt werden.“ Eine solche Aussage wurde in dieser klaren Form aber nicht in die Begründung des am 25.6.2009 eingebrachten Entwurfs des Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Württemberg übernommen. In der Begründung zum Entwurf heißt es dazu nur noch: „Die Klassenstufen 8 bis 10 sollen mindestens zweizügig geführt werden.“ Die im (rechtlich bedeutungslosen) Eckpunktepapier der Landesregierung noch klare Bezugnahme auf die Zweizügigkeit der Klassenstufen 8 bis 10
nur an einem Standort
war damit in der Begründung des Gesetzesentwurfs entfallen oder zumindest abgeschwächt. Davon abgesehen, dass damit die Begründung des Gesetzentwurfs keinen hinreichend klaren Hinweis zur Erforderlichkeit der Zweizügigkeit der Klassenstufen 8 bis 10 an einem Standort enthält, wurde eine entsprechende Regelung auch nicht in den vom Landtag verabschiedeten Gesetzestext aufgenommen. Dieser enthält nach seinem klaren Wortlaut eine solche Beschränkung gerade nicht. Zumindest Teile der Abgeordneten verstanden die Begründung des Gesetzentwurfs und die vorgesehene Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG offenbar auch nach ihrem Wortlaut und eben nicht nach den Vorstellungen im Eckpunktepapier der Landesregierung. Dies zeigen exemplarisch die Äußerungen der Abgeordneten Dr. Birgit Arnold FDP/DVP in ihrer Ansprache bei der Plenardebatte vom 8.7.2009. Sie führte dabei unter anderem aus: „... Die neue Werkrealschule wird künftig an mehreren Standorten realisiert werden können, und zwar nicht nur für die Klassen 5 bis 7, sondern auch für die Klassen 8 und 9 und gegebenenfalls auch für die Klasse 10. Wir haben dafür gesorgt, dass diese Option der Realisierung an mehreren Standorten, nicht nur in der Begründung des Gesetzestextes, sondern im Gesetzestext selbst in § 6 auftaucht. Auch das war uns wichtig. Wir wollten - das war das Ziel dieser Bemühungen - von Anfang an auch einzügige Hauptschulen, vor allem im ländlichen Raum, stabil in diesen Entwicklungsprozess einbeziehen. ...“ Diese Äußerungen deuten darauf hin, dass die dem Gesetz zustimmenden Abgeordneten die beschlossene Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG im Interesse der kleineren Hauptschulstandorte weit verstanden haben (so auch Lambert/Müller/Sutor, Kommentar zum Schulrecht Baden-Württemberg, Nr. 1.1 zu § 6 SchG, a.a.O.), was ebenfalls gegen die Annahme spricht, dass die Begründung des Gesetzentwurfs eine hinreichend klare Aussage bezüglich der Zweizügigkeit der Klassenstufen 8 bis 10 an einem Standort enthalten könnte. Danach spricht die Auslegung anhand der Entstehungsgeschichte der Vorschrift eher gegen die Ansicht des beklagten Landes und vermag diese Ansicht jedenfalls nicht zu bestätigen.
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Schließlich enthält § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG auch keine planwidrige Lücke, die im Wege einer analogen Auslegung und Ergänzung geschlossen werden müsste. Ausgehend von der Ansicht des beklagten Landes wäre die Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG nur dann vollständig, wenn sie lauten würde: „Die Werkrealschule ist grundsätzlich mindestens zweizügig und kann, mit Ausnahme der Klassen 8 bis 10, auf mehrere Standorte verteilt sein.“ Dass der Gesetzgeber eine solche Norm eigentlich beschließen wollte und den vom beklagten Land vermissten Zusatz lediglich versehentlich vergessen haben könnte, vermag das Gericht nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Anhand des Gesetzestextes, der Gesetzesbegründung und der Aussprache bei der Plenardebatte erscheint klar, dass die Problematik „Zweizügigkeit bezüglich der Klassenzüge der Klassen 8 bis 10 an mehreren Standorten“ offenkundig und Gegenstand politischer Auseinandersetzungen war. Auf diesem Hintergrund ist es nicht vorstellbar, dass eine Regelung dazu versehentlich unvollständig geblieben sein könnte. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr in Kenntnis der Problematik für die im Wortlaut klare Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG entschieden und hat damit weitergehende Beschränkungen, wie im Eckpunktepapier der Landesregierung vorgesehen, abgelehnt. Damit lässt § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG keine im Wege des Analogieschlusses zu schließende regelwidrige Lücke erkennen. Hinter der beschlossenen Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG wird die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, im Interesse der kleineren Hauptschulstandorte die Vorschrift weit zu fassen. Diese gesetzgeberische Absicht kann nicht im Wege der Auslegung ins Gegenteil verkehrt werden.
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Das Ergebnis der Auslegung des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG widerlegt die Ansicht des beklagten Landes. Die Vorschrift enthält die behauptete Einschränkung nicht. Dies ergibt sich bereits aus dem insofern klaren Wortlaut. Anhaltspunkte für einen anderen Gehalt der Regelung ergeben sich weder aus dem Sinn und Zweck noch aus den Gesetzesmaterialien. Das Gericht bezweifelt dabei nicht, dass die Landesregierung, also die Exekutive, eine Regelung zur Zweistufigkeit der Klassenstufen 8 bis 10 an einem Standort erreichen wollte. Eine entsprechende Regelung durch den Landtag als allein maßgebendes Legislativorgan ist jedoch unterblieben.
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Gegen dieses Ergebnis kann das beklagte Land nicht mit Erfolg einwenden, dass es aus seiner Sicht und aus schulorganisatorischen und pädagogischen Gründen günstiger wäre, die Klassenzüge der Klassen 8 bis 10 der Werkrealschulen neuen Typs grundsätzlich nur an einem Standort zu unterrichten. Insofern kann offenbleiben, ob diese Einschätzung überhaupt zutrifft, nachdem ja auch eingeräumt wurde, dass pädagogische KO-Kriterien der vertikalen Trennung der Klassenzüge aus Sicht des Landes nicht entgegenstehen und nachdem auch dem Bürgermeistermodell nicht jeglicher Vorzug abgesprochen werden kann. Maßgeblich ist, dass über die Arten, Formen und Typen von Schulen ausschließlich der Gesetzgeber, also der Landtag, zu bestimmen hat. Definiert der Gesetzgeber im Rahmen seiner gesetzgeberischen Befugnisse die Werkrealschule neuen Typs, so steht es der Exekutive nicht zu, ihre vom definierten Schultyp abweichenden Vorstellungen im Verwaltungswege durchzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn aus Sicht der Exekutive schulorganisatorische und / oder pädagogische Gründe eine andere Gestaltung der Werkrealschule wünschenswert erscheinen lassen.
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Gegen das Ergebnis der Auslegung des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG kann das beklagte Land auch nicht mit Erfolg einwenden, der Passus „kann auf mehrere Standorte verteilt sein“ eröffne im Rahmen der Zustimmungserteilung nach § 30 SchG Ermessen. Welche Anforderungen an eine Werkrealschule zu stellen sind, hat der Gesetzgeber mit seiner Regelung in § 6 SchG bestimmt. Hat er dabei - wie hier - die Schulträger dazu ermächtigt, die Schule und damit auch die Klassenzüge auf verschiedene Standorte aufzuteilen, steht es der Schulverwaltung nicht zu, diese Bestimmung im Wege des Zustimmungsverfahrens auszuhebeln. Entspricht die im Einrichtungsbeschluss des Schulträgers vorgesehene und zur Zustimmungserteilung eingereichte Schule den gesetzlichen Vorstellungen, kann die Zustimmung nicht wegen hiervon abweichenden Vorstellungen der Kultusverwaltung versagt werden. Wenn überhaupt, eröffnet die „Kann“-Regelung in § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG daher nur dem Schulträger ein die Standortfrage betreffendes Entschließungsermessen, räumt aber keinesfalls der Schulverwaltung eine eigene, gegenüber dem Ermessen des Schulträgers sogar prinzipiell vorrangige Ermessenskompetenz ein. Davon abgesehen lägen bei offenem Wortlaut die Voraussetzungen für eine prinzipiell negative, gegen die vertikale Teilung der Klassenzüge 8 bis 10 gerichtete Ermessensentscheidung, mangels zwingender Gründe auch nicht vor.
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Nach alldem ist die getrennte Führung der Züge der Klassen 7 bis 9 der Graf-E...-Grund-Werkreal-und Realschule Ki... an den unterschiedlichen Standorten Ki... und Ku... zulässig. Sie steht nicht im Widerspruch zu § 6 Abs. 2 Satz 2 SchG. Dies gilt auch für die Führung der 10. Klasse in Ku..., gegen die Einwände von Seiten des beklagten Landes ohnehin nicht erhoben wurden und für das Gericht auch nicht ersichtlich sind.
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Damit ist die Klage bezüglich des ersten Hilfsantrags begründet und vom Gericht die begehrte Feststellung zu treffen. Über die weiteren Hilfsanträge ist in der Folge nicht mehr zu entscheiden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und orientiert sich an den jeweiligen Obsiegens- und Unterliegensanteilen. Bei der danach zu treffenden Abwägung wurde eingestellt und bewertet, dass die Klägerin mit der auf den ersten Hilfsantrag ergangenen Feststellung ihr Klageziel voll erreicht hat, dass sie aber mit ihrem Hauptantrag und damit mit einem wesentlichen Teil ihres Begehrens voll unterlegen ist. Werden beide Punkte berücksichtigt, erscheint die Teilung der Kosten zwischen den Hauptbeteiligten angemessen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst, nachdem sie keinen Sachantrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Von einer Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung wurde gemäß § 167 Abs. 2 VwGO (zum Teil in analoger Anwendung) abgesehen.
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Beschluss vom 17. Dezember 2010
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Der Streitwert wird auf 30.000,- EUR festgesetzt.
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Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß § 52 Abs. 1 VwGO nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache. Diese Bedeutung rechtfertigt hier den festgesetzten Streitwert in Höhe von 30.000 EUR. Der Anregung des beklagten Landes, den Streitwert auf 5.000,- EUR (Auffangwert) festzusetzen, folgt das Gericht nicht. Die als Argument für die Festsetzung des Auffangwerts zitierte Anregung in der Nr. 38.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichte 2004 erscheint unpassend, nachdem sie die Errichtung, Zusammenlegung und Schließung einer Schule nur in Bezug auf Klagen von Eltern bzw. Schülern erfasst, also die Betroffenheit Einzelner bewertet und nicht die Betroffenheit des Schulträgers bezüglich seines Rechts auf Einrichtung und Betrieb der Schule. Der Streitwertkatalog enthält zum vorliegenden Fall keine Anregung. Soll dennoch mit dem Streitwertkatalog argumentiert werden, wäre nach der Bedeutung der Sache aus Sicht der Klägerin hier die in der Nr. 38.2 des Streitwertkatalogs aufgeführte Genehmigung des Betriebs einer Ersatzschule wohl eher vergleichbar. Schließlich sieht sich auch die Klägerin in ihrem Recht auf Einrichtung und Betrieb einer Schule gehindert. Die danach eher passende Nr. 38.2 des Streitwertkatalogs sieht einen Streitwert von 30.000,- EUR vor.
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