Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist gegenüber dem Beklagten beihilfeberechtigt. Auf seinen Antrag vom 12. November 2012 gewährte der Beklagte (Landesamt für Finanzen, Dienststelle ..., Bezügestelle Beihilfe) mit Bescheid vom 21. November 2012 Beihilfe. Die Beihilfeleistung für das Präparat „Vitalux Plus Lutein u. Omega 3“ wurde abgelehnt, da das Präparat nach § 18 Satz 1 und 4 BayBhV nicht beihilfefähig sei.

Gegen die Ablehnung legte der Kläger mit Schreiben vom 4. Dezember 2012 Widerspruch ein. Vitalux plus sei als Arzneimittel i. S.v. § 18 Satz 2 BayBhV beihilfefähig.

Das Landesamt für Finanzen wies mit Bescheid vom 16. Januar 2013 den Widerspruch des Klägers zurück.

Bei dem Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln mit der PZN 5135957 sei festgestellt worden, dass es kein Arzneimittel sei, sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Im Gegensatz zu früher könne jetzt durch die Angabe der PZN eindeutig für jedes Mittel die Zuordnung zu einer Warengruppe und daher die Beihilfefähigkeit festgestellt werden.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2013, eingegangen am 9. Februar 2013, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Landesamtes für Finanzen - Dienststelle ... - vom 21. November 2012 Nr. 54210 - 94615454 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2012 (richtig 2013) Nr. 54230 - 288/12 insoweit aufzuheben, als die am 12. November 2012 beantragte Beihilfe für Aufwendungen in Höhe von 63,50 EUR für das augenfachärztlich verordnete Arzneimittel „Vitalux Plus Lutein u. Omega 3“ abgelehnt wird und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag erneut unter Berücksichtigung der Auffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Klage stütze sich auf Verletzung des rechtlichen Gehörs und auf fehlerhafte Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften durch den angefochtenen Bescheid. Die PZN und die Zuordnung zu einer Warengruppe seien nicht geeignet, die Beihilfefähigkeit eines fachärztlich verordneten Arzneimittels in Frage zu stellen. Sie diene nur als Hilfsmittel zur Kennzeichnung von Apothekenprodukten und habe keinerlei amtliche Funktion (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - Rn. 50).

Der Beklagte beantragte mit Schreiben vom 18. April 2013

Klageabweisung.

Zur Begründung verwies er darauf, dass für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 die Beihilfefähigkeit ausgeschlossen sei. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts München in seinem Urteil vom 22. August 2012 - M 17 K 12.1007 werde vollinhaltlich Bezug genommen. Zwar sei zutreffend, dass die PZN als solche keine Aussage darüber zulasse, ob es sich bei einem Produkt um ein Arzneimittel handele. Anhand der PZN könnten jedoch Detailinformationen abgerufen werden, die darüber Auskunft gäben. Aus der Detailauskunft für das streitgegenständliche Präparat ergebe sich der Status „kein Arzneimittel“.

In seiner weiteren Klagebegründung vom 28. Mai 2013 führt der Kläger im Wesentlichen aus:

An der Richtigkeit des Urteils des VG München vom 22. August 2012 - M 17 K 12.1007 - bestünden ernstliche Zweifel, wie vom Anwalt in seinem Antrag auf Zulassung der Berufung ausführlich begründet. Das Urteil verkenne den Begriff eines Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn. Das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 diene nach seiner Gebrauchsempfehlung und der wissenschaftlichen Begründung seiner Wirkungsweise zur Behandlung der Altersbedingten Makuladegeneration (AMD). Die Zusammensetzung und Dosierung des verordneten Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 entspreche der Medikation der ARED2-Studie und damit nicht nur dem allgemein anerkannten, sondern auch dem weltweit neuesten Stand der Wissenschaft. Habe sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung einer trockenen AMD noch nicht herausgebildet, genüge es, dass bereits wissenschaftliche, nicht auf Einzelfälle beschränkte Erkenntnisse vorliegen, die darauf hinweisen, dass die Behandlungsmethode zur Heilung der Krankheit oder zur Linderung der Leidensfolge geeignet ist und wirksam eingesetzt werden könne. Das Urteil der Kammer weiche von der von ihm selbst angeführten Rechtsprechung des BVerwG ab. Soweit sich das angeführte Urteil auf ein Urteil des VGH BW vom 19. Januar 2001 stütze, habe sich der Forschungsstand weiter entwickelt. Habe sich eine wissenschaftlich allgemein anerkannte Methode für die Behandlung noch nicht herausgebildet, müsse die Beihilfestelle in eine Einzelfallprüfung eintreten und feststellen, ob bei Anlegung eines strengen Maßstabes die medizinische Notwendigkeit der Aufwendungen gleichwohl bestehe. Weiter bestünden im Einzelnen dargelegte erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vom 22. August 2012. Der Einzelrichter, der das Urteil vom 22. August 2012 erlassen habe, werde wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

Das Landesamt teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2013 mit, es bestehe Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.

Mit Beschluss vom 16. Juli 2013 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an, bis rechtskräftig über Rechtsmittel gegen das Urteil des VG München vom 22. August 2012 entschieden ist. Mit Beschluss vom 23. Juni 2014 - 14 ZB 12.2323 - lehnte der BayVGH den Antrag auf Zulassung der Berufung wegen Verfristung ab.

Der Beklagte regte mit Schreiben vom .... März 2015 an, das Verfahren fortzusetzen. Das Gericht wies mit Schreiben vom .... April 2015 darauf hin, dass die Berichterstatterin im Verfahren M 17 K 12.1007 am 31. März 2013 in den Ruhestand getreten sei, so dass sich der Befangenheitsantrag vom 28. Mai 2013 erledigt habe.

Der Beklagte verwies mit Schreiben vom .... Mai 2015 auf ein Urteil des VG Regensburg vom 7. Dezember 2005, das festgestellt habe, dass es sich bei dem Präparat Vitalux plus um ein nicht beihilfefähiges Nahrungsergänzungsmittel handele. Auch aus den vom Kläger genannten Quellen ergebe sich nichts anderes. Nachdem der überwiegende Zweck des Präparats somit objektiv die Nahrungsergänzung sei, führten die Ausführungen des Klägers zur Zweckbestimmung ebenfalls nicht zu einer Einstufung als Arzneimittel.

Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten (Schriftsatz des Klägers vom 28. Mai 2013 S. 14 unten sowie Schreiben des Beklagten vom 19. Juni 2013 und vom 31. März 2015) kann das Gericht über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für das Präparat Vitalux Plus Lutein u. Omega 3 Kapseln zu. Der Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 21. November 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Der Bescheid ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger vorträgt, es sei ihm vor Erlass des Beihilfebescheides nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden, gilt Folgendes:

Eine Anhörung nach Art. 28 BayVwVfG musste nicht erfolgen, da sie zwingend nur für die Eingriffsverwaltung vorgesehen ist. Die Behörde ist nicht verpflichtet, in Antragsverfahren vor Erlass des Bescheides dem Bürger ihre Argumente darzulegen. Außerdem hatte der Kläger Gelegenheit, im Rahmen des Widerspruchsverfahrens seine Argumente vorzutragen. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre zudem während des gerichtlichen Verfahrens nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt worden.

Der Beihilfebescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BVerwG, U.v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15), geändert durch Verordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 10. November 2012 datiert.

Das streitgegenständliche Präparat ist kein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn gemäß § 18 Satz 1 BayBhV (in der bis 30.9.2014 geltenden Fassung). Das bis September 2014 geltende Bayerische Beihilferecht enthielt keine eigene Definition des Begriffs „Arzneimittel“, sondern setzte diesen vielmehr voraus (vgl. etwa BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.). § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) i. d. F. vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I 2005, 3394) kann - wegen des anderweitigen Zwecks des Arzneimittelgesetzes, für Sicherheit im Verkehr mit Arzneimitteln zu sorgen - nicht ohne weiteres auf das Beihilferecht übertragen werden, sondern allenfalls als Ausgangspunkt für eine Begriffsbestimmung dienen (BVerwG, U.v. 30.5.1996 - 2 C 5/95 - BayVBl 1997, 572; BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; BayVGH, B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 1012 - juris Rn. 7). Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn sind grundsätzlich Stoffe oder Zubereitungen von Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 27).

Lediglich als Anhaltspunkt dienen kann die Zulassung oder Registrierung eines Präparats als Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 4 AMG oder die Aufnahme in die sog. „Rote Liste“. Nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften ist nicht auf die formelle Einordnung, sondern auf den materiellen Zweckcharakter, d. h. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29, u. a. unter Verweis auf BayVGH, U.v. 28.4.1993 - ZBR 1993, 347). Ein Erzeugnis, das geeignet ist, therapeutische Zwecke zu erfüllen, ist in jedem Fall ein Arzneimittel (BVerwG, U. v. 25.7.2007 - 3 C 22/06 - PharmR 2008, 73, 76). Im beihilferechtlichen Sinne maßgeblich ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung und Linderung einer Krankheit zu dienen (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.).

Nahrungsergänzungsmittel sind im Regelfall keine Arzneimittel (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 30) und daher gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV i. V. m. Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 der Verwaltungsvorschriften zur Bayerischen Beihilfeverordnung (VV-BayBhV) i. d. F. vom 1. August 2009 als Güter des täglichen Bedarfs von der Beihilfefähigkeit ausgenommen. Jedoch können im Einzelfall Umstände auftreten, die ein Produkt trotz der Bezeichnung als Nahrungsergänzungsmittel als Arzneimittel erscheinen lassen (BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09 - NVwZ 2009, 1038, 1040). Nach neuerer Rechtsprechung gilt dies namentlich dann, wenn eine pharmakologische Wirkung des Nahrungsergänzungsmittels in Betracht kommt, wenn also durch das Produkt über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehend eine gezielte Beeinflussung des Zustandes und der Funktion des Körpers stattfindet (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 31).

Ist nicht feststellbar, ob der Heilungs- oder der Nahrungsergänzungszweck überwiegt, ist eine Einordnung als Lebensmittel veranlasst (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 32). Zur Begriffsdefinition kann auf die auf das Beihilferecht übertragbare Abgrenzung in § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG zurückgegriffen werden (BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 28). Lebensmittel im Sinne von § 2 Abs. 2 Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LBFG) i. d. F. vom 22. August 2011 (BGBl. I 2011, 1770) sind demnach keine Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne. Nach § 2 Abs. 2 LBFG, der wiederum auf Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verweist, sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 Verordnung über diätetische Lebensmittel (DiätV) i. d. F. vom 28. April 2005 (BGBl. I 2005, 1161) fallen auch diätetische, also für eine besondere Ernährung bestimmte Lebensmittel unter den Begriff. § 1 Abs. 4a DiätV stellt klar, dass auch „diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ hierzu zählen. Kann bei solchen eine pharmakologische Wirkung im Einzelfall nicht eindeutig festgestellt werden, bleibt es bei der Einordnung als Lebensmittel und dem daraus folgenden Ausschluss der Beihilfefähigkeit gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV.

Unter diesen beihilferechtlichen Arzneimittelbegriff ist das streitgegenständlichen Präparat nach keiner Betrachtungsweise einzuordnen. Die fehlende Beihilfefähigkeit ergibt sich bereits aus § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV. Es handelt sich bei dem Produkt um ein Nahrungsergänzungsmittel bzw. diätisches Lebensmittel, das geeignet ist, Güter des täglichen Bedarfs zu ersetzen. Gemäß Nr. 1 Satz 1 zu § 18 Satz 4 Nr. 2 VV-BayBhV zählen dazu auch Nahrungsergänzungsmittel. Diese dienen der allgemeinen Lebenshaltung und können unabhängig von einer Erkrankung von jedermann erworben und benutzt werden (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 - juris Rn. 24; U.v. 14.3.2013 - M 17 K 12.848). Die Aufwendungen dafür sind deshalb grundsätzlich vom Beihilfeberechtigten aus seinen Bezügen zu bestreiten. Es kommt für die Zuordnung maßgeblich darauf an, ob jedermann die streitgegenständlichen Präparate unabhängig von einer Erkrankung erwerben könnte, nicht darauf, ob die Beschaffung auch ohne die Erkrankung tatsächlich erfolgt wäre (VG München, U.v. 12.8.2010 - M 17 K 09.4837 juris Rn. 25 mit Verweis auf OVG NRW, U.v. 23.8.1993 - 12 A 1031/91 - juris). Dies ist bei dem streitgegenständlichen Präparat der Fall. Es steht jedermann frei, sich dieses zur Nahrungsergänzung zu beschaffen. Eine Erkrankung darf nicht dazu führen, dass Aufwendungen für die allgemeine Lebenshaltung von der Beihilfe zu erstatten sind (vgl. Mildenberger, Beihilferecht, Band II, Anm. 5 (1) zu § 18 Satz 4 BayBhV).

Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft des ihm verordneten Produktes substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.; B.v.3.8.2015 - 14 ZB 15.1012 - juris Rn. 6).

Im vorliegenden Fall wird das streitgegenständliche Präparat Vitalux Plus auf der Packung ausdrücklich als „Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen“ oder als „Ergänzende bilanzierte Diät“ „zur diätetischen Behandlung von Altersbedingter Makuladegeneration“ bezeichnet. In der Produktbeschreibung heißt es „Die Zusammensetzung von Vitalux Plus ist speziell darauf ausgerichtet, die natürlichen Schutzmechanismen Ihrer Augen zu unterstützen. (…) Lutein, Zeaxanthin, Omega-3-Fettsäuren und Vitamine müssen dem menschlichen Organismus mit der Nahrung zugeführt werden. Aufgrund unterschiedlicher individueller Lebensstile ist eine ausgewogene Ernährung aber nicht immer möglich. In diesen Fällen kann eine Nahrungsergänzung mit Zink und DHA zum Erhalt der normalen Sehkraft beitragen. Eine positive Wirkung von DHA stellt sich bei einer täglichen Einnahme von 250 mg DHA ein. Eine Nahrungsergänzung mit Vitamin C, Vitamin E, Zink und Kupfer kann in diesen Fällen außerdem dazu beitragen, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen. (…) Die regelmäßige Einnahme von Vitalux Plus über einen längeren Zeitraum ist daher empfehlenswert.“

Eine pharmakologische Wirkung im Sinne einer gezielten Einwirkung auf den Zustand und die Funktion des Körpers wird dagegen nicht dargetan. Das Präparat ersetzt nur die durch die Krankheit reduzierten Mineralstoffe bzw. Vitamine.

Für die Arzneimitteleigenschaft des streitgegenständlichen Präparates kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für den Kläger bzw. seine Ehefrau persönlich eine therapeutische Wirkung haben. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B.v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft des Mittels ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung des streitgegenständlichen Präparates würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.; B.v. 3.8.2015 - 14 ZB 15.1012 - juris Rn. 7). Da es vorliegend jedoch an der beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft des Präparats fehlt, hat die augenfachärztliche Verordnung keine rechtliche Relevanz.

Die Leistung der Privaten Krankenversicherung ist für das Beihilferecht unerheblich, denn der Umfang der Leistungen hängt vom Versicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen ab.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Berufung nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Klärungsbedürftigkeit von Rechtsfragen fehlt, wenn um die Auslegung von Recht gestritten wird, dessen Geltung ausläuft. Mit der Verordnung zur Änderung der Bayerischen Beihilfeverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352) wurde § 18 Satz 1 BayBhV neugefasst und der Begriff des Arzneimittels im beihilferechtlichen Sinn ausdrücklich definiert. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen haben somit keine grundsätzliche Bedeutung.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 2 Arzneimittelbegriff


(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1. die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenscha

Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände. (2) (weggefallen) (3) (weggefallen) (4) (weggefallen) (5) (weggefallen) (

Diätverordnung - DiätV | § 1


(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind. (2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie 1. den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprec

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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder H

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 44,50 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen. Er ist unzulässig, weil er nicht innerhalb der Monatsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO gestellt wurde (I.). Dem Kläger ist auch nicht die nach § 60 VwGO beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzliche Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einzuhalten (II.).

I. Der am 19. Oktober 2012 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung vom 18. Oktober 2012 ist verfristet.

Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil des Verwaltungsgerichts (vgl. § 58 Abs. 1 VwGO) wurde dem Kläger am 31. August 2012 mittels Postzustellungsurkunde durch Einwurf in den zur Wohnung des Klägers gehörenden Briefkasten zugestellt, so dass die Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1, § 56 Abs. 2 VwGO, § 180 Satz 1 und 2 ZPO i. V. m. § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 und 2 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 und 3 BGB mit Ablauf des 1. Oktober 2012, einem Montag, endete. Der am 19. Oktober 2012 beim Verwaltungsgericht eingegangene Antrag auf Zulassung der Berufung war somit verfristet und daher unzulässig.

II. Dem Kläger kann die am 19. Oktober 2012 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nach § 60 VwGO gewährt werden, weil er nicht ohne Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO verhindert war, die Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO einzuhalten. Ihm ist das Verschulden seines Bevollmächtigten gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen.

Die Versäumung einer Frist ist grundsätzlich dann verschuldet, wenn der Betroffene die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten war (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 28.2.2008 - 9 VR 2.08 - DÖV 2008, 517). Für einen Rechtsanwalt gilt es im besonderen Maße, diese ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu beachten. Denn ein Prozessbevollmächtigter muss sich allen Tätigkeiten, die mit der Wahrnehmung prozessualer Fristen zusammenhängen, mit gesteigerter Aufmerksamkeit widmen (vgl. BVerwG, B. v. 28.2.2008 - 9 VR 2.08 - DÖV 2008, 517; BayVGH, B. v. 16.1.2014 - 14 B 13.2016 - juris Rn. 15).

Zu den Pflichten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts gehört es, bei der Unterzeichnung fristgebundener Schriftsätze dafür Sorge zu tragen, dass diese so abgesendet werden, dass sie rechtzeitig beim zuständigen Gericht eingehen. So muss er höchstpersönlich überprüfen, dass seine fristgebundenen Schriftsätze an das für die Einlegung des Rechtsmittels zuständige Gericht adressiert sind (st. Rspr., vgl. BGH, B. v. 1.2.2012 - XII ZB 298/11 - NJW-RR 2012, 694 m. w. N.). Ist dies der Fall, hat er zudem durch geeignete organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass seine Mitarbeiter die für das Gericht bestimmte Sendung vollständig und postalisch richtig adressieren sowie Sorge dafür tragen, dass der fristgebundene Schriftsatz so zeitig an das in der Rechtsmittelschrift benannte Gericht versendet wird, dass im Normalfall mit einem fristgerechten Zugang gerechnet werden darf. Denn von rein büromäßigen Aufgaben ohne Bezug zu Rechtsfragen darf sich der Rechtsanwalt freihalten und diese sorgfältig geschulten und allgemein überwachten Angestellten überlassen (st. Rspr., vgl. BGH, B. v. 2.5.1990 - XII ZB 17/90 - NJW-RR 1990, 1149 m. w. N.; B. v. 23.3.1995 - VII ZB 19/94 - NJW 1995, 2105 zur Überwachung der Richtigkeit der Telefaxnummer des Gerichts durch den Anwalt; a.A. BFH, B. v. 8.9.2011 - VIII R 29/09 - juris Rn. 11 zur Frage, ob die falsche Bezeichnung des Gerichtsorts als ein dem Rechtsanwalt - und nicht seiner Bürokraft - zurechenbares Verhalten anzusehen ist).

Vorliegend hatte der Bevollmächtigte des Klägers Mitte September 2012 einen Zulassungsantrag an das Verwaltungsgericht München vorbereitet und diesen - ausweislich des Poststempels - am 19. September 2012 beim Briefzentrum 88 der Deutschen Post DHL eingeliefert. Der Zulassungsantrag war wie folgt adressiert: Verwaltungsgericht München, Bayerstr. 3, 80335 München. Die richtige Adresse lautet hingegen: Verwaltungsgericht München, Bayerstr. 30, 80335 München. Der für die Bayerstr. 3 zuständige Zusteller hatte den Brief am 20. September 2012 mit dem Aufdruck: „Zurück Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ versehen. Da sich auf dem eingelieferten Brief kein Absender befand, weil der Absender wegen der unrichtigen Faltung des innen liegenden Schriftsatzes nicht im Sichtfenster des Briefumschlags zu sehen war, wurde der Brief vom Zustellstützpunkt München an das Service Center Briefermittlung in Marburg weitergeleitet, dort geöffnet und bearbeitet. Am 4. Oktober 2012 wurde der Bevollmächtigte des Klägers von der Nichtzustellung des Zulassungsantrags unter Rückgabe des geöffneten Briefumschlags mit Inhalt benachrichtigt.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, ihm sei deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil es sich beim Verwaltungsgericht um eine in München bekannte Einrichtung handle. Die Postsendung hätte daher an den Empfänger ausgeliefert werden können, wie dies in anderen von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen möglich gewesen sei, bei denen die Adresse unvollständig angegeben wurde. Denn es habe nur die „Null“ bei der Hausnummer gefehlt. Im Übrigen stelle sich die Frage, welches Hindernis einer sofortigen Bearbeitung der Rücksendung an den Empfänger im Wege gestanden habe. Dass die Deutsche Post AG für die Rücksendung des Briefes an den Absender vom 19. September bis 4. Oktober 2012 gebraucht habe, entspreche nicht einem geordneten Geschäftsverkehr. Dieses Vorbringen des Klägers führt nicht zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO.

1. Was der Prozessbevollmächtigte bzw. seine Angestellten bei der postalischen Adressierung fristgebundener Schriftsätze an das, nach dem Gesetz zuständige Gericht zwingend angeben muss, um seine ihm obliegenden Sorgfaltspflichten nicht zu verletzen, und inwieweit darauf beruhende Postverzögerungen dem Absender zuzurechnen sind, der bei der Adressierung eines Schriftsatzes an das zuständige Gericht Bestandteile der postalischen Adresse nicht anfügt, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt.

Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung vertreten, dass ein prozessbevollmächtigter Rechtsanwalt die ihm zumutbare größte Sorgfaltspflicht nicht verletzt, wenn er einen Brief an ein Gericht, so wie es nach dem Gesetz zu bezeichnen ist, unter Angabe des Gerichtsorts ohne Angabe von Straße und Hausnummer adressiert (BGH, B. v. 30.9.1968 - II ZB 1/68 - BGHZ 51, 1). Die an das „Zureichen“ einer Anschrift zu stellenden Anforderungen dürften nicht überspannt werden (BGH, B. v. 3.7.1984 - VI ZB 7 u. a. - VersR 1984, 871). Wegen der Bedeutung der Gerichte für das soziale Leben sei davon auszugehen, dass auch unvollständig an sie adressierte Sendungen innerhalb der normalen Postlaufzeit zugingen.

Demgegenüber ist das Bundesarbeitsgericht der Ansicht, dass auf unzureichender Adressierung (dort: keine Straßenangabe) beruhende Postverzögerungen nur dann die Wiedereinsetzung rechtfertigen, wenn diese unverhältnismäßig lang sind oder auch auf dem Mitverschulden Dritter beruhen, beispielsweise dem Postbereich zuzurechnen sind (BAG, U. v. 2.6.1987 - 3 AZR 692/85 - NJW 1987, 3278 m. w. N.; offengelassen BAG, U. v. 16.12.1971 - 5 AZR 384/71 - NJW 1972, 735). Eine Partei habe das Risiko der Verlängerung von Postlaufzeiten zu tragen, wenn diese auf unzureichender Adressierung beruhten. Sämtliche rechtsmittelfähigen Entscheidungen der Gerichte für Arbeitssachen seien mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen, aus der sich Name und vollständige Anschrift des Gerichts ergebe. Für den Rechtsanwalt und sein Hilfspersonal könne es daher nicht zweifelhaft sein, wie eine Rechtsmittelschrift und deren Begründung zu adressieren seien, um den postalischen Bedürfnissen gerecht zu werden, die für eine zeitgerechte Beförderung einer Vielzahl von Postsendungen unter Einsatz technologischer Hilfsmittel gelten würden.

Der Bundesfinanzhof hat sich dieser Rechtsprechung insoweit angeschlossen, als nach seiner Auffassung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann in Betracht kommt, wenn der Prozessbevollmächtigte trotz fehlerhafter Adressierung des fristgebundenen Schriftsatzes damit rechnen konnte, dass das Fehlverhalten bei der Adressierung der Postsendung durch die mit der Beförderung betrauten Postdienststellen ausgeglichen wird (BFH, U. v. 11.4.1984 - II R 69/83 - juris Rn. 16). Bei richtiger Bezeichnung des Adressaten, aber unvollständiger Angabe von dessen Anschrift (dort: keine Straßenangabe, sondern Angabe des Postfachs ohne die Nummer des Zustellpostamts) sei darauf abzustellen, ob in Anbetracht der gegebenen Umstände trotz des Adressierungsfehlers mit rechtzeitigem Zugang habe gerechnet werden können. Bei Adressierungsfehlern spiele die Organisation der Post eine Rolle, zu der der Absender in ein Benutzerverhältnis trete.

Das Bundesverwaltungsgericht ist unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30. September 1968 - II ZB 1/68 - (BGHZ 51, 1) davon ausgegangen, dass die im zu entscheidenden Fall verwendete abgekürzte Adressierung „An den BayVGH, Abholfach, 8000 München“ nicht geeignet sei, den postalischen Bedürfnissen gerecht zu werden, die die Voraussetzung für eine zeitgerechte Beförderung bildeten (BVerwG, B. v. 2.2.1990 - 9 B 222.89 - BayVBl 1990, 378). Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Gerichte für das soziale Leben und ihrer dieser Bedeutung entsprechenden Bekanntheit könne jedenfalls in einer Großstadt wie München nicht davon ausgegangen werden, dass auch unvollständig adressierte Sendungen innerhalb der normalen Postlaufzeit zugingen. Der Prozessbevollmächtigte des dortigen Klägers habe nicht erwarten können, dass sein Fehlverhalten rechtzeitig in den wenigen Tagen bis zum Fristablauf durch die mit der Beförderung betrauten Dienststellen der Post ausgeglichen werde. Die besondere Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlange, dass er die ausreichende Adressierung der auslaufenden Schriftsätze überwache und dadurch sicherstelle, dass von seiner Seite das Erforderliche für deren rechtzeitigen Zugang geschehe. Ob angesichts der von der Post zur Bewältigung des Massenbetriebs inzwischen eingeführten organisatorischen Maßnahmen gegenwärtig noch darauf abgestellt werden könne, dass sie am Gerichtsort die Anschriften der Gerichte kennt oder aufgrund von Mitteilungen der Justizverwaltung kennen muss, hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung der Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an einen postalisch ausreichend adressierten Schriftsatz (BGH, B. v. 30.9.1968 - II ZB 1/68 - BGHZ 51, 1; B. v. 3.7.1984 - VI ZB 7 u. a. - VersR 1984, 871) in seiner Entscheidung vom 27. April 1990 - 4 C 10.87 - (NJW 1990, 2639) dahinstehen lassen. Denn bei unvollständiger oder unrichtiger Adressierung (dort: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Postfach, 8000 München) sei die Sorgfaltspflicht dann nicht verletzt und demjenigen Wiedereinsetzung zu gewähren, der einen Brief so frühzeitig absende, dass dieser trotz der Unvollständigkeit der Anschrift bei der dann notwendigen Sonderbehandlung üblicherweise noch rechtzeitig eingehen müsse. Mache die Post bei der Zustellung eines Briefes einen Fehler, der die Möglichkeit des rechtzeitigen Zugangs auch des einer Sonderbehandlung bedürftigen Briefes beseitigt haben könne, gehe dies nicht zulasten des Absenders; die Wiedereinsetzung werde dadurch nicht ausgeschlossen.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts - inhaltlich - im Wesentlichen bestätigt und hierzu ergänzend entschieden, dass dabei Differenzierungen danach, ob eine eingetretene Verzögerung auf einer zeitweise besonders starken Beanspruchung der Leistungsfähigkeit der Post (etwa vor Feiertagen), auf einer verminderten Dienstleistung der Post (beispielsweise an Wochenenden) oder auf der Nachlässigkeit eines Bediensteten beruht, unzulässig sind (BVerfG, B. v. 25.9.2000 - 1 BvR 2104/99 - NJW 2001, 1566).

2. Gemessen hieran hat der Bevollmächtigte des Klägers seine ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt und dadurch die Fristversäumung verursacht.

a) Durch die fehlerhafte postalische Adressierung der Zulassungsschrift und die im Sichtfernster des Briefumschlags nicht erkennbaren bzw. auch ansonsten fehlenden Absenderangaben hat der klägerische Bevollmächtigte seine mit der Wahrnehmung prozessualer Fristen zusammenhängenden Sorgfaltspflichten verletzt. Hierdurch ist es zu einer deutlich verzögerten Postlaufzeit von 15 Tagen gekommen. Obwohl der Brief mit dem Zulassungsantrag frühzeitig vor Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO eingeliefert wurde, durfte der Prozessbevollmächtigte weder damit rechnen, dass der fehlerhaft postalisch beschriftete Brief dem Verwaltungsgericht - gegebenenfalls nach entsprechender Sonderbehandlung - unmittelbar zugestellt werden würde (aa), noch konnte er darauf vertrauen, dass die Deutsche Post AG ihm den Brief trotz der fehlenden Absenderangaben so zeitnah zurücksenden würde, dass er noch eine fristgerechte Zustellung an das Verwaltungsgericht hätte veranlassen können (bb).

aa) Der Prozessbevollmächtigte durfte nicht darauf vertrauen, dass die Deutsche Post AG den fehlerhaft postalisch adressierten Brief dem Verwaltungsgericht - gegebenenfalls nach vorausgehender Sonderbehandlung - unmittelbar zustellen würde.

Ist ein Brief nach dem Willen des Absenders über die Anschrift des Empfängers zuzustellen und ist diese vollständig, versuchen die zuständigen Mitarbeiter der Deutschen Post AG die Sendung im Regelfall unter der vom Absender angegebenen postalischen Anschrift auszuliefern. Eine vorausgehende Sonderbehandlung von vollständigen, schlüssigen, aber fehlerhaft postalisch adressierten Briefsendungen ist nicht vorgesehen. Dies ist dem Schreiben der Deutschen Post DHL, Kundenservice Konzernleitung, vom 15. Oktober 2012 sowie deren Schreiben vom 19. und 23. Mai 2014 zu entnehmen. Im Rahmen der maschinellen Sortiervorgänge von Briefsendungen werde die Anschrift des jeweils vorliegenden Briefes erfasst und auf dem Umschlag ein Barcode angebracht. Bei diesem Schritt könnten nur offensichtliche Fehler festgestellt werden (beispielsweise, wenn der Straßenname nicht zur verwendeten Postleitzahl passe); eine Plausibilitätsprüfung der einzelnen Anschriftenbestandteile oder ein Abgleich mit Adressverzeichnissen werde nicht durchgeführt. Da vollständige, schlüssige postalische Anschriften folglich bei den verschiedenen maschinellen Sortiervorgängen nicht als fehlerhaft erkannt werden, konnte der Brief mit dem Zulassungsantrag bereits aus technischen Gründen nicht ausgesondert und damit - entgegen der Ansicht des Klägers - keiner Sonderbehandlung vor Auslieferung zugeführt werden.

Der Bevollmächtigte des Klägers konnte auch nicht davon ausgehen, dass sein Fehler durch geeignete Vorkehrungen der Deutschen Post AG bei der Auslieferung durch den zustellenden Postbediensteten ausgeglichen werden würde und es so zeitnah zu einer Zustellung beim Verwaltungsgericht kommen konnte. Denn ausweislich der Auskünfte der Deutschen Post AG vom 15. Oktober 2012 und 19. Mai 2014 wird die Bayerstraße von mehreren Zustellern beliefert. Dem für die Bayerstraße 3 zuständigen Zusteller sei weder die korrekte Hausadresse des Verwaltungsgerichts bekannt gewesen noch habe er gewusst, dass sich im weiteren Verlauf der Bayerstraße - also außerhalb seines Zustellbereichs - eine „Anschrift des Verwaltungsgerichts“ befinde. Recherchen bei der Zustellung seien nicht vorgesehen. Dies entspricht den gesetzlichen Vorgaben und ist daher nicht zu beanstanden. Denn die Deutsche Post AG hat gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 PostG bei der Beförderung von Briefleistungen (vgl. § 4 Nr. 1 a PostG) Universaldienstleistungen zu erbringen. Universaldienstleistungen sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 PostG definiert als ein Mindestmaß an Postdienstleistungen nach § 4 Nr. 1 PostG, die flächendeckend und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden müssen. Der Universaldienst erfasst nur solche Dienstleistungen, die allgemein als unabdingbar angesehen werden (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 PostG). Auch nach den Qualitätsmerkmalen, die die Deutsche Post AG im Bereich der Briefdienstleistungen nach § 2 Nr. 4 der auf § 11 Abs. 2 PostG beruhenden Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV) zu gewährleisten hat, sind keine Recherchen bei der Zustellung vorgesehen. Die Zustellung einer Briefsendung hat danach an der in der Anschrift genannten Wohn- und Geschäftsadresse durch Einwurf oder persönliche Aushändigung an den Empfänger zu erfolgen (vgl. § 2 Nr. 4 Satz 2 PUDLV). Kann eine Sendung gemäß Satz 2 dieser Vorschrift nicht zugestellt werden, ist sie nach (vorliegend vom Kläger nicht eröffneter) Möglichkeit einem Ersatzempfänger auszuhändigen (vgl. § 2 Nr. 4 Satz 3 PUDLV). Entsprechende Regelungen finden sich auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen „BRIEF NATIONAL“ der Deutschen Post AG (vgl. dort Abschnitt 4 Absatz 1).

Dienstleister wie die Deutsche Post AG sind somit nicht verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, dass vollständig, schlüssig, aber fehlerhaft postalisch adressierte Briefsendungen im Rahmen von - maschinellen - Sortiervorgängen als fehlerhaft erkannt, ausgesondert und nach einer vorausgehenden Sonderbehandlung dem Adressaten zugestellt werden. Daher kommt es in diesen Fällen auf die speziellen Kenntnisse des jeweiligen Zustellers an, ob ein derart fehlerhaft adressierter Brief dem Adressaten zugestellt wird. In einer Großstadt wie München darf ein Prozessbevollmächtigter wegen der Vielzahl der dort im Regelfall vorhandenen Gerichte und Behörden auch bei einer öffentlichen Einrichtung wie dem Verwaltungsgericht nicht darauf vertrauen, dass dem - für die jeweilige öffentliche Einrichtung nicht zuständigen - Zusteller die postalische Anschrift oder andere besondere Zustellungsmodalitäten (wie etwa das Bestehen eines Postfachs) bekannt sind und es deshalb zu einer Zustellung solch fehlerhaft adressierter Briefe beim Adressaten kommen wird. Auch verletzten Postdienstleister ihre vertraglichen Sorgfaltspflichten - jedenfalls in einer Großstadt - nicht, wenn sie nicht sicherstellen, dass alle mit der Zustellung betrauten Mitarbeiter sämtliche Adressen und Zustellungsmodalitäten der ansässigen Gerichte und Behörden kennen.

bb) Der Bevollmächtigte des Klägers konnte auch nicht darauf vertrauen, dass die Deutsche Post AG ihm den Brief trotz der fehlenden Absenderangaben so zeitnah zurücksenden würde, dass er selbst noch eine fristgerechte Zustellung an das Verwaltungsgericht hätte veranlassen können.

Ist eine Auslieferung eines Briefes unter der angegebenen postalischen Anschrift nicht möglich, wird der nicht zustellbare Brief - wie vorliegend - mit dem Zustellungsvermerk „Zurück Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ versehen und dem Absender zurückgeschickt (vgl. Nr. 4 Abs. 6 und 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen „BRIEF NATIONAL“). Die hierbei entstandene - weitere - Zeitverzögerung war durch die nachfolgend notwendige Sonderbehandlung des Briefes bedingt. Denn vorliegend war der Brief aufgrund der Nichterkennbarkeit des Absenders nicht nur dem Empfänger gegenüber, sondern auch dem Absender gegenüber unanbringlich. Dies hatte nach Auskunft der Deutschen Post AG vom 24. Juni 2013 zur Folge, dass der Brief an das Service Center Briefermittlung in Marburg weitergeleitet werden musste, das für das gesamte Bundesgebiet zuständig ist und unter anderem verschlossene, unanbringliche Briefsendungen bearbeitet. Aufgabe des Service Centers Briefermittlung sei es, anhand der Angaben auf oder in der unanbringlichen Postsendung den Absender zu ermitteln. Dazu gehöre die Ermächtigung nach § 39 Abs. 4 PostG, auch verschlossene Sendungen zu öffnen. Für diese speziellen Tätigkeiten sei geschultes Personal erforderlich. Aufgrund der Vielzahl der täglichen Sendungseingänge könnten Zustellvermerke der Zustellstützpunkte nicht angezweifelt oder über andere Medien wie z. B. das Internet überprüft werden. Zudem könnten eingehende Briefsendungen nicht zeitgleich mit dem Eingangstag bearbeitet werden. Wie viel Zeit eine solche Bearbeitung in Anspruch nehme, könne nicht vorausgesagt werden und hänge vom Umfang der Recherche, aber maßgeblich auch vom Arbeitsanfall ab. Aus diesem Grund könnten die Aufgaben des Service Centers Briefermittlung nur bedingt planerisch gelenkt werden. Dem Schreiben der Deutschen Post AG vom 13. Juni 2013 ist ausdrücklich zu entnehmen, dass der unmittelbaren Rücksendung des Briefes bei vollständigen Absenderangaben nichts im Wege gestanden hätte und keine Laufzeitverzögerung eingetreten wäre. Unter den gegebenen Umständen konnte der Bevollmächtigte nicht mit einer zeitnahen Rücksendung rechnen.

b) Die vorliegende Fristversäumung beruhte entgegen der Ansicht des Klägers auch bei einer Bearbeitungszeit von 15 Tagen nicht auf einem (Mit-)Verschulden der Deutschen Post AG, sondern auf den Sorgfaltspflichtverletzungen seines Bevollmächtigten. Denn das Risiko, dass der Brief infolge des Adressierungsfehlers und der fehlenden Absenderangaben das Verwaltungsgericht nicht rechtzeitig erreichen würde, liegt in der Sphäre des Bevollmächtigten des Klägers.

Entgegen der Ansicht des Klägers lassen sich die von der oben zitierten Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die von einem Rechtsanwalt im Hinblick auf die Fristwahrung zu beachtenden Sorgfaltspflichten (vgl. hierzu die Ausführungen unter Nr. 1) nicht vorbehaltlos auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen. Denn anders als in den von der Rechtsprechung bislang entschiedenen Fällen war, wie oben ausgeführt, aufgrund der Vollständigkeit und Schlüssigkeit der postalischen Adressierung der Zulassungsschrift - anders als es der klägerische Bevollmächtigte meint - gerade nicht mit einer der Zustellung vorausgehenden Sonderbehandlung des Briefs zu rechnen. Vielmehr ist für Fallgestaltungen wie der vorliegenden - organisatorisch - im Regelfall eine Rücksendung des dem Empfänger nicht zustellbaren Briefs an den Absender vorgesehen.

Vorliegend kann offen bleiben, innerhalb welcher Zeitspanne ein Rechtsanwalt normalerweise mit der Rücksendung einer derart fehlerhaft postalisch adressierten Briefsendung an ihn rechnen darf. Hier kam nämlich erschwerend hinzu, dass die zur Rücksendung erforderlichen Absenderangaben auf dem Briefumschlag fehlten und deshalb weitere zeitliche Verzögerungen unumgänglich waren. Denn der Brief durfte wegen § 39 Abs. 3 und 4 PostG ausschließlich von einer dazu autorisierten Person geöffnet werden. Dass die Deutsche Post AG dies zentral organisiert hat mit der Folge weiterer zeitlicher Verzögerungen, ist nicht zu beanstanden. Können von Seiten der Deutschen Post AG - wie hier - keine Angaben dazu gemacht werden, wieviel Zeit die Rücksendung eines Briefes mit fehlenden oder nicht erkennbaren Absenderangaben im Regelfall beansprucht, sind dem Prozessbevollmächtigten grundsätzlich auch zeitlich umfangreiche Verzögerungen der Briefbeförderung als Verschulden zuzurechnen, da die notwendige Sonderbehandlung der - zusätzlichen - Absenderermittlung ebenfalls nicht zu den betrieblichen und organisatorischen Vorkehrungen gehört, die die Deutsche Post AG bei der Briefbeförderung vorsehen muss. Weder das Postgesetz noch die Post-Universaldienstleistungsverordnung enthalten rechtliche Vorgaben, nach denen die Deutsche Post AG entsprechende Dienstleistungsangebote in bestimmter Zeit anzubieten hätte.

Anhaltspunkte für ein (mitwirkendes) Postverschulden durch fehlerhaftes Verhalten oder mutwilliges Hinauszögern wurden weder glaubhaft gemacht noch gibt es Anhaltspunkte hierfür. Die deutlich verzögerte Rücksendung des Briefes an den Bevollmächtigten des Klägers und die damit zusammenhängende Versäumung der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO beruhten ausweislich der Stellungnahmen der Deutschen Post AG vom 15. Oktober 2012 und 24. Juni 2013 ausschließlich auf den fehlenden Absenderangaben. Die Deutsche Post AG hat in ihrem Schreiben vom 24. Juni 2013 hierzu auf die Vielzahl der täglichen Sendungseingänge in ihrem Service Center Briefermittlung hingewiesen. Dass man sich für die verzögerte Rücksendung entschuldigt hat, dürfte der Kundenfreundlichkeit geschuldet und - entgegen der Ansicht des Klägers - kein Indiz dafür sein, dass die Deutsche Post AG ein internes Versäumnis einräumen wollte. Der Kläger durfte jedenfalls trotz der frühzeitigen Einlieferung nicht damit rechnen, dass ein Brief mit vollständiger, schlüssiger, aber fehlerhafter postalischen Adressierung und fehlendem Absender ohne wesentliche Zeitverzögerung so rechtzeitig an ihn zurückgesendet wird, dass er eine erneute fristgerechte Zustellung an das Verwaltungsgericht veranlassen konnte. Dass die Versäumnisse bei der postalischen Adressierung des Zulassungsantrags auf einem Verschulden seiner ansonsten zuverlässigen Büroangestellten beruhten, hat der klägerische Bevollmächtigte nicht geltend gemacht. Da das Anwaltsverschulden für die Fristversäumung somit auch ursächlich war, war der Antrag nach § 60 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG a. F., da der Zulassungsantrag vor dem 1. August 2013 gestellt worden ist (vgl. § 71 Abs. 1 GKG).

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

(1) Diätetische Lebensmittel sind Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind.

(2) Lebensmittel sind für eine besondere Ernährung bestimmt, wenn sie

1.
den besonderen Ernährungserfordernissen folgender Verbrauchergruppen entsprechen:
a)
bestimmter Gruppen von Personen, deren Verdauungs- oder Resorptionsprozess oder Stoffwechsel gestört ist oder
b)
bestimmter Gruppen von Personen, die sich in besonderen physiologischen Umständen befinden und deshalb einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter in der Nahrung enthaltener Stoffe ziehen können, oder
c)
gesunder Säuglinge oder Kleinkinder,
2.
sich für den angegebenen Ernährungszweck eignen und mit dem Hinweis darauf in den Verkehr gebracht werden, dass sie für diesen Zweck geeignet sind, und
3.
sich auf Grund ihrer besonderen Zusammensetzung oder des besonderen Verfahrens ihrer Herstellung deutlich von den Lebensmitteln des allgemeinen Verzehrs unterscheiden.

(3) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Beikost:Lebensmittel außer Milch, die den besonderen Ernährungsanforderungen gesunder Säuglinge und Kleinkinder entsprechen und die zur Ernährung von Säuglingen während der Entwöhnungsperiode und zur Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern während der allmählichen Umstellung auf normale Kost bestimmt sind.
2.
Getreidebeikost:Beikost aus
a)
einfachen Getreideerzeugnissen, die mit Milch oder anderen geeigneten nahrhaften Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
b)
Getreideerzeugnissen mit einem zugesetzten proteinreichen Lebensmittel, die mit Wasser oder anderen eiweißfreien Flüssigkeiten zubereitet sind oder zubereitet werden müssen,
c)
Teigwaren, die nach dem Kochen in siedendem Wasser oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden, oder
d)
Zwiebacken oder Keksen, die entweder als solche oder nach dem Zerkleinern unter Zusatz von Wasser, Milch oder anderen geeigneten Flüssigkeiten verzehrt werden.

(4) Im Sinne dieser Verordnung sind Lebensmittel für kalorienarme Ernährung zur Gewichtsverringerung Erzeugnisse, die als Ersatz für eine ganze Tagesration oder als Ersatz für eine oder mehrere Mahlzeiten im Rahmen der Tagesration bestimmt sind und einen begrenzten Energiegehalt und eine besondere Zusammensetzung aufweisen.

(4a) Im Sinne dieser Verordnung sind diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf besondere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen der ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder ihrer Metaboliten oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen. Bilanzierte Diäten werden unterteilt in

1.
vollständige bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die bei Verwendung nach den Anweisungen des Herstellers die einzige Nahrungsquelle für Personen, für die sie bestimmt sind, darstellen können und
2.
ergänzende bilanzierte Diäten
a)
mit einer Nährstoff-Standardformulierung oder
b)
mit einer für bestimmte Beschwerden spezifischen oder für eine bestimmte Krankheit oder Störung angepassten Nährstoffformulierung,
die sich nicht für die Verwendung als einzige Nahrungsquelle eignen.

(5) Diätetisches Lebensmittel ist auch Kochsalzersatz.

(6) Im Sinne dieser Verordnung sind:

1.
Säuglinge:Kinder unter zwölf Monaten;
2.
Kleinkinder:Kinder zwischen einem Jahr und drei Jahren;
3.
Säuglingsanfangsnahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen während der ersten Lebensmonate bestimmt sind und für sich allein den Ernährungserfordernissen dieser Säuglinge bis zur Einführung angemessener Beikost entsprechen;
4.
Folgenahrung:Lebensmittel, die für die besondere Ernährung von Säuglingen ab Einführung einer angemessenen Beikost bestimmt sind und den größten flüssigen Anteil einer nach und nach abwechslungsreicheren Kost für diese Säuglinge darstellen.

(7) Zusatzstoffe im Sinne dieser Verordnung sind Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.

(8) Für „nährwertbezogene Angabe“, „gesundheitsbezogene Angabe“ und „Angabe bezüglich der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ im Sinne dieser Verordnung gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 2 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 jeweils in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 2 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 12 S. 3).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.282,76 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

I.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Gewährung von Beihilfe in Höhe von 70% seiner Aufwendungen für die zur Behandlung des chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) ärztlich verordneten Präparate „B-Complex Nr. 12, Selen Loges 200 NE Tabletten, Quercetin Kapseln, Tocotrienole, Leinöl-Omega Kapseln, Coenzym Q 10, B2 Riboflavin 100mg Tabletten, Toco-Tabletten, Methylcobalamin, Kirunal Softgels Kapseln, Calcium+Magnesium-Zink Tabletten, Amino Max plus, Hypervir Kapseln, Lysin 500mg Tabletten, Methycobalamin, Rebas D4 Kapseln, Probiotik Pur, Krill Öl-Kapseln, Regulat, Vitamin B Kapseln, Panaceo Kapseln, OPC Kapseln, Paracid Kapseln, Probiotikum Vitasan, Thymokehl, Colostrum, Antihistamin, Artischocken-Papaya-Tabletten“ als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2014 im Wesentlichen aus, bei den verordneten Präparaten handle es sich nicht um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Nach den Herstellerangaben sei objektiv von diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke auszugehen.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe für die streitgegenständlichen Präparate zutreffend gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Nr. 2 BayBhV (i. d. bis 30.9.2014 geltenden Fassung; § 18 BayBhV a. F.) verneint.

Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft der ihm verordneten Produkte substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, das Verwaltungsgericht ignoriere mit seiner pauschalen Behauptung, eine pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Präparate sei nicht nachgewiesen, einen Großteil seiner umfangreichen Ausführungen hierzu, kann er nicht durchdringen. Denn der Kläger ist insoweit bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten nicht nachgekommen, da er es im Zulassungsverfahren versäumt hat, ausdrücklich zu benennen, durch welche der von ihm dem Verwaltungsgericht vorgelegten Stellungnahmen er die behauptete pharmakologische Wirkung objektiv nachgewiesen sieht. Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren auf seinen Schriftsatz vom 19. Februar 2015 oder die ärztliche Stellungnahme vom 2. März 2015 verweist, legt er nicht dar, inwieweit sich hieraus die pharmakologische Wirkung der Produkte ergeben soll. Ungeachtet dessen ergibt sich aus diesen Unterlagen die medizinische Notwendigkeit der Behandlung des Klägers mit bestimmten Vitaminen und Stoffen und nicht die pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Produkte, die diese Stoffe enthalten.

Die diesbezüglichen Rügen des Klägers sind auch in der Sache nicht durchgreifend. Unter welchen Voraussetzungen von einem Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auszugehen ist, lässt sich der Bayerischen Beihilfeverordnung (a. F.) nicht entnehmen. Daher können die allgemeinen - aber engeren - Definitionen des Arzneimittelgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 AMG) bzw. bei sog. Funktionsarzneimitteln Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314 zu § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO RhPf; BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Januar 2014, § 22 BBhV Anm. 3 (1)). Folglich ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347). Soweit das Verwaltungsgericht durch Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 25. November 2014 davon ausgeht, dass sämtliche streitgegenständlichen Produkte weder als Arzneimittel zugelassen noch in der sog. „Roten Liste“, einem vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen Arzneimittelverzeichnis, aufgeführt sind, hat der Kläger diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Er hat auch nicht geltend gemacht, die verordneten Produkte seien in sonstigen Listen als Arzneimittel aufgeführt. Damit können die streitgegenständlichen Präparate nur dann Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sein, wenn durch das jeweilige Produkt nachweisbar und in nennenswerter Weise eine - über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehende - Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet, die Präparate also - trotz ihrer Bezeichnung als Nahrungsmittel - eine pharmakologische Wirkung haben. Dafür ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.). Dabei ist abzustellen auf die Zweckbestimmung des jeweiligen Präparats, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Arzneimitteleigenschaft der Präparate nicht - objektiv - nachgewiesen. Vor allem hat der Kläger im Zulassungsverfahren die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert in Zweifel gezogen, nach den Herstellerangaben sei objektiv von diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke auszugehen. Für die Arzneimitteleigenschaft der vom Kläger verwendeten Präparate kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für ihn persönlich eine therapeutische Wirkung haben, so dass seine Ausführungen im Schriftsatz vom 19. Februar 2015 insoweit keine Aussagekraft besitzen. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B. v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft der Mittel ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung der streitgegenständlichen Präparate würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.). Da es vorliegend schon an der beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft der Präparate fehlt, haben die ärztlichen Verordnungen sowie die Stellungnahme des behandelnden Arztes vom 2. März 2015 keine (ausreichende) rechtliche Relevanz.

Mit seinem weiteren - vor allem die Art und Weise sowie die wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung seiner Erkrankung betreffenden - Zulassungsvorbringen kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen. Ungeachtet dessen, dass er selbst (zuletzt mit Schriftsatz vom 29.6.2015) darauf verweist, dass es eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode für seine Erkrankung nicht gibt, kommt es wegen der fehlenden beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft der streitgegenständlichen Produkte weder darauf an, wie das chronische Erschöpfungssyndrom nach dem für das Amtsgericht Frankfurt eingeholten Sachverständigengutachten zu behandeln ist noch spielt es eine Rolle, wie die Berliner Charité die Erkrankung behandeln würde. Es hat daher keine Auswirkungen, dass der vom Kläger in seiner Antragsschrift benannte Artikel der Charité „Evidenz-basierte Therapieempfehlungen CFS“ im Zulassungsverfahren nicht vorgelegt wurde.

II.

Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) sowie der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

a) Mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe wesentlichen Vortrag offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, hat der Kläger die Gehörsverletzung nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargetan.

Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt von den Gerichten, das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur dann verletzt, wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass das Gericht die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte indessen nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen. Ebenso wenig gewährleistet es, dass die angegriffene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern ergeht. Es stellt vielmehr grundsätzlich nur sicher, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 16.7.2010 - 5 B 2.10 u. a. - juris Rn. 12).

Bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gehört zu der von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderten Darlegung des Verfahrensmangels eine substantiierte Schilderung der Maßnahmen, durch die das Tatsachengericht das rechtliche Gehör verletzt hat. Ferner ist darzulegen, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, B. v. 14.6.2013 - 5 B 41.13 - juris Rn. 3 m. w. N. zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Daran fehlt es hier. Denn der Kläger lässt bereits offen, welchen konkreten Vortrag das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen hat, mit dem er die pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Präparate zu belegen versucht hat. Wie bereits unter I. ausgeführt, haben sich der Schriftsatz vom 19. Februar 2015 sowie die ärztliche Stellungnahme vom 2. März 2015 nicht mit der pharmakologischen Wirkung, sondern im Wesentlichen mit der medizinischen Notwendigkeit der Verordnungen beschäftigt.

b) Soweit der Kläger rügt, das angefochtene Urteil stelle eine Gehörsverletzung in Form einer unzulässigen Überraschungsentscheidung dar, kann er ebenfalls nicht durchdringen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich eine Entscheidung als „Überraschungsurteil“ dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit dem die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen brauchten (BVerwG, B. v. 15.05.2008 - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025). Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine Klageabweisung darauf gestützt, für Mangelzustände lägen keine labormäßigen Belege vor, vermag eine Bewertung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts als „Überraschungsurteil“ nicht zu stützen. Denn der Kläger legt nicht dar, inwieweit der Rechtsstreit durch den von ihm behaupteten Umstand eine Wende genommen haben sollte, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Rechtsstreits nicht hätten rechnen brauchen (vgl. BayVGH, B. v. 18.3.2015 - 14 ZB 13.422 - juris Rn. 5 m. w. N.).

2. Eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 86 abs. 1 VwGO) ist ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargelegt.

Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der grundsätzlich förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7). Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m. w. N.; BayVGH, B. v. 26.2.2015 - 14 ZB 14.2830 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Diesen Darlegungsanforderungen ist der Kläger nicht nachgekommen. Insbesondere hat der Kläger, der bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten war und in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift keinen Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hat, nicht dargetan, warum sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwertfestsetzung: §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg für beide Instanzen auf 38,89 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 124a Rn. 64 m. w. N.). Ist das angegriffene Urteil auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, müssen hinsichtlich aller dieser Begründungen Zulassungsgründe hinreichend dargelegt werden (vgl. Happ, a. a. O., Rn. 61).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Gewährung von Beihilfe in Höhe von 70% seiner Aufwendungen für das Präparat „Tromcardin“, das er aufgrund ärztlicher Verordnung vom 7. Oktober 2013 zum Preis von 59,85 € erworben hatte, mit Urteil vom 26. März 2014 unter Verweis auf die zutreffenden Gründe im Bescheid des Landesamts für Finanzen vom 5. November 2013 abgewiesen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen. Ergänzend verwies das Verwaltungsgericht auf seine Ausführungen in seiner, ebenfalls einen Beihilfeanspruch des Klägers für „Tromcardin“ verneinenden Entscheidung vom 18. Juni 2012 sowie auf den diesbezüglichen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 9. Oktober 2013. Die von Klägerseite vorgelegten Unterlagen hätten im Wesentlichen in den früheren Entscheidungen Berücksichtigung gefunden. Soweit der Kläger neue Tatsachen zur Krankheitsentwicklung vortragen und belegen lasse, handele es sich um solche, die erst nach der Verordnung des streitgegenständlichen Präparats eingetreten seien. Soweit der Kläger rüge, der individuelle Bezug zum Einzelfall werde nicht hinreichend berücksichtigt, verkenne das Gericht nicht, dass beim Kläger - ärztlich bestätigt - fortlaufend ein krankheitsbedingter Magnesium- und Kaliummangel auszugleichen sei. Der Kläger übersehe jedoch, dass der Einsatz des hier streitgegenständlichen Präparats zu diesem Zweck nicht beihilfefähig sei, weil es objektiv anderen Zwecken diene. Er habe mit ärztlicher Bescheinigung vom 19. März 2014 nunmehr zwar eine nähere Dosierung von „Tromcardin“ durch den Arzt belegt. Die Behauptung, Versuche mit anderen Präparaten zur Behandlung des bestehenden Magnesium- und Kaliummangels seien in der Vergangenheit immer wieder ineffektiv gewesen, sei jedoch nicht näher nachvollziehbar, weil weder die Präparate noch deren Dosierung oder Einsatzdauer näher angegeben worden seien. Auch fehle ein labormäßiger Beleg für die behauptete Ineffizienz dieser Mittel.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.

Soweit der Kläger gegen die Richtigkeit des Urteils einwendet, durch die „ausgeführten Gründe des Verwaltungsgerichts“ werde der Eindruck erweckt bzw. manifestiert, er nehme das Präparat ohne ärztliche Verordnung aus eigenem Gutdünken ein, hat er schon nicht substantiiert dargelegt, wie er zu dieser Annahme kommt. Da im Tatbestand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ausdrücklich erwähnt wird, der Kläger begehre Beihilfe „für das ärztlich verordnete Präparat Tromcardin Complex“, und der Begründung des Urteils zu entnehmen ist, der Kläger habe mit Bescheinigung vom „19. März 2014 nunmehr eine ärztliche Dosierung durch den Arzt belegt“, ist dieser Einwand nicht nachvollziehbar.

Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe für das Präparat „Tromcardin“ erneut zutreffend gemäß § 18 Satz 4 Nr. 2 BayBhV verneint. Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft von „Tromcardin“ substantiiert zu belegen, da es allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.). Der Kläger ist in diesem Zusammenhang bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten nicht nachgekommen, da er es im Zulassungsverfahren versäumt hat, ausdrücklich zu benennen, durch welche der von ihm auch in den früheren Verfahren vorgelegten Stellungnahmen er die behauptete pharmakologische Wirkung von „Tromcardin“ nun objektiv nachgewiesen sieht.

Die diesbezüglichen Rügen des Klägers sind auch in der Sache nicht durchgreifend. Unter welchen Voraussetzungen von einem Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinn ausgehen ist, ergibt sich weder aus den Beihilfevorschriften selbst noch enthalten die Hinweise hierzu eine beihilferechtliche Definition des Begriffs „Arzneimittel“. Da eine solche aus den Beihilfevorschriften auch nicht ableitbar ist, können die allgemeinen - aber engeren - Definitionen des Arzneimittelgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 AMG) bzw. bei sog. Funktionsarzneimitteln Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314 zu § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO RhPf; BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Januar 2014, § 22 BBhV Anm. 3 (1)). Folglich ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, U.v. 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347). Wie der Senat bereits in seinem, den Kläger betreffenden Beschluss vom 9. Oktober 2013 - 14 ZB 12.1629 - (juris Rn. 11) ausgeführt hat, sind Produkte wie „Tromcardin“ nur dann als Arzneimittel i. S. d. § 18 Satz 1 BayBhV anzusehen, wenn sie eine pharmakologische Wirkung haben. Ist ein Präparat - wie vorliegend - nicht als Arzneimittel zugelassen und wird es auch nicht in der sog. „Roten Liste“, einem vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen Arzneimittelverzeichnis, oder sonstigen Listen über erprobte Arzneimittel aufgeführt, ist dies dann der Fall, wenn durch das Produkt nachweisbar und in nennenswerter Weise eine - über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehende - Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet, also eine pharmakologische Wirkung hat. Dafür ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck-) Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.). Wie bereits vom Senat in seinem Beschluss vom 9. Oktober 2013 - 14 ZB 12.1629 - (juris Rn. 11) ausgeführt, ist dabei abzustellen auf die Zweckbestimmung des Präparats, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Einen derartigen - objektiven - Nachweis der Arzneimitteleigenschaft von „Tromcardin“, das selbst vom Hersteller als ergänzende bilanzierte Diät eingeordnet wird (vgl. Schreiben des Herstellers an den Kläger vom 10. Juli 2012, BayVGH a. a. O. Rn. 12), hat der Kläger auch im vorliegenden Verfahren nicht geführt, so dass die Ausführungen des Verwaltungsgerichts hierzu ausreichend waren. Für die Arzneimitteleigenschaft von „Tromcardin“ kommt es nämlich nicht darauf an, ob das Präparat für den Kläger persönlich eine therapeutische Wirkung hat. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe (beim Kläger die aus medizinischen Gründen notwendige Zufuhr von Kalium und Niacin) krankheitsbedingt ist, verleiht den Lebensmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, a. a. O., Anm. 5). Die ärztliche Verordnung von „Tromcardin“ ist für die Arzneimitteleigenschaft des Mittels ebenfalls ohne Bedeutung. Sie würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der Aufwendungen für Tromcardin im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV belegen, wenn das Präparat ein Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wäre und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U.v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.). Da es vorliegend schon an der beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft von „Tromcardin“ fehlt, hat die ärztliche Verordnung des Präparats keine Aussagekraft.

2. Auch der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Zum einen hat der Kläger ihn schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise geltend gemacht. Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass das Verwaltungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör aus § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG verletzt hat oder der ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegenden Aufklärungspflicht nicht ausreichend nachgekommen ist.

a) Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.

Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann vorliegend nicht darauf gestützt werden, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, den Kläger in der mündlichen Verhandlung auf die Entscheidungserheblichkeit des Nachweises einer mangelnden Ineffizienz anderer Präparate hinzuweisen. Soweit der diesbezügliche Vortrag des Klägers auf eine Verletzung des § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG dergestalt zielt, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei deshalb eine Überraschungsentscheidung gewesen, vermag dies eine derartige Bewertung nicht zu stützen. Denn eine Entscheidung stellt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann als „Überraschungsurteil“ dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit dem die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen brauchten (BVerwG, B.v. 15.05.2008 - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025). Inwieweit der Rechtsstreit die vom Kläger behauptete überraschende Wende genommen hat, mit der er nach dem bisherigen Verlauf des Rechtsstreits nicht zu rechnen brauchte, hat er nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt. Im Übrigen ergibt sich aus dem Grundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG jedenfalls weder eine allgemeine Hinweispflicht auf eine beabsichtigte (Beweiswürdigung und) Entscheidung (BVerfG, B.v. 15.5.1984 - 1 BvR 967/83 - BVerfGE 67, 90) noch ist dem Grundrecht eine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen (BVerfG, B.v. 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - BVerfGE 84, 188). Ungeachtet dessen wusste der Kläger aufgrund seiner vorausgehenden Verfahren, dass es entscheidungserheblich darauf ankommt, dass er die pharmakologische Wirkung von „Tromcardin“ objektiv nachweist.

Soweit der Kläger einwendet, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil er zur mangelnden Ineffizienz anderer Präparate weder mündlich habe vortragen noch einen entsprechenden Beweisantrag stellen können, ist diese Rüge nicht nachvollziehbar.

b) Auch eine Verletzung des sich aus § 86 Abs. 1 VwGO ergebenden Untersuchungsgrundsatzes hat der Kläger nicht ausreichend dargelegt.

Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B.v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7). Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B.v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m.w.N; BayVGH, B.v. 22.3.2010 - 14 ZB 08.1083 - juris Rn. 7). Dem ist der Kläger nicht nachgekommen.

Nach alledem war der Antrag auf Zulassung der Berufung mit der Kostentragungspflicht aus § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3, § 47 Abs. 1 und 3 GKG. Die Herabsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG. Der Antrag des Klägers ist lediglich auf eine Erstattung seiner Aufwendungen i. H. v. 38,89 Euro gerichtet (70% des Rechnungsbetrags von 59,85 Euro abzüglich des Eigenanteils nach Art. 96 Abs. 3 Satz 5 Nr. 2 BayBG), so dass lediglich ein Streitwert in dieser Höhe festzusetzen war.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 3.282,76 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Zulassungsantrag des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

I.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B. v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 64 m. w. N.).

Das Verwaltungsgericht hat die Verpflichtungsklage des Klägers auf Gewährung von Beihilfe in Höhe von 70% seiner Aufwendungen für die zur Behandlung des chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) ärztlich verordneten Präparate „B-Complex Nr. 12, Selen Loges 200 NE Tabletten, Quercetin Kapseln, Tocotrienole, Leinöl-Omega Kapseln, Coenzym Q 10, B2 Riboflavin 100mg Tabletten, Toco-Tabletten, Methylcobalamin, Kirunal Softgels Kapseln, Calcium+Magnesium-Zink Tabletten, Amino Max plus, Hypervir Kapseln, Lysin 500mg Tabletten, Methycobalamin, Rebas D4 Kapseln, Probiotik Pur, Krill Öl-Kapseln, Regulat, Vitamin B Kapseln, Panaceo Kapseln, OPC Kapseln, Paracid Kapseln, Probiotikum Vitasan, Thymokehl, Colostrum, Antihistamin, Artischocken-Papaya-Tabletten“ als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte es unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheids vom 25. November 2014 im Wesentlichen aus, bei den verordneten Präparaten handle es sich nicht um Arzneimittel im Sinne des Beihilferechts. Nach den Herstellerangaben sei objektiv von diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke auszugehen.

Durch das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren werden diese Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt und keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung von Beihilfe für die streitgegenständlichen Präparate zutreffend gemäß § 18 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Nr. 2 BayBhV (i. d. bis 30.9.2014 geltenden Fassung; § 18 BayBhV a. F.) verneint.

Es ist Sache des Klägers, die Arzneimitteleigenschaft der ihm verordneten Produkte substantiiert zu belegen, da es den allgemeinen Grundsätzen der Beweislast entspricht, dass derjenige, der einen Anspruch auf Leistung geltend macht, die materielle Beweislast für die anspruchsbegründenden Umstände zu tragen hat (vgl. BayVGH, B. v. 30.10.2013 - 14 ZB 11.1202 - juris Rn. 7 m. w. N.). Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang rügt, das Verwaltungsgericht ignoriere mit seiner pauschalen Behauptung, eine pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Präparate sei nicht nachgewiesen, einen Großteil seiner umfangreichen Ausführungen hierzu, kann er nicht durchdringen. Denn der Kläger ist insoweit bereits seinen diesbezüglichen Darlegungspflichten nicht nachgekommen, da er es im Zulassungsverfahren versäumt hat, ausdrücklich zu benennen, durch welche der von ihm dem Verwaltungsgericht vorgelegten Stellungnahmen er die behauptete pharmakologische Wirkung objektiv nachgewiesen sieht. Soweit der Kläger im Zulassungsverfahren auf seinen Schriftsatz vom 19. Februar 2015 oder die ärztliche Stellungnahme vom 2. März 2015 verweist, legt er nicht dar, inwieweit sich hieraus die pharmakologische Wirkung der Produkte ergeben soll. Ungeachtet dessen ergibt sich aus diesen Unterlagen die medizinische Notwendigkeit der Behandlung des Klägers mit bestimmten Vitaminen und Stoffen und nicht die pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Produkte, die diese Stoffe enthalten.

Die diesbezüglichen Rügen des Klägers sind auch in der Sache nicht durchgreifend. Unter welchen Voraussetzungen von einem Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne auszugehen ist, lässt sich der Bayerischen Beihilfeverordnung (a. F.) nicht entnehmen. Daher können die allgemeinen - aber engeren - Definitionen des Arzneimittelgesetzes (vgl. § 2 Abs. 1 AMG) bzw. bei sog. Funktionsarzneimitteln Art. 1 der Richtlinie 2001/83/EG als Ausgangspunkt für die Bestimmung der im Beihilferecht verwendeten gleichlautenden Begriffe dienen (vgl. BVerwG, U. v. 30.5.1996 - 2 C 5.95 - ZBR 1996, 314 zu § 4 Abs. 1 Nr. 6 BVO RhPf; BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 26 m. w. N.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Januar 2014, § 22 BBhV Anm. 3 (1)). Folglich ist nach Sinn und Zweck der Beihilfevorschriften entscheidend nicht auf eine formelle Einordnung im arzneimittelrechtlichen Sinne, sondern auf den materiellen Zweckcharakter bzw. darauf abzustellen, ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (vgl. BayVGH, U. v. 28.4.1993 - 3 B 92.3836 - ZBR 1993, 347). Soweit das Verwaltungsgericht durch Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 25. November 2014 davon ausgeht, dass sämtliche streitgegenständlichen Produkte weder als Arzneimittel zugelassen noch in der sog. „Roten Liste“, einem vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen Arzneimittelverzeichnis, aufgeführt sind, hat der Kläger diese Einschätzung des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Er hat auch nicht geltend gemacht, die verordneten Produkte seien in sonstigen Listen als Arzneimittel aufgeführt. Damit können die streitgegenständlichen Präparate nur dann Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne sein, wenn durch das jeweilige Produkt nachweisbar und in nennenswerter Weise eine - über die ernährungsphysiologische Wirkung hinausgehende - Beeinflussung des Zustands und der Funktion des Körpers stattfindet, die Präparate also - trotz ihrer Bezeichnung als Nahrungsmittel - eine pharmakologische Wirkung haben. Dafür ist die - nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung bestehende - objektive (Zweck)Bestimmung entscheidend, also die Eignung des jeweils in Rede stehenden Mittels und namentlich des darin enthaltenen Wirkstoffs, durch Einwirkung auf den menschlichen Körper zur Heilung oder Linderung einer Krankheit zu dienen (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 29 m. w. N.). Dabei ist abzustellen auf die Zweckbestimmung des jeweiligen Präparats, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Arzneimitteleigenschaft der Präparate nicht - objektiv - nachgewiesen. Vor allem hat der Kläger im Zulassungsverfahren die Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht substantiiert in Zweifel gezogen, nach den Herstellerangaben sei objektiv von diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke auszugehen. Für die Arzneimitteleigenschaft der vom Kläger verwendeten Präparate kommt es nämlich nicht darauf an, ob sie für ihn persönlich eine therapeutische Wirkung haben, so dass seine Ausführungen im Schriftsatz vom 19. Februar 2015 insoweit keine Aussagekraft besitzen. Auch der Umstand, dass die Notwendigkeit der Einnahme bestimmter Stoffe krankheitsbedingt ist, verleiht den Nahrungsergänzungsmitteln, die die entsprechenden Stoffe enthalten, keine pharmakologische Wirkung. Denn selbst wenn Nahrungsmitteln eine „heilende“ Wirkung zukommt, wird dadurch ihre Lebensmitteleigenschaft nicht verändert (BayVGH, B. v. 24.7.2014 - 14 ZB 14.1045 - juris Rn. 8 m. w. N.). Ob der behandelnde Arzt von einer pharmakologischen Wirkung der Präparate ausgeht und die Präparate deshalb verordnet, ist für die Arzneimitteleigenschaft der Mittel ebenfalls ohne Bedeutung. Die ärztliche Verordnung der streitgegenständlichen Präparate würde lediglich dann die - medizinische - Notwendigkeit (und Angemessenheit) der diesbezüglichen Aufwendungen im Sinne von Art. 96 Abs. 2 Satz 1 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV a. F. belegen, wenn die Präparate Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne wären und zur Behandlung der beim Kläger vorliegenden Erkrankungen als wissenschaftlich allgemein anerkannte Behandlungsmethode anzusehen wären (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 - 14 BV 08.1982 - juris Rn. 53) oder der Kläger die strengen Voraussetzungen erfüllen würde, unter denen ausnahmsweise eine Gewährung von Beihilfeleistungen für Arzneimittel im beihilferechtlichen Sinne trotz fehlender wissenschaftlicher Anerkennung der Behandlungsmethode möglich ist (vgl. BayVGH, U. v. 13.12.2010 a. a. O. Rn. 56 m. w. N.). Da es vorliegend schon an der beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft der Präparate fehlt, haben die ärztlichen Verordnungen sowie die Stellungnahme des behandelnden Arztes vom 2. März 2015 keine (ausreichende) rechtliche Relevanz.

Mit seinem weiteren - vor allem die Art und Weise sowie die wissenschaftliche Anerkennung der Behandlung seiner Erkrankung betreffenden - Zulassungsvorbringen kann der Kläger ebenfalls nicht durchdringen. Ungeachtet dessen, dass er selbst (zuletzt mit Schriftsatz vom 29.6.2015) darauf verweist, dass es eine wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethode für seine Erkrankung nicht gibt, kommt es wegen der fehlenden beihilferechtlichen Arzneimitteleigenschaft der streitgegenständlichen Produkte weder darauf an, wie das chronische Erschöpfungssyndrom nach dem für das Amtsgericht Frankfurt eingeholten Sachverständigengutachten zu behandeln ist noch spielt es eine Rolle, wie die Berliner Charité die Erkrankung behandeln würde. Es hat daher keine Auswirkungen, dass der vom Kläger in seiner Antragsschrift benannte Artikel der Charité „Evidenz-basierte Therapieempfehlungen CFS“ im Zulassungsverfahren nicht vorgelegt wurde.

II.

Die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) einer Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) sowie der Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) liegen nicht vor.

1. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

a) Mit seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe wesentlichen Vortrag offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, hat der Kläger die Gehörsverletzung nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargetan.

Der grundrechtlich verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verlangt von den Gerichten, das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Da grundsätzlich davon auszugehen ist, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag der Beteiligten in seine Erwägungen einbezogen hat, wird der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur dann verletzt, wenn besondere Umstände den eindeutigen Schluss zulassen, dass das Gericht die Ausführungen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen hat. Das Prozessgrundrecht auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte indessen nicht, dem zur Kenntnis genommenen tatsächlichen Vorbringen oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch in der Sache zu folgen. Ebenso wenig gewährleistet es, dass die angegriffene Entscheidung frei von einfach-rechtlichen materiellen Rechtsfehlern ergeht. Es stellt vielmehr grundsätzlich nur sicher, dass die Entscheidung frei von Rechtsfehlern ergeht, die ihren Grund gerade in der unterlassenen Kenntnisnahme oder der Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben (st. Rspr., vgl. BVerwG, B. v. 16.7.2010 - 5 B 2.10 u. a. - juris Rn. 12).

Bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs gehört zu der von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geforderten Darlegung des Verfahrensmangels eine substantiierte Schilderung der Maßnahmen, durch die das Tatsachengericht das rechtliche Gehör verletzt hat. Ferner ist darzulegen, was der Beteiligte bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwieweit der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, B. v. 14.6.2013 - 5 B 41.13 - juris Rn. 3 m. w. N. zu § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Daran fehlt es hier. Denn der Kläger lässt bereits offen, welchen konkreten Vortrag das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen hat, mit dem er die pharmakologische Wirkung der streitgegenständlichen Präparate zu belegen versucht hat. Wie bereits unter I. ausgeführt, haben sich der Schriftsatz vom 19. Februar 2015 sowie die ärztliche Stellungnahme vom 2. März 2015 nicht mit der pharmakologischen Wirkung, sondern im Wesentlichen mit der medizinischen Notwendigkeit der Verordnungen beschäftigt.

b) Soweit der Kläger rügt, das angefochtene Urteil stelle eine Gehörsverletzung in Form einer unzulässigen Überraschungsentscheidung dar, kann er ebenfalls nicht durchdringen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt sich eine Entscheidung als „Überraschungsurteil“ dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wende gibt, mit dem die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen brauchten (BVerwG, B. v. 15.05.2008 - 2 B 77.07 - NVwZ 2008, 1025). Der Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe seine Klageabweisung darauf gestützt, für Mangelzustände lägen keine labormäßigen Belege vor, vermag eine Bewertung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts als „Überraschungsurteil“ nicht zu stützen. Denn der Kläger legt nicht dar, inwieweit der Rechtsstreit durch den von ihm behaupteten Umstand eine Wende genommen haben sollte, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Rechtsstreits nicht hätten rechnen brauchen (vgl. BayVGH, B. v. 18.3.2015 - 14 ZB 13.422 - juris Rn. 5 m. w. N.).

2. Eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht (§ 86 abs. 1 VwGO) ist ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargelegt.

Die Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig waren, welche Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese Feststellungen nach der maßgeblichen Rechtsauffassung der Vorinstanz zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss grundsätzlich dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterlassen nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Hierfür ist ein Beweisantrag erforderlich, der grundsätzlich förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen ist (BVerwG, B. v. 25.6.2012 - 7 BN 6.11 - juris Rn. 7). Wer die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person vertreten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sachaufklärung maßgeblichen materiell-rechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen (BVerwG, B. v. 5.3.2010 - 5 B 7.10 - juris Rn. 9 m. w. N.; BayVGH, B. v. 26.2.2015 - 14 ZB 14.2830 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Diesen Darlegungsanforderungen ist der Kläger nicht nachgekommen. Insbesondere hat der Kläger, der bereits vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertreten war und in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Niederschrift keinen Beweisantrag im Sinne des § 86 Abs. 2 VwGO gestellt hat, nicht dargetan, warum sich dem Verwaltungsgericht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen.

Kostenentscheidung: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwertfestsetzung: §§ 47, 52 Abs. 3 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.