Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Juli 2015 - M 1 K 14.50581

published on 01/07/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 01. Juli 2015 - M 1 K 14.50581
ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile

Gericht

There are no judges assigned to this case currently.
addJudgesHint

Tenor

I.

Die Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. September 2014 werden aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Die Kläger sind eigenen Angaben zufolge nigerianischer Staatsangehörigkeit; der Kläger zu 1) reiste am 4. Juni 2014 in das Bundesgebiet ein, die Kläger zu 2) und 3) bereits vorher. Sie beantragten hier am 14. Juli 2014 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

Bei ihrer getrennten Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 14. Juli 2014 gaben die Kläger zu 1) und 2) jeweils an, Nigeria im Jahr 2007 verlassen und fünf Jahre in Libyen und zwei Jahre in Italien gelebt zu haben. Laut Eurodac-Treffermeldungen vom 1. September 2014 liegen in Italien Asylanträge der Kläger zu 1) und 2) vor. Wiederaufnahmegesuche des Bundesamts nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an die zuständige italienische Stelle vom 1. September 2014 sind unbeantwortet geblieben.

Mit Bescheiden vom 29. September 2014 wurden die Asylanträge der Kläger als unzulässig abgelehnt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Italien angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Asylanträge seien gemäß § 27a Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) unzulässig, da Italien aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung der Anträge zuständig sei (Nichtbeantwortung des Übernahmegesuchs innerhalb von zwei Wochen). Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Der Bescheid wurde den Klägern zu 2) und 3) am 2. Oktober 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt; an den Kläger zu 1) wurde er am 30. September 2014 mit normalem Brief versandt.

Am ... Oktober 2014 erhoben die Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München sinngemäß mit dem Antrag,

die Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. September 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wird vorgetragen, Ende September 2014 sei ein weiteres Kind geboren worden; Nachweise hierzu würden vorgelegt. Die Familie verfüge in Italien über kein familiäres oder soziales Netzwerk, das sie unterstütze. Das Bundesamt habe keine Vorkehrungen getroffen, die sicherstellen würden, dass die Familie im italienischen Asylsystem korrekt aufgenommen werde. Aufgrund der in Italien herrschenden Verhältnisse (Obdachlosigkeit, eingeschränkter Zugang zu medizinischer Versorgung, unzureichende Versorgung von Traumatisierten und psychisch Kranken) hätten einige deutsche Verwaltungsgerichte gegen eine Überstellung nach Italien entschieden. Für die Klägerin zu 2) wurde ein ärztlicher Befundbericht des LMU Klinikums der ... Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie - vom ... Oktober 2014 vorgelegt, nach dem sie unter einer affektiven psychiatrischen Erkrankung leide und dadurch erheblich in ihrer allgemeinen Belastbarkeit eingeschränkt sei; daher sei die Notwendigkeit für eine ambulante akutpsychiatrische Behandlung gegeben.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 die Behördenakte vor. Ein Klageantrag wurde nicht gestellt.

Mit Beschluss vom 17. November 2014 hat das Gericht die Anträge der Kläger auf vorläufigen Rechtschutz nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) abgelehnt mit der Maßgabe, dass die Beklagte eine Abschiebung der Kläger nach Italien erst durchführen darf, wenn sie eine Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden eingeholt hat, dass die Familie zusammen untergebracht wird und der Kläger zu 3) eine angemessene Behandlung erfährt. Der Beschluss wurde dem Bevollmächtigten der Kläger am 27. November, der Beklagten am 26. November 2014 zugestellt.

Das Verfahren wurde mit Beschluss der Kammer vom 29. Juni 2015 auf den Einzelrichter übertragen.

Die Beteiligten haben auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht kann durch den Einzelrichter entscheiden, nachdem ihm das Verfahren durch Beschluss der Kammer vom 29. Juni 2015 zur Entscheidung übertragen worden ist (§ 76 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz - AsylVfG). Die Entscheidung kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage hat Erfolg.

1. Sie ist zulässig, insbesondere sind die Kläger klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Aus ihrem Vorbringen lässt sich herleiten, dass sie - sollten sich die Bescheide als objektiv rechtswidrig erweisen - möglicherweise in eigenen Rechten verletzt sind. Denn die angefochtenen Regelungen belasten sie in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht aus §§ 4, 24, 31 AsylVfG auf Prüfung ihres Schutzgesuchs durch die Beklagte.

Die Klage wurde auch fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der angegriffenen Bescheide erhoben (§ 74 Abs. 1 AsylVfG).

2. Die Klage ist auch begründet. Die streitgegenständlichen Bescheide des Bundesamts sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung war die Überstellungsfrist bereits abgelaufen.

Maßgebliche Rechtsvorschrift zur Bestimmung des zuständigen Staates ist vorliegend die am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Diese findet gemäß Art. 49 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO auf alle in der Bundesrepublik ab dem 1. Januar 2014 gestellten Anträge auf internationalen Schutz Anwendung, mithin auch auf das im Juni 2014 gestellte Schutzgesuch der Kläger.

Unabhängig von der Frage, ob die Asylanträge wirklich unzulässig waren und die Abschiebung nach Italien angeordnet werden durfte, ist die Bundesrepublik jedenfalls nunmehr durch Zeitablauf für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der Sechsmonatsfrist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (BayVGH, B. v. 11.5.2015 - 13a ZB 15.50006 - Rn. 4 f.).

Im vorliegenden Fall ist die Überstellung nicht in diesem Sinne fristgemäß erfolgt. Die sechsmonatige Frist beginnt nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat. Die Frist begann nach diesen Maßstäben hier mit der - gemäß Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 der Dublin III-VO fingierten - Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch Italien am 16. September 2014 (2 Wochen nach dem Übernahmeersuchen v. 1.9.2014).

Die Frist zur Überstellung der Kläger nach Italien wurde auch nicht durch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung vom 8. Oktober 2014 für die Dauer des gerichtlichen Verfahrens, hier also bis zum Maßgabebeschluss vom 17. November 2014, unterbrochen oder gehemmt (vgl. OVG NRW, B. v. 8.9.2014 - 13 A 1347/14.A - juris Rn. 5 ff. m. w. N.). Allerdings spielt der insoweit bestehende Meinungsstreit vorliegend keine Rolle, weil selbst seit Zustellung des Beschlusses vom 17. November 2014 am 26 und 27. November 2014 sechs Monate vergangen sind.

Auch lagen keine Gründe für eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO vor. Die sechsmonatige Frist ist daher im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung bereits abgelaufen.

Unerheblich ist insoweit, dass der ablehnende Beschluss vom 17. November 2014 mit der Maßgabe ergangen ist, dass die Beklagte eine Abschiebung der Kläger nach Italien erst durchführen darf, wenn sie eine Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden eingeholt hat, dass die Familie zusammen untergebracht wird und der Kläger zu 3) eine angemessene Behandlung erfährt. Die Beklagte hat nicht mitgeteilt, dass diese Maßgabe nicht eingetreten ist oder nicht erfüllbar war.

Das Verstreichen der Überstellungsfrist hat gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zur Folge, dass der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet ist und die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat übergeht. Die Zuständigkeit für die Prüfung der Asylanträge der Kläger ist damit auf die Beklagte übergegangen.

Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass eine Umdeutung des „Dublin-Bescheids“ in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG aus prozessualen und materiellen Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. BayVGH, B. v. 18.5.2015 - 11 ZB 14.50053 - juris Rn. 15 ff.).

3. Die Kläger sind auch in ihren Rechten verletzt. Zwar begründen die Bestimmungen der Dublin III-VO grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Wenn allerdings die Überstellungsfrist abgelaufen und der ursprünglich zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Übernahme bereit ist, besteht allein die Zuständigkeit der Beklagten. Der Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens kann dann als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem dann zuständigen Staat geltend gemacht werden (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 5.5.2015 - 22 K 2179/15.A - juris Rn. 15).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu {{shorttitle}}
{{count_recursive}} Urteilsbesprechungen zu {{shorttitle}}

8 Referenzen - Gesetze

moreResultsText

{{title}} zitiert {{count_recursive}} §§.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
2 Referenzen - Urteile
{{Doctitle}} zitiert oder wird zitiert von {{count_recursive}} Urteil(en).

published on 05/05/2015 00:00

Tenor Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 23. Januar 2015 wird aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 21/09/2015 00:00

Tenor I. Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 2014 wird aufgehoben. II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung d
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.