Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 08. März 2018 - 12 B 9/18
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.496,76 € festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag des Antragstellers,
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der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die in der Stellenausschreibung Nr. B750422GB–2017–00002344–I ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht bestandskräftig über seinen – des Antragstellers – Widerspruch gegen die ihm mitgeteilte Auswahlentscheidung entschieden worden ist,
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hat keinen Erfolg.
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Nach der Vorschrift des § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Sicherung eines Rechts eines Antragstellers erlassen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung dieses Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Hierbei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO das Bestehenden eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen.
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Zwar liegt ein Anordnungsgrund vor; denn die Antragsgegnerin beabsichtigt, die streitgegenständliche Stelle dem Beigeladenen zu übertragen, ohne dass diese Übertragung im Hinblick auf den im Beamtenrecht geltenden Grundsatz der Ämterstabilität rückgängig gemacht werden könnte.
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Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, ihn im Rahmen der Beförderungsrunde für eine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesG mit Amtszulage (A 9 mZ) nicht zu berücksichtigen, verletzt den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers nicht.
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Nach der Rechtsprechung folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der dem Bewerber um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung – nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung – in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.08.2005 – 2 C 37.04 – Juris Rn. 18 f).
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist dann gerechtfertigt, wenn die Verletzung des Rechts auf fehlerfreie Entscheidung über das Begehren des Antragstellers glaubhaft gemacht worden ist und die Möglichkeit besteht, dass die noch zu treffende rechtmäßige Auswahlentscheidung zur Besetzung der Stelle mit dem Antragsteller führen kann. Ist die getroffene Auswahlentscheidung fehlerhaft, kann die Verweigerung vorläufigen Rechtsschutzes nur dann in Betracht kommen, wenn im Sinne einer „offensichtlichen Chancenlosigkeit“ von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Wiederholung des Stellenbesetzungsverfahrens unter Vermeidung der Rechtsverletzung zu einer günstigeren Entscheidung für den Antragsteller führen kann (vgl. etwa OVG Münster, Beschluss vom 14.03.2016 – 1 B 1512/15 – Juris Rn. 19).
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Ausgehend von diesen Grundsätzen kann eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers nicht festgestellt werden.
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Es kann zunächst dahinstehen, ob der Antragsteller ausweislich seiner letzten dienstlichen Beurteilung besser qualifiziert ist als der Beigeladene oder dieser einen evtl. Vorsprung deshalb ausgleichen kann, weil er seine letzte dienstliche Beurteilung in einem statushöheren Amt erhalten hat (und ihm im Ergebnis möglicherweise sogar ein Eignungsvorsprung zu attestieren ist).
- 11
Hier spricht nämlich Überwiegendes dafür, dass sich die Stellenausschreibung (nur) an Bewerber richtet, die die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung der Stelle eines Hauptbrandmeisters mit Amtszulage bereits erfüllen oder jedenfalls nach einer erfolgreichen Bewährungs- bzw. Erprobungszeit erfüllen können. Nach dem Inhalt der Stellenausschreibung ist nicht nur der Dienstposten, sondern das genannte Beförderungsamt selbst Gegenstand der Ausschreibung. Sie impliziert, dass dem erfolgreichen Bewerber das Amt bei Vorliegen der Beförderungsvoraussetzungen übertragen werden kann bzw. übertragen wird. Dies wird auch aus dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. Oktober 2017 deutlich, mit der sie nicht nur die Umsetzung des Beigeladenen, sondern auch ihre Absicht, ihm das in der Ausschreibung bezeichnete Amt mit höherem Endgrundgehalt ohne Änderung der Amtsbezeichnung zu übertragen, kundtut. Dass die Stelle eines Hauptbrandmeisters mit Amtszulage - wie es beim Antragsteller der Fall wäre - erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung besetzt werden soll, ist der Ausschreitung hingegen nicht zu entnehmen. Ein solches Vorgehen wäre – jedenfalls ohne Durchführung eines weiteren Auswahlverfahrens mit unter Umständen anderem Bewerberkreis – auch nicht rechtmäßig.
- 12
Eine Beförderung des Antragstellers in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage setzt wegen des Verbots der Sprungbeförderung (vgl. § 22 Abs. 4 BBG) zunächst – ggf. nach einer Bewerbung in einer Erprobung – seine Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO und sodann den Ablauf der nach § 22 Abs. 4 Nr. 2 b bestimmten Wartezeit seit der letzten Beförderung sowie eine Bewährung in einer Erprobung für das weitere Beförderungsamt voraus (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 31.10.2009 – 6 B 1235/09 – Juris, Rn. 4).
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Eine Entscheidung, dem Antragsteller die Stelle zu übertragen, um ihn anschließend (ggf. nach einer erfolgreichen Erprobung) in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 BBesO und (erst) später nach Ablauf der Wartezeit in ein solches der Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage zu befördern, wäre damit nicht zu vereinbaren. Auch wenn die Vorverlagerung der Auslese für Beförderungsämter auf die Auswahl unter den Bewerbern um den Beförderungsdienstposten als solche zwar keinen Bedenken begegnen mag, setzt sie aber einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Zuweisung des Beförderungsdienstpostens und der am Ende stehenden Beförderung voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.02.2009 – 2 A 7.06 – Juris Rn. 20 und Beschluss vom 20.06.2013 – 2 VR 1.13 – Juris, Rn. 13).
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Die hier streitige Stellenbesetzung stellt auch eine Beförderung im Sinne des § 22 BBG dar. Bei der Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 9 mit Amtszulage bewerteten Dienstpostens handelt es sich um eine beförderungsgleiche Maßnahme. Denn Ämter gleicher Besoldungsgruppe mit und ohne Amtszulage stellen statusrechtlich zwei verschiedene Ämter dar. Um das (höhere) Amt zu erlangen, bedarf es auch zumindest eines ernennungsähnlichen Verwaltungsaktes (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.04.2007 – 2 B 25/07 – Juris Rn. 4).
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Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Vergabe einer Amtszulage beurteilt sich daher nach denselben Voraussetzungen wie sonstige Beförderungsentscheidungen einschließlich der Vorgaben des § 22 Abs. 4 Nr. 2 b BBG.
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Eine Auswahl des Antragstellers im vorliegenden Verfahren liefe auf eine „doppelte Beförderung“ auf der Grundlage allein einer Dienstpostenbesetzung ohne weiteres Auswahlverfahren hinaus und wäre deshalb nicht haltbar.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 3, 162 Abs. 3 VwGO.
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Der Wert des Streitgegenstandes ist gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 S. 1 Nr. 1, S. 4 GKG iVm Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs festgesetzt worden.
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.
(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.
(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.
(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.
(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese jeweils selbst tragen.
Der Streitwert wird für das Verfahren zweiter Instanz auf 9.523,02 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann offen bleiben, ob die Antragsgegnerin sich prozessual wirksam durch den Arbeitgeberverband für Telekommunikation und IT e. V. vertreten lassen kann und die Beschwerde wirksam begründet hat. Denn die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat dem vom Antragsteller erstinstanzlich sinngemäß gestellten Antrag,
3der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die nach A 9_vz bewerteten Stellen auf der Beförderungsliste/der Einheit „DTTechnik“ mit den Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist,
4im Ergebnis zu Recht entsprochen. Dieser Antrag ist jedenfalls aus den nachfolgenden Gründen zulässig und begründet.
5An der Prüfung der Begründetheit des Eilbegehrens aus anderen Gründen ist der Senat nicht durch die Vorschrift des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO gehindert, nach der das Oberverwaltungsgericht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nur die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe prüft. Die Regelung erfasst nämlich nur diejenigen Gründe, aus denen der Beschwerdeführer die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für unrichtig hält, und entzieht dem Gericht die Möglichkeit, der Beschwerde aus nicht dargelegten Gründen zu entsprechen. Keine derartige Beschränkung besteht hingegen hinsichtlich einer Prüfung der Gründe, aus denen sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts (ggf. über die von diesem angeführten und mit der Beschwerde gerügten Gründe hinaus) im Ergebnis als richtig erweist. Insoweit ist nach allgemeinen Maßstäben zu prüfen, ob dem Antragsbegehren entsprochen werden kann bzw. es abzulehnen ist. Dabei ist der Senat nicht an Gesichtspunkte gebunden, die das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt bzw. dort nicht behandelt oder abschließend entschieden hat.
6Vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Oktober 2014 – 1 B 1027/14 –, juris, Rn. 29, vom 12. Mai 2010 – 1 B 587/10 – (n. v.), und vom 8. Mai 2002 – 1 B 241/02 –, NVwZ-RR 2003, 50 = juris, Rn. 3 ff., jeweils m. w. N.
7Nach diesen Maßgaben hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsgrund (dazu I.) als auch einen Anordnungsanspruch (dazu II.) glaubhaft gemacht.
8I. Zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes nimmt der Senat Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf Seite 2 des Beschlussabdrucks (vorletzter Absatz), die er sich zu eigen macht.
9II. Einen Anordnungsanspruch hat der Antragsteller ebenfalls glaubhaft gemacht. Nach dem im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats erkennbaren und berücksichtigungsfähigen Sach- und Streitstand ist die in Rede stehende Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht hinreichend beachtet worden ist (nachfolgend 1.). Zugleich erscheint es möglich, dass der Antragsteller in einem rechtsfehlerfreien Auswahlverfahren ausgewählt werden wird (nachfolgend 2.).
101. Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin ist zu Lasten des Antragstellers rechtswidrig, weil die dafür maßgebliche dienstliche Beurteilung des Antragstellers nach dem im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung des Senats erkennbaren und berücksichtigungsfähigen Sach- und Streitstand rechtswidrig ist.
11Eine dienstliche Beurteilung muss die dienstliche Tätigkeit des zu beurteilenden Beamten im maßgebenden Beurteilungszeitraum grundsätzlich vollständig erfassen.
12Vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2013 – 2 B 104.11 –, juris, Rn. 7, und Urteil vom 26. September 2012 – 2 A 2.10 –, IÖD 2013, 2 = juris, Rn. 10.
13Dies ist hier nicht der Fall; zumindest aber hat die Antragsgegnerin die Beurteilung insoweit nicht hinreichend plausibilisiert. Nach Aktenlage sind die Leistungen des Antragstellers in den ersten 3 ½ Monaten des Beurteilungszeitraums nicht berücksichtigt worden. Die angegriffene Regelbeurteilung betrifft den Zeitraum vom 15. September 2011 bis zum 31. Oktober 2013, also insgesamt 25 ½ Monate. Während dieses Zeitraums hat der Antragsteller bis Anfang 2012, also 3 ½ Monate, in der Systemtechnik „Kollokations-BM“ bearbeitet. Seitdem ist er für die Baubegleitung von Kundenmaßnahmen in der Systemtechnik zuständig. Die dienstliche Beurteilung benennt zwar in der Aufgabenbeschreibung die in den ersten 3 ½ Monaten des Beurteilungszeitraums gezeigten Leistungen, bewertet sie aber nachfolgend nicht. Die mangelnde Bewertung ergibt sich eindeutig aus der Verbalerläuterung zweier Einzelkriterien (die Erläuterungen zu den übrigen Einzelkriterien wie auch zum Gesamtergebnis sind insoweit unergiebig). Unter „Praktischer Arbeitsweise“ ist ausgeführt: „Der Beamte ist in sein neues Arbeitsgebiet gut eingearbeitet. Er füllt seinen Arbeitsbereich sicher aus.“ Zur „Fachlichen Kompetenz“ heißt es: „Herr L. besitzt gute fachliche Fähigkeiten zur Erledigung seiner aktuellen Arbeitsaufgaben“ (Hervorhebungen jeweils durch den Senat). Beurteilt wurde demnach die „neue“, am Beurteilungsstichtag „aktuell“ ausgeübte Tätigkeit. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beurteiler auch die Leistungen des Antragstellers in seinem vorherigen Aufgabenbereich gewürdigt hätten, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch im Hinblick auf den unter „Fachliche Kompetenz“ weiter erwähnten Umstand, der Antragsteller verfüge „über eine Menge fachübergeifender Kenntnisse, da er schon in den verschiedensten Bereichen der Telekom gearbeitet“ habe. Diese Einschätzung würdigt pauschal die in unterschiedlichen Verwendungen gewonnen Kenntnisse des Antragstellers und lässt damit auch dessen beachtliche Verwendungsbreite erkennen. Daraus folgt zugleich aber auch, dass die fragliche Formulierung keine Würdigung speziell der zu Beginn des Beurteilungszeitraums in einer anderen als der aktuellen Verwendung gezeigten Leistungen beinhaltet.
14Die Umstände der Entstehung der dienstlichen Beurteilung erhärten den vorgenannten Befund. Die zur Erstellung der dienstlichen Beurteilung von der infrage kommenden Führungskraft eingeholte Stellungnahme bot den Beurteilern auch keine Grundlage, die zu Beginn des Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen des Antragstellers selber einschätzen zu können: Erst- und Zweitbeurteiler kennen die Leistungen des Antragstellers während des Beurteilungszeitraums nicht aus eigener Anschauung. Sie waren bei der Erstellung der Beurteilung in Ermangelung anderer Erkenntnisquellen daher vollständig auf Beurteilungsbeiträge solcher Personen angewiesen, die diese Leistungen einschätzen können. Zu der in diesem Zusammenhang von der Führungskraft erstellten Stellungnahme zur dienstlichen Beurteilung hat der Antragsteller in seinem Widerspruchsschreiben vom 3. März 2015 gegen seine dienstliche Beurteilung vorgetragen (dort Seite 4 oben), die Führungskraft habe ihm mündlich erklärt, die Zeit in der Systemtechnik Kollokation sei bei der von ihr verfassten Stellungnahme nicht berücksichtigt, sondern nur in der Aufgabenbeschreibung erwähnt worden. Diese Behauptung des Antragstellers wird gestützt durch Formulierungen in der Stellungnahme selbst. In ihr heißt es zum Merkmal „Praktische Arbeitsweise“: „H. L. hat sich in sein neues Arbeitsgebiet gut eingearbeitet. Er füllt seinen Arbeitsbereich bereits sicher aus“ (Hervorhebungen jeweils durch den Senat). Hierdurch („neues“, „bereits“) wird deutlich, dass die Stellungnahme nur die aktuelle Tätigkeit des Antragstellers bewertend in den Blick nimmt und folglich seine Tätigkeit zu Beginn des Beurteilungszeitraums nur beschreibend erwähnt.
15Die Antragsgegnerin hat den Vortrag des Antragstellers zu den mündlichen Angaben der Führungskraft schlicht bestritten. In ihrem Schriftsatz vom 18. August 2015 (dort Seite 7 unten) hat sie angegeben, die Führungskraft des Antragstellers habe in ihrer Stellungnahme die bis Anfang 2012 erfolgte Beschäftigung des Antragstellers angeführt. In der jeweiligen Aufgabenbeschreibung der Beurteilung und der Stellungnahme ist diese Tätigkeit des Antragstellers zwar erwähnt. Dies allein genügt jedoch nicht. Die Tätigkeit muss auch tatsächlich bewertet worden sein. Dagegen sprechen die oben genannten Formulierungen in der Beurteilung und in der dienstlichen Stellungnahme. Eine weitere Aufklärung ist insoweit derzeit nicht möglich. Denn die Führungskraft ist nach den Angaben der Antragsgegnerin „längerfristig nicht verfügbar“ und kann daher dazu zur Zeit nicht befragt werden. Dies geht hier zu Lasten der Antragsgegnerin, der es obliegt, eine mit konkretem Vorbringen gerügte Beurteilung hinreichend zu plausibilisieren.
16Der Zeitraum vom Beginn des Beurteilungszeitraums vom 15. September 2011 bis Anfang 2012 umfasst mindestens 3 ½ Monate (für den Fall, dass der Antragsteller gleich zum 1. Januar 2012 sein Arbeitsgebiet gewechselt hat). Ein Zeitraum von 3 ½ Monaten ist bei einem Gesamtbeurteilungszeitraum von 25 ½ Monaten erheblich (fast 14%). Seine Nichtberücksichtigung führt zur Rechtswidrigkeit der Beurteilung.
17Zur Folge der Nichtberücksichtigung von Zeiträumen innerhalb des Beurteilungszeitraums siehe z. B. OVG NRW, Urteile vom 27. Juni 2013 – 6 A 1449/11 –, juris, Rn. 52 (knapp 2 Monate von insgesamt 34 Monaten sind erheblich), vom 16. Mai 2012 – 1 A 499/09 –, juris, Rn. 61 (1 Jahr von insgesamt 7,5 Jahren ist erheblich), vom 24. Januar 2011 – 1 A 1808/08 –, ZBR 2011, 311 = juris, Rn. 2, 69 (2 Monate von 37 Monaten sind erheblich), und vom 13. Dezember 2007 – 6 A 1521/05 –, Schütz BeamtR ES/D I 2 Nr. 91 = juris, Rn. 45, 50 (knapp 4 Monate von 3 Jahren sind erheblich).
18Gründe dafür, hier ausnahmsweise bestimmte Zeiträume innerhalb des Beurteilungszeitraums nicht berücksichtigen zu müssen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
19Da die dienstliche Beurteilung des Antragstellers jedenfalls aus dem genannten Grunde rechtswidrig ist, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, ob weitere Gründe zu ihrer Rechtswidrigkeit führen oder das in Rede stehende Auswahlverfahren noch aus anderen Gründen zu Lasten des Antragstellers rechtswidrig war; dies bleibt ausdrücklich offen.
202. Es erscheint möglich, dass der Antragsteller in einem rechtsfehlerfreien Auswahlverfahren ausgewählt werden wird. Diese Chancen lassen sich jedenfalls nicht verneinen. Denn die dienstliche Beurteilung des Antragstellers ist unter Berücksichtigung seiner Tätigkeit bis Anfang 2012 neu zu erstellen, mindestens aber insoweit hinreichend zu plausibilisieren. Ob und ggf. welche Auswirkungen dies auf das Gesamturteil des Antragstellers haben wird, ist offen. Aus der Gesamteinschätzung der vorhergehenden dienstlichen Beurteilung von November 2011 lassen sich insoweit keine belastbaren Schlüsse ziehen, auch wenn sie wohl dieselbe Tätigkeit wie in den ersten Monaten des streitgegenständlichen Beurteilungszeitraumes betrifft. Denn die Beurteilung von November 2011 ist nach anderen Beurteilungsrichtlinien und anderen Notenstufen erfolgt. Da der Antragsteller in der in Rede stehenden Beurteilung bisher das Gesamturteil „Gut“ mit dem Ausprägungsgrad „+“ erhalten hat, ist zumindest nicht vollkommen ausgeschlossen,
21vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, NJW 2016, 309 = juris, Rn. 20,
22dass er bei einer neuen Beurteilung mit dem Gesamturteil „Sehr gut“ und dem Ausprägungsgrad „Basis“ bewertet wird, das eine Gesamtnotenstufe von sechs und zwei Ausprägungsgrade von achtzehn höher liegt als sein bisheriges Gesamturteil. In diesem Fall würde er zur Gruppe der Beamten gehören, die bei der streitgegenständlichen Beförderungsrunde berücksichtigt worden sind.
23Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, weil diese im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).
24Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß den §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG sowie § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 GKG nach einem Viertel der fiktiv an den Antragsteller für die in Rede stehende Stelle (hier: A 9, Stufe 8) im Kalenderjahr 2015 an Beamte der Postnachfolgeunternehmen zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen und ohne Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsbezügen abhängen. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Besoldung (erst) ab dem 1. März 2015 erhöht hat. Daraus ergibt sich der im Tenor festgesetzte Streitwert ([2 x 3.117,19 Euro + 10 x 3.185,77 Euro] : 4).
25Dieser Beschluss ist hinsichtlich der Streitwertfestsetzung nach den §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG und im Übrigen gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
(1) Für Beförderungen gelten die Grundsätze des § 9. Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung höchstens drei Jahre zurückliegen.
(2) Beförderungen, die mit einer höherwertigen Funktion verbunden sind, setzen eine mindestens sechsmonatige Erprobungszeit voraus.
(3) Ämter, die nach der Gestaltung der Laufbahn regelmäßig zu durchlaufen sind, dürfen nicht übersprungen werden.
(4) Eine Beförderung ist unzulässig vor Ablauf eines Jahres
- 1.
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Probe oder - 2.
- a)
seit der Einstellung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder - b)
seit der letzten Beförderung,
(5) Der Bundespersonalausschuss kann Ausnahmen von den Absätzen 2 bis 4 zulassen, wenn sie die Bundesregierung nicht durch Rechtsverordnung regelt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.