Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger begehren die Einbürgerung in den deutschen Staatsverband.

Der am ... 1968 in .../Irak geborene Kläger zu 1) ist irakischer Staatsangehöriger. Er reiste am ... Oktober 2000 ins Bundesgebiet ein und beantragte hier unter Angabe einer falschen Identität (..., geb. ...1967 in Mosul) Asyl. Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom ... November 2000 den Asylantrag ab. Mit Bescheid vom ... April 2001 stellte das Bundesamt nach vorhergehender Verpflichtung durch das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom ... März 2001 fest, dass beim Kläger zu 1) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich des Irak vorliegen. In der Folgezeit erhielt der Kläger jeweils befristete Aufenthaltstitel. Einen Bescheid vom ... November 2006, mit dem die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen, widerrufen wurde, hob das Bundesamt mit Bescheid vom... November 2008 in einem anhängigen Gerichtsverfahren auf. Seit dem ... Juli 2008 ist der Kläger zu 1) im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.

Die Klägerin zu 2) ist am ... Januar 2006 im Bundesgebiet geboren. Mit Bescheid vom ... Juni 2009 stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge fest, dass bei der Klägerin zu 2) die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen. Seit ... Februar 2014 ist die Klägerin zu 2) im Besitz einer Niederlassungserlaubnis.

Mit Schreiben vom ... November 2009 beantragte der Kläger zu 1) die Berichtigung seiner Personalien und offenbarte seine wahre Identität. Hierzu legte er eine irakische Staatsangehörigkeitsurkunde sowie einen irakischen Personalausweis vor. Ein von der Beklagten eingeleitetes Strafverfahren wurde am ... Juni 2011 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Am ... August 2010 stellte die Beklagte dem Kläger zu 1) einen neuen internationalen Reiseausweis mit den geänderten Personaldaten aus. Am ... Mai 2011 wurden auch die Personaldaten der Klägerin zu 2) geändert.

Am ... September 2012 beantragten die Kläger ihre Einbürgerung.

Mit Bescheid vom ... Juni 2014 lehnte die Beklagte die Einbürgerungsanträge ab.

Zur Begründung wurde angeführt, die Einbürgerung sei abzulehnen, da es am Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts seit acht Jahren fehle. Der Kläger zu 1) habe seit seiner Einreise ins Bundesgebiet bewusst seine wahre Identität verschleiert. Erst mit Offenbarung der wahren Identität am ... November 2009 habe die Ausländerbehörde die Möglichkeit gehabt über evtl. aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu entscheiden. Der Kläger zu 1) habe sowohl im Asylverfahren als auch gegenüber der Ausländerbehörde bewusst falsche Angaben gemacht, um sich in Deutschland ein Aufenthaltsrecht zu sichern. Er habe jederzeit damit rechnen müssen, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet mit Bekanntwerden der Identitätstäuschung beendet werden könnte. Es fehle somit auch die subjektive Komponente zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts. Erst mit Richtigstellung der Personalien und der Entscheidung der Ausländerbehörde, von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen, was mit Ausstellung des internationalen Reiseausweises auf die geänderten Personalien am ... August 2010 erfolgte, könne der Aufenthalt des Klägers zu 1) als gewöhnlich im Sinn des § 10 Abs. 1 StAG angesehen werden.

Der Umstand, dass die Beklagte die Niederlassungserlaubnis nicht entzogen habe, hindere nicht daran, dass ihm die bloße Möglichkeit einer Rücknahme bewusst gewesen sei. Des Weiteren stelle die Identitätstäuschung einen Ausweisungsgrund gem. § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG dar.

Auch der Umstand, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Flüchtlingsstatus nicht widerrufen habe, habe keinen Einfluss auf die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts. Auf die Dauerhaftigkeit des Abschiebungsschutzes habe er aufgrund der in diesem Verfahren angegebenen falschen Personalien nicht vertrauen dürfen. Im Übrigen habe der Kläger zu 1) über neun Jahre hinweg die Behörden hinsichtlich seiner Identität getäuscht und sich somit gegen die staatliche Rechtsordnung gestellt. Ein gelungener Integrationsprozess habe nicht stattgefunden.

Auch die Klägerin zu 2) erfülle nicht das Erfordernis eines achtjährigen gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet. Diese habe erstmals am ... Juli 2009 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG erhalten. Bis dahin habe sie lediglich eine Duldung bzw. eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens erhalten. Erst mit Stellung des Asylantrags am ... März 2009 sei der Aufenthalt der Klägerin zu 2) rechtmäßig und gewöhnlich.

Eine Miteinbürgerung der Klägerin zu 2) gem. § 10 Abs. 2 StAG scheide aus, da der Kläger zu 1) nicht einzubürgern sei.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2014, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am ... Juni 2014 eingegangen, erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage und beantragte,

1. der Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verpflichtet, die Kläger einzubürgern, hilfsweise nach Rechtsauffassung des Gerichts über den Antrag vom ... September 2012 neu zu entscheiden.

Zur Begründung wurde angeführt, trotz Kenntnis der falschen Identität habe das Bundesamt laut Mitteilung vom ... Januar 2014 die Anerkennung des Klägers zu 1) als Flüchtling nicht widerrufen. Die dem Kläger zu 1) erteilte Niederlassungserlaubnis würde einen rechtmäßigen Aufenthalt und somit auch einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen. Der Kläger zu 1) habe seine falschen Personalien nicht angegeben, um sich auf diese Weise ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Denn auch mit richtigen Personalien wäre er als verfolgter Iraker als Flüchtling anerkannt worden und hätte eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Er habe seine Personalien auch über lange Zeit nicht berichtigt, weil er keine Möglichkeit gehabt hätte echte Personalpapiere vorzulegen. Die Beklagte hätte auch bei Kenntnis der wahren Identität des Klägers keine Entscheidung darüber treffen können, ob sie aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleiten wolle oder nicht, da sie an den Flüchtlingsstatus gebunden gewesen sei. Der Kläger zu 1) habe sich wegen seiner Nationalität auch seines Aufenthaltstitels sicher sein können. Er habe seinen falschen Namen nur angegeben, weil er nicht mit dem richtigen Namen in den Irak zurückgeschickt werden wollte. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass sein Aufenthalt mit Bekanntwerden seiner Identitätstäuschung beendet werden könnte. Deswegen habe sich seine Aussicht auf einen unanfechtbaren Aufenthalt verfestigt.

Die Klägerin zu 2) sei einzubürgern, da der Kläger zu 1) eine gewöhnliche Aufenthaltszeit von acht Jahren im Bundesgebiet nachweisen könne.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom ... August 2014 unter Bezugnahme auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheides,

die Klage abzuweisen.

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 wiederholten die Beteiligten die bereits schriftsätzlich gestellten Klageanträge.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Einbürgerung in den deutschen Staatsverband nach § 10 Abs. 1 StAG. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom ... Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Die Kläger haben auch nicht, wie hilfsweise beantragt, einen Anspruch auf erneute Entscheidung über ihre Einbürgerungsanträge unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

1. Der Kläger zu 1) hat keinen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 StAG. Diese Vorschrift setzt in dem Satz 1 u. a. voraus, dass der Einbürgerungsbewerber seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Daran fehlt es im hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung; der Kläger zu 1) hatte in den vergangenen acht Jahren, also seit dem ... Dezember 2006, nicht durchgängig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

a) Zur Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person greift die Rechtsprechung im Einbürgerungsrecht auf die Legaldefinition im Steuer- und im allgemeinen Sozialrecht, die ihrerseits an den im bürgerlichen Recht entwickelten Begriff anknüpfen, zurück (vgl. BVerwG U. v. 18.11.2004 - 1 C 31.03 -, BVerwGE 122, 199 ff.; Berlit in GK-StAR, Stand Oktober 2014, § 10 RdNr. 90). Danach hat eine Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, wenn sie sich hier unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass sie in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt, sondern auf unabsehbare Zeit lebt, so dass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthalts setzt eine in die Zukunft gerichtete Prognose unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse voraus.

Hierbei sind sowohl die ausländerbehördlichen Entscheidungen und deren Durchsetzung, vor allem aber auch die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung (vgl. grundlegend BVerwG U. v. 23.02.1993 - 1 C 45/90 - BVerwGE 92, 116 ff; BVerwG U. v. 19.10.2011 - 5 C 28/10 -, InfAuslR 2012, 102 ff.).

Es kommt dabei nicht nur auf den wirklichen Willen der Person an, an einem Ort ihren gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen oder sich nicht nur vorübergehend dort aufzuhalten. Es ist auch erheblich, ob Hindernisse tatsächlicher oder rechtlicher Art das Vorhaben, auf unabsehbare Zeit in der Bundesrepublik Deutschland zu bleiben, vereiteln werden (vgl. BSG U. v. 23.02.1988 - 10 RKg 17/87 - juris).

aa) Zwar beinhaltet der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts keine Rechtmäßigkeitsprüfung, was der Kläger zu 1) zutreffend erkennt, so dass ein Einbürgerungsanspruch nicht schon daran scheitert, dass er zunächst nur Aufenthaltstitel bezogen auf seine vorgetäuschte Identität hatte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das die Begriffe „dauernder Aufenthalt“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ synonym verwendet, erfordert ein gewöhnlicher Aufenthalt keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Für den gewöhnlichen Aufenthalt genügt es, wenn die Ausländerbehörde unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten Abstand davon nimmt, den Aufenthalt des Ausländers zu beenden (vgl. BVerwG vom 23.02.1993, a. a. O.; BVerwG U. v. 26.02.2009 - 10 C 50/07 -, BVerwGE 133, 203 ff.).

Für den Kläger zu 1) ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG für die Zeit vor dem... November 2009 schon deswegen zu verneinen, da es der Ausländerbehörde bis zu diesem Zeitpunkt schon rein tatsächlich gar nicht möglich war, Abstand von ihren rechtlichen Möglichkeiten zu nehmen, den Aufenthalt des Klägers zu 1) in der Bundesrepublik zu beenden, so wie es das Bundesverwaltungsgericht aber in Abgrenzung zum rechtmäßigen Aufenthalt fordert (vgl. BVerwG vom 23.2.1993, a. a. O., BVerwG vom 26.2.2009, a. a. O.). Sie hatte keine Kenntnis von der Identitätstäuschung des Klägers zu 1), die sie einer Entscheidung über eine Aufenthaltsbeendigung zugrunde hätte legen können. Andere Gründe für eine Aufenthaltsbeendigung waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht ersichtlich.

Damit war es der Ausländerbehörde bis zum ... November 2009 unmöglich, eine Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen, ob sie von einer Aufenthaltsbeendigung des Klägers zu 1) in der Bundesrepublik Abstand nehmen will oder nicht. Für die Ausübung einer Ermessensentscheidung müssen aber der Behörde schon rein praktisch die Tatsachen bekannt sein, die sie zur Grundlage ihrer Entscheidung machen muss oder möchte. Innerhalb der Jahresfrist des Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG musste der Kläger zu 1) mit der Möglichkeit der Rücknahme seines Aufenthaltstitels rechnen.

Durch die Identitätstäuschung nahm der Kläger zu 1) der Ausländerbehörde diese Möglichkeit.

bb) Daneben scheitert der gewöhnliche Aufenthalt im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG für den Kläger zu 1) auch an der notwendigen subjektiven Komponente, die für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts notwendig ist (vgl. BSG U. v. 23.2.1988, a. a. O., BVerwG U. v. 23.2.1993, a. a. O.).

Über das Vorliegen eines gewöhnlichen Aufenthalts muss in vorausschauender Betrachtungsweise entschieden werden (BSG U. v. 23.2.1988, a. a. O.; BVerwG U. v. 23.2.1993, a. a. O.).

Zwar war der Wille des Klägers zu 1), seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik zu begründen, seit seiner Einreise im Oktober 2000 unstreitig gegeben.

Jedoch hatte der Kläger zu 1) aus seiner Sicht nicht die Möglichkeit, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik zu begründen.

Der Kläger zu 1) konnte sich seiner auf seine vorgetäuschte Identität hin erlangten Aufenthaltstitel nie sicher sein. Er musste jederzeit damit rechnen, dass sein Vorhaben, auf unabsehbare Zeit in der Bundesrepublik zu bleiben, mit Bekanntwerden seiner Identitätstäuschung durch die Ausländerbehörden vereitelt werden würde.

Der Kläger zu 1) täuschte bei seiner Einreise im Oktober 2000 bewusst über seine Personalien und seinen Herkunftsort. In diesem Zusammenhang ist es unbeachtlich, ob er, wie der Bevollmächtigte vorbringt, allein aufgrund seiner irakischen Staatsangehörigkeit den Flüchtlingsstatus gem. § 51 Abs. 1 AuslG erhalten hätte. Denn eine Entscheidung über den möglichen Widerruf der allein auf die Asylantragstellung gestützten Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG war dem Bundesamt erst nach Mitteilung der wahren Identität des Klägers zu 1) möglich. Erst mit der Mitteilung des Bundesamts vom ... Januar 2014 konnte er davon ausgehen, dass ein Widerruf der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 3 AsylVfG) nicht erfolgen wird. Bei dieser Sachlage konnte der Kläger zu 1) nicht darauf vertrauen, dass sein Aufenthalt im Bundesgebiet allein aufgrund der Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG auf Dauer gefestigt ist, zumal er neben seiner Identität auch über seinen Herkunftsort getäuscht hat und ihm bekannt sein konnte, dass bei einer Herkunft aus der autonomen Kurdenregion ein Widerruf in der Regel erfolgt.

Dafür, dass er dies erkannt hat, spricht auch, dass er die falschen Angaben zu seinen Personalien im Rahmen des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG vom... November 2007 und bei der Beantragung eines internationalen Reiseausweises wiederholte. Der Kläger zu 1) hielt es damit zumindest für möglich, dass sowohl seine bisherigen Aufenthaltsgenehmigungen als auch seine zukünftige Niederlassungserlaubnis an die falsche Identität geknüpft sind. Erst nach Erhalt der Niederlassungserlaubnis am ... Juli 2008 hat er seine Identitätstäuschung offenbart.

Der Kläger zu 1) wusste in der Zeit von seiner Einreise im Oktober 2000 bis mindestens zum ... August 2010, als die Beklagte den neuen Reiseausweis mit den geänderten Personalien ausstellte, dass tatsächliche Hindernisse bestanden, die zu einer Aufenthaltsbeendigung durch die Ausländerbehörden führen könnten.

Für den Kläger zu 1) war es absehbar, dass sein Aufenthalt mit Bekanntwerden seiner Identitätstäuschung beendet werden könnte. Seine Aussicht auf einen unanfechtbaren Aufenthalt konnte sich damit in dem gesamten Zeitraum nicht derart verfestigen, dass er in dieser Zeit einen gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 10 Abs. 1 StAG begründete. Vielmehr wusste er von dem dauerhaft präsenten Ausweisungsgrund (vgl. BSG U. v. 16.12.1987 - 11 a Reg 2/87 - juris).

Dass die Ausländerbehörde nach der Angabe der wahren Identität des Klägers zu 1) am ... November 2009 die Niederlassungserlaubnis nicht entzog, hindert nicht daran, dass sich der Kläger zu 1) der bloßen Möglichkeit einer Rücknahme in dem kompletten Zeitraum bewusst war.

Für die Verneinung eines gewöhnlichen Aufenthalts genügt die Kenntnis, dass ein Hindernis besteht, das den Aufenthalt beenden könnte. Insoweit ist auch das Vorbringen, der Kläger zu 1) habe keine Unterlagen zum Nachweis der wahren Identität vorlegen können, unbeachtlich, da dies zumindest nach der Veränderung der politischen Situation im Irak nach dem Sturz Saddam Husseins möglich war und dieser Umstand ihn im Übrigen nicht an der Offenbarung der wahren Identität gehindert hat.

Erst mit der Ausstellung eines internationalen Reiseausweises am ... August 2010 mit den richtigen Personalien des Klägers zu 1) bestanden für ihn keine tatsächlichen Hindernisse mehr, die seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik vereiteln könnten. Denn die Beklagte hat damit nach eigenem Bekunden von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen endgültig Abstand genommen. Der für § 10 Abs. 1 StAG erforderliche Achtjahreszeitraum begann erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen.

cc) Schließlich hat die obergerichtliche Rechtsprechung schon früh deutlich gemacht, dass etwa das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes einem dauernden Verbleib im Bundesgebiet entgegensteht (BSG U. v. 16.12.1987 - 11 a REg 3/87 - juris Rdnr. 19). Durch die Verwirklichung des Ausweisungsgrundes nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 a) AufenthG ist ein Ausnahmefall gegenüber dem Grundsatz gegeben, wonach Asylbewerber die Absicht haben, auf Dauer im Bundesgebiet zu bleiben.

2. Auch die Klägerin zu 2) hat keinen Anspruch auf die beantragte Einbürgerung. Eine Einbürgerung der Klägerin zu 2) nach § 10 Abs. 2 StAG scheitert daran, dass ihr Vater, der Kläger zu 1), keinen Anspruch auf Einbürgerung hat. Ein eigenständiger Anspruch der Klägerin zu 2) gem. § 10 Abs. 1 StAG scheitert zum einen am ebenfalls fehlenden 8-jährigen gewöhnlichen Aufenthalt in Bundesgebiet, da Kinder in der Regel den gewöhnlichen Aufenthalt ihrer Eltern teilen (vgl. Berlit in GK-StAR, Stand Oktober 2014, § 10 Rn. 107) und ein solcher erst ab ... August 2010 hinsichtlich ihres Vaters vorliegt. Im Übrigen liegt auch der erforderliche achtjährige rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet nicht vor. Sie erhielt nach ihrer Geburt im Bundesgebiet am ... Januar 2006 anfangs nur insoweit nicht anrechenbare Duldungen. Nachdem auf den Asylantrag vom ... Mai 2009 mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Juni 2009 die Flüchtlingseigenschaft gem. § 60 Abs. 1 AufenthG zuerkannt wurde, ist der Zeitraum ab Asylantragstellung als rechtmäßiger Aufenthalt anrechenbar (vgl. BVerwG U. v. 19.10.2011 - 5 C 28/10 - juris). Der diesbezüglich für § 10 Abs. 1 StAG erforderliche Achtjahreszeitraum wird daher erst ab... Mai 2017 erreicht sein.

3. Da der Einbürgerungsanspruch der Kläger bereits am Erfordernis des achtjährigen gewöhnlichen bzw. rechtmäßigen Aufenthalts scheitert, kommt es auf die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 StAG nicht mehr entscheidungserheblich an. Aus diesem Grund haben die Kläger auch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf erneute Entscheidung über ihren Einbürgerungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 14.2733

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 14.2733

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 14.2733 zitiert 11 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 25 Aufenthalt aus humanitären Gründen


(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlau

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Staatsangehörigkeitsgesetz - RuStAG | § 10


(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit gekl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 26 Dauer des Aufenthalts


(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindesten

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 14.2733 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 25 K 14.2733 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Okt. 2011 - 5 C 28/10

bei uns veröffentlicht am 19.10.2011

Tatbestand 1 Die am 20. Dezember 2008 als Tochter türkischer Staatsangehöriger geborene Klägerin begehrt die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises.

Referenzen

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn er als Asylberechtigter anerkannt ist. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unter den Voraussetzungen des § 53 Absatz 3a ausgewiesen worden ist. Bis zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gilt der Aufenthalt als erlaubt.

(2) Einem Ausländer ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder subsidiären Schutz im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt hat. Absatz 1 Satz 2 bis 3 gilt entsprechend.

(3) Einem Ausländer soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 vorliegt. Die Aufenthaltserlaubnis wird nicht erteilt, wenn die Ausreise in einen anderen Staat möglich und zumutbar ist oder der Ausländer wiederholt oder gröblich gegen entsprechende Mitwirkungspflichten verstößt. Sie wird ferner nicht erteilt, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine Straftat von erheblicher Bedeutung begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen ließ, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen verankert sind, zuwiderlaufen, oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.

(4) Einem nicht vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer kann für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Eine Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 verlängert werden, wenn auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebiets für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4a) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach den §§ 232 bis 233a des Strafgesetzbuches wurde, soll, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
seine Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre,
2.
er jede Verbindung zu den Personen, die beschuldigt werden, die Straftat begangen zu haben, abgebrochen hat und
3.
er seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.

Nach Beendigung des Strafverfahrens soll die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, wenn humanitäre oder persönliche Gründe oder öffentliche Interessen die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet erfordern. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(4b) Einem Ausländer, der Opfer einer Straftat nach § 10 Absatz 1 oder § 11 Absatz 1 Nummer 3 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes oder nach § 15a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes wurde, kann, auch wenn er vollziehbar ausreisepflichtig ist, für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn

1.
die vorübergehende Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen dieser Straftat von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre, und
2.
der Ausländer seine Bereitschaft erklärt hat, in dem Strafverfahren wegen der Straftat als Zeuge auszusagen.
Die Aufenthaltserlaubnis kann verlängert werden, wenn dem Ausländer von Seiten des Arbeitgebers die zustehende Vergütung noch nicht vollständig geleistet wurde und es für den Ausländer eine besondere Härte darstellen würde, seinen Vergütungsanspruch aus dem Ausland zu verfolgen. Die Aufenthaltserlaubnis berechtigt nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(5) Einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, kann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist. Eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist. Ein Verschulden des Ausländers liegt insbesondere vor, wenn er falsche Angaben macht oder über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuscht oder zumutbare Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse nicht erfüllt.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

Tatbestand

1

Die am 20. Dezember 2008 als Tochter türkischer Staatsangehöriger geborene Klägerin begehrt die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises.

2

Der Vater der Klägerin reiste Ende März 1995 in das Bundesgebiet ein und führte ohne Erfolg ein Asylverfahren durch. Nach dessen rechtskräftigem Abschluss stellte er am 14. Mai 1998 einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 2. Juli 1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mangels Vorliegens von Wiederaufgreifensgründen die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und drohte dem Vater der Klägerin die Abschiebung in die Türkei an. Mit Beschluss vom 28. Dezember 1999 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung an. Durch Urteil vom 26. April 2002 verpflichtete es die Bundesrepublik Deutschland, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich der Türkei festzustellen. Dieser Verpflichtung kam das Bundesamt mit Bescheid vom 2. Juli 2002 nach.

3

Der Aufenthalt des Vaters der Klägerin wurde seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens bis zum 7. Juli 2002 geduldet. Ab dem 8. Juli 2002 war der Aufenthalt ununterbrochen durch eine mehrfach verlängerte Aufenthaltsbefugnis gedeckt, galt fiktiv als erlaubt oder konnte auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis gestützt werden. Am 23. April 2008 erhielt der Vater der Klägerin eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Die Mutter der Klägerin, deren Asylverfahren erfolglos geblieben ist, besaß im Zeitpunkt der Geburt der Klägerin kein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

4

Mit Bescheid vom 30. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt und Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises ab. Zwar habe ihr Vater im Zeitpunkt ihrer Geburt ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besessen, jedoch nicht - wie von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt - seit mindestens acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland gehabt. Die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts im Asylfolgeverfahren könne insoweit trotz seines erfolgreichen Ausgangs nicht in Ansatz gebracht werden.

5

Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Bei dem Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG sei die Bestimmung des § 55 Abs. 3 AsylVfG über die Anrechnung von Zeiten der Aufenthaltsgestattung heranzuziehen. In Anwendung dieser Vorschrift sei der geduldete Aufenthalt im Asylfolgeverfahren jedenfalls ab der stattgebenden gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzurechnen. Das Verwaltungsgericht habe darin ausdrücklich festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen. Dadurch fehle es an einem sachlichen Grund für eine Benachteiligung des Antragstellers im Asylfolgeverfahren gegenüber einem Erstantragsteller.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG i.V.m. § 55 Abs. 3, Abs. 1 AsylVfG.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht zwar auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit der Verwaltungsgerichtshof nach § 55 Abs. 3 AsylVfG die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts im Asylfolgeverfahren ab dem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts als rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG angerechnet hat. In entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG ist vielmehr die gesamte Aufenthaltszeit ab der Stellung des Asylfolgeantrages in Ansatz zu bringen. Damit erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

9

Die Klägerin hat gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG in der hier anzuwendenden Fassung vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Sie hat nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Danach erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die am 20. Dezember 2008 geborene Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen. Ihr Vater war bei ihrer Geburt im Besitz einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Er hatte zu diesem Zeitpunkt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (1.). Dieser Aufenthalt war auch rechtmäßig (2.).

10

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 1 C 31.03 - BVerwGE 122, 199 <202 f.> = Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 10 sowie Beschluss vom 25. November 2004 - BVerwG 1 B 24.04 - Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 9 jeweils m.w.N.) hat ein ausländischer Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG, wenn er sich hier unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, sodass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Hierbei sind vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordert keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt ist und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt hat. Ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel schließt daher die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht aus. Selbst wiederholt erteilte Duldungen, die als zeitweise bzw. vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (vgl. § 55 Abs. 1 AuslG 1990 sowie § 60a AufenthG) kein Recht zum Aufenthalt verleihen, hindern die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht.

11

Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Vater der Klägerin in den acht Jahren vor ihrer Geburt seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Dem steht - was zwischen den Beteiligten allein streitig ist - insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass sein Aufenthalt während des Asylfolgeverfahrens nur geduldet war. Ein Aufenthaltstitel (im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, davor im Sinne des § 5 Abs. 1 AuslG 1990) oder zumindest eine asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG ist für die Begründung oder Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Ausländer - wie der Vater der Klägerin - erkennbar auf Dauer in Deutschland bleiben will und die Ausländerbehörde - wie hier - unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten über längere Zeit davon Abstand nimmt, den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet zwangsweise zu beenden.

12

2. Ein ausländischer Elternteil hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteil vom 18. November 2004 a.a.O. S. 203) im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG rechtmäßig seinen Aufenthalt im Inland, wenn sein Aufenthalt genehmigungsfrei ist oder im Fall der Genehmigungspflicht insbesondere auf einem erteilten Aufenthaltstitel oder einer gesetzlichen Erlaubnis beruht oder kraft Gesetzes fiktiv erlaubt ist. Abgesehen davon ist bei der Berechnung der erforderlichen Zeit des rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne der staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften die Dauer des Aufenthalts eines erfolgreichen Asylverfahrens im Falle einer asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG in unmittelbarer Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG und ohne eine solche in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift in Ansatz zu bringen (2.1). Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt wurde (2.2). Bei einem erfolgreich abgeschlossenen Asylfolgeverfahren ist die gesamte Aufenthaltszeit des Verfahrens ab der Stellung des Asylfolgeantrages nachträglich als rechtmäßige Aufenthaltszeit anzurechnen (2.3).

13

2.1 Die Zeit des Aufenthalts eines Asylfolgeverfahrens ist zumindest dann nicht nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet, wenn das Bundesamt - wie hier - den Asylfolgeantrag mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen (vgl. BTDrucks 12/2062 S. 37 und BTDrucks 12/4450 S. 27). In einem derartigen Fall ist die Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 3 AsylVfG entsprechend anwendbar, wenn der Asylfolgeantrag im gerichtlichen Verfahren Erfolg hat (vgl. so der Sache nach in Bezug auf ein erfolgloses Asylfolgeverfahren Urteil vom 29. März 2007 - BVerwG 5 C 8.06 - BVerwGE 128, 254 = Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 12 jeweils Rn. 10).

14

Weder das Staatsangehörigkeitsgesetz noch das Asylverfahrensgesetz enthalten eine ausdrückliche Regelung, ob und wie die Zeit des Aufenthalts während des Asylfolgeverfahrens auf die für den Erwerb der Staatsangehörigkeit erforderliche Zeit eines rechtmäßigen Inlandsaufenthalts anzurechnen ist, wenn erst das Gericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG und einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling bejaht.

15

Insoweit besteht eine Regelungslücke. Das Fehlen einer Regelung für die von § 55 Abs. 3 AsylVfG nicht unmittelbar erfassten Fälle des Aufenthalts ohne Aufenthaltsgestattung kann nicht als negative Entscheidung des Gesetzgebers verstanden werden. Dafür spricht schon, dass der Gesetzgeber sowohl für die Fälle eines erfolgreichen Ausgangs des ersten Asylverfahrens als auch für die Fälle der Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG eine Anrechnungsregelung vorgesehen hat. Für erstere ordnet § 55 Abs. 3 AsylVfG eine Anrechnung der Aufenthaltszeiten an. Für letztere erklärt § 71a Abs. 3 Satz 2 AsylVfG nur die §§ 56 bis 67 AsylVfG für entsprechend anwendbar. Darüber hinaus kann allein aus dem Unterlassen einer Anrechnungsregelung im Asylverfahrensgesetz für Aufenthaltszeiten eines erfolgreichen Asylfolgeverfahrens nicht auf die Absicht des Gesetzgebers geschlossen werden, deren Anrechnung im Staatsangehörigkeitsrecht zu verbieten. Es liegt daher nahe, jedenfalls im Staatsangehörigkeitsrecht § 55 Abs. 3 AsylVfG stets entsprechend anzuwenden, wenn der Folgeantrag zum Erfolg geführt hat (vgl. ähnlich Wolff, in: HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 55 AsylVfG Rn. 10 und Müller, a.a.O., § 71 AsylVfG Rn. 45).

16

Der Fall des erfolgreichen Asylfolgeverfahrens ist auch mit dem des erfolgreichen Asylverfahrens vergleichbar. Die pauschale Anrechnung der im (ersten) Asylverfahren verbrachten Aufenthaltszeit nach § 55 Abs. 3 AsylVfG findet ihre Rechtfertigung allein in der unanfechtbaren Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter bzw. der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Asylbewerbern, deren Asylantrag positiv beschieden wurde, soll die Eingliederung in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik erleichtert werden. Daher sollen sie sich auf die als Asylsuchende im Bundesgebiet verbrachte Zeit berufen können, wenn Rechte oder Vergünstigungen von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängen (Urteil vom 29. März 2007 a.a.O. jeweils Rn. 11 unter Hinweis auf BTDrucks 9/875 S. 21 und BTDrucks 12/2062 S. 37). In Übereinstimmung damit ist die Anrechnungsregelung auch beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt heranzuziehen. Aus dem als rechtmäßig geltenden Aufenthalt von mindestens acht Jahren kann auf die gelungene Integration des maßgeblichen Elternteils geschlossen werden, welche es rechtfertigt, seinem im Bundesgebiet geborenen Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem ius soli kraft Gesetzes zu verleihen. Diese Gründe, die für eine pauschale Anrechnung der Aufenthaltszeit nach erfolgreichem Ausgang des ersten Asylverfahrens sprechen, gelten bei einem erfolgreichen Asylfolgeverfahren in gleicher Weise. Denn der im Asylfolgeverfahren erfolgreiche Antragsteller erwirbt mit der Anerkennung als Asylberechtigter bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die gleiche Rechtsposition wie ein erfolgreicher Erstantragsteller.

17

Die entsprechende Anwendung der Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 3 AsylVfG entspricht auch dem Wohlwollensgebot des Art. 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - Genfer Flüchtlingskonvention - vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560), das den Vertragsstaaten aufgibt, die Eingliederung und Einbürgerung von Konventionsflüchtlingen soweit wie möglich zu erleichtern und zu beschleunigen.

18

2.2 Die entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Flüchtlingseigenschaft - wie hier - in einem bereits vor dem 1. Januar 2005 beendeten Asylfolgeverfahren zuerkannt wurde. Die Einbeziehung anerkannter Flüchtlinge in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 3 AsylVfG dient dazu, die aufenthaltsrechtliche Situation der Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention derjenigen von Asylberechtigten anzugleichen sowie die nach der bisherigen Rechtslage bestehende Ungerechtigkeit, dass die unterschiedliche Dauer des Asylverfahrens zu Lasten der Konventionsflüchtlinge ging, zu beseitigen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 111). Das Bedürfnis nach einer Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Situation besteht indessen unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Mangels einer ausdrücklichen Übergangsregelung ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Vergünstigung ab dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Januar 2005 auch früher anerkannten Konventionsflüchtlingen gewähren wollte.

19

2.3 Maßgeblicher Beginn für die Anrechnung der asylverfahrensabhängigen Aufenthaltszeit nach § 55 Abs. 3 AsylVfG ist bei einem erfolgreichen Asylfolgeverfahren die Stellung des Asylfolgeantrags, obwohl damit zwangsläufig auch ein Zeitraum erfasst wird, in dem nach Maßgabe des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG noch kein Asylverfahren durchgeführt wird. Dies entspricht dem bewusst pauschalierenden Regelungskonzept des Gesetzgebers. § 55 Abs. 3 AsylVfG gewährt beim erfolgreichen Ausgang des ersten Asylverfahrens eine vollständige Anrechnung der Zeit, in der eine gesetzliche Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG bestanden hat. Anrechnungsbeginn ist damit das Datum, an dem der Ausländer um Asyl nachsucht (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bzw. - im Fall der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat - einen Asylantrag stellt (§ 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG). Die in der Anrechnung liegende Begünstigung unterscheidet nicht nach dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründet war oder festgestellt wurde. Es ist daher unschädlich, wenn die anspruchsbegründenden Umstände erst im Laufe des Verfahrens entstehen. Wegen der identischen Rechtsposition besteht kein Grund, den erfolgreichen Asylfolgeantragsteller anders zu behandeln.

20

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Stellung des Asylfolgeantrages trägt auch dem zwingenden Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung, dem im Staatsangehörigkeitsrecht besondere Bedeutung zukommt. Angesichts der Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit muss sich ohne weitere Nachforschungen und Entscheidungen eindeutig feststellen lassen, ob die Voraussetzungen für einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes vorliegen.

21

In Anwendung dieses Maßstabes ist bei der Berechnung der erforderlichen rechtmäßigen Voraufenthaltszeit des Vaters der Klägerin zu der rechtmäßigen - weil fortlaufend auf einem Aufenthaltstitel oder einer gesetzlichen Erlaubnisfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG beruhenden - Aufenthaltszeit ab dem 8. Juli 2002 bis zum 20. Dezember 2008 die Zeit ab der Stellung des erfolgreichen Asylfolgeantrages am 14. Mai 1998 bis zum 7. Juli 2002 hinzuzurechnen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt kann für jeweils längstens drei Jahre erteilt und verlängert werden, in den Fällen des § 25 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 5 jedoch für längstens sechs Monate, solange sich der Ausländer noch nicht mindestens 18 Monate rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Asylberechtigten und Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes zuerkannt worden ist, wird die Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre erteilt. Subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes wird die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, bei Verlängerung für zwei weitere Jahre. Ausländern, die die Voraussetzungen des § 25 Absatz 3 erfüllen, wird die Aufenthaltserlaubnis für mindestens ein Jahr erteilt. Die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 1 und Absatz 4b werden jeweils für ein Jahr, Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Absatz 4a Satz 3 jeweils für zwei Jahre erteilt und verlängert; in begründeten Einzelfällen ist eine längere Geltungsdauer zulässig.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.

(3) Einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, ist eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit fünf Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
sein Lebensunterhalt überwiegend gesichert ist,
4.
er über hinreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
§ 9 Absatz 2 Satz 2 bis 6, § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 finden entsprechend Anwendung; von der Voraussetzung in Satz 1 Nummer 3 wird auch abgesehen, wenn der Ausländer die Regelaltersgrenze nach § 35 Satz 2 oder § 235 Absatz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch erreicht hat. Abweichend von Satz 1 und 2 ist einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 oder 2 Satz 1 erste Alternative besitzt, eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn
1.
er die Aufenthaltserlaubnis seit drei Jahren besitzt, wobei die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens abweichend von § 55 Absatz 3 des Asylgesetzes auf die für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis erforderliche Zeit des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis angerechnet wird,
2.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht nach § 73b Absatz 3 des Asylgesetzes mitgeteilt hat, dass die Voraussetzungen für den Widerruf oder die Rücknahme vorliegen,
3.
er die deutsche Sprache beherrscht,
4.
sein Lebensunterhalt weit überwiegend gesichert ist und
5.
die Voraussetzungen des § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 bis 6, 8 und 9 vorliegen.
In den Fällen des Satzes 3 finden § 9 Absatz 3 Satz 1 und § 9 Absatz 4 entsprechend Anwendung. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für einen Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4 besitzt, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen für eine Rücknahme vor.

(4) Im Übrigen kann einem Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach diesem Abschnitt besitzt, eine Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn die in § 9 Abs. 2 Satz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 9 Abs. 2 Satz 2 bis 6 gilt entsprechend. Die Aufenthaltszeit des der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorangegangenen Asylverfahrens wird abweichend von § 55 Abs. 3 des Asylgesetzes auf die Frist angerechnet. Für Kinder, die vor Vollendung des 18. Lebensjahres nach Deutschland eingereist sind, kann § 35 entsprechend angewandt werden.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tatbestand

1

Die am 20. Dezember 2008 als Tochter türkischer Staatsangehöriger geborene Klägerin begehrt die Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises.

2

Der Vater der Klägerin reiste Ende März 1995 in das Bundesgebiet ein und führte ohne Erfolg ein Asylverfahren durch. Nach dessen rechtskräftigem Abschluss stellte er am 14. Mai 1998 einen Asylfolgeantrag. Mit Bescheid vom 2. Juli 1998 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mangels Vorliegens von Wiederaufgreifensgründen die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und drohte dem Vater der Klägerin die Abschiebung in die Türkei an. Mit Beschluss vom 28. Dezember 1999 ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung an. Durch Urteil vom 26. April 2002 verpflichtete es die Bundesrepublik Deutschland, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG bezüglich der Türkei festzustellen. Dieser Verpflichtung kam das Bundesamt mit Bescheid vom 2. Juli 2002 nach.

3

Der Aufenthalt des Vaters der Klägerin wurde seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens bis zum 7. Juli 2002 geduldet. Ab dem 8. Juli 2002 war der Aufenthalt ununterbrochen durch eine mehrfach verlängerte Aufenthaltsbefugnis gedeckt, galt fiktiv als erlaubt oder konnte auf eine befristete Aufenthaltserlaubnis gestützt werden. Am 23. April 2008 erhielt der Vater der Klägerin eine unbefristete Niederlassungserlaubnis. Die Mutter der Klägerin, deren Asylverfahren erfolglos geblieben ist, besaß im Zeitpunkt der Geburt der Klägerin kein unbefristetes Aufenthaltsrecht.

4

Mit Bescheid vom 30. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt und Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises ab. Zwar habe ihr Vater im Zeitpunkt ihrer Geburt ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besessen, jedoch nicht - wie von § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG verlangt - seit mindestens acht Jahren seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland gehabt. Die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts im Asylfolgeverfahren könne insoweit trotz seines erfolgreichen Ausgangs nicht in Ansatz gebracht werden.

5

Auf die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin einen Staatsangehörigkeitsausweis auszustellen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Bei dem Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG sei die Bestimmung des § 55 Abs. 3 AsylVfG über die Anrechnung von Zeiten der Aufenthaltsgestattung heranzuziehen. In Anwendung dieser Vorschrift sei der geduldete Aufenthalt im Asylfolgeverfahren jedenfalls ab der stattgebenden gerichtlichen Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzurechnen. Das Verwaltungsgericht habe darin ausdrücklich festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorlägen. Dadurch fehle es an einem sachlichen Grund für eine Benachteiligung des Antragstellers im Asylfolgeverfahren gegenüber einem Erstantragsteller.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG i.V.m. § 55 Abs. 3, Abs. 1 AsylVfG.

7

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht zwar auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit der Verwaltungsgerichtshof nach § 55 Abs. 3 AsylVfG die Zeit des nur geduldeten Aufenthalts im Asylfolgeverfahren ab dem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts als rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG angerechnet hat. In entsprechender Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG ist vielmehr die gesamte Aufenthaltszeit ab der Stellung des Asylfolgeantrages in Ansatz zu bringen. Damit erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im Ergebnis als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

9

Die Klägerin hat gemäß § 30 Abs. 3 Satz 1 StAG in der hier anzuwendenden Fassung vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Sie hat nach § 4 Abs. 3 Satz 1 StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben. Danach erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die am 20. Dezember 2008 geborene Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen. Ihr Vater war bei ihrer Geburt im Besitz einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG. Er hatte zu diesem Zeitpunkt seit acht Jahren seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland (1.). Dieser Aufenthalt war auch rechtmäßig (2.).

10

1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteil vom 18. November 2004 - BVerwG 1 C 31.03 - BVerwGE 122, 199 <202 f.> = Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 10 sowie Beschluss vom 25. November 2004 - BVerwG 1 B 24.04 - Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 9 jeweils m.w.N.) hat ein ausländischer Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG, wenn er sich hier unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur vorübergehend verweilt, sondern auf unabsehbare Zeit hier lebt, sodass die Beendigung des Aufenthalts ungewiss ist. Hierbei sind vor allem die Vorstellungen und Möglichkeiten des Ausländers von Bedeutung. Die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts erfordert keine förmliche Zustimmung der Ausländerbehörde. Ebenso wenig ist erforderlich, dass der Aufenthalt mit Willen der Ausländerbehörde auf grundsätzlich unbeschränkte Zeit angelegt ist und sich zu einer voraussichtlich dauernden Niederlassung verfestigt hat. Ein zeitlich befristeter Aufenthaltstitel schließt daher die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht aus. Selbst wiederholt erteilte Duldungen, die als zeitweise bzw. vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers (vgl. § 55 Abs. 1 AuslG 1990 sowie § 60a AufenthG) kein Recht zum Aufenthalt verleihen, hindern die Begründung und Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Bundesgebiet nicht.

11

Nach diesen rechtlichen Vorgaben ist der Verwaltungsgerichtshof im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Vater der Klägerin in den acht Jahren vor ihrer Geburt seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Dem steht - was zwischen den Beteiligten allein streitig ist - insbesondere nicht der Umstand entgegen, dass sein Aufenthalt während des Asylfolgeverfahrens nur geduldet war. Ein Aufenthaltstitel (im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 AufenthG, davor im Sinne des § 5 Abs. 1 AuslG 1990) oder zumindest eine asylverfahrensrechtliche Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG ist für die Begründung oder Beibehaltung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG nicht erforderlich. Es genügt vielmehr, dass der Ausländer - wie der Vater der Klägerin - erkennbar auf Dauer in Deutschland bleiben will und die Ausländerbehörde - wie hier - unbeschadet ihrer rechtlichen Möglichkeiten über längere Zeit davon Abstand nimmt, den Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet zwangsweise zu beenden.

12

2. Ein ausländischer Elternteil hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa Urteil vom 18. November 2004 a.a.O. S. 203) im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StAG rechtmäßig seinen Aufenthalt im Inland, wenn sein Aufenthalt genehmigungsfrei ist oder im Fall der Genehmigungspflicht insbesondere auf einem erteilten Aufenthaltstitel oder einer gesetzlichen Erlaubnis beruht oder kraft Gesetzes fiktiv erlaubt ist. Abgesehen davon ist bei der Berechnung der erforderlichen Zeit des rechtmäßigen Aufenthalts im Sinne der staatsangehörigkeitsrechtlichen Vorschriften die Dauer des Aufenthalts eines erfolgreichen Asylverfahrens im Falle einer asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG in unmittelbarer Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG und ohne eine solche in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift in Ansatz zu bringen (2.1). Dies gilt auch, wenn - wie hier - ein Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt: § 60 Abs. 1 AufenthG) festgestellt wurde (2.2). Bei einem erfolgreich abgeschlossenen Asylfolgeverfahren ist die gesamte Aufenthaltszeit des Verfahrens ab der Stellung des Asylfolgeantrages nachträglich als rechtmäßige Aufenthaltszeit anzurechnen (2.3).

13

2.1 Die Zeit des Aufenthalts eines Asylfolgeverfahrens ist zumindest dann nicht nach § 55 Abs. 1 AsylVfG gestattet, wenn das Bundesamt - wie hier - den Asylfolgeantrag mit der Begründung abgelehnt hat, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorliegen (vgl. BTDrucks 12/2062 S. 37 und BTDrucks 12/4450 S. 27). In einem derartigen Fall ist die Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 3 AsylVfG entsprechend anwendbar, wenn der Asylfolgeantrag im gerichtlichen Verfahren Erfolg hat (vgl. so der Sache nach in Bezug auf ein erfolgloses Asylfolgeverfahren Urteil vom 29. März 2007 - BVerwG 5 C 8.06 - BVerwGE 128, 254 = Buchholz 130 § 4 StAG Nr. 12 jeweils Rn. 10).

14

Weder das Staatsangehörigkeitsgesetz noch das Asylverfahrensgesetz enthalten eine ausdrückliche Regelung, ob und wie die Zeit des Aufenthalts während des Asylfolgeverfahrens auf die für den Erwerb der Staatsangehörigkeit erforderliche Zeit eines rechtmäßigen Inlandsaufenthalts anzurechnen ist, wenn erst das Gericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG und einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder Flüchtling bejaht.

15

Insoweit besteht eine Regelungslücke. Das Fehlen einer Regelung für die von § 55 Abs. 3 AsylVfG nicht unmittelbar erfassten Fälle des Aufenthalts ohne Aufenthaltsgestattung kann nicht als negative Entscheidung des Gesetzgebers verstanden werden. Dafür spricht schon, dass der Gesetzgeber sowohl für die Fälle eines erfolgreichen Ausgangs des ersten Asylverfahrens als auch für die Fälle der Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG eine Anrechnungsregelung vorgesehen hat. Für erstere ordnet § 55 Abs. 3 AsylVfG eine Anrechnung der Aufenthaltszeiten an. Für letztere erklärt § 71a Abs. 3 Satz 2 AsylVfG nur die §§ 56 bis 67 AsylVfG für entsprechend anwendbar. Darüber hinaus kann allein aus dem Unterlassen einer Anrechnungsregelung im Asylverfahrensgesetz für Aufenthaltszeiten eines erfolgreichen Asylfolgeverfahrens nicht auf die Absicht des Gesetzgebers geschlossen werden, deren Anrechnung im Staatsangehörigkeitsrecht zu verbieten. Es liegt daher nahe, jedenfalls im Staatsangehörigkeitsrecht § 55 Abs. 3 AsylVfG stets entsprechend anzuwenden, wenn der Folgeantrag zum Erfolg geführt hat (vgl. ähnlich Wolff, in: HK-AuslR, 1. Aufl. 2008, § 55 AsylVfG Rn. 10 und Müller, a.a.O., § 71 AsylVfG Rn. 45).

16

Der Fall des erfolgreichen Asylfolgeverfahrens ist auch mit dem des erfolgreichen Asylverfahrens vergleichbar. Die pauschale Anrechnung der im (ersten) Asylverfahren verbrachten Aufenthaltszeit nach § 55 Abs. 3 AsylVfG findet ihre Rechtfertigung allein in der unanfechtbaren Anerkennung des Ausländers als Asylberechtigter bzw. der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Asylbewerbern, deren Asylantrag positiv beschieden wurde, soll die Eingliederung in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Leben in der Bundesrepublik erleichtert werden. Daher sollen sie sich auf die als Asylsuchende im Bundesgebiet verbrachte Zeit berufen können, wenn Rechte oder Vergünstigungen von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängen (Urteil vom 29. März 2007 a.a.O. jeweils Rn. 11 unter Hinweis auf BTDrucks 9/875 S. 21 und BTDrucks 12/2062 S. 37). In Übereinstimmung damit ist die Anrechnungsregelung auch beim Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt heranzuziehen. Aus dem als rechtmäßig geltenden Aufenthalt von mindestens acht Jahren kann auf die gelungene Integration des maßgeblichen Elternteils geschlossen werden, welche es rechtfertigt, seinem im Bundesgebiet geborenen Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nach dem ius soli kraft Gesetzes zu verleihen. Diese Gründe, die für eine pauschale Anrechnung der Aufenthaltszeit nach erfolgreichem Ausgang des ersten Asylverfahrens sprechen, gelten bei einem erfolgreichen Asylfolgeverfahren in gleicher Weise. Denn der im Asylfolgeverfahren erfolgreiche Antragsteller erwirbt mit der Anerkennung als Asylberechtigter bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft die gleiche Rechtsposition wie ein erfolgreicher Erstantragsteller.

17

Die entsprechende Anwendung der Anrechnungsregelung des § 55 Abs. 3 AsylVfG entspricht auch dem Wohlwollensgebot des Art. 34 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - Genfer Flüchtlingskonvention - vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II S. 560), das den Vertragsstaaten aufgibt, die Eingliederung und Einbürgerung von Konventionsflüchtlingen soweit wie möglich zu erleichtern und zu beschleunigen.

18

2.2 Die entsprechende Anwendung des § 55 Abs. 3 AsylVfG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Flüchtlingseigenschaft - wie hier - in einem bereits vor dem 1. Januar 2005 beendeten Asylfolgeverfahren zuerkannt wurde. Die Einbeziehung anerkannter Flüchtlinge in den Anwendungsbereich des § 55 Abs. 3 AsylVfG dient dazu, die aufenthaltsrechtliche Situation der Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention derjenigen von Asylberechtigten anzugleichen sowie die nach der bisherigen Rechtslage bestehende Ungerechtigkeit, dass die unterschiedliche Dauer des Asylverfahrens zu Lasten der Konventionsflüchtlinge ging, zu beseitigen (vgl. BTDrucks 15/420 S. 111). Das Bedürfnis nach einer Verbesserung der aufenthaltsrechtlichen Situation besteht indessen unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wurde. Mangels einer ausdrücklichen Übergangsregelung ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Vergünstigung ab dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Januar 2005 auch früher anerkannten Konventionsflüchtlingen gewähren wollte.

19

2.3 Maßgeblicher Beginn für die Anrechnung der asylverfahrensabhängigen Aufenthaltszeit nach § 55 Abs. 3 AsylVfG ist bei einem erfolgreichen Asylfolgeverfahren die Stellung des Asylfolgeantrags, obwohl damit zwangsläufig auch ein Zeitraum erfasst wird, in dem nach Maßgabe des § 71 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG noch kein Asylverfahren durchgeführt wird. Dies entspricht dem bewusst pauschalierenden Regelungskonzept des Gesetzgebers. § 55 Abs. 3 AsylVfG gewährt beim erfolgreichen Ausgang des ersten Asylverfahrens eine vollständige Anrechnung der Zeit, in der eine gesetzliche Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 AsylVfG bestanden hat. Anrechnungsbeginn ist damit das Datum, an dem der Ausländer um Asyl nachsucht (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) bzw. - im Fall der unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat - einen Asylantrag stellt (§ 55 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG). Die in der Anrechnung liegende Begünstigung unterscheidet nicht nach dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründet war oder festgestellt wurde. Es ist daher unschädlich, wenn die anspruchsbegründenden Umstände erst im Laufe des Verfahrens entstehen. Wegen der identischen Rechtsposition besteht kein Grund, den erfolgreichen Asylfolgeantragsteller anders zu behandeln.

20

Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Stellung des Asylfolgeantrages trägt auch dem zwingenden Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung, dem im Staatsangehörigkeitsrecht besondere Bedeutung zukommt. Angesichts der Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit muss sich ohne weitere Nachforschungen und Entscheidungen eindeutig feststellen lassen, ob die Voraussetzungen für einen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes vorliegen.

21

In Anwendung dieses Maßstabes ist bei der Berechnung der erforderlichen rechtmäßigen Voraufenthaltszeit des Vaters der Klägerin zu der rechtmäßigen - weil fortlaufend auf einem Aufenthaltstitel oder einer gesetzlichen Erlaubnisfiktion nach § 81 Abs. 4 AufenthG beruhenden - Aufenthaltszeit ab dem 8. Juli 2002 bis zum 20. Dezember 2008 die Zeit ab der Stellung des erfolgreichen Asylfolgeantrages am 14. Mai 1998 bis zum 7. Juli 2002 hinzuzurechnen.

(1) Ein Ausländer, der seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 oder gesetzlich vertreten ist, ist auf Antrag einzubürgern, wenn seine Identität und Staatsangehörigkeit geklärt sind und er

1.
sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland bekennt und erklärt, dass er keine Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die
a)
gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder
b)
eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben oder
c)
durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
oder glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat,
2.
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit, eine Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltserlaubnis für andere als die in den §§ 16a, 16b, 16d, 16e, 16f, 17, 18d, 18f, 19, 19b, 19e, 20, 22, 23 Absatz 1, den §§ 23a, 24, 25 Absatz 3 bis 5 und § 104c des Aufenthaltsgesetzes aufgeführten Aufenthaltszwecke besitzt,
3.
den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Familienangehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch bestreiten kann oder deren Inanspruchnahme nicht zu vertreten hat,
4.
seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert,
5.
weder wegen einer rechtswidrigen Tat zu einer Strafe verurteilt noch gegen ihn auf Grund seiner Schuldunfähigkeit eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden ist,
6.
über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt,
7.
über Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland verfügt und
seine Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse gewährleistet, insbesondere er nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet ist. Die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 und 7 müssen Ausländer nicht erfüllen, die nicht handlungsfähig nach § 37 Absatz 1 Satz 1 sind.

(2) Der Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner und die minderjährigen Kinder des Ausländers können nach Maßgabe des Absatzes 1 mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit acht Jahren rechtmäßig im Inland aufhalten.

(3) Weist ein Ausländer durch die Bescheinigung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs nach, wird die Frist nach Absatz 1 auf sieben Jahre verkürzt. Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen, insbesondere beim Nachweis von Sprachkenntnissen, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 6 übersteigen, von besonders guten schulischen, berufsqualifizierenden oder beruflichen Leistungen oder von bürgerschaftlichem Engagement, kann sie auf bis zu sechs Jahre verkürzt werden.

(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme von Mehrstaatigkeit entstanden ist.

(4) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 liegen vor, wenn der Ausländer die Anforderungen einer Sprachprüfung der Stufe B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen erfüllt. Bei einem minderjährigen Kind, das im Zeitpunkt der Einbürgerung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 bei einer altersgemäßen Sprachentwicklung erfüllt.

(5) Die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 7 sind in der Regel durch einen erfolgreichen Einbürgerungstest nachgewiesen. Zur Vorbereitung darauf werden Einbürgerungskurse angeboten; die Teilnahme daran ist nicht verpflichtend.

(6) Von den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 wird abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

(7) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wird ermächtigt, die Prüfungs- und Nachweismodalitäten des Einbürgerungstests sowie die Grundstruktur und die Lerninhalte des Einbürgerungskurses nach Absatz 5 auf der Basis der Themen des Orientierungskurses nach § 43 Abs. 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu regeln.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.