Verwaltungsgericht München Beschluss, 17. Aug. 2018 - M 9 S 18.3849

bei uns veröffentlicht am17.08.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,– festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine Nutzungsuntersagung.

Die Nutzungsuntersagung bezieht sich auf das Grundstück FlNr. …, Gemarkung B. Die Antragstellerin ist Pächterin des Grundstücks.

Im Rahmen einer Feuerbeschau durch Beschäftigte der Gemeinde B. vom 7. Juni 2018 wurden verschiedene Mängel festgestellt (vgl. Protokoll vom 13. Juni 2018, Bl. 5f. d. Behördenakts – i.F.: BA –). Am 5. Juli 2018 führte das Landratsamt M. – i.F.: Landratsamt – einen weiteren angekündigten (vgl. Bl. 7 d. BA) Ortstermin durch (Protokoll auf Bl. 8ff. d. BA).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16. Juli 2018, Az. … …, mit Anschreiben vom 26. Juli 2018 am 26. Juli 2018 in den Postauflauf gegeben (Bl. 164 d. BA), forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, folgende Räume im Hotel R., nicht Südflügel, ab Zustellung des Bescheids nicht mehr zu nutzen und nicht durch andere nutzen zu lassen: im Kellergeschoss > Sauna, Fitness, Spielzimmer, Kosmetik; 2. Obergeschoss > Zimmer Nrn. 301 bis 312; 3. Obergeschoss > Zimmer Nrn. 401 bis 410 u. 412 (Ziff. I). Für den Fall nicht fristgerechter Erfüllung wurde zu Ziff. I für jede untersagte Nutzungseinheit ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 500,– angedroht (Ziff. II). Mit Ziff. III wurde die sofortige Vollziehung von Ziff. I angeordnet; für den Fall, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung wegfalle, sei die Verpflichtung unverzüglich nach Unanfechtbarkeit der Nutzungsuntersagung zu erfüllen.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung beruhe auf Art. 54 Abs. 4 BayBO. Für sämtliche Aufenthaltsräume müssten zwei voneinander unabhängige Rettungswege ins Freie vorhanden sein. Der erste Rettungsweg müsse hierbei über eine notwendige Treppe führen, die in einem eigenen durchgehenden Treppenraum liegen müsse. Ein derartiger notwendiger Treppenraum sei zwar grundsätzlich vorhanden, aber mangelhaft. Zum Zeitpunkt der Begehung seien zumindest folgende Mängel festgestellt worden: Brandlasten wie z.B. Sitzmöbel, fehlende Fluchtweg-Piktogramme, fehlende erforderliche F-30-Verglasung an der Rezeption und fehlende RDS-Qualität der Tür vom Eingangsbereich des Hotels in den Salon. Hinsichtlich des zweiten Rettungsweges gelte für das 2. und 3. Obergeschoss, dass die Feuerwehr B. nicht über die notwendigen Rettungsgeräte verfüge. Die Räume im Kellergeschoss verfügten zudem nur über Fenster, die ihrer zu hohen Anordnung – mehr als 1,20 m über der Fußbodenoberkante – wegen nicht nutzbar seien. Die vorgefundenen Mängel innerhalb der Rettungswege stellten insgesamt eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen dar. Die Nutzungsuntersagung sei an die Antragstellerin als derzeitige Pächterin und damit als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt gerichtet worden. Sie sei nach pflichtgemäßem Ermessen angeordnet worden: Die Nutzungsuntersagung sei das einzige geeignete Mittel, die Gefährdung der sich in den betroffenen Räumen aufhaltenden Personen auszuschließen. Sie sei auch angemessen, weil das in erster Linie wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin keinesfalls über das Leben und die Gesundheit von Menschen gestellt werden dürfe. Es handele sich zudem um den Fall eines intendierten Ermessens. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertige sich daraus, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden müsse. Von einer Anhörung habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat am 6. August 2018 namens und im Auftrag der Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben.

Vorliegend beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 16. Juli 2018 wiederherzustellen und

ausdrücklich den Erlass einer Schiebeverfügung.

Zum Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird – vertiefend mit weiterem Schriftsatz vom 16. August 2018 – ausgeführt: Die der Nutzung des Hotels zugrunde liegende Baugenehmigung gehe davon aus, dass der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr sichergestellt werde. Es sei unstreitig, dass die Feuerwehr R. über ein Gerät verfüge, mit dem Personen, die sich im 2. und 3. Obergeschoss befänden, gerettet werden könnten. Die Hilfsfrist, die unstreitig – jedenfalls um 33 Sekunden – nicht eingehalten werden könne, habe auch zum Zeitpunkt der Genehmigung nicht eingehalten werden können. Der Antragstellerbevollmächtigte habe dem Landratsamt weiter bereits mit Schreiben vom 18. Juli 2018 mitgeteilt, dass die Sauna und der Fitnessraum im Kellergeschoss bereits außer Betrieb genommen worden seien; weiter sei ein Teil der am ersten Rettungsweg festgestellten Mängel beseitigt worden. Hinsichtlich der noch nicht ausgetauschten Verglasungen werde – wie ebenfalls unter dem 18. Juli 2018 mitgeteilt worden sei – die Rezeption ab dem 19. Juli 2018 als Sofortmaßnahme 24 Stunden bis zur Ausführung der Arbeiten besetzt. Damit sei im Brandfall eine sofortige Alarmierung der Feuerwehr sichergestellt. Dies sei in Abstimmung mit Hr. Dipl.-Ing. D., Nachweisberechtigter für vorbeugenden Brandschutz sowie Fachingenieur und Fachbauleiter Brandschutz, erfolgt; Hr. Dipl.-Ing. D. habe mit – dem Landratsamt vorab per Telefax übermitteltem – Schreiben vom 23. Juli 2018 die Geeignetheit dieser Maßnahme bestätigt, die Zeit bis zum Einbau der fehlenden Brandschutzelemente zu überbrücken. Weiter habe der Bevollmächtigte dem Landratsamt mit Schreiben vom 25. Juli 2018 mitgeteilt, dass zusätzlich weitere vier Rauchmelder in dem fraglichen Bereich im Erdgeschoss installiert worden seien. Das Landratsamt habe gegen Art. 24 BayVwVfG verstoßen, da es all diese vor Bescheiderlass – der nur vordatiert gewesen sei – bekannten Umstände nicht mehr gewürdigt habe. Dieser Fehler sei auch nach Art. 46 BayVwVfG erheblich. Auch zeige allein der zeitliche Verlauf – Ortsbesichtigung am 5. Juli 2018, Versendung des Bescheids erst am 26. Juli 2018 – und die Tatsache, dass alle Eingaben ignoriert worden seien, dass von der Anhörung der Antragstellerin nicht nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG habe abgesehen werden können. Auch die Verletzung der Grundpflicht zur Anhörung führe zur Aufhebung des Bescheids. Ferner sei ein Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG gegeben, da unklar sei, was die fehlende „F-30-Verglasung an der Rezeption“ alles umfasse. Der Bescheid leide auch an erheblichen materiellen Fehlern: Bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO lägen nicht vor. Wie der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Oktober 2017 – Az. 15 CS 17.1055 – im Umkehrschluss zeige, liege keine Gefahr i.S.v. Art. 54 Abs. 4 BayBO vor, wenn ein erster Rettungsweg in einem bestandsgeschützten Gebäude vorliege, der den aktuellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen genüge. Aufgrund der durchgeführten Sofortmaßnahmen sei nicht damit zu rechnen, dass der erste Rettungsweg im Falle eines Brandes vorzeitig unbrauchbar werde; die Gefahr einer vorzeitigen Unbenutzbarkeit werde dramatisch reduziert und damit höchst unwahrscheinlich. Damit stehe fest, dass durch die Sofortmaßnahmen keine erhebliche Gefahr mehr bestehe. Die Nutzungsuntersagung leide zudem an Ermessensfehlern: Dies folge bereits daraus, dass die Sofortmaßnahmen im Bescheid keine Berücksichtigung gefunden hätten. Hinzu komme, dass die Nutzungsuntersagung ohne zeitliche Begrenzung angeordnet worden sei, also selbst dann fortgelte, wenn alle Mängel beseitigt worden seien. Die etwa 2/3 der Gästezimmer eines genehmigten bestandsgeschützten Gebäudes betreffende Nutzungsuntersagung sei zudem unverhältnismäßig und stelle einen unzulässigen Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar; die Antragstellerin habe sofort Maßnahmen ergriffen, um die Mängel zu beheben. Dies folge auch aus dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, a.a.O.; dem dortigen Antragsteller sei durch Einrichtung einer Sicherheitswache eine Übergangsfrist von 3 Monaten zugestanden worden, obwohl ihm die Mängel seit Jahren bekannt gewesen seien.

Zum Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses wird ausgeführt: Der Erlass einer Schiebeverfügung sei dringend geboten, sollte sich das Landratsamt nicht dazu bereiterklären, bis zur Entscheidung des Gerichts von Vollzugsmaßnahmen und Zwangsgeldfestsetzungen abzusehen. Es sei bereits ein Teil der festgestellten Mängel behoben, im Übrigen seien bezüglich zweier Mängel Kompensationsmaßnahmen getroffen worden. Gegenüber dem Vollzugsinteresse wögen die wirtschaftlichen Einbußen während der Hauptsaison und der Imageverlust bei einer zwangsweisen Schließung des Hotels weit schwerer.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Anordnung beruhe darauf, dass der erste Rettungsweg mängelbehaftet und der zweite Rettungsweg nicht vorhanden sei. Auch nach Abstimmung mit der Regierung von Oberbayern (Brandschutzberater) werde die Ansicht vertreten, dass die Brandwache keine Kompensationsmaßnahme für die Mängel des ersten Rettungswegs darstellen könne. Nachdem dieser Mangel bereits im Eingangsbereich und damit an der Basis des ersten Rettungswegs bestehe, sei die etwaige Beseitigung der übrigen Mängel im weiteren Verlauf des ersten Rettungswegs von untergeordneter Bedeutung. Hinsichtlich des zweiten Rettungswegs fehle es an der Voraussetzung, dass die Feuerwehr R., die alleine über ein benötigtes Hubrettungsfahrzeug verfüge, rechtzeitig – mithin innerhalb der zulässigen Hilfsfrist von zehn Minuten – vor Ort sein könne; der zweite Rettungsweg aus den jeweiligen Zimmern führe jeweils über Balkone oder Fenster, deren anleiterbare Höhe deutlich mehr als die zulässigen 8 m betrage. Formelle Fehler bei Bescheiderlass lägen nicht vor. Das Landratsamt habe sich mit dem Schriftsatz des Antragstellerbevollmächtigten vom 18. Juli 2018 ausführlich beschäftigt, was auch der zeitliche Ablauf zeige; die verstrichene Zeit bis zum Auslauf des Bescheids sei nur der Tatsache geschuldet, dass die Argumente noch einer weiteren Prüfung unterzogen worden seien. Inhaltlich habe das Landratsamt aber keinen Änderungsbedarf gesehen. Wegen der weiteren Inhalte wird auf die Antragserwiderung Bezug genommen, § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO entsprechend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist zulässig, aber unbegründet (1.), wohingegen der ausdrückliche Antrag auf einen Hänge- bzw. Schiebebeschluss bereits unzulässig ist (2.).

1. Der Eilantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Es überprüft dabei die formelle Ordnungsmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs (a) und trifft inhaltlich eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche Vollzugsinteresse oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt (b). Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs, § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO.

a) Die Anordnung des Sofortvollzugs ist formell ordnungsgemäß erfolgt. Das Landratsamt war als Ausgangsbehörde für die Anordnung der sofortigen Vollziehung zuständig, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO, eine Anhörung musste insoweit nicht erfolgen (statt aller Eyermann, VwGO, Stand: 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 41). Es wurde weiter eine nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO hinreichende, nicht nur formelhafte Begründung gegeben. Ob diese Begründung inhaltlich vollumfänglich zutrifft, ist von vorn herein irrelevant, da weder eine formelle Rechtmäßigkeit noch gar eine materielle Rechtmäßigkeit der Sofortvollzugsanordnung geprüft werden.

b) Die Interessenabwägung fällt zulasten der Antragstellerin aus; der Bescheid ist nach summarischer Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig, sondern, im Gegenteil, rechtmäßig. Die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage wird voraussichtlich erfolglos bleiben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Nutzungsuntersagung ist nach summarischer Prüfung formell rechtmäßig.

Der Antragstellerin wurde bereits am 5. Juli 2018 der Erlass der Nutzungsuntersagung in Aussicht gestellt (vgl. Vermerk auf Bl. 10f. d. BA). Der Antragstellerbevollmächtigte konnte auch nach seinem eigenen Vortrag in der Folge sowohl telefonisch als auch schriftlich (vgl. Bl. 52ff. und Bl. 131ff. d. BA) alle (Gegen-) Argumente vor Erlass des Bescheids vorbringen – ein Verwaltungsakt ist, auch bei „Vordatierung“, nicht in diesem Sinn erlassen, bevor er von der Behörde abgegeben wird (hier: mit Anschreiben vom 26. Juli 2018) und zugeht (Stelkens u.a., VwVfG, Stand: 9. Aufl. 2018, § 41 Rn. 3). Die Anhörung ist formfrei und kann insbesondere auch (fern-) mündlich erfolgen. Die Antragstellerin hatte somit ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme. Eine weitergehende Pflicht der Behörde zur Auseinandersetzung mit dem Vorgebrachten in der Begründung des Verwaltungsakts besteht nicht; grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Behörde – wie die Gerichte – den ihnen unterbreiteten Vortrag zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, auch wenn sie im Ergebnis dem tatsächlichen Vorbringen nicht gefolgt ist (zum Ganzen statt aller Stelkens u.a., VwVfG, Stand: 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 37f. und Rn. 44). Davon ist auch vorliegend auszugehen (vgl. nur den auf den 24. Juli 2018 datierten Vermerk, Bl. 114 d. BA: „… auch wenn ein Teil der Mängel potentiell bereits behoben ist“). Eine Anpassung der Bescheidbegründung musste somit nicht erfolgen, wie sich auch aus Untenstehendem ergibt.

Nach alledem kommt es nicht mehr darauf an, ob vorliegend auch Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG erfüllt wäre. Weiter würde selbst dann, wenn man einen Verfahrensfehler annehmen wollte – wie nicht –, Art. 46 BayVwVfG eingreifen, da offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (siehe dazu sogleich).

Die Nutzungsuntersagung ist nach summarischer Prüfung materiell rechtmäßig.

Die Nutzungsuntersagung ist bereits deswegen gerechtfertigt, weil der zweite Rettungsweg für das 2. und 3. Obergeschoss – zum Kellergeschoss siehe i.F. – nicht zur Verfügung steht. Dieser soll vorliegend nicht über eine weitere notwendige Treppe, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 BayBO, sondern (nur) über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle nachgewiesen werden, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 BayBO. Dafür fehlt es aber, auch nach Vortrag der Antragstellerin, an der Einhaltung der zehnminütigen Hilfsfrist gemäß Ziff. 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 (VollzBekBayFwG) betreffend Anfahrt und Rettungszeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst und weiter daran, dass – wie bei einem Sonderbau, Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO, zu erwarten ist – die Möglichkeit einer effizienten und zeitnahen sowie zeitgleichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen durch die Feuerwehr zu realisieren ist. Die Feuerwehr R., die alleine über das nach Art. 31 Abs. 3 Satz 1 BayBO notwendige Gerät verfügt, kann nicht binnen zehn Minuten vor Ort sein. Dass sich eine Aufstellung zu der Frist, innerhalb derer die Feuerwehr R. das Anwesen erreichen kann, erst unter dem Datum des 27. Juli 2018 in den Akten findet (Bl. 185 d. BA), ist irrelevant, da das Landratsamt bereits seit 2013 über diesen Kenntnisstand verfügt, da dieses Wissen aktenmäßig festgehalten ist (vgl. die im Verwaltungsvorgang befindlichen Berichte über die Alarmfahrt der Feuerwehr R. vom 5. November 2013, Bl. 186f. d. BA) und da dieser Umstand auch der Fallbeurteilung bereits vor Bescheiderlass zugrunde gelegt wurde, wie sich u.a. aus dem Vermerk über die Besprechung mit der Fachstelle der Regierung von Oberbayern vom 24. Juli 2018 ergibt (Bl. 114f. d. BA). Die Stellungnahme des Kreisbrandrats vom 19. Dezember 2001 (Bl. 118 d. BA), wonach die Hilfsfrist von der Feuerwehr B. eingehalten werden könne, vermag hieran nichts zu ändern, da die Feuerwehr B. gerade nicht über das notwendige Gerät verfügt. Auch die Ausnahme gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 3 BayBO greift vorliegend – offenes Treppenhaus, an diversen Stellen nur RDS-Elemente (vgl. Baupläne, Bl. 12ff. d. BA und Fotos auf Bl. 31ff d. BA) – nicht ein (zu den Anforderungen an Sicherheitstreppenräume Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 31 Rn. 60). Nach alledem liegt eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit unabhängig von der Ertüchtigung des ersten Rettungsweges bereits wegen Fehlens des zweiten Rettungsweges vor (vgl. BayVGH, U.v. 5.2.2015 – 2 BV 14.1202 – juris; U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris; B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris; U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740 – BeckRS 1992, 10676; OVG NW, U.v. 25.8.2010 – 7 A 749/09 –; B.v. 22.7.2002 – 7 B 508/01 – juris; Simon/Busse, BayBO, Stand: 129. EL März 2018, Art. 54 Rn. 176; Schwarzer/König, BayBO, Stand: 4. Aufl. 2012, Art. 31 Rn. 4).

Dies gilt auch unabhängig davon, ob bzw. dass nach Baugenehmigungslage bis dato augenscheinlich vom Vorhandensein eines zweiten Rettungsweges ausgegangen wurde. Art. 54 Abs. 4 BayBO ermöglicht es gerade, Anforderungen auch an bestandsgeschützte bauliche Anlagen zu stellen. Dabei ist irrelevant, ob sich die maßgeblichen Bauvorschriften – hier: Art. 31ff. BayBO – geändert, insbesondere verschärft haben oder nicht; die gegenwärtig geltende Bauordnung ermöglicht es ebenso wenig wie frühere baurechtliche Vorschriften, eine bauliche Anlage in einer Art zu nutzen, die mit entsprechenden Gefahren verbunden ist. Besteht eine solche Gefahr, ist daher eine auf Gefahrenbeseitigung gerichtete Anordnung möglich. Dies gilt besonders dann, wenn die Anordnung – wie hier – dem Schutz von Leben und Gesundheit dient (vgl. OVG NW, U.v. 25.8.2010 – 7 A 749/09 – juris; auch BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris).

Aus der vonseiten des Bevollmächtigten zitierten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris) folgt nichts anderes. Dort waren mehrere bauliche Rettungswege vorhanden, die zwar mängelbehaftet waren, aber nachgerüstet werden konnten. Vorliegend aber fehlt der zweite Rettungsweg vollständig.

Im Hinblick auf das Kellergeschoss fehlt es an den in Art. 35 Abs. 4 Satz 1, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayBO aufgestellten Voraussetzungen. Es wird Bezug genommen auf den Bescheid und die Antragserwiderung. Dieser Mangel könnte durch Einbau von Stufen vor der Brüstung behoben werden (Bl. 8 d. BA); aus den Behördenakten ergibt sich, dass das Landratsamt für diesen Fall – und nach Ertüchtigung des ersten Rettungswegs, siehe dazu sogleich – die Freigabe der Räumlichkeiten im Kellergeschoss in Aussicht stellt (Bl. 10 d. BA, unten).

Unabhängig von alledem ist festzuhalten, dass auch der erste Rettungsweg gegenwärtig nicht zur Verfügung steht, weswegen eine – nicht bestehende, s.o. – Rettungsmöglichkeit mithilfe der Feuerwehr ohnehin keine Kompensation zur Gewährleistung einer am Maßstab von Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sicheren und gefahrfreien Evakuierung darstellen könnte. Dabei wären die hohen tatbestandlichen Hürden des Art. 54 Abs. 4 BayBO – vorausgesetzt wird eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit – vorliegend gar nicht zur Anwendung zu bringen gewesen. Der erste Rettungsweg ist nämlich gerade nicht entsprechend der Baugenehmigung hergestellt worden – es fehlen die im Foyer zum Aufenthaltsraum bzw. zum Empfang hin vorgesehenen F30- und RDS-Elemente –, weswegen ein Bestandsschutz für die Art und Beschaffenheit dieses ersten Rettungswegs ausscheidet (dazu Molodovsky u.a., BayBO, Stand: 38. Update 3/18, Art. 31 Rn. 58). Die hohen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO müssen mithin nicht erfüllt sein, die Nutzung kann bereits auf Basis des Art. 76 Satz 2 BayBO i.V.m. Art. 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO untersagt werden (vgl. zur Auswechslung der Rechtsgrundlage BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris; i.Ü. auch schon BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77 – BeckRS 1980, 108796). Weiter ist eine Brand- oder Sicherheitswache vorliegend nicht geeignet, die genannten Voraussetzungen an die Ausbildung des ersten Rettungswegs zu kompensieren. Die beiden in der Baugenehmigung vorgesehenen und nach Art. 33 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BayBO im Foyer zu verbauenden F30- bzw. RDS-Elemente sollen sicherstellen, dass der erste Rettungsweg – mit dem Foyer als (Zwischen-) Raum i.S.d. Art. 33 Abs. 3 Satz 2 BayBO – möglichst langfristig zur Verfügung steht, d.h. zumindest übergangsweise rauchfrei bleibt und feuer- und wärmebeständig ist, gerade gegenüber Einwirkungen aus anderen Gebäudeteilen, Art. 33 Abs. 1 Satz 2 BayBO; eine Brandwache kann diese Eigenschaften nicht ersetzen (vgl. auch den Vermerk über die Besprechung mit der Fachstelle bei der Regierung von Oberbayern, Bl. 114ff. d. BA). Damit ist auch der in Ziff. 1.2 des IMS vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ – Az. II B 7-4112.420-013/11 ausdrücklich benannte Fall, in dem eine erhebliche Gefahr – allerdings von vorn herein nur: unter anderem – anzunehmen ist, erfüllt: „…oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen.“

Die Anordnung ist auch nicht ermessensfehlerhaft, v.a. nicht unverhältnismäßig. Nachdem der zweite Rettungsweg dauerhaft nicht zur Verfügung steht, ist vorliegend auch das gewählte Mittel der auf bestimmte Räumlichkeiten bezogenen unbeschränkten Nutzungsuntersagung zulässig. Als Dauerverwaltungsakt hat die Behörde die Verfügung ohnehin „unter Kontrolle zu halten“ und gegebenenfalls aufzuheben, sollten sich die Voraussetzungen ändern, weswegen der Antragstellerin mit Blick auf etwaige Lösungsmöglichkeiten (Treppenturm) keine Nachteile entstehen. Dass hierzu auch seitens des Landratsamts die Bereitschaft besteht und die Inhalte zwischen den Beteiligten auch bereits erörtert wurden, ergibt sich an diversen Stellen aus dem Verwaltungsvorgang (u.a. Bl. 11 d. BA). Eine ausdrückliche Tenorierung dieser Maßnahmen ist nicht nur angesichts dessen unnötig. Nachdem v.a. der Anbau eines Treppenturms – wovon auch das Landratsamt zu Recht ausgeht – eine baugenehmigungspflichtige Maßnahme darstellt (Änderung der baulichen Anlage), ist ohnehin ein förmlicher Bauantrag notwendig, der vom Landratsamt verbeschieden werden müsste. Im Zuge dessen wäre auch die Aufrechterhaltung der Nutzungsuntersagung neu in den Blick zu nehmen. Die hinsichtlich des ersten Rettungswegs möglichen baulichen Änderungen wurden zwischen den Beteiligten ausführlich erörtert und ergeben sich auch aus den Gründen des Bescheids. Das Landratsamt geht weiter recht in der Annahme, dass die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin gegenüber den überragend wichtigen Schutzgütern Leben und Gesundheit der Gäste zurückstehen müssen (vgl. nur BayVGH, B.v. 11.10.2017 – 15 CS 17.1055 – juris).

2. Der Antrag auf Erlass eines Hänge- bzw. Schiebebeschlusses ist bereits unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige „Zwischenentscheidung“ erkennbar ist. Dies folgt bereits ohne weiteres daraus, dass die Entscheidungsreife für die „reguläre“ Entscheidung nach den § 80f. VwGO gegeben ist (v.a. wurden die Behördenakten bereits vorgelegt). Dann bedarf es einer derartigen Zwischenentscheidung von vorn herein nicht (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 111).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festlegung eines Kostenanteils für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses war nicht veranlasst, da dieses Verfahren kein selbstständiges Nebenverfahren darstellt (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; VG München, B.v. 2.7.2018 – M 9 SN 18.2593 – juris). Wollte man dies anders sehen, wäre hierfür § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Anwendung zu bringen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. dem vom Bundesverwaltungsgericht herausgegebenen Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i.d.F. der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

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Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regenburg vom 17. Mai 2017 wird in Nr.

I. abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 wird wiederhergestellt, soweit der Antragstellerin aufgegeben wurde, im zentralen Treppenraum (zurzeit Hotelhalle) das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten (Teil II Nr. 5). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss des Hotels (Teil I Nr. 1 Satz 1 des Bescheids) wird unter der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die Anordnung des Sofortvollzugs gemäß Teil I Nr. 3 des Bescheids aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin des mit einem Hotel („S.-hotel …“, 55 Gästebetten) bebauten Grundstücks FlNr. … der Gemarkung B. gegen bauaufsichtliche Maßnahmen zum Brandschutz. Für dieses Objekt ist im gerichtlichen Verfahren eine Baugenehmigung des Landratsamts Regen vom 23. August 1982 für das Vorhaben „Aufbau eines 2. Stockwerkes u. Erweiterung der Vorhalle“ (Az. 723/82) vorgelegt worden. Ältere Baugenehmigungen wurden von den Beteiligten nicht übermittelt.

Das Landratsamt erließ im Anschluss an eine Ortseinsicht am 8. November 2016 und auf Basis eines hierzu erstellten Baukontrollberichts vom 30. November 2016 am 2. Dezember 2016 eine „Anordnung gemäß Art. 54 Abs. 4 Bayer. Bauordnung“, mit der unter „Teil I Nr. 1“ unter Anordnung des Sofortvollzugs (Teil I Nr. 3) die Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss unter der auflösenden Bedingung, dass „alle Punkte in Teil II Ziffern 1 bis 11 (Mängelbeseitigung) erfüllt werden“, untersagt wurde. Unter Teil I Nr. 2 ist verfügt, dass die Nutzungsuntersagung während einer Übergangszeit von drei 3 Monaten nach Bescheidzustellung für den Fall ausgesetzt wird, dass gewisse Sofortmaßnahmen (Sicherheitswache) umgesetzt werden. Unter „Teil II Mängel“ werden der Antragstellerin diverse Einzelmaßnahmen zur Beseitigung brandschutzrechtlicher Mängel aufgegeben. Auch insofern wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Teil II Nr. 12). Unter Teil II Nr. 13 bis 26 werden Zwangsgelder angedroht für den Fall, dass die Verpflichtungen gem. Nr. 1 bis Nr. 11 nicht binnen bestimmter Fristen erfüllt werden. Mit Teil III des Bescheides wurde der Pächter unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet, die gegenüber der Antragstellerin verfügte Nutzungsuntersagung und Mängelbeseitigung zu dulden. In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Ortsbegehung weder der erste noch der zweite Rettungsweg gesichert sei. Die Anordnung der Mängelbeseitigung diene dazu, das Hotel so nachzurüsten, dass der Betrieb wieder ohne erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen möglich sei. Aufgrund der besonderen Gefahrenlage sei das Entschließungsermessen zum bauordnungsrechtlichen Eingreifen weitgehend auf Null reduziert. Wegen der abzuwehrenden erheblichen Gefahren seien die angeordneten Maßnahmen trotz der Beeinträchtigungen verhältnismäßig; eine andere Entscheidung als die Untersagung der Nutzung sowie darauf aufbauend die Anordnung einer Mängelbeseitigung mit ausreichend bemessener Fristenregelung sei nicht ersichtlich. Wirtschaftliche Gesichtspunkte müssten hinter den zu schützenden Rechtsgütern Leben und Gesundheit zurücktreten. Auch wenn das Landratsamt über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bauaufsichtlich tätig geworden sei, habe nicht darauf vertraut werden dürfen, dass Brandschutzmängel dauerhaft geduldet würden. In der Bescheidbegründung wird der Antragstellerin alternativ zu der angeordneten Mängelbeseitigung die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung unter Beibehaltung der in Teil I aufgeführten Sofortmaßnahmen ein abweichendes Brandschutzkonzept vorzulegen, prüfen zu lassen und umzusetzen. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit begründet, die den Gästen eines Beherbergungsbetriebs ohne gesicherten ersten und zweiten Rettungsweg drohten. Ein weiteres Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit hätte ein nicht hinnehmbares Fortbestehen dieser Gefahrenlage zur Folge gehabt.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den von der Antragstellerin am 13. März 2017 gestellten Eilantrag, die aufschiebende Wirkung ihrer am 21. Dezember 2016 gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen, ab.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie trägt unter Bezugnahme auf Aktennotizen vom 21. Mai 1982, 16. September 1982 und 25. Oktober 1982 (vgl. Bl. 43 ff. der VGH-Akte sowie Bl. 8 f. 83 f., 88 der Bauakte des Landratsamts 723/82) sowie auf ein Ergebnisprotokoll einer „außerordentlichen Feuerbeschau“ vom 4. Juli 1968 (Bl. 53 ff. der VGH-Akte) vor, der Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe der Bestandsschutz des Gebäudes entgegen. Weder die Behörde noch das Verwaltungsgericht hätten den Vertrauensschutz, der ihr als Adressatin einer Baugenehmigung zukomme, hinreichend gewürdigt. Das Gebäude sei und bleibe formell legal, sodass es nicht an eine wie auch immer geänderte Rechtslage angepasst werden müsse. Die Umsetzung des Bescheids – insbesondere in Bezug auf die angeordnete Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Treppenhausbereichen (Teil II Nr. 6 des Bescheids) – bedeutete den faktischen Rückbau des Gebäudes in den Rohzustand. Dies führe im Ergebnis zur Beseitigung eines baurechtlich genehmigten Zustandes und bewirke damit in der Sache einen Widerruf bzw. die Aufhebung der erteilten Baugenehmigung. Die Gestaltung der Treppenhäuser und diesbezügliche Brandschutzfragen seien im Genehmigungsverfahren 1982 zwischen dem damaligen Bauherr, dem Landratsamt und dem Brandversicherer abgestimmt worden. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anordnung gemäß dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ vom 25. Juli 2011 seien nicht gegeben. Jedes Geschoss des Hotelgebäudes besitze tatsächlich mehrere Rettungswege. Geringe, den heutigen Anforderungen ggf. nicht mehr bis ins Detail gerecht werdende Mängel könnten jedenfalls nicht dazu führen, diesen die Qualität und die Funktion als Rettungsweg vollständig abzusprechen. Weder aus dem Bescheid des Landratsamts noch aus dem angegriffenen erstinstanzlichen Beschluss ergebe sich, dass die gerügten Mängel der Rettungswege im Brandfall dazu führten, dass die dortigen Fluchtmöglichkeiten nicht gegeben seien. Tatsächlich sei bei einer würdigenden Gesamtbetrachtung von einem ausreichenden Gefahrenschutz im Gebäudebestand auszugehen. Ein wesentlicher Mangel des Rettungswegs über den mittleren und zentralen Treppenraum könne aus dem Umstand, dass der Treppenverlauf im Bereich des 1. Obergeschosses um etwa 6 bis 7 m versetzt sei, nicht begründet werden. Der mittlere Treppenraum sei von jeder Lage im 1. und 2 Obergeschoss innerhalb der bauordnungsrechtlichen 35 m-Vorgabe erreichbar. An beiden Seiten des Bauwerks (gemeint: im südwestlichen und östlichen Gebäudetrakt) seien das 1. und das 2. Obergeschoss über ein Treppenhaus verbunden, wobei von jedem dieser im 35 m-Bereich erreichbaren Treppenhäuser auf Ebene des 1. Obergeschosses ein Ausgang auf das Flachdach über dem Restaurantbereich führe. Insgesamt sei kein Raum weiter als 10 m von der nächsten Treppe entfernt. Darüber hinaus stehe im 1. Obergeschoss der Ausstieg über das jeweilige Fenster auf die Dachterrasse zur Verfügung. Die Dachterrasse sei weniger als 8 m hoch und daher für die Feuerwehr ohne Weiteres anleiterbar. Auch die Fenster hielten eine entsprechende Brüstungshöhe ein. Das unverhältnismäßige Vorgehen werde ferner dadurch belegt, dass die Baubehörde auch nach zwischenzeitlichen Baukontrollen – so z.B. im Jahr 1995 – den bestehenden baulichen Zustand des Gebäudes akzeptiert habe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht die wirtschaftlichen Folgen des streitgegenständlichen Bescheids für die Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt. Bei Fortbestand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei der wirtschaftliche Zusammenbruch des genehmigten und über viele Jahrzehnte unbeanstandeten Betriebs unvermeidbar. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei es nicht Sache der Antragstellerin, alternative bautechnische Vorschläge zur Veränderung des bestandsgeschützten Zustands ihres Anwesens zu unterbreiten. Wegen der bestehenden Verkleidung der Außenfassade mit grundsätzlich brennbaren Holzschindeln dürfe der Rettungsweg über die Außenflächen der Dachterrassen und die Abstiegsleitern nicht als untauglich angesehen werden. Die Bayerische Bauordnung fordere für Außenwände lediglich eine ausreichend lange Widerstandsfähigkeit gegen eine Brandausbreitung. Diese Eigenschaft („schwer entflammbar“) erfüllten die Holzschindeln. Gleiches gelte für die in massivem Holz bzw. teilweise in Metall mit Gitterglas ausgeführten Fenster und Türen im Bereich der Rettungswege. Die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Insofern sei vom vormaligen Pächter in einem Bescheid vom 6. Mai 2015 – und insbesondere dort unter 5. und 6. – lediglich gefordert worden, den Außenfluchtbereich zu sichern. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsgegner auf diese Möglichkeiten, die umgesetzt worden seien, nicht mehr abheben wolle. Es bestehe grundsätzlich die Bereitschaft, im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung der Außenrettungswege durchzuführen, die sich allerdings nur in marginalem Bereich bewegen könnten, da die Grundvorrichtungen dieser Anlagen schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet seien.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Mai 2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe richtig entschieden. Aus dem Baukontrollbericht zur Ortseinsicht vom 8. November 2016 hätten sich erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit ergeben. Aus dem Bericht folge auch, dass die angeordneten Maßnahmen eine unabweisbare Minimallösung darstellten, da jeder vorhandene Rettungsweg mit schwerwiegenden Mängeln behaftet sei. Es gehe nicht nur um die Anpassung an die im Laufe der Zeit geänderten gesetzlichen Vorschriften. Angesichts der erheblichen Gefahrenlage sei es unerheblich, dass das Landratsamt den baulichen Missstand ggf. früher hätte feststellen und einschreiten können. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin eine wirtschaftliche Existenzgefährdung im Falle der Umsetzung des Bescheids nicht belegt habe, sei ein Eigentümer für den ordnungsgemäßen Zustand eines Gebäudes grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verantwortlich. Dies gelte umso mehr, wenn es – wie hier – um den Schutz höchstwertiger Rechtsgüter vor erheblichen konkreten Gefahren gehe. Der näher begründeten Annahme im angegriffenen Beschluss, dass solche Gefahren vorliegen, sei die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Die vorgelegten Unterlagen aus den Jahren 1968 und 1982 gäben hierzu nichts her. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, alle vorstellbaren Möglichkeiten zur Umsetzung eines ausreichenden Bestandsschutzes in Erwägung zu ziehen, wenn sich der Verantwortliche – wie hier die Antragstellerin – zu Unrecht auf den Standpunkt stelle, dass keine Gefahrensituation gegeben sei und der bestehende Zustand hinsichtlich des Brandschutzes ausreiche. Es sei auch mit Blick auf finanzielle und betriebliche Belastungswirkungen Sache der Antragstellerin gewesen, Alternativen zu den von der Behörde für erforderlich und angemessen gehaltenen Maßnahmen zur Ausräumung oder Kompensation von Brandschutzmängeln zu entwickeln. Eindeutig vorzugswürdige Alternativen seien für die Behörde nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung weitgehend zu Recht abgelehnt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen.

1. Für den Erfolg der Beschwerde kommt es hiernach maßgeblich darauf an, inwiefern das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 2016 nach der im Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Recht von Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm gedeckt angesehen hat, wobei der Senat sich nur mit den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO die Prüfung beschränkt, auseinanderzusetzen hat.

Die Bauaufsichtsbehörden können gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen stellen, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Eine erhebliche Gefahr in diesem Sinne kann darin begründet sein, dass diese erst nachträglich auftritt oder erst nachträglich erkannt bzw. ihre Schwere nunmehr – etwa unter Berücksichtigung der fortschreitenden technischen Entwicklung oder neuer Erkenntnisse der Brandabwehr – anders beurteilt wird (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 167). Art. 54 Abs. 4 BayBO vermittelt der Bauaufsichtsbehörde über Art. 54 Abs. 2 und 3 BayBO sowie Art. 76 BayBO hinausgehend auch Eingriffsbefugnisse bei Anlagen, die aufgrund einer geltenden Baugenehmigung formell bestandsgeschützt sind. Anordnungen können auf Art. 54 Abs. 4 BayBO gestützt werden, ohne dass die Baugenehmigung gem. Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG aufgehoben werden muss bzw. ohne dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf der Baugenehmigung vorliegen müssen (BayVGH, B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 158, 160 m.w.N.; i.E. ebenso: Bell, KommP BY 2011, 334; Glaser/Wei-ßenberger, BayVBl. 2008, 460/465; nach früherem Recht bereits BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 16.3.1982 – 2 AS 82 A.217; U.v. 21.8.1991 – 2 B 91.156; U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 30.7.1992 – 15 CS 92.1935; B.v. 19.6.1997 – 14 ZB 97.1268; B.v. 19.12.2001 – 14 ZB 00.1421 – juris Rn.3; a.A. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2017, Art. 54 Rn. 212, 213). Insofern ist die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung verfassungsgemäß eingeschränkt. Von den von Art. 54 Abs. 4 BayBO erfassten Sicherheitsrisiken sind nicht nur die Eigentümer selbst, sondern eine von vornherein nicht bestimmbare Zahl von Bewohnern, Besuchern (Gästen) und unter Umständen auch Passanten betroffen. Diese Einbindung rechtfertigt auch am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine detaillierte und weitgehende Bestimmung des Inhalts und der Schranken der Eigentümerbefugnisse (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 156 m.w.N.).

Der Senat konnte im summarischen Verfahren gem. § 146 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO auf die detaillierte Ermittlung und Beurteilung der bestehenden Baugenehmigungslage verzichten. Insbesondere bedurfte es keiner Ermittlungen, inwiefern ggf. doch noch weitere Baugenehmigungen vor der Umbaugenehmigung aus dem Jahr 1982 existent sein könnten. Entbehrlich war im gerichtlichen Verfahren auch eine detaillierte Abklärung und Prüfung, inwiefern (zum Teil) Mängelbeseitigungsmaßnahmen auch auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO hätten gestützt werden können, etwa weil der bestehende bauliche Zustand, der in Umsetzung der Anordnungen in Teil II des angefochtenen Bescheids geändert werden soll, ggf. nicht mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1982 übereinstimmt. Denn bei der Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO muss die Frage der genauen Reichweite des Bestandschutzes nicht vertieft werden. Eine Anordnung, die nach dieser Vorschrift gegen eine in ihrem Bestand geschützte Anlage gerichtet werden kann, darf jedenfalls in analoger Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO auch und erst recht gegen eine nicht in ihrem Bestand geschützte Anlage ergehen (vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296 f., 299; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; Jäde in Jäde/Dirn-berger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 214). Sollte im Übrigen die Ausgestaltung der betroffenen Räumlichkeiten bzw. der Betrieb des Hotels im Ganzen nicht von bestehenden Baugenehmigungen abgedeckt sein, wären bei (alternativer) Heranziehung des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO (für bauliche Nachrüstungen) bzw. Art. 76 Satz 2 BayBO (für die Nutzungsuntersagung) die behördlichen Ermessenserwägungen weitgehend identisch (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; zur Möglichkeit eines Austausches der Rechtsgrundlage, wenn hierdurch der Bescheid nicht in seinem Wesen verändert wird vgl. auch BVerwG, U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – NVwZ-RR 2010, 636 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.7.2012 – 22 ZB 11.2060 – juris Rn. 13).

Gemessen hieran überwiegt in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das gegenläufige Interesse der Antragstellerin, weil aller Voraussicht nach die Anfechtungsklage gegen den Bescheid insofern gemessen an Art. 54 Abs. 4 BayBO keinen Erfolg haben wird (im Folgenden unter 2.). Demgegenüber überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse, soweit unter Teil II Nr. 5 des Bescheids angeordnet wurde, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten ist; denn diese Anordnung kann nicht auf die von dem Antragsgegner herangezogene Befugnisnorm und das hierauf aufbauende behördliche Ermessen gestützt werden (hierzu unter 3.). Da die unter Teil I Nr. 1 Satz 1 verfügte Nutzungsuntersagung nach Aktenlage ebenfalls als grundsätzlich zulässig anzusehen ist, hat das Verwaltungsgericht auch insofern wegen überwiegenden Vollzugsinteresses den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Da die fortbestehende Wirksamkeit der verfügten Nutzungsuntersagung über die unter Teil I Nr. 1 Satz 2 des streitgegenständlichen Bescheids reglementierte auflösende Bedingung unter Berücksichtigung des Anordnungszwecks (Sicherung einer gefahrfreien Nutzbarkeit der Rettungswege im Brandfall) auf Basis einer einheitlichen Ermessensentscheidung an die Erfüllung der unter Teil II verfügten Maßnahmen geknüpft ist, allerdings hinsichtlich Teil II Nr. 5 des Bescheids die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen war, sieht es der Senat in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO als geboten an, die Ablehnung des Eilantrags an die im Tenor dieses Beschlusses ausgesprochene Auflage (Maßnahme) zu knüpfen (vgl. im Einzelnen unten 4.).

2. Es spricht eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen rechtmäßig sind und die Antragstellerin daher nicht in subjektiven Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Senat sieht von vornherein keine Veranlassung, den streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Dezember 2016 im Beschwerdeverfahren einer rechtlichen Überprüfung in Bezug auf die unter Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 angeordneten Maßnahmen (Begrenzung der Lagerung von brennbaren Stoffen in der Garage; Beseitigung entzündlicher und brennbarer Gegenstände in bestimmten Flur- und Treppenhausbereichen sowie Abstellräumen unter den Treppenläufen; Freihaltung erforderlicher Rettungswegbreiten; Entfernung von Keilen, mit denen Türen mit Brandschutzanforderungen und Selbstschließung offen gehalten werden; Vorlage eines Prüfungsergebnisses über die Funktionsfähigkeit und Betriebssicherheit der Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung) zu unterziehen.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer – hier der Antragstellerin –, sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinanderzusetzen und im Einzelnen aufzuzeigen, weshalb diese keinen Bestand haben kann. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren nichts Substanziiertes vorgetragen, warum der Bescheid vom 2. Dezember 2016 in Bezug auf Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss vom 17. Mai 2017 rechtswidrig sein könnte. Im Beschwerdeverfahren sind vom Verwaltungsgerichtshof nur die dargelegten Gründe zu prüfen, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.10.2014 – 3 M 406/14 – juris Rn. 6). Zudem hat die Antragstellerin hinsichtlich eines Teils der hiervon betroffenen Maßnahmen vorgetragen, dass bereits „alle mobilen Einrichtungen aus Treppenhäusern und Fluren entfernt“ worden seien, „die auch nur im Geringsten brandschutztechnisch problematisch sein könnten“ (Schriftsatz vom 22. Juni 2017; zu Brandlasten und Hindernissen in Form von Einrichtungsgegenständen in Rettungswegbereichen vgl. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 77). Soweit sich die Anfechtungsklage der Antragstellerin mit Blick auf § 88 VwGO überhaupt auf die Maßnahmen gem. Teil II Nr. 8 – 11 erstrecken sollte, könnte im Hauptsacheverfahren ggf. zu klären sein, inwiefern diese mangels Auswirkungen auf den genehmigten Bestand anstelle von Art. 54 Abs. 4 BayBO womöglich eher auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO zu stützen sind.

b) Auch hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen (Nr. 1 – Nr. 4: Einbau von Türen bzw. Fenstern mit bestimmten brandschutzrechtlichen Anforderungen in näher bestimmten Treppenraum- und Flurbereichen; Nr. 6: Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Bereichen; Nr. 7: Anforderung einer leichten Öffnung der westlichen Notausgangstür von der Garage ins Freie) bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Denn insofern geht der Senat nach der im Verfahren gem. § 146, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm erfüllt und dem Antragsgegner keine Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO) vorzuwerfen sind.

aa) Bei der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilenden Frage, ob die Eingriffsschwelle des Art. 54 Abs. 4 BayBO (erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit) erreicht ist, ist einekonkrete Gefahr in dem Sinne zu fordern, dass bei einer Betrachtungsweise ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden droht (vgl. BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Decker, BayVBl. 2011, 517/524; Hirschfelder, BauR 2015, 921/924 f.; vgl. auch zum Landesrecht außerhalb Bayerns VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; HambOVG, B.v. 4.1.1996 – Bs II 61/95 – NVwZ-RR 1997, 466 = juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 17.1.1986 – 6 B 1/86 – BauR 1986, 684/686; OVG NRW, U.v. 28.8.2002 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19, 20; nach a.A. soll das Vorliegen einer abstrakten Gefahr genügen, vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 169). Dabei ist der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1997 – 22 B 96.3491 – BayVBl. 1997, 280 = juris Rn. 20; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23). Angesichts des hohen Stellenwerts der Rechtsgüter Leben und Gesundheit sind daher im Anwendungsbereich des Art. 54 Abs. 4 BayBO an die Feststellungen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an den Maßstab der Erheblichkeit der Gefahr keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (BVerwG, U.v. 26.6.1970 – IV C 99.67 – NJW 1970, 1890 = juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 220). Es genügt grundsätzlich, wenn ein Schadenseintritt zu Lasten der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehenden Schutzgüter aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist (Molodovsky in Molodovsky/Fa-mers, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 141, 141a; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; vgl. auch VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 24).

bb) Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 2. Dezember 2016 ebenso wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss vom 17. Mai 2017 eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO damit begründet, dass für das 1. und 2. Obergeschoss des Hotels weder der erste noch der zweite Rettungsweg ausreichend gesichert sei. Der Senat teilt nach Aktenlage diese Einschätzung.

Eine erhebliche – konkrete – Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO entsteht zwar nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern und eine bestehende Anlage in der Folge nicht mehr in allen Details mit neueren (etwa bauordnungs-) rechtlichen Vorgaben übereinstimmt (VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; Nr. 1.2 des IMS vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ – Az. II B 7-4112.420-013/11; Bell, KommP BY 2011, 334; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925). Besonderheiten gelten jedoch bei der Gefahr- und Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Zusammenhang mit brandschutzrechtlichen Anforderungen, weil mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 10; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 20.2.2013 – 2 A 239/12 – BauR 2013, 1261 = juris Rn. 34; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925) und ein Gebäudebrand regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einhergeht. Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, müssen sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar sind. Mängel innerhalb der Rettungswege indizieren daher eine erhebliche Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO (Kühnel/Goll-witzer in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 33 Rn. 8; zur Möglichkeit nachträglicher Anordnungen auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude im Falle ungesicherter Rettungswege vgl. auch Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 10; Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 141a; BayVGH, U.v. 17.2.1997 – 14 B 93.1180 – juris Rn. 17 ff.: ungesicherter erster Rettungsweg wegen fehlender feuerbeständiger Ausgestaltung eines Treppenraums; VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 13 ff.: Anordnung zum Einbau von rauchdichten und selbstschließenden Türen; für den Fall der mangelnden Sicherung des zweiten Rettungswegs vgl. auch BayVGH, U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 176, 177; vgl. auch OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 22.7.2002 – 7 B 508/01 – BauR 2002, 1841 = juris Rn. 19 ff.). Ganz in diesem Sinne ist nach dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ (Az. II B 7-4112.420-013/11, dort unter Nr. 1.2) für die Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO „beispielhaft (…) von einer erheblichen Gefahr in Bezug auf den Brandschutz unter anderem dann auszugehen, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 BayBO für Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen regelmäßig geforderten zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen“ (zustimmend Bell, KommP BY 2011, 334; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 31 Rn. 58; in Anwendung von Art. 60 Abs. 5 BayBO 1998 vgl. bereits BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 7 ff.).

Die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen stützen sich auf die Nichteinhaltung der (aktuell geltenden) Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 6 BayBO (Teil II Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3), Abs. 4 (Teil II Nr. 4), Abs. 5 (Teil II Nr. 6) sowie hinsichtlich Teil II Nr. 7 auf eine im Sinne der Funktionsfähigkeit eines Rettungswegs am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV geboten hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür. Auch wenn Art. 54 Abs. 4 BayBO die Anordnung einer (fortwährenden) Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften als solche grundsätzlich nicht rechtfertigt (s.o.), greift die Befugnisnorm als spezieller Gefahrenabwehrtatbestand auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude aufgrund der hohen Wertigkeit der geschützten Rechtsgüter (Leben und Gesundheit) jedenfalls dann ein, wenn die Nichteinhaltung aktueller gesetzlicher Standards gleichzeitig eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit bedingt und ohne eine Anordnung der Bauaufsichtsbehörde und deren Umsetzung die gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit eines Rettungswegs nicht hinreichend gewährleistet ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die aktuellen normativen Anforderungen an die Ausgestaltung notwendiger Treppenräume in Art. 33 Abs. 4 und Abs. 6 BayBO den Schutzzweck verfolgt, im Brandfall den Brandübergriff auf den Rettungsweg sowie eine Verrauchung in diesem zu verhindern und damit in Umsetzung der allgemeinen Vorgaben in Art. 12 letzte Alt. BayBO für eine sichere und gefahrfreie Benutzbarkeit des Rettungswegs für die Fliehenden sowie für Rettungshelfer zu gewährleisten (Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 7, 35, 84, 98; Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 3, 4, 6, 69, 75, 78, 96). Die Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 5 BayBO an die Ausgestaltung des Treppenraumes mit nicht brennbaren Baustoffen gründen zudem auf dem Gedanken, dass notwendige Treppenräume in ihrer besonderen Bedeutung als vertikale Fluchtwege selbst nicht Ursache einer Brandentstehung sein dürfen und daher, sofern kein Rauch und Feuer von außen (d.h. von anderen Gebäudeteilen) in den Treppenraum eindringen, als Fluchtweg uneingeschränkt benutzbar bleiben (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 75). Da angesichts des hohen Werts, den das menschliche Leben und die Gesundheit darstellen (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), an die Wahrscheinlichkeit einer Verrauchung des Rettungswegs sowie eines Brandübergriffs auf diesen keine hohen Anforderungen zu stellen sind (s.o. sowie VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 14), ist nach Ansicht des Senats grundsätzlich von einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO auszugehen, wenn die Rettungswege der im Einzelfall betroffenen baulichen Anlage nicht den (aktuellen) bauordnungsrechtlichen Anforderungen zur Vermeidung der Verrauchung und des Brandübergriffs sowie der Brandentstehung gem. Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO genügen oder im Übrigen der Funktion eines hinreichend sicheren Fluchtwegs i.S. von Art. 31 Abs. 1 BayBO (bei Mittel- und Großgaragen vgl. auch § 12 Abs. 1 GaStellV) nicht entsprechen. Der (Landes-) Gesetzgeber hat durch die Schaffung und nachträgliche Anpassung von Regelungen im Bauordnungsrecht, die die Rauch- und Brandfreiheit eines als Rettungsweg fungierenden Treppenraums gewährleisten sollen (Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO), den spezifischen Gefahrbegriff des Art. 54 Abs. 4 BayBO hinsichtlich der Sicherung der gefahrfreien Benutzbarkeit eines Rettungswegs konkretisiert.

Diesen Anforderungen genügt die Hotelanlage – soweit nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin ersichtlich – nicht. Es ist vielmehr mit dem streitgegenständlichen Bescheid davon auszugehen, dass die vorhandenen Rettungswege einerseits über den südwestlichen sowie andererseits über den zentralen Treppenraum an diversen Mängeln am Maßstab der Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO leiden, die im Dienste der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit (sichere Benutzbarkeit im Brandfall) durch Umsetzung der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen beseitigt werden sollen. Das Verwaltungsgericht hat auf Seiten 12 bis 15 des angefochtenen Beschlusses vom 17. Mai 2017 unter Berücksichtigung des Baukontrollberichts vom 30. November 2016 detailliert ausgeführt, dass die bestehenden vertikalen Rettungswege über den zentralen sowie den südwestlichen Treppenraum sowie die hierauf bezogenen horizontalen Rettungswege in bestimmten Flurbereichen des Erdgeschosses und des Obergeschosses den derzeitigen Anforderungen an eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brand-/Evakuierungsfall am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 i.V. mit Art. 33 Abs. 4, 5 und 6 BayBO nicht genügen. Hierauf wird im Einzelnen Bezug genommen. Für diese Rettungswege ist mithin eine sichere, gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall nicht gewährleistet. Die Antragstellerin hat gegen diese Befunde und Wertungen des Verwaltungsgerichts keine substanziellen Einwendungen erhoben, sodass der Senat sowohl aufgrund des summarischen Charakters des Eilverfahrens als auch aufgrund der Prüfbegrenzung gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren von der Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Schlüsse des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts ausgeht.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass es alternative mängelfreie Rettungswege gibt, die im Brandfall eine gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sichere, gefahrfreie und zeitnahe Gebäudeevakuierung ermöglichen. Dies gilt insbesondere – und unabhängig von der Frage, inwiefern der horizontale Fluchtweg in den Flurbereichen ohnehin baulich ertüchtigt werden müsste (vgl. Teil II Nr. 1 – 4 des streitgegenständlichen Bescheids) – für eine Rettung über Notabstiege/Leitern im Außenbereich des 1. Obergeschosses (vgl. Lichtbilder Nrn. 11, 29, 30, 35, 41 – 44 im Baukontrollbericht vom 30. November 2016), die über das mittlere Treppenhaus (Ausgang auf das Garagendach im nördlichen Gebäudetrakt) sowie über das südwestliche und das östliche Treppenhaus (Verbindung zu den Terrassen- und Balkonbereichen) aufgesucht werden müssten. Die sichere Benutzbarkeit dieser Fluchtwege steht nicht nur wegen fehlender Sicherheitsbeleuchtung, fehlender Absturzsicherung und fehlendem Witterungsschutz infrage. Wie aus dem Baukontrollbericht folgt, sind im Freibereich keine Außentreppen vorhanden, deren Nutzung ausreichend sicher ist und im Brandfall nicht gefährdet werden kann (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO). Die vorhandenen Notabstiege (Leitern) bieten schon deshalb keine gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit im Brandfall, weil der Fliehende für den (selbstrettenden) Abstieg ein Mindestmaß an körperlicher Konstitution aufweisen muss, was insbesondere bei wegen Alters gebrechlichen oder bei körperlich behinderten Menschen von vornherein ein unüberwindbares Hindernis darstellen dürfte. Das Landratsamt hatte in dem von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zitierten Schreiben vom 6. Mai 2015 (dort unter Nr. 6) nicht nur gefordert, den Fluchtweg auf dem südlichen Balkon durch Entfernung der Balkonabtrennungen im 1. Obergeschoss bzw. den Einbau von Türen nachzurüsten, sondern auch, auf dem über das mittige Treppenhaus erreichbare Garagendach „einen verkehrssicheren Notabstieg/Fluchttreppe“ anzubringen. Soweit die Antragstellerin im Schreiben vom 2. Oktober 2017 behauptet, dass die im Schreiben vom 6. Mai 2015 unter 5. und Nr. 6 geforderten Maßnahmen für eine sichere Benutzbarkeit des Rettungswegs über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses umgesetzt worden seien und deshalb zwischenzeitlich für einen gefahrfreien Zustand gesorgt worden sei, bleibt dieser Vortrag vage und mangels vorgelegter Nachweise für den Senat nicht überprüfbar. Zudem schlägt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 (Seite 3) vor, die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Damit geht aus dem Vortrag der Antragstellerin hervor, dass die Installierung einer verkehrssicheren Fluchttreppe weder tatsächlich umgesetzt wurde noch von ihr in Erwägung gezogen wird. Die an der Außenfassade befindlichen Notabstiegsleitern stellen keine Treppe im bauordnungsrechtlichen Sinne dar (zu „Steigeisen“ als Auf- und Abstiegshilfe mit einer Steigung von 90˚, „Leitern“ als Auf-/Abstiege mit einer Steigung von mehr als 75˚ sowie „Leitertreppen“ mit einer Steigung von mehr als 45˚, die allesamt aufgrund des hohen Steigungswinkels keine Treppen i.S. von Art. 32 BayBO darstellen vgl. Bauer in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 32 Rn. 52, 53; in Anknüpfung an die DIN 18065 vgl. auch Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 18 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 2).

Hinzu kommt, dass der gefahrfreien Benutzung eines Außenabstiegs vom ersten Obergeschoss in das Erdgeschoss – sei es über Leitern, sei es über eine (neue) Treppe – die Brennbarkeit der an der Außenfassade befindlichen Holzschindeln entgegensteht. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, die Holzschindeln erfüllten die Anforderungen an Art. 26 BayBO, mag dies für die Gestaltung als Außenfassade genügen. Dies genügt aber nicht den Anforderungen an eine sichere und gefahrfreie Benutzung eines Rettungswegs, um erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit im Brandfall auszuräumen. Es wird durch den Schutzzweck von Regelungen wie Art. 33 Abs. 4 bis 6 BayBO bestätigt und liegt im Übrigen auf der Hand, dass ein Fluchtweg nur dann seinen Zweck erfüllen und den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO an eine gefahrfreie Benutzbarkeit entsprechen kann, wenn im Brandfall weitestgehend ausgeschlossen wird, dass der Fluchtweg selbst in Brand gerät bzw. wegen übergreifenden Feuers durch die Flüchtenden nicht benutzt werden kann.

Die von der Antragstellerin angesprochene Möglichkeit der Rettung über das Flachdach (Dachterrasse) über dem Restaurantbereich, das – ebenso wie die Fenster in den Obergeschossen – aufgrund passender Höhe (weniger als 8 m) durch die Feuerwehr anleiterbar sei, stellt keine gefahrfreie Rettungswegalternative i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO dar. Da die Feuerwehr nicht nur aufgrund des Anfahrtswegs sondern auch etwa aufgrund eines Paralleleinsatzes an einem zeitnahen Eintreffen verhindert sein kann, muss sich eine Person, die sich in einem Gebäude aufhält, grundsätzlich darauf verlassen können, im Brandfall das Gebäude selbst über einen Rettungsweg verlassen zu können. Wie sich aus der gesetzlichen Wertung aus Art. 31 Abs. 2 und Abs. 3 BayBO ergibt, kann ein Rettungsweg über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit allenfalls eine Behelfslösung für den zweiten Rettungsweg sein. Soweit allerdings – wie vorliegend – der erste (durch Fliehende bzw. Rettungshelfer selbst begehbare) Rettungsweg Mängel aufweist, aufgrund derer eine für Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung im Brandfall nicht gewährleistet ist, kann schon grundsätzlich die Möglichkeit der Rettung mit Hilfe der Feuerwehr keine Kompensation zur Gewährleistung einer am Maßstab von Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sicheren und gefahrfreien Evakuierung schaffen. Insofern spielt der Einwand der Antragstellerin, die Regelung gem. Nr. 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 (VollzBekBayFwG) betreffend Anfahrt und Rettungszeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst (zehnminütige Hilfsfrist) besäßen keine baurechtliche Relevanz, sondern stellten ausschließlich Organisationsvorgaben für die staatlicherseits vorzuhaltende Infrastruktur des Rettungswesens dar, für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Rolle. Zudem ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass die Frei-/Außenbereiche im 1. Obergeschoss eine derartige Sicherheit bieten, dass sie bei jedem Brandfall ein längerfristiges Verbleiben ohne Gefahr für Leib und Leben (mit Blick auf toxische Rauchgase, Hitzeentwicklung und Gebäudeeinsturzgefahr) gewährleisten. Eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle weist im Übrigen eine hinreichende Zuverlässigkeit auch als (bloßer) zweiter Rettungsweg nur dann auf, wenn dort nach den konkreten Umständen des Einzelfalls tatsächlich auch eine effiziente und zeitnahe Rettung mit entsprechendem Rettungsgerät zu erwarten ist (OVG NRW, U.v. 22.2.2010 – 7 A 1235/08 – BauR 2010, 1568 – juris Rn. 33). Laut Mitteilung des Kreisbrandmeisters des Landkreis Regen (E-Mail vom 14. Juni 2016) beträgt die Dauer ab Alarmierung bis zum Eintreffen der nächst gelegenen Feuerwehr (B.*) am Gebäude der Antragstellerin (ohne Einbeziehung des Zeitraums bis zur Durchführung der Rettungsmaßnahme selbst) mindestens 13 Minuten. Unter diesen Voraussetzungen dürfte daher sogar ein zweiter Rettungsweg über die Dachterrasse bzw. das Flachdach im 1. Obergeschoss als eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle des Sonderbaus (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) den gesetzlichen Anforderungen gem. Art. 31 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BayBO nicht genügen. Es steht dann nämlich infrage, ob sich die Rettung der auf der Dachterrasse befindlichen Personen auf diesem Weg innerhalb eines angemessenen Zeitraums durchführen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 11; OVG NRW, U.v. 22.2.2010 a.a.O. juris Rn. 33 ff.; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 4, Rn. 7). Zudem weist der Antragsgegner in den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids nachvollziehbar darauf hin, dass die Möglichkeit der zeitgleichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen durch die Feuerwehr zweifelhaft erscheine und dass währenddessen möglicherweise keine Löschungsmaßnahmen durchgeführt werden können.

cc) Die im Bescheid ausgesprochenen Rechtsfolgen sind hinsichtlich der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt, weil es insofern um die Wiederherstellung einer sicheren und gefahrfreien Benutzung der beiden Rettungswege über den zentralen und den südwestlichen Treppenraum geht. Die Anordnungen halten sich aller Voraussicht nach im Rahmen des Notwendigen und Verhältnismäßigen. Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich.

Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtbehörde, das Handlungs-/Entschließungsermessen (hinsichtlich des „Ob“) wird aber regelmäßig auf Null reduziert sein, d.h. die Behörde muss in der Regel tätig werden, soweit Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig sind (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 180; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 226).

Hinsichtlich des Auswahlermessens sind in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 – 4, Nr. 6 und 7 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 reglementierten Maßnahmen zur Mängelbeseitigung keine Ermessensfehler erkennbar. Insbesondere halten sich diese Anordnungen im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Entgegen den Einwendungen der Antragstellerin wird mit diesen Regelungen des Bescheides auch unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes nicht über die Grenze des nach Art. 54 Abs. 4 BayBO Erforderlichen hinausgegangen.

Die Regelungen in Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 zielen darauf ab, die Verrauchungs- und Brandübergriffsgefahr innerhalb der Fluchtwege zu verringern. Die bestehenden beiden vertikalen Rettungswege (für den westlichen Gebäudebereich über den südwestlichen Treppenraum: Verbindung EG – 2. OG; für den mittigen und östlichen Gebäudebereich über die nicht durchgängig miteinander verbundenen Treppenräume im mittleren Gebäudebereich) sowie die bestehenden horizontalen Flucht- (= Flur-) Bereiche im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sollen ertüchtigt werden, um deren gefahrfreie Benutzung im Brandfall durch Flüchtende und Rettungshelfer durch Anpassung an die Anforderungen des Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO zu gewährleisten. Zusätzlich soll der vertikale südwestliche Fluchtweg zu einem durchgehenden Treppenraum (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) ausgestaltet werden, vgl. Teil II Nr. 2 B) des Bescheids. Die normative Forderung nach einem durchgängigen Treppenraum als vertikaler Fluchtweg dient der sicheren Benutzbarkeit im Brand- und Evakuierungsfall, da hierüber die Möglichkeit eines Raucheintrages in den Treppenraum minimiert und die Orientierung im Treppenraum maximiert werden soll (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 11; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 51, 52, Art. 33 Rn. 38). Teil II Nr. 7 zielt auf eine hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür, um die dortigen Rettungswegausgänge am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV funktionsfähig zu machen. Die Geeignetheit der Maßnahmen zu dem Zweck, für eine hinsichtlich der Schutzgüter Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung der zur Verfügung stehenden Rettungswege zu sorgen, steht für den Senat außer Zweifel.

Auch Zweifel hinsichtlich der Erforderlichkeit der diesbezüglichen Maßnahmen haben sich für den Senat im Beschwerdeverfahren nicht ergeben. Alternative, weniger einschneidende Maßnahmen zur Gewährleistung effektiver, gefahrfrei benutzbarer Rettungswege sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und wurden auch von der Antragstellerin weder im Verwaltungsnoch im gerichtlichen Eil-/Beschwerdeverfahren aufgezeigt.

Die Regelung in Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO, wonach von jeder Stelle eines Aufenthaltsraums mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein muss (ebenso z.B. Art. 36 Abs. 2 BayBO 1998), soll sicherstellen, dass sich die Nutzer eines Gebäudes in einem Evakuierungsfall besser orientieren können und die Zeit, die zur Bewältigung des Rettungsweges benötigt wird, kalkulierbar und durch die Länge des zurückzulegenden Weges begrenzt ist (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 39). Weil weder der südwestliche Treppenraum noch der vertikale Fluchtweg über den zentralen Treppenraum von jedem Zimmer innerhalb dieser Wegstrecke erreichbar ist (so beträgt nach den vorliegenden Plänen zum Baugenehmigungsverfahren des Jahres 1982 die Wegstrecke im ersten Obergeschoss von den beiden östlichsten Zimmern zum Eingang des südwestlichen Treppenraums ca. 54 m sowie von den beiden südwestlichsten Zimmern bis zur nach unten führenden Treppe des zentralen Treppenhauses 42 m), ist es schon unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit funktionsfähiger erster Rettungswege erforderlich, beide o.g. Rettungswege für eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall zu ertüchtigen (wobei der jeweils weiter entfernte Rettungsweg als zweiter Rettungsweg angerechnet werden kann, vgl. Famers in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 71).

Der Antragsgegner hat in den Gründen des Bescheids vom 2. Dezember 2016 der Antragstellerin die Möglichkeit offen gelassen, ein geprüftes alternatives Brandschutzkonzept vorzulegen. Hiervon hat die Antragstellerin bis heute keinen Gebrauch gemacht. Auf Nachfrage des Gerichts im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner unter Ergänzung der Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) weiter ausgeführt, dass ein Neubau des mittleren und/oder des östlichen Treppenraums mit dem Ziel der Herstellung einer durchgängigen Führung vom 2. OG bis ins Erdgeschoss aufgrund der weitreichenden baulichen Eingriffe in die Grundrissstruktur nicht als mildere Maßnahme angesehen werden könne. Auch eine Ausgestaltung zumindest eines Rettungswegs gem. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO über Außentreppen dränge sich nicht als weniger belastend und damit vorzugswürdig auf, weil aufgrund des brennbaren Materials an der gesamten Außenfassade und der fehlenden Feuerwiderstandsdauer von Türen und Fenstern im Bereich jeder Außentreppe ein kompletter Umbau der Fassade und der Öffnungen erfolgen müsste. Es liege auch nicht auf der Hand, dass der mit der erstmaligen Erstellung von Außentreppen verbundene finanzielle Aufwand ebenso wie die betrieblichen Belastungswirkungen wesentlich geringer sein könnten als derjenige für die Ertüchtigung vorhandener Treppenhäuser. In der Sache könne nur von der Antragstellerin beantwortet werden, ob sie als Alternative dauerhafte bauliche Eingriffe in Aussichts- und Restauranttrassen und sowie in Balkone als verträglicher für ihr Betriebskonzept ansehe als die brandschutzgerechte Ertüchtigung bestehender Treppenhäuser.

Auch dem hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nichts Substanzielles entgegengehalten. Ihr Vortrag, dass Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe ausreichten, um der Gefahrenabwehr hinreichend Rechnung zu tragen, bleibt vage, zumal sie sich auf den Standpunkt zurückzieht, es könne von ihr nicht gefordert werden, von sich aus Vorschläge zur Verbesserung des Brandschutzes des Gebäudes zu unterbreiten. Die im Schriftsatz vom 2. Oktober erklärte Bereitschaft der Antragstellerin, mit Blick auf das vormalige Schreiben des Landratsamts vom 6. Mai 2015 „im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung“ im Bereich der Außenflächen/Dachterrasse „in einem marginalen Bereich“ – d.h. ohne Umgestaltung der Grundvorrichtungen der baulichen Anlage, die „ja schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet“ seien – durchzuführen, können zur Herstellung eines gefahrfreien, den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO genügenden Zustands nicht ausreichen. Denn über lediglich ergänzende Maßnahmen in Bezug auf die „Gestaltung der Abstiege von der Dachterrasse“ (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes vom 2. Oktober 2017) und damit z.B. ohne hinreichende Sicherung des horizontalen Fluchtwegs bis zum Treppenhaus, ohne Ersetzung der Abstiegsleitern durch hinreichend sichere Treppen i.S. von Art. 32 BayBO (s.o.) sowie ohne Ersetzung der brennbaren Schindelverkleidung durch nichtbrennbare Verkleidungen im Bereich der „Außenfluchtwege“ einschließlich der Außenabstiege würde sich an der oben unter bb) festgestellten Gefahrenlage nichts Wesentliches ändern. Es ist daher für den Senat nach Aktenlage und nach Auswertung des Vortrags der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich, dass tatsächlich weniger einschneidende Maßnahmen in Form der Ertüchtigung oder Herstellung alternativer gefahrfreier Rettungswege bestehen könnten.

Im Übrigen dürfte zwar unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch auf der Rechtsfolgenseite des Art. 54 Abs. 4 BayBO zu fordern sein, dass sich die Bauaufsichtsbehörde auf Maßnahmen zur Beseitigung der erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit beschränkt, also den Bestandsschutz eines Gebäudes nicht dadurch aushebelt, dass sie darüber hinausgehend auf eine Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden Vorschriften besteht (s.o.). Es ist aber nicht erkennbar, dass der Antragsgegner über dieses Ziel hinausgegangen wäre. Bereits aus dem Baukontrollbericht vom 30. November 2016 (vgl. Seite 14; zu weiteren Einzelfragen vgl. auch Seite 22) als Basis des Bescheids vom 2. Dezember 2016 geht hervor, dass seitens des Antragsgegners keine „blinde“, den Bestandsschutz des Gebäudes missachtende Anpassung des baulichen Zustands an die aktuell geltenden Regelungen der BayBO verfolgt wird. Das gilt insbesondere, soweit es um die bauliche Ausgestaltung des vertikalen Fluchtwegs über den mittleren und den zentralen Treppenraum geht. Auf Seite 6 des Bescheids wird im Rahmen der Bescheidbegründung zwar zu Recht auf den Umstand verwiesen wird, dass der vertikale Rettungsweg im mittleren Gebäudebereich nicht den aktuell geltenden brandschutzrechtlichen Vorschriften (Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) entspricht, weil die Treppen vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss nicht über einen durchgehenden Treppenraum und nicht in einem Zug verlaufen (Unterbrechung auf der Flurebene des 1. Obergeschosses; Versetzung der Treppenhausbereiche hier um einige Meter). Trotz des auf die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben im Evakuierungsfall abzielenden Schutzzwecks der Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO (s.o.), soll über die Anordnung Teil II Nr. 2 Buchst. B) nur der südwestliche vertikale Fluchtweg mit überschaubaren Mitteln zu einem durchgängigen Treppenraum umgestaltet werden. Hinsichtlich des mittleren/östlicheren vertikalen Fluchtwegs verzichtet der Bescheid hingegen darauf, der Antragstellerin als Maßnahme der Mängelbeseitigung einen Umbau zur Herstellung einer Direktverbindung vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss vorzugeben, um diesen Fluchtwegbereich den heutigen Anforderungen gem. Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO anzupassen.

Die unter Teil II, Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 7 verfügten Anordnungen dürften sich trotz ihrer nicht unerheblichen finanziellen und betrieblichen Belastungen ferner im Rahmen des für die Antragstellerin Zumutbaren (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) halten. Art. 54 Abs. 4 BayBO stellt nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen ab; der Eigentümer ist insbesondere ohne Rücksicht auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit für den ordnungsgemäßen Zustand seines Gebäudes verantwortlich (BVerwG, U.v. 11.4.1989, NJW 1989; Molodovsky in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 136; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 164). Es ist mit Blick auf die Wertigkeit und des verfassungsrechtlichen Schutzes der betroffenen Güter Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch nicht ersichtlich, dass die im Rahmen der Zwangsgeldandrohungen verfügten Fristen von zwei bzw. drei Monaten zur Mängelbehebung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu kurz bemessen waren (vgl. insoweit BVerwG, U.v. 11.4.1989 – 4 B 65.89 – NJW 1989, 2638 = juris Rn. 3; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 182). Soweit die Antragstellerin gegen die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht und den Antragsgegner vorträgt, der bestehende Zustand sei der Bauaufsichtsbehörde seit Jahren bekannt, wäre hieraus allenfalls der Schluss zu ziehen, dass der Antragsgegner gegenüber dem Objekt in der Vergangenheit zu großzügig oder gar nachlässig vorgegangen ist. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, es hätten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (Unzumutbarkeit) auch Anordnungen gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO zur Wiederherstellung eines für Leben und Gesundheit gefahrfreien baulichen Zustands zu unterbleiben.

Da es letztlich im Maßnahmenpaket unter „Teil II Mängel“ ausschließlich um die Ertüchtigung eines – nämlich (s.o.) des ersten – Rettungswegs zur sicheren und gefahrfreien Benutzbarkeit im Brandfall geht und Fluchtwege über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses keine sichere und gefahrfreie Rettung im Brandfall gewährleisten, hält sich die Anordnung hinsichtlich Teil II Nr. 1 – Nr. 7 im Rahmen des IMS vom 25. Juli 2011 (s.o.), sodass insofern auch unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung i.V. mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) kein Ermessensfehler gegeben ist.

3. Die Anordnung, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster zu einem Rauchabzug umzurüsten ist (Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2017) dürfte jedoch entgegen der Bescheidbegründung und der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt sein. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Maßnahme nach der im Bescheid angegebenen Begründung (Gewährleitung sicherer Rettungswege im Brandfall) der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit dient. Die Regelung soll laut Bescheid einen mit Art. 33 Abs. 8 BayBO konformen Zustand herbeiführen. Die Anforderungen in Art. 33 Abs. 8 BayBO sollen zwar der Entrauchung im Brandfall dienen, allerdings stellt Art. 33 Abs. 8 Satz 1 letzter HS BayBO klar, dass dies zum Zweck der Unterstützung wirksamer Löscharbeiten erfolgt (vgl. auch Nr. 33.8 der „Vollzugshinweise zur BayBO 2013“ des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 1. Juli 2013). Art. 33 Abs. 8 BayBO verfolgt damit den Zweck, dass in den Treppenraum eingedrungener Rauch durch die Feuerwehrnach Evakuierung des Gebäudes abgeführt werden kann, indem sie die Fenster oder Rauchableitungsöffnungen öffnet und die erforderliche Zuluftöffnung, in der Regel durch Offenhalten der Hauseingangstür, herstellt. Diese Vorkehrungen und Maßnahmen sind nicht geeignet, den Treppenraum so rauchfrei zu halten, dass er von den Nutzern des Gebäudes weiterhin gefahrlos als Rettungsweg genutzt werden kann. Ist Rauch in den Treppenraum eingedrungen, müssen die Personen vielmehr über den zweiten Rettungsweg das Gebäude verlassen (vgl. Famers in in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 165; Bauer in Jäde/ Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 114). Mit Blick auf den Schutzzweck des Art. 33 Abs. 8 BayBO ist nicht ersichtlich, dass die Herstellung eines baulichen Zustandes, der dieser Regelung entspricht, der sicheren und gefahrfreien Nutzung der Rettungswege im Brandfall entspricht. Insofern dient die Regelung primär dem Eigeninteresse des Gebäudeeigentümers an einer möglichst optimalen Rettung des Gebäudes im Brandfall. Daher passt hierfür auch nicht die ebenfalls auf die bestehende Gefährdungslage wegen nicht gesicherter Rettungswege abstellende Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs (vgl. Seite 8 des Bescheids). Im Rahmen der gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung war daher für die Regelung in Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen. Sollte – was der Senat nach Aktenlage nicht beurteilen kann – im Einzelfall die fehlende Existenz eines Rauchabzugs i.S. von § 33 Abs. 8 BayBO Leben und Gesundheit von Löscharbeiten durchführenden Feuerwehrleuten gefährden, wäre dies im Anordnungsbescheid ermessensgerecht zu begründen und auszuführen gewesen.

4. Gestützt auf Art. 54 Abs. 4 BayBO kann auch gegenüber einem bestandsgeschützten Gebäude eine Nutzungsuntersagung verfügt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist (BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24). Da die Nutzung eines Hotels ohne im Brandfall hinreichend sicher benutzbare Rettungswege mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit für die Hotelgäste, das Hotelpersonal und sonstige sich im Gebäude aufhaltenden Personen verbunden ist, teilt der Senat die Ansicht des Antragsgegners, dass das Ermessen der Behörde, eine Nutzungsuntersagung anzuordnen, grundsätzlich auf null reduziert ist, solange die diesbezüglichen Mängel nicht beseitigt sind. Trotz der betrieblichen Einbußen und nicht unerheblichen Aufwendungen für die Antragstellerin stellt sich für den Senat die Nutzungsuntersagung als verhältnismäßig dar, zumal der Antragsgegner einerseits unzumutbare Härten dadurch abgefedert hat, indem er über die Übergangsregelung unter Teil I Nr. 2 des Bescheids (Sicherheitswache als Sofortmaßnahme) die Möglichkeit der Aussetzung der Nutzungsuntersagung unter Aufrechterhaltung des Hotelbetriebs eröffnet hat, und andererseits unter Teil I Nr. 1 Satz 2 eine auflösende Bedingung (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) reglementiert hat, wonach die Nutzungsuntersagung außer Kraft tritt, wenn alle Anordnungen zur Mängelbeseitigung gem. Teil II des Bescheids erfüllt sind. Insofern sieht der Senat die Nutzungsuntersagung als grundsätzlich von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt und insbesondere hiernach als verhältnismäßig und ermessensgerecht an.

Allerdings ist zu bedenken, dass Teil II Nr. 5 des Bescheids wohl nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt ist und deshalb insofern die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen ist (s.o. 3.). Der Fortbestand der Nutzungsuntersagung ist daher am Maßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit überzogen und rechtlich bedenklich, soweit – wie in der auflösenden Bedingung unter Teil 1 Nr. 1 Satz 2 vorgesehen – auch die Erfüllung der Maßnahme Teil II Nr. 5 verlangt wird. Da dieser Punkt insgesamt aber nur einen untergeordneten Aspekt im Regelungssystem des im Übrigen voraussichtlich rechtmäßigen Bescheids vom 2. Dezember 2016 darstellt, macht der Senat insofern von der analog § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die den Eilantrag der Antragstellerin insoweit ablehnende Entscheidung von einer Auflage/Maßnahme zulasten des Antragsgegners abhängig zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 22 AS 15.40042 – juris Rn. 29; U.v. 6.9.1990 – 22 B 90.500 – BayVBl. 1991, 87/88; NdsOVG, B.v. 30.1.1978 – IV OVG B 196/77 – NJW 1978, 2523/2524; VGH Mannheim, B.v. 21.5.1987 – Z 10 S 1/87 – NJW 1987, 1717/1719; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 90; Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1004). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung war daher unter der Maßgabe abzulehnen, dass der Antragsgegner den Sofortvollzug hinsichtlich der Nutzungsuntersagung aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind.

5. Gegen die Zwangsgeldandrohungen sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil die Beschwerde nur zu einem geringen Teil Erfolg gehabt hat. Insofern ist es auch gerechtfertigt, dass es hinsichtlich der Kostentragung des erstinstanzlichen Verfahrens bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bleibt. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

Die Kl. wandte sich gegen eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Außentreppe als zweiten baulichen Rettungsweg und die mit der Erteilung einhergehende Verpflichtung zur fristgebundenen Errichtung. Mit Bescheid vom 6.12.2007 erteilte die Bekl. der Kl. im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Baugenehmigung für ein Bauvorhaben, das im Betreff des Baubescheids als „Neubau einer Wohnanlage (29 WE) mit auch altengerechten Wohnungen“ bezeichnet wird. Aus den mit einem Prüfstempel versehenen Bauzeichnungen ergibt sich, dass die 29 Wohneinheiten im Erdgeschoss sowie im 1. und 2. Obergeschoss untergebracht werden sollen. Das Gebäude besteht aus einem Baukörper, der in Nord-Süd-Richtung verläuft und aus einem weiteren Baukörper, der sich nach Westen in einem 90 Grad-Winkel erstreckt. In dem von Nord nach Süd ausgerichteten Baukörper werden die Wohnungen als Altenwohnungen bezeichnet. Die übrigen Wohnungen enthalten diesen Zusatz nicht. In beiden Baukörpern ist auch eine weitere nach unten führende Treppe im Bereich eines Laubengangs eingezeichnet und genehmigt. In der Eingabeplanung wird das Bauvorhaben von der Kl. als „WAL-Wohnen in allen Lebensphasen Neubau von 29 Mitwohnungen und Gemeinschaftsraum“ bezeichnet. Im Brandschutznachweis vom 5.10.2007 ist das Vorhaben als Vorhaben mittlerer Schwierigkeit eingestuft und zur Begründung ist ausgeführt, dass es sich um ein Gebäude mit geringer Höhe handle, jedoch für eine besondere Klientel (Altenwohnungen). Daher sei durch die oberste Baubehörde im Rahmen des Modellprojekts WAL-Wohnen in allen Lebensphasen festgelegt worden, dass die Anlage im Genehmigungsverfahren als Bauvorhaben mittlerer Schwierigkeit behandelt werden soll. Zum zweiten Rettungsweg ist im Brandschutznachweis ausgeführt, dass dieser als baulicher Rettungsweg über zusätzliche Treppen geführt werden soll. Bei einer Baustellenkontrolle am 7.7.2008 stellte die Bekl. fest, dass die im westlich orientierten Baukörper vorgesehene Außentreppe entlang der nördlichen Außenwand nicht ausgeführt wurde. Wegen dieser planabweichenden Bauausführung wurde mit Bescheid vom 28.7.2008 der Bau eingestellt. Die Kl. reichte daraufhin mit Datum vom 29.7.2008 einen Tekturantrag ein, der als Betreff ua ausweist „Entfall der baulich nicht notwendigen Treppe im nördlichen Gebäudeflügel“. Mit Bescheid vom 25.2.2009 erteilte die Bekl. der Kl. die beantragte Tekturgenehmigung. Unter Nrn. 3 und 4 der Nebenbestimmungen ist festgehalten, dass die nördliche Außentreppe deshalb entfallen könne, weil nach einer Nutzungsdarstellung der Kl. im westlichen Gebäudeflügel nur normales Wohnen, also kein betreutes Wohnen iSd WAL-Projekts stattfinde, folglich dieser Gebäudeflügel keinen Sonderbau darstelle. Sollte allerdings die spätere Nutzung dem betreuten Wohnen iSd WAL-Projekts entsprechen, so müsse die nördliche Außentreppe noch hergestellt werden. Eine

gegen diese Nebenbestimmung erhobene Klage wurde durch einen gerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Ermittlungen der Bekl. ergaben, dass in den beiden Erdgeschosswohnungen im hier maßgeblichen westlichen Gebäudetrakt Eheleute bzw. eine Alleinerziehende mit insgesamt fünf Kindern wohnen. Die Wohnungen im 1. und 2. Obergeschoss waren zum Stichtag 20.10.2011 mit Bewohnern belegt, deren Lebensalter zwischen 74 und 84 Jahren lag. Mit Bescheid vom 21.10.2011 verpflichtete die Bekl. die Kl. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, am Westflügel der Wohnanlage entweder einen zweiten baulichen Rettungsweg (als Treppe) gem. den mit Bescheid vom 6.12.2007 genehmigten Plänen herzustellen bzw. einen Bauantrag für einen zweiten Rettungsweg für die Obergeschosse des Westflügels beim Bauordnungsamt der Bekl. vorzulegen. Die dagegen gerichtete Klage sowie das Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatten keinen Erfolg (VG Bayreuth, Urt. v. 3.5.2012 – 2 BK 11.779; Beschl. v. 8.5.2012 – B 2 S. 12?189; VGH München, Beschl. v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1265). Mit Änderungsantrag vom 2.10.2012 beantragte die Kl. die Errichtung einer notwendigen Außentreppe als zweiten baulichen Rettungsweg. Mit Bescheid vom 4.12.2012 erteilte die Bekl. der Kl. die beantragte Baugenehmigung mit der Auflage, sie bis zum 5.4.2013 umzusetzen, im Fall einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage innerhalb von vier Monaten ab Bestandskraft. Die dagegen erhobene Klage wies das VG mit Urteil vom 10.4.2014 ab.

Die zulässige Berufung (§ 124 I VwGO) hat teilweise Erfolg.

Gründe

[19]Nr. 1. des angefochtenen Bescheids ist ein ausschließlich begünstigender Verwaltungsakt, so dass der Kl. insoweit die Klagebefugnis fehlt. Das Urteil des VG ist insoweit richtig (s. 1.). Nrn. 2 und 5 des angefochtenen Bescheids sind jedoch rechtswidrig. Sie verletzen die Kl. in ihren Rechten (§§ 113 I 1, 125 I 1 VwGO). Das Urteil des VG war daher insoweit abzuändern (s. 2. und 3.).

[20]1. Die Klage gegen die unter Nr. 1 des angefochtenen Bescheids vom 4.12.2012 erteilte Baugenehmigung ist unzulässig. Für eine Anfechtungsklage gegen eine Baugenehmigung, die wie beantragt erteilt worden ist, fehlt bereits die Klagebefugnis (§ 42 II VwGO). Für den Senat ist nicht ersichtlich, inwiefern die Kl. durch die erteilte Baugenehmigung möglicherweise in ihren eigenen Rechten verletzt sein könnte. Die Kl. hat eine Rechtsverletzung auch nicht näher dargelegt. Sie wird durch die Baugenehmigung ausschließlich begünstigt. Soweit sie eingewandt hat, dass sie zur Stellung des Bauantrags letztlich gezwungen worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Verpflichtung zur Stellung eines Bauantrags aus dem Bescheid der Bekl. vom 21.10.2011 ergab. Dieser, nicht aber die erteilte Baugenehmigung, stellt möglicherweise einen belastenden Verwaltungsakt dar. Die angefochtene Baugenehmigung enthält demgegenüber keine belastende Wirkung.

[21]2. Nach Nr. 2 des angefochtenen Bescheids ist die Kl. zur fristgebundenen Errichtung der Außentreppe verpflichtet. Dabei handelt es sich um eine selbstständige bauaufsichtliche Anordnung. Diese hat im entscheidungserheblichen Zeitpunkt (s. a) keine Rechtsgrundlage mehr (s. b) und ist daher rechtswidrig.

[22]a) Entscheidungserheblicher Zeitpunkt ist im vorliegenden Fall die letzte mündliche Verhandlung. Denn die Frage nach dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtungsklagen ist fallbezogen zu beantworten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23.1.1989 – 4 B 132/88, BeckRS 1989, 31273217). Die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung sind dann maßgeblich, wenn sich bei einem noch nicht vollzogenen Verwaltungsakt die Sach- oder Rechtslage inzwischen zu Gunsten der Kl. in einer Weise geändert hat, dass eine Durchsetzung der angegriffenen behördlichen Maßnahme nunmehr sinnlos geworden ist oder unangemessen erscheinen müsste. Unangemessen ist die Durchsetzung der angegriffenen behördlichen Maßnahme insbesondere dann, wenn durch eine Gesetzesänderung der angegriffenen behördlichen Maßnahme die Rechtsgrundlage entzogen worden ist. So liegen die Dinge hier. Die angegriffene behördliche Maßnahme findet nach der Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBauO) durch § 1 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung der BayBauO und des BayBaukammernG vom 11.12.2012 (BayGVBl. S. 633) keine Rechtsgrundlage mehr. Die Möglichkeit für die Bauaufsichtsbehörden, nachträgliche Anordnungen für einen zweiten baulichen Rettungsweg im Interesse des Brandschutzes zu erlassen, hängt im Wesentlichen von der Einordnung als Sonderbau ab. Der Gesetzgeber hat im Ergebnis durch die Einschränkung des Auffangtatbestands bei Sonderbauten das Interesse des Brandschutzes bewusst hintangestellt.

[23]b) Nach Art. 54 IV BayBauO können bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen gestellt werden, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Anerkannt ist, dass eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit dann besteht, wenn ein erforderlicher zweiter baulicher Rettungsweg nicht vorhanden ist (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 2003, 722 = BRS 65, 622; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBauO, Stand: 1.9.2014, Art. 54 Rn. 138). Der zweite Rettungsweg kann eine weitere notwendige Treppe oder eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit sein (Art. 31 II 2 BayBauO). Bei Sonderbauten ist der zweite Rettungsweg über Rettungsgeräte der Feuerwehr nur zulässig, wenn keine Bedenken wegen der Personenrettung bestehen (Art. 31 III 2 BayBauO). Der Frage, ob ein Bauvorhaben ein Sonderbau (Art. 2 IV BayBauO) ist oder nicht, kommt somit besondere Bedeutung zu, weil für Gebäude, die keine Sonderbauten sind, in der Regel keine Bedenken gegen eine Personenrettung über Rettungsgeräte der Feuerwehr bestehen. Ein Sonderbau liegt nicht mehr vor (s. aa). Eine hinreichende konkrete erhebliche Gefahr, die eine nachträgliche Anordnung rechtfertigen könnte, ist ebenfalls nicht gegeben (s. bb).

[24]aa) Im vorliegenden Fall liegt weder nach Art. 2 IV Nr. 9 BayBauO, noch nach Art. 2 IV Nr. 11 BayBauO, noch nach Art. 2 IV Nr. 20 BayBauO ein Sonderbau vor.

[25]1) Sonderbauten sind nach Art. 2 IV Nr. 9 BayBauO Gebäude mit Nutzungseinheiten zum Zweck der Pflege oder Betreuung von Personen mit Pflegebedürftigkeit oder Behinderung, deren Selbstrettungsfähigkeit eingeschränkt ist. Es muss eine ausdrückliche Widmung für diesen Zweck vorliegen (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBauO, Stand: Juli 2014, Art. 2 Rn. 445; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Art. 2 BayBauO Rn. 116?a). Die nach dieser Vorschrift erforderliche ausdrückliche Zweckbestimmung ist vorliegend nicht erkennbar. Das Vorhaben wird in den Bauvorlagen als „WAL-Wohnen in allen Lebensphasen, Neubau von 29 Mietwohnungen und Gemeinschaftsraum“ beschrieben. Zwar war nach dem Nutzungskonzept der Kl. vorgesehen, dass Zielgruppe ältere Menschen mit geringem und hohem Betreuungs- und Pflegebedarf sowie Menschen mit Behinderung sind. Ein Drittel des Gebäudes sollte an Menschen mit Pflegebedarf vermietet werden. Bei einer späteren etwaigen Pflegebedürftigkeit sollte ein Umzug ins Pflegeheim vermieden werden. Die Kl. hat jedoch in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie an diesem Nutzungskonzept nicht mehr festhält. Unabhängig davon, ob das Nutzungskonzept in diesem Zusammenhang noch fruchtbar gemacht werden kann, ist nicht erkennbar, dass Zweck der Anlage die Pflege oder Betreuung von Personen ist. Eine ausdrückliche

Widmung zur Pflege entnimmt der Senat dem Nutzungskonzept nicht. Der Umstand, dass sich das Büro einer Sozialstation in der Nähe befindet, kann nicht als Zweckbestimmung gesehen werden. Die Bekl. hat zudem selbst zugestanden, dass nicht bekannt ist, ob bzw. wie viele Nutzungseinheiten bereits jetzt zum Zweck der Pflege genutzt werden. Jedenfalls derzeit ist somit eine Widmung zur Pflege nicht zu erkennen.

[26]2) Sonderbauten sind gem. Art. 2 IV Nr. 11 BayBauO auch sonstige Einrichtungen zur Unterbringung von Personen sowie Wohnheime. Ein Wohnheim, insbesondere ein Altenwohnheim, liegt jedoch nicht vor. Ein Altenwohnheim ist ein Heim, in dem alte Menschen zur Führung eines Haushalts noch im Stande sind, volle Unterkunft in abgeschlossenen, nach Anlage, Ausstattung und Einrichtung auf die besonderen Bedürfnisse alter Menschen ausgerichteten Wohnungen gewährt wird und die Möglichkeit vorgesehen ist, im Bedarfsfall zusätzliche Verpflegung, Betreuung und vorübergehende Pflege durch den Träger zu gewähren. Letzteres erfordert ein Mindestmaß an Organisationsstruktur, die auch eine gewisse Leitungsfunktion durch einen Träger beinhaltet. Daran fehlt es hier. Die räumliche Präsenz eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege macht das Bauvorhaben noch nicht zu einem Altenwohnheim. Denn dieser bietet zum einen rechtlich getrennt vom Bauherrn den Bewohnern des Gebäudes eigenständig seine Leistungen an und zum anderen entscheiden allein die Bewohner, ob und wann sie erforderliche Leistungen in der angebotenen Art in Anspruch nehmen. Insofern fehlt es an dem Tatbestandsmerkmal, dass im Bedarfsfall zusätzliche Verpflegung, Betreuung und vorübergehende Pflege durch den Träger gewährt wird. Hinsichtlich des Angebots der Leistungen besteht grundsätzlich kein Unterscheid zum allgemeinen Mietwohnungsmarkt. Zwar mag die Kooperation mit dem Vermieter in Verbindung mit örtlicher Präsenz eines Trägers der freien Wohlfahrtspflege in der Wohnanlage Standortvorteile begründen. Dieser Standortvorteil verwandelt jedoch das Bauvorhaben noch nicht in ein Altenwohnheim. Die tatsächliche Nutzung der für die Zielgruppe Senioren günstigen Standortfaktoren begründet keine Trägerschaft im Sinn der oben dargestellten Definition.

[27]Auch ein Nachweis dafür, dass eine faktische Trägerschaft besteht, konnte nicht erbracht werden. So wurden in der Werbung als Dienstleistungen und Hilfen für die Mieter zielgruppenorientiert eine Erreichbarkeit rund um die Uhr, ein Notrufsystem, die Beratung und Vermittlung von Diensten, die Erbringung hauswirtschaftlicher Dienste, die ambulante Kranken- und Altenpflege, soziale Angebote, Freizeitangebote, Unterstützung bei der Mobilität, Seelsorge und Sterbebegleitung benannt. Es fehlen jedoch jegliche Angaben zur Art und Weise der Leistungserbringung und zum Leistungserbringer selbst. Wie das Erstgericht bereits ausgeführt hat, handelt es sich nach Einsicht in die Mietverträge um „normale“ Standardmietverträge ohne Betreuungsangebote (VGH München, Urt. v. 3.5.2012 – B 2 K 11.779). Auch von daher fehlt es an einer Organisationsstruktur, die für einen Heimcharakter Voraussetzung wäre. Bei einem Heim müssten die Bewohner stärker rechtlich mit dem Träger verbunden sein. Der Umstand, dass die Kl. eine soziale Vergemeinschaftung anstrebt, führt vor dem Hintergrund der eher neutralen und anonymen Mietverhältnisse nicht zu einer faktischen Trägerschaft. Vielmehr werden lediglich Strukturen in Form eines Netzwerks zur Verfügung gestellt.

[28]Zuzugestehen ist, dass sich die Ausstattung des Bauvorhabens vom üblichen Geschosswohnungsbau qualitativ unterscheidet. Denn ein Aufzug in einem Gebäude mit nur zwei Obergeschossen, ein Hausnotrufsystem in allen Zimmern und ein Gemeinschaftsraum für ein gemeinsames Mittagessen sind marktunüblich. Allein eine marktunübliche Ausstattung macht das Bauvorhaben jedoch noch nicht zu einem Altenwohnheim.

[29]Die Bekl. hat in der mündlichen Verhandlung eine Liste übergeben, der zufolge im 1. und 2. Obergeschoss des Westflügels 11 Personen wohnen, von denen die jüngste 77 Jahre alt ist. Für das Vorliegen eines Heims ist jedoch das Alter oder die Anzahl der unterzubringenden Personen unerheblich (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Art. 2 Rn. 455). Entscheidend ist, ob die Bewohner in einer Weise auf Hilfe angewiesen sind, die ihnen die Führung eines eigenständigen Haushalts verbietet und mit der Orientierung und/oder Bewegungseinschränkungen verbunden sind, die die Selbstrettungsfähigkeit einschränken und deshalb zu einer besonderen Betrachtung insbesondere der Personenrettung im Brandfall Veranlassung geben. Dafür ist nichts hinreichend vorgetragen.

[30]Im Übrigen ist Grund für die Einordnung entsprechender Wohnheime in den Sonderbautenkatalog, dass die einzelnen Nutzungseinheiten (Appartements) zwar prinzipiell selbstständig sind, brandschutztechnisch aber nicht ausreichend gegeneinander abgeschottet sind, so dass die Rettungswegsituation häufig problematisch sein wird (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, Art. 2 Rn. 457; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBauO, Stand: Sept. 2014, Art. 2 Rn. 134?c). Im vorliegenden Fall sind jedoch die Nutzungseinheiten brandschutztechnisch wirksam gegeneinander abgeschottet. Insofern bedarf die Rettungswegsituation im Rahmen des Art. 2 IV Nr. 11 BayBauO keiner besonderen Betrachtung. Wie bereits vor dem VG durch einen sachverständigen Zeugen dargelegt wurde, sind die einzelnen Wohnungen zu den benachbarten mit einem Brandschutz F 90 ausgestattet. Dies ergibt sich auch aus dem Brandschutznachweis vom 5.10.2007. Diese brandschutztechnische Ausstattung ist für ein Heim nicht typisch, so dass auch von daher kein Sonderbau iSd Art. 2 IV Nr. 11 BayBauO vorliegt.

[31]3) Auch Art. 2 IV Nr. 20 BayBauO führt nicht zur Einordnung als Sonderbau. Danach sind Anlagen und Räume, die in den Nrn. 1 - 19 nicht aufgeführt und deren Art oder Nutzung mit vergleichbaren Gefahren verbunden sind, ausgenommen Wohngebäude, die keine Hochhäuser sind, Sonderbauten. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei dem Bauvorhaben um ein Wohngebäude, so dass der Auffangtatbestand nicht anwendbar ist. Es fehlt zwar an einer gesetzlichen Definition des Begriffs Wohngebäude in der Bayerischen Bauordnung. Es spricht aber nichts dagegen, den Begriff des Wohnens wie im Baugesetzbuch und in der Baunutzungsverordnung als gekennzeichnet durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts anzusehen (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Art. 2 Rn. 102). Auch wenn man die Gesetzesänderung für rechtspolitisch verfehlt halten mag und die Gesetzesbegründung (vgl. LT -Dr 16/13931) teilweise falsch ist – der Senat hat nie in Abrede gestellt, dass das Älterwerden bauordnungsrechtlich irrelevant ist.

30 hat sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden, dass Wohngebäude, wenn diese von alten Menschen – auch wenn diese ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege bedürfen – bewohnt werden, nicht als Sonderbau zu behandeln sind, wenn keine der Nrn. 1 - 19 des Art. 2 IV BayBauO tatbestandlich vorliegen. Die von der Bekl. gegen diese Auslegung angeführten Argumente vermögen den Senat nicht zu

überzeugen. Die Bekl. behauptet, dass mit Wohngebäude iSd Nr. 20 nicht alle Wohngebäude im städtebaulichen Sinne gemeint sein können und versucht dies auch mit systematischen Argumenten zu belegen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des Art. 2 IV BayBauO den Begriff Wohngebäude in der Bedeutung verwenden wollte, die er auch sonst im Rahmen dieser Vorschrift hat (vgl. dazu: Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Art. 2 BayBauO Rn. 101). Eine einengende Auslegung des Begriffs Wohngebäude in Art. 2 IV Nr. 20 BayBauO würde zu einem Rechtszustand wie vor der Gesetzesänderung führen. Zudem darf Art. 2 IV Nr. 20 BayBauO als Auffangtatbestand nicht weit ausgelegt werden.

[32]Mithin liegt kein Sonderbau vor, so dass als zweiter Rettungsweg eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit ausreichend ist. Für Gebäude, die keine Sonderbauten sind, bestehen nämlich in der Regel keine Bedenken gegen einen über Rettungsgeräte der Feuerwehr geführten zweiten Rettungsweg (vgl. LT-Drs. 15/7161, 50?f.).

[33]bb) Nach dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 31 III 2 BayBauO gilt die Vorschrift nur für Sonderbauten (andere Ansicht:Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, Art. 31 BayBauO Rn. 74). Dementsprechend bestehen für Gebäude, die keine Sonderbauten sind, auch nach Auffassung des Gesetzgebers generell keine Bedenken gegen einen über Rettungsgeräte der Feuerwehr geführten zweiten Rettungsweg (vgl. Schwarzer/König, BayBauO, 4. Aufl. 2012, Art. 31 Rn. 7; Famers in Molodovsky/Famers/Kraus, Art. 31 BayBauO Rn. 53). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein zweiter baulicher Rettungsweg für Vorhaben unterhalb des Sonderbautatbestands nie gefordert werden kann.

[34]Die Vollzugshinweise (IMS über Vollzugshinweise zur BayBauO 2008 v. 13.12.2007 Nr. 31.3.2) verweisen insofern auf Art. 54 III 1 BayBauO (vgl. Bauer in Jäde/Dirnberger/Weiß, Art. 31 BayBauO Rn. 74). Diese Vorschrift ermöglicht Anordnungen, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen, wenn sich die speziellen materiell-rechtlichen Anforderungen des Bauordnungsrechts nach dem allgemeinen Maßstab des Art. 3 BayBauO als nicht ausreichend erweisen (Schwarzer/König, Art. 31 BayBauO Rn. 43?f.). Bei vorhandenen, in ihrem Bestand geschützten Anlagen, können solche nachträglichen Anforderungen allerdings nur unter den Voraussetzungen des Art. 54 IV BayBauO gestellt werden (vgl. Famers in Molodovsky/Famers/Kramer, Art. 31 BayBauO Rn. 58; Schwarzer/König, Art. 31 BayBauO Rn. 45). Es müssen erhebliche Gefahren für Leib und Gesundheit abgewehrt werden. Von einer erheblichen Gefahr ist dann auszugehen, wenn die Gefahr oder der Nachteil schwerwiegend und nachhaltig ist, wobei es auf die übermäßige Empfindlichkeit des Einzelnen nicht ankommt, sondern auf die objektiven Gegebenheiten. Schon aus der Wendung „erhebliche Gefahren“ folgt dabei, dass es sich insoweit um konkrete Gefahren handeln muss (vgl. VGH München, Beschl. v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790, BeckRS 2011, 33332). Es muss bei Betrachtung ex ante im Einzelfall bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden drohen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, BayBauO, Stand: Mai 2014, Art. 54 Rn. 45).

[35]Im vorliegenden Fall konnte dem Senat nicht dargelegt werden, dass erhebliche Gefahren für Leib und Gesundheit bestehen. Bei der Klärung der Frage der konkreten Gefahr kommt der Einsatzpraxis der örtlichen Feuerwehr sowie den konkreten baulichen Verhältnissen maßgebliche Bedeutung zu. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung des Senats liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine konkrete erhebliche Gefahr vor.

[36]Nach den Erläuterungen von Seiten der Bekl. in der mündlichen Verhandlung sind bei ihr zwei Hubrettungsfahrzeuge mit jeweils einem Zwei-Personen-Rettungskorb und eines mit einem Drei-Personen-Rettungskorb vorhanden. In jedem Korb muss ein Feuerwehrmann tätig sein, so dass nur eine bzw. zwei Personen gerettet werden können. Ferner wurden Rettungszeiten von 3 Min. pro Person bzw. 6 bis 9 Min. pro eingeschränkt beweglicher Person bestätigt. Dabei versucht die Feuerwehr zunächst die Personen über den ersten Rettungsweg ins Freie zu bringen. Straßenseitig können zwei Hubrettungsfahrzeuge hintereinander eingesetzt werden. Geht man von den max. zulässigen 16 Bewohnern aus, so können diese mit zwei Hubrettungsfahrzeugen in knapp 90 Min. auch bei eingeschränkter Beweglichkeit evakuiert werden, wenn straßenseitig von den drei Segmenten des Laubengangs in den Obergeschossen gerettet wird.

[37]Stellt man auf die erreichbare Stelle der Nutzungseinheit iSv Art. 31 II 2 BayBauO ab, so muss über den Innenhof mit Steckleitern gerettet werden. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem VG dargelegt wurde, kann die Feuerwehr nach ca. 15 Min. vor Ort sein. Die Rüstzeit beträgt zusätzlich ca. 3 Min. Danach entsprechen die Rettungszeiten etwa denen mit dem Hubrettungsfahrzeug, dh bei nicht eingeschränkten Personen ca. 3 Min. während bei Personen mit eingeschränkter Beweglichkeit ca. 8 bis 10 Min. erforderlich sind. Für eine entsprechende Rettung werden pro Leiter drei Feuerwehrleute zum Einsatz benötigt. Bei der Löschgruppe ist neben dem Hubrettungsfahrzeug eine Leiter am Löschfahrzeug vorhanden. Personen, die abgeseilt werden müssen, haben eine um nochmals 5 Min. längere Rettungszeit. Für 16 Bewohner, die in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind, würde bei 10 Min. Rettungszeit pro Person die Rettung insgesamt 160 Min. dauern. Bei den zwei vorhandenen Steckleitersystemen könnte die Rettung aber in 80 Min. bewerkstelligt werden. Unterstellt man, dass alle Personen abgeseilt werden müssen, so beträgt die reine Rettungszeit 120 Min. Der Senat hält es jedoch für äußerst unwahrscheinlich, dass alle 16 Personen abgeseilt werden müssen. Hierzu hat die Bekl. auch nichts Konkretes dargetan. Vielmehr wird nach der Lebenserfahrung immer ein gewisser Anteil der Bewohner noch in der Lage sein, selbst auf die Leiter zu gelangen. Wie oben dargelegt sind im vorliegenden Fall die einzelnen Wohnungen zu den benachbarten mit einem Brandschutz F 90 ausgestattet. So verbleiben 90 Min. Zeit, um sich dort aufhaltende Personen zu retten. Nimmt man hinzu, dass die Feuerwehr zur Brandlöschung bei einer brennenden Wohnung ca. 20 - 30 Min. benötigt und bei der Rettungsaktion mit den Wohnungen begonnen wird, die sich dem Brandherd am nächsten befinden, erkennt der Senat keine hinreichend konkrete erhebliche Gefahr.

[38]3. Nach Art. 38 I 1 VwZVG sind gegen die Androhung eines Zwangsmittels die förmlichen Rechtsbehelfe gegeben, die gegen den Verwaltungsakt zulässig sind, dessen Durchsetzung erzwungen werden soll. Wie unter Nr. 2 dargelegt wurde, ist der der Androhung zu Grunde liegende Verwaltungsakt aufzuheben. Mithin ist auch die Androhung eines Zwangsgelds zur Durchsetzung der Verpflichtung zur Errichtung einer Außentreppe (Nr. 5 des Bescheids) aufzuheben.

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regenburg vom 17. Mai 2017 wird in Nr.

I. abgeändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 wird wiederhergestellt, soweit der Antragstellerin aufgegeben wurde, im zentralen Treppenraum (zurzeit Hotelhalle) das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten (Teil II Nr. 5). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss des Hotels (Teil I Nr. 1 Satz 1 des Bescheids) wird unter der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsgegner die Anordnung des Sofortvollzugs gemäß Teil I Nr. 3 des Bescheids aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 25.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich als Eigentümerin des mit einem Hotel („S.-hotel …“, 55 Gästebetten) bebauten Grundstücks FlNr. … der Gemarkung B. gegen bauaufsichtliche Maßnahmen zum Brandschutz. Für dieses Objekt ist im gerichtlichen Verfahren eine Baugenehmigung des Landratsamts Regen vom 23. August 1982 für das Vorhaben „Aufbau eines 2. Stockwerkes u. Erweiterung der Vorhalle“ (Az. 723/82) vorgelegt worden. Ältere Baugenehmigungen wurden von den Beteiligten nicht übermittelt.

Das Landratsamt erließ im Anschluss an eine Ortseinsicht am 8. November 2016 und auf Basis eines hierzu erstellten Baukontrollberichts vom 30. November 2016 am 2. Dezember 2016 eine „Anordnung gemäß Art. 54 Abs. 4 Bayer. Bauordnung“, mit der unter „Teil I Nr. 1“ unter Anordnung des Sofortvollzugs (Teil I Nr. 3) die Nutzung der Beherbergungsräume im 1. und 2. Obergeschoss unter der auflösenden Bedingung, dass „alle Punkte in Teil II Ziffern 1 bis 11 (Mängelbeseitigung) erfüllt werden“, untersagt wurde. Unter Teil I Nr. 2 ist verfügt, dass die Nutzungsuntersagung während einer Übergangszeit von drei 3 Monaten nach Bescheidzustellung für den Fall ausgesetzt wird, dass gewisse Sofortmaßnahmen (Sicherheitswache) umgesetzt werden. Unter „Teil II Mängel“ werden der Antragstellerin diverse Einzelmaßnahmen zur Beseitigung brandschutzrechtlicher Mängel aufgegeben. Auch insofern wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Teil II Nr. 12). Unter Teil II Nr. 13 bis 26 werden Zwangsgelder angedroht für den Fall, dass die Verpflichtungen gem. Nr. 1 bis Nr. 11 nicht binnen bestimmter Fristen erfüllt werden. Mit Teil III des Bescheides wurde der Pächter unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verpflichtet, die gegenüber der Antragstellerin verfügte Nutzungsuntersagung und Mängelbeseitigung zu dulden. In der Begründung des Bescheids wird ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Ortsbegehung weder der erste noch der zweite Rettungsweg gesichert sei. Die Anordnung der Mängelbeseitigung diene dazu, das Hotel so nachzurüsten, dass der Betrieb wieder ohne erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen möglich sei. Aufgrund der besonderen Gefahrenlage sei das Entschließungsermessen zum bauordnungsrechtlichen Eingreifen weitgehend auf Null reduziert. Wegen der abzuwehrenden erheblichen Gefahren seien die angeordneten Maßnahmen trotz der Beeinträchtigungen verhältnismäßig; eine andere Entscheidung als die Untersagung der Nutzung sowie darauf aufbauend die Anordnung einer Mängelbeseitigung mit ausreichend bemessener Fristenregelung sei nicht ersichtlich. Wirtschaftliche Gesichtspunkte müssten hinter den zu schützenden Rechtsgütern Leben und Gesundheit zurücktreten. Auch wenn das Landratsamt über einen längeren Zeitraum hinweg nicht bauaufsichtlich tätig geworden sei, habe nicht darauf vertraut werden dürfen, dass Brandschutzmängel dauerhaft geduldet würden. In der Bescheidbegründung wird der Antragstellerin alternativ zu der angeordneten Mängelbeseitigung die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von drei Monaten nach Zustellung unter Beibehaltung der in Teil I aufgeführten Sofortmaßnahmen ein abweichendes Brandschutzkonzept vorzulegen, prüfen zu lassen und umzusetzen. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit begründet, die den Gästen eines Beherbergungsbetriebs ohne gesicherten ersten und zweiten Rettungsweg drohten. Ein weiteres Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit hätte ein nicht hinnehmbares Fortbestehen dieser Gefahrenlage zur Folge gehabt.

Mit Beschluss vom 17. Mai 2017 lehnte das Verwaltungsgericht Regensburg den von der Antragstellerin am 13. März 2017 gestellten Eilantrag, die aufschiebende Wirkung ihrer am 21. Dezember 2016 gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Anfechtungsklage wiederherzustellen, ab.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie trägt unter Bezugnahme auf Aktennotizen vom 21. Mai 1982, 16. September 1982 und 25. Oktober 1982 (vgl. Bl. 43 ff. der VGH-Akte sowie Bl. 8 f. 83 f., 88 der Bauakte des Landratsamts 723/82) sowie auf ein Ergebnisprotokoll einer „außerordentlichen Feuerbeschau“ vom 4. Juli 1968 (Bl. 53 ff. der VGH-Akte) vor, der Entscheidung des Verwaltungsgerichts stehe der Bestandsschutz des Gebäudes entgegen. Weder die Behörde noch das Verwaltungsgericht hätten den Vertrauensschutz, der ihr als Adressatin einer Baugenehmigung zukomme, hinreichend gewürdigt. Das Gebäude sei und bleibe formell legal, sodass es nicht an eine wie auch immer geänderte Rechtslage angepasst werden müsse. Die Umsetzung des Bescheids – insbesondere in Bezug auf die angeordnete Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Treppenhausbereichen (Teil II Nr. 6 des Bescheids) – bedeutete den faktischen Rückbau des Gebäudes in den Rohzustand. Dies führe im Ergebnis zur Beseitigung eines baurechtlich genehmigten Zustandes und bewirke damit in der Sache einen Widerruf bzw. die Aufhebung der erteilten Baugenehmigung. Die Gestaltung der Treppenhäuser und diesbezügliche Brandschutzfragen seien im Genehmigungsverfahren 1982 zwischen dem damaligen Bauherr, dem Landratsamt und dem Brandversicherer abgestimmt worden. Die Voraussetzungen für eine nachträgliche Anordnung gemäß dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ vom 25. Juli 2011 seien nicht gegeben. Jedes Geschoss des Hotelgebäudes besitze tatsächlich mehrere Rettungswege. Geringe, den heutigen Anforderungen ggf. nicht mehr bis ins Detail gerecht werdende Mängel könnten jedenfalls nicht dazu führen, diesen die Qualität und die Funktion als Rettungsweg vollständig abzusprechen. Weder aus dem Bescheid des Landratsamts noch aus dem angegriffenen erstinstanzlichen Beschluss ergebe sich, dass die gerügten Mängel der Rettungswege im Brandfall dazu führten, dass die dortigen Fluchtmöglichkeiten nicht gegeben seien. Tatsächlich sei bei einer würdigenden Gesamtbetrachtung von einem ausreichenden Gefahrenschutz im Gebäudebestand auszugehen. Ein wesentlicher Mangel des Rettungswegs über den mittleren und zentralen Treppenraum könne aus dem Umstand, dass der Treppenverlauf im Bereich des 1. Obergeschosses um etwa 6 bis 7 m versetzt sei, nicht begründet werden. Der mittlere Treppenraum sei von jeder Lage im 1. und 2 Obergeschoss innerhalb der bauordnungsrechtlichen 35 m-Vorgabe erreichbar. An beiden Seiten des Bauwerks (gemeint: im südwestlichen und östlichen Gebäudetrakt) seien das 1. und das 2. Obergeschoss über ein Treppenhaus verbunden, wobei von jedem dieser im 35 m-Bereich erreichbaren Treppenhäuser auf Ebene des 1. Obergeschosses ein Ausgang auf das Flachdach über dem Restaurantbereich führe. Insgesamt sei kein Raum weiter als 10 m von der nächsten Treppe entfernt. Darüber hinaus stehe im 1. Obergeschoss der Ausstieg über das jeweilige Fenster auf die Dachterrasse zur Verfügung. Die Dachterrasse sei weniger als 8 m hoch und daher für die Feuerwehr ohne Weiteres anleiterbar. Auch die Fenster hielten eine entsprechende Brüstungshöhe ein. Das unverhältnismäßige Vorgehen werde ferner dadurch belegt, dass die Baubehörde auch nach zwischenzeitlichen Baukontrollen – so z.B. im Jahr 1995 – den bestehenden baulichen Zustand des Gebäudes akzeptiert habe. Schließlich habe das Verwaltungsgericht die wirtschaftlichen Folgen des streitgegenständlichen Bescheids für die Antragstellerin nicht hinreichend berücksichtigt. Bei Fortbestand der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei der wirtschaftliche Zusammenbruch des genehmigten und über viele Jahrzehnte unbeanstandeten Betriebs unvermeidbar. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners sei es nicht Sache der Antragstellerin, alternative bautechnische Vorschläge zur Veränderung des bestandsgeschützten Zustands ihres Anwesens zu unterbreiten. Wegen der bestehenden Verkleidung der Außenfassade mit grundsätzlich brennbaren Holzschindeln dürfe der Rettungsweg über die Außenflächen der Dachterrassen und die Abstiegsleitern nicht als untauglich angesehen werden. Die Bayerische Bauordnung fordere für Außenwände lediglich eine ausreichend lange Widerstandsfähigkeit gegen eine Brandausbreitung. Diese Eigenschaft („schwer entflammbar“) erfüllten die Holzschindeln. Gleiches gelte für die in massivem Holz bzw. teilweise in Metall mit Gitterglas ausgeführten Fenster und Türen im Bereich der Rettungswege. Die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Insofern sei vom vormaligen Pächter in einem Bescheid vom 6. Mai 2015 – und insbesondere dort unter 5. und 6. – lediglich gefordert worden, den Außenfluchtbereich zu sichern. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Antragsgegner auf diese Möglichkeiten, die umgesetzt worden seien, nicht mehr abheben wolle. Es bestehe grundsätzlich die Bereitschaft, im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung der Außenrettungswege durchzuführen, die sich allerdings nur in marginalem Bereich bewegen könnten, da die Grundvorrichtungen dieser Anlagen schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet seien.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 17. Mai 2017 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2016 erhobenen Klage wiederherzustellen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe richtig entschieden. Aus dem Baukontrollbericht zur Ortseinsicht vom 8. November 2016 hätten sich erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit ergeben. Aus dem Bericht folge auch, dass die angeordneten Maßnahmen eine unabweisbare Minimallösung darstellten, da jeder vorhandene Rettungsweg mit schwerwiegenden Mängeln behaftet sei. Es gehe nicht nur um die Anpassung an die im Laufe der Zeit geänderten gesetzlichen Vorschriften. Angesichts der erheblichen Gefahrenlage sei es unerheblich, dass das Landratsamt den baulichen Missstand ggf. früher hätte feststellen und einschreiten können. Unabhängig davon, dass die Antragstellerin eine wirtschaftliche Existenzgefährdung im Falle der Umsetzung des Bescheids nicht belegt habe, sei ein Eigentümer für den ordnungsgemäßen Zustand eines Gebäudes grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verantwortlich. Dies gelte umso mehr, wenn es – wie hier – um den Schutz höchstwertiger Rechtsgüter vor erheblichen konkreten Gefahren gehe. Der näher begründeten Annahme im angegriffenen Beschluss, dass solche Gefahren vorliegen, sei die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen getreten. Die vorgelegten Unterlagen aus den Jahren 1968 und 1982 gäben hierzu nichts her. Es sei nicht Aufgabe der Behörde, alle vorstellbaren Möglichkeiten zur Umsetzung eines ausreichenden Bestandsschutzes in Erwägung zu ziehen, wenn sich der Verantwortliche – wie hier die Antragstellerin – zu Unrecht auf den Standpunkt stelle, dass keine Gefahrensituation gegeben sei und der bestehende Zustand hinsichtlich des Brandschutzes ausreiche. Es sei auch mit Blick auf finanzielle und betriebliche Belastungswirkungen Sache der Antragstellerin gewesen, Alternativen zu den von der Behörde für erforderlich und angemessen gehaltenen Maßnahmen zur Ausräumung oder Kompensation von Brandschutzmängeln zu entwickeln. Eindeutig vorzugswürdige Alternativen seien für die Behörde nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, hat aber nur zu einem geringen Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung weitgehend zu Recht abgelehnt.

Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen.

1. Für den Erfolg der Beschwerde kommt es hiernach maßgeblich darauf an, inwiefern das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid vom 2. Dezember 2016 nach der im Eilverfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage zu Recht von Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm gedeckt angesehen hat, wobei der Senat sich nur mit den innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die § 146 Abs. 4 Satz 3 und Satz 6 VwGO die Prüfung beschränkt, auseinanderzusetzen hat.

Die Bauaufsichtsbehörden können gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO auch bei bestandsgeschützten baulichen Anlagen Anforderungen stellen, wenn das zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist. Eine erhebliche Gefahr in diesem Sinne kann darin begründet sein, dass diese erst nachträglich auftritt oder erst nachträglich erkannt bzw. ihre Schwere nunmehr – etwa unter Berücksichtigung der fortschreitenden technischen Entwicklung oder neuer Erkenntnisse der Brandabwehr – anders beurteilt wird (Dirnberger in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 167). Art. 54 Abs. 4 BayBO vermittelt der Bauaufsichtsbehörde über Art. 54 Abs. 2 und 3 BayBO sowie Art. 76 BayBO hinausgehend auch Eingriffsbefugnisse bei Anlagen, die aufgrund einer geltenden Baugenehmigung formell bestandsgeschützt sind. Anordnungen können auf Art. 54 Abs. 4 BayBO gestützt werden, ohne dass die Baugenehmigung gem. Art. 48 oder Art. 49 BayVwVfG aufgehoben werden muss bzw. ohne dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme oder einen Widerruf der Baugenehmigung vorliegen müssen (BayVGH, B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 158, 160 m.w.N.; i.E. ebenso: Bell, KommP BY 2011, 334; Glaser/Wei-ßenberger, BayVBl. 2008, 460/465; nach früherem Recht bereits BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 16.3.1982 – 2 AS 82 A.217; U.v. 21.8.1991 – 2 B 91.156; U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 30.7.1992 – 15 CS 92.1935; B.v. 19.6.1997 – 14 ZB 97.1268; B.v. 19.12.2001 – 14 ZB 00.1421 – juris Rn.3; a.A. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Februar 2017, Art. 54 Rn. 212, 213). Insofern ist die Legalisierungswirkung einer Baugenehmigung verfassungsgemäß eingeschränkt. Von den von Art. 54 Abs. 4 BayBO erfassten Sicherheitsrisiken sind nicht nur die Eigentümer selbst, sondern eine von vornherein nicht bestimmbare Zahl von Bewohnern, Besuchern (Gästen) und unter Umständen auch Passanten betroffen. Diese Einbindung rechtfertigt auch am Maßstab von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine detaillierte und weitgehende Bestimmung des Inhalts und der Schranken der Eigentümerbefugnisse (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 156 m.w.N.).

Der Senat konnte im summarischen Verfahren gem. § 146 i.V. mit § 80 Abs. 5 VwGO auf die detaillierte Ermittlung und Beurteilung der bestehenden Baugenehmigungslage verzichten. Insbesondere bedurfte es keiner Ermittlungen, inwiefern ggf. doch noch weitere Baugenehmigungen vor der Umbaugenehmigung aus dem Jahr 1982 existent sein könnten. Entbehrlich war im gerichtlichen Verfahren auch eine detaillierte Abklärung und Prüfung, inwiefern (zum Teil) Mängelbeseitigungsmaßnahmen auch auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO hätten gestützt werden können, etwa weil der bestehende bauliche Zustand, der in Umsetzung der Anordnungen in Teil II des angefochtenen Bescheids geändert werden soll, ggf. nicht mit der Baugenehmigung vom 23. Juni 1982 übereinstimmt. Denn bei der Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO muss die Frage der genauen Reichweite des Bestandschutzes nicht vertieft werden. Eine Anordnung, die nach dieser Vorschrift gegen eine in ihrem Bestand geschützte Anlage gerichtet werden kann, darf jedenfalls in analoger Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO auch und erst recht gegen eine nicht in ihrem Bestand geschützte Anlage ergehen (vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296 f., 299; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; Jäde in Jäde/Dirn-berger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 214). Sollte im Übrigen die Ausgestaltung der betroffenen Räumlichkeiten bzw. der Betrieb des Hotels im Ganzen nicht von bestehenden Baugenehmigungen abgedeckt sein, wären bei (alternativer) Heranziehung des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO (für bauliche Nachrüstungen) bzw. Art. 76 Satz 2 BayBO (für die Nutzungsuntersagung) die behördlichen Ermessenserwägungen weitgehend identisch (vgl. BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; zur Möglichkeit eines Austausches der Rechtsgrundlage, wenn hierdurch der Bescheid nicht in seinem Wesen verändert wird vgl. auch BVerwG, U.v. 31.3.2010 – 8 C 12.09 – NVwZ-RR 2010, 636 = juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 18.7.2012 – 22 ZB 11.2060 – juris Rn. 13).

Gemessen hieran überwiegt in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das gegenläufige Interesse der Antragstellerin, weil aller Voraussicht nach die Anfechtungsklage gegen den Bescheid insofern gemessen an Art. 54 Abs. 4 BayBO keinen Erfolg haben wird (im Folgenden unter 2.). Demgegenüber überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse, soweit unter Teil II Nr. 5 des Bescheids angeordnet wurde, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster (über dem Garagen-Flachdachniveau) zu einem Rauchabzug umzurüsten ist; denn diese Anordnung kann nicht auf die von dem Antragsgegner herangezogene Befugnisnorm und das hierauf aufbauende behördliche Ermessen gestützt werden (hierzu unter 3.). Da die unter Teil I Nr. 1 Satz 1 verfügte Nutzungsuntersagung nach Aktenlage ebenfalls als grundsätzlich zulässig anzusehen ist, hat das Verwaltungsgericht auch insofern wegen überwiegenden Vollzugsinteresses den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zu Recht abgelehnt. Da die fortbestehende Wirksamkeit der verfügten Nutzungsuntersagung über die unter Teil I Nr. 1 Satz 2 des streitgegenständlichen Bescheids reglementierte auflösende Bedingung unter Berücksichtigung des Anordnungszwecks (Sicherung einer gefahrfreien Nutzbarkeit der Rettungswege im Brandfall) auf Basis einer einheitlichen Ermessensentscheidung an die Erfüllung der unter Teil II verfügten Maßnahmen geknüpft ist, allerdings hinsichtlich Teil II Nr. 5 des Bescheids die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen war, sieht es der Senat in analoger Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO als geboten an, die Ablehnung des Eilantrags an die im Tenor dieses Beschlusses ausgesprochene Auflage (Maßnahme) zu knüpfen (vgl. im Einzelnen unten 4.).

2. Es spricht eine weit überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen rechtmäßig sind und die Antragstellerin daher nicht in subjektiven Rechten verletzen (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Der Senat sieht von vornherein keine Veranlassung, den streitgegenständlichen Bescheid vom 2. Dezember 2016 im Beschwerdeverfahren einer rechtlichen Überprüfung in Bezug auf die unter Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 angeordneten Maßnahmen (Begrenzung der Lagerung von brennbaren Stoffen in der Garage; Beseitigung entzündlicher und brennbarer Gegenstände in bestimmten Flur- und Treppenhausbereichen sowie Abstellräumen unter den Treppenläufen; Freihaltung erforderlicher Rettungswegbreiten; Entfernung von Keilen, mit denen Türen mit Brandschutzanforderungen und Selbstschließung offen gehalten werden; Vorlage eines Prüfungsergebnisses über die Funktionsfähigkeit und Betriebssicherheit der Sicherheitsbeleuchtung mit Sicherheitsstromversorgung) zu unterziehen.

Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO obliegt es dem Beschwerdeführer – hier der Antragstellerin –, sich mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung inhaltlich auseinanderzusetzen und im Einzelnen aufzuzeigen, weshalb diese keinen Bestand haben kann. Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren nichts Substanziiertes vorgetragen, warum der Bescheid vom 2. Dezember 2016 in Bezug auf Teil II Nr. 8 bis Nr. 11 entgegen der Beurteilung des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Beschluss vom 17. Mai 2017 rechtswidrig sein könnte. Im Beschwerdeverfahren sind vom Verwaltungsgerichtshof nur die dargelegten Gründe zu prüfen, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO (vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 1.10.2014 – 3 M 406/14 – juris Rn. 6). Zudem hat die Antragstellerin hinsichtlich eines Teils der hiervon betroffenen Maßnahmen vorgetragen, dass bereits „alle mobilen Einrichtungen aus Treppenhäusern und Fluren entfernt“ worden seien, „die auch nur im Geringsten brandschutztechnisch problematisch sein könnten“ (Schriftsatz vom 22. Juni 2017; zu Brandlasten und Hindernissen in Form von Einrichtungsgegenständen in Rettungswegbereichen vgl. Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 77). Soweit sich die Anfechtungsklage der Antragstellerin mit Blick auf § 88 VwGO überhaupt auf die Maßnahmen gem. Teil II Nr. 8 – 11 erstrecken sollte, könnte im Hauptsacheverfahren ggf. zu klären sein, inwiefern diese mangels Auswirkungen auf den genehmigten Bestand anstelle von Art. 54 Abs. 4 BayBO womöglich eher auf Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO zu stützen sind.

b) Auch hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen (Nr. 1 – Nr. 4: Einbau von Türen bzw. Fenstern mit bestimmten brandschutzrechtlichen Anforderungen in näher bestimmten Treppenraum- und Flurbereichen; Nr. 6: Beseitigung brennbarer Wand- und Deckenverkleidungen bzw. deren Ersetzung durch nichtbrennbare Verkleidungen in ausreichender Dicke in näher bestimmten Bereichen; Nr. 7: Anforderung einer leichten Öffnung der westlichen Notausgangstür von der Garage ins Freie) bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Denn insofern geht der Senat nach der im Verfahren gem. § 146, § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO als Befugnisnorm erfüllt und dem Antragsgegner keine Ermessensfehler (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO) vorzuwerfen sind.

aa) Bei der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilenden Frage, ob die Eingriffsschwelle des Art. 54 Abs. 4 BayBO (erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit) erreicht ist, ist einekonkrete Gefahr in dem Sinne zu fordern, dass bei einer Betrachtungsweise ex ante bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden droht (vgl. BayVGH, U.v. 1.2.1980 – 53 II 77; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Decker, BayVBl. 2011, 517/524; Hirschfelder, BauR 2015, 921/924 f.; vgl. auch zum Landesrecht außerhalb Bayerns VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; HambOVG, B.v. 4.1.1996 – Bs II 61/95 – NVwZ-RR 1997, 466 = juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 17.1.1986 – 6 B 1/86 – BauR 1986, 684/686; OVG NRW, U.v. 28.8.2002 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19, 20; nach a.A. soll das Vorliegen einer abstrakten Gefahr genügen, vgl. Gröpl, BayVBl. 1995, 292/296; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 169). Dabei ist der allgemeine sicherheitsrechtliche Grundsatz anzuwenden, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. BayVGH, U.v. 16.1.1997 – 22 B 96.3491 – BayVBl. 1997, 280 = juris Rn. 20; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 23). Angesichts des hohen Stellenwerts der Rechtsgüter Leben und Gesundheit sind daher im Anwendungsbereich des Art. 54 Abs. 4 BayBO an die Feststellungen der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sowie an den Maßstab der Erheblichkeit der Gefahr keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen (BVerwG, U.v. 26.6.1970 – IV C 99.67 – NJW 1970, 1890 = juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 220). Es genügt grundsätzlich, wenn ein Schadenseintritt zu Lasten der durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG unter dem besonderen Schutz der Rechtsordnung stehenden Schutzgüter aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls nicht ganz unwahrscheinlich ist (Molodovsky in Molodovsky/Fa-mers, Bayerische Bauordnung, Stand: Mai 2017, Art. 54 Rn. 141, 141a; Schwarzer/König Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 54 Rn. 48; vgl. auch VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; OVG Rh-Pf, U.v. 12.12.2012 – 8 A 10875/12 – NVwZ-RR 2013, 496 = juris Rn. 30; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 24).

bb) Der Antragsgegner hat im Bescheid vom 2. Dezember 2016 ebenso wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss vom 17. Mai 2017 eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO damit begründet, dass für das 1. und 2. Obergeschoss des Hotels weder der erste noch der zweite Rettungsweg ausreichend gesichert sei. Der Senat teilt nach Aktenlage diese Einschätzung.

Eine erhebliche – konkrete – Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO entsteht zwar nicht bereits allein dadurch, dass sich gesetzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern und eine bestehende Anlage in der Folge nicht mehr in allen Details mit neueren (etwa bauordnungs-) rechtlichen Vorgaben übereinstimmt (VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; HessVGH, B.v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97 – NVwZ-RR 2000, 581 = juris Rn. 18; Nr. 1.2 des IMS vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ – Az. II B 7-4112.420-013/11; Bell, KommP BY 2011, 334; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925). Besonderheiten gelten jedoch bei der Gefahr- und Wahrscheinlichkeitsbeurteilung im Zusammenhang mit brandschutzrechtlichen Anforderungen, weil mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 10; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; VGH BW, B.v. 29.3.2011 – 8 S 2910/10 – BauR 2012, 473 = juris Rn. 24; OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 20.2.2013 – 2 A 239/12 – BauR 2013, 1261 = juris Rn. 34; Hirschfelder, BauR 2015, 921/925) und ein Gebäudebrand regelmäßig mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit von Personen einhergeht. Personen, die sich in dem Gebäude aufhalten, müssen sich darauf verlassen können, dass die vorgesehenen Rettungswege im Brandfall hinreichend gefahrfrei und sicher benutzbar sind. Mängel innerhalb der Rettungswege indizieren daher eine erhebliche Gefahr i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO (Kühnel/Goll-witzer in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Art. 33 Rn. 8; zur Möglichkeit nachträglicher Anordnungen auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude im Falle ungesicherter Rettungswege vgl. auch Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 12 Rn. 10; Molodovsky in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 141a; BayVGH, U.v. 17.2.1997 – 14 B 93.1180 – juris Rn. 17 ff.: ungesicherter erster Rettungsweg wegen fehlender feuerbeständiger Ausgestaltung eines Treppenraums; VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 13 ff.: Anordnung zum Einbau von rauchdichten und selbstschließenden Türen; für den Fall der mangelnden Sicherung des zweiten Rettungswegs vgl. auch BayVGH, U.v. 10.1.1992 – 2 B 89.740; B.v. 29.8.2012 – 2 CS 12.1256; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 176, 177; vgl. auch OVG NRW, U.v. 28.8.2001 – 10 A 3051/99 – BauR 2002, 763 = juris Rn. 19 ff.; B.v. 22.7.2002 – 7 B 508/01 – BauR 2002, 1841 = juris Rn. 19 ff.). Ganz in diesem Sinne ist nach dem Rundschreiben des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 25. Juli 2011 „Vollzug der Bayerischen Bauordnung; Brandschutz in bestehenden Gebäuden“ (Az. II B 7-4112.420-013/11, dort unter Nr. 1.2) für die Anwendung des Art. 54 Abs. 4 BayBO „beispielhaft (…) von einer erheblichen Gefahr in Bezug auf den Brandschutz unter anderem dann auszugehen, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 BayBO für Nutzungseinheiten mit Aufenthaltsräumen regelmäßig geforderten zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen“ (zustimmend Bell, KommP BY 2011, 334; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 31 Rn. 58; in Anwendung von Art. 60 Abs. 5 BayBO 1998 vgl. bereits BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 7 ff.).

Die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen stützen sich auf die Nichteinhaltung der (aktuell geltenden) Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 6 BayBO (Teil II Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3), Abs. 4 (Teil II Nr. 4), Abs. 5 (Teil II Nr. 6) sowie hinsichtlich Teil II Nr. 7 auf eine im Sinne der Funktionsfähigkeit eines Rettungswegs am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV geboten hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür. Auch wenn Art. 54 Abs. 4 BayBO die Anordnung einer (fortwährenden) Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften als solche grundsätzlich nicht rechtfertigt (s.o.), greift die Befugnisnorm als spezieller Gefahrenabwehrtatbestand auch gegenüber bestandsgeschützten Gebäude aufgrund der hohen Wertigkeit der geschützten Rechtsgüter (Leben und Gesundheit) jedenfalls dann ein, wenn die Nichteinhaltung aktueller gesetzlicher Standards gleichzeitig eine erhebliche Gefahr für Leben und Gesundheit bedingt und ohne eine Anordnung der Bauaufsichtsbehörde und deren Umsetzung die gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit eines Rettungswegs nicht hinreichend gewährleistet ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die aktuellen normativen Anforderungen an die Ausgestaltung notwendiger Treppenräume in Art. 33 Abs. 4 und Abs. 6 BayBO den Schutzzweck verfolgt, im Brandfall den Brandübergriff auf den Rettungsweg sowie eine Verrauchung in diesem zu verhindern und damit in Umsetzung der allgemeinen Vorgaben in Art. 12 letzte Alt. BayBO für eine sichere und gefahrfreie Benutzbarkeit des Rettungswegs für die Fliehenden sowie für Rettungshelfer zu gewährleisten (Bauer in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 7, 35, 84, 98; Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 3, 4, 6, 69, 75, 78, 96). Die Anforderungen gem. Art. 33 Abs. 5 BayBO an die Ausgestaltung des Treppenraumes mit nicht brennbaren Baustoffen gründen zudem auf dem Gedanken, dass notwendige Treppenräume in ihrer besonderen Bedeutung als vertikale Fluchtwege selbst nicht Ursache einer Brandentstehung sein dürfen und daher, sofern kein Rauch und Feuer von außen (d.h. von anderen Gebäudeteilen) in den Treppenraum eindringen, als Fluchtweg uneingeschränkt benutzbar bleiben (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 75). Da angesichts des hohen Werts, den das menschliche Leben und die Gesundheit darstellen (vgl. auch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), an die Wahrscheinlichkeit einer Verrauchung des Rettungswegs sowie eines Brandübergriffs auf diesen keine hohen Anforderungen zu stellen sind (s.o. sowie VGH BW, U.v. 28.6.1989 – 5 S 1542/88 – juris Rn. 14), ist nach Ansicht des Senats grundsätzlich von einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit i.S. von Art. 54 Abs. 4 BayBO auszugehen, wenn die Rettungswege der im Einzelfall betroffenen baulichen Anlage nicht den (aktuellen) bauordnungsrechtlichen Anforderungen zur Vermeidung der Verrauchung und des Brandübergriffs sowie der Brandentstehung gem. Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO genügen oder im Übrigen der Funktion eines hinreichend sicheren Fluchtwegs i.S. von Art. 31 Abs. 1 BayBO (bei Mittel- und Großgaragen vgl. auch § 12 Abs. 1 GaStellV) nicht entsprechen. Der (Landes-) Gesetzgeber hat durch die Schaffung und nachträgliche Anpassung von Regelungen im Bauordnungsrecht, die die Rauch- und Brandfreiheit eines als Rettungsweg fungierenden Treppenraums gewährleisten sollen (Art. 33 Abs. 4 – 6 BayBO), den spezifischen Gefahrbegriff des Art. 54 Abs. 4 BayBO hinsichtlich der Sicherung der gefahrfreien Benutzbarkeit eines Rettungswegs konkretisiert.

Diesen Anforderungen genügt die Hotelanlage – soweit nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin ersichtlich – nicht. Es ist vielmehr mit dem streitgegenständlichen Bescheid davon auszugehen, dass die vorhandenen Rettungswege einerseits über den südwestlichen sowie andererseits über den zentralen Treppenraum an diversen Mängeln am Maßstab der Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO leiden, die im Dienste der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit (sichere Benutzbarkeit im Brandfall) durch Umsetzung der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 und Nr. 7 angeordneten Maßnahmen beseitigt werden sollen. Das Verwaltungsgericht hat auf Seiten 12 bis 15 des angefochtenen Beschlusses vom 17. Mai 2017 unter Berücksichtigung des Baukontrollberichts vom 30. November 2016 detailliert ausgeführt, dass die bestehenden vertikalen Rettungswege über den zentralen sowie den südwestlichen Treppenraum sowie die hierauf bezogenen horizontalen Rettungswege in bestimmten Flurbereichen des Erdgeschosses und des Obergeschosses den derzeitigen Anforderungen an eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brand-/Evakuierungsfall am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 i.V. mit Art. 33 Abs. 4, 5 und 6 BayBO nicht genügen. Hierauf wird im Einzelnen Bezug genommen. Für diese Rettungswege ist mithin eine sichere, gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall nicht gewährleistet. Die Antragstellerin hat gegen diese Befunde und Wertungen des Verwaltungsgerichts keine substanziellen Einwendungen erhoben, sodass der Senat sowohl aufgrund des summarischen Charakters des Eilverfahrens als auch aufgrund der Prüfbegrenzung gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Beschwerdeverfahren von der Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen und rechtlichen Schlüsse des Landratsamts und des Verwaltungsgerichts ausgeht.

Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass es alternative mängelfreie Rettungswege gibt, die im Brandfall eine gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sichere, gefahrfreie und zeitnahe Gebäudeevakuierung ermöglichen. Dies gilt insbesondere – und unabhängig von der Frage, inwiefern der horizontale Fluchtweg in den Flurbereichen ohnehin baulich ertüchtigt werden müsste (vgl. Teil II Nr. 1 – 4 des streitgegenständlichen Bescheids) – für eine Rettung über Notabstiege/Leitern im Außenbereich des 1. Obergeschosses (vgl. Lichtbilder Nrn. 11, 29, 30, 35, 41 – 44 im Baukontrollbericht vom 30. November 2016), die über das mittlere Treppenhaus (Ausgang auf das Garagendach im nördlichen Gebäudetrakt) sowie über das südwestliche und das östliche Treppenhaus (Verbindung zu den Terrassen- und Balkonbereichen) aufgesucht werden müssten. Die sichere Benutzbarkeit dieser Fluchtwege steht nicht nur wegen fehlender Sicherheitsbeleuchtung, fehlender Absturzsicherung und fehlendem Witterungsschutz infrage. Wie aus dem Baukontrollbericht folgt, sind im Freibereich keine Außentreppen vorhanden, deren Nutzung ausreichend sicher ist und im Brandfall nicht gefährdet werden kann (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO). Die vorhandenen Notabstiege (Leitern) bieten schon deshalb keine gefahrfreie und sichere Benutzbarkeit im Brandfall, weil der Fliehende für den (selbstrettenden) Abstieg ein Mindestmaß an körperlicher Konstitution aufweisen muss, was insbesondere bei wegen Alters gebrechlichen oder bei körperlich behinderten Menschen von vornherein ein unüberwindbares Hindernis darstellen dürfte. Das Landratsamt hatte in dem von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zitierten Schreiben vom 6. Mai 2015 (dort unter Nr. 6) nicht nur gefordert, den Fluchtweg auf dem südlichen Balkon durch Entfernung der Balkonabtrennungen im 1. Obergeschoss bzw. den Einbau von Türen nachzurüsten, sondern auch, auf dem über das mittige Treppenhaus erreichbare Garagendach „einen verkehrssicheren Notabstieg/Fluchttreppe“ anzubringen. Soweit die Antragstellerin im Schreiben vom 2. Oktober 2017 behauptet, dass die im Schreiben vom 6. Mai 2015 unter 5. und Nr. 6 geforderten Maßnahmen für eine sichere Benutzbarkeit des Rettungswegs über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses umgesetzt worden seien und deshalb zwischenzeitlich für einen gefahrfreien Zustand gesorgt worden sei, bleibt dieser Vortrag vage und mangels vorgelegter Nachweise für den Senat nicht überprüfbar. Zudem schlägt die Antragstellerin im Schriftsatz vom 2. Oktober 2017 (Seite 3) vor, die an den Außenflächen vorhandenen Abstiegsleitern könnten „als zusätzliche Außentreppe bzw. Außenabstieg bezeichnet und genutzt“ werden. Damit geht aus dem Vortrag der Antragstellerin hervor, dass die Installierung einer verkehrssicheren Fluchttreppe weder tatsächlich umgesetzt wurde noch von ihr in Erwägung gezogen wird. Die an der Außenfassade befindlichen Notabstiegsleitern stellen keine Treppe im bauordnungsrechtlichen Sinne dar (zu „Steigeisen“ als Auf- und Abstiegshilfe mit einer Steigung von 90˚, „Leitern“ als Auf-/Abstiege mit einer Steigung von mehr als 75˚ sowie „Leitertreppen“ mit einer Steigung von mehr als 45˚, die allesamt aufgrund des hohen Steigungswinkels keine Treppen i.S. von Art. 32 BayBO darstellen vgl. Bauer in Jäde/Dirnberger/Bau-er/Weiß, Die neue BayBO, Art. 32 Rn. 52, 53; in Anknüpfung an die DIN 18065 vgl. auch Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 18 ff.; Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 2).

Hinzu kommt, dass der gefahrfreien Benutzung eines Außenabstiegs vom ersten Obergeschoss in das Erdgeschoss – sei es über Leitern, sei es über eine (neue) Treppe – die Brennbarkeit der an der Außenfassade befindlichen Holzschindeln entgegensteht. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, die Holzschindeln erfüllten die Anforderungen an Art. 26 BayBO, mag dies für die Gestaltung als Außenfassade genügen. Dies genügt aber nicht den Anforderungen an eine sichere und gefahrfreie Benutzung eines Rettungswegs, um erhebliche Gefahren für Leben und Gesundheit im Brandfall auszuräumen. Es wird durch den Schutzzweck von Regelungen wie Art. 33 Abs. 4 bis 6 BayBO bestätigt und liegt im Übrigen auf der Hand, dass ein Fluchtweg nur dann seinen Zweck erfüllen und den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO an eine gefahrfreie Benutzbarkeit entsprechen kann, wenn im Brandfall weitestgehend ausgeschlossen wird, dass der Fluchtweg selbst in Brand gerät bzw. wegen übergreifenden Feuers durch die Flüchtenden nicht benutzt werden kann.

Die von der Antragstellerin angesprochene Möglichkeit der Rettung über das Flachdach (Dachterrasse) über dem Restaurantbereich, das – ebenso wie die Fenster in den Obergeschossen – aufgrund passender Höhe (weniger als 8 m) durch die Feuerwehr anleiterbar sei, stellt keine gefahrfreie Rettungswegalternative i.S. des Art. 54 Abs. 4 BayBO dar. Da die Feuerwehr nicht nur aufgrund des Anfahrtswegs sondern auch etwa aufgrund eines Paralleleinsatzes an einem zeitnahen Eintreffen verhindert sein kann, muss sich eine Person, die sich in einem Gebäude aufhält, grundsätzlich darauf verlassen können, im Brandfall das Gebäude selbst über einen Rettungsweg verlassen zu können. Wie sich aus der gesetzlichen Wertung aus Art. 31 Abs. 2 und Abs. 3 BayBO ergibt, kann ein Rettungsweg über eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle der Nutzungseinheit allenfalls eine Behelfslösung für den zweiten Rettungsweg sein. Soweit allerdings – wie vorliegend – der erste (durch Fliehende bzw. Rettungshelfer selbst begehbare) Rettungsweg Mängel aufweist, aufgrund derer eine für Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung im Brandfall nicht gewährleistet ist, kann schon grundsätzlich die Möglichkeit der Rettung mit Hilfe der Feuerwehr keine Kompensation zur Gewährleistung einer am Maßstab von Art. 54 Abs. 4 BayBO hinreichend sicheren und gefahrfreien Evakuierung schaffen. Insofern spielt der Einwand der Antragstellerin, die Regelung gem. Nr. 1.2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministerium des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes vom 28. Mai 2013 (VollzBekBayFwG) betreffend Anfahrt und Rettungszeiten von Feuerwehr und Rettungsdienst (zehnminütige Hilfsfrist) besäßen keine baurechtliche Relevanz, sondern stellten ausschließlich Organisationsvorgaben für die staatlicherseits vorzuhaltende Infrastruktur des Rettungswesens dar, für die Entscheidung des vorliegenden Falles keine Rolle. Zudem ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage nicht ersichtlich, dass die Frei-/Außenbereiche im 1. Obergeschoss eine derartige Sicherheit bieten, dass sie bei jedem Brandfall ein längerfristiges Verbleiben ohne Gefahr für Leib und Leben (mit Blick auf toxische Rauchgase, Hitzeentwicklung und Gebäudeeinsturzgefahr) gewährleisten. Eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle weist im Übrigen eine hinreichende Zuverlässigkeit auch als (bloßer) zweiter Rettungsweg nur dann auf, wenn dort nach den konkreten Umständen des Einzelfalls tatsächlich auch eine effiziente und zeitnahe Rettung mit entsprechendem Rettungsgerät zu erwarten ist (OVG NRW, U.v. 22.2.2010 – 7 A 1235/08 – BauR 2010, 1568 – juris Rn. 33). Laut Mitteilung des Kreisbrandmeisters des Landkreis Regen (E-Mail vom 14. Juni 2016) beträgt die Dauer ab Alarmierung bis zum Eintreffen der nächst gelegenen Feuerwehr (B.*) am Gebäude der Antragstellerin (ohne Einbeziehung des Zeitraums bis zur Durchführung der Rettungsmaßnahme selbst) mindestens 13 Minuten. Unter diesen Voraussetzungen dürfte daher sogar ein zweiter Rettungsweg über die Dachterrasse bzw. das Flachdach im 1. Obergeschoss als eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle des Sonderbaus (Art. 2 Abs. 4 Nr. 8 BayBO) den gesetzlichen Anforderungen gem. Art. 31 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BayBO nicht genügen. Es steht dann nämlich infrage, ob sich die Rettung der auf der Dachterrasse befindlichen Personen auf diesem Weg innerhalb eines angemessenen Zeitraums durchführen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 27.1.2003 – 2 CS 02.2438 – juris Rn. 11; OVG NRW, U.v. 22.2.2010 a.a.O. juris Rn. 33 ff.; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, Art. 32 Rn. 4, Rn. 7). Zudem weist der Antragsgegner in den Gründen des streitgegenständlichen Bescheids nachvollziehbar darauf hin, dass die Möglichkeit der zeitgleichen Rettung einer größeren Anzahl von Menschen durch die Feuerwehr zweifelhaft erscheine und dass währenddessen möglicherweise keine Löschungsmaßnahmen durchgeführt werden können.

cc) Die im Bescheid ausgesprochenen Rechtsfolgen sind hinsichtlich der unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheides vom 2. Dezember 2016 angeordneten Maßnahmen von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt, weil es insofern um die Wiederherstellung einer sicheren und gefahrfreien Benutzung der beiden Rettungswege über den zentralen und den südwestlichen Treppenraum geht. Die Anordnungen halten sich aller Voraussicht nach im Rahmen des Notwendigen und Verhältnismäßigen. Auch im Übrigen sind keine Ermessensfehler ersichtlich.

Die Anordnung nach Art. 54 Abs. 4 BayBO steht zwar im pflichtgemäßen Ermessen der Bauaufsichtbehörde, das Handlungs-/Entschließungsermessen (hinsichtlich des „Ob“) wird aber regelmäßig auf Null reduziert sein, d.h. die Behörde muss in der Regel tätig werden, soweit Anordnungen zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben oder Gesundheit notwendig sind (Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 180; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 54 Rn. 226).

Hinsichtlich des Auswahlermessens sind in Bezug auf die unter Teil II Nr. 1 – 4, Nr. 6 und 7 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 reglementierten Maßnahmen zur Mängelbeseitigung keine Ermessensfehler erkennbar. Insbesondere halten sich diese Anordnungen im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Entgegen den Einwendungen der Antragstellerin wird mit diesen Regelungen des Bescheides auch unter Berücksichtigung des Bestandsschutzes nicht über die Grenze des nach Art. 54 Abs. 4 BayBO Erforderlichen hinausgegangen.

Die Regelungen in Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 zielen darauf ab, die Verrauchungs- und Brandübergriffsgefahr innerhalb der Fluchtwege zu verringern. Die bestehenden beiden vertikalen Rettungswege (für den westlichen Gebäudebereich über den südwestlichen Treppenraum: Verbindung EG – 2. OG; für den mittigen und östlichen Gebäudebereich über die nicht durchgängig miteinander verbundenen Treppenräume im mittleren Gebäudebereich) sowie die bestehenden horizontalen Flucht- (= Flur-) Bereiche im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sollen ertüchtigt werden, um deren gefahrfreie Benutzung im Brandfall durch Flüchtende und Rettungshelfer durch Anpassung an die Anforderungen des Art. 33 Abs. 4, Abs. 5 und Abs. 6 BayBO zu gewährleisten. Zusätzlich soll der vertikale südwestliche Fluchtweg zu einem durchgehenden Treppenraum (vgl. Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) ausgestaltet werden, vgl. Teil II Nr. 2 B) des Bescheids. Die normative Forderung nach einem durchgängigen Treppenraum als vertikaler Fluchtweg dient der sicheren Benutzbarkeit im Brand- und Evakuierungsfall, da hierüber die Möglichkeit eines Raucheintrages in den Treppenraum minimiert und die Orientierung im Treppenraum maximiert werden soll (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 11; Famers in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 32 Rn. 51, 52, Art. 33 Rn. 38). Teil II Nr. 7 zielt auf eine hinreichende Leichtigkeit der Öffnung der ins Freie führenden westlichen Notausgangstür, um die dortigen Rettungswegausgänge am Maßstab von Art. 31 Abs. 1 BayBO bzw. § 12 Abs. 1 GaStellV funktionsfähig zu machen. Die Geeignetheit der Maßnahmen zu dem Zweck, für eine hinsichtlich der Schutzgüter Leben und Gesundheit gefahrfreie Benutzung der zur Verfügung stehenden Rettungswege zu sorgen, steht für den Senat außer Zweifel.

Auch Zweifel hinsichtlich der Erforderlichkeit der diesbezüglichen Maßnahmen haben sich für den Senat im Beschwerdeverfahren nicht ergeben. Alternative, weniger einschneidende Maßnahmen zur Gewährleistung effektiver, gefahrfrei benutzbarer Rettungswege sind nach Aktenlage nicht ersichtlich und wurden auch von der Antragstellerin weder im Verwaltungsnoch im gerichtlichen Eil-/Beschwerdeverfahren aufgezeigt.

Die Regelung in Art. 33 Abs. 2 Satz 1 BayBO, wonach von jeder Stelle eines Aufenthaltsraums mindestens ein Ausgang in einen notwendigen Treppenraum oder ins Freie in höchstens 35 m Entfernung erreichbar sein muss (ebenso z.B. Art. 36 Abs. 2 BayBO 1998), soll sicherstellen, dass sich die Nutzer eines Gebäudes in einem Evakuierungsfall besser orientieren können und die Zeit, die zur Bewältigung des Rettungsweges benötigt wird, kalkulierbar und durch die Länge des zurückzulegenden Weges begrenzt ist (Kühnel/Gollwitzer in Simon/Busse, BayBO, Art. 33 Rn. 39). Weil weder der südwestliche Treppenraum noch der vertikale Fluchtweg über den zentralen Treppenraum von jedem Zimmer innerhalb dieser Wegstrecke erreichbar ist (so beträgt nach den vorliegenden Plänen zum Baugenehmigungsverfahren des Jahres 1982 die Wegstrecke im ersten Obergeschoss von den beiden östlichsten Zimmern zum Eingang des südwestlichen Treppenraums ca. 54 m sowie von den beiden südwestlichsten Zimmern bis zur nach unten führenden Treppe des zentralen Treppenhauses 42 m), ist es schon unter dem Blickwinkel der Notwendigkeit funktionsfähiger erster Rettungswege erforderlich, beide o.g. Rettungswege für eine gefahrfreie Benutzbarkeit im Brandfall zu ertüchtigen (wobei der jeweils weiter entfernte Rettungsweg als zweiter Rettungsweg angerechnet werden kann, vgl. Famers in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 71).

Der Antragsgegner hat in den Gründen des Bescheids vom 2. Dezember 2016 der Antragstellerin die Möglichkeit offen gelassen, ein geprüftes alternatives Brandschutzkonzept vorzulegen. Hiervon hat die Antragstellerin bis heute keinen Gebrauch gemacht. Auf Nachfrage des Gerichts im Beschwerdeverfahren hat der Antragsgegner unter Ergänzung der Ermessenserwägungen (§ 114 Satz 2 VwGO) weiter ausgeführt, dass ein Neubau des mittleren und/oder des östlichen Treppenraums mit dem Ziel der Herstellung einer durchgängigen Führung vom 2. OG bis ins Erdgeschoss aufgrund der weitreichenden baulichen Eingriffe in die Grundrissstruktur nicht als mildere Maßnahme angesehen werden könne. Auch eine Ausgestaltung zumindest eines Rettungswegs gem. Art. 33 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 BayBO über Außentreppen dränge sich nicht als weniger belastend und damit vorzugswürdig auf, weil aufgrund des brennbaren Materials an der gesamten Außenfassade und der fehlenden Feuerwiderstandsdauer von Türen und Fenstern im Bereich jeder Außentreppe ein kompletter Umbau der Fassade und der Öffnungen erfolgen müsste. Es liege auch nicht auf der Hand, dass der mit der erstmaligen Erstellung von Außentreppen verbundene finanzielle Aufwand ebenso wie die betrieblichen Belastungswirkungen wesentlich geringer sein könnten als derjenige für die Ertüchtigung vorhandener Treppenhäuser. In der Sache könne nur von der Antragstellerin beantwortet werden, ob sie als Alternative dauerhafte bauliche Eingriffe in Aussichts- und Restauranttrassen und sowie in Balkone als verträglicher für ihr Betriebskonzept ansehe als die brandschutzgerechte Ertüchtigung bestehender Treppenhäuser.

Auch dem hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nichts Substanzielles entgegengehalten. Ihr Vortrag, dass Maßnahmen mit geringerer Eingriffstiefe ausreichten, um der Gefahrenabwehr hinreichend Rechnung zu tragen, bleibt vage, zumal sie sich auf den Standpunkt zurückzieht, es könne von ihr nicht gefordert werden, von sich aus Vorschläge zur Verbesserung des Brandschutzes des Gebäudes zu unterbreiten. Die im Schriftsatz vom 2. Oktober erklärte Bereitschaft der Antragstellerin, mit Blick auf das vormalige Schreiben des Landratsamts vom 6. Mai 2015 „im Bereich des Zumutbaren liegende ergänzende Maßnahmen der Ausgestaltung“ im Bereich der Außenflächen/Dachterrasse „in einem marginalen Bereich“ – d.h. ohne Umgestaltung der Grundvorrichtungen der baulichen Anlage, die „ja schon vorhanden und seit Jahren unbeanstandet“ seien – durchzuführen, können zur Herstellung eines gefahrfreien, den Anforderungen des Art. 54 Abs. 4 BayBO genügenden Zustands nicht ausreichen. Denn über lediglich ergänzende Maßnahmen in Bezug auf die „Gestaltung der Abstiege von der Dachterrasse“ (vgl. Seite 4 des Schriftsatzes vom 2. Oktober 2017) und damit z.B. ohne hinreichende Sicherung des horizontalen Fluchtwegs bis zum Treppenhaus, ohne Ersetzung der Abstiegsleitern durch hinreichend sichere Treppen i.S. von Art. 32 BayBO (s.o.) sowie ohne Ersetzung der brennbaren Schindelverkleidung durch nichtbrennbare Verkleidungen im Bereich der „Außenfluchtwege“ einschließlich der Außenabstiege würde sich an der oben unter bb) festgestellten Gefahrenlage nichts Wesentliches ändern. Es ist daher für den Senat nach Aktenlage und nach Auswertung des Vortrags der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht ersichtlich, dass tatsächlich weniger einschneidende Maßnahmen in Form der Ertüchtigung oder Herstellung alternativer gefahrfreier Rettungswege bestehen könnten.

Im Übrigen dürfte zwar unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit auch auf der Rechtsfolgenseite des Art. 54 Abs. 4 BayBO zu fordern sein, dass sich die Bauaufsichtsbehörde auf Maßnahmen zur Beseitigung der erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit beschränkt, also den Bestandsschutz eines Gebäudes nicht dadurch aushebelt, dass sie darüber hinausgehend auf eine Nachrüstung auf den Stand der aktuell geltenden Vorschriften besteht (s.o.). Es ist aber nicht erkennbar, dass der Antragsgegner über dieses Ziel hinausgegangen wäre. Bereits aus dem Baukontrollbericht vom 30. November 2016 (vgl. Seite 14; zu weiteren Einzelfragen vgl. auch Seite 22) als Basis des Bescheids vom 2. Dezember 2016 geht hervor, dass seitens des Antragsgegners keine „blinde“, den Bestandsschutz des Gebäudes missachtende Anpassung des baulichen Zustands an die aktuell geltenden Regelungen der BayBO verfolgt wird. Das gilt insbesondere, soweit es um die bauliche Ausgestaltung des vertikalen Fluchtwegs über den mittleren und den zentralen Treppenraum geht. Auf Seite 6 des Bescheids wird im Rahmen der Bescheidbegründung zwar zu Recht auf den Umstand verwiesen wird, dass der vertikale Rettungsweg im mittleren Gebäudebereich nicht den aktuell geltenden brandschutzrechtlichen Vorschriften (Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO) entspricht, weil die Treppen vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss nicht über einen durchgehenden Treppenraum und nicht in einem Zug verlaufen (Unterbrechung auf der Flurebene des 1. Obergeschosses; Versetzung der Treppenhausbereiche hier um einige Meter). Trotz des auf die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben im Evakuierungsfall abzielenden Schutzzwecks der Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO (s.o.), soll über die Anordnung Teil II Nr. 2 Buchst. B) nur der südwestliche vertikale Fluchtweg mit überschaubaren Mitteln zu einem durchgängigen Treppenraum umgestaltet werden. Hinsichtlich des mittleren/östlicheren vertikalen Fluchtwegs verzichtet der Bescheid hingegen darauf, der Antragstellerin als Maßnahme der Mängelbeseitigung einen Umbau zur Herstellung einer Direktverbindung vom 2. Obergeschoss ins Erdgeschoss vorzugeben, um diesen Fluchtwegbereich den heutigen Anforderungen gem. Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 1 Satz 1 BayBO anzupassen.

Die unter Teil II, Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 7 verfügten Anordnungen dürften sich trotz ihrer nicht unerheblichen finanziellen und betrieblichen Belastungen ferner im Rahmen des für die Antragstellerin Zumutbaren (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) halten. Art. 54 Abs. 4 BayBO stellt nicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen ab; der Eigentümer ist insbesondere ohne Rücksicht auf seine finanzielle Leistungsfähigkeit für den ordnungsgemäßen Zustand seines Gebäudes verantwortlich (BVerwG, U.v. 11.4.1989, NJW 1989; Molodovsky in Molodovsky/ Famers, BayBO, Art. 54 Rn. 136; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 164). Es ist mit Blick auf die Wertigkeit und des verfassungsrechtlichen Schutzes der betroffenen Güter Leben und Gesundheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch nicht ersichtlich, dass die im Rahmen der Zwangsgeldandrohungen verfügten Fristen von zwei bzw. drei Monaten zur Mängelbehebung unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten zu kurz bemessen waren (vgl. insoweit BVerwG, U.v. 11.4.1989 – 4 B 65.89 – NJW 1989, 2638 = juris Rn. 3; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 54 Rn. 182). Soweit die Antragstellerin gegen die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht und den Antragsgegner vorträgt, der bestehende Zustand sei der Bauaufsichtsbehörde seit Jahren bekannt, wäre hieraus allenfalls der Schluss zu ziehen, dass der Antragsgegner gegenüber dem Objekt in der Vergangenheit zu großzügig oder gar nachlässig vorgegangen ist. Hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, es hätten aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (Unzumutbarkeit) auch Anordnungen gem. Art. 54 Abs. 4 BayBO zur Wiederherstellung eines für Leben und Gesundheit gefahrfreien baulichen Zustands zu unterbleiben.

Da es letztlich im Maßnahmenpaket unter „Teil II Mängel“ ausschließlich um die Ertüchtigung eines – nämlich (s.o.) des ersten – Rettungswegs zur sicheren und gefahrfreien Benutzbarkeit im Brandfall geht und Fluchtwege über die Außenbereiche des 1. Obergeschosses keine sichere und gefahrfreie Rettung im Brandfall gewährleisten, hält sich die Anordnung hinsichtlich Teil II Nr. 1 – Nr. 7 im Rahmen des IMS vom 25. Juli 2011 (s.o.), sodass insofern auch unter dem Aspekt der Selbstbindung der Verwaltung i.V. mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV) kein Ermessensfehler gegeben ist.

3. Die Anordnung, dass im zentralen Treppenraum das höchstgelegene Fenster zu einem Rauchabzug umzurüsten ist (Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2017) dürfte jedoch entgegen der Bescheidbegründung und der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt sein. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Maßnahme nach der im Bescheid angegebenen Begründung (Gewährleitung sicherer Rettungswege im Brandfall) der Behebung einer erheblichen Gefahr für Leben und Gesundheit dient. Die Regelung soll laut Bescheid einen mit Art. 33 Abs. 8 BayBO konformen Zustand herbeiführen. Die Anforderungen in Art. 33 Abs. 8 BayBO sollen zwar der Entrauchung im Brandfall dienen, allerdings stellt Art. 33 Abs. 8 Satz 1 letzter HS BayBO klar, dass dies zum Zweck der Unterstützung wirksamer Löscharbeiten erfolgt (vgl. auch Nr. 33.8 der „Vollzugshinweise zur BayBO 2013“ des Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 1. Juli 2013). Art. 33 Abs. 8 BayBO verfolgt damit den Zweck, dass in den Treppenraum eingedrungener Rauch durch die Feuerwehrnach Evakuierung des Gebäudes abgeführt werden kann, indem sie die Fenster oder Rauchableitungsöffnungen öffnet und die erforderliche Zuluftöffnung, in der Regel durch Offenhalten der Hauseingangstür, herstellt. Diese Vorkehrungen und Maßnahmen sind nicht geeignet, den Treppenraum so rauchfrei zu halten, dass er von den Nutzern des Gebäudes weiterhin gefahrlos als Rettungsweg genutzt werden kann. Ist Rauch in den Treppenraum eingedrungen, müssen die Personen vielmehr über den zweiten Rettungsweg das Gebäude verlassen (vgl. Famers in in Molodovsky/Famers, BayBO, Art. 33 Rn. 165; Bauer in Jäde/ Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Art. 33 Rn. 114). Mit Blick auf den Schutzzweck des Art. 33 Abs. 8 BayBO ist nicht ersichtlich, dass die Herstellung eines baulichen Zustandes, der dieser Regelung entspricht, der sicheren und gefahrfreien Nutzung der Rettungswege im Brandfall entspricht. Insofern dient die Regelung primär dem Eigeninteresse des Gebäudeeigentümers an einer möglichst optimalen Rettung des Gebäudes im Brandfall. Daher passt hierfür auch nicht die ebenfalls auf die bestehende Gefährdungslage wegen nicht gesicherter Rettungswege abstellende Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs (vgl. Seite 8 des Bescheids). Im Rahmen der gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung war daher für die Regelung in Teil II Nr. 5 des Bescheids vom 2. Dezember 2016 die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen. Sollte – was der Senat nach Aktenlage nicht beurteilen kann – im Einzelfall die fehlende Existenz eines Rauchabzugs i.S. von § 33 Abs. 8 BayBO Leben und Gesundheit von Löscharbeiten durchführenden Feuerwehrleuten gefährden, wäre dies im Anordnungsbescheid ermessensgerecht zu begründen und auszuführen gewesen.

4. Gestützt auf Art. 54 Abs. 4 BayBO kann auch gegenüber einem bestandsgeschützten Gebäude eine Nutzungsuntersagung verfügt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist (BayVGH, B.v. 14.3.2011 – 2 CS 11.229 – juris Rn. 9; B.v. 21.6.2011 – 14 CS 11.790 – juris Rn. 24). Da die Nutzung eines Hotels ohne im Brandfall hinreichend sicher benutzbare Rettungswege mit erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit für die Hotelgäste, das Hotelpersonal und sonstige sich im Gebäude aufhaltenden Personen verbunden ist, teilt der Senat die Ansicht des Antragsgegners, dass das Ermessen der Behörde, eine Nutzungsuntersagung anzuordnen, grundsätzlich auf null reduziert ist, solange die diesbezüglichen Mängel nicht beseitigt sind. Trotz der betrieblichen Einbußen und nicht unerheblichen Aufwendungen für die Antragstellerin stellt sich für den Senat die Nutzungsuntersagung als verhältnismäßig dar, zumal der Antragsgegner einerseits unzumutbare Härten dadurch abgefedert hat, indem er über die Übergangsregelung unter Teil I Nr. 2 des Bescheids (Sicherheitswache als Sofortmaßnahme) die Möglichkeit der Aussetzung der Nutzungsuntersagung unter Aufrechterhaltung des Hotelbetriebs eröffnet hat, und andererseits unter Teil I Nr. 1 Satz 2 eine auflösende Bedingung (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG) reglementiert hat, wonach die Nutzungsuntersagung außer Kraft tritt, wenn alle Anordnungen zur Mängelbeseitigung gem. Teil II des Bescheids erfüllt sind. Insofern sieht der Senat die Nutzungsuntersagung als grundsätzlich von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt und insbesondere hiernach als verhältnismäßig und ermessensgerecht an.

Allerdings ist zu bedenken, dass Teil II Nr. 5 des Bescheids wohl nicht von Art. 54 Abs. 4 BayBO gedeckt ist und deshalb insofern die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen ist (s.o. 3.). Der Fortbestand der Nutzungsuntersagung ist daher am Maßstab des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit überzogen und rechtlich bedenklich, soweit – wie in der auflösenden Bedingung unter Teil 1 Nr. 1 Satz 2 vorgesehen – auch die Erfüllung der Maßnahme Teil II Nr. 5 verlangt wird. Da dieser Punkt insgesamt aber nur einen untergeordneten Aspekt im Regelungssystem des im Übrigen voraussichtlich rechtmäßigen Bescheids vom 2. Dezember 2016 darstellt, macht der Senat insofern von der analog § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die den Eilantrag der Antragstellerin insoweit ablehnende Entscheidung von einer Auflage/Maßnahme zulasten des Antragsgegners abhängig zu machen (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2015 – 22 AS 15.40042 – juris Rn. 29; U.v. 6.9.1990 – 22 B 90.500 – BayVBl. 1991, 87/88; NdsOVG, B.v. 30.1.1978 – IV OVG B 196/77 – NJW 1978, 2523/2524; VGH Mannheim, B.v. 21.5.1987 – Z 10 S 1/87 – NJW 1987, 1717/1719; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 90; Finkelnburg/ Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 7. Aufl. 2017, Rn. 1004). Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen die Untersagung der Nutzung war daher unter der Maßgabe abzulehnen, dass der Antragsgegner den Sofortvollzug hinsichtlich der Nutzungsuntersagung aufhebt, wenn und sobald die unter Teil II Nr. 1 bis Nr. 4, Nr. 6 bis Nr. 11 des Bescheids angeordneten Maßnahmen vor der rechtskräftigen Entscheidung über die Hauptsache erfüllt sind.

5. Gegen die Zwangsgeldandrohungen sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil die Beschwerde nur zu einem geringen Teil Erfolg gehabt hat. Insofern ist es auch gerechtfertigt, dass es hinsichtlich der Kostentragung des erstinstanzlichen Verfahrens bei der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bleibt. Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

7. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 30. März 2017 – 2 B 1214/17 SN –, mit dem die Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 06. März 2017 (Az.: …) vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag des Antragstellers im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach den §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ausgesetzt worden ist, wird aufgehoben.

Die Kostentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich als Nachbar mit seinem erstinstanzlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gegen die dem Beigeladenen erteilte und von Gesetzes wegen sofort vollziehbare (§ 212 a Abs. 1 BauGB) Baugenehmigung vom 06. März 2017 (Az.: …) für die Erweiterung des Restaurant- und Beherbergungsbetriebes „Hotel …“ im Bebauungsplan Nr. J auf dem Grundstück A-Stadt, C-Straße (Flurstücke D, E, F und G der Flur H Gemarkung I).

2

Der Antragsteller hat seinen am 22. März 2017 gestellten Antrag umfangreich begründet und macht zentral geltend, der zugrundeliegende vorhabenbezogene Bebauungsplan sei unwirksam, die Baugenehmigung unter verschiedenen Gesichtspunkten rechtswidrig und die zu errichtende Bebauung einschließlich deren Nutzung im Hinblick auf seine nachbarrechtlich geschützten Interessen rücksichtslos, insbesondere da die weiterhin zu erwartende Lärmeinwirkung wie schon der jetzige Betrieb das zulässige Maß überschreite. Mit seinem Antrag hat er darauf hingewiesen, dass der Beigeladene mit den Baumaßnahmen begonnen habe und von einer raschen Fertigstellung des gesamten Bauvorhabens auszugehen sei. Er hat hierzu Lichtbilder vorgelegt, auf denen der Baufortschritt betreffend die Erweiterung des bestehenden Pensionsgebäudes erkennbar ist.

3

Mit Verfügung vom 28. März 2017 hat das Verwaltungsgericht auf den Baufortschritt und darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung angesichts der Komplexität des Sachverhalts und der sich stellenden rechtlichen Fragen voraussichtlich nicht vor Ostern erfolgen könne. Angesichts dieser Umstände erwäge die Kammer, zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen die Vollziehung der Baugenehmigung vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz auszusetzen. Dabei komme auch eine vorläufige Aussetzung der Vollziehung lediglich bezogen auf den Neubau des geplanten Hotel- und Wellnessgebäudes mit Ausnahme der Erweiterung des bestehenden Pensionsgebäudes in Betracht. Die Beteiligten hätten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 24 Stunden nach Zugang der Verfügung Letztere ist am 29. März 2017 per Telefax übermittelt worden. Die Beteiligten haben daraufhin am 29. bzw. 30. März 2017 schriftsätzlich Stellung genommen.

4

Mit dem angefochtene Tenorbeschluss vom 30. März 2017 – 2 B 1214/17 SN – hat das Verwaltungsgerichts Schwerin die Vollziehung der dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 06. März 2017 (Az.: …) zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes und zur Verhinderung der Schaffung vollendeter Tatsachen vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag des Antragstellers im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach den §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO ausgesetzt.

5

Die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners liegen seit dem heutigen Tage beim Verwaltungsgericht vor.

II.

6

Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 30. März 2017 – 2 B 1214/17 SN – gerichtete Beschwerde des Beigeladenen vom 31. März 2017 hat Erfolg; sie ist zulässig (1.) und begründet (2.).

7

1. Bei dem angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen sog. Hängebeschluss – auch Zwischenverfügung genannt –, mit dem während des anhängigen Eilverfahrens eine möglicherweise erforderliche Regelung für den Zeitraum zwischen Eingang des Eilverfahrens bei Gericht und der gerichtlichen Entscheidung über den Eilantrag getroffen werden kann. Die Befugnis zum Erlass eines solchen Hängebeschlusses ergibt sich unmittelbar aus Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 –, NVwZ 2014, 363 – zitiert nach juris; VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2014 – 8 B 1686/14 –, NVwZ 2015, 447 – zitiert nach juris). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts ist – so auch zutreffend die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses – zulässig mit dem Rechtsmittel der Beschwerde anfechtbar. Der Ausschluss der Beschwerdefähigkeit prozessleitender Verfügungen durch § 146 Abs. 2 VwGO greift vorliegend nicht. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts beinhaltet keine prozessleitende Verfügung, deren Gegenstand allein eine Anordnung zum förmlichen Fortgang des Verfahrens sein könnte. Vielmehr wird mit dem Beschluss eine sich – insbesondere mit Blick auf die vorliegend dreipolige Rechtsbeziehung und die Rechtsposition des Beigeladenen, zu dessen Lasten die Entscheidung ergangen ist – materiell-​rechtlich auswirkende Regelung getroffen, deren Beschwerdefähigkeit nicht ausgeschlossen ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.04.2007 – OVG 3 S 33.07 –, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2014 – 8 B 1686/14 –, NVwZ 2015, 447 – zitiert nach juris).

8

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

9

Dabei bestimmt der eingeschränkte Regelungsgehalt des angegriffenen Hängebeschlusses den Umfang der Überprüfung. In diesbezüglichen Beschwerdeverfahren ist Verfahrensgegenstand nicht die Richtigkeit einer auf der Grundlage einer Interessenabwägung einschließlich der dabei vorzunehmenden Rechtmäßigkeitsprüfung zu treffenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach §§ 80 a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO darüber, ob dem vom Antragsteller erhobenen Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt; eine solche Entscheidung liegt noch nicht vor. Verfahrensgegenstand ist vielmehr allein die Frage, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Hängebeschlusses gegeben sind.

10

Vorliegend hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen für einen Hängebeschluss bejaht.

11

In Anbetracht der Tatsache, dass die Zwischenentscheidung ihre Rechtfertigung in Art. 19 Abs. 4 GG findet, kommt sie nur in Betracht, wenn sie erforderlich ist, um effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten. Voraussetzung für den Erlass einer derartigen Zwischenentscheidung ist daher, dass die Entscheidungsreife für die „reguläre“ Entscheidung nach den §§ 80 a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO fehlt, der Eilantrag nicht offensichtlich aussichtslos erscheint und aus Gründen eines wirksamen vorläufigen Rechtsschutzes zwecks Vermeidung irreversibler Zustände bzw. schwerer und unabwendbarer Nachteile bis zur endgültigen gerichtlichen Eilentscheidung nicht gewartet werden kann (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2014 – 8 B 1686//14 –, NVwZ 2015, 447 – zitiert nach juris; BVerfG, Beschl. v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 –, NVwZ 2014, 363 – zitiert nach juris).

12

Jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung für einen Hängebeschluss fehlt es vorliegend.

13

Soweit der Neubau des geplanten Hotel- und Wellnessgebäudes angesprochen worden ist, folgt dies unmittelbar aus der auf die Verfügung des Verwaltungsgerichts vom 28. März 2017 mit Schriftsatz vom 29. März 2017 abgegebenen Prozesserklärung des Beigeladenen, ohne Anerkenntnis einer rechtlichen Verpflichtung werde er von einer Vollziehung seiner Baugenehmigung bezogen auf diesen Neubau „bis zur Entscheidung des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, längstens jedoch bis zum 2. Mai 2017, keinen Gebrauch machen“. Dass der Beigeladene sich nicht an diese Erklärung halten werden wird, ist nicht ersichtlich; im Gegenteil hat er sich mit seiner Beschwerde auf sie berufen und damit deutlich zu erkennen gegeben, dass er sich weiter an sie gebunden sehen will. Das Verwaltungsgericht ist auf diese Erklärung in seinem Tenorbeschluss nicht eingegangen. Aus dem Umstand, dass der Beigeladene nach dem Vorbringen des Antragstellers an der Erweiterung der Pension trotz des verwaltungsgerichtlichen Hängebeschlusses weitergearbeitet hat, folgt ebenfalls nicht ohne weiteres, dass er sich bezüglich des Neubaus nicht mehr an die abgegebene Erklärung halten wird.

14

Im Übrigen ist vom Verwaltungsgericht nicht erläutert worden, warum die Fortsetzung der Baumaßnahmen insgesamt auf Seiten des Antragstellers irreversible Zustände bzw. schwere und unabwendbarer Nachteile herbeiführen bzw. begründen könnte, die aus Gründen effektiven Rechtsschutzes eine Zwischenregelung erforderlich machten. Die fehlende Begründung für die durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich gesteuerte Ermessensentscheidung ist insoweit zu beanstanden, als das Verwaltungsgericht mit seiner Hinweisverfügung angedeutet hat, dass selbst nach seinem eigenen Standpunkt auch eine andere als die letztendlich ergangene Entscheidung in Betracht zu ziehen gewesen sein soll; ob schon deshalb die angefochtene Entscheidung aufzuheben wäre, kann jedoch mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen dahin gestellt bleiben.

15

Auch nach dem derzeitigem Erkenntnisstand ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass auf Seiten des Antragstellers irreversible Zustände bzw. schwere und unabwendbarer Nachteile drohen. Derartiges ergibt sich weder aus seiner Stellungnahme auf die erstinstanzliche Hinweisverfügung noch aus seiner Beschwerdeerwiderung vom heutigen Tage. Auch in letzterer wird im Wesentlichen lediglich die alsbaldige Fertigstellung zweier baulicher Anlagen angeführt, nicht jedoch dargetan, worin für den Antragsteller insoweit unmittelbar irreversible Zustände bzw. schwere und unabwendbarer Nachteile drohten. Dass unmittelbar mit der Errichtung der als solchen ein Störpotential begründet würde oder solche schwerwiegenden Folgen zu befürchten wären, ist zunächst schon deshalb eher fernliegend, als die betreffenden Baulichkeiten sich nicht in unmittelbarer Nähe zum Grundstück des Antragstellers bzw. dessen Grenze befinden. Darüber hinaus lässt sich dem Vorbringen des Antragstellers entnehmen, dass es ihm vorrangig um die Abwehr der mit der zukünftigen Nutzung der Baulichkeiten nach seiner Erwartung verbundenen und nach seiner Auffassung gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßenden Lärmemissionen geht. Insoweit begründet aber die bloße Errichtung der Baulichkeiten offensichtlich keine irreversiblen Zustände bzw. schweren und unabwendbaren Nachteile (vgl. Rieger, in: Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 212 a Rn. 10 ). Sollte in einem Hauptsacheverfahren letztendlich die Rechtswidrigkeit der erteilten Baugenehmigung rechtskräftig festgestellt werden, können die befürchteten Beeinträchtigungen jedenfalls mit einer Nutzungsuntersagung unterbunden werden. Soweit der Antragsteller zur Untermauerung seiner erstinstanzlichen Anregung, die Vollziehung der Baugenehmigung mit einem Hängebeschluss insgesamt auszusetzen, eine bauliche Verfestigung und eine daraus resultierende Gefahr rechtswidriger Nutzung geltend macht, ist auf das Vorgesagte zu verweisen. Die von ihm befürchtete „Kontrolllast“ ist jedenfalls kein Belang im Sinne eines irreparablen oder schweren Nachteils.

16

Im Übrigen ist bei alledem die Wertung des Gesetzgebers zu beachten, dass der Rechtsbehelf eines Dritten nach Maßgabe von § 212 a Abs. 1 BauGB keine aufschiebende Wirkung entfaltet.Die gesetzliche Regelung in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB lässt für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung regelmäßig nur dann Raum, wenn die überschlägige Prüfung zumindest gewichtige Zweifel an der nachbarrechtlichen Unbedenklichkeit der angefochtenen Genehmigung ergibt. Sind dagegen die Erfolgsaussichten des Nachbarrechtsbehelfs, sei es auch wegen der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren, lediglich als offen zu bewerten, so rechtfertigt angesichts der gesetzlichen Gewichtungsvorgabe in § 212 a BauGB auch ein Hinweis auf eine drohende Schaffung „vollendeter Tatsachen“ grundsätzlich nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber dem „Bauen auf eigenes Risiko“ insoweit den Vorrang eingeräumt und den Nachbarn für eine Realisierung etwaiger Abwehransprüche auf den Zeitpunkt nach einem Obsiegen in der Hauptsache – mit gegebenenfalls gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen für die Bauherrinnen und Bauherren – verwiesen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.09.2016 – OVG 2 S 29.16 –, juris; vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschl. v. 10.06.2013 – 2 B 29/13 –, juris Rn. 19, 44). Über den Sachverhalt des „Bauens auf eigenes Risiko“ ist der Beigeladene sich ausweislich seines erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 29. März 2017 auch durchaus im Klaren.

17

Da es sich im Übrigen um eine dreipolige Rechtsbeziehung handelt, wären bei Erlass eines Hängebeschlusses auch die Interessen des Beigeladenen in den Blick zu nehmen gewesen, insbesondere die Frage, ob die gerichtliche Zwischenentscheidung (auch) auf seiner Seite irreparable oder ähnlich schwerwiegende Folgen auszulösen geeignet wäre. Solche Interessen macht der Antragsteller mit seiner Beschwerde geltend. Auf sie kommt es nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen aber nicht mehr an; der Umstand, dass der Beigeladene insoweit nach dem Vorbringen des Antragstellers die Bauarbeiten fortgesetzt hat, kann – wenn auch in höchstem Maße kritikwürdig – durch den Senat im vorliegenden Verfahren nicht sanktioniert werden.

18

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die durch das Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten gehören zu den Kosten des Eilverfahrens nach §§ 80 a, Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO, denn das vorliegende Verfahren – einschließlich des ihm zugeordneten Beschwerdeverfahrens – beinhaltet kein insoweit selbständiges Nebenverfahren (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 07.10.2014 – 8 B 1686//14 –, NVwZ 2015, 447 – zitiert nach juris).

19

Hinweis:

20

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Baugenehmigung vom 5. März 2018 wird angeordnet.

II. Der Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses wird abgelehnt.

III. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen der Antragsgegner und die Beigeladene zu 1. zu je 1/2. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Antragsgegner, die Beigeladene zu 1. und die Beigeladene zu 2. jeweils selbst.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 3.750 festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen eine der Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung zum Neubau einer LKW-Werkstatt mit Büro, zwei Betriebswohnungen und einer Lärmschutzwand; das Vorhaben soll der neue Standort des Fuhrunternehmens der Familie der Beigeladenen zu 1. werden.

Die Baugenehmigung bezieht sich auf das Grundstück FlNr. 2161, Gemarkung B. (i.F..: Vorhabengrundstück). Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2180/2, Gemarkung H., das nordwestlich des Vorhabengrundstücks liegt, jenseits eines Verbindungswegs zwischen der D. Straße und der A. Straße. Das Vorhabengrundstück befindet sich im Bereich des Bebauungsplans Nr. 122 „Nördlich der A. Straße“, am 7. Juli 2017 in Kraft getreten (i.F.: Bebauungsplan), dessen Geltungsbereich sich nur auf das Vorhabengrundstück und auf einen Teilbereich der A. Straße erstreckt.

Direkt westlich des Vorhabengrundstücks und südlich des Grundstücks der Antragstellerin existiert eine größere Tankstelle mit Werkstatt und Verkaufsräumen. Laut unwidersprochener Antragserwiderung des Landratsamtes München (i.F.: Landratsamt) befinden sich im nordwestlich des Vorhabengrundstücks befindlichen Baugebiet auf den Grundstücken FlNrn. 2152, 2153 und 2154 eine landwirtschaftliche und weitere gewerbliche Nutzungen (nach Internetrecherche u.a. ein Reifenhändler). Östlich des Baugebiets in einer Entfernung von ca. 150 m befindet sich nach den Luftbildern eine weitere Hofstelle.

Die Beigeladene zu 2. erteilte zu dem unter dem 30. Mai 2017 gestellten Bauantrag mit Beschluss des Bauausschusses vom 28. Juni 2017 ihr gemeindliches Einvernehmen unter der Voraussetzung, dass die Erschließung des Bauvorhabens entsprechend dem Bebauungsplan und dem darauf beruhenden Erschließungsvertrag erfolgt und zum erforderlichen Zeitpunkt fertiggestellt ist.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 5. März 2018, Az. 4.1-0612/17/V, genehmigte das Landratsamt das Bauvorhaben entsprechend den mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen unter Gewährung von Ausnahmen vom Anbauverbot für den Anbau an Staatsstraßen und von Festsetzungen des Bebauungsplans (Lage der Zufahrtsrampe außerhalb des Bauraumes und Errichtung von zwei Betriebswohnungen) und unter Festlegung diverser Auflagen. Nach den Gründen der Baugenehmigung waren die in der beiliegenden schalltechnischen Stellungnahme des Ingenieurbüros M. vom 9. März 2017, Bericht Nr. … (i.F.: Schalltechnische Untersuchung) enthaltenen Vorgaben und Regelungen Grundlage der planungsrechtlichen Prüfung und sind Voraussetzung für die Zulässigkeit des Bauvorhabens. Das gelte auch für die in der beiliegenden Betriebsbeschreibung vom 30. Mai 2017 und in den jeweiligen Ergänzungen vom 24. Juli 2017, vom 28. Juli 2017 und vom 26. Oktober 2017 enthaltenen Vorgaben.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat am 27. März 2018 namens und im Auftrag der Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erhoben. Vorliegend beantragt er, mit Schriftsatz vom 28. Mai 2018,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 5. März 2018 anzuordnen und mit Schriftsatz vom 26. Juni 2018 ausdrücklich den Erlass eines Schiebebeschlusses.

Zum Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wird ausgeführt:

Die streitgegenständliche Baugenehmigung setze den Bebauungsplan um. Dieser sei unwirksam. Konkret sei die von der Beigeladenen zu 2. Im Bebauungsplan festgesetzte Immissionskontingentierung unzulässig. Mangels wirksamen Bebauungsplans handele es sich bei dem Bauvorhaben um ein nicht privilegiertes Außenbereichsvorhaben, das gemäß § 35 Abs. 2 BauGB nicht genehmigungsfähig sei. Der Bevollmächtigte verweist in diesem Zusammenhang auch auf seine Antragsbegründungen in Haupt- und Eilsache im Rahmen des vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen den Bebauungsplan angestrengten Normenkontrollverfahrens (2 N 17.1795, 2 NE 18.1142). Aus der Unwirksamkeit des Bebauungsplans folge auch, dass die Baugenehmigung die Antragstellerin in eigenen Rechten verletze. Die Unwirksamkeit des Bebauungsplans resultiere aus einer fehlerhaften Festsetzung von Immissionskontingenten. Diese Immissionskontingente sollten gerade auch das Wohneigentum der Klägerin schützen. Die im Bebauungsplan angelegte nachbarschützende Immissionskontingentierung stelle eine Norm dar, die gerade auch die Antragstellerin schütze. Da diese Immissionskontingentierung rechtswidrig sei, sei die Antragstellerin in eigenen Rechten verletzt. Daneben ergebe sich die Verletzung in eigenen Rechten auch aus § 1 Abs. 7 BauGB. Indem die Beigeladene zu 2. die Immissionsbetroffenheit der Antragstellerin als abwägungserheblichen Belang durch ein rechtswidriges Planungsinstrument – die fehlerhafte Emissionskontingentierung – habe bewältigen wollen, liege ein Abwägungsfehler vor, der auch in die Prüfung des Nachbarrechtsbehelfs Eingang finden müsse. Außerdem bestünden eine Vielzahl weiterer Gründe für die Rechtswidrigkeit des Bebauungsplans, die weiteren Drittschutz vermittelten; es werde auf die auch in weiteren Punkten fehlerhafte Schalltechnische Untersuchung verwiesen, die fehlende Erforderlichkeit des Bebauungsplans und die rechtswidrige Überplanung von Wegeflächen.

Zum Antrag auf Erlass eines Schiebebeschlusses wird ausgeführt:

Sollte die Verwirklichung des Bauvorhabens weiter vorangetrieben werden, würden endgültige Tatsachen geschaffen, die der Antragstellerin die Möglichkeit des Rechtsschutzes entzögen.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass das zugelassene Bauvorhaben Rechte der Antragstellerin, insbesondere das Rücksichtnahmegebot, verletze. Dies gelte unabhängig von einer Wirksamkeit des Bebauungsplans. Entscheidend sei, dass im Baugenehmigungsverfahren mittels Schalltechnischer Untersuchung der Nachweis erbracht worden sei, dass das Bauvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen in der Umgebung auslöse. Das gelte auch für die im Falle der Unwirksamkeit des Bebauungsplans anzustellende Beurteilung der immissionsschutzfachlichen Verträglichkeit des Bauvorhabens nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm (i.F.: TA Lärm). Das Anwesen der Antragstellerin liege nicht in einem allgemeinen Wohngebiet (WA), sondern in einem Dorfgebiet, wie sich aus der bestehenden gewerblichen Vorbelastung im Umgriff ergebe. Somit sei der Immissionsrichtwert für ein Dorfgebiet, mithin 60 dB(A), maßgebend. Mit den in der Schalltechnischen Untersuchung ermittelten Beurteilungspegeln stehe fest, dass für das Bauvorhaben Nr. 3.2.1 TA Lärm greife und dass sich das Anwesen der Antragstellerin nicht einmal mehr im Einwirkungsbereich des streitgegenständlichen Vorhabens befinde, Nr. 2.2 TA Lärm.

Der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. beantragt mit Schriftsatz vom 14. Juni 2018 für diese, den Antrag abzulehnen.

Es könne nicht festgestellt werden, dass die Baugenehmigung subjektiv-öffentliche Rechte der Antragstellerin verletze. Dies gelte selbst für den Fall, dass die Emissionskontingentierung und der gesamte Bebauungsplan unwirksam wäre. Auch dann führe die Zulassung des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht dazu, dass es am Anwesen der Antragstellerin zu unzumutbaren Lärmeinwirkungen komme. Dies folge aus der im Baugenehmigungsbescheid in Bezug genommenen Schalltechnischen Untersuchung; die in allen untersuchten Betriebsszenarien sich ergebenden Beurteilungspegel an den Immissionsorten am Anwesen der Antragstellerin lägen danach durchgängig mindestens um mehr als 10 dB(A) unter den sich nach der TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerten. Das gelte unabhängig davon, ob man den Gebietstypus als Misch- bzw. Dorfgebiet oder – wie nicht – als Allgemeines Wohngebiet einordne. Nur vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass der Antragstellerin auch kein Gebietserhaltungsanspruch gegen das Bauvorhaben zustehe.

Die Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 2. hat sich für diese schriftsätzlich geäußert, aber keinen Antrag gestellt. Auf das Vorbringen wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bzw. § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 ist zulässig und begründet (1.), wohingegen der ausdrückliche Antrag auf einen Hänge- bzw. Schiebebeschluss bereits unzulässig ist (2.).

1. Nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212a Abs. 1 BauGB ganz oder teilweise anordnen; dem steht der Fall der Aussetzung der Vollziehung, § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO gleich. Es trifft jeweils eine eigene Ermessensentscheidung dahingehend, ob das öffentliche und das private Vollzugsinteresse des Bauherrn oder das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Die vorzunehmende Interessenabwägung orientiert sich maßgeblich an den summarisch zu prüfenden Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs.

Die Drittanfechtungsklage gegen die Baugenehmigung in der jetzigen Fassung wird voraussichtlich Erfolg haben. Die streitgegenständliche Baugenehmigung verletzt die Antragstellerin nach summarischer Prüfung in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Anfechtungsklage eines Dritten gegen eine Baugenehmigung kann nur dann Erfolg haben, wenn die Baugenehmigung Vorschriften verletzt, die dem Schutz des Dritten zu dienen bestimmt sind. Dementsprechend findet im vorliegenden gerichtlichen Verfahren keine umfassende Rechtmäßigkeitskontrolle statt. Die Prüfung beschränkt sich vielmehr darauf, ob durch die angefochtene Baugenehmigung drittschützende Vorschriften, die dem Nachbarn einen Abwehranspruch gegen das Vorhaben vermitteln und die im Baugenehmigungsverfahren prüfungsgegenständlich sind, verletzt werden (statt aller VG München, B.v. 26.10.2017 – M 9 S 17.3585 – juris m.w.N.).

Eine derartige Verletzung drittschützender Vorschriften ist vorliegend insofern gegeben, als der Baugenehmigungsbescheid gegenwärtig für die Antragstellerin nicht gewährleistet, dass von dem Bauvorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen werden (a). Im Übrigen begegnet die Baugenehmigung keinen Bedenken (b).

a) Der Baugenehmigungsbescheid in der jetzigen Fassung gibt der Antragstellerin nicht die Möglichkeit, zweifelsfrei festzustellen, ob durch die Zulassung des Vorhabens schädliche Umwelteinwirkungen i.S.v. § 3 Abs. 1, Abs. 2 BImSchG in Form von Geräuschimmissionen an ihrem Wohnhaus – und damit eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme, § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB – zu erwarten sind, was dazu führt, dass der Baugenehmigungsbescheid gegenwärtig in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt ist, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris; weiter auch BayVGH, B.v. 17.8.2010 – 15 CS 10.981 – juris).

Dies folgt daraus, dass der Baugenehmigungsbescheid eine sog. zielorientierte Festlegung des Lärmschutzes gegenwärtig vermissen lässt.

Die ständige obergerichtliche Rechtsprechung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris; U.v. 16.10.2013 – 15 B 12.1808 – juris; B.v. 17.8.2010 – 15 CS 10.981 – juris) und auch die ständige Rechtsprechung der Kammer (vgl. z.B. VG München, U.v. 29.11.2017 – M 9 K 16.377 – juris; U.v. 23.11.2016 – M 9 K 15.4614 – juris; U.v. 19.10.2016 – M 9 K 16.711 – juris) gehen davon aus, dass es grundsätzlich zulässig ist, den Lärmschutz in der Weise einer sog. zielorientierten Festlegung zu regeln. Dafür muss der Baugenehmigungsbescheid klare Festlegungen von Beurteilungspegeln enthalten, die an im Einzelnen aufgeführten – wohl auch noch zulässig: „an den nächstgelegenen“ – Immissionsorten nicht überschritten werden dürfen.

Fehlt es an einer Nebenbestimmung, die selbst eine solche Regelung enthält, so muss der Baugenehmigungsbescheid zumindest in einer vollziehbaren Auflage eine klare und konkrete Bezugnahme auf Grenzwerte in einer schalltechnischen Untersuchung enthalten (vgl. BayVGH, B.v. 18.5.2018 – 9 CS 18.10 – juris Rn. 17), wenn ein solches Gutachten eingeholt wurde – was nach Ansicht der Kammer nur bei entsprechenden substantiierten Einwänden im Laufe des Baugenehmigungsverfahrens (v.a. für gewerbliche Betriebe) nötig ist (wie hier, Bl. 95ff. d. Behördenakts). Letzteres gilt aber nur dann, wenn die Baugenehmigung die Immissionsgrenzwerte an den maßgeblichen Immissionsorten festlegt.

Vorliegend wurde zwar ein Gutachten eingeholt, eine ausreichende Bezugnahme darauf und/oder die Festlegung von Immissionsgrenzwerten an den maßgeblichen Immissionsorten aber sind unterblieben. Der Baugenehmigungsbescheid nimmt nur in den Gründen (S. 4 des Bescheids) auf „die Vorgaben und Regelungen“ der „beiliegenden“ Schalltechnischen Untersuchung Bezug. Das ist nicht ausreichend, um die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte sicherzustellen. Als Standort für die Aufnahme derartiger Vorgaben ist eine vollziehbare Auflage zu wählen. Weiter ist weder ersichtlich, dass die Schalltechnische Untersuchung dem Baugenehmigungsbescheid überhaupt beigegeben war – unter Anlagen, S. 1 des Bescheids, ist das Gutachten nicht aufgeführt – noch wird konkret auf die einschlägigen Passagen, v.a. auf die auf S. 8 der Schalltechnischen Untersuchung aufgeführten Immissionskontingente oder auf die Immissionsrichtwerte für die Immissionsorte 1 und 2 (i.F.: IO 1 und IO 2) verwiesen. Auch der Umstand, dass der bei den Behördenakten befindliche Hefter, in den das Gutachten gegeben wurde, mit „Schallgutachten zum Bebauungsplan“ kommentiert und nicht von der Baugenehmigungsbehörde gestempelt ist, führt dazu, dass diese Form der Bezugnahme nicht ausreichend ist.

All dies gilt gerade auch dann, wenn ein Bebauungsplan – wie vorliegend – Emissionskontingente für ein Bauvorhaben festlegt (vgl. dezidiert BayVGH, B.v. 16.10.2007 – 1 CS 07.1848 – juris Rn. 6, 8 und 45ff.; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris Rn. 18 und 25ff.). Das folgt schon daraus, dass Emissionskontingente – als Regelung zum Emissionsverhalten eines Vorhabens – erst über eine Ausbreitungsrechnung in Immissionskontingente und in Beurteilungspegel „umgesetzt“ werden müssen (Storr, Lärmbekämpfung Bd. 5 (2010) Nr. 5, 196, 200). Unabhängig davon sind im Einzelbaugenehmigungsbescheid die Immissionsrichtwerte oder Immissionsgrenzwerte, die eine rein rechtliche Festlegung darstellen und sich aus Nr. 6 TA Lärm ergeben, für die einzelnen Immissionsorte festzuschreiben (vgl. auch Versteyl u.a., Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel – I + E, 2011, 163, 167). Die Immissionsrichtwerte können aus dem Bebauungsplan, der zu Recht nur den Emissionsort überplant und sich zu den Immissionsorten nicht verhält, nicht bestimmt werden. Dementsprechend hält der Bebauungsplan in Ziff. A.10.1 a.E. fest: „Ein Vorhaben erfüllt auch dann die schalltechnischen Festsetzungen des Bebauungsplans, wenn der Beurteilungspegel den Immissionsrichtwert an den maßgeblichen Immissionsorten um mindestens 15 dB unterschreitet (Relevanzgrenze)“. Was aber „der Immissionsrichtwert an den maßgeblichen Immissionsorten“ ist, muss eben im Baugenehmigungsverfahren geprüft und in der Baugenehmigung transparent und v.a. vollziehbar festgelegt sein (vgl. auch Versteyl u.a., I + E, 2011, 163f.; Storr, Lärmbekämpfung Bd. 5 (2010) Nr. 5, 196, 199ff.). Dass die Baugenehmigung auf die Festlegung von Immissionsgrenzwerten nicht verzichten kann, folgt schon daraus, dass bspw. der mit einem Vorhaben verbundene und ihm bei der Immissionsschutzbetrachtung zuzurechnende An- und Abfahrtverkehr (Nr. 7.4 TA Lärm) bei der Emissionskontingentierung im Bebauungsplan überhaupt nicht zu berücksichtigen ist (Fricke, UPR 2015, 92; Fischer/Tegeder, NVwZ 2005, 30).

Nur ergänzend wird klargestellt, dass all dies unabhängig davon gilt, dass der „Schallschutz“ im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht mehr geprüft wird, Art. 62 Abs. 4 Satz 1, Abs. 3 BayBO, § 12 BauVorlV (Simon/Busse, BayBO, Stand: 128. EL Dezember 2017, Art. 64 Rn. 113). Die Rechtsprechung zur zielorientierten Festlegung des Lärmschutzes stellt materielle Anforderungen an ein Vorhaben und betrifft keine Verfahrensfragen.

b) Hinsichtlich der Argumente der Antragsschrift wird auf Folgendes hingewiesen:

Für die Beurteilung, ob das Bauvorhaben vorliegend Nachbarrechte verletzt oder nicht, ist die Wirksamkeit des Bebauungsplans nach den Aussagen in Ziff. 1 lit. a dieses Beschlusses irrelevant (vgl. für entsprechende Fälle einer eventuell unwirksamen Festsetzung von Emissionskontingenten BayVGH, B.v. 16.10.2007 – 1 CS 07.1848 – juris; B.v. 18.10.2017 – 9 CS 16.883 – juris).

Die im Rahmen des gebietsübergreifenden Nachbarschutzes allein entscheidende Frage (vgl. BVerwG, B.v. 10.1.2013 – 4 B 48.12 – juris), ob zu erwarten ist, dass das Bauvorhaben das Gebot der Rücksichtnahme verletzt, d.h. ob es im Regelbetrieb unzulässige Immissionen am Immissionsort der Antragstellerin (vgl. Nr. 2.3 TA Lärm) verursachen wird, richtet sich nicht nach der Wirksamkeit des Bebauungsplans, sondern ist bzw. wäre anhand von festgelegten Immissionsgrenzwerten und anhand der vorgelegten Schalltechnischen Untersuchung zu beantworten. Auf den Standort des Bauvorhabens als emittierenden Betrieb – und auf dessen etwaige Lage in einem Bebauungsplangebiet oder im Außenbereich – kommt es dabei nicht an, sondern auf die Situierung des Grundstücks der Antragstellerin als maßgeblichen Immissionsort. Der Vorhabenstandort spielt nur insofern eine Rolle, als dass damit „nominell“ festgelegt wird, aus welchen Normen das Gebot der Rücksichtnahme zu entnehmen ist, entweder aus § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (bei Wirksamkeit des Bebauungsplans) oder aus § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB (bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans); die inhaltlichen Maßstäbe für die Prüfung der Verletzung von Nachbarrechten aber verändern sich dadurch nicht (statt aller BayVGH, B.v. 12.9.2017 – 1 ZB 15.126 – juris; B.v. 14.10.2015 – 15 ZB 15.1404 – juris; B.v. 17.6.2010 – 15 ZB 09.2132 – juris; U.v. 14.7.2006 – 1 BV 03.2179 – juris).

Es wird darauf hingewiesen, dass sich der Antragsgegner und der Bevollmächtigte der Beigeladenen zu 1. mit ihren – der Baugenehmigung nachfolgenden – Stellungnahmen auf dieser Linie befinden. Dort wurde zur Einordnung des Gebiets, in welchem das Grundstück der Antragstellerin liegt, ausführlich Stellung genommen und es wurde die Irrelevanz der Wirksamkeit der Bebauungsplanfestsetzungen betont. Diese Argumentation ist aber nur für den Fall korrekt, dass der Baugenehmigungsbescheid die notwendigen Aussagen trifft.

Die Einordnung des Landratsamtes und der Beigeladenen zu 1., dass der IO 1 und der IO 2 im Dorf- bzw. Mischgebiet liegen, ist nach Lage der Akten nicht zu beanstanden. Eine Internetrecherche und die Einsicht über Google Maps und über BayernAtlas-Plus abrufbarer Luftbilder bestätigen diese Einschätzung. Der D. Straße, die das nördlich des Vorhabengrundstück gelegene Baugebiet durchzieht, kommt demnach keine trennende Wirkung zu; neben der Tankstelle mit Werkstatt und Verkaufsräumen auf FlNr. 2160, Gemarkung H. sind also auch die landwirtschaftliche und weitere gewerbliche Nutzungen (nach Internetrecherche u.a. ein Reifenhändler) auf den Grundstücken FlNrn. 2152, 2153 und 2154, jeweils Gemarkung H., in die Betrachtung einzubeziehen.

Werden die Immissionsgrenzwerte in der Baugenehmigung aufgeführt und die Bezugnahmen korrekt ausgestaltet, bestehen gegen das Bauvorhaben nach alledem keine Bedenken, v.a. nicht aus immissionsschutzrechtlicher Sicht. Das Gericht stützt sich für diese Einschätzung auf die Schalltechnische Untersuchung vom 9. März 2017 und macht sich diese zu eigen. Die vom Antragstellerbevollmächtigten vorgelegte Plausibilitätsprüfung der Fa. h. Ingenieure vom 20. Dezember 2017 (Bl. 46ff. d. Gerichtsakts) beschäftigt sich nur mit dem Schalltechnischen Gutachten der Fa. M. zum Bebauungsplan (vom 26. Oktober 2015); eine Stellungnahme zu der hier maßgeblichen Schalltechnischen Untersuchung vom 9. März 2017 findet sich nicht. Diesbezügliche Mängel sind auch nicht erkennbar. Aus der Schalltechnischen Untersuchung vom 9. März 2017 geht hervor, dass die Immissionsgrenzwerte am IO 1 und IO 2 auch bei einer in der Plausibilitätsprüfung für notwendig gehaltenen Verdoppelung des LKW-Verkehrs bei weitem eingehalten werden können.

Weiter ist klarzustellen, dass die Frage, ob das Vorhaben, wäre der Bebauungsplan unwirksam und würde es damit nach den Luftbildern im Außenbereich ausgeführt, nach § 35 BauGB zugelassen werden könnte oder nicht, bereits deshalb ohne Belang ist, weil es keinen allgemeinen Abwehranspruch gegen im Außenbereich unzulässige Nachbarvorhaben gibt; ein etwaiger objektiv-rechtlicher Verstoß der Baugenehmigung gegen § 35 Abs. 2, Abs. 3 BauGB führt nicht zu einer Nachbarrechtsverletzung (statt aller BayVGH, B.v. 21.3.2018 – 9 ZB 16.2081 – juris; B.v. 23.1.2018 – 15 CS 17.2575 – juris, jeweils m.w.N.).

2. Der Antrag auf Erlass eines Hänge- bzw. Schiebebeschlusses ist bereits unzulässig, da kein Rechtsschutzbedürfnis für eine derartige „Zwischenentscheidung“ erkennbar ist. Dies folgt bereits ohne weiteres daraus, dass die Entscheidungsreife für die „reguläre“ Entscheidung nach den § 80f. VwGO gegeben ist (v.a. wurden die Behördenakten bereits vorgelegt). Dann bedarf es einer derartigen Zwischenentscheidung von vorn herein nicht (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris; Eyermann, VwGO, Stand: 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 111).

Unabhängig davon verstellt die Verwendung von Schlagworten – „Schaffung vollendeter Tatsachen“ – grundsätzlich den Blick auf die Spezifika der jeweiligen Situation bzw. des jeweiligen Rechtsgebiets (hier: öffentliches Baurecht). Derjenige, der ein Bauvorhaben ausführt, handelt dabei stets auf eigenes Risiko. Effektiver Rechtsschutz ist auch dann sichergestellt, falls über den Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO erst dann entschieden würde, wenn das Bauvorhaben bereits vollständig verwirklicht wäre (die Verwirklichung des Bauvorhabens führt wegen der Wirkungen des Beschlusses nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auch nicht zur Erledigung des Eilverfahrens, vgl. § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es werden dann von Amts wegen oder auf Rechtsbehelf des Nachbarn hin für Teile des Bauvorhabens oder für das gesamte Bauvorhaben Nutzungsuntersagungen oder Beseitigungsanordnungen erlassen werden, Art. 76 BayBO, je nachdem, wie weit die Rechtsverletzung des Nachbarn reicht. In diesem Ausmaß (Beeinträchtigung der drittschützenden Rechtsposition) kommt Art. 14 Abs. 1 GG ermessensreduzierende Wirkung zu (vgl. BVerwG, B.v. 9.2.2000 – 4 B 11.00 – juris; Stüer, Bau- und Fachplanungsrecht, Stand: 5. Auflage 2015, Rn. 5295). Irreparable Zustände können demnach rechtlich und auch praktisch im Baurecht nicht eintreten (vgl. andererseits BVerfG, B.v. 11.10.2013 – 1 BvR 2616/13 – juris für einen Ausnahmefall, in dem ein Hängebeschluss notwendig war: Behördlich erzwungene Abgabe einer Vermögensauskunft würde zu irreparablen Folgen für die Kreditwürdigkeit des Beschwerdeführers führen).

Dementsprechend ist auch der Ansatz, die Frage, ob eine derartige Zwischenentscheidung entsprechend § 80 Abs. 5 Satz 1 bzw. § 123 VwGO oder unmittelbar auf Art. 19 Abs. 4 GG gestützt (vgl. dazu Barczak, JA 2013, 937), notwendig ist/wird oder nicht, von einem bestimmten Baufortschritt abhängig zu machen (dazu Guckelberger, NVwZ 2001, 275), nicht nachvollziehbar. Das System des Eilrechtsschutzes sieht, jedenfalls für den Fall eines Nachbarrechtsbehelfs gegen eine Baugenehmigung, selbst genügend Möglichkeiten vor, die einen sog. Hänge- oder Schiebebeschluss unnötig machen, vgl. nur § 80 Abs. 8 VwGO oder § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 VwGO („Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten“). Dementsprechend verzichten die Obergerichte regelmäßig in Gänze auf eine Entscheidung über derartige Anträge (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2016 – 15 CS 16.1417 – juris).

Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1, Abs. 3 Halbs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladene zu 1. hat einen Antrag gestellt und sich damit in ein Kostenrisiko begeben. Die Beigeladene zu 2. dagegen hat darauf verzichtet und trägt deshalb nur ihre außergerichtlichen Kosten. Die Festlegung eines Kostenanteils für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Hängebeschlusses war nicht veranlasst, da dieses Verfahren kein selbstständiges Nebenverfahren darstellt (vgl. OVG MV, B.v. 4.4.2017 – 3 M 195/17 – juris). Wollte man dies anders sehen, wäre hierfür § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zur Anwendung zu bringen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Streitwertkatalog.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.