Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklage vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger steht als Professor (Besoldungsgruppe W 2) für ... seit dem 1. November 2001 an der Hochschule für angewandte Wissenschaften M. in den Diensten des Beklagten. Vom 1. Oktober 1991 bis zum 31. Januar 1998 war der Kläger zuerst als visiting assistant Professor für zwei Semester, danach als assistant professor an der State University of ..., ..., tätig.

Mit Bescheid der Hochschule vom 23. Januar 2013 wurde dem Kläger für die Stufenzuordnung für die Bemessung seines Grundgehaltes die Zeit vom 1. November 2001 bis zum 31. Dezember 2012 als Professor an der Hochschule M. anerkannt.

Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. Februar 2013 Widerspruch ein, dem mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013 unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Januar 2013 stattgegeben wurde. Dabei wurde zusätzlich die Tätigkeit des Klägers als assistant professor an der State University of ... anerkannt, da die dort ausgeübte Tätigkeit den Anforderungen an das Professorenamt nach Art. 9 des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (BayHSchPG) entspräche.

Mit Schreiben vom 4. September 2013 forderte das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst die Hochschule M. auf, den Widerspruchsbescheid zurückzunehmen. Die Anerkennung entspreche nicht den Bestimmungen im Bayerischen Besoldungsgesetz, weil dort die berücksichtigungsfähigen Zeiten als solche umschrieben seien, die der Beschäftigung auf einer W 2- oder W 3-Professur entsprächen. Andere Positionen - insbesondere auch solche, die einer W1-Professur entsprächen - könnten keine Berücksichtigung entsprechender Beschäftigungszeiten nach sich ziehen. Ein Beispiel für eine solche, einer W1-Professur entsprechende Position sei die eines assistant professors in den USA. Dies gelte gerade auch, wenn diese Professur mit einem tenure track verbunden gewesen sei. Weil es in den USA eine Habilitation nicht gäbe, sei die assistant professorship mit tenure track der klassische Qualifikationsweg hin zu einer associate professorship und später zu einer full professorship.

Daraufhin hob die Hochschule mit einem als Widerspruchsbescheid bezeichneten Schreiben vom 14. Oktober 2013 den Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013 auf und wies den Widerspruch vom 14. Februar 2013 mit derselben Begründung zurück. Die Tätigkeit als assistant professor sei einer Juniorprofessur vergleichbar und als Qualifikationsstelle einzuordnen. Angefügt war eine Rechtsbehelfsbelehrung, wonach der Kläger entweder Widerspruch einlegen oder Klage erheben könne.

Der Kläger legte mit Schreiben vom 12. November 2013 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 zurückgewiesen wurde. Die ausgeübte Tätigkeit könne nicht berücksichtigt werden, weil es sich um eine Position mit Qualifikationscharakter handele. Der Kläger habe keine Unterlagen vorgelegt, die darauf hindeuteten, dass es sich bei der Stelle um mehr als eine assistant professorship gehandelt haben könnte.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2013, bei Gericht eingegangen am selben Tag, hat der Kläger Klage erhoben und zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die vom Kläger absolvierte Zeit als assistant professor vom 1. Oktober 1991 bis zum 31. Januar 1998 als Dienstzeit bei der Stufenzuordnung und bei dem Aufsteigen der Stufen nach Art. 42 des Bayerischen Besoldungsgesetzes/BayBesG zu berücksichtigen

und

die entgegenstehenden Bescheide der Hochschule München vom 23. Januar 2013, 14. Oktober 2013 (Widerspruchsbescheid) und 19. November 2013 (Widerspruchsbescheid) aufzuheben.

Die Tätigkeit als assistant professor könnte nicht pauschal mit dem Junior-Professor verglichen werden, weil auch an den Fachhochschulen in Deutschland für eine C 2- oder W 2-Professur keine Habilitation nötig sei. Die ... State University sei auch eher einer Fachhochschule als einer Universität zu vergleichen. Die Gewährung einer tenure sei zwar typischerweise mit der Beförderung zum associate professor verbunden, es gäbe aber Ausnahmen in jede Richtung. Auch eine zeitliche Befristung des assistant professors per Gesetz, die mit der zeitlichen Befristung einer Junior-Professur vergleichbar wäre, gäbe es nicht. Im Übrigen ähnele der Aufgabenzuschnitt eines associate professors dem eines „W 2-Professors“ in Deutschland. Ferner seien die Zwecke einer Juniorprofessur und eines assistant professors nicht vergleichbar, weil der Zweck einer Position als assistant professor in erster Linie Geldeinsparung sei und daher einen Vergleich mit der Erfahrungsstufe 1 in der W 2-Besoldung nahelege.

Die Hochschule München hat für den Beklagten mit Schreiben vom 24. Januar 2014 beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Aufhebung des Bescheides vom 17. April 2013 durch den Bescheid vom 14. Oktober 2013 sei in rechtmäßiger Weise erfolgt. Es sei nicht entscheidend, dass die assistant professorship von ihrem Aufgabenzuschnitt deutschen Professuren weitestgehend ähnelten. Dies sei gerade auch bei Junior-Professuren der Fall. Das Hochschulsystem in den USA ließe sich mit der zweiteiligen Struktur aus Fachhochschulen und Universitäten in Deutschland kaum vergleichen. Charakteristisch für den Werdegang an den amerikanischen Hochschulen sei das so genannte tenure-track-Modell. Es handele sich dabei nicht um ein dem deutschen Beamtenverhältnis ähnliches Beschäftigungsverhältnis, sondern ähnele eher dem Kündigungsschutz im deutschen Angestelltenverhältnis. Unterschieden werde in USA zwischen Senior-Staff und Junior-Staff. In der Regel werde der Senior-Staff mit tenure (unbefristet) beschäftigt, während sich der Junior-Staff diese Position erst noch erarbeiten müsse. Daher sei der Werdegang dem eines Juniorprofessors vergleichbar. Insofern wiesen die Positionen Parallelen auf, insbesondere im Zweck der Position sowie auch in der Leistungsbewertung und der Befristung.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift vom 22. September 2015 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Beschäftigungszeiten als (visiting) assistant professor an der State University of ..., ... im Zeitraum 1. Oktober 1991 bis 31. Januar 1998 als berücksichtigungsfähige Zeit im Rahmen der Stufenzuordnung als Dienstzeiten gemäß Art. 107a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 42a Abs. 1 Nr. 2 BayBesG für die am 1. Januar 2013 vorhandenen Professorinnen und Professoren sowie hauptberuflichen Mitglieder von Hochschulleitungen, die ein Amt der Besoldungsgruppe W 2 oder W 3 innehaben. Der Bescheid der Hochschule für angewandte Wissenschaften München vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 19. November 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).

1. Die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Hochschule für angewandte Wissenschaften München vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2013 war statthaft. Klagegegenstand ist in der Regel nur der ursprüngliche Verwaltungsakt, allerdings in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

Dass der Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 14. Oktober 2013 als „Widerspruchsbescheid“ bezeichnete, ist aber unschädlich. Zwar ist ein Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid grundsätzlich nicht statthaft (vgl. BVerwG, U. v. 12.8.2014 - 1 C 2/14 - juris). Allerdings handelt es sich vorliegend nicht um einen solchen, da die Hochschule nicht auf einen Widerspruch des Klägers hin entschied, sondern vielmehr ihren ursprünglichen Widerspruchsbescheid vom 17. April 2013 aufhob. Im Übrigen wies auch die verwendete Rechtsbehelfsbelehrung die Möglichkeit des Widerspruchs oder der Klageerhebung aus. Dies kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen.

2. Der Bescheid der Hochschule für angewandte Wissenschaften München vom 23. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 19. November 2013, der den Bescheid vom 17. April 2013 aufhob, war rechtmäßig.

a) Rechtsgrundlage für die Rücknahme des Anerkennungsbescheids vom 17. April 2013 war Art. 48 Abs. 1, Abs. 2 Sätze 1 und 3 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes/BayVwVfG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahme - und damit auch der Zeitpunkt, zu dem eine Rücknahme wirksam werden soll - steht damit grundsätzlich im Ermessen der Behörde. Der Bescheid vom 17. April 2013 war rechtswidrig, weil darin zu Unrecht die streitgegenständlichen Beschäftigungszeiten als berücksichtigungsfähig im Sinne des Art. 42a Abs. 1 BayBesG qualifiziert wurden.

b) Die ausgeübte Tätigkeit des Klägers als assistant professor ist einer Juniorprofessor (W 1-Professur) vergleichbar und im Rahmen der Stufenzuordnung einer Tätigkeit als Professor in der Besoldungsgruppe W 2 daher nicht berücksichtigungsfähig. Nach Art. 107a BayBesG i. V. m. Art. 42 Satz 1 BayBesG werden Professoren, die ein Amt der Besoldungsgruppe W 2 oder W 3 innehaben, den Stufen des Grundgehalts der Anlage 3 unter Berücksichtigung von Zeiten nach Art. 42a Abs. 1 und 3 Satz 2 BayBesG zugeordnet. Gemäß Art. 42a Abs. 1 BayBesG werden als Dienstzeiten bei der Stufenzuordnung und beim Aufsteigen in den Stufen nach Art. 42 BayBesG Zeiten berücksichtigt, die ein Professor an einer ausländischen Hochschule abgeleistet hat, wenn in diesem Zeitraum eine hauptberufliche Professur oder Vertretungsprofessur wahrgenommen wurde und die Anforderungen an dieses Professorenamt Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayHSchPG entsprechen (Art. 42a Abs. 1 Nr. 2 BayBesG). Andere Positionen, insbesondere auch solche, die einer W 1-Professur entsprechen, können demnach keine Berücksichtigung finden. Denn Art. 9 BAyHSchPG ist in Abschnitt II dieses Gesetzes („Professoren und Professorinnen“ - Besoldungsgruppe W 2 und W 3) enthalten, während die Bestimmungen für Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen, die dem Amt W 1 zugeordnet sind, in Abschnitt III des Gesetzes niedergelegt sind.

Die in den USA ausgeübte Tätigkeit des Klägers als assistant professor stellt eine hauptberufliche Professur dar. Die Anforderungen an dieses Professorenamt entsprechen jedoch nicht Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayHSchPG. Vielmehr ist die assistant professorship einer Junior- und damit W 1-Professur vergleichbar und somit nicht bei der Stufenzuordnung einer W 2-Professur zu berücksichtigen.

Das US-amerikanische Hochschulpersonalsystem unterscheidet im oberen Bereich zwischen drei Positionen, die Laufbahn beginnt mit dem assistant professor, der meist mit einem tenure track eingestellt wird, also einer festen Laufbahnzusage im Bewährungsfall. Der erfolgreiche assistant professor erhält am Ende der Vertragslaufzeit eine unbefristete Anschlussstelle auf der nächsthöheren Ebene, sog. associate professor, von der er wiederum zum full professor aufsteigen kann (Borgwardt, Der lange Weg zur Professur, 2010, S. 31).

Dafür spricht, dass beides Stellen darstellen, die der Qualifikation von bereits erfahrenen Wissenschaftlern dienen. So muss der Juniorprofessor nach Art. 14 Satz 1 BayHSchPG unter anderem über ein abgeschlossenes Hochschulstudium und eine Promotion verfügen. Auch der assistant professor wird als „Junior Staff“ im Gegensatz zum „Senior Staff“ (associate oder full professor) eingeordnet, der bereits akademisch unabhängig ist (Borgwardt, Der lange Weg zur Professur, 2010, S. 31; Kreckel/Zimmermann, Hasard oder Laufbahn, 2014, S. 58). Sowohl der Juniorprofessor als auch der assistant professor müssen ihre Leistungen regelmäßig einer Prüfung unterziehen lassen, die dann maßgeblich für eine Weiterbeschäftigung ist. Wie der Kläger selbst vortrug, musste er im Zwei-Jahres-Rhythmus seinen Leistungsstand von einem Komitee überprüfen lassen (sog. Tenure Review; vgl. auch Kreckel/Zimmermann, Hasard oder Laufbahn, 2014, S. 68). Ebenso wird die Qualität der Lehre und Forschung des Juniorprofessors nach drei Jahren gemäß Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayHSchPG evaluiert. Im Falle der Bewährung wird seine Beschäftigung auf bis zu sechs Jahre verlängert. Dies ist auch dem amerikanischen System immanent, da der assistant professor zunächst meist befristet mit einem tenure track angestellt wird, der ebenfalls auf sechs bis sieben Jahre angelegt ist (Kreckel/Zimmermann, Hasard oder Laufbahn, 2014, S. 68). Nach Ablauf der Befristung wird über eine Festanstellung entschieden. Auch ein Juniorprofessor kann nach Ablauf der Juniorprofessur in eine W 2- oder W 3-Professur übernommen werden.

Somit dienen beide Stellen der Erprobung als Professor und die Befristung kann jeweils als Erprobungsphase angesehen werden. Ziel beider Positionen ist also die Ausbildung hin zu einer unbefristeten W 2- oder W 3-Professur (bzw. full professorship). Auf diese Weise soll der (professorale) Nachwuchs von frühzeitiger Selbstständigkeit profitieren und eine verbindliche Karriereperspektive erhalten.

Daran ändert der Aspekt, dass die assistant professorship in den USA im konkreten Fall zwar als Stelle mit hohem Lehrdeputat ausgestaltet war (17 credit hours per year), nichts. Denn in Deutschland hat ein Juniorprofessor zwar eine niedrigere Lehrverpflichtung, allerdings lehren W 2 oder W 3 Professoren ebenfalls meist wesentlich weniger.

Nicht entscheidend ist, dass die assistant professorship hinsichtlich ihres Aufgabenzuschnittes bisweilen deutschen Professuren oder associate professorships ähnelt. Denn auch in Deutschland nimmt der Juniorprofessor entsprechend Art. 16 Bay-HSchPG die Aufgaben eines Professors der Besoldungsgruppe W 2 oder W 3 wahr. Juniorprofessoren haben gemäß Art. 16 Satz 1 BayHSchPG gerade die Aufgabe, sich durch die selbstständige Wahrnehmung der ihrer Hochschule jeweils obliegenden Aufgaben in Wissenschaft, Forschung und Lehre sowie Weiterbildung für die Berufung auf eine Professur an einer Universität oder gleichgestellten Hochschule zu qualifizieren. Hinsichtlich ihrer Dienstaufgaben sind auch sie den Professoren mit Ausnahme von Art. 16 Satz 2 BayHSchPG gleichgestellt, vgl. Art. 16 Satz 1, Art. 9 BayHSchPG. Die Unterscheidung zwischen Professoren und Juniorprofessoren wird aber in Art. 2 BayHSchPG deutlich, der zwischen Professoren und Juniorprofessoren differenziert. Ferner finden sich die Regelungen über Juniorprofessoren in einem eigenen Abschnitt.

Auch wenn der Kläger angibt, verantwortungsvolle Positionen durch die Mitgliedschaft im sog. „Academic Senat“ innegehabt zu haben und bei der Entscheidung über die Gewährung von „tenure“ und/oder die Beförderung zum associate- oder full-professorship mitgewirkt zu haben, so ändert dies nichts an dem eigentlichen Zweck einer assistant professorship - die Weiterbildung und das Sammeln von Erfahrungen durch selbstständige Forschung und Lehre, um später das Amt und die Aufgaben eines Professors i. S. d. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayHSchPG, nämlich die eigenverantwortliche Durchführung von wissenschaftlicher Forschung und Lehre, ausüben zu können. Zwar gehört dies nicht zum Aufgabenbereich eines Juniorprofessors (Art. 16 Satz 2 BayHSchPG), allerdings kann das amerikanische System nicht gänzlich mit dem deutschen System verglichen werden. Die US-amerikanischen Universitäten differenzieren beispielsweise nicht zwischen einer überwiegend forschenden (einer Fachhochschule entsprechend) und einer lehrenden Ausrichtung (einer Universität vergleichbar). Auch eine Habilitation ist dem amerikanischen System fremd. Im Fall des Klägers kommt hinzu, dass nicht nur er in einem solchen Gremium war, sondern alle anderen assistant professors auch. Damit liegt kein Alleinstellungsmerkmal vor.

c) Dass der Beklagte im Bescheid vom 14. Oktober 2013 und im Widerspruchsbescheid vom 19. November 2013 keine Ausführungen zum Ermessen bei der Rücknahme des anerkennenden Bescheids vom 23. Januar 2013 gemacht hat, ist unschädlich. Es ist vorliegend von einem Fall der Ermessensreduzierung auf Null auszugehen, in dem nähere Ausführungen zur Ermessensbetätigung als entbehrlich erachtet werden. Angesichts der Vorschrift in Art. 3 Abs. 3 BayBesG, wonach auf Besoldung nicht und zwar auch nicht teilweise verzichtet werden kann, besteht unter Beachtung des Gleichheitssatzes und des beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzips gar keine andere Abwägung zwischen den im Rechtsstaatsprinzip verankerten beiden Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Gesetzmäßigkeit des Handelns der Verwaltung in der Form der Durchsetzung der materiellen Gerechtigkeit (so auch VG Bayreuth, U. v. 19.9.2003 - B 5 K 01.1101 - juris). Auf Vertrauensschutz kommt es daher nicht an.

3. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 79


(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist 1. der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,2. der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. (2) Der

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Bundesverwaltungsgericht Urteil, 12. Aug. 2014 - 1 C 2/14

bei uns veröffentlicht am 12.08.2014

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens vollumfänglich zu tragen.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Gegenstand der Anfechtungsklage ist

1.
der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat,
2.
der Abhilfebescheid oder Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Der Widerspruchsbescheid kann auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Als eine zusätzliche Beschwer gilt auch die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, sofern der Widerspruchsbescheid auf dieser Verletzung beruht. § 78 Abs. 2 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens vollumfänglich zu tragen.

2

Der Kläger hatte im Mai 2005 die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug beantragt. Nachdem der Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 24. November 2005 wegen Zweifeln an der Absicht zur Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt hatte, erhob der Kläger am 7. Dezember 2005 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 hob der Beklagte den Bescheid vom 24. November 2005 auf, erteilte dem Kläger eine befristete Aufenthaltserlaubnis unter Widerrufsvorbehalt, legte ihm die Kosten des Widerspruchsverfahrens zur Hälfte auf und erklärte die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für notwendig. Die Rechtsbehelfsbelehrung verwies auf die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Klage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald zu erheben. Ein Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Widerspruchsbescheids ist in den Akten nicht enthalten.

3

Mit Schreiben vom 14. August 2006 übersandte der Bevollmächtige des Klägers dem Beklagten eine Kostennote über 1 350,01 € und führte aus, dass er die Kostengrundentscheidung der Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 für rechtswidrig halte. Denn der Beklagte müsse gemäß § 80 VwVfG wegen des erfolgreichen Widerspruchs die gesamten Kosten des Verfahrens tragen. Daraufhin setzte der Beklagte mit Bescheid vom 28. November 2006 die zu erstattenden Kosten auf 360,76 € fest und lehnte den Antrag im Übrigen unter Erläuterung der im Bescheid vom 3. August 2006 getroffenen Kostenlastentscheidung ab.

4

Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2007 wies der Beklagte den als Widerspruch gegen die Kostenlastentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 gewerteten Antrag vom 14. August 2006 zurück. Der Widerspruch sei unzulässig, da bei isolierter Anfechtung der in einem Widerspruchsbescheid getroffenen Kostenentscheidung das Vorverfahren entfalle.

5

Mit seiner am 11. Januar 2008 erhobenen Klage begehrt der Kläger, unter Aufhebung der entgegenstehenden Kostenlastentscheidungen und des Kostenfestsetzungsbescheids vom 28. November 2006 den Beklagten zu verpflichten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens vollumfänglich zu tragen, und ihn zu verurteilen, an den Kläger 989,25 € nebst 5 v.H. Zinsen oberhalb des Basiszinssatzes seit dem 15. August 2006 zu zahlen. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Teilurteil vom 15. September 2008 unter Aufhebung der Kostenlastentscheidung in den Widerspruchsbescheiden vom 3. August 2006 und 10. Dezember 2007 verpflichtet, die Kosten des Widerspruchsverfahrens zur Gänze zu tragen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es ist der Auffassung, dass der Widerspruch vom 14. August 2006 allein gegen die Kostenlastentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 zwar nicht notwendig, aber statthaft gewesen sei. Die in § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO geregelte Ausnahme liege nicht vor, da der Kläger nicht erstmals durch eine materiell-rechtliche Regelung beschwert worden sei. Sein sachliches Begehren sei vielmehr erfüllt, und es gehe nur noch um die für ihn nachteilige Kostenentscheidung. Dann sei es für ihn einfacher, im Rahmen eines Kostenfestsetzungsantrages durch die Einlegung eines Widerspruchs ein Überdenken der getroffenen Kostenlastentscheidung zu erwirken anstatt sogleich den Kosten auslösenden Klageweg zu beschreiten. Die Anfechtung einer belastenden Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid sei als nicht ausdrücklich geregelte Ausnahme vom Erfordernis eines Vorverfahrens anzusehen, bei der dieses zwar entbehrlich, jedoch nicht unzulässig sei. In der Sache habe der Beklagte die Kosten des Widerspruchs vollumfänglich zu tragen, da der Widerspruch des Klägers vom 7. Dezember 2005 erfolgreich gewesen sei.

6

Der Beklagte führt zur Begründung der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision aus, dass der Widerspruch gegen die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 nicht statthaft gewesen sei. Hier liege ein Fall der gesetzlichen Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO vor, so dass die Kostenentscheidung zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits bestandskräftig gewesen sei. Die Gegenauffassung des Berufungsgerichts könne den Zweck des Vorverfahrens, eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu gewährleisten, nicht erreichen, führe zu einer Verdoppelung des Verwaltungsaufwands und missachte den Gedanken der Verfahrensbeschleunigung.

7

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 141 Satz 1 und § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO), hat Erfolg. Die stattgebende Sachentscheidung des Berufungsgerichts beruht auf einer Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), denn der Kläger hat die Klagefrist des § 74 VwGO versäumt. Sein (zweiter) Widerspruch vom 14. August 2006 war unstatthaft und konnte den Eintritt der Bestandskraft des Ausgangsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2006 nicht verhindern.

9

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur das Verpflichtungsbegehren des Klägers, die im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 getroffene Kostenlastentscheidung dahingehend zu ändern, dass der Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens nicht zur Hälfte, sondern vollumfänglich trägt. Denn nur über diesen Streitgegenstand hat das Verwaltungsgericht in dem Teilurteil vom 15. September 2008 entschieden, und nur in diesem Umfang ist der Rechtsstreit in die Berufungs- und Revisionsinstanz gelangt.

10

2. Zu Unrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die am 11. Januar 2008 erhobene Klage habe die Frist des § 74 VwGO gewahrt. Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO muss die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Gemäß Absatz 2 der Vorschrift gilt für die Verpflichtungsklage Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist. Ohne rechtzeitige Klageerhebung wird der Bescheid in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, nach Ablauf der Klagefrist unanfechtbar. Eine verspätet erhobene Klage ist unzulässig. So liegt der Fall hier.

11

2.1 Mit seiner am 11. Januar 2008 erhobenen Klage hat der Kläger die einmonatige Klagefrist versäumt. Der mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehene Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 ist an seinen Bevollmächtigten gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 und 2 VwGO i.V.m. § 7 Abs. 1 und § 5 Abs. 4 VwZG zur Zustellung gegen Empfangsbekenntnis übersandt worden. Der Umstand, dass die Verwaltungsakte kein Empfangsbekenntnis enthält und daher der Zustellungszeitpunkt nicht fixiert wurde, ist unschädlich. Denn wenn sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt, gilt es gemäß § 8 VwZG in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Der Bevollmächtigte des Klägers hatte sich in seinem Schriftsatz vom 14. August 2006 gegen die im Widerspruchsbescheid vom 3. August 2006 getroffene Kostenentscheidung gewendet. Hieraus ist zu folgern, dass er den Bescheid spätestens an diesem Tag erhalten haben muss. Demzufolge ist die einmonatige Klagefrist spätestens am 16. September 2006 abgelaufen. Gründe für eine Wiedereinsetzung sind nicht ersichtlich.

12

2.2 Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war der zweite Widerspruch des Klägers im Schriftsatz vom 14. August 2006 unstatthaft, so dass er den Eintritt der Bestandskraft des Ausgangsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. August 2006 nicht zu verhindern vermochte. Einen Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid oder auch nur die darin getroffene Kostenentscheidung sieht die Verwaltungsgerichtsordnung nicht vor.

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Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO sind vor Erhebung der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Damit verfolgt der Gesetzgeber mehrere Zwecke: Zum einen soll das Vorverfahren eine Selbstkontrolle der Verwaltung durch die Widerspruchsbehörde ermöglichen. Zum anderen soll es einen effektiven individuellen Rechtsschutz gewährleisten, indem es für den Rechtsuchenden eine der gerichtlichen Kontrolle vorgelagerte und gegebenenfalls erweiterte Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet. Das zeigt sich insbesondere im Rahmen der Überprüfung von Ermessensentscheidungen, bei denen die Widerspruchsbehörde grundsätzlich auch die Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts beurteilt. Schließlich soll das Vorverfahren die Gerichte entlasten und auf diese Weise gerichtliche Ressourcen schonen ("Filterwirkung"). Diese dreifache normative Zwecksetzung des Widerspruchsverfahrens ist allgemein anerkannt (vgl. nur Urteile vom 12. November 1976 - BVerwG 4 C 34.75 - BVerwGE 51, 310 <314> = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 21 S. 8<11 f.> und vom 15. September 2010 - BVerwG 8 C 21.09 - BVerwGE 138, 1 = Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 48, jeweils Rn. 30 m.w.N.; Dolde/Porsch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Bd. 1, Stand April 2013, Vorb. § 68 Rn. 1; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 68 Rn. 2; Ulrich Meier, Die Entbehrlichkeit des Widerspruchsverfahrens, 1992, S. 8 ff.; enger aus kompetenzrechtlichen Gründen: Oerder, Das Widerspruchsverfahren der Verwaltungsgerichtsordnung, 1989, S. 52 ff.). Da das Vorverfahren weder allein öffentlichen Interessen noch allein denen des Betroffenen dient, steht die Durchführung mit Blick auf die Zulässigkeit einer beabsichtigten Klage nicht zur Disposition der Beteiligten (Urteil vom 13. Januar 1983 - BVerwG 5 C 114.81 - BVerwGE 66, 342 <345> = Buchholz 436.0 § 2 BSHG Nr. 7 S. 2<4 f.>; Hofmann, Das Widerspruchsverfahren als Sachentscheidungsvoraussetzung und als Verwaltungsverfahren, in: System des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes, FS Menger, 1985, S. 605 <615 f.>).

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Wegen der Funktionentrias sowie aus Gründen der Rechtssicherheit gilt der Grundsatz mangelnder Disponibilität der Beteiligten im Hinblick sowohl auf einen Verzicht als auch eine Wiederholung des Vorverfahrens. Zwar regelt § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO nur, dass es einer Nachprüfung in einem Vorverfahrennicht bedarf, wenn der Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält; dazu zählt auch eine dem Widerspruchsführer nachteilige Kostenentscheidung (BTDrucks 13/5098 S. 23; ebenso Kastner, in: Fehling/Kastner/Störmer, Hk-VerwR, 3. Aufl. 2013, § 68 VwGO Rn. 41; Geis, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 68 Rn. 146). Wollte man aus dieser Formulierung des Gesetzes den Schluss ziehen, der Betroffene könne erneut Widerspruch erheben, bestünde insbesondere in mehrpoligen Rechtsverhältnissen mit Drittbetroffenen die Gefahr einer "Endlosschleife" sich wiederholender Widerspruchsverfahren. Mit dem Erlass des Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids ist das Verwaltungsverfahren jedoch abgeschlossen, und die oben genannten Funktionen des Vorverfahrens sind erfüllt (Urteil vom 29. Juni 2006 - BVerwG 7 C 14.05 - Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 42 = NVwZ 2006, 1294). Wenn der Gesetzgeber nicht selbst explizit Wahlmöglichkeiten eröffnet (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. Art. 15 Abs. 1 BayAGVwGO), streitet zudem das Gebot der Rechtssicherheit für eine Auslegung des Prozessrechts, die zu klaren und eindeutigen Regelungen über den statthaften Rechtsbehelf führt.

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Darüber hinaus schließt die Systematik der Verwaltungsgerichtsordnung, wie sie sich aus der Zusammenschau der mit § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO korrespondierenden Vorschriften ergibt, die Statthaftigkeit eines Widerspruchs gegen einen Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid, auch wenn er erstmalig eine Beschwer enthält, generell aus (Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 56.07 - Buchholz 310 § 68 VwGO Nr. 47 S. 4 Rn. 11: "… findet kein weiteres Widerspruchsverfahren statt ..."; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/v.Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68 Rn. 18; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 68 Rn. 16; Kastner a.a.O. § 68 VwGO Rn. 39; Pietzner/Ronellenfitsch, Das Assessorexamen im Öffentlichen Recht, 12. Aufl. 2010, § 31 Rn. 20; Ulrich Meier a.a.O. S. 42 f. und S. 61; Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. Aufl. 1993, S. 251; Schmitt Glaeser/Horn, Verwaltungsprozessrecht, 15. Aufl. 2000, Rn. 178; a.A. Redeker/v.Oertzen, VwGO, 15. Aufl. 2010, § 68 Rn. 9a; Geis a.a.O. § 68 Rn. 137 zu § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO). Gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO ist Gegenstand der Anfechtungsklage der Abhilfe- oder der Widerspruchsbescheid, wenn dieser erstmalig eine Beschwer enthält. § 79 Abs. 2 VwGO ergänzt diese Regelung dahingehend, dass der Widerspruchsbescheid auch dann alleiniger Gegenstand der Anfechtungsklage sein kann, wenn und soweit er gegenüber dem ursprünglichen Verwaltungsakt eine zusätzliche selbständige Beschwer enthält. Durch diese Bestimmungen soll vermieden werden, dass Streitigkeiten über Mängel des Widerspruchsverfahrens oder -bescheids zu weiteren Widerspruchsverfahren führen; dies würde den Fortgang der Hauptsache in Richtung auf eine endgültige Entscheidung hemmen (Urteil vom 24. Oktober 1973 - BVerwG 6 C 139.73 - BVerwGE 44, 124 <126> = Buchholz 448.0 § 26 WPflG Nr. 7 S. 13<14>). § 74 Abs. 1 und 2 VwGO, wonach die Klage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids - bzw. wenn ein Widerspruchsbescheid nach § 68 VwGO nicht erforderlich ist: des Ausgangsbescheids - erhoben werden muss, macht deutlich, dass der Betroffene in diesen Fällen keine Wahl zwischen der Erhebung eines (erneuten) Widerspruchs oder einer Klage hat. Erhebt er nicht fristgerecht Klage, erwächst der Ausgangsbescheid in der Gestalt, die er durch den Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid erhalten hat, in Bestandskraft (Urteil vom 28. November 2001 - BVerwG 8 C 26.01 - Buchholz 428 § 36 VermG Nr. 8 S. 6<7>).

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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts gilt für den Fall der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung des Abhilfe- oder Widerspruchsbescheids nichts anderes (Dolde/Porsch a.a.O. § 68 Rn. 26; Weides a.a.O. S. 317; Pietzner, BayVBl. 1979, 107 <113 f.>; offen gelassen im Urteil vom 14. Januar 1983 - BVerwG 8 C 80.80 - Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr. 12 S. 12<14> = NVwZ 1983, 544; offen auch Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 73 Rn. 19; a.A. demgegenüber Ulrich Meier a.a.O. S. 65 f.). Den oben genannten Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung lässt sich eine solche Differenzierung nicht entnehmen. Zudem wäre bei der Bestimmung des statthaften Rechtsbehelfs eine Auslegung der prozessrechtlichen Vorschriften, die danach unterscheidet, ob der Widerspruchsbescheid insgesamt oder nur dessen Kostengrundentscheidung angegriffen wird, mit dem Postulat der Rechtsmittelklarheit nicht vereinbar. Denn dieses rechtsstaatliche Erfordernis verlangt, dass die Voraussetzungen der Zulässigkeit von Rechtsbehelfen in der geschriebenen Rechtsordnung geregelt und in ihren Voraussetzungen für den Bürger hinreichend bestimmt und erkennbar sind (BVerfG, Beschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <416 f.>).

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2.3 Die Beklagte hat mit dem (zweiten) Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2007 - unabhängig von der Frage, ob sie dazu als Widerspruchsbehörde befugt gewesen wäre - nicht erneut in der Sache über die Kostenverteilung des ersten Widerspruchsverfahrens entschieden, sondern den weiteren Widerspruch des Klägers im Schriftsatz vom 14. August 2006 als unzulässig erachtet. Daher braucht hier nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob die Widerspruchsbehörde auf einen unstatthaften Widerspruch hin durch eine Sachentscheidung im Widerspruchsbescheid (Zweitbescheid) den Rechtsweg erneut eröffnen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.