Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2017 - 12 A 333/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Gewährung von Finanzmitteln zum Ausbau der Kindertagesbetreuung.
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Die Klägerin ist Trägerin des in ihrem Gemeindegebiet gelegenen Kindergartens.
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Im Kreisgebiet des Beklagten wird seit mehreren Jahren der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen gefördert. Die kreisweit anvisierte Ausbauquote für Kinder unter drei Jahren (U3) lag zum Stichtag 1. März 2014 bei 41%, tatsächlich wurde eine Quote von 32,5% erreicht. Für die Betreuung von Kindern ab drei Jahren bis zum Schuleintritt mit sechseinhalb Jahren (U6) lag die Ausbauquote zu diesem Zeitpunkt bei 96.8%. Zum Stichtag 1. März 2015 lag die anvisierte Quote für den U3-Bereich bei 43,2%, tatsächlich wurde eine Quote von 36 % erreicht. Bei den U6-Plätzen lag die Quote zu diesem Stichtag kreisweit bei 100,1 %.
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In der Vergangenheit wurden der Klägerin bereits Mittel bewilligt zum Ausbau des örtlichen Kindergartens im U3-Bereich gemäß Kreisförderrichtlinie vom 6. Februar 2014, welche inhaltlich auf der Landesförderrichtlinie vom 4. Februar 2014 beruht. In dieser heißt es als Zuwendungszweck in Ziffer 1.1: „Gewährt werden Zuwendungen für Investitionen zur Erhöhung des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren.“
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Zum 3. Juli 2015 wurden dem Beklagten Landesmittel (2015-2018) in Höhe von 1.246.000 EUR entsprechend der zum selben Datum geänderten Landesförderungsrichtlinie zur Verfügung gestellt. Nach der nunmehr geltenden Fassung konnten auch Ausbauvorhaben für Plätze für Kinder über drei Jahren bis zum Grundschulalter (U6-Plätze) bewilligt werden. In Ziffer 1.1 der Landesförderrichtlinie wird der Zuwendungszweck dahingehend konkretisiert, das vorrangige Ziel der Förderung liege darin, „zusätzliche Elementarplätze in den Kindertageseinrichtungen bzw. in der Tagespflege zu schaffen und qualitätsverbessernde Ausstattungsinvestitionen zu befördern. Daneben werden diese Mittel sowie die des Bundes gewährt für Investitionen zur Erhöhung des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren.“ Gemäß Ziffer 1.2 S. 2 entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens. Ziffer 4 konkretisiert im Einzelnen die Zuwendungsvoraussetzungen. Die Bewilligung setzt dabei gemäß Ziffer 4.4 S. 1 voraus, dass die zu schaffenden Betreuungsplätze „im Bedarfsplan nach § 7 KiTaG als erforderlich ausgewiesen sind“.
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Die Klägerin beantragte unter dem 1. August 2015 zusätzlich zu den bereits bewilligten Mitteln weitere Förderung für die Schaffung von zehn U6-Plätzen aus dem Landesinvestitionsprogramm in Höhe von 90.000 EUR als Umbau- und Erweiterungsmaßnahme am Kindergarten Bark. Der Sache nach beabsichtigte die Klägerin dabei, den mit bereits bewilligten U3-Mitteln geplanten Erweiterungsbau des Kindergartens durch weitere U6-Mittel zu vergrößern und so insgesamt 15 Plätze in einer altersgemischten Gruppe zu schaffen.
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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22. September 2015 ab. Zur Begründung führte er aus, dass nach der Landesförderrichtlinie Bundes- wie Kreismittel nicht für Baumaßnahem im U6-Bereich verwendet werden dürften und die zugewiesenen Landesmittel nicht auskömmlich seien. Ferner sei ein weiterer Ausbau im U6-Bereich angesichts der kreisweiten Ausbauquote nicht erforderlich. Es stehe somit in seinem Ermessen, bei U6-Plätzen grundsätzlich nur Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung zu fördern, zumal bereits Ankündigungen für sieben Maßnahmen für die Schaffung von 175 U3-Plätzen mit einem voraussichtlichen Gesamtvolumen von 3.640.000 EUR im Kreisgebiet vorlägen. Es sei daher nicht zweckmäßig, die Landesmittel für finanzierungsintensive Baumaßnahmen für U6-Plätze zu verbrauchen, insbesondere da die weiteren Bundes- und Landesmittel schon nicht für den U3-Ausbau allein ausreichten. Im Übrigen verwies der Beklagte darauf, dass auch bei einer Förderung von Ausbaumaßnahmen für U6-Plätze die Klägerin nicht zum Zuge gekommen wäre, da er nach dem „Windhundprinzip“ vorrangige Anträge hätte berücksichtigen müssen, die Mittel wären danach verbraucht gewesen.
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Mit Schreiben vom 30. September 2015 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die geänderte Landesförderrichtlinie gerade den Ausbau von U6-Plätzen beabsichtige, die Ermessensausübung somit den Vorgaben der Landesregierung widerspreche. Ferner entbinde der Verweis auf die kreisweite Vollversorgung nicht von der Pflicht des Beklagten, das Vorortangebot bei ihr individuell zu prüfen. Auch sei sie nicht auf die Anwendung des „Windhundprinzips“ hingewiesen worden.
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Mit Bescheid vom 26. November 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Bezug auf die Begründung des Ausgangsbescheids stellte er erneut auf die kreisweite Ausbauquote im U6-Bereich sowie das Fehlen von Mitteln schon zur Deckung des Bedarfs bei U3-Maßnahmen ab. Lediglich einzelne, relativ kleine Umwandlungsmaßnahmen seien im U6-Bereich gegebenenfalls zu berücksichtigen. Ferner entspreche die Förderung auch von U3-Maßnahmen aus Landesmitteln den Vorgaben der Landesregierung, insoweit verweise er auf ein Schreiben der Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung des Landes Schleswig-Holstein vom 16. April 2015.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 16. Dezember 2015 unter Verweis auf ihr Vorbringen im Widerspruch, auf den der Beklagte nicht näher eingegangen sei. Insbesondere ist sie der Ansicht, dass die Landesmittel nur nachrangig für den Ausbau von U3-Plätzen verwendet werden könnten, und macht neuerlich die Notwendigkeit der Berücksichtigung des örtlichen Bedarfs für U6-Plätze geltend, zumal steigender Bedarf bei U3-Plätzen dazu führen werde, dass für diese Kinder bei Erreichen der Altersgrenze weitere U6-Plätze benötigt würden.
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Die Klägerin beantragt,
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den Bescheid des Beklagten vom 22. September 2015 und den Widerspruchsbescheids vom 26. November 2015 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Unter Wiederholung und Vertiefung des Vorbringens im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid verweist er darauf, dass trotz bisheriger Förderung im Volumen von 20.000.000 EUR im U3-Ausbau nach wie vor Defizite bestünden. Vor diesem Hintergrund sei es nicht ermessensfehlerhaft gewesen, auf eine Förderung größerer Vorhaben für die Schaffung weiterer Plätze für Kinder über 3 Jahre zu verzichten, da dies bedeutet hätte, dass viele zweckmäßige kleine Ausbaumaßnahmen sowie qualitätsverbessernde Maßnahmen so gut wie gar nicht hätten berücksichtigt werden können und der notwendige U3-Ausbau zum Erliegen gekommen wäre. Ferner weist der Beklagte darauf hin, dass inzwischen bereits Fördermaßnahmen im Umfang von 280.000,74 EUR aus Landesmitteln bewilligt worden seien.
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Die Kammer hat mit Beschluss vom 01. Juni 2017 den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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1. Die Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist als (Bescheidungs-) Verpflichtungsklage statthaft.
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Zwar hat die Klägerin ausdrücklich (nur) die Aufhebung der streitbefangenen Bescheide begehrt. Bei sachdienlicher Auslegung unter Einbeziehung des gesamten Vortrages der Klägerin ist dieser Antrag als Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage gemäß §§ 42 Abs. 1 Alt. 2, 113 Abs. 5 S. 2 VwGO auszulegen. Denn in der Sache macht die Klägerin bereits im Vorverfahren und in der Klageschrift unter Hinweis darauf, dass ihr ein Anspruch auf Förderung zustehe, ein Verpflichtungsbegehren geltend.
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2. Die Klage ist in dieser Gestalt zulässig (a.) aber in der Sache unbegründet (b.).
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a. Die Klage ist als (Bescheidungs-)Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO zulässig, denn der Bescheid des Beklagten stellt eine Maßnahme mit Außenwirkung, mithin einen Verwaltungsakt im Sinne des § 106 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz (LVwG SH) dar. Maßgeblich hierfür ist, dass die Gemeinde nach Ziffer 3 der Landesförderrichtlinie vorliegend wie ein privater Träger von Kindertageseinrichtungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen vom 12. Dezember 1991 (Kindertagesstättengesetz – KiTaG) als Antragstellerin auftritt, nach der Förderrichtlinie aber einheitlich über Zuwendungen durch Bescheid entschieden wird.
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Dieser Antrag ist vorliegend auch nicht erledigt, denn ein möglicher Anspruch der Klägerin auf Erlass des Bewilligungsbescheides ist nicht wegen Verbrauchs der Fördermittel entfallen. Nach Vortrag der Parteien sind lediglich die Bundesmittel verbraucht, aus den Landesmitteln in Höhe von 1.246.000 EUR stehen aber noch 965.995,28 EUR für weitere Bewilligungen zur Verfügung.
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b. Die Klage bleibt allerdings in der Sache ohne Erfolg, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung aus der Landesförderrichtlinie in der Fassung vom 3. Juli 2015 bzw. auf (erneute) ermessensfehlerfrei Entscheidung über ihren Antrag.
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Eine Verpflichtung zur Bewilligung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil auf die begehrte Förderung kein Anspruch besteht (vgl. jeweils Ziffer 1.2 S.1 der Kreis – und der Landesförderrichtlinie).
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Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Anträge auf Förderung gemäß Ziffer 1.1 S. 2 der Landesförderrichtlinie besteht ebenfalls nicht. Er setzt voraus, dass das geplante Vorhaben als solches bewilligungsfähig ist, also eine Investition nach Ziffer 2 der Richtlinie darstellt und die Zuwendungsvoraussetzungen gemäß Ziffer 4 erfüllt sind. Diesen Anforderungen entspricht der Antrag aber vorliegend nicht (aa.), ohne dass es auf eine Überprüfung der Ermessensbetätigung des Beklagten oder eine Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten der Klägerin ankäme (bb.).
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aa. Die von der Klägerin begehrte weitere Förderung für den Ausbau der Kindertagesstätte zur Schaffung weiterer zehn U6-Plätze ist nach den Vorgaben der Landesförderrichtlinie nicht bewilligungsfähig.
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Zwar trifft zu, dass nach dem Zuwendungszweck in Ziffer 1.1 S. 1 der geänderten Landesförderrichtlinie allgemein der Ausbau von Elementarplätzen gefördert wird, wobei zusätzliche Plätze als vorrangiges Ziel geschaffen werden sollen. Die Erhöhung des Betreuungsangebotes für Kinder unter drei Jahren nennt die Richtlinie sodann nur als weiteres Ziel in Satz 2. Sämtlichen geplanten Vorhaben ist dabei aber gemein, dass die Schaffung neuer Plätze nach Ziffer 4.4 der Landesförderrichtlinie im Bedarfsplan nach § 7 KiTaG als erforderlich ausgewiesen sein muss. Diesen Anforderungen wird das Vorhaben trotz gegenteiliger Behauptung der Klägerin in ihrem Antrag angesichts einer Bedarfsdeckung im Kreisgebiet für U6-Plätze von über 100% nicht gerecht. In ihrem Schriftsatz vom 24. März 2016 hat die Klägerin auch eingeräumt, dass letztere Zahlen den Stand des derzeitigen Ausbaus wiedergeben.
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Insoweit geht die Ansicht der Klägerin fehl, dass der Beklagte die konkrete Bedarfssituation im Gemeindegebiet hätte berücksichtigen und dabei die Prognose der Klägerin hätte berücksichtigen müssen. Vielmehr trifft im Gegenteil zu, dass eine Bedarfsdeckung im Kreisgebiet die Förderung von Vorhaben zur Schaffung zusätzlicher Plätze gemäß Ziffer 4.4 in Verbindung mit dem Bedarfsplan sperrt.
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Gemäß § 6 S. 1 KiTaG obliegt die Planung und Gewährleistung des bedarfsgerechten Angebots an Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen nach §§ 24 und 24 lit. a SGB VIII bei den Kreisen und kreisfreien Städte als örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, hingegen sind die Gemeinden nach Satz 3 der Vorschrift lediglich bei der Planung zu beteiligen; ein eigener Einschätzungsspielraum steht ihnen insoweit nicht zu. Gemäß § 7 Abs. 1 KiTaG erstellen die öffentlichen Träger einen Bedarfsplan unter Erhebung des Bestandes und des Bedarfs an Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen nach Vorgaben des Landes. Mit dem Plan erfolgt die Festlegung des bedarfsgerechten Angebots an Plätzen nach Zahl, Art und Ausgestaltung abschließend unter Berücksichtigung von Bedürfnissen und Wünschen der Erziehungsberechtigten, Absatz 2. Dabei soll der Plan gemäß Absatz 3 der Norm auch die Feststellung des bedarfsgerechten Angebots enthalten. Vorliegend weist der aktuelle Bedarfsplan nach dem – insoweit unbestrittenen – Vortrag des Beklagten aber eine weitgehende Bedarfsdeckung im Kreisgebiet aus. Ein Defizit an Betreuungsplätzen verstanden als Differenz zwischen der anvisierten Bedarfsquote und dem tatsächlichen Angebot besteht hier nach dem Vortrag des Beklagten im U3-Bereich, nicht aber für die U6-Plätze, wie die Klägerin selbst einräumt. Insoweit mag es zutreffen, dass in den kommenden Jahren auch im Gemeindegebiet der Klägerin angesichts des erhöhten Bedarfs an U3-Plätzen auch der Bedarf an U6-Plätzen mit dem Älterwerden der Kinder steigen wird. Eine Förderung käme aber nur in Betracht, wenn sich diese Entwicklung auch in einer entsprechende Anpassung der Bedarfsplanung des Beklagten niederschlägt, was vorliegend aber (noch) nicht erfolgt ist.
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Entsprechend liegt in der Förderungspraxis des Beklagten, welche im U3-Bereich sowohl Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung als auch zum Ausbau des Platzangebots bewilligt, im U6-Bereich aber lediglich Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung berücksichtigt, gerade kein Verstoß gegen die Vorgaben der Landesförderrichtlinie. Vielmehr resultiert diese Praxis gerade aus dem Zusammenspiel der in Ziffer 1.1 genannten Zuwendungszwecke mit dem Bedarfsvorbehalt für die Schaffung neuer Plätze in Ziffer 4.4. So kommt im Grundsatz (nur) eine Förderung des Ausbaus von Elementarplätzen gemäß Ziffer 1.1 S. 1 in Betracht. Besteht – wie im Kreisgebiet des Beklagten - hieran gemäß Ziffer 4.4 in Verbindung mit dem Bedarfsplan nach § 7 KiTaG kein Bedarf, kommt daneben nach Ziffer 1.1 S. 2 eine Förderung von Investitionen des Betreuungsangebots im U3-Bereich in Betracht, wobei wiederum ein entsprechender Bedarf gem. Ziffer 4.4 Voraussetzung ist.
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Selbst wenn das Vorhaben der Klägerin vorliegend grundsätzlich förderungsfähig wäre, läge jedenfalls keine Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens gemäß § 114 S. 1 VwGO vor. Der Beklagte hat in seiner Orientierung am Bedarf für Ausbaumaßnahmen im U3-Bereich nach Ansicht des Gerichts gerade nicht gegen Vorgaben der Förderrichtlinie verstoßen. Vielmehr dürfte die Förderrichtlinie die Abstufung der Förderziele in Orientierung am konkreten Bedarf in den jeweiligen Kreisen beabsichtigen: dort, wo der Bedarf an Betreuungsplätzen im U6- bzw. Elementarbereich gesichert ist, kommt nach Ziffer 1.1 S. 2 gerade die Förderung von U3-Plätzen zum Tragen. Insoweit entspricht es den Vorgaben, wenn der Beklagte angesichts der derzeit weitgehenden Bedarfsdeckung mit U6-Plätzen gegenüber bestehenden Defiziten hinsichtlich der Bereitstellung von U3-Plätzen im Kreisgebiet lediglich qualitätsverbessernde Maßnahmen im U6-Bereich bewilligt.
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bb. Schließlich besteht hier auch deshalb kein Raum für eine andere Betrachtungsweise, weil es nicht der Klägerin obliegt, gegenüber ihren Einwohnern für eine optimale Versorgung mit Elementarplätzen zu sorgen, auch insoweit unterliegt die Entscheidung des Beklagten keinerlei Bedenken.
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Die planerische Verantwortung für die Versorgung mit Betreuungsplätzen obliegt allein dem Beklagten gemäß § 6 S. 1 KiTaG; nur er ist nach § 24 SGB VIII gegenüber den betreuungsberechtigten Kindern leistungspflichtig. Die mögliche Trägerschaft von Gemeinden und Ämtern gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 KiTaG für konkrete Einrichtungen sowie die Pflicht der Gemeinden, die Kreise gemäß § 6 S. 2 KiTaG bei der Erfüllung zu unterstützen, stellt insoweit nur eine bloß objektiv-rechtliche Verpflichtung dar, mit der kein (zusätzlicher) Anspruch eines Kindes gegenüber Gemeinden geschaffen wird (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 08. Dezember 2016 – 12 S 1782/15 –, Rn. 39, juris).
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In diesem Rahmen muss der Beklagte als Träger lediglich sicherstellen, dass für jedes anspruchsberechtigte Kind auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. August 2013 – 12 A 55/13 –, Rn. 7, juris). Darüber hinaus richtet sich ein solcher Anspruch der Eltern aber auch nicht auf die Bereitstellung eines konkreten Platzes in einer bestimmten Einrichtung. Hierfür spricht bereits die Vorschrift des § 10 KiTaG, demzufolge Betreuungsplätze in zumutbarer Entfernung zum Wohnort errichtet werden sollen, der aber kein Recht auf wohnortnahe Versorgung, geschweige denn eine Garantie auf Betreuungsplätze im Gemeindegebiet enthält. Dies spiegelt sich im Übrigen auch in der Pflicht zum Kostenausgleich zwischen Standortgemeinde und Wohngemeinde gemäß § 25a KiTaG wider, welche gerade den Fall regelt, dass mangels Angebots bedarfsgerechter Plätze in der Wohnortgemeinde eine Kindertagesstätte in einer Nachbargemeinde besucht wird (vgl. zum Ganzen auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 28. November 2014 – 4 ME 221/14 –, Rn. 5; unter Verweis auf BVerwG, Urteil vom 21.1.2010 - 5 CN 1.09 -; ferner Urteil vom 25.4.2002 - 5 C 18.01 - zu der insoweit inhaltsgleichen Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in der bis zum 31. Juli 2013 gültigen Fassung).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO iVm. §§ 708 ff. ZPO.
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Urteil einreichenSchleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 20. Juni 2017 - 12 A 333/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Berufungszulassungsverfahrens.
1
Der Antrag ist unbegründet.
2Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerinnen keinen Anspruch auf Erstattung der Betreuungskosten für ihre Unterbringung in der privatgewerblichen Tageseinrichtung „Das L. “ in T. haben, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
3Ein Anspruch auf Übernahme der Betreuungskosten folgt - anders als die Klägerinnen meinen - nicht aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung bzw. § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung. Danach hat ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung bzw. auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Dass mit der Neufassung des § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII durch die Wahl der Formulierung „Förderung in einer Tageseinrichtung“ anstelle der bisherigen Formulierung „Besuch einer Tageseinrichtung“ eine inhaltliche Veränderung des Rechtsanspruchs einhergeht, ist nicht ersichtlich. Das Gesetz verleiht daher Kindern über drei Jahren bis zum Schuleintritt unverändert einen Leistungsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung gegen den örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe.
4Zwar gehörte die Klägerin zu 1. in dem Zeitraum Juni 2010 bis Juli 2012 und gehört die Klägerin zu 2. seit Januar 2011 zum Kreis der insoweit Anspruchsberechtigten. Sie dringen jedoch mit Auffassung nicht durch, die Beklagte müsse den Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung durch Finanzierung ihrer Plätze in der von ihren Eltern gewählten Tagesstätte „Das L. “ in T. erfüllen.
5Der bundesrechtlich in § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII a.F. bzw. § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII n.F. verankerte Leistungsanspruch ist - anders als die von den Klägerinnen hier in Bezug genommene und auf den Einzelfall zugeschnittene Hilfe zur Erziehung - nur auf ein Regelangebot ausgerichtet. Die Vorschrift vermittelt keinen Anspruch auf eine individualisierte Leistung.
6Vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 24, Rn. 9.
7Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe muss im Rahmen seiner bundesrechtlichen Gewährleistungsverantwortung auch nur sicher stellen, dass für jedes Kind, das den Rechtsanspruch hat, tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht. Der Anspruch geht dementsprechend nach Inhalt und Reichweite nicht auf einen bestimmten Platz oder eine bestimmte Tageseinrichtung, sondern nur auf einen Platz in einer grundsätzlich geeigneten, d.h. den konkreten Bedarf des Kindes bedienenden, zumutbaren Tagesstätte. Dasselbe gilt dann auch für das Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII.
8Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 24. April 2002 - 5 C 18/01 -, BVerwGE 116, 226, juris und vom 21. Januar 2010 - 5 CN 1/09 -, EuG 2010, 209, juris.
9Nach der für sämtliche kinder- und jugendhilferechtlichen Leistungen geltenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII steht den Leistungsberechtigen - hier wahrgenommen durch die Eltern der Klägerinnen als deren gesetzliche Vertreter - das Recht zu, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern, sofern dies nicht im Sinne des § 5 Abs. 2 SGB VIII mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Das zuständige Jugendamt ist in Ansehung dieses Wunsch- und Wahlrechts in den gesetzlich vorgesehenen Grenzen verpflichtet, den Leistungsberechtigten auch die ihren Wünschen entsprechende Betreuungsform zu vermitteln. Das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII schafft allerdings keinen Anspruch auf neue Dienste und Einrichtungen und damit auf die Erweiterung des vorgehaltenen Angebots, sondern ist auf das tatsächlich vorgehaltene Angebot beschränkt.
10Vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 24, Rn. 19 und § 5, Rn. 9; Schindler, in: LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 5, Rn. 5; Wiesner und Struck, in: Wiesner, SGB VIII, a.a.O., § 5, Rn. 9 sowie § 24, Rn. 23; Münder, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 5, Rn. 11, jeweils m.w.N.
11Da der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zudem auch nicht verpflichtet werden kann, einen Platz in einer Einrichtung zuzuweisen, der gegenüber er diese Verpflichtung nicht durchsetzen kann, kann sich das Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 SGB VIII auch nur auf solche Einrichtungen beziehen, deren Inanspruchnahme durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe tatsächlich durchsetzbar ist.
12Vgl. Fischer, in :Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, a.a.O., § 24, Rn.16.
13Dies ist in Nordrhein-Westfalen nur bei den Einrichtungen der Fall, die in die örtliche Jugendhilfeplanung aufgenommen sind. Das tatsächlich vorgehaltene institutionelle Angebot an Kindertagesbetreuung und das damit korrespondierende Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII werden folglich durch die (ordnungsgemäße) materiell-rechtliche Planungsentscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe in zulässiger Weise bestimmt und begrenzt.
14Es ist auch im Lichte der Zulassungsbegründung nicht ersichtlich, dass die insoweit entscheidende jugendhilferechtliche Bedarfsplanung fehlerhaft gewesen ist. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass aufgrund der umfassenden Bedarfsplanung ein Betreuungsangebot im Umfang von 25 Wochenstunden im ortsnahen Bereich zur Verfügung gestanden habe. Mit dem Kindergarten in E. und der Einrichtung „L1. C. “ im C1.-------------weg seien zwei Einrichtungen einbezogen, deren Pädagogik - wie offenbar bei der Einrichtung „Das L. “ - auf dem Ansatz nach Maria Montessori beruhten. Damit hätte im Übrigen auch der sich aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergebende Anspruch der Klägerinnen auf Förderung in einer Tageseinrichtung - bei rechtzeitiger Antragstellung – erfüllt werden können.
15Dass dem zuständigen Jugendhilfeträger vom Träger der von den Klägerinnen besuchten Einrichtung „Das L. “ ein Belegungsrecht eingeräumt war bzw. ist, haben die Klägerinnen nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass mit der genannten Einrichtung weitere Betreuungsplätze vorhanden waren bzw. sind, führt mit Blick auf die unabhängig davon gewährleistete Bedarfsdeckung nicht zur Fehlerhaftigkeit der die Einrichtung „Das L. “ ausschließenden Planungsentscheidung. Dass „Das L. “ als privatgewerbliche Einrichtung staatlich nicht nach den Regelungen der §§ 18 ff. KiBiz gefördert wird, ist kein Gesichtspunkt, dem auf der Ebene des hier in Rede stehenden individuellen Förderanspruchs der Klägerinnen und der insoweit an den Anforderungen der Bedarfsdeckung und der „Pluralität“ zu messenden jugendhilferechtlichen Planungsentscheidung Bedeutung zukommt. Der geltend gemachte Förderanspruch müsste von den Trägern derartiger Einrichtungen gesondert geltend gemacht werden. Gegen deren Einbeziehung in die öffentliche Förderung dürfte allerdings - anders als von den Klägerinnen angenommen - auch unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG schon der sachgerechte Anknüpfungspunkt der typischerweise mit diesen Einrichtungen verbundenen Gewinnerzielung sprechen. Es ist im Rahmen des § 74a SGB VIII nicht Aufgabe der staatlichen Einrichtungsförderung, die private Gewinnerzielung zu ermöglichen oder zu begünstigen.
16Der Hinweis der Klägerinnen auf die gesetzliche Anerkennung privatgewerblicher Träger führt nicht weiter. Die Reichweite der Anerkennung privatgewerblicher Träger in § 6 Abs. 2 KiBiz als Träger von Kindertageseinrichtungen ist auf eben diese Anerkennung beschränkt. Ziel dieser Anerkennung ist es lediglich gewesen, der Entwicklung in der Praxis Rechnung zu tragen, wonach auch solche Einrichtungen einen Beitrag zur Lösung des bestehenden Betreuungsbedarfs leisten können. Dabei sollten als Träger auch solche in Betracht kommen, „die eine Tageseinrichtung für Kinder mit Gewinnerzielungsabsicht betreiben oder denen eine eigene Rechtspersönlichkeit fehlt, wie dies z.B. bei Betriebskindergärten denkbar ist.“
17Vgl. LT-Drucks. 14/4410, S. 43.
18Dass die Anerkennung solcher Träger nicht zu einer Förderung führt, hat der Gesetzgeber seinerzeit ebenfalls deutlich gemacht.
19Vgl. LT-Drucks. 14/4410, S. 43: „Eine Förderung ist damit nicht verbunden.“
20Das Vorbringen der Klägerinnen ist auch nicht geeignet, eine den Anforderungen aus §§ 22, 22a SGB VII genügende, bedarfsgerechte Betreuung in den von der Beklagten benannten Einrichtungen und die „Pluralität der Jugendhilfe“ bei den vorgehaltenen Einrichtungen in Frage zu stellen. Ihre Ausführungen, die privatgewerblichen Einrichtungen hätten „oft“ andere pädagogische Ausrichtungen und andere Betreuungsorganisationen, sie böten eine größere zeitliche Flexibilität, lassen gegenüber dem konkreten Hinweis der Beklagten auch auf Einrichtungen, die auf dem Betreuungsansatz nach Montessori beruhen, an jeglicher Substantiierung vermissen.
21Der Hinweis der Klägerinnen auf den Charakter der finanziellen Förderung nach dem KiBiz als „Entgeltförderung“ rechtfertigt nicht die Annahme der Unzulässigkeit der Begrenzung des Wunsch- und Wahlrechts nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII durch die Planungsentscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe. Dabei wird schon verkannt, dass die finanzielle Förderung nach den §§ 18 ff. KiBiz entscheidend durch die Jugendhilfeplanung gesteuert wird, in der die Bedarfslage ermittelt und über die Bedarfsdeckung entschieden wird; der finanziellen Förderung kommt insoweit lediglich ein akzessorischer Charakter zu, der einer selbständigen, von der Planungsentscheidung abweichenden Erweiterung des Wunsch- und Wahlrechts entgegensteht.
22Zur Bedeutung der Jugendhilfeplanung und zum Verhältnis zwischen Jungendhilfeplanung und Finanzierung vgl. OVG NRW; Beschluss vom 30. September 2010 ‑ 12 A 2778/09 -, juris, m.w.N.
23Die Klägerinnen gehen auch fehl in der Annahme, die Kindpauschalen, über die die Kindertageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen gefördert werden (vgl. § 19 Abs. 1 KiBiz), stünden in einem unmittelbaren Austauschverhältnis mit der dem Kind erbrachten Betreuungsleistung und seien daher einem Leistungsentgelt gleichzusetzen mit der Folge, dass das Wunsch- und Wahlrecht ohne Einschränkung gelte. Die Betreuungsleistungen werden dem Kind von der Tageseinrichtung nämlich nicht im Sinne eines Vertrages zugunsten Dritter unmittelbar gegen die Zahlung der Kindpauschale seitens des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erbracht, sondern nur aufgrund des Betreuungsvertrages mit dem Kind bzw. seinen Eltern.
24Steht den Klägerinnen auch unter Berücksichtigung ihrer Darlegungen im Berufungszulassungsverfahrens der geltend gemachte Anspruch auf Förderung in der Tageseinrichtung „Das L. “ aus materiellen Gründen nicht zu, kommt es zum einen darauf, dass vorliegend ein Antrag erst am 6. September 2011 gestellt worden ist, nicht mehr an. Die vorherige Antragstellung ist allerdings auch hier sinnvoll und notwendig, und zwar gerade auch vor dem Hintergrund des von den Klägerinnen in den Vordergrund ihrer Argumentation gerückten Wunsch- und Wahlrechts des § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Das Wunsch- und Wahlrecht macht es nämlich erforderlich, dass die Eltern den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe frühzeitig über ihren Bedarf und ihre Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Tagesbetreuung (zeitlicher Umfang, pädagogisches Konzept) informieren, damit dieser seiner Gesamt- und Planungsverantwortung aus den §§ 79 Abs. 1, 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VIII gerecht werden kann.
25Zum anderen kommt auch eine Übernahme der Aufwendungen für den von die Klägerinnen selbst beschafften Plätze in der Tageseinrichtung nicht in Betracht. Auch der - sekundäre - Aufwendungsersatz bei Selbstbeschaffung bei Systemversagen setzt das Bestehen des Rechtsanspruchs voraus.
26Vgl. zu § 36a Abs. 3 SGB VIII: OVG NRW, Urteil vom 25. April 2012 - 12 A 659/11 -, JAmt 2012, 548, juris und Beschluss vom 8. November 2012 - 12 A 744/12 -, juris.
27Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen haben die von den Klägerinnen im Übrigen aufgeworfenen weiteren Rechtsfragen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. sind sie in dieser Rechtssache nicht entscheidungserheblich. Die Reichweite des Wunsch- und Wahlrechts nach § 5 Abs. 1 SGB VIII ist in der Rechtsprechung geklärt. Die Fragen, ob das Wunsch- und Wahlrecht des § 5 SGB VIII auch die Wahl privatgewerblicher Kindertagesstätten erfasst bzw. ob das Wahlrecht dadurch beschränkt werden darf, dass privatgewerbliche Träger von der öffentlichen Förderung ausgeschlossen sind, ist in der hier zur Entscheidung stehenden Fallgestaltung, in der der sich aus § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergebende Betreuungsanspruch („Besuch einer Tageseinrichtung“) bedarfsgerecht erfüllt werden konnte, nicht entscheidungserheblich. Die Frage, ob im Rahmen der Kindertagesbetreuung ein grundsätzliches Recht auf Selbstbeschaffung besteht, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats - wie bereits ausgeführt - geklärt und zu verneinen. Die von den Klägerinnen aufgeworfene Frage, ob das im KiBiz verankerte Förderregime gegen das Recht der Eltern auf Gleichbehandlung verstößt, ist in diesem Verfahren ebenfalls nicht zu entscheiden.
28Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2, 1. Halbsatz gerichtskostenfrei.
29Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist nunmehr rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.