Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410

bei uns veröffentlicht am08.10.2015

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung bzw. Abänderung von Bescheiden über eine landwirtschaftliche Förderung (Betriebsprämie) und Neufestsetzungen für vergangene Jahre.

Mit Mehrfachantrag vom 4.5.2005 beantragte der Kläger die Festsetzung der Zahlungsansprüche im Rahmen der Betriebsprämie. Im Flächen- und Nutzungsnachweis (FNN) führt er insgesamt 1.074,96 ha Fläche auf. Das Amt für Landwirtschaft und Forsten (im Folgenden entspr. der neuen Bezeichnung AELF) belegte davon 895,88 ha mit dem Sondercode 90. Es handelte sich dabei um Flächen im Truppenübungs Platz H … mit militärischer Nutzung, die vom Kläger mit Schafen beweidet wurden. Der Kläger beantragte dennoch diese Sonderflächen vorbehaltlich der Anerkennung mit „B“ für die Gewährung der Betriebsprämie. Das AELF erkannte die mit Sondercode 90 eingestuften Flächen nicht als beihilfefähige landwirtschaftliche Flächen an und berücksichtigte nur 179,08 ha bei der Zuteilung von Zahlungsansprüchen. Mit Bescheid des AELF vom 16.2.2006, geändert mit Bescheid vom 7.7.2006, wurden dem Kläger 109,89 Zahlungsansprüche zugeteilt.

In den Folgejahren 2006 bis 2009 wurden die auf dem Truppenübungs Platz H … befindlichen und mit Sondercode 90 belegten Flächen im Flächennutzungsnachweis vom Kläger mit „N“ codiert und dementsprechend für diese Flächen keine Betriebsprämie ausbezahlt. Gegen die Bewilligungsbescheide über die Betriebsprämien für die Jahre 2005 bis 2009 sowie den Bescheid über die Festsetzung der Zahlungsansprüche legte der Kläger keine Rechtsmittel ein.

Im FNN zum Mehrfachantrag 2010 beantragte der Kläger auch die mit dem Sondercode 90 belegten Flächen im Truppenübungs Platz mit „B“ und damit für die Betriebsprämie. Gegen die ablehnenden Entscheidungen der Landwirtschaftsverwaltung hinsichtlich dieser Flächen erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg.

Auch im FNN für das Jahr 2011 beantragte der Kläger für die mit Sondercode 90 belegten Flächen wiederum Betriebsprämie. Gegen den Ablehnungsbescheid des AELF vom 21.11.2011 erhob der Kläger keinen Widerspruch.

Mit Urteil vom 14.2.2013 verpflichtete das Verwaltungsgericht Regensburg den Beklagten, dem Kläger für das Jahr 2010 für die beantragten Flächen im Truppenübungs Platz H … Betriebsprämie zu gewähren. Die Flächen seien grundsätzlich beihilfefähig.

Auch für das Jahr 2012 beantragte der Kläger mit Sondercode 90 belegten Flächen im Flächennutzungsnachweis Betriebsprämie. Gegen den Ablehnungsbescheid des AELF vom 12.12.2012 erhob der Kläger - anders als für das Jahr 2011 - Widerspruch. Für das Jahr 2012 half das AELF dem Widerspruch des Klägers nach dem Urteil für das Jahr 2010 ab und gewährte auch für Flächen im Truppenübungs Platz Betriebsprämie.

Mit Schreiben vom 15.5.2013 beantragte der Kläger das Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der bestandskräftig verbeschiedenen Bewilligung der Betriebsprämie für die Jahre 2005 bis 2009 sowie für 2011 und der Festsetzung der Zahlungsansprüche.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 28.1.2014 lehnte das AELF den Antrag vom 15.5.2013 ab. Zur Begründung wird ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß Art. 51 BayVwVfG. Hinsichtlich der Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009 und das Jahr 2011 sei der Antrag bereits unzulässig. Für die Jahre 2006 bis 2009 könne der Kläger keine rechtliche Beschwer geltend machen. Der Kläger habe die im Truppenübungs Platz H … befindlichen Flächen in diesen Jahren im FNN immer mit dem Buchstaben „N“ beantragt. Dies bedeute, dass die Fläche nicht für die Aktivierung von Zahlungsansprüchen beantragt werde. Im Merkblatt zum Mehrfachantrag 2006 lasse sich beispielweise unter der Nr. 2.1 entnehmen, dass die Fläche für die Aktivierung der ZA im FNN mit „B“ gekennzeichnet werden müsse. Über die Betriebsprämie sei daher in den Jahren 2006 bis 2009 insoweit antragsgemäß entschieden. Darüber hinaus sei eine Änderung der Mehrfachanträge für die Jahre 2006 bis 2009 gemäß Art. 15 Abs. 2 i.V.m. Art. 21 bzw. Art. 21a Abs. 2 VO(EG) Nr. 796/2004 zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr möglich. Hinsichtlich der Betriebsprämie 2011 sei der Antrag auf Wiederaufgreifen ebenfalls unzulässig. Auch wenn die Flächen nach der Entscheidung des VG Regensburg auch im Jahr 2011 als förderfähige landwirtschaftliche Fläche angesehen werden könnten, sei der Antrag nach Art. 51 Abs. 2 BayVwVfG unzulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande gewesen sei, den Grund für das Wiederaufgreifen in den früheren Verfahren insbesondere durch Rechtsbehelf geltend zu machen. Gegen den Ablehnungsbescheid für das Jahr 2011, anders als für die Jahre 2010 und 2012, habe der Kläger keinen Widerspruch eingelegt. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt eine Entscheidung des VG Regensburg noch nicht vorgelegen habe, sei er nicht ohne grobes Verschulden daran gehindert gewesen, seine Rechte rechtzeitig und durch Rechtsbehelfe geltend zu machen. Hinsichtlich der Betriebsprämie für das Jahr 2005 sowie der Festsetzung der Zahlungsansprüche sei zudem, anders als im Jahr 2010 bei der Entscheidung des VG Regensburg, nicht die Verordnung (EG) Nr. 73/2009, sondern noch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 einschlägig. Es sei zweifelhaft, ob das Urteil des VG Regensburg vom 14.2.2013 hier anwendbar sei. In der Änderung der Rechtsprechung liege grundsätzlich auch keine Änderung der Rechtslage. Daneben habe der Kläger auch keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG. Dies stehe im Ermessen der Behörde. Hierzu sei jedoch anzumerken, dass die Bestandskraft Rechtsfrieden und Rechtssicherheit gewähren solle. Dementsprechend verdichte sich das Ermessen der Behörde zum Wiederaufgreifen des Verfahrens nur dann zur Pflicht zum Wiederaufgreifen, wenn das Festhalten am Verwaltungsakt schlechthin unerträglich oder der Verwaltungsakt offensichtlich fehlerhaft wäre. Dafür seien jedoch keine Anhaltspunkte erkennbar. Anzumerken sei weiterhin, dass aufgrund der Selbstbindung der Verwaltung und des in Art. 3 GG verankerten Gleichbehandlungsgrundsatzes ein Wiederaufgreifen des Verfahrens dazu führe, dass alle vergleichbaren Sachverhalte von der Verwaltung ebenfalls wieder aufgegriffen werden müssten. Aufgrund dessen werde das Ermessen im Bereich der landwirtschaftlichen Förderung in der Regel dahingehend so ausgeübt, dass von einer Aufhebung/Änderung und einer Nachzahlung abgesehen werde. Eine Reduzierung des Ermessens zu Gunsten des Klägers sei auch nicht aufgrund Gemeinschaftsrechts gegeben. Die Rechtssicherheit sei als Grundsatz im Gemeinschaftsrecht verankert.

Am 28.2.2014 ließ der Kläger hiergegen Klage erheben. Dem Kläger sei im Jahr 2005 auf Nachfrage vom AELF mitgeteilt worden, dass es sich bei den Flächen im Truppenübungs Platz um keine beihilfefähigen Flächen handele. Dem Kläger sei dabei nicht mitgeteilt worden, dass es sich hierbei lediglich um eine Meinung und Einschätzung des AELF handele, sondern dass es zwingend so sei bei einem Truppenübungsplatzgelände. Nur aus diesem Grund habe er in den Folgejahren in den jeweiligen FNN diese Flächen mit dem Buchstaben „N“ statt mit „B“ beantragt. Ihm sei gesagt worden, dass einem Antrag mit „B“ für diese Flächen keinesfalls stattgegeben werde. Der Kläger sei auch in die Qualifizierung der Flächen mit Sondercode 90 nicht eingebunden worden. Eine Anhörung habe nicht stattgefunden. Der Änderungsbescheid betreffend die Festsetzung der Zahlungsansprüche vom 7.7.2006 sei damit rechtswidrig. Es hätten richtigerweise für die gesamte Fläche Zahlungsansprüche zugeteilt werden müssen gemäß VO(EG) Nr. 1782/2003. Dem Kläger seien daher unter Aufhebung der Bescheide der Jahre 2005 bis 2011 weitere Zahlungsansprüche für die Flächen im Truppenübungs Platz zuzuteilen und auf dieser Basis durch Aktivierung dieser Zahlungsansprüche Betriebsprämie für die vergangenen Jahre zu bewilligen. Dabei sei noch zu berücksichtigen, dass dem Kläger im Jahr 2006 aufgrund Neuberechnung nachträglich aus der nationalen Reserve weitere Zahlungsansprüche zugeteilt worden seien. Diese seien dann aber mit Bescheid vom 23.3.2009 wieder eingezogen worden, da diese im Jahr 2008 als nicht genutzt, da nicht beihilfefähig eingestuft worden seien. Aufgrund weiteren Flächenabgangs habe der Kläger deswegen ab 2008 keine ausreichende Aktivierungsfläche für diese weiteren Zahlungsansprüche gehabt. Auch dieser Einzug sei rechtswidrig gewesen.

Der Kläger beantragt,

I.

den Bescheid des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Neumarkt i.d.OPf. vom 28.1.2014 aufzuheben.

II.

den Beklagten zu verpflichten,

  • 1.die Betriebsprämie für die Jahre 2006, 2007, 2008, 2009 und 2011 unter Aufhebung der Bescheide für die vorgenannten Jahre durch Aktivierung von Zahlungsansprüchen für diese Flächen im Truppenübungs Platz in H … mit insgesamt 968,50 ha Flächen zu gewähren;

  • 2.dem Kläger unter Aufhebung der Entscheidung für den Antrag von der Zuteilung von Zahlungsansprüchen im Jahr 2005 gemäß Art. 44 Abs. 1 VO(EG) Nr. 1782/2003 für insgesamt 968,50 ha Fläche Zahlungsansprüche zuzuteilen.

Der Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Bescheid,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 28.1.2014 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

1. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß Art. 51 BayVwVfG auf Wiederaufgreifen der bestandskräftig abgeschlossenen Verfahren zur Gewährung von Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009 und 2011 sowie zur Festsetzung der zugrunde liegenden Zahlungsansprüche mit Zuteilungsbescheid vom 7.7.2006. Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind insoweit nicht erfüllt.

Nach Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Bescheides zu entscheiden, wenn (1.) sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat oder (2.) neue Beweismittel vorliegen, die eine dem betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde oder (3.) Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 BayVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

Wiederaufgreifensgründe in Sinne des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG liegen schon nicht vor.

Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage zugunsten des Klägers im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG ist nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht daraus, dass das Gericht mit Urteil vom 14.2.2013 für das Jahr 2010 entschieden hat, dass die vom Kläger beweideten Flächen im Truppenübungs Platz H … im Rahmen der Betriebsprämie zu berücksichtigen sind. Eine Änderung der tatsächlichen Gegebenheiten ist nicht ersichtlich; sie ergibt sich vor allem nicht daraus, dass unveränderte tatsächliche Verhältnisse (rechtlich) anders beurteilt werden. Eine Änderung der maßgeblichen Rechtslage liegt ebenfalls nicht vor. Die einschlägigen Vorschriften, die zu den jeweiligen Entscheidungszeitpunkten maßgeblich waren, haben sich nicht geändert. Aus dem Urteil vom 14.2.2013 ergibt sich nichts anderes. Es betrifft nur die Auslegung der im Förderzeitraum 2010 maßgeblichen Rechtsgrundlagen und deren Anwendung im konkreten Zeitraum auf den Sachverhalt. Selbst grundlegende Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Auslegung einer Rechtsnorm stellen keine Änderung der Rechtslage im Sinne des Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG dar (vgl. z.B. BVerwG, B. v. 3.5.1996 - Az. 6 B 82/95 - juris). Das Urteil hatte als Einzelfallentscheidung damit keine unmittelbare Rechtswirkung für andere Förderzeiträume und auf die dort - ggf. auch anders als im Jahr 2010 - zu beurteilende Sach- und Rechtslage.

Anhaltspunkte für das Vorliegen von Wiederaufgreifensgründen im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 BayVwVfG sind nicht ersichtlich.

Hinsichtlich der Entscheidungen über die Gewährung einer Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009 steht einem Wiederaufgreifen des Verfahrens im Übrigen entgegen, dass der Kläger insoweit eine Betriebsprämie gar nicht beantragt hat. Über die Berücksichtigung dieser Flächen bei der Gewährung der Betriebsprämie hat der Beklagte damit gar nicht in den Bescheiden entschieden. Insoweit ist die Antragsfrist auch abgelaufen.

Das Gericht verweist ergänzend auf die Gründe in Ziffern II. 2.1 und 2.2 des angefochtenen Bescheids, denen das Gericht folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO).

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide über die Gewährung der Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009 und 2011 und für die Zuteilung der Zahlungsansprüche mit Bescheid vom 7.7.2006 nach Art. 48 BayVwVfG. Gemäß Art. 51 Abs. 5 BayVwVfG bleiben die Vorschriften des Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG und des Art. 49 Abs. 1 BayVwVfG von der Vorschrift des Art. 51 BayVwVfG unberührt.

Nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Entscheidung steht im Ermessen der Behörde. Der Kläger hat daher grundsätzlich nur einen Anspruch auf fehlerfreie Ermessensausübung.

Der Beklagte hat die hierzu erforderliche Ermessensentscheidungen getroffen und insoweit die Rechtswidrigkeit der Bescheide unterstellt. Jedenfalls für die Gewährung der Betriebsprämie für die Jahre 2006 bis 2009 ist aber schon nicht ersichtlich, dass die zugrunde liegenden Bescheide rechtswidrig wären. Denn der Kläger hat für diese Jahre die streitgegenständlichen Flächen im Truppenübungs Platz H … schon nicht für die Gewährung einer Betriebsprämie beantragt. Die Frage der Förderfähigkeit dieser Flächen war damit schon nicht Regelungsgegenstand der Förderbescheide für diese Jahre (s.o.).

Die Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden. Insbesondere liegen keine Umstände vor, nach denen sich das von Art. 48 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG eingeräumte Ermessen dahin verdichtet hat, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre.

Der Beklagte hat bei seiner Entscheidung wesentlich auf die Bedeutung der Bestandskraft von Bescheiden für den Rechtsfrieden und die Rechtssicherheit abgestellt und darauf, dass aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Selbstbindung der Verwaltung auch vergleichbare Sachverhalte wieder aufgegriffen werden müssten. Der Beklagte hat dabei auf die regelmäßige Praxis im Bereich der landwirtschaftlichen Förderung hingewiesen, in der Regel bei abgeschlossenen Fällen von einer Aufhebung/Änderung von Entscheidungen abzusehen. Dies sind sachgerechte Erwägungen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn hier der Beklagte der Bestandskraft getroffener Entscheidungen, einem Grundprinzip des Verwaltungsrechts, unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf zurückliegende Förderzeiträume grundsätzlich den Vorrang vor der materiellen Rechtmäßigkeit im Einzelfall einräumt.

Es wurde vom Beklagten aber auch das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls bzw. die Notwendigkeit einer ausnahmsweisen Aufhebung der bestandskräftigen Bescheide geprüft. Der Beklagte hat sich dabei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. U. v. 17.1.2007 - 6 C 32.06; B. v. 7.7.2004 - 6 C 24.03 - juris) damit auseinandergesetzt, ob das Festhalten an den bestandskräftigen Bescheiden „schlechthin unerträglich“ ist und dies in nicht zu beanstandender Weise verneint. Nach dieser Rechtsprechung besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich“ ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. BVerwG v. 17.1.2007, a.a.O. - Rn. 13).

Die einschlägigen Bescheide über die Betriebsprämie und die Zuteilung der Zahlungsansprüche sind nicht offensichtlich rechtswidrig. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob sich der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig erweist, ist in der Regel - und so auch hier - der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts. Die die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts möglicherweise gebietende Offensichtlichkeit fehlt, wenn die Evidenz des Rechtsfehlers erst später ersichtlich wird (vgl. BVerwG v. 17.1.2007, a.a.O. - Rn. 14). Daran gemessen kann eine (ggf. bestehende) Rechtswidrigkeit der Bescheide nicht als evident angesehen werden. Die im Urteil des Gerichts für das Förderjahr 2010 (RO 7 K 12.516) im konkreten Fall des Klägers entschiedene Frage, ob trotz des Umstandes, dass die Flächen im Truppenübungs Platz noch als beihilfefähige Fläche für die Betriebsprämie angesehen werden können, obwohl die landwirtschaftliche Nutzung von anderen, hier militärischen Nutzungszwecken überlagert wird, war umstritten und nicht abschließend geklärt. Vergleichbare Fragen waren zuletzt Gegenstand der Vorlagen nationaler Gerichte an den EuGH (vgl. Urteile v. 2.7.2015, Az. C-422/13 und C-684/13 - juris).

Der Beklagte hat sich auch damit auseinandergesetzt, ob Unionsrecht eine Rücknahme gebietet und insoweit unter Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darauf hingewiesen, dass insoweit jedenfalls die Voraussetzung der Ausschöpfung des nationalen Rechtswegs nicht gegeben ist. Dass dies ermessensfehlerhaft wäre, ergibt sich nicht (vgl. auch BVerwG v. 21.6.2013, 3 B 89/12 - juris).

Schließlich hat sich der Beklagte auch mit den Auswirkungen der Entscheidungen für den Kläger befasst. Auch insoweit ergeben sich keine Ermessensfehler. Auch die vorgebrachten finanziellen Auswirkungen der Entscheidungen für den Kläger führen nach Auffassung der Kammer nicht dazu, dass in Durchbrechung der Rechtskraft der Bescheide ein Anspruch auf Aufhebung der Bescheide besteht und jede andere Entscheidung ermessensfehlerhaft ist, schon weil dem Kläger der Rechtsweg offen stand. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte in vorwerfbarer Weise dazu beigetragen hätte, dass die Bescheide bestandskräftig wurden. Die vom Beklagten gegebenen Auskünfte zur Förderfähigkeit der Flächen entsprachen der üblichen Verwaltungspraxis und waren nicht treuwidrig. Es stand dem Kläger auch für die streitgegenständlichen Förderzeiträume offen, wie er es schließlich für das Förderjahr 2010 getan, die Rechtsauffassung des Beklagten gerichtlich überprüfen zu lassen und den Rechtsweg zu beschreiten.

Nach alldem war die Klage abzuweisen.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410 zitiert 8 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. Okt. 2015 - RO 7 K 14.410 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 21. Juni 2013 - 3 B 89/12

bei uns veröffentlicht am 21.06.2013

Gründe I. 1 Der Kläger begehrt im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens höhere Ausg

Referenzen

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens höhere Ausgleichs- und Flächenzahlungen nach den Stützungsregelungen für Erzeuger bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen.

2

Dem Kläger wurden für die Jahre 1993 bis 2004 Ausgleichs- und Flächenzahlungen bewilligt, deren Höhe auf der Grundlage von Verordnungen des Bundes bestimmt wurde, die das Land Niedersachsen für den Getreideanbau in mehrere Erzeugungsregionen mit unterschiedlichen Durchschnittserträgen unterteilten. Für den Kläger ergab sich daraus ein Fördersatz, der unter dem Durchschnitt im Land Niedersachsen lag. Er legte deshalb zunächst gegen mehrere Bewilligungsbescheide Widerspruch ein, die er nach Mitteilung, dass die Musterprozesse abgeschlossen seien, im Jahr 1999 zurück nahm.

3

In seinem Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 10.06 - (BVerwGE 129, 116 = Buchholz 451.513 Sonst. Marktordnungsrecht Nr. 6) hat der Senat inzident entschieden, dass die in der Flächenzahlungs-Verordnung für die Jahre 2000 bis 2004 vorgenommene Unterteilung des Bundesgebiets in Erzeugungsregionen mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar und deshalb nichtig ist; das Land Niedersachsen sei ohne sachliche Rechtfertigung abweichend zum Gebiet der anderen Länder in mehrere Erzeugungsregionen aufgeteilt worden. Die Kulturpflanzen-Ausgleichszahlungs-Verordnung sah für die Jahre 1993 bis 1999 eine im Wesentlichen gleiche Unterteilung in Erzeugungsregionen vor.

4

Den im Dezember 2007 gestellten Antrag des Klägers, ihm im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens für die Jahre 1993 bis 2004 höhere Zahlungen zu gewähren, hat die Beklagte abgelehnt. Die hiergegen erhobene Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Ein Wiederaufgreifensgrund im Sinne von § 51 Abs. 1 VwVfG liege nicht vor. Ein Wiederaufgreifen im Ermessenswege habe die Beklagte fehlerfrei abgelehnt; ihr Ermessen sei auch durch Unionsrecht nicht auf Null reduziert.

II.

5

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

6

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf.

7

1. Mit der Frage,

ob eine direkte oder analoge Anwendung bzw. weite Rechtsauslegung der EuGH-Rechtsprechung (Urteil vom 13. Januar 2004 - Rs. C-453/00, Kühne u. Heitz - Slg. 2004, I-858) im Lichte von Art. 4 Abs. 3 EUV (ex-Art. 10 EGV) ausgeschlossen ist, wenn nicht alle im Einzelfall benannten Voraussetzungen vorliegen,

möchte der Kläger sinngemäß geklärt wissen, ob sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) eine unionsrechtliche Verpflichtung zum Wiederaufgreifen eines Verfahrens nur unter den Voraussetzungen ergeben kann, die vom Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) in seinem Urteil in der Rechtssache Kühne u. Heitz genannt worden sind. Damit knüpft der Kläger zwar daran an, dass das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage dieses Urteils angenommen hat, es sei unverzichtbare Voraussetzung für eine unionsrechtlich gebotene Bestandskraftdurchbrechung, den nationalen Rechtsweg auszuschöpfen (UA S.15). Eine klärungsbedürftige Frage ist damit gleichwohl nicht dargetan.

8

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es mangels einschlägiger Unionsregelungen Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung, das Verfahren zu regeln, innerhalb dessen der Schutz der Rechte gewährleistet wird, die sich aus dem Unionsrecht ergeben. Diese Verfahrensautonomie wird allerdings durch den Äquivalenz- und den Effektivitätsgrundsatz begrenzt (EuGH, Urteile vom 4. Oktober 2012 - Rs. C-249/11, Byankov - juris Rn. 69, vom 13. März 2007 - Rs. C-432/05, Unibet - Slg. 2007, I-2301 Rn. 39, 43 und vom 19. September 2006 - Rs. C-392/04 und C-422/04, i-21 Germany und Arcor - Slg.2006, I-8591 Rn. 57). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Dabei anerkennt der Gerichtshof, dass die Bestandskraft zur Rechtssicherheit beiträgt und das Unionsrecht daher nicht verlangt, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine bestandskräftig gewordene Entscheidung aufzuheben (EuGH Urteile vom 4. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 76, vom 12. Februar 2008 - Rs. C-2/06, Kempter - Slg. 2008, I-411 Rn. 37 f., vom 19. September 2006 a.a.O. Rn. 51 und vom 13. Januar 2004 a.a.O. Rn. 24). Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung grundsätzlich mit Unionsrecht vereinbar; sie machen die Verwirklichung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich und erschweren sie nicht übermäßig, selbst wenn ihr Ablauf zur vollständigen oder teilweisen Abweisung der Klage führt (EuGH, Urteil vom 2. Dezember 1997 - Rs. C-188/95, Fantask u.a. - Slg. 1997, I-6783 Rn. 48).

9

Liegen besondere Umstände vor, kann sich aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Gestalt des Effektivitätsgrundsatzes allerdings die Verpflichtung ergeben, eine bestandskräftig gewordene Entscheidung zu überprüfen. Einen solchen Fall hat der Gerichtshof in der Rechtssache Kühne u. Heitz unter den dort genannten Voraussetzungen angenommen und nachfolgend weiter präzisiert (EuGH, Urteile vom 12. Februar 2008 a.a.O. und vom 16. März 2006 - Rs. C 234/04, Kapferer - Slg. 2006, I-2605). Er hat darüber hinaus aber auch in anderen besonders gelagerten Fällen angenommen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit die Aufrechterhaltung einer bestandskräftigen Entscheidung nicht mehr rechtfertigen kann. Eine solche Situation hat der Gerichtshof etwa für die Rückforderung unionsrechtswidriger Beihilfen angenommen (EuGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - Rs. C-298/96 - Ölmühle, Slg.1998, I-4782 Rn. 23 f.). Eine Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes und des Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit in der Aufrechterhaltung einer bestandskräftigen Entscheidung hat er auch im Falle eines gegen die Freizügigkeit verstoßenden, fortdauernden Ausreiseverbots gesehen (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 78 ff.; parallel, zur Erstreckung der Rechtskraft auf im Urteil getroffene Feststellungen und einer hieraus folgenden Perpetuierung einer möglicherweise unionsrechtswidrigen Besteuerung EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-2/08, Olimpiclub - juris Rn. 24 ff.; vgl. auch Urteil vom 29. April 1999 - Rs. C-224/97, Ciola - Slg. 1999, I-2530).

10

Die Frage, ob mit den in der Rechtssache Kühne & Heitz genannten Voraussetzungen abschließend alle Fälle erfasst werden, in denen aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit eine unionsrechtliche Verpflichtung zum Wiederaufgreifen eines Verfahrens folgen kann, lässt sich danach auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs verneinend beantworten und bedarf auf der Ebene dieser Abstraktion keiner weiteren Klärung.

11

2. Die weitere Frage,

ob der Kläger nach einem Urteil des Gerichtshofs bzw. der Entscheidung vom 13. Januar 2004 (a.a.O.) einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hat,

12

weist für sich gesehen weder über den Einzelfall hinaus noch bezieht sie sich unmittelbar auf die Klärung der Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer bestimmten Norm oder eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes. Sinngemäß möchte der Kläger mit ihr geklärt wissen, ob sich unter den Umständen seines Falles aus dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 48 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ergibt. Damit hat der Kläger einen über die Rechtsprechung des Gerichtshofs hinausweisenden Klärungsbedarf jedoch nicht in der gebotenen Weise dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

13

In der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist im Übrigen geklärt, dass allein der Umstand eines Urteils, aus dem sich die Rechtswidrigkeit parallel gelagerter, bestandskräftiger Entscheidungen ableiten lässt, nicht dazu verpflichtet, diese Entscheidungen einer erneuten Überprüfung zu unterziehen (EuGH, Urteil vom 14. September 1999 - Rs. C-310/97 P, AssiDomän Kraft Products - Slg. 1999, I-5398 Rn. 63). Darüber hinaus gilt, dass die Frage der Gewährleistung des Effektivitätsgrundsatzes auf der Grundlage der jeweils einschlägigen nationalen Verfahrensvorschrift, deren Stellung im Verfahren, des Verfahrensablaufs und deren Besonderheiten zu beantworten ist (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2012, a.a.O. Rn. 75). Entsprechend verweist der Gerichtshof in seinem Urteil vom 19. September 2006 (a.a.O. Rn. 61) zurück auf die Vorschrift des § 48 Abs. 1 VwVfG und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Fällen, in denen die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts schlechthin unerträglich ist und sich das Rücknahmeermessen zu einem Anspruch verdichtet (EuGH, Urteil vom 19. September 2006 a.a.O. Rn. 50, 63 f.). Im Übrigen überantwortet der Gerichtshof die Beurteilung des Einzelfalls - dort eines Bescheides, dessen Rechtswidrigkeit sich ebenfalls aufgrund einer mit dem Grundgesetz nicht vereinbaren Verordnung und darüber hinaus wegen eines vom Gerichtshof festgestellten klaren Unionsrechtsverstoßes ergab - dem nationalen Gericht (EuGH, Urteil vom 19. September 2006 a.a.O. Rn. 71 f.).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.