Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 14. Juli 2011 - 4 K 222/11.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2011:0714.4K222.11.NW.0A
bei uns veröffentlicht am14.07.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung der Beklagten, den Thekenraum ihrer Gaststätte rauchfrei zu halten.

2

Die Klägerin betreibt in Bruchmühlbach-Miesau eine Gaststätte, die aus zwei Gasträumen besteht. Vorder- und Hintereingang der Gaststätte führen in den sogenannten Thekenraum, in dem sich eine Ausschanktheke mit Zugang zur Küche sowie derzeit fünf Tischen mit ca. 20 Sitzplätzen befinden. Vom Thekenraum führt eine Tür zu einem zweiten Gastraum, der durch eine weitere Tür ebenfalls mit der Küche verbunden ist. In diesem Gastraum befinden sich 4 Tische mit ca. 32 Sitzplätzen und eine kleinere Theke. Die Toiletten der Gaststätte liegen in einem Nebengebäude und sind über den Hintereingang erreichbar.

3

In der Gaststättenerlaubnis vom 25. August 1977 wird der Thekenraum als „allgemeines Wirtszimmer“ mit einer Größe von 43,68 m² und der zweite Raum als „Nebenzimmer“ mit einer Größe von 42,52 m² ausgewiesen. Zwischenzeitlich baute die Klägerin in den Thekenraum einen Kaminofen ein, so dass dieser Raum nach ihrer Berechnung jetzt nur noch eine Größe von 41,94 m² besitzt.

4

Die Klägerin hält das Nebenzimmer, das sie als Speisesaal bezeichnet, rauchfrei, lässt aber das Rauchen im Thekenraum zu. Nach ihren eigenen Angaben dient der rauchfreie Raum in den Mittags- und Abendstunden als Speisesaal im restauranttechnischen Sinne und in den Morgenstunden auch der Frühstücksbewirtung von übernachtenden Gästen. Außerdem wird er in erheblichem Umfang auch zur Ausrichtung von privaten oder betrieblichen Feierlichkeiten bzw. Festen genutzt und bietet regelmäßig auch Raum für vereins- und parteipolitische Sitzungen und Veranstaltungen.

5

Mit Bescheid vom 30. Juni 2010 ordnete die Beklagte an, dass der Thekenraum der Gaststätte der Klägerin als Hauptraum rauchfrei sein muss (Ziffer 1), dass dies auch für das von seiner Grundfläche her größere Nebenzimmer gilt (Ziffer 2) und dass über das Rauchverbot durch deutlich wahrnehmbare Hinweise insbesondere an den beiden Eingangsbereichen der Gaststätte zu informieren ist (Ziffer 3). Für den Fall, dass den Bestimmungen dieser Anordnung nicht nachgekommen wird, drohte die Beklagte zu den Ziffern 1 und 2 jeweils ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- € und zu Ziffer 3 ein Zwangsgeld in Höhe von 300,- € an (Ziffer 4). Ferner ordnete die Beklagte gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an.

6

Ein Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung war beim erkennenden Gericht nur teilweise erfolgreich (vgl. Beschluss vom 27. Juli 2010 – 4 L 716/10.NW –). Die dagegen beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz von der Klägerin eingelegte Beschwerde hatte Erfolg (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 14. September 2010 – 7 B 10926/10.OVG –). Dabei vertrat das OVG die Auffassung, dass die Frage, ob ein Nebenraum i.S.v. § 7 Abs. 3 NRSG nicht nur nach seiner Größe im Verhältnis zu anderen Räumen, sondern auch nach seiner Funktion zu bestimmen sei, ebenso einer vertieften Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse wie gegebenenfalls die Frage, welche Umstände für die Annahme einer entsprechenden „untergeordneten Funktion“ maßgeblich sein.

7

Auf den Widerspruch der Klägerin hin hob der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Kaiserslautern die Ziffer 2 der Anordnung vom 30. Juni 2010 auf. Auch Ziffer 4 wurde aufgehoben, soweit darin für die Ziffer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- € angedroht wurde. Im Übrigen wies der Kreisrechtsausschuss den Widerspruch jedoch zurück. Soweit der Widerspruch erfolglos blieb, begründete der Kreisrechtsausschuss dies damit, dass der Thekenraum keinen Nebenraum i.S.v. § 7 Abs. 3 und Satz 2 Nr. 1 Nichtraucherschutzgesetz - NRSG - darstelle und deshalb rauchfrei bleiben müsse.

8

Die Klägerin hat daraufhin am 10. März 2011 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

9

Die Verfügung der Beklagten vom 30. Juni 2010 sei, soweit sie noch Bestand habe, rechtswidrig. Das Rauchen in ihrem Thekenraum sei nämlich gemäß § 7 Abs. 3 NRSG zulässig. Der Thekenraum sei kleiner als ihr Speisesaal und habe auch weniger Sitzplätze. Er sei daher ein Nebenraum i.S.v. § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 NRSG, in dem sie das Rauchen erlauben dürfe. Zwar müsse ein Hauptbereich rauchfrei bleiben. Der Begriff Nebenraum in § 7 Abs. 3 NRSG habe jedoch keine funktionale Bedeutung. Er werde vielmehr durch § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG konkretisiert. Der Hauptbereich müsse lediglich größer sein und mehr Sitzplätze umfassen als die Räume, in denen das Rauchen erlaubt sei. Eine wirtschaftliche oder funktionale Unterscheidung zwischen Haupträumen und Nebenräumen würde hingegen dazu führen, dass die Erträge der einzelnen Räumlichkeiten gesondert ausgewertet werden müssten. Dies entspräche nicht dem gesetzgeberischen Willen. Auch die Zahl der Gäste in den jeweiligen Bereichen sei nicht entscheidend. Weil ihr rauchfreier Speisesaal größer sei als der Thekenraum, in dem sie das Rauchen gestatte, werde in ihrer Gaststätte ein ausreichender, den gesetzlichen Vorgaben entsprechender Schutz der Nichtraucher gewährleistet.

10

Die Klägerin beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Februar 2011 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie vertritt weiterhin die Auffassung, dass der Thekenraum als Hauptbereich rauchfrei gehalten werden müsse.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Verwaltungsakten. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Anfechtungsklage der Klägerin ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unbegründet. Die Anordnung der Beklagten vom 30. Juni 2010 ist, soweit sie nicht durch den Widerspruchsbescheid vom 9. Februar 2011 aufgehoben wurde, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

17

Das in Ziffer 1 dieser Anordnung ausgesprochene Verbot, im Thekenraum der Gaststätte der Klägerin zu rauchen, hat seine Grundlage in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 26. Mai 2009 (GVBl. S. 205) – NRSG –. Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRSG kann die Beklagte die zur Umsetzung und Einhaltung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen treffen. Die Anordnung eines Rauchverbots im Thekenraum der Gaststätte der Klägerin stellt eine solche erforderliche Maßnahme dar.

18

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 NRSG sind Gaststätten im Sinne des Gaststättengesetzes grundsätzlich rauchfrei. Ausnahmen hiervon sind nach § 7 Abs. 2 NRSG nur möglich für Gaststätten mit nur einem Gastraum und mit einer Grundfläche von weniger als 75 m². Außerdem kann die Betreiberin oder der Betreiber bei einer Gaststätte mit mehreren, durch ortsfeste Trennwände voneinander getrennten Räumen das Rauchen auch in einzelnen Nebenräumen erlauben, wenn die Grundfläche und die Anzahl der Sitzplätze in den Nebenräumen mit Raucherlaubnis nicht größer sind als in den übrigen rauchfreien Gasträumen (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 NRSG).

19

Auf dieser gesetzlichen Grundlage, die keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2010 – VGH 60 und 70/09 –), hat die Beklagte zu Recht ein Rauchverbot für den sogenannten Thekenraum der Gaststätte der Klägerin angeordnet. Dieser Gastraum ist nämlich nach § 7 Abs. 1 NRSG rauchfrei zu halten. Eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 NRSG kommt vorliegend nicht in Betracht, denn die Gaststätte der Klägerin verfügt über zwei Gasträume und über eine Grundfläche von mehr als 75 m². Aber auch eine Nutzung des Thekenraums als Raucherraum i.S.v. § 7 Abs. 3 NRSG scheidet aus. Erlaubt werden darf nach dieser Vorschrift nämlich nur das Rauchen in einzelnen Nebenräumen, während der Hauptbereich der Gaststätte rauchfrei bleiben muss. Der Thekenraum der Gaststätte der Klägerin ist jedoch kein Nebenraum, sondern Hauptraum.

20

Das erkennende Gericht ist bereits in seinem Beschluss vom 27. Juli 2010 – 4 L 716/10.NW – davon ausgegangen, dass die Abgrenzung zwischen Nebenräumen, in denen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG das Rauchen erlaubt werden kann und den übrigen rauchfreien Gasträumen sich nicht alleine nach der untergeordneten Größe, d.h. nach den Vorgaben in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG beurteilt, sondern dass dem Begriff des Nebenraums eine darüber hinausgehende, eigenständige Bedeutung zukommt. Kennzeichnend für einen Nebenraum im Sinne von § 7 Abs. 3 NRSG ist danach nicht nur die untergeordnete Größe, sondern auch eine entsprechende untergeordnete Funktion, die ihn von einem Hauptraum unterscheidet (vgl. auch OVG Niedersachsen, Beschluss vom 2. September 2010 - 7 ME 31/10 -, GewArch 2010, 496). Der zentrale Gastraum einer Gaststätte, der eine zentrale Bewirtungsfunktion wahrnimmt und der von jedem Gast beim Besuch zwangsläufig betreten werden muss, ist Hauptraum der Gaststätte und damit kein Nebenraum im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG. Ein solcher Raum ist deshalb in einer Mehrraumgaststätte rauchfrei zu halten. An dieser Rechtsauffassung hält die Kammer nach vertiefter Prüfung, bei der neben dem Wortlaut auch Sinn und Zweck der Regelung, die Gesetzesmaterialien und die Praktikabilität der Normanwendung mitberücksichtigt wurden, fest.

21

Schon der Wortlaut des § 7 Abs. 3 NRSG lässt es geboten erscheinen, dem darin verwandten Begriff des „Nebenraums“ über die in § 7 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 1 NRSG genannten quantitativen Voraussetzungen hinaus eine eigenständige, funktionale Bedeutung beizumessen. Der Begriff „Neben“ bringt eine Unterordnung der fraglichen Räumlichkeit zum Ausdruck, die bei Gasträumen einer Gaststätte gemeinhin im funktionalen Sinne verstanden wird. Der Nebenraum oder das Nebenzimmer einer Gaststätte ist nach dem allgemeinen Wortverständnis nicht primär gekennzeichnet durch seine Größe, sondern durch seine separate Nutzbarkeit, die beim Hauptraum der Gaststätte regelmäßig so nicht möglich ist.

22

Es ist auch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Begriff „Nebenraum“ in Kenntnis dieser Wortbedeutung bewusst gewählt hat. Hätte er nämlich bei Mehrraumgaststätten die Abgrenzung zwischen Räumen, in denen geraucht werden darf, und rauchfreien Gasträumen alleine anhand der in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG genannten quantitativen Voraussetzungen bestimmen wollen, hätte es des Begriffs des Nebenraums gar nicht bedurft. Dazu hätte vielmehr schon die Formulierung in § 7 Abs. 2 Satz 3 des Nichtraucherschutzgesetzes vom 5. Oktober 2007 (GVBl. S. 188) - NRSG a.F. - ausgereicht, wonach „in einer Gaststätte (…..) die Grundfläche und die Anzahl der Sitzplätze, in den Räumen, in denen das Rauchen erlaubt ist, nicht größer sein (darf) als in den übrigen dem Aufenthalt der Gäste dienenden rauchfreien Räumen.“ Gleichwohl enthielt das Nichtraucherschutzgesetz bereits in dieser ersten Fassung in § 7 Abs. 2 Satz 1 zusätzlich die Aussage, dass bei Mehrraumgaststätten das Rauchen in einzelnenNebenräumen erlaubt werden darf. Dies lässt nur darauf schließen, dass dem Begriff „Nebenraum“ bereits damals eine eigenständige, über § 7 Abs. 3 Satz 3 NRSG a.F. hinausgehende funktionale Bedeutung zukam.

23

Dafür spricht außerdem der Umstand, dass der Gesetzgeber bei der Gesetzesänderung im Jahr 2009 den Gesetzestext insoweit weiter präzisiert hat. Bis zu dieser Gesetzesänderung wurde der Begriff „Nebenraum“ nur in § 7 Abs. 2 Satz 1 NRSG a.F. benutzt, während in § 7 Abs. 2 Satz 3 NRSG a.F. nur der Begriff „Räume“ verwandt wurde. Demgegenüber hat der Gesetzgeber in der Fassung vom 26. Mai 2009 den Begriff der „Nebenräume“ nicht nur in § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG, sondern auch in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG benutzt. Zwar führt die amtliche Begründung hierzu aus, dass der neue Absatz 3 inhaltlich weitgehend dem derzeitigen Absatz 2 entspricht (vgl. Landtagsdrucksache 15/321 S. 6). Gleichwohl zeigt diese Präzisierung, dass der Gesetzgeber dem Begriff des „Nebenraums“ eine eigenständige und damit über die quantitativen Anforderungen in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG hinausgehende Bedeutung beimisst. Nach der Aufnahme des Begriffes „Nebenräume“ auch in § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG spricht der Wortsinn der Vorschrift eindeutig dafür, dass § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSGzusätzliche Voraussetzungen für Nebenräume im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG enthält, um dort das Rauchen erlauben zu dürfen.

24

Aber auch aus Sinn und Zweck der Regelung unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien folgt ein solches Verständnis des § 7 Abs. 3 NRSG.

25

Nach § 1 Abs. 1 NRSG ist Zweck dieses Gesetzes der Schutz der Bevölkerung vor Belastungen sowie gesundheitlichem Beeinträchtigen durch Tabakrauch (Passivrauchbelastung). Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetz einen umfassenden Nichtraucherschutz auch bei Gaststätten vor. In der Begründung des Gesetzentwurfes wird dazu ausgeführt, dass gerade im Hinblick auf die Nutzung der Gaststätten durch Familien mit Kindern, durch Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen sowie durch Jugendliche z.B. der Diskotheken und die dringliche Sicherung des gesundheitlichen Schutzes der Beschäftigten die Einführung einer weitgehenden Rauchfreiheit in den Gaststättenräumen mit Publikumsverkehr erforderlich ist. Es soll der Besuch des gastronomischen Angebots ermöglicht werden, ohne sich einer Passivrauchbelastung aussetzen zu müssen (vgl. LT-Drs. 15/1105, S. 8 und S. 11f.). Wenn allerdings in einer Gaststätte mehrere, vollständig voneinander getrennte Räume vorhanden sind, erscheint es dem Gesetzgeber vertretbar, der Betreiberin oder dem Betreiber der Gaststätte die Einrichtung eines Nebenraums als Raucherraum zu ermöglichen, wenn dies gewünscht wird. Dann kann den Belangen sowohl der rauchenden als auch der nichtrauchenden Gäste Rechnung getragen werden; nichtrauchende Gäste müssten auch nicht auf den Besuch der Gaststätte verzichten (vgl. LT-Drs. 15/1105, S. 12).

26

Der Gesetzgeber wollte damit in Ansehung des Gesundheitsschutzes das umfassende Rauchverbot in Gaststätten nur in eng begrenzten Ausnahmefällen lockern. An diesem gesetzgeberischen Ziel hat der Gesetzgeber auch bei der Gesetzesänderung vom 26. Mai 2009 festgehalten (vgl. LT-Drs. 15/3221, S. 5 ff). Im Hinblick auf diesen gesetzgeberischen Zweck ist es geboten, die Ausnahmetatbestände in § 7 Abs. 2 und Abs. 3 eng auszulegen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Mai 2011 – 7 A 10011/11.OVG –). Eine Auslegung des § 7 Abs. 3 NRSG dahingehend, dass der Begriff des Nebenraums nur nach seiner Größe im Verhältnis zu anderen Räumen definiert wird, der Begriff also über die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG keine eigenständige, funktionale Bedeutung zukommt, wird nach Auffassung der Kammer diesem Gesetzeszweck nicht gerecht. Ein solch weites Verständnis des Begriffes „Nebenraum“ würde nämlich entgegen dem gesetzgeberischen Willen nicht sicherstellen, dass den nichtrauchenden Gästen in Mehrraumgaststätten stets und in zumutbarer Weise ein rauchfreier Gaststättenbereich zur Verfügung steht.

27

Dies zeigt der vorliegende Fall in geradezu exemplarischer Weise. Die Gaststätte der Klägerin besteht aus einem Thekenraum, der von jedem Gast betreten werden muss, und einem separaten Nebenraum, der nur über den Thekenraum von den Gästen erreicht werden kann. Aufgrund seines funktionellen Zuschnittes ist der Thekenraum in aller Regel allen Gästen zugänglich, während der Nebenraum aufgrund seiner untergeordneten Funktion unbenutzt bleiben kann oder aber für die Ausrichtung von privaten oder betrieblichen Feierlichkeiten oder sonstigen geschlossene Gesellschaften zur Verfügung steht. In diesen Fällen ist aber entgegen der gesetzlichen Garantie nicht sichergestellt, dass für nichtrauchende Gäste in Mehrraumgaststätten ein „Hauptbereich“ rauchfrei bleibt (vgl. LT-Drs. 15/1105, S. 12). Ist nämlich das separate Nebenzimmer geschlossen oder wird es entsprechend seines funktionellen Zuschnitts für geschlossene Gesellschaften genutzt, bleibt für nichtrauchende Gäste nur der Aufenthalt im Thekenraum. Dies steht im eindeutigen Widerspruch zum Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes, nichtrauchenden Gästen den Besuch von Mehrraumgaststätten zu ermöglichen, ohne sie einer Passivrauchbelastung auszusetzen. Deshalb darf in einer solchen Gaststätte aufgrund des funktionellen Zuschnitts der Räumlichkeiten gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG nur in dem separaten, untergeordneten Nebenraum das Rauchen erlaubt werden, während der zentrale Thekenraum als „Hauptbereich“ rauchfrei gehalten werden muss.

28

Der Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, bei der Nutzung des Nebenzimmers für geschlossene Gesellschaften sei die Situation der nichtrauchenden Gäste in ihrer Gaststätte vergleichbar mit den Fällen, in denen im rauchfreien Bereich keine Plätze mehr frei seien, überzeugt die Kammer keineswegs. Das Nichtraucherschutzgesetz bezweckt nämlich nicht den Schutz vor Überfüllung eines Lokals, sehr wohl soll es aber sicherstellen, dass nichtrauchenden Gästen in einer Mehrraumgaststätte stets ein rauchfreier Hauptbereich zur Verfügung steht.

29

Darüber hinaus darf im Thekenraum der Gaststätte der Klägerin auch deshalb das Rauchen nicht erlaubt werden, weil es sich bei dieser Räumlichkeit nicht um einen abgetrennten Raucherbereich handelt (vgl. LT-Drs. 15/1105, S. 12).

30

§ 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG gestattet das Rauchen nur in durch ortsfeste Trennwände vom rauchfreien Bereich getrennten Nebenräumen. Der Zweck des Nichtraucherschutzgesetzes, einen umfassenden Nichtraucherschutz in Gaststätten zu gewährleisten, gebietet es, die Ausnahmeregelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG auch insoweit restriktiv auszulegen. Von den rauchfreien Gasträumen „getrennt“ und damit als Raucherräume geeignet sind daher nur solche Nebenräume, die nach Bauart und Funktion die Beeinträchtigung nichtrauchender Gäste ausschließen. Damit nicht zu vereinbaren ist es, in Mehrraumgaststätten Raucherräume so zu bestimmen, dass Nichtraucher gezwungen sind, sich zumindest gelegentlich und gleichzeitig mit Rauchern in ihnen aufzuhalten. Entgegen der Intention des Nichtraucherschutzgesetzes werden Nichtraucher nämlich auch dann den Gefahren des Passivrauchens ausgesetzt, wenn sie beim Betreten der Gaststätte oder bei Toilettengängen gezwungen sind, sich vorübergehend in einem Raucherraum aufzuhalten oder ihn zu durchqueren (ebenso zu einer vergleichbaren Regelung OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. April 2011 - 4 B 1703/10 - ). Ein abgetrennter Raucherbereich, wie ihn § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG fordert, liegt in einem solchen Fall nicht vor.

31

Eine solche von § 7 Abs. 3 Satz 1 NRSG geforderte funktionale Trennung zwischen Raucherbereich und rauchfreien Gasträumen besteht derzeit in der Gaststätte der Klägerin nicht. Der Thekenraum, in dem sie das Rauchen erlaubt, muss auch von nichtrauchenden Gästen zwingend betreten werden, weil beide Gaststättenzugänge in diesen Raum führen. Das rauchfreie separate Nebenzimmer ist daher nur über den Thekenraum erreichbar. Zudem müssen die Gäste auch für die Benutzung der Toiletten vom derzeit rauchfreien Nebenzimmer aus den Thekenraum durchschreiten. Die erforderliche Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereich, die eine Beeinträchtigung von nichtrauchenden Gästen durch Passivrauch ausschließt, ist daher nicht gegeben.

32

Die sich aus Wortlaut und Gesetzeszweck ergebende Auslegung des § 7 Abs. 3 NRSG dahingehend, dass dem darin verwandten Begriff des „Nebenraums“ über die in § 7 Abs. 3 Satz 2 Ziffer 1 NRSG genannten quantitativen Voraussetzungen eine eigenständige, funktionale Bedeutung beizumessen ist, führt auch nicht zu bedeutsamen Praktikabilitätsproblemen bei der Normanwendung. Die Gaststätte der Klägerin entspricht dem sehr weit verbreiteten Gaststättentyp mit einem Gastraum, der von allen Gästen betreten werden muss, und einem separaten Nebenzimmer, das typischerweise auch für geschlossene Gesellschaften genutzt wird. In diesen Fällen ist die funktionale Einordnung der Räume offensichtlich. Daneben gibt es natürlich auch Gaststätten, bei denen die Unterteilung der Räumlichkeiten in Hauptbereiche und Nebenräume aufgrund ihres Zuschnitts nicht ohne weiteres auf der Hand liegt. Aber auch in diesen Fällen lässt sich die damit aufgeworfene Frage, ob die ausgewiesenen Raucherräume es in funktionaler Hinsicht gewährleisten, dass den nichtrauchenden Gästen in der Gaststätte jederzeit und in zumutbarer Weise ein rauchfreier (Haupt-)Bereich zur Verfügung steht, nach Auffassung der Kammer eindeutig und damit praktikabel beantworten.

33

Auch gegen die Anordnung in Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Juni 2010, über das Rauchverbot durch deutlich wahrnehmbare Hinweise insbesondere an den Eingangsbereichen der Gaststätte zu informieren, bestehen keine Bedenken, denn diese Anordnung entspricht dem gesetzlichen Gebot in § 9 NRSG.

34

Die Androhung von Zwangsgeld beruht auf §§ 61 Abs. 1, 64 und 66 LVwVG.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 Abs. 2 VwGO.

36

Beschluss

37

Der Streitwert wird auf 3.000,- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).

38

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 27. Juli 2010 - 4 L 716/10.NW

bei uns veröffentlicht am 27.07.2010

weitere Fundstellen ... Tenor Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30. Juni 2010 wird wiederhergestellt, soweit in Ziffer 2.) die Rauchfreiheit des Nebenzimmers gefordert

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30. Juni 2010 wird wiederhergestellt, soweit in Ziffer 2.) die Rauchfreiheit des Nebenzimmers gefordert wird. Außerdem wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, soweit unter Ziffer 4.) insoweit ein Zwangsgeld in Höhe 500,00 € angedroht wird. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 3/5 und die Antragsgegnerin zu 2/5.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig. In ihrer Verfügung vom 30. Juni 2010 verlangt die Antragsgegnerin die Rauchfreiheit sowohl des Thekenraums (Ziffer 1.) als auch des Nebenzimmers (Ziffer 2.) der Gaststätte der Antragstellerin und das Anbringen von Hinweisen über dieses Rauchverbot (Ziffer 3.). Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 5.). Statthaft ist daher insoweit ein Antrag nach § 80 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin. Soweit unter Ziffer 4.) der Verfügung Zwangsgelder angedroht werden, ist diese Regelung gemäß § 20 AGVwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Das Begehren der Antragstellerin ist daher diesbezüglich zu verstehen als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.

2

Dieses statthafte Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nur teilweise begründet.

3

In formeller Hinsicht genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 30. Juni 2010 den Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, denn die Antragsgegnerin hat das überwiegende öffentliche Interesse mit der Bedeutung des zu schützenden Rechtsguts der Gesundheit der Bevölkerung hinreichend begründet.

4

In materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1.) und 3.) des Bescheids vom 30. Juni 2010 rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragsgegnerin darin die Rauchfreiheit des sogenannten Thekenraums und eine entsprechende Kennzeichnung des Rauchverbots anordnet, überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung. Hingegen überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von Vollzugsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, soweit in Nummer 2.) der Verfügung auch ein Rauchverbot für das Nebenzimmer verlangt wird.

5

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 581). Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 240).

6

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des unter Ziffer 1.) angeordneten Rauchverbots im sogenannten Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin, weil der Bescheid vom 30. Juni 2010 insoweit ersichtlich rechtmäßig ist und mit seiner Durchsetzung nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden kann.

7

Die Anordnung eines Rauchverbots im Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin hat ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 26. Mai 2009 ( - NRSG - ).

8

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRSG kann die Antragsgegnerin die zur Umsetzung und Einhaltung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen treffen. Die Anordnung eines Rauchverbots im Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin stellt eine solche erforderliche Maßnahme dar.

9

Gemäß § 7 Abs. 1 NRSG sind Gaststätten grundsätzlich rauchfrei. Ausnahmen davon sind nach § 7 Abs. 2 NRSG nur möglich für Gaststätte mit nur einem Gastraum und mit einer Grundfläche von weniger als 75 m². Bei einer Gaststätte mit mehreren, durch ortsfeste Trennwände voneinander getrennten Räumen kann die Betreiberin oder der Betreiber gemäß § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen außerdem auch in einzelnen Nebenräumen erlauben. Weitere Voraussetzung für eine solche Raucherlaubnis in einer Mehrraumgaststätte ist, dass die Grundfläche und die Anzahl der Sitzplätze in den Nebenräumen mit Raucherlaubnis nicht größer sind als in den übrigen rauchfreien Gasträumen.

10

Auf dieser gesetzlichen Grundlage, die keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2010 - VGH 60 und 70/09 - ), hat die Antragsgegnerin zu Recht ein Rauchverbot für den sogenannten Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin angeordnet. Dieser Gastraum ist nämlich nach § 7 Abs. 1 NRSG rauchfrei zu halten.

11

Eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 NRSG kommt vorliegend nicht in Betracht, denn die Gaststätte der Antragstellerin verfügt über zwei Gasträume und über eine Grundfläche von mehr als 75 m². Aber auch eine Nutzung des sogenannten Thekenraums als Raucherraum im Sinne von § 7 Abs. 3 BRSG scheidet aus. Erlaubt werden darf nach dieser Vorschrift nämlich nur das Rauchen in einzelnen Nebenräumen, während der Hauptbereich der Gaststätte rauchfrei bleiben muss. Der sogenannte Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin ist jedoch kein Nebenraum.

12

Die Räume, in denen nach § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen erlaubt werden darf, müssen durch ortsfeste Trennwände vom rauchfreien Bereich getrennt sein und dürfen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG nicht größer sein als die übrigen rauchfreien Gasträume. Außerdem muss es sich um Neben räume handeln, während der Hauptbereich rauchfrei bleiben muss. Kennzeichnend für einen Nebenraum im Sinne von § 7 Abs. 3 NRSG ist mithin nicht nur die untergeordnete Größe, sondern auch eine entsprechende untergeordnete Funktion, die ihn von einem Hauptraum unterscheidet. Der zentrale Gastraum einer Gaststätte, der eine zentrale Bewirtungsfunktion wahrnimmt und der von jedem Gast beim Besuch zwangsläufig betreten werden muss, ist Haupt- und nicht Nebenraum. Ein solcher Raum ist deshalb in einer Mehrraumgaststätte rauchfrei zu halten.

13

Der sogenannte Thekenraum ist der Hauptraum der Gaststätte der Antragstellerin. Dieser Raum verfügt über eine Theke mit dahinterliegender Küche, der eine zentrale Bewirtungsfunktion zukommt. Außerdem kann die Gaststätte nur über diesen Raum betreten werden. Sowohl der Haupteingang von der Kaiserstraße her als auch der Hintereingang führen nämlich unmittelbar in diesen sogenannten Thekenraum. Auch für die Benutzung der Toilette, die sich in einem Nebengebäude befindet, muss dieser Raum durchschritten werden. Entsprechend diesen Gegebenheiten wurde der sogenannte Thekenraum schon in der Gaststättenerlaubnis vom 25. August 1977 als „allgemeines Wirtszimmer“ bzw. „Gaststätte“ bezeichnet, während die zweite Räumlichkeit - ebenfalls zutreffend - als „Nebenzimmer“ ausgewiesen ist. Als Nebenraum, in dem unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 NRSG in der Gaststätte der Antragstellerin das Rauchen erlaubt werden kann, kommt mithin nur das sogenannte Nebenzimmer in Betracht, während der sogenannte Thekenraum als Hauptraum rauchfrei bleiben muss.

14

Im Hinblick darauf bestehen auch gegen die Anordnung in Ziffer 3.) des Bescheids vom 30. Juni 2010, wonach über das Rauchverbot durch deutlich wahrnehmbare Hinweise insbesondere an den beiden Eingangsbereichen der Gaststätte zu informieren ist, keine rechtlichen Bedenken. Diese Anordnung entspricht dem entsprechenden gesetzlichen Gebot in § 9 NRSG.

15

Erweisen sich mithin die Ziffern 1.) und 3.) der Verfügung vom 30. Juni 2010 als rechtmäßig, so besteht mit Blick auf die Gewährleistung eines gesetzeskonformen Nichtraucherschutzes auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an ihrem sofortigen Vollzug.

16

Soweit hingegen in Nummer 2.) der Verfügung auch ein Rauchverbot für das Nebenzimmer verlangt wird, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von Vollzugsmaßnahmen diesbezüglich vorläufig verschont zu bleiben.

17

Die Anordnung dieses Rauchverbots erscheint der Kammer nicht erforderlich im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRSG. Gegenwärtig wird dieses sogenannte Nebenzimmer von der Antragstellerin nämlich bereits rauchfrei gehalten. Ob und wie sie diesen Raum im Hinblick auf das Rauchverbot, das die Antragsgegnerin betreffend den sogenannten Thekenraum ausgesprochen hat, in einen Raucherraum umgestaltet, ist derzeit unklar. Die Voraussetzungen, unter denen § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen in diesem Nebenraum zulässt, sind jedoch ohne größere Umbauten erfüllbar. So erscheint schon zweifelhaft, ob die Grundfläche des Nebenzimmers tatsächlich größer ist als die des Thekenraums. Dies ist davon abhängig, ob der nachträgliche Einbau eines Ofens im Thekenraum zu einer Verringerung der Grundfläche geführt hat. Insoweit bestehen deshalb Bedenken, weil nach Ziffer 3.2 der DIN 277-1, die für die Ermittlung von Grundflächen von Bauwerken gilt, die Netto-Grundfläche auch die Flächen von fest eingebauten Gegenständen, wie z.B. Öfen, einschließt. Im Übrigen ist der Thekenraum selbst bei Abzug der Ofenfläche nur 0,24 m² kleiner als das Nebenzimmer. Falls überhaupt notwendig, wäre eine entsprechende Verringerung der Grundfläche des Nebenzimmers gegebenenfalls ebenso leicht realisierbar wie eine Reduzierung der Anzahl der Sitzplätze.

18

Entsprechend den bisherigen Ausführungen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, soweit der Antragstellerin unter Ziffer 4.) der Verfügung vom 30. Juni 2010 ein Zwangsgeld in Höhe 500,00 € für den Fall angedroht wird, dass sie der Anordnung in Ziffer 2.) nicht fristgerecht nachkommt. Im Übrigen war der Antrag auch insoweit abzulehnen.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

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Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 30. Juni 2010 wird wiederhergestellt, soweit in Ziffer 2.) die Rauchfreiheit des Nebenzimmers gefordert wird. Außerdem wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, soweit unter Ziffer 4.) insoweit ein Zwangsgeld in Höhe 500,00 € angedroht wird. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin zu 3/5 und die Antragsgegnerin zu 2/5.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zulässig. In ihrer Verfügung vom 30. Juni 2010 verlangt die Antragsgegnerin die Rauchfreiheit sowohl des Thekenraums (Ziffer 1.) als auch des Nebenzimmers (Ziffer 2.) der Gaststätte der Antragstellerin und das Anbringen von Hinweisen über dieses Rauchverbot (Ziffer 3.). Gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hat die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 5.). Statthaft ist daher insoweit ein Antrag nach § 80 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin. Soweit unter Ziffer 4.) der Verfügung Zwangsgelder angedroht werden, ist diese Regelung gemäß § 20 AGVwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Das Begehren der Antragstellerin ist daher diesbezüglich zu verstehen als Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alternative VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.

2

Dieses statthafte Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist nur teilweise begründet.

3

In formeller Hinsicht genügt die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 30. Juni 2010 den Anforderungen in § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, denn die Antragsgegnerin hat das überwiegende öffentliche Interesse mit der Bedeutung des zu schützenden Rechtsguts der Gesundheit der Bevölkerung hinreichend begründet.

4

In materieller Hinsicht ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1.) und 3.) des Bescheids vom 30. Juni 2010 rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Antragsgegnerin darin die Rauchfreiheit des sogenannten Thekenraums und eine entsprechende Kennzeichnung des Rauchverbots anordnet, überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug der Verfügung. Hingegen überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von Vollzugsmaßnahmen vorläufig verschont zu bleiben, soweit in Nummer 2.) der Verfügung auch ein Rauchverbot für das Nebenzimmer verlangt wird.

5

Für das Interesse des Betroffenen, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 581). Ein überwiegendes Interesse eines Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene Überprüfung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Denn an der Vollziehung eines ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers dann, wenn zusätzlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts besteht (vgl. BVerfG, NVwZ 2009, 240).

6

Nach diesen Grundsätzen überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des unter Ziffer 1.) angeordneten Rauchverbots im sogenannten Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin, weil der Bescheid vom 30. Juni 2010 insoweit ersichtlich rechtmäßig ist und mit seiner Durchsetzung nicht bis zur Bestandskraft, deren Eintritt noch nicht abzusehen ist, abgewartet werden kann.

7

Die Anordnung eines Rauchverbots im Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin hat ihre Rechtsgrundlage in § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Nichtraucherschutzgesetzes Rheinland-Pfalz in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 26. Mai 2009 ( - NRSG - ).

8

Nach § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRSG kann die Antragsgegnerin die zur Umsetzung und Einhaltung dieses Gesetzes erforderlichen Anordnungen treffen. Die Anordnung eines Rauchverbots im Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin stellt eine solche erforderliche Maßnahme dar.

9

Gemäß § 7 Abs. 1 NRSG sind Gaststätten grundsätzlich rauchfrei. Ausnahmen davon sind nach § 7 Abs. 2 NRSG nur möglich für Gaststätte mit nur einem Gastraum und mit einer Grundfläche von weniger als 75 m². Bei einer Gaststätte mit mehreren, durch ortsfeste Trennwände voneinander getrennten Räumen kann die Betreiberin oder der Betreiber gemäß § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen außerdem auch in einzelnen Nebenräumen erlauben. Weitere Voraussetzung für eine solche Raucherlaubnis in einer Mehrraumgaststätte ist, dass die Grundfläche und die Anzahl der Sitzplätze in den Nebenräumen mit Raucherlaubnis nicht größer sind als in den übrigen rauchfreien Gasträumen.

10

Auf dieser gesetzlichen Grundlage, die keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. März 2010 - VGH 60 und 70/09 - ), hat die Antragsgegnerin zu Recht ein Rauchverbot für den sogenannten Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin angeordnet. Dieser Gastraum ist nämlich nach § 7 Abs. 1 NRSG rauchfrei zu halten.

11

Eine Ausnahme nach § 7 Abs. 2 NRSG kommt vorliegend nicht in Betracht, denn die Gaststätte der Antragstellerin verfügt über zwei Gasträume und über eine Grundfläche von mehr als 75 m². Aber auch eine Nutzung des sogenannten Thekenraums als Raucherraum im Sinne von § 7 Abs. 3 BRSG scheidet aus. Erlaubt werden darf nach dieser Vorschrift nämlich nur das Rauchen in einzelnen Nebenräumen, während der Hauptbereich der Gaststätte rauchfrei bleiben muss. Der sogenannte Thekenraum der Gaststätte der Antragstellerin ist jedoch kein Nebenraum.

12

Die Räume, in denen nach § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen erlaubt werden darf, müssen durch ortsfeste Trennwände vom rauchfreien Bereich getrennt sein und dürfen gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 NRSG nicht größer sein als die übrigen rauchfreien Gasträume. Außerdem muss es sich um Neben räume handeln, während der Hauptbereich rauchfrei bleiben muss. Kennzeichnend für einen Nebenraum im Sinne von § 7 Abs. 3 NRSG ist mithin nicht nur die untergeordnete Größe, sondern auch eine entsprechende untergeordnete Funktion, die ihn von einem Hauptraum unterscheidet. Der zentrale Gastraum einer Gaststätte, der eine zentrale Bewirtungsfunktion wahrnimmt und der von jedem Gast beim Besuch zwangsläufig betreten werden muss, ist Haupt- und nicht Nebenraum. Ein solcher Raum ist deshalb in einer Mehrraumgaststätte rauchfrei zu halten.

13

Der sogenannte Thekenraum ist der Hauptraum der Gaststätte der Antragstellerin. Dieser Raum verfügt über eine Theke mit dahinterliegender Küche, der eine zentrale Bewirtungsfunktion zukommt. Außerdem kann die Gaststätte nur über diesen Raum betreten werden. Sowohl der Haupteingang von der Kaiserstraße her als auch der Hintereingang führen nämlich unmittelbar in diesen sogenannten Thekenraum. Auch für die Benutzung der Toilette, die sich in einem Nebengebäude befindet, muss dieser Raum durchschritten werden. Entsprechend diesen Gegebenheiten wurde der sogenannte Thekenraum schon in der Gaststättenerlaubnis vom 25. August 1977 als „allgemeines Wirtszimmer“ bzw. „Gaststätte“ bezeichnet, während die zweite Räumlichkeit - ebenfalls zutreffend - als „Nebenzimmer“ ausgewiesen ist. Als Nebenraum, in dem unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 NRSG in der Gaststätte der Antragstellerin das Rauchen erlaubt werden kann, kommt mithin nur das sogenannte Nebenzimmer in Betracht, während der sogenannte Thekenraum als Hauptraum rauchfrei bleiben muss.

14

Im Hinblick darauf bestehen auch gegen die Anordnung in Ziffer 3.) des Bescheids vom 30. Juni 2010, wonach über das Rauchverbot durch deutlich wahrnehmbare Hinweise insbesondere an den beiden Eingangsbereichen der Gaststätte zu informieren ist, keine rechtlichen Bedenken. Diese Anordnung entspricht dem entsprechenden gesetzlichen Gebot in § 9 NRSG.

15

Erweisen sich mithin die Ziffern 1.) und 3.) der Verfügung vom 30. Juni 2010 als rechtmäßig, so besteht mit Blick auf die Gewährleistung eines gesetzeskonformen Nichtraucherschutzes auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an ihrem sofortigen Vollzug.

16

Soweit hingegen in Nummer 2.) der Verfügung auch ein Rauchverbot für das Nebenzimmer verlangt wird, überwiegt das Interesse der Antragstellerin, von Vollzugsmaßnahmen diesbezüglich vorläufig verschont zu bleiben.

17

Die Anordnung dieses Rauchverbots erscheint der Kammer nicht erforderlich im Sinne von § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NRSG. Gegenwärtig wird dieses sogenannte Nebenzimmer von der Antragstellerin nämlich bereits rauchfrei gehalten. Ob und wie sie diesen Raum im Hinblick auf das Rauchverbot, das die Antragsgegnerin betreffend den sogenannten Thekenraum ausgesprochen hat, in einen Raucherraum umgestaltet, ist derzeit unklar. Die Voraussetzungen, unter denen § 7 Abs. 3 NRSG das Rauchen in diesem Nebenraum zulässt, sind jedoch ohne größere Umbauten erfüllbar. So erscheint schon zweifelhaft, ob die Grundfläche des Nebenzimmers tatsächlich größer ist als die des Thekenraums. Dies ist davon abhängig, ob der nachträgliche Einbau eines Ofens im Thekenraum zu einer Verringerung der Grundfläche geführt hat. Insoweit bestehen deshalb Bedenken, weil nach Ziffer 3.2 der DIN 277-1, die für die Ermittlung von Grundflächen von Bauwerken gilt, die Netto-Grundfläche auch die Flächen von fest eingebauten Gegenständen, wie z.B. Öfen, einschließt. Im Übrigen ist der Thekenraum selbst bei Abzug der Ofenfläche nur 0,24 m² kleiner als das Nebenzimmer. Falls überhaupt notwendig, wäre eine entsprechende Verringerung der Grundfläche des Nebenzimmers gegebenenfalls ebenso leicht realisierbar wie eine Reduzierung der Anzahl der Sitzplätze.

18

Entsprechend den bisherigen Ausführungen war die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anzuordnen, soweit der Antragstellerin unter Ziffer 4.) der Verfügung vom 30. Juni 2010 ein Zwangsgeld in Höhe 500,00 € für den Fall angedroht wird, dass sie der Anordnung in Ziffer 2.) nicht fristgerecht nachkommt. Im Übrigen war der Antrag auch insoweit abzulehnen.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.