Verwaltungsgericht Münster Urteil, 25. Feb. 2014 - 20 K 2118/12.O
Verwaltungsgericht Münster
Tenor
Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Verkündet am 25.02.2014 -Niedick-, VG-Beschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts |
VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER
3IM NAMEN DES VOLKES
4URTEIL
520 K 2118/12.O
6In dem Disziplinarverfahren
7w e g e n Disziplinarrechts der Landesbeamten
8hat die 2. Disziplinarkammer
9auf Grund mündlicher Verhandlung am
1025. Februar 2014
11durch
12Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bülter,
13Richterin am Verwaltungsgericht Hildebrandt,
14Stadtobersekretär Iseler als ehrenamtlicher Richter
15für Recht erkannt:
16Der Beklagte wird wegen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
17Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
18Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
19T a t b e s t a n d:
20Der am 00.00.0000 in O. geborene Beklagte besuchte nach der Erlangung des Hauptschulabschlusses bis Juni 1973 die einjährige Handelsschule.
21Am 00.00.0000 wurde er als Kreisassistentenanwärter im mittleren nicht technischen Dienst zum Beamten auf Widerruf beim Kreis M. ernannt. Der Vorbereitungsdienst wurde verlängert, weil er die schriftliche Prüfung für den mittleren Verwaltungsdienst zunächst nicht bestand. Nachdem der Beklagte die Prüfung abgelegt hatte, wurde er unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe mit Wirkung vom 00.00.0000 zum Kreisassistenten zur Anstellung ernannt. Von April 1976 bis Juni 1977 leistete er seinen Grundwehrdienst ab. Danach wurde er ab dem 00.00.0000 im Straßenverkehrsamt der Verwaltungsstelle M. eingesetzt. Am 00.00.0000 erfolgte seine Ernennung zum Kreisassistenten und am 00.00.0000 zum Kreissekretär. Mit Wirkung vom 00.00.0000 wurde ihm die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit verliehen. Zum 00.00.0000 wurde er zum Kreisobersekretär ernannt. Am 00.00.0000 übernahm er die stellvertretende Leitung der Zulassungsstelle des Straßenverkehrsamtes der Verwaltungsstelle M. . Mit Wirkung vom 00.00.0000 wurde er zum Kreishauptsekretär befördert. Er übernahm ab dem 00.00.0000 die Leitung der Nebenstelle M. in der Abteilung Kraftfahrzeugzulassungen der Kreisverwaltung T. . Seine Beförderung zum Kreisamtsinspektor erfolgte zum 00.00.0000. Mit Wirkung vom 00.00.0000 wurde ihm eine Amtszulage zuerkannt.
22Die dienstlichen Regelbeurteilungen des Beklagten entwickelten sich von „durchschnittlich“ für den Zeitraum 1976 bis 1979 über „voll durchschnittlich“ für die Jahre 1979 bis 1985 und „überdurchschnittlich“ für den Zeitraum 1985 bis 1995 zu „erheblich über dem Durchschnitt“ für den Zeitraum 1995 bis 2000 und zuletzt zu „weit über dem Durchschnitt“ für die Jahre von 2000 bis 2006. Danach erfolgte keine Regelbeurteilung mehr.
23Der Beklagte ist verheiratet und hat drei Kinder im Alter von 27, 24 und 16 Jahren. Die beiden älteren Kinder studieren. Die jüngste Tochter, die noch die Schule besucht, ist körperbehindert.
24Der Disziplinarklage liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
25Im Oktober 2010 war gegen eine in der Dienststelle des Beklagten tätige Kreisangestellte, die am 00.00.0000 geborene F. Q. , der Verdacht aufgekommen, sie unterschlage Gebühren, die sie bei der Zulassung oder Ummeldung von Kraftfahrzeugen in der Kreisnebenstelle M. einnehme. Der Beklagte wurde darüber von einer anderen Mitarbeiterin, Frau C. , die ungewöhnliche Buchungsvorgänge bei ihrer Kollegin beobachtet hatte, am 29. Oktober 2010 unterrichtet. Er informierte daraufhin noch am Nachmittag desselben Tages seinen Dienstvorgesetzten, den Abteilungsleiter der Kraftfahrzeugzulassungsstelle des Kreises T. C1. , über den gegen Frau Q. entstandenen Verdacht, gab dabei aber nicht an, dass eine andere Mitarbeiterin ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, sondern erklärte seine Vermutung mit der ungewöhnlich hohen Anzahl von Stornierungen bei Bareinzahlungen im Arbeitsbereich der Frau Q. . Nach einer noch am selben Tag durchgeführten stichprobenartigen Untersuchung der von Frau Q. bearbeiteten Verwaltungsvorgänge zusammen mit dem Beklagten, in der bereits auffällige Stornierungen bei Bareinzahlungen festgestellt wurden, kündigte der Abteilungsleiter die Fortführung der Überprüfung für den nächsten Werktag, den 2. November 2010, an.
26Als der Dienstvorgesetzte, wie er es zuvor angekündigt hatte, zwecks Aufklärung der Angelegenheit Q. am 2. November 2010 in der Kfz.-Zulassungsstelle in M. eintraf, übergab der Beklagte ihm ein von ihm verfasstes Schreiben folgenden Inhalts:
27S. , O. 30.10.10
28Meldung über Unterschlagungen
29Ich gestehe hiermit, dass ich seit mehreren Jahren in unregelmäßigen Abständen größere Gebührenbeträge unrechtmäßig storniert habe und das Geld anschließend an mich nahm.
30Die Höhe des Gesamtschadens kann ich nicht beziffern.
31Am 29.10.10 habe ich festgestellt, dass eine weitere Mitarbeiterin der Zulassungsstelle nach der gleichen Art und Weise Unterschlagungen vorgenommen hat. Das hat mich veranlasst, meine Verfehlungen endlich einzugestehen.
32Die Taten sind unentschuldbar.
33Ich erkläre, das ich das Geld nicht wegen Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht entwendet habe, sondern ausschließlich bei finanziellen Schwierigkeiten in der Familie, da zwei meiner Kinder derzeit ein Studium besuchen und meine jüngste Tochter noch zur Schule geht.
34Außerdem hat meine jüngste Tochter eine körperliche Behinderung. Um ihr die therapeutische Unterstützung bieten zu können, ist meine Frau nicht berufstätig.
35Bei dem zufälligen Treffen mit Herrn C1. am Freitagnachmittag (29.10.10) habe ich ihn zwar über die Verfehlung der anderen Mitarbeiterin informiert, meine eigene aber nicht erwähnt. Der Grund dafür war, dass ich erst meine gesamte Familie über mein Fehlverhalten informieren wollte. Herrn C1. gegenüber, der mir immer volles Vertrauen geschenkt hat, ist mein Verhalten unverzeihlich.
36Der Dienstvorgesetzte C1. sprach, nachdem er den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen hatte, gegenüber dem Beklagten ein vorläufiges Verbot der Führung von Dienstgeschäften aus und setzte den Kreisdirektor in Kenntnis. Noch am selben Tag, dem 2. November 2010, teilte der Kreisdirektor dem Beklagten schriftlich mit, dass er ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet habe, das bis zum Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens ausgesetzt werde. Ebenfalls mit Schreiben vom 2. November 2010 erstattete er Strafanzeige gegen den Beklagten bei der Kreispolizeibehörde T. . Mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 bestätigte der Kreisdirektor das mündlich durch den Abteilungsleiter C1. erteilte Verbot der Führung von Dienstgeschäften und informierte den Beklagten darüber, dass er beabsichtige, ihn des Dienstes zu entheben und seine Bezüge zu kürzen. Nachdem der Beklagte seine wirtschaftlichen Verhältnisse offengelegt hatte, wurde er mit Bescheid des Kreisdirektors vom 00.00.0000 vorläufig des Dienstes enthoben bei gleichzeitiger Kürzung seiner Dienstbezüge um 10 %.
37Ab Bekanntwerden des gegen den Beklagten sowie seine Mitarbeiterin Q. bestehenden Verdachts hatte die Abteilung „Örtliche Rechnungsprüfung T. “ eine Sonderprüfung in der bis dahin von dem Beklagten geleiteten Kfz-Zulassungsstelle durchgeführt. In dem Abschlussbericht vom 3. Januar 2011 wurde ein durch den Beklagten mittels unzulässiger Stornierungen verursachter Gesamtschaden in Höhe von 2.188,60 Euro bei insgesamt 25 Vorgängen in dem Zeitraum zwischen dem 16. März 2005 und dem 14. September 2010 festgestellt. Demgegenüber wurden der Mitarbeiterin – ebenfalls in dem Zeitraum 2005 bis 2010 – insgesamt 1.925 Taten mit einem Gesamtschaden in Höhe von 95.597,60 Euro zugerechnet.
38Nachdem der Bericht dem Beklagten bekannt gegeben worden war, zahlte er am 10. Februar 2011 den darin ermittelten und ihn betreffenden Schadensbetrag in Höhe von 2.188,60 Euro bei der Kreisverwaltung T. ein.
39Der Sonderprüfungsbericht wurde auch der Kriminalpolizei T. zugeleitet und zur Grundlage der durch die zuständige Staatsanwaltschaft Q1. in dem Verfahren Az. 45 (322) Js 788/10 gegen den Beklagten erhobenen Anklage gemacht. Da die drei ersten Fälle aus März, Juli und November 2005 bereits verjährt waren, stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren insoweit ein und erhob unter dem 14. März 2011 Anklage mit dem Vorwurf, der Beklagte habe in dem Zeitraum zwischen dem 12. Dezember 2005 und dem 14. September 2009 in 22 Fällen die ihm kraft behördlichen Auftrags obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hatte, Nachteil zugefügt, wobei er jeweils seine Stellung als Amtsträger missbraucht habe, Vergehen der Untreue in einem besonders schweren Fall gemäß §§ 266 Abs. 1 Satz 1 II. Alternative, Abs. 2, 263 Abs. 3, 53 StGB. Die Anklage wurde durch den Strafrichter des Amtsgerichts M. am 29. April 2011 zur Hauptverhandlung zugelassen. In der am 26. Mai 2011 durchgeführten Hauptverhandlung erschien der Beklagte nicht. Daraufhin erließ das Amtsgericht M. unter Bezugnahme auf die Vorwürfe aus der Anklageschrift gegen den anwaltlich vertretenen Beklagten einen Strafbefehl über eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt und dem Beklagten auferlegt, eine Geldbuße in Höhe von 1000 Euro an eine kirchliche Einrichtung zu zahlen.
40Während der gegen den Beklagten laufenden Ermittlungsverfahren berichtete die örtliche Presse – soweit festgestellt werden konnte - über die Vorgänge in der Kraftfahrzeugzulassungsstelle M. . Auch nachdem die vorliegende Disziplinarklage erhoben worden war, griff die Presse, hier der „T1. Anzeiger“, das Thema wieder auf und erwähnte in mehreren Beiträgen auch, dass der Beklagte seine Weiterbeschäftigung begehre.
41Mit Schreiben vom 26. Oktober 2011 teilte der Kläger dem Beklagten und seinem Prozessbevollmächtigten mit, dass das Disziplinarverfahren nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens wieder aufgenommen worden sei und dass ihm 25 im Einzelnen tabellarisch aufgeführte Fälle der rechtswidrigen Entnahme von Gebühren zur Last gelegt würden. Nachdem der Beklagte über seine Prozessbevollmächtigten Stellung genommen hatte, teilte der Kläger ihm das disziplinare Ermittlungsergebnis vom 15. März 2012 mit. Auf Antrag seines Prozessbevollmächtigten wurde im Mai 2012 der Personalrat durch den Kläger darüber informiert, dass beabsichtigt sei, Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis zu erheben. Der Personalrat gab keine Stellungnahme ab.
42Mit seiner am 00.00.0000 erhobenen Disziplinarklage wirft der Kläger dem Beklagten vor, er habe in 25 Fällen innerhalb des Dienstes anfallende Gebühren für die Ausgabe „roter“ Dauerkennzeichen und die An- und Ummeldung von Kraftfahrzeugen zunächst ordnungsgemäß verbucht, dann jedoch im Laufe des Arbeitstages die Gebührenbuchungen storniert und die entsprechenden Beträge in bar aus der Kasse entnommen. Dadurch sei der Kreisverwaltung ein Gesamtschaden von 2.188,60 Euro entstanden. Der Beklagte habe durch seine Verfehlungen im Kernbereich seiner Pflichten versagt und das Vertrauen seines Dienstherrn aufs Schwerste erschüttert. Er habe nicht nur sein Ansehen, sondern auch das des Kreises T. in der Öffentlichkeit erheblich beschädigt. An der Schuldfähigkeit des Beklagten bestehe kein Zweifel; er habe vorsätzlich gehandelt.
43Der Kläger beantragt,
44den Beklagten aus dem Dienst zu entfernen.
45Der Beklagte beantragt,
46die Klage abzuweisen,
47hilfsweise, eine mildere disziplinare Maßnahme zu verhängen.
48Er ist der Ansicht, das disziplinare Ermittlungsverfahren leide an erheblichen Mängeln. Außerdem sei der Kläger seiner Aufklärungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen und habe auch das ihm obliegende Ermessen bei der Durchführung des Disziplinarverfahrens nicht ausreichend ausgeübt. So seien vorhandene Milderungsgründe nicht gewürdigt worden. Er, der Beklagte, habe sich nämlich in einer familiären und psychischen Ausnahmesituation befunden, was der Kläger nicht bedacht habe. Er sei bei den Verfehlungen depressiv gewesen und habe daher im Zustand der Schuldunfähigkeit, zumindest aber der erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehandelt. Er habe die Taten unbedacht und kurzschlussartig im Sinne eines Augenblicksversagens begangen. Es sei ausgeschlossen, dass derartige Handlungen sich wiederholen könnten, da er sich in psychiatrische Behandlung begeben habe. Er habe sich zudem vor Entdeckung der Taten vorbehaltlos und freiwillig – allein getrieben durch sein schlechtes Gewissen – seinem Dienstherrn offenbart und im Anschluss Schadenswiedergutmachung geleistet.
49Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Personal- und Ermittlungsakten sowie der Strafakten Bezug genommen.
50E n t s c h e i d u n g s g rü n d e
51Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte ist wegen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
52I.
53Ein wesentlicher Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens im Sinne des
54§ 54 Absatz 1 des Landesdisziplinargesetzes Nordrhein-Westfalen (LDG NRW), der der Entscheidung des Disziplinarverfahrens durch Urteil entgegenstehen würde, liegt nicht vor.
55Der Kläger hat das Disziplinarverfahren wirksam eingeleitet. Hierzu bedurfte es entgegen der Auffassung des Beklagten keiner förmlichen Einleitungsverfügung. Erforderlich ist lediglich, die Einleitung des Disziplinarverfahrens aktenkundig zu machen (§ 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW) und den Beamten über die Einleitung unverzüglich zu unterrichten (§ 20 Abs.1 LDG NRW). Die erste Vorgabe hat der Kläger beachtet, die Nichtbeachtung der zweiten Vorgabe stellt keinen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar.
56Für den Aktenvermerk über die Einleitung des Disziplinarverfahrens bestehen keine gesetzlichen Formerfordernisse. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der zuständige Dienstvorgesetzte in der Disziplinarakte vermerkt, dass und wann er die Entscheidung für die Einleitung des Disziplinarverfahrens getroffen hat.
57vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 18. November 2008 – 2 B 63.08 -,
58NVwZ 2009, 399 (400).
59Diesen Anforderungen genügt das aktenkundige Schreiben des Kreisdirektors vom 2. November 2010. Es lässt zweifelsfrei erkennen, dass an diesem Tag das Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Unerheblich ist, dass das Schreiben vom 2. November 2010 zugleich die Unterrichtung des Beklagten gemäß § 20 Abs. 1 LDG NRW beinhaltet. Nach § 17 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW kommt es nur darauf an, dass das Schreiben aktenkundig geworden ist und daraus die Entscheidung für die Einleitung des Disziplinarverfahrens hervorgeht.
60Ein Mangel der Unterrichtung des Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens liegt allerdings darin, dass er in dem Schreiben des Kreisdirektors vom 2. November 2010 nicht gemäß § 20 Abs. 1 Satz 3 LDG NRW belehrt worden ist. Nach dieser Vorschrift ist der Beamte in der Unterrichtung über die Einleitung des Disziplinarverfahrens darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder eines Beistandes zu bedienen. Der Mangel der Belehrung ist jedoch nicht wesentlich im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW. Nur solche Mängel sind wesentlich, bei denen nicht mit hinreichender Sicherheit auszuschließen ist, dass sie das Ergebnis eines fehlerfreien Verfahrens verändert haben könnte. Eine dahingehende Ergebnisrelevanz,
61Vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juni 2010 – 2 C 15.09 -, NVwZ-RR 2010, 814 (816),
62lässt sich hier nicht feststellen. Der Beklagte hat sich auf Grund seines schriftlichen Geständnisses schon vor Einleitung des Disziplinarverfahrens zur Sache eingelassen. Sein Prozessbevollmächtigter, der laut beigefügter Vollmacht bereits am 5. November 2010 bevollmächtigt wurde, hat mit Schreiben vom 14. Dezember 2010 die Vertretung des Beklagten im behördlichen Disziplinarverfahren angezeigt und für den Beklagten vorgetragen. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch mit Blick auf den Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör ausschließen, dass sich der Mangel der Belehrung auf das Ergebnis des behördlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt hat.
63Der Kläger muss sich weiter vorhalten lassen, dass die bereits mit Schreiben an den Beklagten vom 2. November 2010 erfolgte Aussetzung des behördlichen Disziplinarverfahrens möglicherweise fehlerhaft war, weil die Voraussetzungen des § 22 LDG NRW (noch) nicht vorlagen. Nach § 22 Abs. 1 LDG NRW ist das Disziplinarverfahren auszusetzen, wenn wegen des Sachverhalts, der dem Disziplinarverfahren zugrunde liegt, im Strafverfahren die öffentliche Klage erhoben worden ist. Dies war am 2. November 2010 zweifelsfrei nicht der Fall. Nach § 22 Abs. 2 LDG NRW kann das Disziplinarverfahren ausgesetzt werden, wenn in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren über eine Frage zu entscheiden ist, deren Beurteilung für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung ist. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ist ein anderes gesetzlich geordnetes Verfahren im Sinne dieser Vorschrift. Der Dienstherr kann das Disziplinarverfahren im Wege einer Ermessenentscheidung aussetzen, wenn strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet worden sind, deren Ergebnis für die Entscheidung im Disziplinarverfahren von wesentlicher Bedeutung sind. Dies ist in der Regel bei einem Strafverfahren, in dem derselbe Lebenssachverhalt wie in dem Disziplinarverfahren ermittelt wird, der Fall. Ob ein solches Strafverfahren zu dem Zeitpunkt, in dem der Dienstherr mit seinem Schreiben vom 2. November 2010 das Disziplinarverfahren aussetzte, bereits eingeleitet worden war, erscheint zumindest zweifelhaft, weil die Anzeige des Kreisdirektors vom 2. November 2010 möglicherweise erst am 3. November 2010 bei der Staatsanwaltschaft Q1. einging. Das bedarf aber keiner weiteren Erörterung. Der in der (möglicherweise) verfrühten Aussetzung liegende Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist nicht wesentlich im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW. Der Beklagte hat nicht vorgetragen - und es ist auch sonst nicht ersichtlich -, dass sich der eventuelle Mangel der verfrühten Aussetzung auf das Ergebnis des behördlichen Disziplinarverfahrens ausgewirkt hätte. Der Vortrag des Beklagten beschränkt sich darauf, das Fehlen der Voraussetzungen des § 22 LDG NRW zu rügen. Für ihn nachteilige Folgen, die sich im Ergebnis des behördlichen Disziplinarverfahrens niedergeschlagen hätten, hat er nicht aufgezeigt.
64Im Zeitpunkt der Einleitung des Disziplinarverfahrens lagen auch zureichende tatsächliche Anhaltspunkte im Sinne des § 17 Abs. 1 LDG NRW vor, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigten. Denn der Beklagte hatte in seinem Schreiben vom 30. Oktober 2010 gestanden, in der Zulassungsstelle über mehrere Jahre hinweg Unterschlagungen vorgenommen zu haben. Auf den Inhalt dieses Schreibens bezieht sich die ihm mitgeteilte Einleitung des Disziplinarverfahrens. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Beklagten, der Kläger habe die Einleitung des Disziplinarverfahrens auf eine Vermutung gestützt, nicht nachvollziehbar.
65II.
66In tatsächlicher Hinsicht geht das Gericht von den in dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 21. Juni 2011, Az. 20 Ds 185/11, in Verbindung mit der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Q1. vom 14. März 2011, Az. 45 (322) Js 788/10, wiedergegebenen Feststellungen aus.
671.
68Ein Strafbefehl entfaltet zwar nicht die einem Strafurteil innewohnende strikte Bindungswirkung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 des LDG NRW. Die dort getroffenen Feststellungen können aber gemäß § 56 Abs. 2 LDG NRW der Entscheidung des Gerichts ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden, da es sich bei dem staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren um ein gesetzlich geordnetes Verfahren handelt. Die Vorschrift des § 56 Abs. 2 LDG NRW eröffnet dem Disziplinargericht die Möglichkeit, den in einem Strafbefehl niedergelegten Feststellungen im Ermessenswege zu folgen. Von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, ist im vorliegenden Fall geboten, weil der Beklagte weder der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Q1. vom 14. März 2011 noch dem Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 26. Mai 2011 entgegengetreten ist, sondern im Gegenteil sowohl im Straf- als auch im Disziplinarverfahren die ihm zur Last gelegten Taten uneingeschränkt eingestanden hat und sich in der Klageerwiderung im vorliegenden Verfahren darauf beruft, sein umfassendes Geständnis müsse mildernd berücksichtigt werden. Zudem beruht der Umstand, dass das Amtsgericht M. die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten gegen den Beklagten im Wege des Strafbefehls - und nicht im Wege eines die strikte Bindungswirkung des § 56 Abs. 1 Satz 2 LDG NRW entfaltenden Strafurteils - verhängte, allein darauf, dass der Beklagte laut Protokoll vom 26. Mai 2011 trotz ordnungsgemäßer Ladung zu dem Hauptverhandlungstermin vor dem Amtsgericht M. nicht erschien. Der Strafrichter machte daraufhin von der ihm in § 408a der Strafprozessordnung (StPO) eröffneten Möglichkeit, in Abwesenheit des anwaltlich vertretenen Angeklagten ohne Durchführung einer Beweisaufnahme über die Anklagevorwürfe zu entscheiden, Gebrauch, wodurch er diesem auch einen Auftritt vor Gericht in der öffentlichen Strafsitzung ersparte.
69Das Amtsgericht M. bestrafte den Beklagten wegen Untreue im besonders schweren Fall in 22 Fällen gemäß §§ 266 Abs. 1 Satz 1 II. Alternative, Abs. 2, 263 Abs. 3, 53 StGB und traf – unter Zugrundelegung der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Q1. – im Strafbefehl vom 26. Mai 2011, der seit dem 21. Juni 2011 rechtskräftig ist, folgende Feststellungen:
70Der Angeklagte war Sachgebietsleiter der Kfz-Zulassungsstelle M. . Zu seinen Aufgaben gehörte u.a. die Ausgabe „roter“ Dauerkennzeichen und die Entgegennahme von An- und Ummeldungen von Kraftfahrzeugen.
71Der Angeklagte verbuchte in den angeklagten Fällen die anfallenden Gebühren zunächst ordnungsgemäß, nahm dann jedoch im Verlaufe des Arbeitstages eine Stornierung vor und entnahm den entsprechenden Betrag in bar der Kasse.
72Im Einzelnen erlangte der Angeklagte in den die genannten Kennzeichen betreffenden Verwaltungsvorgängen die nachfolgenden Gebühren.
73Datum Kennzeichen Betrag in Euro
7412.12.2005 00-06710 168,20
7528.12.2005 00-06711 65,00
7606.02.2006 00-07517 168,20
7704.04.2006 00-06713 65,00
7824.04.2006 00-06613 65,00
7927.04.2006 00-BK 372 26,60
8009.05.2006 00-06659 65,00
8114.11.2006 00-06688 168,20
8227.03.2007 00-06665 168,20
8325.09.2007 00-06500 168,20
8401.02.2008 00-06557 15,60
8505.02.2008 00-BM 7500 39,70
8622.04.2008 00-EK 1260 42,30
8706.05.2008 00-6502 113,20
8820.01.2009 00-6596 168,20
8916.04.2009 00-FK 64 10,50
9015.06.2009 00-06685 168,20
9122.07.2009 00-06665 168,20
9213.11.2009 00-SM 112 14,60
9311.02.2010 00-04507 10,50
9401.06.2010 00-AC 5252 39,70
9514.09.2010 00-HG 253 39,40
96Die Gesamtsumme beläuft sich auf 1.957,70 Euro.
97Vergehen strafbar gemäß §§ 266 Abs. 1 Satz 1 II. Alternative, Abs. 2,
98263 Abs. 3, 53 StGB.“
99Über die danach durch das Amtsgericht M. festgestellten 22 Taten der Untreue in einem besonders schweren Fall hinaus stornierte der Beklagte in drei weiteren, zeitlich davor liegenden Fällen, die von der Staatsanwaltschaft Q1. wegen Eintritts der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung eingestellt und nicht angeklagt worden waren, die von ihm bearbeiteten Zulassungsvorgänge und entnahm die eingenommenen Gebühren. Die Verjährungsvorschriften gemäß §§ 78 ff. StGB, die die Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall an der Verfolgung der bei Aufnahme der Ermittlungen mehr als fünf Jahre zurückliegenden Taten hinderte, sind auf das Disziplinarverfahren nicht anzuwenden. Das Disziplinarmaßnahmeverbot wegen Zeitablaufs gemäß § 15 LDG NRW greift nicht, weil der Beklagte aus dem Dienst zu entfernen ist und nicht lediglich eine weniger einschneidende Maßnahme gegen ihn zu verhängen war. Durch die demgemäß bei der Feststellung des Umfangs der Dienstpflichtverletzung mit einzubeziehenden ersten Taten des Beklagten veruntreute er einen weiteren Betrag von insgesamt 230,90 Euro.
100Im Einzelnen handelte es sich hierbei um folgende Vorgänge:
101Datum Kennzeichen Betrag in Euro
10216.03.2005 00-7506 184,10
10321.07.2005 00-0629 15,60
10409.11.2005 00-0763 31.20
105Der durch die 25 Taten hervorgerufene Gesamtschaden beläuft sich danach auf 2.88,20 Euro.
106Während das am 1. Mai 2005 in der Kraftfahrzeugzulassungsstelle des Kreises T. eingeführte Buchungssystem „OK.Vorfahrt“ nach den im Sonderprüfungsbericht vom 3. Januar 2011 niedergelegten Ermittlungen der Rechnungsprüfungsstelle T. erhebliche Sicherheitslücken aufwies und eine rechtswidrige Stornierung sowie die strafbare Entnahme der zuvor eingenommenen Geldbeträge ohne größere Schwierigkeiten durchführbar machte, war dies bei dem zuvor eingesetzten Buchungssystem nicht ohne weiteres möglich. Vor der Einführung des Buchungssystems „OK.Vorfahrt“ oblag es dem Beklagten als Dienststellenleiter der Zulassungsstelle M. , selbst die Tagesabschlüsse zu prüfen und zu bestätigen. Nur auf Grund dieses ihm in seiner leitenden Stellung zugewiesenen Aufgabenbereichs hatte er die Möglichkeit, in die tagsüber getätigten Vorgänge einzugreifen, diese zu stornieren und den entsprechenden Barbetrag aus der Kasse zu entnehmen. In diesen Zeitraum fällt die erste Tat des Beklagten vom 16. März 2005, bei der er einen Betrag in Höhe von 184,10 Euro veruntreute.
1072.
108Der Beklagte handelte bei allen 25 Taten vorsätzlich und schuldhaft. An seiner Schuldfähigkeit während des gesamten Tatzeitraums haben sich keine ernsthaften Zweifel ergeben. Die Kammer hat deshalb mangels entsprechender konkreter Anhaltspunkte keine Veranlassung gesehen, durch einen psychiatrischen Sachverständigen überprüfen zu lassen, ob die Schuldfähigkeit des Beklagten in den Jahren 2005 bis 2009 auf Grund psychischer Probleme erheblich eingeschränkt oder gar aufgehoben war, denn sein in dieser Hinsicht erfolgter Sachvortrag ist unsubstantiiert und unergiebig.
109Der Beklagte hat zwar behauptet, er habe sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden, er sei erschöpft und depressiv gewesen, er sei in der Folge als nicht schuldfähig anzusehen gewesen, und hat zur Untermauerung seines Vortrags ärztliche Berichte des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Naturheilverfahren N. T2. vom 10. Juli 2012, 10. November 2012, 11. September 2013 und 11. Januar 2014 vorgelegt. Seine – pauschalen – Angaben zu seiner vorgeblichen Schuldunfähigkeit stehen jedoch in keinerlei Zusammenhang mit den Verfehlungen in den Jahren 2005 bis 2009. Konkrete Hinweise, aus welchem Grund er bei den einzelnen Vorgängen ab März 2005 jeweils nicht in der Lage gewesen sein sollte, das Unrecht seines Tuns einzusehen und entsprechend seinen leicht einsehbaren beamtenrechtlichen Pflichten zu handeln, ergeben sich aus seinem Vortrag ebenso wenig wie aus den von ihm vorgelegten ärztlichen Attesten. In die Behandlung des Psychiaters T2. begab sich der Beklagte erst im Sommer 2012, nachdem die Disziplinarklage bereits erhoben worden war. In dem davor liegenden Zeitraum, insbesondere in den Jahren 2005 bis 2009, wurde er nicht psychiatrisch behandelt oder psychologisch beraten; zumindest ergibt sich das aus seinem Vortrag nicht. Es ist auch nicht vorgetragen oder sonst erkennbar, dass er irgendwelche äußeren Anzeichen einer schwerwiegenden depressiven Episode, z.B. längere oder häufige Fehlzeiten, Verhaltensauffälligkeiten oder einen Leistungsabfall, zeigte.
110Im Gegenteil ergibt sich aus seiner dienstlichen Beurteilung vom 11. Mai 2006, der letzten vorliegenden Regelbeurteilung, dass seine Diensterfüllung sowohl von der Arbeitsqualität und –quantität als auch von der Koordination und Mitarbeiterführung her weit überdurchschnittlich war. Sein Arbeitseinsatz war beispielhaft, er übernahm freiwillig zusätzliche Aufgaben. Er nutzte seinen Gestaltungsspielraum, indem er u.a. eine örtlich ansässige Künstlergruppe in die optische Gestaltung der Diensträume einband. Er übertraf nach dem Inhalt dieser Beurteilung als einziger Sachgebietsleiter des Kreises im mittleren Dienst die Anforderungen an Führungskräfte in erheblichem Maße. Zum 1. Oktober 2006 wurde ihm auf Grund seiner weit überdurchschnittlichen Leistungen die Amtszulage zu seiner Position als Kreisamtsinspektor zuerkannt.
111Dass ein derartig erfolgreicher und einsatzfreudiger Beamter, der nach seinen Angaben privat auch Aufgaben im Kirchenvorstand seiner Gemeinde wahrnahm, gleichzeitig unter so schweren depressiven Verstimmungen leiden könnte, dass diese über mehr als fünf Jahre hinweg seine Schuldunfähigkeit oder zumindest eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit nach sich ziehen würden, ist mangels entsprechenden substantiierten Vortrags nicht im Ansatz dargetan. Seine Behauptung, er sei während des gesamten Tatzeitraums auf Grund einer Depression schuldunfähig oder zumindest eingeschränkt schuldfähig gewesen, hätte zumindest mit konkreten Anhaltspunkten für die von ihm angegebene schwere psychische Erkrankung, die in der Regel eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik erforderlich macht, unterlegt werden müssen. Daran fehlt es. Die Bescheinigungen des ihn seit Mitte 2012 behandelnden Arztes enthalten insofern nur rückschauende Bewertungen, die allein auf den Angaben des Beklagten selbst zu seiner Befindlichkeit beruhen, dagegen keine Tatsachenfeststellungen oder fundierte ärztliche Befunde. Hierbei kann als richtig unterstellt werden, dass ein Familienvater in der Sorge um eine behinderte Tochter auch körperliche Symptome wie Bluthochdruck oder Schlaflosigkeit entwickelt. Die daran anschließende Schlussfolgerung des Arztes in seiner Bescheinigung vom 11. September 2013, „... der für ihn unauflösliche Konflikt, einerseits sein Genauigkeits- und Pflichtgefühl, das für sein Handeln, nicht nur im Dienst, bestimmend war, und andererseits die Verantwortung für die Tochter, deren Behandlungskosten seine Möglichkeiten überstiegen, führten zu einer derartigen inneren Drangsal, dass er in einen Zustand geriet, der vernunftgesteuertes Handeln weitgehend, wenn nicht gar vollständig ausschloss, und entnahm Geld aus der Kasse, ohne dass dies auffiel oder Verdacht erregte...“, ist nicht geeignet, den erforderlichen Vortrag zu Tatsachen, die auf eine ernsthafte psychische Beeinträchtigung hindeuten könnten, zu ersetzen. Mangels Vorliegens von Anknüpfungstatsachen war deshalb der Beweis über die Behauptung des Beklagten, er sei bei seinen Taten nicht oder nur erheblich eingeschränkt schuldfähig gewesen, nicht zu erheben, zumal er in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt hat. Das Gericht geht von der uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Beklagten während des gesamten Tatzeitraums aus.
112III.
113Durch die festgestellten Handlungen hat sich der Beklagte eines einheitlichen, sehr schweren innerdienstlichen Dienstvergehens im Kernbereich seiner Pflichten schuldig gemacht.
1141.
115Jede der insgesamt 25 Verfehlungen des Beklagten stellt ein Zugriffsdelikt dar. Ein Zugriffsdelikt im disziplinaren Sinn liegt – unabhängig von der strafrechtlichen Einordnung als Diebstahl, Unterschlagung, Betrug oder Untreue – dann vor, wenn der Beamte seinem Dienstherrn dienstlich anvertraute oder zugängliche Gelder oder Güter entzieht.
116Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Februar 2012 – 2 C 38.10 -, juris; BVerwG,
117Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 2 B 64.11 -, juris.
118Das ist hier der Fall. Der Beklagte eignete sich in 25 Fällen Geldbeträge, die in der von ihm geleiteten Kraftfahrzeugzulassungsstelle M. für durchgeführte Kraftfahrzeugummeldungen oder die Ausgabe von sogenannten „roten“ Kennzeichen eingenommen worden waren, durch Entnahme der Beträge aus der amtlichen Kasse zu, nachdem er die Einnahmebuchungen nachträglich manipuliert hatte, zu und entzog diese Gelder seinem Dienstherrn.
1192.
120Die Taten des Beklagten stellen ein einheitliches, sehr schweres Dienstvergehens dar. Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen alter Fassung (LBG NRW a.F.), der dem § 47 Abs. 1 Satz 1 des seit dem 1. April 2009 geltenden Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) entspricht, begeht ein Beamter ein Dienstvergehen, wenn er die ihm obliegenden Pflichten schuldhaft verletzt. Gemäß § 57 Satz 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 Satz 3 BeamtStG muss das Verhalten des Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die sein Beruf erfordert. Maßgeblich für die Anwendung der jeweiligen Vorschrift ist die Rechtslage zum jeweiligen Tatzeitpunkt, weil sich aus dem Inkraftreten des Beamtenstatusgesetzes vom 17. Juni 2008 am 1. April 2009 kein materiellrechtlich günstigeres Recht ergibt.
121Durch die von ihm begangenen Zugriffsdelikte hat der Beklagte gegen die ihm gemäß § 57 Satz 2 und 3 LBG NRW a.F. bzw. § 34 Satz 2 und 3 BeamtStG obliegende Pflicht, sein Amt uneigennützig zu verwalten und sich vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen. Er hat dabei im Kernbereich seiner Dienstpflichten versagt. Der Dienstherr muss sich darauf verlassen können, dass ein Beamter, der bei der Dienstausübung mit Geldern, die der öffentlichen Hand zustehen, umgeht, hierauf keinen unberechtigten Zugriff nimmt, da eine lückenlose Überwachung aller Bediensteten nicht gewährleistet werden kann und auch nicht angestrebt wird. Das dem Beamtenverhältnis innewohnende gegenseitige Vertrauen bedingt auch, dass der Dienstherr von der Redlichkeit des Beamten ausgehen kann und deshalb nicht jede seiner Handlungen kontrollieren muss. Wer dieses in ihn gesetzte Vertrauen des Dienstherrn missbraucht, indem er sich - unter Ausnutzung seiner Amtsstellung oder seiner dienstlichen Möglichkeiten - zum Schaden der Behörde bereichert, begeht ein schweres Dienstvergehen. Dies ist hier der Fall.
122IV.
123Der Beklagte ist wegen des von ihm begangenen Dienstvergehens aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen.
1241.
125Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 2 LDG NRW nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung. Die gegen den Beamten ausgesprochene Maßnahme muss unter Beachtung aller be- und entlastenden Umstände in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen.
126Maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme ist gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 LDG NRW die Schwere des Dienstvergehens. Sie beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflicht, Dauer und Häufigkeit sowie den Umständen der Verfehlungen und der Höhe des entstandenen Schadens (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach dem Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale).
127Die Schwere des Dienstvergehens, die richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, ist zunächst einer der in § 5 LDG NRW aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Dabei können die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen angelegte Regeleinstufungen von Bedeutung sein. Hiervon ausgehend kommt es für die Bestimmung der im konkreten Fall angemessenen Disziplinarmaßnahme letztlich darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten erscheint.
128Zu den Fallgruppen von Dienstvergehen, denen nach der Rechtsprechung jeweils eine der im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen im Sinne einer Regeleinstufung zuzuordnen ist, gehören die Zugriffsdelikte, die im Regelfall zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen, wenn die entzogenen Beträge die Schwelle der Geringwertigkeit deutlich übersteigen.
129Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2012 – 2 C 38.10 -, juris, und vom 3. Mai 2007 – 2 C .06 -, juris, m.w.N.
130Von der danach regelmäßig auszusprechenden disziplinaren Höchstmaßnahme kann allerdings in den Fällen zugunsten einer weniger gravierenden Maßnahme abgesehen werden, in denen derart gewichtige Umstände zugunsten des Beamten sprechen, dass sich aus ihnen schließen lässt, dass der durch die Dienstpflichtverletzung eingetreten Vertrauensverlust noch nicht endgültig ist.
131Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannter Milderungsgrund von erheblichem Gewicht vorliegt. Diese Milderungsgründe erfassen typisierend Beweggründe oder Verhaltensweisen des Beamten, die Anlass für eine noch positive Persönlichkeitsprognose geben können. Zum einen tragen sie existenziellen wirtschaftlichen Notlagen sowie körperlichen und psychischen Ausnahmesituationen – auch etwa einer verminderten Schuldfähigkeit – Rechnung, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet werden kann.
132Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Mai 2008 – 2 C 59.07 -, juris; und Beschluss vom
13311. Januar 2012 – 2 B 78.11 -, juris.
134Zum anderen erfassen sie tätiges Abrücken von der Tat, insbesondere durch die freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens vor drohender Entdeckung.
135Vgl. BVerwG Urteil vom 24. Mai 2007 - 2 C 25/06 -, juris.
1362.
137In Anwendung dieser Grundsätze und unter Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens ist das Gericht davon überzeugt, dass nur die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis die angemessene disziplinare Reaktion auf sein Dienstvergehen ist.
138Denn erhebliche Milderungsgründe, die die Indizwirkung des von dem Beklagten verwirklichten Zugriffsdelikts für die disziplinare Höchstmaßnahme entfallen ließen, liegen nicht vor. Die zu treffende Prognoseentscheidung führt hier dazu, dass der Beklagte nach seiner gesamten Persönlichkeit im Beamtenverhältnis nicht mehr tragbar ist und dass der beim Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetretene Vertrauensverlust erheblich und nicht wieder zu revidieren ist.
139Erschwerend bei der Beurteilung der Verfehlungen des Beklagten war zu berücksichtigen, dass er seine Taten über den langen Zeitraum von etwa 5 ½ Jahren in zahlreichen Einzelakten verübte und dass er dabei planvoll und mit erheblicher krimineller Energie vorging. Zu seinen Lasten wirkte sich dabei gravierend der Umstand aus, dass er als Leiter der Zulassungsstelle – auch unter Ausnutzung seiner besonderen Vertrauensstellung und Befugnisse – handelte und die Wahrnehmung seiner Taten in der Öffentlichkeit negative Auswirkungen für das Ansehen des Berufsbeamtentums insgesamt und einen erheblichen Vertrauensverlust hinsichtlich des gesetzmäßigen Funktionierens der öffentlichen Verwaltung zur Folge hatte.
140Dem stehen Milderungsgründe von erheblichem Gewicht nicht gegenüber. Der „klassische“ Milderungsgrund der Geringwertigkeit der dem Dienstherrn entzogenen Geldbeträge oder Güter scheidet aus. Die Schwelle zur Geringwertigkeit liegt bei einem Wert von etwa 50 Euro.
141Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. September 2006 – 2 B 52.06 -, juris;
142OVG NRW, Urteil vom 13. April 2011 – 3d A 980/10.O -,
143Soweit das Bundesverwaltungsgericht – bei einem einmaligen Fehlverhalten – auf die Wertgrenze von 200 Euro abgestellt hat,
144vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2012 – 2 B 143.11 -, juris,
145ist diese im vorliegenden Fall wegen des mehrfachen Zugriffs durch den Beklagten nicht einschlägig und zudem mit dem von dem Beklagten durch die 25 Taten insgesamt verursachte Schaden von 2.188,60 Euro weit überschritten.
146Ebenfalls kann nicht von einer unverschuldeten, ausweglosen wirtschaftlichen Notlage des Beklagten und seiner Familie ausgegangen werden, durch die der Beklagte sich in einem Augenblicksversagen hätte gedrängt sehen können, dienstlich anvertraute Gelder zu veruntreuen. Der Beklagte hat in keiner Weise dargetan, wie sich seine finanzielle Situation in den Jahren 2005 bis 2009 konkret darbot und woraus er subjektiv den Schluss hätte ziehen können, seine wirtschaftliche Lage sei ausweglos. Der Hinweis auf zwei studierende Kinder und den erhöhten Bedarf durch die Versorgung einer körperlich behinderten Tochter ist nicht geeignet, in ausreichend substantiierter Form darzustellen, dass eine Notsituation entstanden war, die objektiv gesehen existenziell bedrohlich war und subjektiv bei ihm den Eindruck hätte hervorrufen können, es eröffne sich kein Lösungsweg. Zudem ist nicht nachvollziehbar, wie sich die Veruntreuung von durchschnittlich etwa 33 Euro pro Monat (2.188,60 Euro Gesamtschaden in 66 Monaten) in einer vorgeblich prekären finanziellen Situation entlastend hätte auswirken sollen.
147Dass der Milderungsgrund einer einmaligen, persönlichkeitsfremden Gelegenheitstat in einer Versuchungssituation angenommen werden könnte, scheitert bereits daran, dass der Beklagte über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren in 25 Einzelfällen gleichartig vorging und seinen Dienstherren dabei um unterschiedlich hohe Beträge schädigte. Der Beklagte hätte nach der oder den ersten Taten von weiterer Begehung ohne Weiteres Abstand nehmen können, ohne dabei Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. Von dieser Möglichkeit machte er jedoch keinen Gebrauch, sondern veruntreute im Jahr 2005 in fünf Fällen, im Jahr 2006 in sechs Fällen, im Jahr 2007 in zwei Fällen, im Jahr 2008 in vier Fällen, im Jahr 2009 in fünf Fällen und bis zum September 2010 in drei Fällen dienstlich anvertraute Gelder, indem er jeweils die Buchungsvorgänge manipulierte und die unrechtmäßig stornierten Beträge aus der Kasse entnahm. Hier wirkt sich auch nicht wesentlich zu seinen Gunsten aus, dass das im Mai 2005 eingeführte neue Buchungssystem „O.K.Vorfahrt“ nach dem Bericht der Prüfungsstelle des Kreises T. vom 3. Januar 2011, dessen Inhalt und Ergebnis unstreitig ist, erhebliche Sicherheitslücken aufwies. Zum einen verübte der Beklagte seine erste Tat am 16. März 2005 bereits vor Einführung dieses neuen Buchungssystems unter Ausnutzung seiner besonderen Stellung als Leiter der Zulassungsstelle M. . Zum anderen konnte von ihm erwartet werden, dass er Sicherheitslücken in dem neuen System, so er sie entdeckte, nicht in krimineller Weise zu seinem eigenen finanziellen Vorteil ausnutzte, sondern sie vielmehr seinem Dienstvorgesetzten aufzeigte, um Missbrauch zu verhindern.
148Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte sich bei Tatbegehung in einer psychischen Ausnahmesituation oder einer schockartigen psychischen Zwangslage befunden hätte. Die von ihm aufgezeigten psychischen Beschwerden sind nach der Entdeckung der Taten aufgetreten. Insbesondere kann eine Einschränkung oder gar Aufhebung seiner Schuldfähigkeit auf Grund einer erheblichen psychischen Erkrankung bei den Taten, die an 25 Tagen, verteilt über einen Zeitraum von insgesamt mehr als fünf Jahren begangen wurden, nicht festgestellt werden. Aber auch eine psychische Beeinträchtigung des Beklagten, die noch nicht das Gewicht einer erheblichen Einschränkung der Schuldfähigkeit erreicht, ist nicht erkennbar. Er versah in dem gesamten Zeitraum seinen Dienst, ohne dass es dort zu Auffälligkeiten oder besonderen Fehlzeiten kam; zumindest ist hierfür nichts vorgetragen. Es liegen keinerlei verifizierbare Anzeichen für einen Leistungsabfall des als überdurchschnittlich gut beurteilten und als besonders einsatzfreudig beschriebenen Beklagten vor.
149Entgegen der Auffassung des Beklagten kann ihm auch nicht die freiwillige Offenbarung seiner Verfehlungen vor der Entdeckung zugutegehalten werden. Zwar überreichte er am 2. November 2010 seinem Vorgesetzten C1. ein selbst verfasstes Schreiben vom 30. Oktober 2010, in dem er eingestand, seit mehreren Jahren größere Gebührenbeträge storniert und das Geld an sich genommen zu haben. Zu diesem Zeitpunkt waren seine Taten noch nicht entdeckt worden. Der Beklagte musste aber als sicher davon ausgehen, dass alle Buchungen in seiner Dienststelle zeitnah überprüft werden würden mit der unausweichlichen Folge, dass auch seine Veruntreuungen aufgedeckt werden würden. Denn er war am 29. Oktober 2010 von einer Mitarbeiterin, Frau C. , darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Angestellte Q. möglicherweise Gebühreneinnahmen manipuliere und Geld aus der Kasse nehme. Auf Grund dieses Hinweises war der Beklagte gezwungen, tätig zu werden; andernfalls hätte er mit Nachfragen der ihn informierenden Mitarbeiterin rechnen müssen. Er informierte den zuständigen Abteilungsleiter noch am selben Tag über den gegen Frau Q. aufgekommenen Verdacht, verschwieg aber zunächst seine eigenen Verfehlungen. Der Dienstvorgesetzte führte auch sofort eine stichprobenartige Überprüfung der von Frau Q. bearbeiteten Vorgänge durch und kündigte die Fortsetzung der Untersuchung für den nächsten Arbeitstag, den 2. November 2010, an. Der Beklagte wusste ab diesem Zeitpunkt positiv, dass die Buchungsvorgänge auf der von ihm geleiteten Dienststelle untersucht werden würden. Die Annahme, dass dabei seine eigenen Zugriffshandlungen unentdeckt bleiben würden, wäre unrealistisch gewesen. Der Beklagte entschloss sich folgerichtig, an dem ihm zur Verfügung stehenden verlängerten Wochenende ein schriftliches Geständnis zu verfassen. Eine freiwillige Offenbarung seiner Taten vor der Entdeckung kann darin nicht gesehen und ihm mildernd angerechnet werden. Dieser Milderungsgrund greift nämlich bereits dann nicht mehr ein, wenn ein Beamter ein Dienstvergehen offenbart, weil er damit rechnet, dass deswegen gegen ihn ermittelt werden wird.
150Vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 – 2 C 16.10 -, juris.
151Im vorliegenden Fall kommt auch eine mildere Beurteilung seiner Verfehlung nicht deshalb in Betracht, weil die örtliche Presse nach Entdeckung der Taten des Beklagten (und seiner jungen Mitarbeiterin) darüber berichtete. Zwar ist dem Beklagte zuzugestehen, dass die Berichterstattung, die sich auch nach Erhebung der Disziplinarklage fortsetzte, für ihn und seine Familie sehr belastend war, da – auch ohne Namensnennung – die Identifizierung seiner Person in dem gegebenen dörflichen oder kleinstädtischen Umfeld ohne weiteres möglich war. Dieser Ansehensverlust ist aber nicht ohne sein Verschulden entstanden, sondern beruht allein auf seinen Taten, die in der Öffentlichkeit als mit den Pflichten eines Beamten völlig unvereinbar wahrgenommen und erörtert wurden und die zu einem erheblichen Ansehensverlust des Berufsbeamtentums und konkret der Kreisverwaltung des Kreises T. führten.
152Es liegen auch keine anderweitigen positiven Anhaltspunkte zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang des bei dem Dienstherrn und in der Öffentlichkeit eingetretenen Vertrauensverlustes vor, die derart ins Gewicht fielen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Maßnahme geboten ist.
153Zu Gunsten des Beklagten spricht zwar, dass er bisher – mit Ausnahme der hier vorliegenden Verfehlungen – weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten ist. Jedoch vermag dieser Umstand nicht, ihn entscheidend zu entlasten. Denn sowohl der Dienstherr als auch die Allgemeinheit dürfen als selbstverständlich erwarten, dass ein Beamter nicht straffällig wird und öffentliche Gelder veruntreut und dass er auch im disziplinaren Bereich nicht negativ auffällt.
154Der Beklagte hat glaubhaft bekundet, dass er das Unrecht seines Vorgehens erkannt hat und seine Taten bereut. Auch diese Einsicht kann die besondere Schwere seiner Dienstpflichtverletzung nicht entscheidend mildern. Denn jede andere Einstellung wäre angesichts dessen, dass die Verfehlungen offenbar geworden sind und bereits einschneidende Folgen für den Beklagten, wie z.B. seine Suspendierung und die strafrechtliche Verurteilung, hatten, nicht nachvollziehbar.
155Als Umstand, der die schwerwiegende Dienstpflichtverletzung ansatzweise mildert, ist zu werten, dass der Beklagte zu einem sehr frühen Zeitpunkt ein vorbehaltloses Geständnis abgelegt hat, von dem er auch nicht wieder abgerückt ist, und dass er die sich daraus ergebende Konsequenz der Schadenswiedergutmachung von sich aus und ohne Zahlungsaufforderung durch den Dienstherrn zeitnah vorgenommen hat.
156Der Beklagte stellt sich zudem nach den vorliegenden dienstlichen Beurteilungen als ein besonders leistungsstarker und einsatzfreudiger Beamter dar, der bei dem Aufbau und der Neuorganisation der Kraftfahrzeugzulassungsstelle M. aktiv und kreativ und zur Zufriedenheit seiner Dienstvorgesetzten mitgewirkt hat.
157Vor dem Hintergrund des mehrfachen, sich über Jahre hinziehenden gravierenden Fehlverhaltens rechtfertigen es die für den Beklagten sprechenden Aspekte jedoch nicht, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen. Eine Abwägung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte ergibt, dass die für den Beklagten sprechenden Umstände nicht von einem solchen Gewicht sind, dass sie die Prognose rechtfertigen würden, der Beklagte habe durch sein Dienstvergehen das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit noch nicht vollständig und unwiederbringlich verloren und die von ihm verursachte Ansehensschädigung sei wieder gutzumachen. Es ist dem Dienstherrn nicht zuzumuten und wäre der Allgemeinheit nicht verständlich zu machen, wenn der Beklagte weiterhin als Beamter tätig würde. Der bereits entstandene Ansehens- und Vertrauensverlust würde mit einer Weiterbeschäftigung des Beklagten manifestiert oder gar verstärkt. Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ist unausweichlich.
158Die Verhängung der Höchstmaßnahme erscheint in der Gesamtabwägung – auch unter Berücksichtigung seiner persönlichen und familiären Situation - angesichts der Schwere des Dienstvergehens nicht unverhältnismäßig. Dem Beklagten hätte bei jeder seiner Taten bewusst sein müssen, dass er damit seine berufliche Existenz aufs Spiel setzt. Falls derartige Bedenken bei ihm bestanden haben, hat er sich insgesamt 25 Mal darüber hinweggesetzt.
159Auch die (schon) erhebliche Gesamtdauer des Disziplinarverfahrens von mehr als drei Jahren führt nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme.
160V.
161Das Gericht hat keine Veranlassung gesehen, hinsichtlich des Unterhaltsbeitrags von der gesetzlichen Regelung des § 10 Abs. 3 Satz 1 LDG NRW abzuweichen.
162VI.
163Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 3 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW, §§ 154 Abs. 1, 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
164Rechtsmittelbelehrung
165Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) einzulegen und zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
166Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte - außer im Prozesskostenhilfeverfahren - durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.
167-Dr. Bülter- -Hildebrandt-
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Münster Urteil, 25. Feb. 2014 - 20 K 2118/12.O
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Münster Urteil, 25. Feb. 2014 - 20 K 2118/12.O zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Der enteignete frühere Eigentümer kann verlangen, daß das nach den Vorschriften dieses Gesetzes enteignete Grundstück zu seinen Gunsten wieder enteignet wird (Rückenteignung), wenn das Grundstück nicht mehr für Aufgaben im Sinne des § 1 benötigt wird oder mit der Ausführung des Vorhabens, dessentwegen das Grundstück enteignet wurde, nicht binnen zweier Jahre, nachdem der Enteignungsbeschluß unanfechtbar geworden ist, begonnen wurde. Dieses gilt sinngemäß zugunsten des Eigentümers eines Grundstückes, an dem nach § 12 Abs. 1 ein Recht begründet worden ist.
(2) Das Verlangen auf Rückenteignung ist binnen eines Jahres, nachdem die das Grundstück verwaltende Stelle dem früheren Eigentümer von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, Kenntnis gegeben hat, spätestens binnen dreißig Jahren, nachdem der Enteignungsbeschluß, Teil A, unanfechtbar geworden ist, bei der Enteignungsbehörde zu stellen. § 203 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt sinngemäß.
(3) Die Enteignungsbehörde kann die Rückenteignung ablehnen, wenn das Grundstück erheblich verändert oder ganz oder überwiegend Entschädigung in Land gewährt worden ist.
(4) Für die Rückenteignung sind die Vorschriften der §§ 17 bis 24, 28, 29, 31 bis 37 und 44 bis 55 sinngemäß anzuwenden.
(5) Der frühere Inhaber eines Rechts, das durch Enteignung nach den Vorschriften dieses Gesetzes erloschen oder entzogen worden ist, kann unter den in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen verlangen, daß ein gleiches Recht an dem früher belasteten Grundstück zu seinen Gunsten durch Enteignung wieder begründet wird. Für Rechte, die durch Enteignung des früher belasteten Grundstücks erloschen sind, gilt dies nur, wenn der frühere Eigentümer oder sein Rechtsnachfolger das Grundstück zurückerhält. Die Vorschriften über die Rückenteignung gelten sinngemäß.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Die Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.