Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 17. Okt. 2012 - 4 K 481/12.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2012:1017.4K481.12.NW.0A
17.10.2012

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren von dem Beklagten bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladenen.

2

Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks mit der FlurNr. …., A-Straße 35, die Beigeladenen sind Eigentümer des Grundstücks mit der FlurNr. …., A-Straße 31 in A-Dorf. Zwischen den beiden Grundstücken liegt noch das Grundstück mit der FlurNr. …, A-Straße 33, das ebenso wie die Grundstücke der Kläger und der Beigeladenen mit einem Wohn- und Nebengebäude bebaut ist. Die genannten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „A-Straße“ der Gemeinde A-Dorf. Dieser weist das gesamte Plangebiet als Mischgebiet aus und enthält in Ziffer 9.2 der textlichen Festsetzungen die folgende Festsetzung:

3

„Bei den Dacheindeckungen der Wohngebäude dürfen keine helle Farben, z. B. hellgraue Well-Asbest-Zementplatten, verwendet werden. Dies gilt nicht für Flachdächer. Als Dacheindeckung sollen vorzugsweise rot- und brauntonige Ziegeln verwendet werden.“

4

In der Begründung des Bebauungsplans, der vom Bürgermeister der Gemeinde A-Dorf am 24. Mai 1984 unterzeichnet, vom Beklagten am 1. August 1984 genehmigt und am 29. August 1984 öffentlich bekannt gemacht wurde, finden sich keine näheren Angaben zu dieser Festsetzung.

5

Die Beigeladenen deckten ihr Wohngebäude Ende 2006 mit glänzenden schwarzen Ziegeln ein. Am 4. März 2011 stellten die Kläger beim Beklagten einen schriftlichen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Beigeladenen, den sie u.a. damit begründeten, das gesamte Haus der Beigeladenen sei entgegen der Vorgaben des Bebauungsplans nicht mit braunen Ziegeln sondern mit glänzenden schwarzen Ziegeln eingedeckt. Bereits bei geringer Sonneneinstrahlung entstünden starke Reflektionen, welche sie empfindlich in der Nutzung ihres Anwesens störten.

6

Mit Bescheid vom 31. Mai 2011 lehnte der Beklagte das beantragte bauordnungsrechtliche Einschreiten mit der Begründung ab, er habe bei einer Ortsbesichtigung an einem sonnigen Tag festgestellt, dass vom Dach des Wohngebäudeanbaus auf dem Grundstück der Beigeladenen angesichts dessen flacher Neigung keine störenden Reflektionen entstehen könnten. Von der steileren Dachfläche des Wohnhauses selbst gingen keine Reflektionen aus, die einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme darstellten. Insbesondere stehe zwischen den Wohngebäuden der Kläger und den Beigeladenen ein weiteres Wohnhaus, welches angesichts seiner Ausmaße eine Blendwirkung auf das Grundstück der Kläger ausschließe. Im Übrigen seien die Rechte der Kläger verwirkt, da die Beigeladenen ihr Wohnhaus bereits Ende des Jahres 2006 mit den nunmehr beanstandeten Ziegeln eingedeckt hätten.

7

Dagegen legten die Kläger am 6. Juli 2011 Widerspruch mit der Begründung ein, es seien erhebliche Reflektionen von den Ziegeln des Wohngebäudes der Beigeladenen insbesondere in ihrem Wohnbereich und vor allem im Wintergarten bemerkbar. Dies werde durch die vorgelegten Lichtbilder belegt.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. April 2012 wies der Kreisrechtsausschuss des Beklagten den Widerspruch der Kläger mit der Begründung zurück, die Kläger hätten keinen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten des Beklagten gegen die Beigeladenen. Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger entspreche die Eindeckung des Hausdaches der Beigeladenen den baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die glänzenden schwarzen Ziegel, mit denen das Gebäudedach auf dem Grundstück der Beigeladenen gedeckt sei, entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und würden im Landkreis Dürkheim vielerorts verwendet. Auch aus den im Bebauungsplan „A-Straße“ enthaltenen örtlichen Bauvorschriften könnten die Kläger keine Rechte herleiten, denn diese Bauvorschriften seien als Gestaltungsvorschriften nicht nachbarschützend. Auch verstießen die glänzenden Ziegel nicht gegen das Rücksichtnahmegebot. Es sei den Klägern zuzumuten, sich durch geeignete Abschirmmaßnahmen gegen die vom Dach der Beigeladenen ausgehenden Lichtimmissionen zu schützen. Nach Auffassung des Kreisrechtsausschusses seien die Lichtimmissionen vergleichbar mit Lichtreflexen in Fenstern, die zwar bei einem bestimmten Einfallwinkel des Sonnenlichtes auftreten könnten, jedoch mit Veränderung des Winkels bald wieder verschwunden seien. Des Weiteren sei zu beachten, dass in einem Baugebiet Beeinträchtigungen durch das Zusammenleben der einzelnen Grundstückseigentümer auszuhalten seien.

9

Hiergegen haben die Kläger am 25. Mai 2012 Klage erhoben. Sie führen aus, trotz der Anordnung der Wohnhäuser werde die Sonneneinstrahlung vor allem in den Sommermonaten derart reflektiert, dass sie erheblich in ihren Rechten verletzt seien. Die Reflektionen von den Ziegeln des Anwesens der Beigeladenen wirkten je nach Sonnenstand und Wetter vor allem im Wintergarten und dem Wohnzimmer sowie im Obergeschoss ihres Wohngebäudes. Deshalb hätten sie einen Anspruch darauf, dass der Beklagte baurechtlich gegenüber den Beigeladenen einschreite und diese zur Änderung der Dacheindeckung ihres Hauses verpflichte. Die Eindeckung des Daches wegen der Beschichtung der Ziegel verstoße vorliegend gegen das Rücksichtnahmegebot. Hier sei es so, dass sich die Blendwirkung unmittelbar bis in das 1. Obergeschoss ihres Hauses auswirke. Am Nachmittag bei unbewölktem Wetter sowie starker Sonneneinstrahlung müssten sie die zum Grundstück der Beigeladenen gerichteten Fenster durch Herablassen der Jalousien abdunkeln. Dies sei ihnen nicht zumutbar, da sie einen höheren Stromverbrauch aufgrund der Notwendigkeit des Einschaltens von Licht und zum anderen eklatant in der Lebensqualität eingeschränkt seien. Bei Sonneneinstrahlung sei die Blendwirkung derart extrem, dass die Räume komplett abgedunkelt werden müssten und ein Aufhalten im Wintergarten nahezu unmöglich werde. Abschirmmaßnahmen kämen aufgrund der Beschaffenheit der Grundstücke nicht in Betracht.

10

Die Kläger beantragen,

11

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Mai 2011 und des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsausschusses des Landkreises Bad Dürkheim vom 24. April 2012 zu verpflichten, gegenüber den Beigeladenen die Neueindeckung der nördlichen Dachseite des auf dem Grundstück FlurNr. …, A-Straße 31, in der der Gemeinde A-Dorf gelegenen Gebäudes mit nicht blendenden Dachziegeln anzuordnen.

12

Der Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Er bezieht sich zur Begründung auf die ergangenen Bescheide.

15

Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie führen aus, von den glänzenden Ziegeln auf dem Dach ihres Anwesens gingen keine unzumutbaren Lichtimmissionen aus.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2012.

Entscheidungsgründe

19

Die gemäß § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthafte Verpflichtungsklage ist auch ansonsten zulässig.

20

Die Klage ist in der Sache aber unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch gegen den Beklagten darauf, dass dieser gegenüber den Beigeladenen die Neueindeckung der nördlichen Dachseite ihres auf dem Grundstück FlurNr. …, A-Straße 31, in A-Dorf gelegenen Gebäudes mit nicht blendenden Dachziegeln anordnet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

21

1. Allerdings haben die Kläger ihre geltend gemachten Nachbarrechte entgegen der Auffassung des Beklagten nicht verwirkt. Das Rechtsinstitut der Verwirkung als ein im Grundsatz von Treu und Glauben wurzelnder Vorgang der Rechtsvernichtung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden kann, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (s. z.B. BVerwG, NVwZ 2004, 314). Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr geltend machen werde (sog. Vertrauensgrundlage), der Verpflichtete ferner tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (sog. Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde. Die Vertrauensgrundlage, dass ein Recht nach langer Zeit nicht mehr geltend gemacht wird, muss für die Dispositionen des Nachbarn kausal geworden sein (Bay. VGH, Beschluss vom 16. November 2009 - 2 ZB 08.2389 -, juris). Ist der Bauherr nicht durch die - längere Zeit andauernde - Untätigkeit des Nachbarn und im Hinblick auf ein dadurch geschaffenes Vertrauen auf dessen Einverständnis zu seinen Baumaßnahmen veranlasst worden, sondern hat er unabhängig davon eine ihm erteilte Genehmigung von sich aus sofort in vollem Umfang ausgenutzt und weitgehende, mit Kapitaleinsatz verbundene Schritte unternommen, so kann auch eine längere Untätigkeit des Nachbarn, die solchen Dispositionen des Bauherrn nachfolgt, nicht mehr zur Verwirkung der nachbarlichen Abwehrrechte führen. Für das Merkmal der Treuwidrigkeit, das für den Rechtsverlust durch Verwirkung konstitutiv ist, fehlt es sodann an der außer dem Zeitablauf erforderlichen kausalen Verknüpfung des Verhaltens des Berechtigten mit bestimmten Maßnahmen des Verpflichteten und deren Folgen (BVerwG, NVwZ 1991, 1182; OVG Rheinland-Pfalz, NVwZ-RR 2011, 849). Die verzögerte Rechtsausübung verdient die Qualifizierung als treuwidrig nur dann, wenn die zunächst gezeigte Untätigkeit den anderen Teil zu bestimmten Reaktionen veranlasst hat.

22

Hiervon ausgehend scheidet hier eine Verwirkung aus. Zu dem Zeitpunkt, als die Untätigkeit der Kläger begann, die für eine Verwirkung erhebliche zeitliche Mindestdauer zu erreichen, hatten die Beigeladenen ihr Vorhaben schon vollständig verwirklicht.

23

2. Als Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Beklagten, die begehrte Maßnahme gegenüber den Beigeladenen zu erlassen, kommt § 81 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO – nicht in Betracht. Diese Vorschrift regelt nicht ausdrücklich eine Verpflichtung, sondern die Befugnis der Bauaufsichtsbehörde unter anderem die Beseitigung anzuordnen, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, Änderung, Instandhaltung oder Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände wieder hergestellt werden können. Die Bauaufsichtsbehörde hat hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Bei Nachbarrechte beeinträchtigenden Baulichkeiten ist das Ermessen der Bauaufsichtsbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (s. z. B. Beschluss vom 26. April 2007 - 8 B 10359/07.OVG -), der die Kammer folgt, zwar regelmäßig dahin reduziert, dass nur noch die Pflicht zur Beseitigung des nachbarrechtswidrigen Zustandes verbleibt. Vorliegend liegt jedoch kein Verstoß gegen eine nachbarschützende Bestimmung vor.

24

a) Zunächst können sich die Kläger nicht mit Erfolg auf die Nr. 9.2. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „A-Straße“ der Gemeinde A-Dorf berufen. So ist der genannte Bebauungsplan bereits unwirksam, denn es fehlt an einer ordnungsgemäßen Ausfertigung des Bebauungsplans durch den Bürgermeister der Gemeinde A-Dorf. Nach der Rechtsprechung des OVG Rheinland-Pfalz (vgl. NVwZ-RR 1998, 95), der die Kammer folgt, bedürfen alle kommunalen Satzungen einer Ausfertigung. Dafür genügt die nach Abschluss aller für die Verkündung erforderlichen Verfahrensabschnitte unmittelbar vor der Verkündung der Satzung erfolgte datierte Unterschrift des Bürgermeisters. Hier erfolgte die Unterschrift des Bürgermeisters der Gemeinde A-Dorf aber bereits am 24. Mai 1984 und damit vor der Genehmigung des Beklagten am 1. August 1984. Ungeachtet seiner Unwirksamkeit verbietet die Nr. 9.2. der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans „A-Straße“ schwarze glänzende Ziegel nicht. Ferner ist diese Festsetzung nicht als nachbarschützende Vorschrift ausgestaltet.

25

b) Die Kläger können auch aus anderen Vorschriften nichts zu ihren Gunsten herleiten. Nach § 14 Abs. 1 LBauO müssen bauliche Anlagen u.a. so angeordnet und beschaffen sein, dass durch physikalische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen. Die Vorschrift dient dem Nachbarschutz (vgl. Jeromin in: Jeromin/Schmidt/Lang, LBauO RhPf, 3. Auflage 2012, § 14 Rn. 16). Daneben greifen das planungsrechtlich garantierte Rücksichtnahmegebot aus § 34 Abs. 1 („einfügen“) bzw. Abs. 2 BauGB - Baugesetzbuch - i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung - BauNVO -sowie die Nachbarschutz vermittelnden Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes - BImSchG - (insbesondere dessen § 22 i.V.m. § 3 Abs. 2 und 3) mit gleicher Reichweite.

26

Ob eine bestimmte Nutzung dem Rücksichtnahmegebot widerspricht, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzuwägen ist, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, DVBl 1994, 697).

27

Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger ist vorliegend nicht zu erkennen.

28

Es ist allerdings nicht zweifelhaft, dass von Lichtreflexionen mit Blendwirkung schädliche Umwelteinwirkungen von nachbarschutzrelevanter Dimension ausgehen können. Ob dies der Fall ist, richtet sich danach, ob die mit der Lichteinwirkung verbundenen Beeinträchtigungen geeignet sind, nach Art, Ausmaß oder Dauer erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen (vgl. § 3 Abs. 1 BImSchG).

29

Eine verbindliche Regelung, wann Lichtimmissionen als erheblich eingestuft werden können, existiert derzeit nicht. Insbesondere haben die „Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen“ - Licht-Richtlinie - (abgedruckt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand April 2012) keinen quasi-normativen Charakter. Sie können jedoch als sachverständige Beurteilungshilfe herangezogen werden (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27. März 2012 - 3 S 2658/10 -, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, NVwZ-RR 2009, 716, 718; VG Trier, Urteil vom 9. Mai 2012 - 5 K 1226/11.TR -, juris). Darüber hinaus hat eine Einzelfallabwägung nach den Grundsätzen zu erfolgen, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat, bei der die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nachbarschaft zu berücksichtigen sind. Dabei sind wertend auch die Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Juni 2010 - 1 A 10474/10.OVG -). Im Rahmen der rechtlichen Schutzwürdigkeit der Beteiligten ist ferner darauf abzustellen, ob die die Blendwirkung auslösenden baulichen Maßnahmen vom materiellen Baurecht gedeckt sind oder nicht (VGH Baden-Württemberg, NVwZ-RR 2008, 162). Darüber hinaus ist zu beachten, dass nur wesentliche, also außerordentliche oder übermäßige Immissionen gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstoßen (Jeromin in: Jeromin/Schmidt/Lang, a.a.O., § 16 Rn. 35d). Von solchen ist nur auszugehen, wenn das Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen beeinträchtigt wird. Die Beurteilung der Erheblichkeit von Lichteinwirkungen setzt daher eine Wertung voraus, die im Sinne einer "Güterabwägung" die konkreten Gegebenheiten zum einen der emittierenden Nutzung, zum anderen der immissionsbetroffenen Nutzung in Betracht zieht und dabei auch gesetzliche Wertungen berücksichtigt (vgl. BVerwGE 79, 254). Dabei entspricht der grundlegende öffentlich-rechtliche Maßstab der Erheblichkeit dem für die Duldungspflicht gegenüber Immissionen im Bereich des Privatrechts maßgeblichen Maßstab der Wesentlichkeit gemäß § 906 BGB (BGH, DÖV 1990, 698f).

30

Die im Immissionsschutz auftretenden Lichteinwirkungen, die auch von baulichen Anlagen ausgehen können, die das Sonnenlicht reflektieren, bewegen sich im Rahmen der Belästigungen, physische Schäden etwa am Auge können ausgeschlossen werden (vgl. Nrn. 1 und 2 der Licht-Richtlinie). Die Erheblichkeit der Belästigung durch Lichtimmissionen hängt wesentlich auch vom Zeitpunkt (Tageszeit) oder der Zeitdauer der Einwirkungen ab. Die Beurteilung orientiert sich - wie ausgeführt - nicht an einer mehr oder weniger empfindlichen individuellen Person, sondern an der Einstellung eines durchschnittlich empfindlichen Menschen (Nr. 3 der Licht-Richtlinie).

31

Bei der Blendung durch Lichtquellen ist zwischen der physiologischen und psychologischen Blendung zu unterscheiden. Bei der physiologischen wird das Sehvermögen durch Streulicht im Glaskörper des Auges vermindert. Dieser Aspekt steht aber bei der Immissionssituation im Wohnbereich nicht im Vordergrund. Die Störempfindung durch Blendung wird als psychologische Blendung bezeichnet und kann auch ohne Minderung des Sehvermögens auftreten und zu erheblicher Belästigung führen. Durch starke Lichtquellen in der Nachbarschaft kann dadurch die Nutzung eines inneren oder äußeren Wohnbereichs erheblich gestört werden, auch wenn aufgrund großer Entfernung der Lichtquelle keine übermäßige Aufhellung erzeugt wird. Die Belästigung entsteht u. a. durch die ständige und ungewollte Ablenkung der Blickrichtung zur Lichtquelle hin, die bei großem Unterschied der Leuchtdichte der Lichtquelle zur Umgebungsleuchtdichte eine ständige Umadaptation des Auges auslöst (Nr. 3 der Licht-Richtlinie).

32

Hiernach gehen von den glänzenden Ziegeln auf dem Dach des Wohngebäudes der Beigeladenen keine unzumutbaren Belästigungen auf das Grundstück der Kläger aus. Die von den streitgegenständlichen Ziegeln hervorgerufenen Blendwirkungen mögen geeignet sein, zu einer Belästigung zu führen (s. dazu die von den Klägern zu den Verwaltungsakten gereichten Lichtbilder). Dadurch wird aber weder die Nutzung ihres Grundstücks als Wohngrundstück in Frage gestellt, noch werden sie dadurch Gesundheitsgefahren ausgesetzt. Zwar scheint die Sonne am Wohnort der Kläger und Beigeladenen in den Monaten April bis September, in denen sich die Kläger nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 2012 durch die Ziegel auf dem Wohngebäude der Beigeladenen gestört fühlen, 5 bis 7 Stunden pro Tag (s. http://www.urlaubplanen.org/europa/deutschland/klima/klima-…/). Berücksichtigt man jedoch, dass es sich bei dem von den Klägern beanstandeten Dach der Beigeladenen um ein Norddach handelt, reduziert sich die direkte Sonneneinstrahlung auf das Dach auf einen deutlich geringeren Zeitraum in der Mittagszeit (vgl. die Berechnungen zum Sonnenstand in Neustadt an der Weinstraße, das etwa 10 km von A-Dorf entfernt liegt (http://cgi.stadtklima-stuttgart.de/mirror/sonne.exe). In den Monaten Oktober bis März spielt die Sonnenein- und –abstrahlung ohnehin nur eine untergeordnete Rolle. Es ist den Klägern in den Monaten, in denen sie sich gestört fühlen, ohne Einbußen für die Wohnqualität und ohne größeren Aufwand möglich, im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen innerhalb ihres Wohngebäudes zu ergreifen (zumutbarer Eigenschutz). Denn sie können mit Hilfe der Markise vor ihrem Wintergarten und den Jalousien in den anderen betroffenen Räumen in der Zeit, in der sie die Lichtreflektionen als störend empfinden, ihre Räume vorübergehend abdunkeln, um vor der Blendwirkung der glänzenden Ziegel auf dem Norddach der Beigeladenen geschützt zu werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Juni 2010 - 1 A 10474/10.OVG - zur zumutbaren Selbsthilfe bei Lichteinwirkungen von einer Straßenlaterne; BVerwG, BauR 1999, 1279 zur Zumutbarkeit von Lichtimmissionen, die durch die Verglasung eines Wintergartens verursacht werden). Da Lichtimmissionen häufig gleichsam zwangsläufige Folge typischer Wohnformen sind und von daher auch akzeptiert werden (vgl. BVerwG, BauR 1999, 1279), kann ein Nachbar regelmäßig auch auf den Eigenschutz gegen Lichtimmissionen verwiesen werden.

33

Das gilt umso mehr, als die Lichtreflektionen vom Dach des Wohnhauses der Beigeladenen aufgrund des Sonnenlaufs und der Abschirmwirkung des dazwischen liegenden Hauses nur punktuell und kurzzeitig auf bestimmte Stellen in verschiedenen Räumen des klägerischen Wohnhauses einwirken können und demgemäß eine von den Klägern behauptete mehrstündige vollständige Verdunklung eines Raumes am Nachmittag nicht erforderlich sein dürfte. Vielmehr haben es die Kläger schon durch einen vorübergehenden Wechsel ihrer Aufenthalts- oder auch Sitzposition selbst in der Hand der an einer Stelle auftretenden, als störend empfundenen Blendwirkung zu entgehen.

34

Dem kann auch nicht mit dem von den Klägern vorgetragenen Argument begegnet werden, dies führe zu einem höheren Stromverbrauch aufgrund der Notwendigkeit des Einschaltens von Licht. Sollte dieser Einwand der Kläger überhaupt ernst gemeint sein, ist festzuhalten, dass bei Nutzung einer Halogenlampe mit 40 Watt an 31 Tagen für die Dauer von ca. 2 Stunden und Kosten von aktuell ca. 0,22 € pro Kilowattstunde „Mehrkosten“ in Höhe von rund 0,55 € zu erwarten sind. Dass dies unzumutbar sein soll, erschließt sich der Kammer nicht.

35

Die Kläger können auch deshalb auf den Eigenschutz verwiesen werden, weil die Verwendung von glänzenden Ziegeln zur Dacheindeckung vom materiellen Baurecht gedeckt ist. Soweit die Kläger sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 19. Juli 2007 – 3 S 1654/06 – (NVwZ-RR 2008, 162) berufen, das der Klage einer Nachbarin auf Umdeckung eines das Sonnenlicht reflektierenden glänzenden Ziegeldachs stattgab, können sie daraus nichts zu ihren Gunsten herleiten. Denn der Sachverhalt, der dem Fall des VGH Baden-Württemberg zugrunde lag, ist mit dem vorliegenden Fall schon deshalb nicht zu vergleichen, weil dort der Bebauungsplan die Verwendung von reflektierenden Dachziegeln ausdrücklich ausschloss. Als weitere Besonderheit kam hinzu, dass das Wohnhaus des Bauherrn mit der reflektierenden Dachfläche aufgrund vorgenommener Abgrabungen ca. 2,10 m tiefer lag, so dass die Blendwirkung des Daches auf Augenhöhe auf den Terrassenbereich der Klägerin einwirkte. Vorliegend besteht aber keine Niveauunterschied zwischen den Grundstücken der Kläger und Beigeladenen, zwischen denen im Übrigen noch das Grundstück FlurNr. … liegt, was zu einer weiteren Abschwächung der Blendwirkung führen dürfte.

36

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladenen einen Antrag gestellt haben und somit ein Kostenrisiko eingegangen sind, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtliche Kosten als erstattungsfähig anzusehen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

37

Beschluss

38

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500 € festgesetzt.

39

Gründe

40

In Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist der Wert des Streitgegenstandes nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 GKG). Hierbei orientiert sich die Kammer im Interesse der Einheitlichkeit und Vorhersehbarkeit der Streitwertfestsetzung grundsätzlich an dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1372). Danach ist für die Klage eines drittbetroffenen Nachbarn ein Streitwert von 7.500 €, mindestens der Betrag einer Grundstückswertminderung, anzusetzen (vgl. Ziffer 9.7.1). Dieser Streitwert wird nicht nur bei Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen, sondern auch bei Nachbarklagen auf bauaufsichtliches Einschreiten angesetzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 8 E 10278/10.OVG -).

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte bzw. der Beigeladene Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung zur Errichtung einer so genannten Videowall.

2

Die Beigeladene stellte am 11. Juni 2007 bei der Beklagten einen Bauantrag zur Errichtung einer Videowallanlage am Moselstadion in Trier.

3

Am 30. Januar 2008 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung zur Errichtung der Videowallanlage. Der Beigeladene errichtete daraufhin im Bereich einer Kreuzung an einer insgesamt vierspurigen Straße die genehmigte Videowallanlage mit einer Werbefläche von ca. 4,00 x 5,00 m, die in einer Höhe von 3,00 m auf einer Stahlunterkonstruktion befestigt ist. Der Beigeladene stellte die Anlage am 18. April 2008 fertig und nahm sie am 1. Mai 2008 in Betrieb.

4

In unmittelbarer Nähe befinden sich zwei weitere beleuchtete Werbeanlagen in herkömmlicher Ausführung. Hinter der Videowall befindet sich das von der Beigeladenen genutzte Fußballstadion, das mit einer Flutlichtanlage ausgestattet ist.

5

Auf der gegenüberliegenden Seite der Fahrbahnen, in einer Entfernung von etwa 70 m, befindet sich im ... Stockwerk die Eigentumswohnung der Klägerin. Der Höhenversatz zur Videowall beträgt ca. 14 Meter.

6

Gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung legte die Klägerin Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie fühle sich durch das ständige "Auf und Abblitzen" und die Erhellung der Wohnung im Arbeits- und Schlafzimmer gestört. Dies nehme bei abnehmendem Tageslicht zu.

7

Daraufhin wandte sich das Bauaufsichtsamt der Stadt Trier an den Beigeladenen und bat um Überprüfung der Helligkeitswerte und Reduzierung der Watt-Zahl vor allem bei Dunkelheit. Die Klägerin konnte aber weiterhin keine Verminderung des Lichteinfalls durch die Videowall feststellen. Sodann führte das Bauaufsichtsamt eine Besichtigung ihrer Wohnung in den Abendstunden durch. Hierbei wurde festgestellt, dass die von der Klägerin vorgebrachte Beschwerde bestätigt werden müsse. Die Lichteinwirkungen seien nicht unerheblich und könnten als wesentlich störend eingestuft werden.

8

In einem von dem Stadtrechtsausschuss anberaumten Ortstermin stellten die Parteien fest, dass die Videowall extrem hell gewesen sei und intensiv gestrahlt habe, was durch die schnellen Bildwechsel noch verstärkt worden sei. Es habe eine unzumutbare Beeinträchtigung für die Klägerin vorgelegen. Die Beteiligten einigten sich dann darauf, dass eine Abdeckung derart angebracht werden solle, dass mindestens die Hälfte der Videowall aus Sicht der Klägerin abgedeckt wird. Darüber hinaus solle der Beigeladene die Helligkeit auf ca. 10 % der damaligen Helligkeit reduzieren. Zwischen den Bildabfolgen solle ein weicher Übergang geschaltet und die Wechselzeit auf 30 Sekunden erhöht werden. Im Übrigen solle das Licht in wärmere Lichtbereiche moduliert werden. Für den Fall, dass die Vereinbarungen nicht fristgerecht oder wie vereinbart erfolgt, wurde festgehalten, dass Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Stadtrechtsausschuss bestimmt werden solle.

9

In der Folgezeit reduzierte der Beigeladene die Helligkeit der Anlage und brachte eine Blende an, die jedoch in der Folgezeit durch Windeinwirkung abgerissen wurde. Die Parteien des Rechtsstreits einigten sich in der Öffentlichen Sitzung des Rechtsausschusses sodann darauf, dass der Beigeladene einen öffentlich bestellten und vereidigten Lichtgutachter bezüglich der Beleuchtungssituation bei der Klägerin beauftragten solle.

10

Der Sachverständige Dr. Ing. ... legte am 11. Dezember 2010 sein Gutachten vor. Er kam zu dem Ergebnis, dass eine maximale Lichtstärke von 1 lx in der Zeit von 22-6 Uhr und 3 lx in der Zeit von 6-22 Uhr nach der Licht-Richtlinie zulässig sei. Außerdem stellte er eine Überschreitung der Leuchtdichte in der Zeit von 22-6 Uhr fest, die durch Verzicht auf die Videosequenzen abgestellt werden könne.

11

Die Beklagte ergänzte daraufhin die Baugenehmigung vom 30. Januar 2008 durch Änderungsbescheid vom 7. Juli 2012 mit folgenden Auflagen:

12

"8. Gemäß der Richtlinie zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen (Licht-Richtlinie) des Länderausschusses für Immissionsschutz (LAI) ist die Beleuchtungsstärke in der Zeit von 6:00 - 22:00 Uhr auf 3 lx und von 22:00 - 6:00 Uhr auf 1 lx zu beschränken.

9. In der Zeit von 22:00 - 6:00 Uhr ist die Einspielung von Filmsequenzen untersagt.

10. Die Überblendung muss mit einem langsamen Bildübergang erfolgen.

11. Die Einstellung der vorgegebenen Werte und Steuerungen ist nach Einrichtung durch eine sachkundige Person zu bestätigen."

13

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2011 wies der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und führte im Wesentlichen aus, die Lichteinwirkungen durch die Videowall seien zumutbar. Die nunmehr im Nachtrag verfügte Helligkeitseinstellung der Videowall, das Verbot von Filmsequenzen in den Nachtzeiten sowie der Softübergang entsprächen den gesetzlichen Vorgaben und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Es sei der Klägerin im Übrigen zumutbar, die Wohnräume durch Vorhänge, Gardinen oder Jalousien gegen störende Lichtwirkungen abzuschirmen.

14

Am 14. September 2011 hat die Klägerin Klage erhoben.

15

Sie trägt vor, die Lichteinwirkungen durch die Videowallanlage beeinträchtige sie in der der Nutzung ihrer Wohnung. Die Beschränkung auf 1 lx in der Zeit von 22:00 - 06:00 Uhr durch die Ergänzungen der Baugenehmigung erhöhe sogar noch die Lichtintensität, da der Gutachter im Ortstermin nur eine Lichtstärke von 0,87 lx festgestellt habe. Die Baugenehmigung in der Fassung ihrer Ergänzung sei schon mangels hinreichender Bestimmtheit der erteilten Auflagen rechtswidrig. Es sei nicht festgelegt, an welcher Stelle die in Ziffer 8 festgelegte Beleuchtungsstärke gelten solle. Die Formulierung lasse die Auslegung zu, dass diese an der Anlage oder aber an der Wohnung der Klägerin gelten solle. Bei Ziffer 10 bleibe ungeregelt, was unter einem "langsamen" Bildübergang zu verstehen sei. Ziffer 11 sei ebenfalls zu unbestimmt. Es sei nicht zu erkennen, wer als "sachkundige Person" gelten solle. Im Übrigen solle die Einstellung nach Einrichtung bestätigt werden, ohne dass damit eine Vorkehrung getroffen werde, dass diese auch erhalten bleibe. Die Lichteinwirkungen der Videowall seien auch unter Einbezug der näheren Umgebung unzumutbar. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass in ihrer Umgebung nicht mit grellen und blendenden Lichteinwirkungen gerechnet werden müsse, sondern allenfalls mit herkömmlichen, schwach beleuchteten Werbeplakaten. Sie müsse sich auch nicht auf Selbsthilfemaßnahmen wie Vorhänge, Gardinen oder Jalousien verweisen lassen. Eine wirksame Lichtabschottung sei nur bei geschlossenen Fenstern möglich. Ihr sei es jedoch nicht zuzumuten, nur tagsüber zu lüften. Das Interesse der Beigeladenen, Werbeeinnahmen zu erzielen, müsse hinter die Interessen aller Nachbarn in der gesamten Umgebung der Videowallanlage, ihre Fenster zu öffnen und freien Blick nach draußen zu haben, zurücktreten. Die Vereinbarung im Widerspruchsverfahren zwischen den Beteiligten sei rechtsverbindlich gewesen, weshalb es sich verbiete, anschließend durch Ergänzungsbescheid absprachewidrig dem Beigeladenen zu ihren Lasten weitergehende Rechte einzuräumen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

die dem Beizuladenden erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 30. Januar 2008 nebst Ergänzung vom 07. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. August 2011 aufzuheben.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Sie nimmt zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide Bezug.

21

Der Beigeladene beantragt ebenfalls,

22

die Klage abzuweisen.

23

Er ist der Auffassung, dass die angefochtene Baugenehmigung inhaltlich hinreichend bestimmt sei. Die von der Videowall ausgehenden Lichtimmissionen führten nicht zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft, insbesondere seien die Grenzwerte der Licht-Richtlinie eingehalten. Die im Nachgang ergangenen Auflagen seien auch hinreichend bestimmt.

24

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe

25

Die Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist zulässig, jedoch unbegründet. Hierzu im Einzelnen:

26

Die Klage ist zulässig.

27

Die Klägerin ist klagebefugt. Sie kann sich insbesondere auf ihr Eigentum sowie auf das Gebot der Rücksichtnahme berufen. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin als Wohnungseigentümerin einer WEG angehört und somit nicht selbst Nachbarin ist. Die WEG kann zwar insgesamt betroffen sein, sodass nur sie Nachbarin und somit klagebefugt ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Juli 2007 - 8 A 10279/07, NVwZ-RR 2008, S. 86), vorliegend ist jedoch nur die der Videowall zugewandte Gebäudeseite von den Lichteinwirkungen betroffen, sodass ein Vorrang des Miteigentums gegenüber dem Sondereigentum als ihr Anhängsel nicht in Betracht kommt.

28

Auch soweit sie sich auf die fehlende Bestimmtheit der Baugenehmigung beruft, ist ihre Klagebefugnis gegeben. Ein Dritter, der nicht Regelungsadressat ist, kann sich auf die mangelnde Bestimmtheit berufen, wenn dieser gerade hierdurch in seiner subjektiven Rechtsposition dergestalt beeinträchtigt ist, als seine vom Drittschutz erfassten Rechte durch Unbestimmtheit nicht mehr gewährleistet werden. (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, 07. Oktober 2009 - 1 A 10898/07, juris). Somit ist eine Verletzung eigener subjektiv-öffentlicher Rechte der Klägerin durch die Nichteinhaltung des Bestimmtheitsgebots aus § 37 I VwVfG i.V.m. § 1 LVwVfG RP zumindest möglich.

29

Die Klage ist jedoch unbegründet.

30

Die angegriffene Baugenehmigung in Gestalt des Änderungs- und des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

31

Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme, das in § 34 II BauGB i.V.m. § 15 I 2 BauNVO seine gesetzliche Grundlage findet bzw. im Gebot des Einfügens in § 34 Abs. 1 BauGB enthalten ist, ist vorliegend nach Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Danach sind bauliche Anlagen unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Die Reichweite des Rücksichtnahmegebotes hängt davon ab, was den Parteien nach den Umständen des Einzelfalls nach Lage der Dinge jeweils zuzumuten ist. (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - IV C 22.75, BVerwGE 52, 122, 127) Zur Beurteilung der Zumutbarkeit lassen sich die Begriffsbestimmungen des BImSchG heranziehen, in dem das Gebot der Rücksichtnahme eine spezielle gesetzliche Regelung gefunden hat. (BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 -4 C 5/98, NVwZ 1999, 523, 526).

32

Lichtimmissionen gehören zu den schädlichen Umwelteinwirkungen, wenn sie gem. § 3 I BImSchG nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Eine verbindliche Regelung wann Lichtimmissionen als erheblich eingestuft werden können, existiert derzeit nicht. Insbesondere haben die "Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen" - Licht-Richtlinie - (Abgedruckt in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, 55. Ergänzungslieferung 2009) keinen quasi-normativen Charakter, können jedoch als sachverständige Beurteilungshilfe herangezogen werden (OVG NW, Beschluss vom 27. Februar 2009 - 7 B 1647/08, NVwZ-RR 2009, 716, 718; Bayerischer VGH, Beschluss vom 1. Juli 1010 - 15 ZB 09.2465 - juris). Darüber hinaus hat eine Einzelfallabwägung zu erfolgen, bei der die durch die tatsächlichen Verhältnisse bestimmte Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nachbarschaft zu berücksichtigen sind. Dabei sind wertend auch die Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen. (OVG NW, a.a.O.)

33

Vor diesem Hintergrund ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin die Licht-Immissionen der Videowerbeanlage zumutbar sind.

34

Der Sachverständige Dr. Ing. ... konnte keine Überschreitung der von der Licht-Richtlinie vorgegebenen Grenzwerte bei der Raumaufhellung feststellen. Die Richtlinie sieht eine Beleuchtungsstärke für Mischgebiete von 1 lx (Lux) in der Zeit von 22-6 Uhr vor. Gemessen wurde eine Beleuchtungsstärke von 2,15 lx bei eingeschalteter und 1,86 lx bei ausgeschalteter Videowand. Dabei wurde im eingeschalteten Zustand ein weißes Bild gewählt, da dieses den Maximalwert der Helligkeit erzeugt. Aus der Differenz ergibt sich ein Wert von 0,29 lx, der andere Leuchtquellen in der Umgebung berücksichtigt. Da jedoch auch Videosequenzen in farbigem Licht gezeigt werden, wurde ein Zuschlagsfaktor von 3 gemäß der Lichtrichtlinie dem Gutachten zugrunde gelegt. Daraus ergibt sich ein Wert von 0,87 lx, der die maximalen 1 lx um 0,13 lx selbst bei geschalteten Videosequenzen unterschreitet. Für den Fall, dass Videosequenzen nicht abgespielt werden, beträgt der Faktor nur 2.

35

Auch die Lichtdichte zeigt unter Verzicht auf Videosequenzen keine Überschreitung der zulässigen Grenzwerte. Bei der maximalen Lichtdichte ist die Umgebungslichtdichte sowie der Zuschlagsfaktor für Wechsellicht, der bei der Verwendung von Videosequenzen 3 und ohne 2 beträgt, von Bedeutung. Die gemessene Lichtdichte der Videowall beträgt 135 cd/m². Da die Flutlichtanlage des Stadions hinter der Videowall zum Teil eingeschaltet war und somit eine erhöhte Umgebungsleuchtdichte vorlag, ergab sich eine maximal zulässige Leuchtdichte von 523 cd/m². Unter Zugrundelegung des Faktors 3 ergibt sich eine Leuchtdichte von 405 cd/m². Um die maximale Leuchtdichte für den Fall zu ermitteln, dass die Stadionbeleuchtung ausgeschaltet ist, wurde für die durch die Flutlichter erhellten Bereiche der nach der Licht-Richtlinie kleinstmögliche Wert von 0,1 cd/m² zugrunde gelegt. Je geringer die Umgebungsleuchtdichte ist, desto geringer fällt auch der zulässige Grenzwert der Leuchtdichte aus. Dennoch ist die Leuchtdichte ohne Videosequenzen (270 cd/m², Faktor 2) unterhalb des sich ergebenden Grenzwerts von 297 cd/m². Eine Überschreitung findet nur statt, wenn Videosequenzen gezeigt werden, da dann ein Faktor 3 anzuwenden ist. Die Baugenehmigung in der Gestalt des Änderungs- und des Widerspruchsbescheids erfüllt somit die Anforderungen der Licht-Richtlinie.

36

Dabei ist unerheblich, dass bei einer bei der Klägerin gemessenen Lichtstärke von 1 lx unter Umständen eine Überschreitung der Grenzwerte in den unter ihr, der Videowall wegen des geringeren Höhenversatzes näher gelegenen Wohnungen vorliegen könnte. Der Prüfungsumfang des vorliegenden Klageverfahrens beschränkt sich nur auf subjektiv-öffentliche Rechte der Klägerin. Auf die Überschreitung der zulässigen Immissionswerte vor anderen Wohnungen ihres Hauses kann sie sich nicht berufen.

37

Auch aus einer Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse ergibt sich nichts anderes.

38

Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich in direktem Umfeld zur Videowall bereits zwei Werbeanlagen befinden. Dort sind jedoch nur Standbilder beleuchtet, die Lichtstärke weist allerdings sogar eine höhere Helligkeit auf, wie der Sachverständige Dr. Ing. K... in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 näher ausgeführt hat. Hierbei ist allerdings zu beachten ist, dass nicht die gesamte Fläche beleuchtet ist, sodass sich die benachbarten Werbeanlagen im Gegensatz zur streitigen Anlage weniger störend auswirken. Darüber hinaus befindet sich hinter der Videowerbeanlage ein Stadion mit Flutlichtanlage, die zeitweise in Betrieb ist.

39

Auch die direkt angrenzende Straße wird bei Dunkelheit beleuchtet.

40

Insgesamt erweist sich die Umgebung der von der Klägerin genutzten Wohnung als durch Lichtimmissionen vorbelastet, sodass ein hierdurch vermindertes Schutzniveau im Hinblick auf die durch die Videowall hinzutretenden Immissionen in Ansatz zu bringen ist.

41

In der Rechtsprechung ist im Übrigen anerkannt, dass auch den Nachbarn die Obliegenheit treffen kann, durch mögliche und zumutbare Maßnahmen der "architektonischen Selbsthilfe" auf die von einer benachbarten Anlage ausgehenden Immissionen Rücksicht zu nehmen (vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. Oktober 2008 - 8 A 10927/08.OVG). Deshalb muss auch die Klägerin die ihr zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um das Maß an Belästigung durch das von der Videowall emittierte Licht gering zu halten. Das Gericht berücksichtigt dabei, dass Gegenmaßnahmen des Belästigten bei Lichtimmissionen im Gegensatz zu Lärmimmissionen in der Regel mit einfachen und günstigen Mitteln effektiv zu erreichen sind. Hierbei kommt der Einsatz von Gardinen, Vorhängen, Innenjalousien oder Rollladen in der Nachtzeit in Betracht, worauf bereits der Stadtrechtsausschuss im Widerspruchsbescheid zutreffend hingewiesen hat.

42

Eine völlige Abschirmung wäre durch Rollladen zu erreichen. Aber auch eine Abschirmung durch eine Jalousie mit verstellbaren Lamellen könnte Abhilfe schaffen und gleichzeitig ein effektives Lüften ermöglichen. Hierbei ist nicht ersichtlich, weshalb Jalousien nicht den gewünschten Effekt zur Minderung der Belästigung bringen könnten. Dabei dürfte eine Lamelleneinstellung im rechten Winkel zu einer gedachten Achse zwischen Wohnungsfenster und Videowall günstig sein, um die gerade von der streitigen Anlage ausgehenden Immissionen abzuschwächen. Völlige Dunkelheit wäre angesichts der zuvor schon vorhandenen Lichtemittenten auch ohne die Videowallanlage nur durch den Einsatz von Rollläden zu erreichen.

43

Auch unter dem Gesichtspunkt mangelnder Bestimmtheit ergibt sich nicht die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung in der Fassung der Änderungsgenehmigung.

44

Entgegen der Auffassung der Klägerin, es sei nicht ersichtlich, ob die in Ziffer 8 genannten Werte gegenüber der Anlage oder der Wohnung der Klägerin einzuhalten seien, lässt die Baugenehmigung durch den Zusatz "nächstgelegenes Fenster des 6. Geschosses... (Wohnung Maringer)" nur den Schluss zu, dass die Luxwerte gegenüber der Wohnung der Klägerin einzuhalten sind.

45

Auch die Geschwindigkeit der Bildübergänge kann im Hinblick auf die Bestimmtheit keinen Drittschutz vermitteln. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit ist nach dem Gutachten auf Grundlage der Licht-Richtlinie und den vorgenannten Einzelfallerwägungen, dass keine Videosequenzen gezeigt werden. Dies wird jedoch durch Ziffer 9 gewährleistet. Ein langsamer Bildübergang wird im Übrigen durch den Sachverständigen nicht gefordert, wie dieser in der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2012 ausgeführt hat. Die Ziffer 10 ist daher für die Klägerin in jedem Fall günstig - gleich, ob sie bestimmt oder unbestimmt ist.

46

Es fehlt auch nicht die Bestimmtheit hinsichtlich der "sachkundigen Person" welche die Werte nach Einrichtung überprüfen soll. Es berührt die Rechte der Klägerin nicht, wer die Überprüfung vornimmt, solange sich die Einstellungen der Videowall im Rahmen der durch die Baugenehmigung vorgeschriebenen Grenzwerte bewegen.

47

Auch ist unschädlich, dass die Baugenehmigung nicht vorsieht, welche Maßnahmen zur Kontrolle in der Zukunft stattfinden sollen. Die Beklagte kann zunächst darauf vertrauen, dass die geprüften Werte nach der Einrichtung dauerhaft beibehalten werden, um erst bei Zweifel begründenden Anlässen tätig zu werden. Eine ständige Kontrolle muss jedenfalls nicht in der Baugenehmigung festgelegt werden. Dies wird auch aus § 29 BImschG deutlich, der kontinuierliche Messungen ohne Anlass nur bei genehmigungsbedürftigen Anlagen ermöglicht.

48

Auch aus der Vereinbarung während des Ortstermins am 14. Dezember 2009 ergibt sich die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Baugenehmigung nicht. Die vorgenannte Vereinbarung im Widerspruchsverfahren wurde unter dem Vorbehalt getroffen, dass die dort bestimmten Maßnahmen durchgeführt werden - andernfalls sollte Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Stadtrechtsausschuss bestimmt werden. Mit der Durchführung des Widerspruchsverfahrens ist die Vereinbarung gegenstandslos geworden.

49

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 I VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da dieser sich durch seinen Sachantrag dem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 III VwGO).

50

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 II VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 S. 1, 2, 709 S. 2 ZPO.

51

Die Berufung war nicht zuzulassen da kein Fall des § 124 II Nr. 3 oder 4 VwGO vorliegt (§ 124 a I S. 1 VwGO).

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7.500,-- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

54

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit der Beschwerde angefochten werden.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. November 2005 - 2 K 3548/03 - geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids des Landratsamts Ludwigsburg vom 20.1.2003 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.7.2003 verpflichtet, gegenüber den Beigeladenen die Neueindeckung der nördlichen Dachseite des auf dem Flurstück-Nr. 4518/19 der Gemeinde ... gelegenen Gebäudes mit nicht blendenden Dachziegeln anzuordnen.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte und die Beigeladenen (gesamtschuldnerisch) jeweils die Hälfte der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin; ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagte und die Beigeladenen jeweils selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt ein bauaufsichtliches Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst.-Nr. 7004 der Gemarkung der Beklagten (... ...). Südöstlich dieses Grundstücks befindet sich auf Flst.-Nr. 4581/19 (... ...) das Grundstück der Beigeladenen. Das von den Beigeladenen abgegrabene Gelände steigt zum Grundstück der Klägerin deutlich an. Die Beigeladenen haben auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus aufgrund einer Baugenehmigung vom 04.04.2002/27.06.2002 des Landratsamts Ludwigsburg errichtet. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Halden V“ vom 19.02.1998. Unter Teilziffer 1.6 der örtlichen Bauvorschriften („Dacheindeckung - Hauptgebäude“) wird vorgeschrieben: „Zulässig sind Eindeckungen mit Ziegeln oder Betondachsteinen in naturroten und rotbraunen Farbtönen … Reflektierende Materialien sind nicht zulässig …“
Schon kurz nach Fertigstellung des Daches beanstandete die Klägerin, dass von den verwendeten Dachziegeln des Typs Tegalit mit der „STAR“ Oberflächenbeschichtung der Firma ... ... bzw. der Firma ... eine erhebliche Blendwirkung ausgehe, und beantragte am 16.12.2002 beim Landratsamt Ludwigsburg ein förmliches Einschreiten gegen die Dacheindeckung der Beigeladenen.
Mit Bescheid vom 20.01.2003 lehnte das Landratsamt Ludwigsburg den Antrag der Klägerin mit der Begründung ab, es seien keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften verletzt, welche eine Schutzwirkung für Dritte entfalteten. Bei der möglicherweise verletzten örtlichen Bauvorschrift handle es sich gerade nicht um eine nachbarschützende Vorschrift, diese diene vielmehr alleine dem Zweck, die optische Einheitlichkeit des Baugebiets zu gewährleisten. Überdies sei ein Einschreiten gegen die Dacheindeckung der Beigeladenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig, so dass sich für die Klägerin auch kein Anspruch aus dem Rücksichtnahmegebot nach § 15 BauNVO ergebe. Die Beeinträchtigung sei von der Klägerin hinzunehmen bzw. ihr könne durch geeignete Abwehrmaßnahmen entgegengewirkt werden. Außerdem werde die Blendwirkung mit zunehmender Verwitterung der verwendeten Dachziegel abnehmen.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein, den das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 29.07.2003 als unbegründet zurückwies: Die Klägerin könne ihrerseits für einen geeigneten Schutz in Form von Vorhängen, Jalousien, Markisen oder Sonnenschirmen sorgen. Zudem seien die von den Beigeladenen verwendeten Dachziegel handelsüblich, so dass sich die hieraus ergebenden Nachteile für die Nachbarn hinzunehmen seien.
Am 29.08.2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass ausreichende Abwehrmaßnahmen nicht realisierbar seien. Die Blendwirkung trete bereits während des Frühjahrs auf und halte bei höherem Sonnenstand bis in den Herbst hinein an. Sie sei je nach Jahreszeit zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr für jeweils mehrere Stunden festzustellen. Sie könne sich innerhalb ihres Gebäudes der Blendwirkung nur durch das vollständige Herunterlassen der Rollläden entziehen. Im Freien müsse man sich permanent mit dem Rücken zu dem Gebäude aufhalten. Das Dach des Gebäudes der Beigeladenen liege auf Augenhöhe mit der Terrasse der Klägerin. Die Klägerin habe bereits alles Zumutbare unternommen, um selbst eine Verringerung der Blendwirkung zu erzielen. Eine Markise für die Räume im Obergeschoss sei nicht realisierbar. Im Erdgeschoss würde eine Markise die Blendwirkung nur dann verhindern, wenn der Betroffene stehe. Beim Sitzen reiche ein Markisenausfall von 2,00 m nicht aus. Auch könne diese Markise bei stärkerem Wind nicht ausgefahren werden. Die vom Landratsamt ermittelten Kosten von 25.000,-- EUR für eine Umdeckung des Daches seien zu hoch angesetzt. Für das gesamte Dach entstünden allenfalls Kosten von ca. 5.900,-- EUR. Im Übrigen gingen von der Strahlenbelastung Gesundheitsgefährdungen aus, weshalb das Ermessen der zuständigen Behörde auf Null reduziert und sie zum Eingreifen verpflichtet sei.
Die Beigeladenen haben hierauf erwidert, dass nach Angaben des Herstellers eine Umarbeitung der Dachsteine aus technischer Sicht nicht möglich sei. Die verwendeten ...-...-Dachsteine seien ausschließlich in der zur Ausführung gekommenen Oberfläche lieferbar. Eine Umdeckung sei daher nur mit anderen Dachsteinformen möglich. Diese würden in die vorhandene Dachlattung passen. Da aber sowohl die Form als auch die Oberfläche und der Firstanschluss sich vom bisherigen Dachstein unterschieden, müsste das gesamte Dach umgedeckt werden. Die Kosten hierfür betrügen laut Angebot der Firma ... ... vom 20.06.2005 7.830,-- EUR. Dieser Kostenaufwand sei ihnen nicht zumutbar. Sie seien allerdings bereit, zwei kugelförmige Laubbäume mit einer Stammhöhe von 2,50 m und einem Stammumfang von 12 bis 14 cm auf dem Grundstück der Klägerin zu pflanzen. Den dafür erforderlichen Kostenaufwand von 1.299,20 EUR würden sie übernehmen.
Mit Urteil vom 16.11.2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Einschreiten der Behörde auf der Grundlage des § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Satz 1 LBO. Ein Anspruch eines Angrenzers auf Einschreiten der Baurechtsbehörde bestehe nur, wenn das Vorhaben des Bauherrn gegen eine dem Schutz des Nachbarn dienende Vorschrift verstoße und das der Behörde eröffnete Ermessen auf Null reduziert sei. Wie bereits die Widerspruchsbehörde festgestellt habe, verstoße das Dach auf dem Gebäude der Beigeladenen nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften, die auch dem Schutz der Klägerin zu dienen bestimmt seien. Die vom Dach ausgehende Blendwirkung sei auch nicht zu Lasten der Klägerin unzumutbar, wobei das Gericht davon ausgehe, dass die Blendwirkung bereits während des Frühjahrs auftrete, bei höherem Sonnenstand bis in den Herbst hinein anhalte und je nach Jahreszeit zwischen 11.00 Uhr und 15.00 Uhr bei Sonnenschein für jeweils mehrere Stunden festzustellen sei. Es könne auch als wahr unterstellt werden, dass die von der Dacheindeckung ausgehende Blendwirkung für Personen, die sich auf dem Grundstück und in dem Haus der Klägerin der Blendwirkung unmittelbar und schutzlos aussetzten, gesundheitsschädigend sein könne. Für die Frage, ob die Lichteinwirkung für die Klägerin unzumutbar und deshalb wohngebietsunverträglich sei, sei von maßgeblicher Bedeutung, dass die Klägerin ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten auch unter Kostengesichtspunkten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen könne. Sie könne sich im Innenwohnbereich durch Jalousien, im Außenwohnbereich durch eine Markise, durch Einsatz eines Sonnenschirms und durch Bepflanzung mit geeigneten Bäumen schützen.
Mit ihrer vom Senat wegen tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihr bisherigen Vorbringen.
10 
Die Klägerin beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16.11.2005 - 2 K 3548/03 - zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamts Ludwigsburg vom 20.01.2003 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 29.07.2003 zu verpflichten, den Beigeladenen die Neueindeckung der nördlichen Dachseite des auf dem Flurstück-Nr. 4518/19 der Gemeinde ... gelegenen Gebäudes mit nicht blendenden Dachziegeln aufzugeben,
12 
hilfsweise über ein Einschreiten gegen die Beigeladenen unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie hält das Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend. Es fehle schon am Merkmal der materiellen Rechtswidrigkeit, denn die verwendeten Betondachsteine Typ Tegalit mit „STAR“ Oberflächenbeschichtung der Firma ... ... seien keine reflektierenden Materialien. Zudem sei die Festsetzung, die reflektierende Dachflächen verbiete, jedenfalls nicht nachbarschützend. Nachbarschutz könne daher nur in Betracht kommen, wenn das Rücksichtnahmegebot verletzt sei oder wenn die allgemeine Gefahrenabwehrklausel des § 3 LBO greife. Mit dem Verwaltungsgericht könnten diese Voraussetzungen indessen nicht bejaht werden.
16 
Die Beigeladenen beantragen,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Der Senat hat die Grundstücke der Klägerin, der Beigeladenen und die nähere Umgebung in Augenschein genommen. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
19 
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorliegenden Akten verwiesen. Dem Gericht liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 2 K 3548/03 -, die Akten des Parallelverfahrens - 3 S 1655/06 -, die Behördenakten des Landratsamts Ludwigsburg und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die das Baugesuch der Beigeladenen betreffenden Bauakten und die Akten des Bebauungsplans „Halden V“ der Beklagten vor.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der mit dem Hauptantrag verfolgten Verpflichtungsklage stattgeben müssen. Denn die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf baupolizeiliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen.
21 
Wie das Verwaltungsgericht bereits festgestellt hat, richtet sich die Klage aufgrund der Bekanntmachung des Regierungspräsidiums Stuttgart über die Zuständigkeit der Gemeinde Remseck am Neckar, Landkreis Ludwigsburg, als untere Baurechtsbehörde (vgl. GBl. 2003, S. 267) gegen die Beklagte im Wege gesetzlichen Parteiwechsels (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 02.11.1973 - IV C 55.70 - BVerwGE 44, 148, 150). Dieser Parteiwechsel kraft Gesetzes auf Beklagtenseite ist von Amts wegen zu berücksichtigen und stellt keine Klageänderung dar. Folgerichtig hat sich die Beklagte im Klage- und Berufungsverfahren auch durch Abgabe von Schriftsätzen und Antragstellung geäußert.
22 
Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Satz 1 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ein Nachbar hat grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Ein Anspruch auf Einschreiten besteht nur, wenn das Vorhaben des Bauherrn gegen eine dem Schutz des Nachbar dienende Vorschrift verstößt und das der Behörde eröffnete Ermessen auf Null reduziert ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.02.1993 - 8 S 1594/92 -, VBlBW 1993, 431, ). Zu diesen öffentlich-rechtlichen nachbarschützenden Vorschriften gehört auch das Gebot der Rücksichtnahme in seiner drittschützenden Funktion. Ein derartiger Verstoß ist aus den nachfolgenden Erwägungen vorliegend zu bejahen.
23 
Das Vorhaben der Beigeladenen ist im Hinblick auf die Dacheindeckung sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die formelle Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass mit der Baugenehmigung die von den Beigeladenen konkret gewählte Art der Dachziegel nicht genehmigt wurde. Die Baugenehmigung enthält vielmehr die Auflage, dass das Dach „entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans mit Ziegeln oder Betondachsteinen in naturroten oder rotbraunen Farbtönen“ auszuführen ist. Daraus folgt, dass diese Eindeckung auch im Übrigen mit den Vorgaben des Bebauungsplans übereinstimmen muss, mithin die Eindeckung nicht aus „reflektierenden Materialien“ bestehen darf. Materiell-rechtlich verstößt die gewählte Dacheindeckung dem-entsprechend gegen die örtliche Bauvorschrift Teilziff. 1.6, wonach für die Dacheindeckung reflektierende Materialien nicht zulässig sind. Bei den im vorliegenden Fall verwendeten Dachziegeln des Typs Tegalit „STAR“ handelt es sich aufgrund ihrer Oberflächenbeschichtung der Firma ... ... bzw. der Firma ... um ein solch reflektierendes Material, wovon sich der Senat bei der Einnahme des Augenscheins trotz größtenteils bedeckten Himmels überzeugen konnte. Dabei ist nicht entscheidend, dass die Ziegel an sich nicht glänzen, vielmehr nur bei Sonneneinwirkung die Strahlung zurückwerfen, denn das „Zurückstrahlen von Licht“ ist definitionsgemäß gleichbedeutend mit „Reflexion“.
24 
Schon bei der Baukontrolle durch das Landratsamt Ludwigsburg wurde festgestellt und in einem Aktenvermerk festgehalten, dass das Dach der Beigeladenen mit lasierten Dachziegeln eingedeckt ist und die Klägerin durch die verwendeten Dachziegeln sehr geblendet wird. Auch das Regierungspräsidium Stuttgart und gleichfalls das Verwaltungsgericht Stuttgart haben jeweils bei ihrer Inaugenscheinnahme der Dacheindeckung die Blendwirkung bestätigt. Mittlerweile ist zwar aufgrund von Witterungseinflüssen eine gewisse Verschmutzung der Dachziegel festzustellen, indessen wird dadurch die Blendwirkung bei Sonneneinstrahlung kaum verringert. Diese ist nach wie vor erheblich. Der Senat hat sich beim Augenschein davon überzeugen können, dass bei starker Sonneneinstrahlung die Blendwirkung „gewissermaßen gleißend“ auftritt.
25 
Verstößt danach die Eindeckung des Daches mit reflektierenden Dachziegeln gegen die örtliche Bauvorschrift, so begründet dies zwar nur dann einen Anspruch der Klägerin auf baupolizeiliches Einschreiten, wenn diese Vorschrift auch dem Schutze des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, wofür vorliegend indessen keine Anhaltspunkte bestehen. Jedoch verstößt die Eindeckung des Daches wegen der Beschichtung der Ziegel und den besonderen Umständen des Falles darüber hinaus gegen das Rücksichtnahmegebot in seiner zugunsten der Klägerin bestehenden nachbarschützenden Ausprägung. Ob eine bestimmte Nutzung dem - sich vorliegend aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebot - widerspricht, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzuwägen ist, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 -, DVBl 1994, 697, ).
26 
Die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen beurteilt sich nach dem Grad der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Innen- und Außenwohnbereiche des Nachbarn. Das Maß der Schutzbedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht kann im Einzelfall davon abhängen, ob und inwieweit der Nachbar ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen kann (zumutbarer Eigenschutz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Eigenschutz gegen Lichtimmissionen, anders als der Schutz vor Lärm oder Gerüchen, ohne Einbußen für die Wohnqualität häufig durch herkömmliche Maßnahmen wie Vorhänge oder Jalousien innerhalb der Gebäude und Hecken oder Rankgerüsten in den Außenwohnbereichen bewerkstelligt werden kann. Dies folgt auch daraus, dass Lichtimmissionen oft gleichsam zwangsläufige Folge typischer Wohnformen sind und von daher auch akzeptiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.03.1999 - 4 B 14.99 - ). Andererseits ist die Intensität der Blendwirkung und sind die dem Nachbarn durch die Schutzmaßnahmen abverlangten Nutzungseinschränkungen seines Wohngrundstücks - im Innen- wie im Außenwohnbereich - in Rechnung zu stellen. Schließlich ist im Rahmen der rechtlichen Schutzwürdigkeit der Beteiligten darauf abzustellen, ob die die Blendwirkung auslösenden baulichen Maßnahmen vom materiellen Baurecht gedeckt sind oder nicht. Ob und in welchem Umfang innerhalb dieses Rahmens Abschirmmaßnahmen möglich und im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn zumutbar sind, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.
27 
Gemessen daran ist es vorliegend der Klägerin nicht zuzumuten, sich im Außenbereich durch geeignete Abschirmmaßnahmen, insbesondere mittels einer Bepflanzung ihres Grundstücks, gegen die vom Dach der Beigeladenen ausgehenden Lichtimmissionen zu schützen.
28 
Die konkreten Umstände des Einzelfalles weisen aufgrund der kleinräumigen Verhältnisse vorliegend Besonderheiten auf, die dazu führen, dass zumutbare Abschirmmaßnahmen nicht in Betracht kommen. Der Abstand zwischen der südlichen Hauswand der Klägerin und der Grenze zum Nachbargrundstück der Beigeladenen beträgt lediglich etwa 7 m. In diesem engen Bereich befindet sich zudem die nach Süden ausgerichtete Terrasse der Klägerin. Als weitere Besonderheit kommt vorliegend hinzu, dass das Wohnhaus der Beigeladenen und damit auch die reflektierende Dachfläche aufgrund der vorgenommenen Abgrabungen ca. 2,10 m tiefer liegt, so dass die Blendwirkung des Daches auf Augenhöhe auf den Terrassenbereich der Klägerin einwirkt. Wollte sich die Klägerin gegen das seitlich einfallende blendende Licht wirksam abschirmen, müsste sie durchgehend eine Hecke von 4 bis 5 m Höhe pflanzen. Damit wäre aber jegliche Aussicht nach Süden in die Ebene genommen. Überdies würde der schon an sich sehr kleine südliche Freibereich nochmals verkleinert und erheblich verschattet. Dies kann von der Klägerin nicht als „ortsüblich“ und „sozialadäquat“ verlangt werden, auch wenn das Nachbargrundstück mit einer ähnlich hohen Hecke versehen ist und die Klägerin selbst ihr eigenes Grundstück seitlich auf der Westseite, von wo sie keine Blendwirkung zu erwarten hat, gleichfalls mit einem Strauch bepflanzt hat, der eine Höhe von 4 bis 5 m aufweist. Auch eine Markise ist nicht geeignet, die einwirkenden Lichtimmissionen wirksam abzuschirmen. Wie der Senat beim Augenschein festgestellt hat, bleibt die Blendwirkung überwiegend beim Sitzen auf der Terrasse auch dann bestehen, wenn die Markise voll ausgefahren und bis auf minimale Durchgangshöhe abgesenkt wird. Das Aufstellen eines zusätzlichen Sonnenschirms gegen diese seitlichen Lichteinwirkungen ist indessen der Klägerin nicht zuzumuten, käme es doch einem völligen „Einmauern“ gleich. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen demgegenüber weniger schutzwürdig sind, denn sie haben ihr Dach baurechtswidrig mit reflektierendem Material eingedeckt. Auch wenn sie dies nicht vorsätzlich veranlasst haben, weil ihnen zum Einen das von der Baufirma verwendete Material nicht bekannt war und sie zum Anderen den Dachziegeln die Blendwirkung nach dem ersten äußeren Anschein nicht ansehen konnten, mindert dieser Umstand deutlich ihre Schutzwürdigkeit, denn sie haben die Ursache für die Beeinträchtigungen der Nachbarn gesetzt und sind mit anderen Worten die baupolizeilichen Verhaltens- und Zustandsstörer. Hingegen kann von der Klägerin billigerweise nicht verlangt werden, ihr Grundstück nach Süden hin vollständig mit einer Hecke in entsprechender Höhe abzuschirmen oder anderweitig zu schützen, es dadurch weiter zu verkleinern und sich zudem noch die letzte Aussicht nach Süden zu verbauen sowie den Lichteinfall erheblich einzuschränken. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach § 12 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes - NRG - mit einem Abstand von 50 cm zur Grenze der Beigeladenen hin lediglich eine Hecke mit einer Höhe von 1,80 m zulässig ist und die Klägerin deshalb mit Ansprüchen auf Rückschnitt dieser Hecke nach § 12 Abs. 2 und 3 NRG seitens der Beigeladenen bzw. evtl. Rechtsnachfolger rechnen muss.
29 
Liegt danach ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in seiner drittschützenden Ausprägung vor, so ist die Beklagte auch verpflichtet, den Beigeladenen die begehrte Teilumdeckung aufzugeben. Denn das ihr nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Satz 1 LBO eingeräumte Ermessen ist im vorliegenden Fall auf Null reduziert, da es keine Möglichkeit anderweitiger Beseitigung der baurechtswidrigen Blendwirkung gibt. Ein Anstrich oder eine Neubeschichtung, wie zunächst erwogen, kommt nicht in Betracht, wie dem Schreiben der Firma ... ... vom 14.10.2002 zu entnehmen ist. Diese verweist auf eine Information des Herstellers der Dachziegel, der Firma ... ..., wonach eine nachträgliche Reduzierung der Glanzwirkung durch eine Nachbehandlung nicht möglich ist und sich eine Neubeschichtung nicht dauerhaft mit der Oberfläche verbinden wird. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Eine Bepflanzung auf dem Grundstück der Beigeladenen selbst scheidet aus topografischen Gründen und dem geringen Grenzabstand ihres Hauses gleichfalls aus. Der Beigeladene hat hierzu in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, auf der Nordseite seines Wohnhauses sei nicht genügend Erde vorhanden, sodass ausreichend hohe Heckenpflanzen dort nicht anwachsen und gedeihen könnten. Die Verpflichtung zur Teilumdeckung des Daches scheitert auch nicht daran, dass diese Teilumdeckung wohl nicht möglich ist, vielmehr nur eine vollkommene Neueindeckung in Betracht kommen dürfte, denn dies ist letztlich eine Frage der Umsetzung. Kann der Verpflichtung zur Teilumdeckung nur dadurch nachgekommen werden, dass das Dach vollkommen neu eingedeckt wird, dann haben die Beigeladenen die komplette Neueindeckung zu veranlassen. Die dafür entstehenden Kosten von 7.830,-- EUR die nach dem Schreiben der Firma ... ... vom 20.06.2005 voraussichtlich entstehen werden, bewegen sich in einem überschaubaren Rahmen. Sie berücksichtigen eine Umdeckung des gesamten Daches, weisen Zuschläge für First und Schneidearbeiten etc. aus und enthalten die Kosten für das Gerüst sowie für die Entsorgung der bisherigen Dachsteine. Angesichts dessen, dass die Beigeladenen als Störer die Ursache für die erhebliche Beeinträchtigung der Klägerin gesetzt haben, sind ihnen diese Kosten - selbst wenn Kostensteigerungen mit einkalkuliert werden - noch zumutbar.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
31 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Die statthafte und auch sonst zulässige Berufung hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hätte der mit dem Hauptantrag verfolgten Verpflichtungsklage stattgeben müssen. Denn die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf baupolizeiliches Einschreiten gegenüber den Beigeladenen.
21 
Wie das Verwaltungsgericht bereits festgestellt hat, richtet sich die Klage aufgrund der Bekanntmachung des Regierungspräsidiums Stuttgart über die Zuständigkeit der Gemeinde Remseck am Neckar, Landkreis Ludwigsburg, als untere Baurechtsbehörde (vgl. GBl. 2003, S. 267) gegen die Beklagte im Wege gesetzlichen Parteiwechsels (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 02.11.1973 - IV C 55.70 - BVerwGE 44, 148, 150). Dieser Parteiwechsel kraft Gesetzes auf Beklagtenseite ist von Amts wegen zu berücksichtigen und stellt keine Klageänderung dar. Folgerichtig hat sich die Beklagte im Klage- und Berufungsverfahren auch durch Abgabe von Schriftsätzen und Antragstellung geäußert.
22 
Rechtsgrundlage für das von der Klägerin begehrte Einschreiten der Beklagten gegen die Beigeladenen ist § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Satz 1 LBO. Danach kann die Baurechtsbehörde den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Ein Nachbar hat grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung der Behörde. Ein Anspruch auf Einschreiten besteht nur, wenn das Vorhaben des Bauherrn gegen eine dem Schutz des Nachbar dienende Vorschrift verstößt und das der Behörde eröffnete Ermessen auf Null reduziert ist (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 01.02.1993 - 8 S 1594/92 -, VBlBW 1993, 431, ). Zu diesen öffentlich-rechtlichen nachbarschützenden Vorschriften gehört auch das Gebot der Rücksichtnahme in seiner drittschützenden Funktion. Ein derartiger Verstoß ist aus den nachfolgenden Erwägungen vorliegend zu bejahen.
23 
Das Vorhaben der Beigeladenen ist im Hinblick auf die Dacheindeckung sowohl formell als auch materiell rechtswidrig. Die formelle Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass mit der Baugenehmigung die von den Beigeladenen konkret gewählte Art der Dachziegel nicht genehmigt wurde. Die Baugenehmigung enthält vielmehr die Auflage, dass das Dach „entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans mit Ziegeln oder Betondachsteinen in naturroten oder rotbraunen Farbtönen“ auszuführen ist. Daraus folgt, dass diese Eindeckung auch im Übrigen mit den Vorgaben des Bebauungsplans übereinstimmen muss, mithin die Eindeckung nicht aus „reflektierenden Materialien“ bestehen darf. Materiell-rechtlich verstößt die gewählte Dacheindeckung dem-entsprechend gegen die örtliche Bauvorschrift Teilziff. 1.6, wonach für die Dacheindeckung reflektierende Materialien nicht zulässig sind. Bei den im vorliegenden Fall verwendeten Dachziegeln des Typs Tegalit „STAR“ handelt es sich aufgrund ihrer Oberflächenbeschichtung der Firma ... ... bzw. der Firma ... um ein solch reflektierendes Material, wovon sich der Senat bei der Einnahme des Augenscheins trotz größtenteils bedeckten Himmels überzeugen konnte. Dabei ist nicht entscheidend, dass die Ziegel an sich nicht glänzen, vielmehr nur bei Sonneneinwirkung die Strahlung zurückwerfen, denn das „Zurückstrahlen von Licht“ ist definitionsgemäß gleichbedeutend mit „Reflexion“.
24 
Schon bei der Baukontrolle durch das Landratsamt Ludwigsburg wurde festgestellt und in einem Aktenvermerk festgehalten, dass das Dach der Beigeladenen mit lasierten Dachziegeln eingedeckt ist und die Klägerin durch die verwendeten Dachziegeln sehr geblendet wird. Auch das Regierungspräsidium Stuttgart und gleichfalls das Verwaltungsgericht Stuttgart haben jeweils bei ihrer Inaugenscheinnahme der Dacheindeckung die Blendwirkung bestätigt. Mittlerweile ist zwar aufgrund von Witterungseinflüssen eine gewisse Verschmutzung der Dachziegel festzustellen, indessen wird dadurch die Blendwirkung bei Sonneneinstrahlung kaum verringert. Diese ist nach wie vor erheblich. Der Senat hat sich beim Augenschein davon überzeugen können, dass bei starker Sonneneinstrahlung die Blendwirkung „gewissermaßen gleißend“ auftritt.
25 
Verstößt danach die Eindeckung des Daches mit reflektierenden Dachziegeln gegen die örtliche Bauvorschrift, so begründet dies zwar nur dann einen Anspruch der Klägerin auf baupolizeiliches Einschreiten, wenn diese Vorschrift auch dem Schutze des Nachbarn zu dienen bestimmt ist, wofür vorliegend indessen keine Anhaltspunkte bestehen. Jedoch verstößt die Eindeckung des Daches wegen der Beschichtung der Ziegel und den besonderen Umständen des Falles darüber hinaus gegen das Rücksichtnahmegebot in seiner zugunsten der Klägerin bestehenden nachbarschützenden Ausprägung. Ob eine bestimmte Nutzung dem - sich vorliegend aus § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO ergebenden Rücksichtnahmegebot - widerspricht, richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzuwägen ist, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 -, DVBl 1994, 697, ).
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Die Zumutbarkeit von Lichtimmissionen beurteilt sich nach dem Grad der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Innen- und Außenwohnbereiche des Nachbarn. Das Maß der Schutzbedürftigkeit in tatsächlicher Hinsicht kann im Einzelfall davon abhängen, ob und inwieweit der Nachbar ohne größeren Aufwand im Rahmen des Ortsüblichen und Sozialadäquaten zumutbare Abschirmmaßnahmen ergreifen kann (zumutbarer Eigenschutz). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Eigenschutz gegen Lichtimmissionen, anders als der Schutz vor Lärm oder Gerüchen, ohne Einbußen für die Wohnqualität häufig durch herkömmliche Maßnahmen wie Vorhänge oder Jalousien innerhalb der Gebäude und Hecken oder Rankgerüsten in den Außenwohnbereichen bewerkstelligt werden kann. Dies folgt auch daraus, dass Lichtimmissionen oft gleichsam zwangsläufige Folge typischer Wohnformen sind und von daher auch akzeptiert werden (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 17.03.1999 - 4 B 14.99 - ). Andererseits ist die Intensität der Blendwirkung und sind die dem Nachbarn durch die Schutzmaßnahmen abverlangten Nutzungseinschränkungen seines Wohngrundstücks - im Innen- wie im Außenwohnbereich - in Rechnung zu stellen. Schließlich ist im Rahmen der rechtlichen Schutzwürdigkeit der Beteiligten darauf abzustellen, ob die die Blendwirkung auslösenden baulichen Maßnahmen vom materiellen Baurecht gedeckt sind oder nicht. Ob und in welchem Umfang innerhalb dieses Rahmens Abschirmmaßnahmen möglich und im Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn zumutbar sind, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.
27 
Gemessen daran ist es vorliegend der Klägerin nicht zuzumuten, sich im Außenbereich durch geeignete Abschirmmaßnahmen, insbesondere mittels einer Bepflanzung ihres Grundstücks, gegen die vom Dach der Beigeladenen ausgehenden Lichtimmissionen zu schützen.
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Die konkreten Umstände des Einzelfalles weisen aufgrund der kleinräumigen Verhältnisse vorliegend Besonderheiten auf, die dazu führen, dass zumutbare Abschirmmaßnahmen nicht in Betracht kommen. Der Abstand zwischen der südlichen Hauswand der Klägerin und der Grenze zum Nachbargrundstück der Beigeladenen beträgt lediglich etwa 7 m. In diesem engen Bereich befindet sich zudem die nach Süden ausgerichtete Terrasse der Klägerin. Als weitere Besonderheit kommt vorliegend hinzu, dass das Wohnhaus der Beigeladenen und damit auch die reflektierende Dachfläche aufgrund der vorgenommenen Abgrabungen ca. 2,10 m tiefer liegt, so dass die Blendwirkung des Daches auf Augenhöhe auf den Terrassenbereich der Klägerin einwirkt. Wollte sich die Klägerin gegen das seitlich einfallende blendende Licht wirksam abschirmen, müsste sie durchgehend eine Hecke von 4 bis 5 m Höhe pflanzen. Damit wäre aber jegliche Aussicht nach Süden in die Ebene genommen. Überdies würde der schon an sich sehr kleine südliche Freibereich nochmals verkleinert und erheblich verschattet. Dies kann von der Klägerin nicht als „ortsüblich“ und „sozialadäquat“ verlangt werden, auch wenn das Nachbargrundstück mit einer ähnlich hohen Hecke versehen ist und die Klägerin selbst ihr eigenes Grundstück seitlich auf der Westseite, von wo sie keine Blendwirkung zu erwarten hat, gleichfalls mit einem Strauch bepflanzt hat, der eine Höhe von 4 bis 5 m aufweist. Auch eine Markise ist nicht geeignet, die einwirkenden Lichtimmissionen wirksam abzuschirmen. Wie der Senat beim Augenschein festgestellt hat, bleibt die Blendwirkung überwiegend beim Sitzen auf der Terrasse auch dann bestehen, wenn die Markise voll ausgefahren und bis auf minimale Durchgangshöhe abgesenkt wird. Das Aufstellen eines zusätzlichen Sonnenschirms gegen diese seitlichen Lichteinwirkungen ist indessen der Klägerin nicht zuzumuten, käme es doch einem völligen „Einmauern“ gleich. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Beigeladenen demgegenüber weniger schutzwürdig sind, denn sie haben ihr Dach baurechtswidrig mit reflektierendem Material eingedeckt. Auch wenn sie dies nicht vorsätzlich veranlasst haben, weil ihnen zum Einen das von der Baufirma verwendete Material nicht bekannt war und sie zum Anderen den Dachziegeln die Blendwirkung nach dem ersten äußeren Anschein nicht ansehen konnten, mindert dieser Umstand deutlich ihre Schutzwürdigkeit, denn sie haben die Ursache für die Beeinträchtigungen der Nachbarn gesetzt und sind mit anderen Worten die baupolizeilichen Verhaltens- und Zustandsstörer. Hingegen kann von der Klägerin billigerweise nicht verlangt werden, ihr Grundstück nach Süden hin vollständig mit einer Hecke in entsprechender Höhe abzuschirmen oder anderweitig zu schützen, es dadurch weiter zu verkleinern und sich zudem noch die letzte Aussicht nach Süden zu verbauen sowie den Lichteinfall erheblich einzuschränken. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass nach § 12 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes - NRG - mit einem Abstand von 50 cm zur Grenze der Beigeladenen hin lediglich eine Hecke mit einer Höhe von 1,80 m zulässig ist und die Klägerin deshalb mit Ansprüchen auf Rückschnitt dieser Hecke nach § 12 Abs. 2 und 3 NRG seitens der Beigeladenen bzw. evtl. Rechtsnachfolger rechnen muss.
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Liegt danach ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in seiner drittschützenden Ausprägung vor, so ist die Beklagte auch verpflichtet, den Beigeladenen die begehrte Teilumdeckung aufzugeben. Denn das ihr nach § 47 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 65 Satz 1 LBO eingeräumte Ermessen ist im vorliegenden Fall auf Null reduziert, da es keine Möglichkeit anderweitiger Beseitigung der baurechtswidrigen Blendwirkung gibt. Ein Anstrich oder eine Neubeschichtung, wie zunächst erwogen, kommt nicht in Betracht, wie dem Schreiben der Firma ... ... vom 14.10.2002 zu entnehmen ist. Diese verweist auf eine Information des Herstellers der Dachziegel, der Firma ... ..., wonach eine nachträgliche Reduzierung der Glanzwirkung durch eine Nachbehandlung nicht möglich ist und sich eine Neubeschichtung nicht dauerhaft mit der Oberfläche verbinden wird. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Eine Bepflanzung auf dem Grundstück der Beigeladenen selbst scheidet aus topografischen Gründen und dem geringen Grenzabstand ihres Hauses gleichfalls aus. Der Beigeladene hat hierzu in der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt, auf der Nordseite seines Wohnhauses sei nicht genügend Erde vorhanden, sodass ausreichend hohe Heckenpflanzen dort nicht anwachsen und gedeihen könnten. Die Verpflichtung zur Teilumdeckung des Daches scheitert auch nicht daran, dass diese Teilumdeckung wohl nicht möglich ist, vielmehr nur eine vollkommene Neueindeckung in Betracht kommen dürfte, denn dies ist letztlich eine Frage der Umsetzung. Kann der Verpflichtung zur Teilumdeckung nur dadurch nachgekommen werden, dass das Dach vollkommen neu eingedeckt wird, dann haben die Beigeladenen die komplette Neueindeckung zu veranlassen. Die dafür entstehenden Kosten von 7.830,-- EUR die nach dem Schreiben der Firma ... ... vom 20.06.2005 voraussichtlich entstehen werden, bewegen sich in einem überschaubaren Rahmen. Sie berücksichtigen eine Umdeckung des gesamten Daches, weisen Zuschläge für First und Schneidearbeiten etc. aus und enthalten die Kosten für das Gerüst sowie für die Entsorgung der bisherigen Dachsteine. Angesichts dessen, dass die Beigeladenen als Störer die Ursache für die erhebliche Beeinträchtigung der Klägerin gesetzt haben, sind ihnen diese Kosten - selbst wenn Kostensteigerungen mit einkalkuliert werden - noch zumutbar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 159 Satz 1 und 2 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.
31 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
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Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
33 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.