Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Feb. 2016 - M 17 K 15.1482

published on 18/02/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Feb. 2016 - M 17 K 15.1482
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Gericht

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist gegenüber dem Beklagten beihilfeberechtigt. Auf seinen Antrag vom 12. November 2012 gewährte der Beklagte (Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., Bezügestelle Beihilfe) mit Bescheid vom 21. November 2012 Beihilfe. Die Beihilfeleistung für das Präparat „Vitalux Plus Lutein u. Omega 3“ wurde abgelehnt, da das Präparat nach § 18 Satz 1 und 4 BayBhV nicht beihilfefähig sei.

Gegen die Ablehnung legte der Kläger mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 Widerspruch ein. Vitalux plus sei als Arzneimittel i. S.v. § 18 Satz 2 BayBhV beihilfefähig.

Das Landesamt für Finanzen wies mit Bescheid vom 16. Januar 2013 den Widerspruch des Klägers zurück.

Bei dem Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln mit der PZN 5135957 sei festgestellt worden, dass es kein Arzneimittel sei, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Im Gegensatz zu früher könne jetzt durch die Angabe der PZN eindeutig für jedes Mittel die Zuordnung zu einer Warengruppe und daher die Beihilfefähigkeit festgestellt werden.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2013, eingegangen am 9. Februar 2013, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Landesamtes für Finanzen - Dienststelle ... - vom 21. November 2012 Nr. 54210 - 94615454 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2012 (richtig 2013) Nr. 54230 - 288/12 insoweit aufzuheben, als die am 12. November 2012 beantragte Beihilfe für Aufwendungen in Höhe von 63,50 EUR für das augenfachärztlich verordnete Arzneimittel „Vitalux Plus Lutein u. Omega 3“ abgelehnt wird und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag erneut unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Klage stütze sich auf Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf fehlerhafte Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften durch den angefochtenen Bescheid. Die PZN und die Zuordnung zu einer Warengruppe seien nicht geeignet, die Beihilfefähigkeit eines fachärztlich verordneten Arzneimittels in Frage zu stellen. Sie diene nur als Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Apothekenprodukten und habe keinerlei amtliche Funktion (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - Rn. 50).

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 18. April 2013

Klageabweisung.

Zur Begründung verwies er darauf, dass für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts München in seinem Urteil vom 22. August 2012 - M 17 K 12.1007 werde vollinhaltlich Bezug genommen. Zwar sei zutreffend, dass die PZN als solche keine Aussage darüber zulasse, ob es sich bei einem Produkt um ein Arzneimittel handele. Anhand der PZN könnten jedoch Detailinformationen abgerufen werden, die darüber Auskunft gäben. Aus der Detailauskunft für das streitgegenständliche Präparat ergebe sich der Status „kein Arzneimittel“.

In seiner weiteren Klagebegründung vom 28. Mai 2013 führt der Kläger im Wesentlichen aus:

An der Richtigkeit des Urteils des VG München vom 22. August 2012 - M 17 K 12.1007 - bestünden ernstliche Zweifel, wie vom Anwalt in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung ausführlich begründet. Das Urteil verkenne den Begriff eines Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn. Das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 diene nach seiner Gebrauchsempfehlung und der wissenschaftlichen Begründung seiner Wirkungsweise zur Behandlung der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD). Die Zusammensetzung und Dosierung des verordneten Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 entspreche der Medikation der ARED2-Studie und damit nicht nur dem allgemein anerkannten, sondern auch dem weltweit neuesten Stand der Wissenschaft. Habe sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer trockenen AMD noch nicht herausgebildet, genüge es, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die darauf hinweisen, dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung der Leidensfolge geeignet ist und wirksam eingesetzt werden könne. Das Urteil der Kammer weiche von der von ihm selbst angeführten Rechtsprechung des BVerwG ab. Soweit sich das angeführte Urteil auf ein Urteil des VGH BW vom 19. Januar 2001 stütze, habe sich der Forschungsstand weiter entwickelt. Habe sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung noch nicht herausgebildet, müsse die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung eintreten und feststellen, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen gleichwohl bestehe. Weiter bestünden im Einzelnen dargelegte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 22. August 2012. Der Einzelrichter, der das Urteil vom 22. August 2012 erlassen habe, werde wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

Das Landesamt teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2013 mit, es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Mit Beschluss vom 16. Juli 2013 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an, bis rechtskräftig über Rechtsmittel gegen das Urteil des VG München vom 22. August 2012 entschieden ist. Mit Beschluss vom 23. Juni 2014 - 14 ZB 12.2323 - lehnte der BayVGH den Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Verfristung ab.

Der Beklagte regte mit Schreiben vom .... März 2015 an, das Verfahren fortzusetzen. Das Gericht wies mit Schreiben vom .... April 2015 darauf hin, dass die Berichterstatterin im Verfahren M 17 K 12.1007 am 31. März 2013 in den Ruhestand getreten sei, so dass sich der Befangenheitsantrag vom 28. Mai 2013 erledigt habe.

Der Beklagte verwies mit Schreiben vom .... Mai 2015 auf ein Urteil des VG Regensburg vom 7. Dezember 2005, das festgestellt habe, dass es sich bei dem Präparat Vitalux plus um ein nicht beihilfefähiges Nahrungsergänzungsmittel handele. Auch aus den vom Kläger genannten Quellen ergebe sich nichts anderes. Nachdem der überwiegende Zweck des Präparats somit objektiv die Nahrungsergänzung sei, führten die Ausführungen des Klägers zur Zweckbestimmung ebenfalls nicht zu einer Einstufung als Arzneimittel.

Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten (Schriftsatz des Klägers vom 28. Mai 2013 S. 14 unten sowie Schreiben des Beklagten vom 19. Juni 2013 und vom 31. März 2015) kann das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln zu. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 21. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger vorträgt, es sei ihm vor Erlass des Beihilfebescheides nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, gilt Folgendes:

Eine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG musste nicht erfolgen, da sie zwingend nur für die Eingriffsverwaltung vorgesehen ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, in Antragsverfahren vor Erlass des Bescheides dem Bürger ihre Argumente darzulegen. Außerdem hatte der Kläger Gelegenheit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seine Argumente vorzutragen. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre zudem während des gerichtlichen Verfahrens nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden.

Der Beihilfebescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15), geändert durch Verordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 10. November 2012 datiert.

Das streitgegenständliche Präparat ist kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn gemäß § 18 Satz 1 BayBhV (in der bis 30.9.2014 geltenden Fassung). Das bis September 2014 geltende Bayerische Beihilferecht enthielt keine eigene Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzte diesen vielmehr voraus (vgl. etwa BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.). § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) i. d. F. vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I 2005, 3394) kann - wegen des anderweitigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, für Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen - nicht ohne weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, sondern allenfalls als Ausgangspunkt für eine Begriffsbestimmung dienen (BVerwG, U.v. 30.5.1996 - 2 C 5/95 - BayVBl 1997, 572; BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; BayVGH, B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 1012 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 27).

Lediglich als Anhaltspunkt dienen kann die Zulassung oder Registrierung eines Präparats als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 4 AMG oder die Aufnahme in die sog. „Rote Liste“. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist nicht auf die formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter, d. h. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29, u. a. unter Verweis auf BayVGH, U.v. 28.4.1993 - ZBR 1993, 347). Ein Erzeugnis, das geeignet ist, therapeutische Zwecke zu erfüllen, ist in jedem Fall ein Arzneimittel (BVerwG, U. v. 25.7.2007 - 3 C 22/06 - PharmR 2008, 73, 76). Im beihilferechtlichen Sinne maßgeblich ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung und Linderung einer Krankheit zu dienen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.).

Nahrungsergänzungsmittel sind im Regelfall keine Arzneimittel (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30) und daher gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV i. V. m. Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung (VV-BayBhV) i. d. F. vom 1. August 2009 als Güter des täglichen Bedarfs von der Beihilfefähigkeit ausgenommen. Jedoch können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040). Nach neuerer Rechtsprechung gilt dies namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31).

Ist nicht feststellbar, ob der Heilungs- oder der Nahrungsergänzungszweck überwiegt, ist eine Einordnung als Lebensmittel veranlasst (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32). Zur Begriffsdefinition kann auf die auf das Beihilferecht übertragbare Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG zurückgegriffen werden (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 28). Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LBFG) i. d. F. vom 22. August 2011 (BGBl. I 2011, 1770) sind demnach keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) i. d. F. vom 28. April 2005 (BGBl. I 2005, 1161) fallen auch diätetische, also für eine besondere Ernährung bestimmte Lebensmittel unter den Begriff. § 1 Abs. 4a DiätV stellt klar, dass auch „diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ hierzu zählen. Kann bei solchen eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebensmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV.

Unter diesen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff ist das streitgegenständlichen Präparat nach keiner Betrachtungsweise einzuordnen. Die fehlende Beihilfefähigkeit ergibt sich bereits aus § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV. Es handelt sich bei dem Produkt um ein Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätisches Lebensmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 VV-BayBhV zählen dazu auch Nahrungsergänzungsmittel. Diese dienen der allgemeinen Lebenshaltung und können unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24; U.v. 14.3.2013 - M 17 K 12.848). Die Aufwendungen dafür sind deshalb grundsätzlich vom Beihilfeberechtigten aus seinen Bezügen zu bestreiten. Es kommt für die Zuordnung maßgeblich darauf an, ob jedermann die streitgegenständlichen Präparate unabhängig von einer Erkrankung erwerben könnte, nicht darauf, ob die Beschaffung auch ohne die Erkrankung tatsächlich erfolgt wäre (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 juris Rn. 25 mit Verweis auf OVG NRW, U.v. 23.8.1993 - 12 A 1031/91 - juris). Dies ist bei dem streitgegenständlichen Präparat der Fall. Es steht jedermann frei, sich dieses zur Nahrungsergänzung zu beschaffen. Eine Erkrankung darf nicht dazu führen, dass Aufwendungen für die allgemeine Lebenshaltung von der Beihilfe zu erstatten sind (vgl. Mildenberger, Beihilferecht, Band II, Anm. 5 (1) zu § 18 Satz 4 BayBhV).

Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft des ihm verordneten Produktes substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.; B.v.3.8.2015 - 14 ZB 15.1012 - juris Rn. 6).

Im vorliegenden Fall wird das streitgegenständliche Präparat Vitalux Plus auf der Packung ausdrücklich als „Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen“ oder als „Ergänzende bilanzierte Diät“ „zur diätetischen Behandlung von Altersbedingter Makuladegeneration“ bezeichnet. In der Produktbeschreibung heißt es „Die Zusammensetzung von Vitalux Plus ist speziell darauf ausgerichtet, die natürlichen Schutzmechanismen Ihrer Augen zu unterstützen. (…) Lutein, Zeaxanthin, Omega-3-Fettsäuren und Vitamine müssen dem menschlichen Organismus mit der Nahrung zugeführt werden. Aufgrund unterschiedlicher individueller Lebensstile ist eine ausgewogene Ernährung aber nicht immer möglich. In diesen Fällen kann eine Nahrungsergänzung mit Zink und DHA zum Erhalt der normalen Sehkraft beitragen. Eine positive Wirkung von DHA stellt sich bei einer täglichen Einnahme von 250 mg DHA ein. Eine Nahrungsergänzung mit Vitamin C, Vitamin E, Zink und Kupfer kann in diesen Fällen außerdem dazu beitragen, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen. (…) Die regelmäßige Einnahme von Vitalux Plus über einen längeren Zeitraum ist daher empfehlenswert.“

Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wird dagegen nicht dargetan. Das Präparat ersetzt nur die durch die Krankheit reduzierten Mineralstoffe bzw. Vitamine.

Für die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Präparates kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für den Kläger bzw. seine Ehefrau persönlich eine therapeutische Wirkung haben. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft des Mittels ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung des streitgegenständlichen Präparates würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.; B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 15.1012 - juris Rn. 7). Da es vorliegend jedoch an der beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft des Präparats fehlt, hat die augenfachärztliche Verordnung keine rechtliche Relevanz.

Die Leistung der Privaten Krankenversicherung ist für das Beihilferecht unerheblich, denn der Umfang der Leistungen hängt vom Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen ab.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen fehlt, wenn um die Auslegung von Recht gestritten wird, dessen Geltung ausläuft. Mit der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352) wurde § 18 Satz 1 BayBhV neugefasst und der Begriff des Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn ausdrücklich definiert. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit keine grundsätzliche Bedeutung.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 24/07/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses
published on 23/06/2014 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 44,50 € festgesetzt.
published on 03/08/2015 00:00

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.282,76 Euro festgesetzt. Gr
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published on 12/07/2016 00:00

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H
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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.

(2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie

1.
den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
a)
bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist oder
b)
bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
c)
gesunder Säuglinge oder Kleinkinder,
2.
sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und
3.
sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden.

(3) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Beikost:Lebensmittel außer Milch, die den besonderen Ernährungsanforderungen gesunder Säuglinge und Kleinkinder entsprechen und die zur Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind.
2.
Getreidebeikost:Beikost aus
a)
einfachen Getreideerzeugnissen, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
b)
Getreideerzeugnissen mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
c)
Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden, oder
d)
Zwiebacken oder Keksen, die entweder als solche oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden.

(4) Im Sinne dieser Verordnung sind Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung Erzeugnisse, die als Ersatz für eine ganze Tagesration oder als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind und einen begrenzten Energiegehalt und eine besondere Zusammensetzung aufweisen.

(4a) Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in

1.
vollständige bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2.
ergänzende bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

(5) Diätetisches Lebensmittel ist auch Kochsalzersatz.

(6) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Säuglinge:Kinder unter zwölf Monaten;
2.
Kleinkinder:Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren;
3.
Säuglingsanfangsnahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Säuglinge bis zur Einführung angemessener Beikost entsprechen;
4.
Folgenahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen.

(7) Zusatzstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(8) Für „nährwertbezogene Angabe“, „gesundheitsbezogene Angabe“ und „Angabe bezüglich der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 jeweils in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 12 S. 3).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.