Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Nov. 2014 - M 12 K 14.626
Gericht
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den Leistungsbescheid des Beklagten vom ... Januar 2014, mit dem der Beklagte die Klägerin zur Tragung der Bestattungskosten für ihre verstorbene Mutter, Frau ..., in Höhe von 2.184,00 Euro in Anspruch nimmt.
Die Klägerin ist die Tochter der am ... Mai 2013 verstorbenen Frau ..., zuletzt wohnhaft in der ...
Das Bestattungsunternehmen ... unterrichtete am ... Mai 2013 die Friedhofsverwaltung ... vom Tod von Frau ... und teilte mit, dass die Klägerin die einzige Tochter der Verstorbenen sei. Diese habe telefonisch erklärt, dass sie sich keinesfalls um die Bestattung kümmern werde und es ihr völlig egal sei, was mit ihrer Mutter passiere.
Der Beklagte beantragte daraufhin die Einäscherung der Verstorbenen und beauftragte das Bestattungsinstitut ... mit der Durchführung der Bestattung. Am ... Mai 2013 wurde die Verstorbene eingeäschert und anonym auf dem Friedhof ... beigesetzt.
Mit Schreiben an die Klägerin vom ... Juni 2013 teilte der Beklagte mit, dass für die Bestattung ihrer Mutter Kosten in Höhe von 2.184,00 Euro entstanden seien. Die Klägerin sei nach Art. 15 BestG und § 15 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV als nächste Angehörige verpflichtet gewesen, für die Bestattung zu sorgen und müsse als Folge dessen auch die Bestattungskosten tragen. Da beabsichtigt sei, der Klägerin einen Leistungsbescheid über die noch offenen Kosten zu übersenden, werde um eine schriftliche Stellungnahme bis zum 19. Juni 2013 gebeten.
Aus der beigefügten Kostenzusammenstellung geht hervor, dass sich der Gesamtbetrag in Höhe von 2.184,00 Euro aus Friedhofsgebühren in Höhe von 322,00 Euro sowie der Rechnung des Bestattungsinstituts ... in Höhe von 1.862,00 Euro zusammensetzt.
Die Klägerin trug mit Schreiben vom ... Juni 2013 vor, dass sie die Kostentragung für die Bestattung ablehne, da sie keinerlei Bindung bzw. Beziehung zu ihrer Mutter gehabt habe. Sie sei bereits im Alter von 13 Jahren auf Anweisung des Jugendamtes und unter polizeilichem Schutz aus ihrem Elternhaus herausgeholt und in einem Kinderdorf untergebracht worden. Dort habe sie von Mai 1988 bis ca. Mitte 1995 gelebt. Bereits davor habe sie zwischenzeitlich für ca. ein Jahr bei Pflegeeltern gelebt. Bei ihren Eltern habe sie seit der Unterbringung in dem Kinderdorf nicht mehr gewohnt und nur noch sehr unregelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt. In den letzten 13 bis 15 Jahren habe keinerlei Kontakt mehr bestanden.
Mit streitgegenständlichem Leistungsbescheid des Beklagten vom ... Januar 2014, zugestellt am ... Januar 2014, wurde die Klägerin verpflichtet, die durch den Sterbefall von Frau ... verursachten Kosten in Höhe von 2.184,00 Euro zu bezahlen.
Der Beklagte begründete seine Forderung im Wesentlichen wie folgt: Rechtsgrundlage für den Bescheid sei Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG i. V. m. § 15 Satz 1 und § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BestV. Als Tochter der Verstorbenen sei die Klägerin bestattungspflichtige Angehörige. Da sie ihrer gesetzlichen Bestattungspflicht nicht nachgekommen sei und keinen Bestattungsauftrag erteilt habe, habe die Beklagte als Ordnungsbehörde nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG für die Überführung des Leichnams ins Krematorium sorgen müssen. Die Klägerin sei verpflichtet, die durch die Ersatzmaßnahme entstanden Kosten zu bezahlen. Es handle sich hierbei um einen öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, der unabhängig davon bestehe, wer zivilrechtlich die Bestattungskosten zu tragen habe. Da die von der Gemeinde im Wege der Ersatzvornahme besorgte Bestattung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erfolgt sei, spielten Erwägungen, wer der endgültig Kostentragungspflichtige sei, keine Rolle. Aus dem gleichen Grund seien - anders als im Zivilrecht, wo unter bestimmten Voraussetzungen die Inanspruchnahme eines Unterhaltspflichtigen grob unbillig sein könne - die familiären Verhältnisse beim Erstattungsanspruch nach Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BestG nicht von Belang. Von der Kostenforderung könne nicht abgesehen werden, da das Ermessen in der Regel auf Null reduziert sei, weil die Gemeinde schon nach haushaltsrechtlichen Grundsätzen (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 GO) verpflichtet sei, die Kosten vom Pflichtigen zu erheben. Eine Härtefallregelung sei weder im Bestattungsgesetz noch in der Bestattungsverordnung vorgesehen. Die Bestimmungen des Bayerischen Bestattungsrechts würden ausschließlich auf das Verwandtschafts- bzw. Schwägerschaftsverhältnis abstellen, ohne dass die persönliche Beziehung oder Nähe zwischen dem Verstorbenen und seinen Angehörigen berücksichtigt werden könnte. Die Kostentragungspflicht müsse von der Kostentragungsfähigkeit unterschieden werden. Dies bedeute, dass die Frage, ob es den Angehörigen sowohl aus persönlichen und/oder finanziellen Gründen zugemutet werden könne, die Bestattungskosten zu tragen, nicht von der Friedhofsverwaltung ..., sondern ausschließlich vom zuständigen Sozialhilfeträger zu prüfen und zu entscheiden sei.
Dem Bescheid beigefügt ist in Kopie die Rechnung des Bestattungsinstituts ... in Höhe von 1.862,00 Euro, aus der die einzelnen Leistungen und deren Kosten hervorgehen. Darüber hinaus liegt der Friedhofsgebührenbescheid Nr. ... des Beklagten vom ... Januar 2014 bei, in dem die Klägerin aufgrund der Gebührensatzung vom 1. November 2011 in Höhe von 322,00 Euro in Anspruch genommen wird.
Gegen den Bescheid vom ... Januar 2014 hat die Klägerin, vertreten durch den Prozessbevollmächtigten, mit Schriftsatz vom ... Februar 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2014, zugestellt am ... Januar 2014, Az. Nr. ..., aufzuheben.
Zur Begründung führte der Bevollmächtigte der Klägerin im Wesentlichen wie folgt aus: Die Heranziehung der Klägerin zur Tragung der Bestattungskosten sei im konkreten Fall ermessensfehlerhaft erfolgt. Zunächst sei der Beklagte davon ausgegangen, dass ihm überhaupt kein Ermessen zustehe, da aus haushaltsrechtlichen Gründen eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Die entsprechende Bestimmung im Bestattungsgesetz räume dem Beklagten jedoch ausdrücklich Ermessen ein. Es gebe auch keinen Grundsatz, wonach in gebührenrechtlichen Fragen immer das Haushaltsrecht einseitig zulasten des gesetzlich Verpflichteten ausschlage. In anderen Bundesländern gebe es durchaus divergierende Regelungen, die auf Einzelfälle, also besondere Härten, Rücksicht nehmen würden. Die Klägerin sei aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, die Kosten zu tragen. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Übernahme durch den Sozialhilfeträger abgelehnt worden sei. Letztlich sei es allerdings auch nicht sinnvoll, Kosten von einem staatlichen Haushaltspunkt in den anderen hin und her zu schieben. Die Übernahme der Kosten sei für die Klägerin unzumutbar, da sie zu ihrer Mutter weder eine emotionale noch eine wirtschaftliche Beziehung gehabt habe. Es werde auf ein aktuelles Urteil des BGH hingewiesen, in dem es um Unterhaltspflichten der Kinder für ihre Eltern gehe. Eine Unterhaltspflicht bestehe nur, wenn die Kinder entsprechendes Vermögen hätten, was bei der Klägerin nicht gegeben sei. Die Eltern müssten zudem ihren eigenen Unterhaltspflichten nachgekommen sein. Dies sei nur dann der Fall, wenn sie wenigstens bis zum 18. Lebensjahr für ihre Kinder tatsächlich gesorgt hätten. Die Klägerin sei mit 13 Jahren aus dem elterlichen Haus entfernt worden. Die Mutter der Klägerin habe sich ihrer Unterhaltspflicht entzogen und sei weder in der Vermögens- noch in der Personensorge ihren Pflichten nachgekommen. Vor diesem Hintergrund sei hier ein Ausnahmefall anzunehmen, da es der Klägerin unzumutbar sei, die Kosten zu übernehmen. Dies sei in keinem Punkt in die Ermessensentscheidung der Beklagten eingeflossen. Aufgrund dieses klaren Ermessensfehlers in Form des Nichtgebrauchs des Ermessens, behauptete Ermessensreduzierung durch den Beklagten sowie Fehlgebrauch durch Nichtberücksichtigung erheblicher Punkte müsse der Bescheid aufgehoben werden.
Der Bevollmächtigte des Beklagten hat mit Schriftsatz vom ... März 2014 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der klageweise angegriffene Bescheid des Beklagten vom ... Januar 2014 sei formell und materiell rechtmäßig. Es werde auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid verwiesen. Ergänzend werde vorgetragen, dass die Heranziehung der Klägerin nicht ermessensfehlerhaft erfolgt sei. Dem Bescheid lasse sich insbesondere nicht entnehmen, dass der Beklagte das ihm zustehende Ermessen nicht erkannt habe. Vielmehr habe sich, wie von dem Beklagten zutreffend dargestellt, das Ermessen auf Null reduziert. Es handle sich um einen Fall des sogenannten intendierten Ermessens. Die in den Bestattungsvorschriften genannten Angehörigen würden den Verstorbenen im Sinne einer Solidargemeinschaft ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit. Dementsprechend gehe es bei der Bestattungspflicht und der daraus resultierenden Kostentragungspflicht vor allem darum, die private Verantwortungssphäre von derjenigen der Allgemeinheit abzugrenzen. Ermessenserwägungen seien daher nur im Fall außergewöhnlicher Umstände angezeigt. Solche seien vorliegend nicht vorgetragen worden und würden sich auch nicht allein daraus ergeben, dass zwischen Mutter und Tochter kein Kontakt mehr bestanden hatte. Art und Umfang der persönlichen Beziehungen seien grundsätzlich unerheblich. Insoweit werde auf die ständige Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs München (z. B.
Mit Schriftsatz vom ... November 2013 trug der Bevollmächtigte der Klägerin Bezug nehmend auf die Umstände, die zum Auszug der Klägerin mit 13 Jahren geführt hatten, im Wesentlichen vor: Die Klägerin sei bereits vorher phasenweise immer wieder bei Pflegeeltern gewesen, weil ein normales Familienleben mit ihrem Vater und ihrer Mutter nicht möglich gewesen sei. Von Seiten der Mutter sei ihr gegenüber dabei immer deutlich gemacht worden, dass sie eigentlich keine Kinder gewollt habe. Die Klägerin sei für ihre persönliche Situation, die für die Mutter sehr belastend gewesen sei, verantwortlich gemacht worden. Auslöser für den Auszug mit 13 Jahren sei gewesen, dass der Vater sie erneut verprügelt habe und die erhaltenen Schläge so schlimm gewesen seien, dass es angezeigt gewesen war, dass die Klägerin die Familie verlässt. Bereits vorher sei die Klägerin auch bei einem Psychiater in Behandlung gewesen. Es sei insofern auch zu einer Anzeige einer Bekannten gegen den Vater gekommen. Die Mutter der Klägerin habe dies zumindest geduldet, sie sei in keiner Form eingeschritten.
In der mündlichen Verhandlung legte der Unterbevollmächtigte ein Schreiben der Klägerin vom ... April 2014 an ihren Anwalt vor. Daraus geht hervor, dass die LBS der Klägerin mitgeteilt hat, dass ihre Mutter einen Bausparvertrag abgeschlossen hat. In diesem sei keine begünstigte Person eingetragen. Sie habe der Bausparkasse schriftlich mitgeteilt, dass sie das Erbe ausgeschlagen habe.
Der Beklagtenbevollmächtigte erklärte, es könne nicht recherchiert werden, ob auf diesem Bausparvertrag Geld für die Beerdigung sei. Im Übrigen könnte der Beklagte darauf nicht zugreifen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Leistungsbescheid des Beklagten vom ... Januar 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO-.
1. Der streitgegenständliche Leistungsbescheid vom ... Januar 2014 findet seine Rechtsgrundlage in Art. 14 Abs. 2 Satz 2 Bestattungsgesetz - BestG. Danach kann eine Gemeinde von einem Bestattungspflichtigen Ersatz der notwendigen Kosten verlangen, wenn sie gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BestG für die Bestattung des Verstorbenen Sorge tragen musste, weil der nach § 15 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 2 Bestattungsverordnung -BestV- Bestattungspflichtige seiner Bestattungspflicht nicht nachgekommen ist und Anordnungen nach Art. 14 Abs. 1 BestG nicht möglich, nicht zulässig oder nicht erfolgsversprechend gewesen sind.
a) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Als Tochter der Verstorbenen gehört die Klägerin zum Kreis derjenigen Angehörigen, die gemäß Art. 15 Abs. 1 BestG i. V. m. §§ 15, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b BestV bestattungspflichtig sind. Die Bestattung der Verstorbenen musste vorliegend von dem Beklagten von Amts wegen durchgeführt werden, da eine Bereitschaft der Klägerin, selbst für die Bestattung ihrer Mutter Sorge zu tragen, nicht erkennbar war. Aus der Mitteilung an die Friedhofsverwaltung vom ... Mai 2014 ergibt sich, dass die Klägerin telefonisch über den Tod ihrer Mutter unterrichtet worden war und sie angab, sich keinesfalls um die Bestattung zu kümmern und es ihr völlig egal sei, was mit ihrer Mutter passiere. Aufgrund ihrer ausdrücklichen Weigerung versprach eine Anordnung gegenüber der Klägerin keinen Erfolg, so dass die Bestattung von dem Beklagten veranlasst werden musste. Weitere bestattungspflichtige Angehörige, die ggf. gemäß § 15 Satz 2 BestV vorrangig zur Tragung der Bestattungskosten herangezogen werden müssten, sind nicht bekannt.
b) Der Umstand, dass die Klägerin die Erbschaft ausgeschlagen hat, steht der Kostenforderung nicht entgegen. Die Ausschlagung einer Erbschaft führt nur zu einer Befreiung des Erben von solchen Verbindlichkeiten, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus einem anderen Rechtsgrund werden von der Ausschlagung der Erbschaft dagegen nicht berührt (OVG Saarland, U.v. 27. 12. 2007 - 1 A 40/07 - juris). Bei der Bestattungspflicht und der hieran anknüpfenden Kostenerstattungspflicht handelt es sich um öffentlich-rechtliche Pflichten, die sich aus dem Sicherheits- und Ordnungsrecht ergeben und durch das Zivilrecht nicht verdrängt werden (BVerwG, B.v. 19. 8. 1994 - 1 B 149/94 - juris Rn.5). Für den öffentlich-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ist deshalb nicht maßgebend, ob die Klägerin zugleich auch Erbin ihrer verstorbenen Mutter geworden ist.
c) Aus demselben Grunde kommt es vorliegend auch nicht entscheidungserheblich darauf an, ob sich auf dem von der Mutter der Klägerin geschlossenen Bausparvertrag genügend Geld für Kosten der Beerdigung befindet. Der Beklagte muss sich hierauf nicht verweisen lassen, da es der Klägerin und nicht dem Beklagten obliegt, ggf. zivilrechtliche Regressansprüche gegenüber dem Erben geltend zu machen und zu diesem Zweck weitergehende Nachforschungen zu betreiben, ob und in welcher Höhe die Verstorbene weiteres Vermögen hinterlassen hat (vgl. VG München, U.v. 20.9.2012 - M 12 K 12.3611 - juris Rn. 32).
d) Die Ermessensausübung des Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden, § 114 VwGO. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind Ermessensfehler nicht erkennbar. Der Beklagte ist bei seiner Entscheidung, die Klägerin zur Tragung der entstanden Bestattungskosten heranzuziehen, zutreffend davon ausgegangen, dass es sich um einen Fall des sog. intendierten Ermessens handelt. Daraus folgt, dass in der Regel nur die Entscheidung für die Inanspruchnahme des Pflichtigen ermessensfehlerfrei ist (BayVGH, B.v. 9. 6. 2008 - 4 ZB 07.2815 - juris Rn. 6). Anders als im Zivilrecht besteht die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht und infolgedessen auch die Verpflichtung, die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen, unabhängig davon, ob die Familienverhältnisse zu dem Verstorbenen intakt gewesen waren (Klingshirn in Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Stand April 2014, Erl. XIX Rn. 7). Da die Bestattungspflicht vorrangig der Gefahrenabwehr und der Einhaltung der Bestattungsfristen dient, knüpft das Gesetz die Bestattungspflicht vielmehr formal an die Verwandtschaft zum Verstorbenen. Hintergrund der gesetzlichen Regelung in Art. 15 Abs. 2 BestG und §§ 1, 15 BestV ist dabei der Gedanke, dass die in diesen Vorschriften genannten Angehörigen eines Verstorbenen diesem im Sinne einer Solidargemeinschaft - ungeachtet ihrer persönlichen Beziehungen zueinander - allein schon aufgrund der familiären Verbundenheit regelmäßig näher stehen als die Allgemeinheit (BayVGH, B.v. 17.1.2013 - 4 ZB 12.2374 - juris Rn. 7). Dies entspricht auch dem Interesse der Allgemeinheit an der rechtmäßigen, wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Steuergeldern. Eine Pflicht, im Bestattungsgesetz eine Ausnahme oder Einschränkung der Bestattungspflicht in Fällen vorzusehen, in denen die familiären Verhältnisse gestört waren, besteht aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht (BayVGH, B.v. 9.6.2008 a. a. O.).
Ermessenserwägungen sind deshalb lediglich im Fall außergewöhnlicher Umstände, die ein Absehen von der Rückforderung rechtfertigen können, angezeigt (BayVGH, B.v. 9.6.2008 a. a. O.). Solche außergewöhnlichen Umstände kommen nur bei schweren Straftaten des Verstorbenen zulasten des an sich Bestattungspflichtigen, die zu einer Verurteilung des Verstorbenen geführt haben, in Betracht (HessVGH, U.v. 26.10.2011 - 5 A 1245/11 - juris; BayVGH, B.v. 9.6.2008 a. a. O.; BayVGH, U.v. 17. 1. 2013 - 4 ZB 12.2374).
Ein derartiger Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben. Die von der Klägerin geschilderten Unterhaltspflichtverletzungen ihrer Mutter stellen zwar Verfehlungen der Verstorbenen dar; diese sind jedoch nicht mit schweren Straftaten von erheblichem Gewicht gleichzusetzen (HessVGH, U.v. 26.10.2011 a. a. O.; BayVGH, B.v. 17. 1. 2013, a. a. O.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin beschriebenen schwierigen familiären Verhältnissen, unter denen sie aufwachsen musste und die schließlich zur ihrer Unterbringung in einem Kinderdorf im Alter von 13 Jahren geführt haben. Die Klägerin gab vorliegend an, dass ihre Mutter ihr keine Hilfe leistete, als sie von ihrem Vater körperlich misshandelt wurde und die Übergriffe duldete. Wie oben ausgeführt, knüpft die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht jedoch gerade nicht daran an, ob die familiären Verhältnisse zwischen dem Verstorbenen und seinen Angehörigen intakt waren. Da die familiäre Verbundenheit nicht Voraussetzung der Bestattungspflicht ist, besteht diese auch in Fällen, in denen die familiären Verhältnisse gestört waren. Das Verhalten der Mutter der Klägerin hat zu keiner strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung der Verstorbenen geführt. Ein Ausnahmefall lässt sich insoweit nicht bejahen (vgl. VG Würzburg, U.v. 5.9.2012 - W 2 K 11.132 - juris Rn. 20). Aus denselben Erwägungen vermag auch die Entfremdung zwischen Mutter und Tochter infolge des fehlenden Kontakts ein Absehen von der Kostentragungspflicht nicht zu begründen (vgl. HessVGH, U.v. 26.10.2011 a. a. O., BayVGH, B.v. 17.1.2013 a. a. O.).
Ein Verstoß gegen das rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeitsgebot liegt hierin nicht. Denn soweit der Bestattungspflichtige nicht der Erbe ist und keine zivilrechtlichen Regressansprüche gegenüber anderen Privatpersonen hat, besteht nach § 74 Abs. 3 SGB XII die Möglichkeit der Übernahme bzw. Erstattung der Kosten durch den Sozialhilfeträger, soweit es den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. Eine Unzumutbarkeit der Kostentragung kann dabei nicht nur aus finanziellen Gründen gegeben sein, sondern auch bei einer Unbilligkeit der Kostentragung aus persönlichen Gründen (BayVGH, B.v. 9.6.2008 - 4 ZB 07.2815 - juris Rn. 8). Ob sich eine Unzumutbarkeit im vorliegenden Fall aus den vorgetragenen persönlichen Gründen ergibt und die Ablehnung der Kostenerstattung durch den Sozialhilfeträger rechtmäßig war, vermag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch nicht überprüft zu werden.
e) Einwände gegen die Höhe der von der Beklagten geltend gemachten Bestattungskosten wurden nicht erhoben. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich.
Aus alledem ergibt sich, dass der angegriffene Bescheid rechtmäßig und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt ist.
2. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
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Annotations
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.
Die erforderlichen Kosten einer Bestattung werden übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.