Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen einen sog. Dublin-Bescheid.

Er wurde nach eigenen Angaben am 18. Juli 1990 geboren und ist laut eigener Aussage Staatsangehöriger Nigerias (Bl. 7 d. Behördenakts - i.F.: BA -). Der Antragsteller reiste nach eigenen Angaben am 21. April 2017 u.a. über Italien in das Bundesgebiet ein (Bl. 25 d. BA). Er beantragte am 10. Mai 2017 Asyl (Bl. 7 d. BA).

Aufgrund eines Eurodac-Treffers der Kategorie 1 für Italien - „IT1…“ - vom 24. April 2017 (Bl. 82 d. BA) wurde am 8. Juni 2017 ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet (Bl. 79ff. d. BA); eine Zugangsbestätigung liegt vor (Bl. 86ff. des BA). Die italienischen Behörden haben bis dato nicht geantwortet. Die einzige gestempelte, in der Behördenakte enthaltene Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (i.F.: BÜMA) trägt einen Eingangsstempel vom 27. April 2017 (Bl. 29 d. BA).

Mit Bescheid vom 27. Juni 2017, Gz. 7112984-232, lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (i.F.: Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Ziff. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Ziff. 3) und befristete das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf zwölf Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4). Wegen der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Antragsteller persönlich hat am 3. Juli 2017 Klage gegen den Bescheid erhoben und Eilantrag gestellt. Sein zwischenzeitlich bestellter Bevollmächtigter änderte den Antrag in der Hauptsache auf Aufhebung des Bescheids. Vorliegend beantragt er im Anschluss an den Antrag des Antragstellers,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 27. Juni 2017 anzuordnen.

Auf den Sachvortrag wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der nach Auslegung, § 122 Abs. 1, § 88 VwGO allein gegen die Abschiebungsanordnung, Ziff. 3 des Bescheids gerichtete Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu.

An der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt zutreffend auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen bei summarischer Prüfung keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (i.F.: Dublin III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Italien ist hier für die Prüfung zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1 lit. b, Art. 23 Abs. 1, Abs. 2 Unterabs. 1, Art. 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Dublin III-VO. Die italienischen Behörden haben auf das Wiederaufnahmegesuch, das am 8. Juni 2017 (Bl. 81 d. BA) und damit rechtzeitig innerhalb der 2-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO gestellt wurde, nicht reagiert. Auch die nach der EuGH-Rechtsprechung parallel einzuhaltende 3-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO wurde gewahrt; diese lief vorliegend mit Eingang der BÜMA (27. April 2017) als frühestmöglichem Datum einer „Antragstellung“ i.S.v. Art. 20 Abs. 2 Dublin III-VO an (vgl. VG München, B.v. 23.8.2017 - M 9 S7 17.51363 - juris m.w.N.).

Die Überstellung an Italien ist auch nicht rechtlich unmöglich im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) ausgesetzt wäre. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (BVerfG, U.v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (EuGH, U.v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GRCharta) entspricht. Diese Vermutung ist zwar nicht unwiderleglich, vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Betroffenen führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 EU-GRCharta ausgesetzt zu werden. Eine Widerlegung der Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten anzunehmen, an die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Das Gericht geht nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen davon aus, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen im oben genannten Sinne gegeben sind. Dazu wird Bezug genommen auf die einhellige Rechtsprechung, die keine systemischen Mängel hinsichtlich Italiens (an-)erkennt (NdsOVG, B.v. 6.6.2018 - 10 LB 167/18 - juris, bestätigt von BVerwG, B.v. 12.9.2018 - 1 B 50/18, 1 PKH 39/18 - juris; VG Cottbus, B.v. 4.1.2019 - VG 5 L 535/18.A - juris; B.v. 12.7.2017 - 5 L 442/17.A - juris; VG München, B.v. 6.7.2017 - M 9 S 16.51285 - juris; B.v. 20.2.2017 - M 9 S 17.50105 - juris; B.v. 29.12.2016 - M 1 S 16.50997 - juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 - 9 AE 5887/16 - juris; VG Düsseldorf, B.v. 18.1.2017 - 12 L 3754/16.A - juris; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; OVG NW, U.v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 - juris; zumeist mit Bezug u.a. auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes an das OVG NW vom 23. Februar 2016 und auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016: „Aufnahmebedingungen in Italien - Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien“, einsehbar z.B. über MILO oder Asylfact bzw. in der Gerichtsbibliothek - Dublin-Sammlung: Italien - bzw. teils frei zugänglich im Internet abrufbar). Nach dieser Erkenntnislage erhalten Asylsuchende (Neuankömmlinge und Rückkehrer gleichermaßen) zuverlässig eine Unterkunft - u.a. über die CAS- bzw. über die SPRAR-Einrichtungen - und sonstige Versorgung (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 4ff.; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 18ff., insb. S. 28ff.). Es werden stetig zusätzliche Aufnahmezentren geschaffen; das Aufnahmesystem in Italien ist innerhalb von vier Jahren von ca. 5.000 Plätzen auf ca. 120.000 Plätze angewachsen (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 15). Es ist mithin nichts dafür ersichtlich, dass die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung überschritten wäre; dies wäre erst dann der Fall, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden (z.B. VG Schwerin, U.v. 26.9.2016 - 16 A 1757/15 As SN - juris; VG Hamburg, B.v. 8.2.2017 - 9 AE 5887/16 - juris; OVG NW, U.v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Auch der insgesamt eher kritische Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., sieht diesbezüglich in erster Linie nur die Aufnahmesituation von „Personen mit Schutzstatus“ in Italien als problematisch an, nicht aber die Bedingungen für Asylsuchende und Dublin-Rückkehrer (vgl. S. 18ff. einerseits und S. 33ff. andererseits). Für Erstere wird, ohne dass es vorliegend tragend darauf ankommt, darauf hingewiesen, dass die Gruppe der „Personen mit Schutzstatus“ hinsichtlich der Versorgungssituation schlicht den Einheimischen gleichgestellt ist (Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 5; Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 35 und 50); unabhängig davon ist klarzustellen, dass die Frage „systemischer Mängel“ nur die Durchführung des Asylverfahrens betrifft und dass eine Anwendung dieser Rechtsfigur auf bereits anerkannte Flüchtlinge deshalb ausscheiden muss (vgl. VG Hamburg, U.v. 9.1.2017 - 16 A 5546/14 - juris in Auseinandersetzung mit anderen Ansichten; VG München, B.v. 20.2.2017 - M 9 S 17.50105 - juris; VG München, B.v. 11.1.2017 - M 8 S 16.51193 - juris). Weiter ist festzuhalten, dass die Dublin III-VO gerade nicht zu einem „forum shopping“ dergestalt verhelfen soll, dass der Betroffene ein Recht darauf habe, sich einen Mitgliedstaat für die Prüfung seines Asylantrags auszusuchen, der beispielsweise ein besseres soziales Sicherungssystem oder bessere Unterbringungsmöglichkeiten bietet (statt aller OVG NW, U.v. 10.3.2016 - 13 A 1657/15.A - juris). Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien eventuell schlechter darstellt als im Bundesgebiet, begründet keinen systemischen Mangel des dortigen Asylverfahrens (vgl. EGMR, E.v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - juris; VG München, B.v. 9.11.2016 - M 6 S 16.50638 - juris). Alle Asylbewerber haben in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem (OVG NW, U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 54f.; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, a.a.O., S. 6). Das sog. ticket - der Selbstbehalt - muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 56f.). Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O., S. 55).

Das Gericht sieht sich angesichts der ihm vorliegenden, umfangreichen und aktuellen Erkenntnismittel nicht gehalten, dem Antrag auf Einholung einer aktuellen Auskunft des Auswärtigen Amtes weiter nachzugehen. Dies umso mehr, als es nicht „das eine“ richtige bzw. überzeugende Erkenntnismittel geben kann, sondern stets ein breites Spektrum zu berücksichtigen ist (statt aller VG München, B.v. 14.2.2017 - M 9 S 16.50800 - juris).

Wenn der Bevollmächtigte sich im Rahmen der Frage, ob das italienische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, gegen die Heranziehung u.a. einer Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalens aus dem Jahr 2016 wendet, so verwundert das schon deshalb, weil er sich selbst für seine Argumentation (nur) auf eine vereinzelt gebliebene Entscheidungen der 24. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts München aus dem Jahr 2016 stützt.

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis, § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG, oder ein inlandsbezogenes Vollzugshindernis (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris) wurden nicht behauptet bzw. belegt.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (BayVGH, B.v. 21.9.2016 - 10 C 16.1164 - juris mit Bezug auf BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris).

Demnach ist im Falle des Antragstellers für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nichts ersichtlich. Die nur teilweise vom Antragsteller selbst behaupteten (Bl. 76 d. BA) und insgesamt ohne Nachweis gebliebenen gesundheitlichen Probleme (Handverletzung, Herzbeschwerden, psychische Probleme) sind nicht glaubhaft gemacht, § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG (zur Heranziehung des § 60a Abs. 2c AufenthG auch i.R.v. zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen vgl. nur BayVGH, B.v. 26.4.2018 - 9 ZB 18.30178 - juris). Sollten sie tatsächlich bestehen, ist davon auszugehen, dass sie in Italien ebenso gut therapierbar sind wie im Bundesgebiet.

Dementsprechend ist auch für ein inlandsbezogenes Abschiebungsverbot nichts dargetan und auch nichts ersichtlich.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.

(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben) äthiopischer Staatsangehöriger und geboren am ... 1993 (mitunter gab er wohl auch andere Geburtsdaten an, vgl. Bl. 21 und 27 der Bundesamtsakten: 1.1.1986 und anderer Geburtsort). Er wurde am 1. November 2016 wegen unerlaubter Einreise (in Kiefersfelden) bzw. unerlaubten Aufenthalts unter Verstoß gegen ein bestehendes Einreise-/Aufenthaltsverbot in Rosenheim vorläufig festgenommen. Der Antragsteller wurde bereits am 2. Oktober 2016 aus Deutschland nach Österreich zurückgeschoben, anlässlich dieser Zurückschiebung wurde ein befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot verfügt (Bl. 8 - 13 der Bundesamtsakten). Bereits am 6. Juni 2016 wurde dem Antragsteller am Grenzübergang Freilassing die Einreise verweigert (Bl. 14 der Bundesamtsakten). Bis 25. Dezember 2016 verbüßte der Antragsteller wegen der unerlaubten Einreise bzw. des unerlaubten Aufenthalts eine Ersatzfreiheitsstrafe in der JVA Bernau. In Zusammenhang mit den Ermittlungen, die zu der entsprechenden Verurteilung führten, wurde der Antragsteller am 1. November 2016 polizeilich vernommen; auf die Niederschrift der Vernehmung wird Bezug genommen (Bl. 24 - 26 der Bundesamtsakten). In der Bundesamtsakte wird der Antragsteller als sog. „Aufgriffsfall“ ohne Asylantragstellung im Bundesgebiet geführt.

Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang ein Eurodac-Treffer für Österreich (AT...62; Bl. 18 und 28 der Bundesamtsakten).

Auf seine Angaben in der Erst- und Zweitbefragung Dublin jeweils im schriftlichen Verfahren („Questionnaire for determining the member state responsible for examining an application - initial inquiry“, Bl. 34 - 36 der Bundesamtsakten und „Questionnaire for determining obstacles to deportation in Dublin procedure - supplementary enquiry“, Bl. 37f. der Bundesamtsakten) wird Bezug genommen. Gesundheitliche Einschränkungen hat der Antragsteller dort nicht angegeben (vgl. Bl. 37 unten und Bl. 38 oben der Bundesamtsakten), anders als in der polizeilichen Vernehmung am 1. November 2016, in der er von allerdings nicht näher spezifizierten „gesundheitlichen Problemen“ sprach (Bl. 26 der Bundesamtsakten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 16. November 2016 an Österreich antworteten die österreichischen Behörden mit Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 24. November 2016 (Bl. 59 der Bundesamtsakten) und verwiesen unter Vorlage eines Schreibens der italienischen Behörden (Ministero dell‘ Interno) vom 3. August 2016, in dem Italien das Einverständnis mit einer Überstellung nach der Dublin III-VO erklärt, auf die Zuständigkeit Italiens. Daraufhin richtete die Antragsgegnerin unter dem 29. November 2016 ein Übernahmeersuchen an Italien gerichtet. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 2016 ordnete das Bundesamt die Abschiebung nach Italien an (Nr. 1). Die Nr. 2 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 14. Dezember 2016 wurde der Bescheid an den Antragsteller versandt. Der Bescheid wurde dem Antragsteller laut Postzustellungsurkunde am 16. Dezember 2016 zugestellt.

Der Antragsteller erhob hiergegen mit Schreiben vom 23. Dezember 2016, beim Verwaltungsgericht München eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage (Az.: M 9 K 16.51284) mit dem Antrag, den Bescheid des Bundesamtes vom 14. Dezember 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.

Außerdem beantragte er im selben Schriftsatz,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung von Klage und Antrag ist im Schreiben des Antragstellers ausgeführt, dass er Probleme mit den Augen habe, nachdem er in seiner Heimat geschlagen worden sei. Deshalb könne er Dinge, die direkt vor ihm seien und auf ihn zukämen, nicht richtig sehen und ihm sei deshalb schwindlig. Er bekomme dafür in Italien keine ausreichende medizinische Behandlung.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AsylG). Insbesondere kommen das AsylG und das AufenthG in den aktuellen Fassungen (AsylG: zuletzt geändert durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017, BGBl I, 872; AufenthG: zuletzt geändert durch das Gesetz zu bereichsspezifischen Regelungen der Gesichtsverhüllung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 8.6.2017, BGBl I, 1570) zur Anwendung.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt worden, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass mit der Klage neben dem Anfechtungszusätzlich ein Verpflichtungsbegehren verfolgt wird, das sich in der Hauptsache als unzulässig erweisen wird (vgl. hierzu VG München, U.v. 1.12.2016 - M 9 K 16.50067 - juris Rn. 24 m.w.N.), ist für das Antragsverfahren unschädlich.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Dezember 2016, auf den im Sinne von

§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Das Gericht geht davon aus, dass Italien gemäß Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO der originär zuständige Mitgliedstaat ist. Die Vorschrift sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Ob das hier Italien ist, steht nicht bereits auf Grund der Angaben des Antragstellers fest. Zwar hat die Antragsgegnerin auch keinen Eurodac-Treffer für Italien. Vielmehr hat sich die Antragsgegnerin mit der Auskunft der österreichischen Behörden begnügt, dass eine originäre Zuständigkeit Italiens nach der Dublin III-Verordnung besteht, obwohl es mindestens nahe gelegen hätte, sich die italienische Eurodac-Treffernummer von den österreichischen oder den italienischen Behörden übermitteln zu lassen. Gleichwohl ist dieses Vorgehen in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. hierzu für einen ähnlichen, aber weniger eindeutigen Fall VG München, B.v. 6.3.2017 - M 9 S. 17.50277 - juris Rn. 24), da erstens die Eurodac-Treffermeldung nicht das einzige Beweismittel für die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats ist, wie der Dublin III-Verordnung an mehreren Stellen (z.B. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 oder auch Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 i.V.m. Unterabs. 2) zu entnehmen ist, zweitens keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Auskunft der österreichischen Behörden falsch sein könnte und vor allem drittens im hiesigen Fall wegen der von Österreich übermittelten italienischen Zustimmung zur Überstellung feststeht, dass die Zuständigkeit Italiens besteht und auch nicht bestritten wurde.

Es ist auch zwischenzeitlich kein Zuständigkeitsübergang auf die Antragsgegnerin eingetreten.

Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO steht der Zuständigkeit Italien nicht entgegen. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Verfahrens zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts, der hier wegen fehlender Angaben des Antragstellers nicht genau nachvollzogen werden kann, der aber nach den zeitlichen Zusammenhängen vermutlich etwas länger zurückliegt als zwölf Monate. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem Mitgliedstaat ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Antragsteller seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Antrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob die zwölfmonatige Frist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - DVBl 2014, 790 - juris Rn. 46 ff. zu der im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO; VG Minden, B.v. 18.2.2015 - 10 L 107/15.A - juris Rn. 22 ff.). Demnach steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO der Zuständigkeit Italiens nicht entgegen.

Auch ein Zuständigkeitsübergang wegen eines zwischenzeitlichen Ablaufs der Überstellungsfrist ist nicht gegeben. Der Umstand, dass eine Überstellung des Antragstellers nach Italien bisher nicht stattgefunden hat, bewirkt keinen Zuständigkeitsübergang gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO. Der von Österreich verfügten Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Var. 2 Dublin III-VO - die wegen des aus österreichischer Sicht erfolgten Untertauchens des Antragstellers in Gestalt von dessen wiederholten illegalen Einreisen in das Bundesgebiet, die in der vorgelegten Behördenakte dokumentiert sind, ohne weiteres gerechtfertigt ist - bedurfte es dafür gar nicht. Denn gerechnet ab der italienischen Annahmeerklärung (Schreiben vom 3.8.2016) bis zum Eingang des hiesigen Rechtsbehelfs des Antragstellers bei Gericht (23.12.2016) war die in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin Var. 1 III-VO („spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat“) geregelte Frist von sechs Monaten noch nicht abgelaufen. Ab Eingang des hiesigen Rechtsbehelfs dagegen tritt eine Unterbrechung dieser Sechs-Monats-Frist ein, Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin Var. 2 III-VO („oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat“). Der Lauf einer „neuen“ Sechs-Monats-Frist beginnt erst mit Zustellung dieses Beschlusses (vgl. hierzu BVerwG, U.v.27.4.2016 - 1 C 24.15 - juris Rn. 18; VG München, U.v.1.12.2016 - M 9 K 16.50067 - juris Rn. 20 m.w.N.).

Da die italienischen Behörden auf das (erneute) Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, B.v. 16.2.2017 - 13 A 316/17.A - juris Rn. 3 - 5; U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammenbleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https://www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts Anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 - juris m.w.N.). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller, der noch dazu jedenfalls nach seinen eigenen Angaben im Verwaltungsverfahren gesund ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, liegen nicht vor. Ebenso wenig liegen inlandsbezogene oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse vor. Der Antragsteller hat geltend gemacht, dass er an gesundheitlichen Einschränkungen in Bezug auf die Augen und die Sehfähigkeit leide. Dieser Vortrag steht aus zwei unabhängig voneinander Geltung beanspruchenden Gründen der Überstellung nach Italien nicht entgegen. Erstens hat der Antragsteller weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren auch nur irgendeinen Nachweis hierfür vorgelegt, obwohl ihm das ohne weiteres möglich gewesen wäre - insbesondere wäre dafür mehr als genug Zeit gewesen - und obwohl es Sache des Antragstellers ist, behauptete gesundheitliche Einschränkungen, die einer Überstellung entgegen stehen könnten, detailliert geltend zu machen und vor allem zu belegen. Zweitens trifft es nach dem oben Gesagten nicht zu, dass eine medizinische Behandelbarkeit in Italien nicht besteht. Es sind keine Umstände ersichtlich, die einen Anhaltspunkt dafür geben könnten, dass eine erforderliche Behandlung gerade nur in der Bundesrepublik Deutschland erfolgen kann und nicht auch in Italien möglich ist. Auf die Ausführungen auf Seite 14 und 15 dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Das bedeutet, dass der Antragsteller, unterstellt, seine (nicht belegte) Behauptung einer gesundheitlichen Einschränkung träfe zu, in Italien ohne weiteres behandelt werden kann. Nach der bestehenden Auskunftslage sind Asylbewerber in Fragen der Gesundheitsversorgung den italienischen Staatsbürgern gleichgestellt. Die Anmeldung beim nationalen Gesundheitsdienst ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Inanspruchnahme medizinischer Leistungen nicht nur im Rahmen der Notfallversorgung, sondern auch hinsichtlich der Behandlung bei Spezialisten, etc. berechtigt. Die Überweisungen an Spezialisten sind zudem für Asylbewerber kostenfrei. Darüber hinaus besteht gerade für Asylbewerber die Möglichkeit, an Projekten von Nichtregierungsorganisationen oder anderen privaten Trägern, deren Mitarbeiter speziell auf die Behandlung psychischer Krankheiten von Flüchtlingen ausgebildet sind, teilzunehmen (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 25.8.2015 - 13 K 1723/15.A - juris Rn. 98ff.).

Es fehlt auch nicht an der von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG aufgestellten Voraussetzung, dass die Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Zwar ist dem italienischen Annahmeschreiben (auf das österreichische Übernahmeersuchen) vom 3. August 2016 zu entnehmen, dass eine Überstellung bis zum 3. Februar 2017 durchgeführt worden sein muss. Allerdings liegt wegen der nicht erfolgten Reaktion Italiens auf das erneute deutsche Übernahmeersuchen wegen des Eintritts der Fiktion gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO eine erneute Stattgabe Italiens vor, so dass es auf die Modalitäten der ursprünglichen Annahme des italienischen Wiederaufnahmegesuchs nicht mehr ankommt.

Schließlich ist der streitgegenständliche Bescheid auch nicht deswegen zu beanstanden, weil entgegen § 31 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 AsylG keine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen von § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG (in Bezug auf den Dublin-Zielstaat, vgl. BVerwG, B.v.3.4.2017 - 1 C 9/16 - juris Rn. 9) getroffen wurde. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nicht allein deswegen rechtswidrig, weil in dem Bescheid die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgesehene Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG fehlt (BVerwG, B.v.3.4.2017 - 1 C 9/16 - juris Rn. 10).

3. Der Antrag wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abgelehnt. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo bzw. der Esan und geboren am 17. Juli 1993. Auf seine Angaben im Fragebogen Erstbefragung Dublin schriftliches Verfahren (Questionnaire for determining the member state responsible for examining an application - initial enquiry) (vgl. Bl. 19 - 22 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 22. Februar 2015 verlassen und sei über den Niger, Libyen, Italien und Österreich nach Deutschland gereist, wo er am 21. Oktober (ohne Jahr, vermutlich 2016) angekommen sei und wo er am 3. November 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) - Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. In der Erstbefragung gab der Antragsteller weiter an, er habe in Italien am 20. August 2015 einen Asylantrag gestellt; in Italien seien ihm auch Fingerabdrücke abgenommen worden. Auch auf die Angaben Zweitbefragung Dublin schriftliches Verfahren (Questionnaire for determining obstacles to deportation in Dublin procedure - supplementary enquiry) (vgl. Bl. 23f. der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die er nicht überstellt werden wolle, gab der Antragsteller Italien und Nigeria an; er könne dort nirgends bleiben und er wolle nicht sterben.

Am 3. November 2016 fand außerdem noch eine Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags sowie eine Anhörung nach § 25 AsylG statt. Der Antragteller gab an, er sei in Italien über ein Jahr lang gewesen und dann über die Schweiz in das Bundesgebiet, wo er am 24. Oktober 2016 angekommen sei, eingereist. Im Übrigen wird auf die Niederschriften (Bl. 26 - 29 sowie Bl. 55 - 61 bzw. Bl. 93 - 99 der Bundesamtsakte, die letztgenannte ist die maßgebliche, weil unterschriebene Fassung) Bezug genommen.

Am 14. November 2016 fand schließlich seitens der Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung statt. Der Antragsteller gab an, er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, über den Stand des Verfahrens wisse er jedoch nichts. Im Übrigen wird auf das Befragungsprotokoll (Bl. 79 - 84 sowie die Anlagen Bl. 85 - 88 der Bundesamtsakten) Bezug genommen.

Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für Italien (IT1CN01KPC; Bl. 9 sowie Bl. 14 der Bundesamtsakten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 8. November 2016 an Italien erfolgte keine Reaktion.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 12. Januar 2017 wurde der Bescheid an den Antragsteller versandt. Laut der bei den Bundesamtsakten befindlichen Kopie der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 16. Januar 2017 zugestellt.

Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Januar 2017, bei Gericht eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage (Az.: M 9 K 17.50104) erheben mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin aufzuheben.

Außerdem ließ der Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen.

Zur Begründung ist vorgetragen, dass eine Abschiebung nach Italien unzulässig erscheine, da dort systemische Mängel des Asylverfahrens vorlägen.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und nicht richtig die Anordnung derselben (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG) beantragt ist, schadet nichts, da klar ist, was gemeint ist.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Januar 2017, auf den im Sinne von

§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Italien. Ausgehend vom Vortrag des Antragstellers hat er in Italien zudem einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird außerdem belegt durch den für den Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammen bleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http: …www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https: …www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 -, juris). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller, der nach eigenen Angaben ohnehin gesund ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist für den Antragsteller überhaupt kein individuelles Vorbringen erfolgt.

Der Umstand, dass der Antragsteller im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung geltend gemacht hat, dass er nicht nach Italien wolle, begründet keine systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass der Antragsteller über ein Jahr in Italien gelebt hat.

Die Angaben des Antragstellers während der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die am ... geborene Antragstellerin ist äthiopische Staatsangehörige. Sie hatte bereits im August 2015 in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt wurde. Das Asylverfahren ist seit dem 19. Februar 2016 unanfechtbar abgeschlossen, die Antragstellerin wurde am 19. Mai 2016 nach Italien abgeschoben.

Am 13. September 2016 wurde die Antragstellerin in einer Münchner Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende aufgegriffen. Am 5. Oktober 2016 beantragte sie erneut die Durchführung eines Asylverfahrens und gab an diesem Tag im Zuge einer Erstbefragung an, dass sie geschieden sei.

In einer späteren Befragung durch Mitarbeiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab sie u. a. an, ihr Ehemann lebe in Deutschland. Sie sei auf ihrem Weg nach Deutschland im Jahr 2015 über Italien gereist, wo sie sich zwei Wochen aufgehalten habe. Daraufhin richtete das Bundesamt am 17. Juni 2016 ein Übernahmeersuchen an Italien. Die italienischen Behörden erklärten am 21. Oktober 2016 ihre Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens, woraufhin das Bundesamt mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 die Überstellung der Antragstellerin nach Italien vorbereitete

Mit Bescheid vom 24. Oktober 2016, zugestellt am 3. November 2016, lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung der Antragstellerin nach Italien an (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 6 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Bescheidsbegründung wird Bezug genommen.

Die Antragstellerin erhob am ... November 2016 Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München gegen den vorgenannten Bescheid (M 1 K 16.50996). Ebenfalls an diesem Tag beantragt sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung trägt sie vor, sie habe einen Ehemann, der in Deutschland lebe und als Flüchtling anerkannt sei. Heiratsurkunden hierzu seien jedoch nicht vorhanden. Das Asylsystem Italiens weise systemische Mängel auf, weshalb eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin nach der Europäischen Menschenrechtskonvention drohe. Die hohe Zahl an Flüchtlingen werde von den italienischen Behörden nicht bewältigt. Eine Garantieerklärung italienischer Behörden, dass in Italien ihre elementaren Bedürfnisse gedeckt würden, liege nicht vor. Dort drohe ihr Obdachlosigkeit und eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Am ... Dezember 2016 legt sie eine Kopie eines Mutterpasses vor, wonach bei einer Untersuchung am ... November 2016 eine Schwangerschaft in der 10. Schwangerschaftswoche festgestellt worden sei. Als voraussichtlicher Entbindungstermin wird der 16. Juli 2017 angegeben.

Die Antragsgegnerin legte am 27. Dezember 2016 die Akten vor, stellt aber keinen Antrag.

Zum weiteren Vorbringen und zu den übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässig gestellte Antrag ist unbegründet.

Die von der Antragstellerin erhobene Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung des Gerichts zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verneint (2.).

1. Aufgrund des bestandskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens der Antragstellerin ist der Asylantrag der Antragstellerin als Folgeantrag nach § 71 AsylG gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig. Entsprechend der bereits am 19. Mai 2016 erstmals durchgeführten Abschiebung nach Italien haben sich die dortigen Behörden am 21. Oktober 2016 für das weitere Verfahren der Antragstellerin zuständig erklärt. Deshalb ist gemäß Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO von einer Zuständigkeit Italiens auszugehen.

Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann die Antragstellerin ihrer Überstellung nach Italien nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Italien systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, so dass eine Überstellung nach Italien unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO).

Nach dem Konzept der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. - juris) und dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) steht. Diese Vermutung ist jedoch nicht unwiderleglich. Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a.a.O Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N.). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Dies zugrunde gelegt, ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass der Antragstellerin bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (vgl. aktuell OVG NRW, U. v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris Rn. 32 ff; Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte vom 13.1.2015 (Nr. 51428/10) und vom 30.06.2015 (Nr. 39350/13)). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 GRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NW, U. v. 21.6.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 24 m. w. N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden zudem ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu diesen Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 a. a. O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften; es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. einen Asylantrag stellen können, wenn sie das noch nicht getan haben.

Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt, sondern vielmehr nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann auch für die Personengruppe der „Dublin-Rückkehrer“, der die Antragstellerin angehört, nach alledem nicht angenommen werden (vgl. aktuell VG München, U. v.10.5.2016 - M 12 K 15.50474 - juris Rn. 43).

Belegte verwandtschaftliche Bindungen, die einer Überstellung der Antragstellerin nach Italien entgegenstünden, liegen nicht vor. Ihrem Vortrag, sie habe einen Ehemann, der als anerkannter Flüchtling in Deutschland lebe, steht bereits entgegen, dass sie sich am 5. Oktober 2016 im Zuge der Erstbefragung als geschieden bezeichnet hatte. Zudem liegen nach ihrem eigenen Vortrag keine Heiratsurkunden vor.

2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch ohne Erfolg, soweit Abschiebungshindernisse zu prüfen sind. Persönliche Vollstreckungshindernisse, die über die allgemeinen Verhältnisse für Asylbewerber in Italien hinausgehen, hat die Antragstellerin nicht belegen können. Ihr Einwand, dass sie derzeit schwanger sei, und die Vorlage des Mutterpasses stehen dem nicht entgegen.

Über den engeren Kreis der durch die Dublin-III-VO vorgegebenen Zuständigkeitsaspekte hinaus ist eine Abschiebungsanordnung - schon im Hinblick darauf, dass § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG verlangt, dass die Abschiebung „durchgeführt werden kann“ - dann ausgeschlossen, wenn inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, wie sie in § 60a Abs. 2 AufenthG niedergelegt sind, vorliegen (BayVGH B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; BayVGH B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4).

Im Falle einer Schwangerschaft der abzuschiebenden Ausländerin ist eine auf ein Abschiebungshindernis zurückzuführende Reiseunfähigkeit entweder dann anzu-nehmen, wenn eine Risikoschwangerschaft durch ärztliche Atteste nachgewiesen ist - was hier nicht der Fall ist - und ferner dann, wenn die Niederkunft unmittelbar bevorsteht. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes der Einheit der Rechtsordnung bereits aus den gesetzlichen Schutzvorschriften der §§ 3 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG; vgl. VG München, B. v. 19.07.2016 - M 12 S 16.50456 - juris Rn. 33). In Anlehnung daran beginnt der Abschiebungsschutz sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG) und endet acht bzw. bei Früh- und Mehrlingsgeburten zwölf Wochen nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuSchG). Ausweislich der vorgelegten Kopie des Mutterpasses ist Entbindungstermin bei der Antragstellerin wohl der 16. Juli 2017, so dass ihre Abschiebung derzeit (noch) zulässig ist. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bestehen insoweit somit nicht.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)

Tenor

Der Antrag vom 18. Oktober 2016, die aufschiebende Wirkung der Klage 9 A 5886/16 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. September 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der nach § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 21. September 2016. Denn die Abschiebungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt den Antragsteller deshalb nicht in seinen Rechten.

2

Die Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt, sofern der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.

3

Die Abschiebung des Antragstellers nach Italien ist rechtlich zulässig und tatsächlich möglich:

4

1. Für die Durchführung des Asylverfahrens ist nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 – Dublin III-VO), nicht die Antragsgegnerin, sondern der italienische Staat zuständig (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG). Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. die Urteile der Großen Kammer des EuGH v. 7.6.2016, C-63/15 und C-155/15, beide juris) hat ein Asylsuchender im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Anspruch auf Prüfung der fehlerfreien Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den in Kapitel III der Dublin III-VO aufgeführten Kriterien.

5

a) Italien ist nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Denn der Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben von Afghanistan aus im Mai 2016 nach Italien gelangt, hielt sich dort etwa drei Tage auf und wurde erkennungsdienstlich behandelt. Dies bestätigt ein entsprechender EURODAC-Treffer der Kategorie 2.

6

b) Auf das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2016 hat Italien nach Aktenlage nicht reagiert. Nach Art. 22 Abs. 7 i. V. m. Abs. 1 Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, wenn innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem der ersuchte Mitgliedstaat mit dem Gesuch befasst wurde, keine Antwort erteilt wird. Damit ist Italien seit dem 14. September 2016 zuständig.

7

c) Die Zuständigkeit ist nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Nach dieser Vorschrift wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zuständig, wenn keine Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat erfolgen kann. Die Überstellung nach Italien ist indes nicht unmöglich, denn es bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen.

8

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, juris) liegen systemische Mängel vor, wenn es sich um Defizite handelt, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Dabei müssen das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sein, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (BVerwG, Beschl. v. 6.6.2014, 10 B 35/14, juris). Derartige individuelle Erfahrungen sind vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme systemischer Mängel dürfte jedenfalls dann vorliegen, wenn hierfür kompetente Stellen wie der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) derartige Mängel feststellen (VG Hamburg, Urt. v. 3.3.2015, 10 A 4414/14, n. v.; s. auch die Erwägungsgründe 22 und 23 sowie Art. 33 der Dublin III-VO).

9

Gemessen hieran sind Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen in Italien weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich (vgl. dazu ausführlich OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris; Urt. v. 7.7.2016, 13 A 2238/15.A, juris; ebenso Bundesverwaltungsgericht Österreich, Spruch v. 14.12.2015, W153 2116055-1/7E). Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (v. 17.9.2014, u.a. 2 BvR 1795/14, juris) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Entscheidung der Großen Kammer v. 4.11.2014, Tarakhel, Nr. 29217/12) geben für den Fall des volljährigen Antragstellers, der als junger Alleinreisender nicht zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, nichts her. Systemische Mängel in Italien werden in diesen Entscheidungen gerade nicht festgestellt. Beide Gerichte haben vielmehr unter Hervorhebung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern die Auffassung vertreten, eine Überstellung nach Italien bedürfe einer vorherigen Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden, dass die jeweils betroffenen Asylsuchenden in Italien in einer der besonderen Situation von Kindern gerecht werdenden Einrichtung gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht werden. Diese Entscheidungen, selbst wenn man etwa die Entscheidung des EGMR als Hinweis auf einen systembedingten Mangel der Aufnahmebedingungen in Italien für eine bestimmte Personengruppe verstehen wollte, treffen für den Fall des Klägers indes keine Aussage. So hat auch der EGMR (Entscheidung der Dritten Kammer v. 5.2.2015, A.M.E against the Netherlands, Nr. 51428/10) für einen 21 Jahre alten Mann entschieden, dass eine Verletzung in dem Recht aus Art. 3 EMRK bei Rückkehr nach Italien nicht zu befürchten ist.

10

Nichts anderes folgt aus dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, Urt. v. 26.9.2016, 16 A 1757/15 As SN, juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom (OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris). Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich v. 2.8.2016 und v. 29.9.2016). Danach waren in Italien mit Stand 27. Juli 2016 139.207 Personen untergebracht, davon 1.016 in Hotspots, 13.572 in Erstaufnahmezentren, 104.248 in temporären Strukturen (meist durch NGO´s und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 20.371 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Mit Stand 26. September 2016 waren 160.030 Personen untergebracht, davon 980 in Hotspots, 13.377 in Erstaufnahmezentren, 123.481 in temporären Strukturen und 22.192 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Soweit der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe darauf verweist, dass Personen Obdachlosigkeit drohe, weil ein Anspruch auf Unterbringung in einem Aufnahmezentrum nicht mehr besteht, wenn dieses ohne Genehmigung verlassen wurde, so begegnet dies keinen Bedenken, weil dieser Umstand an ein von den jeweils Betroffenen zu vertretendes Verhalten anknüpft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Wiederaufnahme mit Genehmigung der Präfektur gewährt werden kann und in Gemeinden ausweislich des Berichts Informationsschalter bestehen, an denen Unterkunftsplätze auf Gemeindeebene vermittelt werden können. Im Übrigen folgt aus dem Bericht, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet.

11

2. Die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ist voraussichtlich ebenfalls rechtmäßig. Der Antragsteller kann sich auf zielstaatsbezogene – bezogen auf Italien – oder inlandsbezogene Abschiebungsverbote, die in Bezug auf die Abschiebungsanordnung gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht werden können (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 31.5.2011, A 11 S 1523/11, juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2010, 4 Bs 223/10, juris), nicht berufen. Er hat insofern weder etwas vorgebracht noch gibt es sonstige Anhaltspunkte hierfür.

12

3. Ob die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 6 Monate rechtmäßig ist, kann dahinstehen. Denn die Rechtmäßigkeit der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots, wirkt sich nur dann auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebung aus, wenn der Antragsteller ausnahmsweise einen Anspruch auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf „Null“ hätte, wenn damit also auch die Ausreiseverpflichtung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG entfiele (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.3.2014, 1 C 2/13, juris). Umstände, die einen solchen Anspruch begründen könnten, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Für den Fall von zu lang bemessenem Einreise- und Aufenthaltsverbot ist es dem Antragsteller zuzumuten, auszureisen und einen ggf. erforderlichen Rechtsstreit vom Ausland aus zu führen.

II.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

III.

14

Der Prozesskostenhilfeantrag ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch gemessen an dem im Prozesskostenhilfeverfahren zu Gunsten des Antragstellers anzulegenden großzügigen Maßstab, der lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraussetzt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2016, 1 So 42/16, juris), aus den unter I. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO.

Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 im Dorf Baba, Bezirk Jaghuri, Provinz Ghazni, geboren wurde, ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger. Er reiste am 25. April 2011 ins Bundesgebiet ein. Am 12. Mai 2011 stellte er Asylantrag. Bei der Vorprüfung stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF - Bundesamt) anhand von Eurodac-Daten (Nr. IT1BZ017F6) fest, dass der Kläger am 7. November 2008 bereits in Bozen (Italien) einen Asylantrag gestellt hatte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2011 gab der Kläger Folgendes an: Er sei Ende 2007 aus Afghanistan ausgereist und dann über Iran, Türkei und Griechenland nach Italien gelangt. Dort sei er Ende 2008 angekommen. Anfang 2011 sei er nach Griechenland abgeschoben worden. Im April 2011 sei er dann von Athen aus nach München geflogen. Während seines Aufenthalts in Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt. In Italien habe er zwar Asylantrag gestellt, es sei aber nicht zu einer Anhörung gekommen. Die italienischen Behörden hätten festgestellt, dass er bereits in Griechenland seine Fingerabdrücke abgegeben habe, weswegen er dann von Italien aus nach Griechenland abgeschoben worden sei. Er sei aus Angst vor Bedrohung aus Afghanistan geflüchtet. Ein Soldat der afghanischen Streitkräfte habe seine Schwester vergewaltigt. Diese habe später aufgrund der dadurch erlittenen Schande Selbstmord begangen. Danach sei er selbst in den Verdacht geraten, seine Schwester wegen der Familienehre umgebracht zu haben. Er sei dann von dem betreffenden Soldaten geschlagen und verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen sei er zunächst nach Kandahar ausgewichen. Dort habe er erfahren, dass ein Bruder von ihm den Vergewaltiger getötet habe. Da dieser ein Soldat gewesen sei, habe er Angst davor bekommen, staatlich verfolgt zu werden. Außerdem habe er auch Angst vor dessen Angehörigen gehabt.

Das Bundesamt erließ am 26. Juli 2011 folgenden Bescheid:

1. Der Asylantrag ist unzulässig.

2. Die Abschiebung nach Italien wird angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass Italien gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-Verordnung zuständig sei. Es sei am 29. April 2011 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-II-VO an Italien gerichtet worden; dieses sei von den italienischen Behörden aber nicht fristgerecht beantwortet worden. Infolge dessen sei Italien am 14. Mai 2011 durch Zustimmungsfiktion zuständig geworden. Deshalb sei der Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2011 übersandt.

Das Landratsamt F.-G. als Ausländerbehörde terminierte die zwangsweise Überstellung des Klägers nach Rom (Italien) auf den 8. September 2011.

Auf Antrag des Klägers erließ das Verwaltungsgericht Regensburg (RN 9 E 11.30436) am 7. September 2011 nach § 123 VwGO folgenden Beschluss:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung des Klägers nach Italien vorläufig auszusetzen und die zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu unterrichten.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die auf die Aufhebung des Bundesamtsbescheids und die Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ab (RN 9 K 11.30445). In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das hier als reine Anfechtungsklage auszulegende Rechtsschutzbegehren zwar zulässig, aber unbegründet sei. Nach Art. 10 VO (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) sei zwar eigentlich Griechenland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, aber eine Überstellung dorthin scheide angesichts der nach wie vor unzumutbaren Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aus. Somit sei nach Art. 13 Dublin-II-VO Italien als erster Mitgliedstaat zuständig, in dem der (bisher nicht geprüfte) Asylantrag gestellt worden sei. Nach Art. 20 Dublin-II-VO sei Italien zur Wiederaufnahme verpflichtet. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch mache. Nach der heutigen Auskunftslage sei nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Fall seiner Rücküberstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Verelendung drohen würde. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass die italienischen Behörden erneut eine Weiterverschiebung des Klägers nach Griechenland betreiben würden. Zuständig für den Kläger sei die Quästur in Bozen gewesen. Gerade in Norditalien seien aber die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht ausgeschöpft.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 30. September 2013, dem Kläger zugestellt am 8. Oktober 2013, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (13a ZB 13.30079).

In der am 8. November 2013 eingereichten Berufungsbegründung macht der Kläger folgendes geltend: Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Der Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin-II-VO sei hier nicht einschlägig, da Griechenland als zuständiger Mitgliedstaat feststehe, wenngleich eine Rückführung dorthin unzumutbar und derzeit undurchführbar sei. Außerdem sei das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 29. April 2011 nicht ordnungsgemäß ergangen. Nach Art. 18 und Art. 20 Dublin-II-VO sowie nach Art. 21 und Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) hätten neben den dort genannten Beweismitteln auch die Erklärungen des Klägers dem Ersuchen beigefügt werden müssen. Das vom Bundesamt verwendete kurze Standardformular sei für den vorliegenden Fall unzulänglich gewesen. Außerdem habe das Bundesamt die in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO normierten kurzen Fristen für ein Aufnahmeersuchen überschritten. Das hier bewusst fehlerhaft gestellte Ersuchen sei eine Täuschungshandlung und folglich unwirksam. Aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO und Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe sich ein subjektives Recht auf sachgerechte Zuständigkeitsprüfung. Im Übrigen müsse die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Asylsystem von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass in Italien ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährleistet sei. Darüber hinaus seien in Italien die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden nicht sichergestellt. Das Asylsystem Italiens sei völlig überlastet. Nach den Erkenntnissen von UNHCR liege die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Asylsuchenden im Durchschnitt bei ca. 5.000 Personen. Es sei davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien nur sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt worden sei, solange der Zeitraum von sechs Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten der Einrichtungen nicht überstiegen. Derzeit sei allerdings davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Verfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne. Außerdem gebe es Berichte darüber, dass von den im Dublin-System rückgeführten Personen nur etwa 12% im staatlichen Aufnahmesystem unterkämen, die Übrigen aber obdachlos seien. Die vielfach vorzufindenden Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge in besetzten Häusern, Slums und auf der Straße seien unwürdig. Die Wartezeit, um überhaupt einen Platz in einem kommunalen Unterbringungszentrum zu erhalten, betrage etwa drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit seien die Betroffenen faktisch obdachlos. Aufgrund dieser Umstände wäre bei einer Abschiebung eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta zu befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2011 unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - Rs. C-4/11) verleihe die Dublin-II-VO dem Asylbewerber keinen Anspruch darauf, dass er von einem Mitgliedstaat die Prüfung seines Antrags verlangen kann, wenn dieser Staat ihn aufgrund der Gefahr einer Verletzung seiner Grundrechte nicht an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat überstellen könne. Die Situation der Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers führe nicht zur Verpflichtung des Selbsteintritts auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Falls der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel ausscheide, stehe zunächst lediglich fest, dass die Beklagte dorthin nicht überstellen dürfe. Daher sei die Prüfung auf der Basis der Dublin-Kriterien in der vorgesehenen Reihenfolge fortzusetzen, d. h. auch Art. 13 Dublin-II-VO als Auffangtatbestand heranzuziehen. Das italienische Asylverfahren weise entgegen der Auffassung des Klägers keine systemischen Mängel auf. Im Übrigen sei nochmals klarzustellen, dass bei dem Kläger ein Kategorie 1-Treffer für Italien vorliege (Asylantrag am 7.11.2008) und die italienischen Behörden hinsichtlich des Klägers somit vom Bundesamt nicht getäuscht worden seien. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, den italienischen Behörden mitzuteilen, was in deren eigenen Akten stehe, wie z. B. hier die bereits erfolgte frühere Überstellung des Klägers nach Griechenland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg (§ 125 Abs. 1, § 128 Abs. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblichen Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 26. Juli 2011 ist statthaft.

Die Feststellung des Bundesamts, dass der Asylantrag unzulässig ist, und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG (zum Begriff der regelnden Feststellung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 35 Rn. 51). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Asylrechtsklagen in aller Regel davon auszugehen, dass der jeweilige Kläger das für ihn typischerweise weitestgehende Rechtsschutzziel mit den für ihn jeweils günstigsten Rechtsschutzformen anstrebt. Dies bedeutet, dass eine sog. isolierte Anfechtungsklage regelmäßig so auszulegen ist (§ 88 VwGO), dass ein solcher Antrag nur zusammen mit den Hilfsanträgen auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und/oder als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (a. F.) und auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz als gestellt anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist bei einem Bescheid, welcher eine negative Feststellung enthält, möglich, wenn der Kläger bewusst nur einen isolierten Anfechtungsantrag gestellt hat und dies auch in Ansehung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen ein sinnvolles Klageziel ist (BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - BVerwGE 127, 161). Im vorliegenden Fall wäre die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte sinnvoll, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 5). Außerdem ginge dem Kläger ansonsten eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = NVwZ 1996, 80). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier somit nicht in Betracht.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Der Kläger kann geltend machen, durch die vom Bundesamt getroffene Feststellung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Normen der Dublin-II-VO eigentlich organisatorische Vorschriften, welche die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln und u. a. den Zweck haben, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen; gleichwohl kann ein Asylbewerber im Rahmen des nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin-II-VO garantierten Rechtsschutzes geltend machen, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208 Rn. 56 ff.).

Die Klage ist aber unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Auch wenn mittlerweile die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) gemäß Art. 49 Abs. 1 dieser Verordnung am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist für sog. „Altanträge“ wie den vorliegenden nach wie vor die Dublin-II-VO anzuwenden (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 13). Für einen Antrag auf internationalen Schutz i. S. v. Art. 2 Buchst. d Dublin-II-VO, der vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO, also vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung.

Das Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung dient zuerst allein dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin-II-Verordnung ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 1, 2, 3, 4 und 16). Im Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung steht deshalb allein die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

Gemessen hieran ist der beim Bundesamt gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil der Mitgliedstaat Italien nach Art. 13 Dublin-II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin-II-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 Dublin-II-VO wieder aufzunehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-VO wird davon ausgegangen, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn - wie im vorliegenden Fall - innerhalb einer Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt worden ist. Entsprechend der Konzeption der Dublin-II-Verordnung hat das Bundesamt zu Recht den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet.

Für die Beklagte ergibt sich aus Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine Zuständigkeit. Die am 12. Mai 2011 erteilte Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründet die Zuständigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Dublin-II-VO nicht (Asylbewerber mit gültigem Aufenthaltstitel), weil diese Vorschrift nach Art. 2 Buchst. j Dublin-II-VO nicht für Aufenthaltstitel gilt, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist erteilt wurden. Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO ist nicht einschlägig. Zwar hatte der Kläger die Luftgrenze der Bundesrepublik Deutschland illegal überschritten, er kam hierbei aber nicht aus einem Drittstaat, sondern aus einem Mitgliedstaat (Griechenland).

Aus der Feststellung, dass der Kläger ursprünglich (2008) aus einem Drittstaat (Türkei) kommend die Grenze Griechenlands illegal überschritten hatte, ergibt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO die Erstzuständigkeit der Hellenischen Republik. Eine Abschiebung dorthin käme allerdings nicht in Betracht, weil die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre und Obdachlosigkeit drohen würde. Infolge dessen wäre eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK gegeben (EGMR, E. v. 21.1.2011 - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Da sich aus den übrigen Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, ist nach der Generalklausel des Art. 13 Dublin-II-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Dies ist hier die Italienische Republik (Italien). Ausweislich der Bundesamtsakte (Bl. 50) hat der Kläger dort im November 2008 den Asylantrag gestellt. Trotz der Erkenntnis, dass nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO eigentlich von der vorrangigen Zuständigkeit Griechenlands auszugehen wäre, scheidet der Ersteintritt als Anknüpfungskriterium hier aus, weil eine Abschiebung dorthin unzumutbar wäre, da das Asylwesen in Griechenland derzeit an sog. systemischen Mängeln leidet (vgl. EGMR, E. v. 21.1.2011 a. a. O.). Art. 13 Dublin-II-VO greift auch dann, wenn sich aus den Kriterien des Kapitels III zwar eine anderweitige Zuständigkeit ergibt, eine Überstellung des Antragstellers dorthin aber nicht möglich ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat hat als solche nicht zur Folge, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C- 4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 37).

Das vom Bundesamt an die italienische Dublin-Einheit (Unità Dublino) gerichtete Wiederaufnahmegesuch entspricht den Anforderungen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 (Durchführungsbestimmungen zur Dublin-II-VO). Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Übernahmegesuch i. S. v. Art. 17 Dublin-II-VO, sondern ein Wiederaufnahmegesuch i. S. v. Art. 20 Dublin-II-VO vor, da die Zuständigkeit nicht erst noch geklärt werden musste, sondern schon feststand (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 K4 und K5). Da der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte, geht es hier nicht um eine Aufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin-II-VO, sondern um eine Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c und d Dublin-II-VO (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 9). Das Bundesamt hat entsprechend Art. 2 der Durchführungsbestimmungen das vorgeschriebene Formblatt verwendet. Dieses umfasst auch das Ergebnis des Vergleichs der Fingerabdrücke (Hinweis auf die Eurodac-Nummer mit italienischer Kennung). Außerdem hat das Bundesamt unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ darauf hingewiesen, dass am 7.11.2008 in „Bolzano/Italy“ schon einmal Asyl beantragt worden sei (s. Bl. 5 der Bundesamtsakte). Die Rüge des Klägers, das Bundesamt habe die italienische Dublin-Behörde absichtlich getäuscht, geht fehl. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten könnten, falls der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthält (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, a. a. O. Art. 19 K11), hat sich hier nicht gestellt.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Alt. 2 Dublin-II-VO erst nach der (rechtskräftigen) Entscheidung über den Rechtsbehelf zu laufen, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F.). Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht Regensburg den Vollzug der Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. September 2011 vorläufig ausgesetzt hat. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Sechs-Monats-Frist erst zu laufen beginnen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass die Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO diese Frist nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird (EuGH, U. v. 21.9.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639). Die Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt hier folglich nicht zum Tragen (so auch OVG LSA, U. v. 2.10.2013 a. a. O.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO (sog. Selbsteintrittsrecht).

Wenn ein Mitgliedstaat der Aufnahme des betreffenden Asylbewerbers - wie im vorliegenden Fall - zugestimmt (bzw. nicht geantwortet hat), so kann der Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394.12 - NVwZ 2014, 208).

Ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) stützt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (grundlegend: U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 75 ff.) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Das gemeinsame europäische Asylsystem wurde dem Gerichtshof zufolge in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, das die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin-II-Verordnung genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte der Asylbewerber nachkommen können, obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK (s. neuerdings BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 Rn. 9 - darauf abstellend, dass sich solche Mängel wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen).

Gemäß diesen Grundsätzen besteht für die Beklagte keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann der Kläger allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, § 27a Rn. 52). Das Ermessen verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung zum Selbsteintritt, wenn der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel außer Betracht bleiben muss und keine anderweitige Zuständigkeit eines Mitgliedstaats besteht (ders., a. a. O. Rn. 68). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen, wenn ansonsten Grundrechte - hier: Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 und Recht auf Asyl nach Art. 18 GR-Charta - des Asylbewerbers verletzt wären (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11- NVwZ 2014, 129).

Der Senat ist auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-II-Rückkehrern in Italien zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nicht ernsthaft zu befürchten ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan- Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regionallokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ … has not shown that … future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E. v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn. 43 ff., 78; B. v. 18.6.2013 - Nr. 53852/11 - ZAR 2013, 338; E. v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc.echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).

Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).

Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderlineeurope e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderlineeurope (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in einer SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E. v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.

Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostatpressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.

Die Annahme von borderlineeurope (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderlineeurope zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen Roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in Rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderlineeurope beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.

Außerdem sprechen die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gegen die Annahme, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr der Obdachlosigkeit und des Hungerns ausgesetzt wäre. Da ursprünglich die Quästur Bozen für seinen Asylantrag zuständig war, ist anzunehmen, dass er im Fall der Rückkehr nach Italien dorthin weitergeleitet werden würde. Gemäß den bisherigen, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind in Norditalien die Unterbringungskapazitäten noch nicht ausgeschöpft, so dass dort ohnehin nicht mit einer Mangelsituation zu rechnen wäre.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Stellungnahme von UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig (24.4.2012) führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die darin geäußerten Bedenken, dass die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen häufig unzureichend sei (Buchstabe vii) und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Asylsuchende, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden und dort zuvor keinen formalen Asylantrag gestellt hatten, keinen sofortigen Zugang zur Aufnahmebedingungen erhielten (ix), treffen auf die Umstände des vorliegenden Falls nicht zu.

Für die Befürchtung des Klägers, er würde im Fall der Abschiebung nach Italien ohne Durchführung eines Asylverfahrens sogleich nach Griechenland weitergeschoben werden, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt (vgl. UNHCR v. 24.4.2012, a. a. O. zu 4.). Der Vortrag des Klägers, er sei etwa im Jahr 2010 von der Polizei in Bozen bei einer Vorsprache zwecks Erteilung eines Monatsausweises festgenommen und anschließend in einem versperrten Schiffsraum nach Griechenland verbracht worden, vermag die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht zu begründen.

Die hier vertretene Einschätzung, dass das italienische Asylwesen nicht an systemischen Mängeln leidet, wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG Rh-Pf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13. OVG - juris; NdsOVG, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris).

Die Befugnis zur Anordnung der Abschiebung ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 30. Juli 2014 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Instanzen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Der Antrag vom 18. Oktober 2016, die aufschiebende Wirkung der Klage 9 A 5886/16 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. September 2016 anzuordnen, wird abgelehnt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Der nach § 34a Abs. 2 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung überwiegt nicht das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 21. September 2016. Denn die Abschiebungsanordnung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt den Antragsteller deshalb nicht in seinen Rechten.

2

Die Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt, sofern der Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht, § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG.

3

Die Abschiebung des Antragstellers nach Italien ist rechtlich zulässig und tatsächlich möglich:

4

1. Für die Durchführung des Asylverfahrens ist nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31 – Dublin III-VO), nicht die Antragsgegnerin, sondern der italienische Staat zuständig (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 lit. a AsylG). Nach der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. die Urteile der Großen Kammer des EuGH v. 7.6.2016, C-63/15 und C-155/15, beide juris) hat ein Asylsuchender im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Anspruch auf Prüfung der fehlerfreien Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den in Kapitel III der Dublin III-VO aufgeführten Kriterien.

5

a) Italien ist nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz. Denn der Antragsteller ist nach seinen eigenen Angaben von Afghanistan aus im Mai 2016 nach Italien gelangt, hielt sich dort etwa drei Tage auf und wurde erkennungsdienstlich behandelt. Dies bestätigt ein entsprechender EURODAC-Treffer der Kategorie 2.

6

b) Auf das Aufnahmegesuch der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2016 hat Italien nach Aktenlage nicht reagiert. Nach Art. 22 Abs. 7 i. V. m. Abs. 1 Dublin III-VO ist davon auszugehen, dass dem Aufnahmegesuch stattgegeben wird, wenn innerhalb einer Frist von zwei Monaten, nachdem der ersuchte Mitgliedstaat mit dem Gesuch befasst wurde, keine Antwort erteilt wird. Damit ist Italien seit dem 14. September 2016 zuständig.

7

c) Die Zuständigkeit ist nicht nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen. Nach dieser Vorschrift wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zuständig, wenn keine Überstellung an einen anderen Mitgliedstaat erfolgen kann. Die Überstellung nach Italien ist indes nicht unmöglich, denn es bestehen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen.

8

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschl. v. 19.3.2014, 10 B 6/14, juris) liegen systemische Mängel vor, wenn es sich um Defizite handelt, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedsstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Dabei müssen das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sein, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war (BVerwG, Beschl. v. 6.6.2014, 10 B 35/14, juris). Derartige individuelle Erfahrungen sind vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung vorliegen. Eine tragfähige Grundlage für die Annahme systemischer Mängel dürfte jedenfalls dann vorliegen, wenn hierfür kompetente Stellen wie der UNHCR und das EASO (Europäisches Unterstützungsbüro für Asylfragen, errichtet durch die Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 132 v. 29.5.2010, S. 11) derartige Mängel feststellen (VG Hamburg, Urt. v. 3.3.2015, 10 A 4414/14, n. v.; s. auch die Erwägungsgründe 22 und 23 sowie Art. 33 der Dublin III-VO).

9

Gemessen hieran sind Anhaltspunkte für das Vorliegen systemischer Schwachstellen in Italien weder substantiiert dargelegt noch sonst ersichtlich (vgl. dazu ausführlich OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris; Urt. v. 7.7.2016, 13 A 2238/15.A, juris; ebenso Bundesverwaltungsgericht Österreich, Spruch v. 14.12.2015, W153 2116055-1/7E). Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (v. 17.9.2014, u.a. 2 BvR 1795/14, juris) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, Entscheidung der Großen Kammer v. 4.11.2014, Tarakhel, Nr. 29217/12) geben für den Fall des volljährigen Antragstellers, der als junger Alleinreisender nicht zu einer besonders schutzwürdigen Gruppe gehört, nichts her. Systemische Mängel in Italien werden in diesen Entscheidungen gerade nicht festgestellt. Beide Gerichte haben vielmehr unter Hervorhebung der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern die Auffassung vertreten, eine Überstellung nach Italien bedürfe einer vorherigen Zusicherung der zuständigen italienischen Behörden, dass die jeweils betroffenen Asylsuchenden in Italien in einer der besonderen Situation von Kindern gerecht werdenden Einrichtung gemeinsam mit ihren Eltern untergebracht werden. Diese Entscheidungen, selbst wenn man etwa die Entscheidung des EGMR als Hinweis auf einen systembedingten Mangel der Aufnahmebedingungen in Italien für eine bestimmte Personengruppe verstehen wollte, treffen für den Fall des Klägers indes keine Aussage. So hat auch der EGMR (Entscheidung der Dritten Kammer v. 5.2.2015, A.M.E against the Netherlands, Nr. 51428/10) für einen 21 Jahre alten Mann entschieden, dass eine Verletzung in dem Recht aus Art. 3 EMRK bei Rückkehr nach Italien nicht zu befürchten ist.

10

Nichts anderes folgt aus dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Aufnahmebedingungen in Italien, Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien, abrufbar unter: https://www.fluechtlingshilfe.ch/assets/news/2016/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen-final.pdf) vom August 2016 (ebenso VG Schwerin, Urt. v. 26.9.2016, 16 A 1757/15 As SN, juris). Auch der genannte Bericht liefert keine Hinweise darauf, dass Italien zur Bewältigung der Probleme durch die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen ergreift. Vielmehr reagiert Italien gerade im Bereich der Unterbringung von Asylsuchenden sehr flexibel auf den steigenden Zustrom (OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2448/15.A, juris). Dies bestätigen auch die von der Österreichischen Botschaft Rom dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich übermittelten Zahlen über die in Italien in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen, die auf Auskünften des italienischen Innenministeriums beruhen (Länderreport von Österreich v. 2.8.2016 und v. 29.9.2016). Danach waren in Italien mit Stand 27. Juli 2016 139.207 Personen untergebracht, davon 1.016 in Hotspots, 13.572 in Erstaufnahmezentren, 104.248 in temporären Strukturen (meist durch NGO´s und Private mit staatlicher Förderung zur Verfügung gestellt) und 20.371 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Mit Stand 26. September 2016 waren 160.030 Personen untergebracht, davon 980 in Hotspots, 13.377 in Erstaufnahmezentren, 123.481 in temporären Strukturen und 22.192 in staatlicher Betreuung (SPRAR). Soweit der Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe darauf verweist, dass Personen Obdachlosigkeit drohe, weil ein Anspruch auf Unterbringung in einem Aufnahmezentrum nicht mehr besteht, wenn dieses ohne Genehmigung verlassen wurde, so begegnet dies keinen Bedenken, weil dieser Umstand an ein von den jeweils Betroffenen zu vertretendes Verhalten anknüpft. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine Wiederaufnahme mit Genehmigung der Präfektur gewährt werden kann und in Gemeinden ausweislich des Berichts Informationsschalter bestehen, an denen Unterkunftsplätze auf Gemeindeebene vermittelt werden können. Im Übrigen folgt aus dem Bericht, dass das italienische Sozialsystem die Deckung der Elementarbedürfnisse hinsichtlich Unterkunft, Nahrung, Hygiene und medizinischer Versorgung in noch ausreichender Weise gewährleistet.

11

2. Die Feststellung, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ist voraussichtlich ebenfalls rechtmäßig. Der Antragsteller kann sich auf zielstaatsbezogene – bezogen auf Italien – oder inlandsbezogene Abschiebungsverbote, die in Bezug auf die Abschiebungsanordnung gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht werden können (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 31.5.2011, A 11 S 1523/11, juris; OVG Hamburg, Beschl. v. 3.12.2010, 4 Bs 223/10, juris), nicht berufen. Er hat insofern weder etwas vorgebracht noch gibt es sonstige Anhaltspunkte hierfür.

12

3. Ob die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 6 Monate rechtmäßig ist, kann dahinstehen. Denn die Rechtmäßigkeit der Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots, wirkt sich nur dann auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebung aus, wenn der Antragsteller ausnahmsweise einen Anspruch auf Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf „Null“ hätte, wenn damit also auch die Ausreiseverpflichtung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG entfiele (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.3.2014, 1 C 2/13, juris). Umstände, die einen solchen Anspruch begründen könnten, hat der Antragsteller nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Für den Fall von zu lang bemessenem Einreise- und Aufenthaltsverbot ist es dem Antragsteller zuzumuten, auszureisen und einen ggf. erforderlichen Rechtsstreit vom Ausland aus zu führen.

II.

13

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.

III.

14

Der Prozesskostenhilfeantrag ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch gemessen an dem im Prozesskostenhilfeverfahren zu Gunsten des Antragstellers anzulegenden großzügigen Maßstab, der lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraussetzt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 28.7.2016, 1 So 42/16, juris), aus den unter I. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen einen Bescheid, mit dem die Beklagte unter Androhung der Abschiebung nach Bulgarien festgestellt hat, dass ihnen in Deutschland kein Asylrecht zusteht.

2

Die Kläger sind eigenen Angaben zufolge Syrer. Sie tragen vor dass sie Syrien im Oktober 2013 verlassen und über die Türkei zunächst nach Bulgarien gereist seien, wo sie sich nach ihren Angaben acht Monate lang aufhielten. Auf ihren in Bulgarien gestellten Asylantrag wurde ihnen dort am 14. April 2014 der Flüchtlingsstatus zuerkannt. Etwa zwei Monate später reisten sie mit ihren bulgarischen Reiseausweisen für Flüchtlinge weiter und gelangten am 18. Juni 2014 nach Deutschland, wo sie an der Grenze in einem Kleinbus von der Polizei angehalten wurden. Bei der Vernehmung des Klägers zu 1) durch die Polizei ... gab er zunächst an, mit seiner Familie …, für fünf Tage besuchen zu wollen, räumte dann aber nach weiterer Befragung ein, in Deutschland bleiben zu wollen und dass sie vorhätten, auch in Deutschland einen Asylantrag zu stellen. Auf die Frage, wie sie in Bulgarien lebten, antwortete er, sie hätten eine 3-Zimmer-Wohnung von der Stadt erhalten. Die Wohnung hätten sie seit ca. drei Monaten. Sie hätten in Bulgarien gut gelebt und seien zufrieden gewesen. Es sei aber ein armes Land. Seine Kinder seien alle in die Schule gegangen. Sie seien mit den Ärzten zufrieden gewesen. Auf die weitere Frage, wo sie sich in Bulgarien befunden hätten, erklärte der Kläger zu 1), dass sie sich in einem Dorf in einem Flüchtlingslager „Harmony“ (gemeint ist wohl Harmanli) befunden hätten. Zuerst hätten sie sich in Haft in einer Sammelunterkunft befunden. In „Harmony“ hätten sie ca. einen Monat gelebt. Dann hätten sie eine „Gratis Wohnung“ in Sofia und Reisepässe bekommen. Zur Arbeitssituation in Bulgarien befragt gab er an, dass es genügend Arbeit gebe, er aber nicht gearbeitet habe. Er habe das Camp nicht verlassen dürfen, bis er einen Pass bekommen habe. Ferner berichtete er, dass es in Bulgarien „schon gut“ sei, die Menschen dort seien aber sehr arm. Sie hätten kein Geld bekommen. Er habe ca. 3.000 € Bargeld bei sich. Dieses Geld stamme aus dem Verkauf seiner Schafe, einer Pistole und dem Goldschmuck seiner Frau. in Deutschland habe die Fahrt von Bulgarien nach Deutschland für sie organisiert und bezahlt.

3

Am 30. Juni 2014 stellten sie Asylanträge bei der Beklagten. Sie gaben in einem Fragebogen unter anderem an, in keinen anderen Staat überstellt werden zu wollen.

4

Eine Prüfung der Beklagten am 1. August 2014 ergab in der Eurodac-Kartei einen Treffer für Bulgarien. Die Beklagte hörte die Kläger am 13. August 2014 zu ihrem Asylantrag an. Sie erklärten unter anderem, wegen des Bürgerkrieges aus Syrien geflohen zu sein und in Bulgarien politisches Asyl erhalten zu haben. Sie seien Yeziden, die von der Al-Nusra Front und der Freien Syrischen Armee verfolgt und getötet worden seien. Später seien die Daash gekommen und hätten alle Yeziden verfolgt. Mit der Assad-Regierung hätten sie keine Probleme gehabt. Bald nach Beginn des Bürgerkrieges habe die Regierung dort wo sie wohnten aber keine Macht mehr gehabt. Sie seien von Bulgarien nach Deutschland gekommen, weil sie hier viele Verwandte hätten.

5

Die Beklagte richtete am 12. September 2014 ein Wiederaufnahmegesuch an den bulgarischen Staat und erhielt am 25. September 2014 - sowie ergänzend am 19. Januar 2015 - die Antwort, dass die Kläger in Bulgarien den Status als Flüchtlinge erhalten hätten. Eine Aufnahme der Kläger nach dem Dublin III-Abkommen könne daher nicht Platz greifen. Es könne aber ein Antrag nach dem Rückübernahmeabkommen bei der Grenzpolizei in Sofia gestellt werden.

6

Mit Bescheid vom 7. November 2014, der den Klägern eine Woche später, am 14. November 2014, zugestellt wurde, stellte die Beklagte unter Ziffer 1. fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und ordnete unter Ziffer 2. zunächst ihre Abschiebung nach Bulgarien an. Zur Begründung führte sie aus, dass die Kläger aus einem sicheren Drittstaat eingereist seien und sich deshalb nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen könnten. Die Ausnahmen des § 26a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG lägen nicht vor. Über die Voraussetzungen zur Gewährung internationalen Schutzes und das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG sei nach § 31 Abs. 4 AufenthG nicht zu entscheiden. Die Abschiebungsanordnung beruhe auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.

7

Hiergegen haben die Kläger am 21. November 2014 Klage zum Az. 16 A 5546/14 erhoben, ohne sie zu begründen.

8

Die Kläger beantragen,

9

den Bescheid vom 7. November 2014 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren durchzuführen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Zur Begründung bezieht sie sich auf die angefochtene Entscheidung.

13

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 hat die Beklagte die mit Bescheid vom 7. November 2014 unter Ziffer 2. ausgesprochene Abschiebungsanordnung aufgehoben und den Klägern stattdessen die Abschiebung nach Bulgarien angedroht. Dieser Bescheid wurde den Klägern am 30. November 2015 zugestellt.

14

Auch hiergegen haben die Kläger am 14. Dezember 2015 Klage zum Az. 16 A 6716/15 erhoben, ohne die Klage zu begründen.

15

Die Kläger beantragen,

16

den Bescheid vom 12. Oktober 2015 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Auch insoweit bezieht sie sich zur Begründung ihres Antrages auf die angefochtene Entscheidung.

20

Die Kammer hat mit Beschlüssen vom 3. November 2016 nach Anhörung der Beteiligten die Rechtsstreite auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

21

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2016 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Die Beklagte hat sich im Wege ihrer allgemeinen Prozesserklärungen (Stand: 24. März 2016) für alle erstinstanzlichen Streitsachen nach dem Asylgesetz, für die nicht ausdrücklich in der Schriftstückliste der Verfahrensakte des Bundesamtes vor der Zustellung des Bescheides eine „besondere Prozessbeobachtung“ verfügt wurde - was hier nicht der Fall ist -, mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.

22

Mit Beschluss vom 12. Dezember 2016 hat das Gericht das Verfahren zum Aktenzeichen 16 A 5546/14 aufgrund übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten eingestellt, als es die Regelung in Ziffer 2. des Bescheides vom 7. November 2014 betroffen hat. Mit weiterem Beschluss vom 13. Dezember 2016 hat das Gericht die Verfahren zu den Aktenzeichen 16 A 5546/14 und 16 A 6716/15 zu gemeinsamer Entscheidung unter dem ersten Aktenzeichen verbunden. Das verbundene Verfahren betrifft somit nur noch die durch Bescheid vom 7. November 2014 getroffene Feststellung, dass den Klägern in Deutschland kein Asylrecht zusteht, sowie die mit Bescheid vom 12. Oktober 2015 ausgesprochene Abschiebungsandrohung.

23

Dem Gericht haben die von der Beklagten geführten Sachakten bezüglich der Kläger vorgelegen. Auf dessen Inhalt sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

24

Die Entscheidung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Sie konnte gemäß § 76 Abs. 1 AsylG durch den Einzelrichter getroffen werden, da ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer übertragen worden ist.

II.

25

Soweit sich die Kläger gegen die in dem Bescheid vom 7. November 2014 getroffene Feststellung wenden, dass ihnen in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe, ist die Klage als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO zulässig (BVerwG, Urteil vom 27.10.2015 – 1 C 32.14), hat aber in der Sache keinen Erfolg (dazu 1.). Ebenso können sie mit ihrem gegen die Abschiebungsandrohung nach Bulgarien gerichteten Klageantrag nicht durchdringen (dazu 2.).

26

1. Die Regelung in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides vom 7. November 2014 ist nicht aufzuheben. Die Feststellung, dass den Klägern kein Asylrecht zusteht, ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

27

Die Beklagte hat dem Asylantrag der Kläger zu Recht nicht entsprochen. Die für die Entscheidung des Gerichts maßgebliche Rechtsgrundlage ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG in der seit dem 6. August 2016 geltenden Fassung. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz gewährt hat. Dies ist bei den Klägern der Fall. Ihnen wurde nämlich in dem EU-Mitgliedstaat Bulgarien der Flüchtlingsstatus gewährt, was eine Form des internationalen Schutzes nach dem Asylgesetz ist (dort Abschnitt 2, Unterabschnitt 2).

28

a) Obwohl die Beklagte den angefochtenen Bescheid vom 7. November 2014 auf § 26a AsylG gestützt hat, hat das Gericht seiner Entscheidung die neue Fassung des § 29 Abs. 1 AsylG zugrunde zu legen.

29

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens sind das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798) sowie das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl. I S. 162), beide zuletzt geändert durch Art. 5 und 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939), das am 6. August 2016 in Kraft getreten ist. Die Pflicht des Gerichts, das aktuelle Asylrecht anzuwenden, ergibt sich aus § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wonach die Rechtslage zu Grunde zu legen ist, die zu dem Zeitpunkt besteht, in dem die gerichtliche Entscheidung im schriftlichen Verfahren gefällt wird. Für die in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG geregelte Fallgruppe, dass dem Ausländer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union bereits internationaler Schutz gewährt worden ist, verdrängt diese neue Vorschrift die Regelung in § 26a Abs. 1 Sätze 1 und 2 AsylG zu Asylanträgen von Ausländern, die aus sicheren Drittstaaten eingereist sind. Die Anwendung des § 26a AsylG ist nach der Neufassung des § 29 AsylG in den von dieser neuen Vorschrift erfassten Fallgruppen nicht mehr möglich (OVG Münster, Urteile vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A – und vom 22.09.2016 – 13 A 2448/15.A -; OVG Berlin, Urteil vom 22.11.2016 – 3 B 2.16 -; VG Schleswig, Beschluss vom 09.09.2016 – 10 A 336/16 -, jeweils juris; Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 337, 340; andere Ansicht: OVG Saarlouis, Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 95/16 -; VGH Kassel, Urteil vom 4. November 2016 - 3 A 1292/16.A -, jeweils juris).

30

Mit der Neufassung des § 29 AsylG hat der Gesetzgeber zur besseren Übersichtlichkeit und Vereinfachung der Rechtsanwendung die möglichen Gründe für die Unzulässigkeit in einem Katalog zusammengefasst (BT-Drs. 18/8612, S. 51; BVerwG, Urteil vom 09.08.2016 – 1 C 6.16 -, juris). Diesem gesetzgeberischen Ziel ist bei der Auslegung Rechnung zu tragen. Die sinnvolle Vereinfachung und Bündelung kann nur erreicht werden, wenn die Vorschrift in § 29 AsylG als vorrangig betrachtet wird. Ohnehin war die Drittstaatenregelung in § 26a AsylG keine auf die Binnenmigration von Asylsuchenden und von anerkannt Schutzberechtigten in der Europäischen Union zugeschnittene Bestimmung und wies in diesem nunmehr von § 29 Abs. 1 AsylG n.F. erfassten Bereich in mehrfacher Hinsicht Friktionen auf (vgl. Bethke/Hocks, Asylmagazin 2016, S. 337, 339; Funke-Kaiser, Asylmagazin 2015, S. 148, 151), deren Abhilfe die Neuregelung dienen soll. Schließlich verdeutlicht die Bestimmung in § 29 Abs. 1 Nr. 3 AsylG, wonach ein Asylantrag unzulässig ist, wenn ein sicherer Drittstaat gemäß § 26a AsylG bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, dass diese Drittstaatenregelung in dem Anwendungsbereich des § 29 AsylG und nicht gelöst von dieser Regelung zur Anwendung kommen soll.

31

Demgegenüber folgt das Gericht nicht dem Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 95/16 -, juris), das in der fraglichen Fallkonstellation die Drittstaatenregelung in § 26a AsylG weiterhin anwendet und der Bestimmungen in § 29 AsylG n.F. nur deklaratorische Bedeutung beimisst. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts war indes bereits geklärt, dass die Geltendmachung internationalen Schutzes schon nach § 60 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 3 AufenthG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (BGBl. I S. 3474) unzulässig gewesen ist, wenn der Betreffende bereits außerhalb des Bundesgebiets als Flüchtling im Sinne des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist (Urteil vom 17.06.2014 – 10 C 7/13 -, BVerwGE 150, S. 29 ff., zit. nach juris). Ein Rückgriff auf die Rechtsfolge in § 26a Abs. 1 AsylG ist insofern nicht erforderlich. Eine Begründung, weshalb das Obergericht nicht die aktuell gültige Fassung des Asylgesetzes - also allein § 29 Abs. 1 AsylG - als maßgebliche Rechtsgrundlage herangezogen hat, wie es die Bestimmung in § 77 Abs. 1 AsylG eigentlich vorgibt, ist dem genannten Urteil nicht zu entnehmen.

32

Auch dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 4. November 2016 - 3 A 1292/16.A -, juris) vermag das Gericht nicht zu folgen. Einleitend mit den Worten, „zu dem Begehren des Klägers, (…) ein Asylverfahren durchzuführen, hat Folgendes zu gelten:“, zieht dieses Obergericht die Bestimmung in § 60 Abs. 1 Satz 1 bis 3 AufenthG als maßgebliche Vorschrift heran. Die normative Anknüpfung für die Frage, ob ein Asylantrag als unzulässig zu behandeln ist, wird nach der Einführung der speziellen Vorschrift in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG nicht mehr im Aufenthaltsgesetz gesucht werden können. Der Regelungsgehalt des § 60 Abs. 1 AufenthG beschränkt sich durch die mit Einführung des § 29 AsylG angestrebte „Bündelung“ der betreffenden Regelungsmaterie im Wesentlichen darauf, die Zuständigkeit für den asylrechtlichen Verfolgungsschutz beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, in Abgrenzung zur Zuständigkeit der Ausländerbehörden, zu konzentrieren und dadurch ein Wahlrecht zwischen asyl- oder lediglich ausländerrechtlichem Verfolgungsschutz auszuschließen (vgl. Koch in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 2016, § 60 AufenthG Rn. 21). Darlegungen zur Rechtsgrundlage des Bescheides nach Änderung des Asylgesetzes durch Art. 5 und 6 des Integrationsgesetzes vom 31. Juli 2016 weist das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs nicht auf. Die Neuregelung, die auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.06.2014 – 10 C 7/13 -, juris) fußt, wird in den Entscheidungsgründen nur einmal erwähnt, indem es lapidar heißt, „hinsichtlich der Unzulässigkeitsregelungen in § 29 AsylG n.F. kann daher nichts anderes gelten“. Obwohl die neu eingefügte Unzulässigkeitsregelung genau das Gegenteil dessen vorgibt, was der Hessische Verwaltungsgerichtshof letztlich entschieden hat, nämlich die Zulässigkeit des Asylantrages bei Gewährung internationalen Schutzes durch einen anderen EU-Mitgliedstaat, fehlt es an einer Befassung mit dieser konträren normativen Direktive des Gesetzgebers. Soweit diese Rechtsanwendung auf die zur alten Rechtslage ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 17.06.2014 – 10 C 7/13 -, juris) zur Unzulässigkeit von Asylanträgen nach Gewährung internationalen Schutzes in einem anderen EU-Mitgliedstaat zurückgeht, um sodann durch Neuschöpfung einer Ausnahme hiervon abzuweichen, hat der Gesetzgeber dieser Entscheidung des Bundesgerichts eine direkte normative Grundlage in § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gegeben.

33

b) Der Neuregelung des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG steht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dazu, dass vor dem 20. Juli 2015 wiederholt gestellte Asylanträge nicht allein deshalb als unzulässig behandelt werden können, wenn dem Betreffenden in einem anderen EU-Mitgliedstaat nur subsidiärer Schutz gewährt worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2015 – 1 B 41.15-, juris), nicht entgegen. Denn den Klägern wurde in Bulgarien - wie angeführt - nicht nur subsidiärer Schutz, sondern die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.

34

c) Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kann der Ausspruch in Ziffer 1. des angefochtenen Bescheides vom 7. November 2014 auf der Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG aufrechterhalten werden. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte zum einen in dem Bescheid als Rechtsgrundlage § 26a, 31 Abs. 4 AsylG a.F. und nicht § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. angeführt hat (was ihr bei Erlass des Bescheides auch noch gar nicht möglich gewesen wäre) und dass sie zum anderen die Feststellung getroffen hat, dass den Klägern in Deutschland kein Asylrecht zusteht, den Antrag aber nicht ausdrücklich als unzulässig abgelehnt hat, wie es in § 29 AsylG nunmehr vorgesehen ist.

35

aa) Im Rahmen der Überprüfung eines Bescheides im Rahmen einer Anfechtungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO kommt es nicht (allein) auf das von der Verwaltung herangezogene Recht an (ebenso OVG Münster, Urteil vom 24.08.2016 – 13 A 63/16.A -; VGH München, Urteil vom 20.10.2016 – 20 B 14.30320 -, jeweils juris). Vielmehr ist die Kontrolle im Sinne schlichter Rechtsanwendung auf das Recht zu erstrecken, das geeignet ist, an Stelle des von ihr herangezogenen, sich etwa als nicht tragfähig erweisenden Rechts den Ausspruch des Bescheids zu rechtfertigen, vorausgesetzt, dass sich dabei am Ausspruch des Bescheides nichts Wesentliches ändert (BVerwG, Urteile vom 19.08.1988 – 8 C 29.87 -, vom 12.04.1991 – 8 C 92.89 – und vom 31.03.2010 – 8 C 12.09 -, jeweils juris), was hier nicht der Fall ist.

36

bb) In den Fällen des § 29 Abs. 1 AsylG ist zwar nicht die im Bescheid ausgesprochene Feststellung zu treffen, dass dem Antragsteller kein Asylrecht in Deutschland zustehe (vgl. § 31 Abs. 4 AsylG a.F.), sondern der Asylantrag ist als unzulässig abzulehnen. Das führt aber nicht zu einer Wesensänderung des angefochtenen Bescheides (ebenso OVG Münster, Urteil vom 24.08.2016 – 13 A 63/16.A -; juris). Es handelt sich nicht um einen anderen Streitgegenstand mit für die Kläger ungünstigeren Rechtsfolgen. Bei der Ablehnung des Asylantrags auf Grundlage des § 29 AsylG besteht ebenso wie bei der Entscheidung nach § 26a i.V.m. § 31 Abs. 4 AsylG a.F. kein Ermessensspielraum. Beide Normen erfassen die EU-Mitgliedstaaten, sehen auf der Tatbestandsseite einen konkreten Bezug zu einem anderen EU-Mitgliedstaat vor und auf der Rechtsfolgenseite, dass der Asylantrag wegen des jeweiligen Drittstaatenbezugs nicht inhaltlich geprüft werden soll.

37

e) Eine weitergehende Prüfung, insbesondere der Frage, ob die Kläger im Fall einer Überstellung nach Bulgarien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden, sehen weder das nationale Recht noch das Unionsrecht als Voraussetzung für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor (OVG Münster, Urteil vom 24.08.2016 - 13 A 63/16.A -, juris). Ungeachtet dessen, wie die tatsächlichen Verhältnisse für international Schutzberechtigte in Bulgarien sind, haben die Kläger als anerkannte Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Zuerkennung des internationalen Schutzes durch die Beklagte. Vielmehr sind diese Gesichtspunkte allein im Rahmen des Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu berücksichtigen. Die Vorgabe des Gesetzgebers, dass in anderen Staaten der Europäischen Union international Schutzberechtigte in Deutschland diesen Status nicht noch einmal zugesprochen bekommen können, ist auch von der Rechtsprechung zu respektieren oder zumindest zu akzeptieren, selbst wenn diese Ausländer in anderen EU-Mitgliedstaaten nicht in den Genuss der nach der Qualifikationsrichtlinie (2011/95/EU) für sie vorgesehenen Leistungen und Gewährleistungen kommen sollten. Der gegenläufigen Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Urteil vom 04.11.2016 – 3 A 1292/16.A -, juris) vermag das Gericht demgegenüber nicht zu folgen.

38

aa) Bereits die vom Hessischen Verwaltungsgerichthof angeführte Rechtsgrundlage für die Beurteilung, ob der Asylantrag als unzulässig zu behandeln ist, erscheint – wie ausgeführt – nicht überzeugend, sodass es für die angestellten weitergehenden Überlegungen zu einer Ausnahme der Unzulässigkeit des in Deutschland gestellten Asylantrages nach erfolgter Anerkennung in Bulgarien an einer geeigneten normativen Anknüpfung fehlt. Es überzeugt auch nicht, das Ergebnis einer Zulässigkeit des Asylantrages aus einer europarechtskonformen Auslegung von § 60 Abs. 1 Satz 2 und 3 AufenthG herzuleiten. Angesichts des eindeutigen Wortlautes dieser Regelung erscheint schon zweifelhaft, ob sie überhaupt einer konträren Auslegung zugänglich ist.

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bb) Davon abgesehen besteht aber auch kein Erfordernis für eine derartige vom Wortlaut des Gesetzes abweichende Auslegung. In der Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs heißt es dazu: „Der von dem Gesetzgeber zulässigerweise vorgesehene Ausschluss der Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat greift allerdings dann nicht, wenn aufgrund systemischer Mängel im Asylsystem davon auszugehen ist, dass elementare Rechte des Schutzberechtigten bzw. anerkannten Flüchtlings nicht gewährleistet werden, die sich insbesondere aus Kapitel VII der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) ergeben (…)“. Systemische Mängel im Asylsystem betreffen allerdings nur das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern, nicht aber die Lebensverhältnisse anerkannter Flüchtlinge - wie den Klägern - in dem ihnen schutzgewährenden EU-Mitgliedstaat. Systemische Mängel sind daher nur für die Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen EU-Mitgliedstaates gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO von Bedeutung, nicht aber für die Phase nach Abschluss des Asylverfahrens. Erwägungen zu systemischen Mängeln sind folglich nur bei der Anwendung von § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG geboten, nicht aber bei der Anwendung des hier einschlägigen § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG.

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Dies führt nicht etwa zu einer Missachtung höherrangiger europarechtlicher Vorschriften. Denn die Lebensbedingungen anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien sind im Rahmen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK zu berücksichtigen. Dies ist in der ab dem 6. August 2016 geltenden Fassung speziell für die Fälle von Entscheidungen über unzulässig Asylanträge – wie hier nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. - in § 31 Abs. 3 Satz 1 n.F. AsylG vorgegeben. Eines Rückgriffs auf die Rechtsfigur der systemischen Mängel im Asylsystem bedarf es insofern nicht, weil diese Rechtsfigur auf eine auf Art. 3 EMRK fußende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte (EGMR) und des Europäischen Gerichtshofs zurückgeht und Art 3 EMRK – wie ausgeführt - in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG n.F. nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG n.F. im Rahmen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu prüfen ist. Zwar hat die Feststellung von Abschiebungsverboten nach dem Asylgesetz nicht zur Folge, dass ein Asylantrag zulässig wird und ein Asylverfahren durchzuführen ist, sondern führt nur zur Duldung des Ausländers. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EGMR (Urteil vom 28.06.2011 - 8319/07 -, NVwZ 2012, S. 691 ff.) führt ein etwaiger Verstoß gegen Art. 3 EMRK im Zielstaat der Abschiebung nicht dazu, dass der Staat des tatsächlichen Aufenthaltes des Ausländers ein Asylverfahren für einen in dem Zielstaat bereits anerkannt Schutzberechtigten durchzuführen hätte. Die Konventionsstaaten haben nämlich nach dem Völkerrecht - unbeschadet ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich nach der Konvention - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Ausländern eigenständig zu regeln. Die Konvention garantiert nach dieser Rechtsprechung des EGMR folglich kein Asylrecht, sondern aus der Konvention kann sich nur die Verpflichtung des Konventionsstaates ergeben, den Betroffenen nicht in ein Land abzuschieben, in dem eine Verletzung des Art. 3 EMRK droht.

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cc) Auch sonst besteht kein Erfordernis für eine vom Wortlaut des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abweichende Auslegung bzw. der Schöpfung einer im Gesetz nicht vorgesehenen Ausnahme aufgrund vorgreiflichen Europarechts. Soweit in Bulgarien die betreffenden Vorgaben der Asyl-Qualifikationsrichtlinie (2011/95/EU) unzureichend umgesetzt worden sind, gibt dies keinen Anlass für eine den EU-Binnenmigranten begünstigende Auslegung des deutschen Asylrechts. Denn einerseits ist es unmöglich, durch die Ausgestaltung der Rechtsordnung in der Bundesrepublik Deutschland die Umsetzung und Einhaltung der Qualifikationsrichtlinie im Herrschaftsbereich anderer EU-Mitgliedstaaten – hier Bulgarien - zu realisieren. Und andererseits lässt sich eine Pflicht, in dem Fall einer unzureichenden Umsetzung der Qualifikationsrichtlinie in einem anderen EU-Mitgliedstaat den dort anerkannten Flüchtling im Bundesgebiet aufzunehmen und dazu nochmals ein Asylerfahren durchzuführen, um ihn an den in Deutschland gebotenen „weitgehenden Aufenthalts- und Teilhaberechten“ im Sinne eines „effektiven Flüchtlingsschutzes“ partizipieren zu lassen, dem geltenden Recht nicht entnehmen, sondern ein solcher Ansatz - wie er vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof verfolgt wird - entspringt flüchtlingspolitischen Vorstellungen, deren Verwirklichung gemäß Art. 20 Abs. 3 GG nicht in die Kompetenz der Judikative fällt.

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2. Die Abschiebungsandrohung nach Bulgarien, wie sie unter Ziffer 2. des Bescheides vom 12. Oktober 2015 ausgesprochen worden ist, findet seine Rechtsgrundlage nunmehr in § 35 AsylG n.F. Die dort bestimmten Voraussetzungen, unter denen eine Abschiebungsandrohung durch das Bundesamt zu ergehen hat, liegen vor. Es liegt ein Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vor, sodass den Klägern die Abschiebung in den Staat anzudrohen ist, in dem sie vor Verfolgung sicher waren, hier Bulgarien.

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a) Ein Abschiebungsverbot der Kläger nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG bezogen auf den Zielstaat Bulgarien, deren Vorliegen hier – wie ausgeführt – nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vom Bundesamt zu prüfen und ggf. festzustellen ist, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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aa) Der Abschiebung steht nicht das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK entgegen. Die Kläger werden in Bulgarien keiner Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen. Insbesondere führen die Bedingungen, unter denen in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannte Ausländer leben, nicht zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung.

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(1) Die Kläger haben entsprechendes nicht vorgebracht, sondern haben im Gegenteil berichtet, dass sie in Bulgarien während ihres achtmonatigen Aufenthaltes gut und zufrieden gelebt hätten, allerdings sei Bulgarien ein armes Land und die Menschen dort seien sehr arm. Sie seien zunächst in einer Sammelunterkunft in Haft gewesen, hätten danach in einer Flüchtlingsunterkunft und während der letzten drei Monate ihres Aufenthaltes in Bulgarien kostenfrei in einer 3-Zimmer-Wohung der Stadt Sofia gewohnt. Arbeit würde es in Bulgarien genügend geben, um die sich der Kläger zu 1) im Fall seiner Rückkehr dorthin auch bemühen wolle. Die Kinder, also die Kläger zu 3) bis 6), seien alle in die Schule gegangen. Auch mit den Ärzten dort seien sie zufrieden gewesen. Rückblickend haben die Kläger Art. 3 EMRK widersprechende Lebensbedingungen in Bulgarien mithin nicht erleiden müssen.

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(2) Dies steht auch nicht zu erwarten. Nach der aktuellen Auskunftslage über die Lebensbedingungen von Ausländern in Bulgarien, die dort als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter anerkannt worden sind, bestehen keine ernsthaften Gründe für die Annahme, dass die Kläger in diesem Land eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung unterworfen werden, wenn sie dorthin zurückkehren. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 – juris) und des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes (Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 96/16 -, juris) sowie mehrerer Verwaltungsgerichte (z.B. VG Schleswig, Beschluss vom 09.09.2016 – 10 A 336/16 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A -; VG Potsdam, Urteil vom 29.04.2016 – 12 K 393/15.A; VG Berlin, Urteil vom 10.03.2016 – 23 K 10.16 A-, jeweils juris), der sich das Gericht anschließt und auf deren Entscheidungen es zur Begründung Bezug nimmt. Hinzu kommt, dass auch Berufungszulassungen von Klägern zu dieser Frage ohne Erfolg geblieben sind (VGH München, Beschluss vom 15.11.2016 – 3a ZB 16.5004 –; OVG Münster, Beschlüsse vom 31.10.2016 – 11 A 1096/16.A – und vom 29.01.2016 – 14 A 134/15.A -, jeweils juris).

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(3) Die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 04.11.2016 – 3 A 1292/16.A; im Ergebnis ebenso: VG Göttingen, Beschluss vom 03.11.2016 – 2 b 361/16 -; VG Aachen, Urteil vom 28.10.2015 – 8 K 299/15.A -; jeweils juris) vertretene gegenteilige Ansicht, dass „das Asylsystem in Bulgarien insbesondere hinsichtlich dort bereits anerkannter Flüchtlinge an systemischen Mängeln“ leide, kann demgegenüber schon im Ausgangspunkt nicht überzeugen. Denn der Rückgriff auf die Rechtsfigur der systemischen Mängel, die auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK zurückgeht, führt im vorliegenden Zusammenhang auf Abwege. Die Frage, ob das Asylsystem in einem anderen EU-Mitgliedstaat systemische Mängel bzw. Schwachstellen aufweist, stellt sich im Gefüge des aktuellen Asylrechts nämlich nur dann, wenn das Asylverfahren noch nicht durchgeführt worden ist und ein anderer EU-Mitgliedstaat für dessen Durchführung eigentlich grundsätzlich zuständig wäre. Nur dann würde die Dublin III-VO mit der Ausnahmeregelung in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 zu systemischen Schwachstellen noch Anwendung finden. Das Europäische Asylsystem im Sinne der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH betrifft nämlich nur das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, nicht aber die Lebenssituation anerkannter Flüchtlinge und anerkannter subsidiär Schutzberechtigter in einem anderen EU-Mitgliedstaat. So ist - auch die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof angeführte - Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aufgrund systemischer Mängel im Asylsystem (Urteil vom 21.01.2011 – 30696/09 -, NVwZ 2011, S. 423 ff.) nur bezogen auf Asylbewerber ergangen und nicht bezogen auf bereits anerkannte Flüchtlinge - wie die Kläger. Soweit der Verwaltungsgerichtshof meint, die von dem EuGH entwickelten Maßstäbe für systemische Mängel im Asylsystem müssten „erst Recht“ Geltung für die Lebensverhältnisse anerkannter Flüchtlinge beanspruchen, kann diesem Evidenz-Schluss nicht ohne Weiteres gefolgt werden. Die humanitären Verhältnisse von Asylbewerbern bzw. die ihnen gebotenen Lebensbedingungen werden wegen der besonderen Verletzlichkeit bzw. Verwundbarkeit und der Abhängigkeit dieser Personengruppe von staatlicher Unterstützung in den Schutzbereich von Art. 3 EMRK einbezogen, obwohl die Konvention hauptsächlich darauf abzielt, bürgerliche und politische Rechte vor Eingriffen zu schützen. Wesentliche Kriterien für die Einbeziehung humanitärer Verhältnisse in den Schutzbereich dieser Norm sind die mangelnde Fähigkeit des Betroffenen, seine elementaren Bedürfnisse zu befriedigen, zu denen Nahrung, Unterkunft und Hygiene gehören, sowie seine Verletzbarkeit für Misshandlungen und seine Aussicht auf eine Verbesserung seiner Lage in angemessener Zeit (EuGH, Urteil vom 28.0.2011 - 8319/07 -). Orientiert an diesen Merkmalen bestehen relevante Unterschiede zwischen Asylbewerbern und anerkannten Flüchtlingen, die dem angeführten Erst-Recht-Schluss entgegenstehen. Zwar ist nicht zu verkennen, dass auch anerkannt schutzberechtigte Ausländer zu einer besonders benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppe zu zählen sind. Sie beherrschen anfangs die Landessprache nicht und haben daher häufig Verständigungsprobleme. Zudem sind ihre sozialen Kontakte zunächst noch sehr beschränkt und sie können in der Regel nicht auf wirksame familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe zurückgreifen. Anerkannte Flüchtlinge halten sich aber in der Regel schon länger in dem Zufluchtsland auf als Asylbewerber, die das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen haben. Sie kennen sich deshalb in dem Land schon besser aus, weil sie schon über längere Zeit Erfahrungen sammeln und sich Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen konnten. Zumeist eröffnen sich auch erst nach erfolgreichem Abschluss des Asylverfahrens durch ein gesichertes Aufenthaltsrecht und eine Arbeitserlaubnis Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme und zur Anmietung einer Wohnung. So haben bereits anerkannte Flüchtlinge aufgrund der schon über eine längere Zeit gewonnenen Einblicke, durch gesammeltes Wissen und durch geknüpfte Kontakte eine bessere Ausgangslage, sich durch eigene Anstrengungen auch unter widrigen Bedingungen und ohne wesentliche staatliche Unterstützung ihr Existenzminimum zu sichern, als sich noch im Asylverfahren befindliche Ausländer. Hinzu kommt der Umstand, dass sich Anstrengungen zur Integration häufig erst dann lohnen, wenn auch eine längerfristige Aufenthaltsperspektive besteht, was erheblich für den Antrieb der Betroffenen ist, in dem fremden Land auch ohne staatliche Hilfe Fuß zu fassen. Diese Gesichtspunkte verdeutlichen, dass die Ausgangspositionen für Asylbewerber, sich unter widrigen Umständen in dem Zufluchtsland durchzuschlagen, deutlich schlechter sind als für anerkannte Flüchtlinge, weil sich der Asylbewerber noch in der Anfangsphase seines noch ungesicherten Aufenthalts in einem für ihn fremden Land befindet und weil er in dieser Lage leicht in existenzielle Nöte geraten kann, die mit der Menschenwürde unvereinbar sind, wenn er allein auf sich gestellt weder Ernährung, Unterkunft und Hygiene von offizieller Seite erhält, sondern stattdessen behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht. Daher drängt es sich geradezu auf, bei Asylbewerbern einerseits und bei anerkannt Schutzberechtigten andererseits im Rahmen des Art. 3 EMRK prinzipiell unterschiedliche Maßstäbe bezogen auf die Intensität, Qualität und Dauer notwendiger Unterstützungsleistungen anzulegen und innerhalb dieser beiden Gruppen wiederum nach der individuellen Situation und Bedürftigkeit der Ausländer zu differenzieren (ebenso differenzierend: OVG Saarlouis, Urteil vom 25.10.2016 – 2 A 96/16 -, juris).

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Die Auskünfte, die die Lage von Asylbewerbern in anderen EU-Mitgliedstaaten betreffen, können mithin nicht ohne weiteres für die Beurteilung eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK herangezogen werden, wobei die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung aus letzter Zeit ganz überwiegend systemische Mängel im Asylsystem Bulgariens – also bezogen auf Asylantragsteller – nicht mehr annimmt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 29.03.2016 - 3 L 47/16 -; VGH Mannheim, Urteile vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - und vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -; VGH München, Urteil vom 29. Januar 2015 - 13a B 14.50039 -; VG München, Beschlüsse vom 18. Juli 2016 - M 12 S 16.50475 -, juris, Rn. 30, vom 13. Juli 2016 - M 1 S 16.50366 -, juris, Rn. 15, sowie Urteile vom 25. August 2016 - M 12 K 16.50117 -, juris, und vom 10. Mai 2016 - M 12 K 16.50110 -, juris, Rn. 34ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.06.2016 - 22 L 1913/16.A – und Urteil vom 23.09.2016 – 12 K 7819/16.A -; VG Köln, Beschluss vom 29.04.2016 - 2 L 917/16.A -; VG Regensburg, Beschluss vom 23.02.2016 - RN 1 S 16.50036 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.02.2016 - 2a K 3697/15.A -; a.A.: VG Köln, Beschluss vom 22.08.2016 – 18 L 1868/16.A -; VG Freiburg, Urteil vom 04.02.2016 – A 6 K 1356/14 -; jeweils juris; VG Minden, Beschluss vom 21.09.2016 – 3 K 234/15.A; n.V.)

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(4) Den vorliegenden Erkenntnissen zu den Lebensbedingungen anerkannter Schutzberechtigter in Bulgarien lassen sich unter Zugrundelegung der maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und der Obergerichte im Einzelnen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine erniedrigende oder unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK entnehmen.

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(a) Dies gilt zunächst für den Umstand einer mangelnden Umsetzung der EU-Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/05/EU), die teilweise zur Begründung einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch den bulgarischen Staat angeführt wird (vgl. z.B., VGH Kassel, Urteil vom 04.11.2016 – 3 A 1292/16.A -: VG Göttingen, Beschluss vom 03.11.2016 – 2 B 361/16 -, jeweils juris). Hieraus folgt für sich genommen noch keine Verletzung des Art. 3 EMRK. Nicht jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften stellt eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar (OVG Münster, Beschluss vom 29.05.2015 – 14 A 134/15.A -; VG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2016 - 12 K 5984/16.A -, jeweils juris). Auch der Umstand, dass in Bulgarien im Juni 2015 lediglich eine Integrationsstrategie erlassen, aber noch kein konkreter nationaler Integrationsplan für anerkannte Schutzberechtigte aufgestellt worden ist, weil es vor allem an einem ausreichenden Budget für eine effektive Integrationspolitik fehlt (vgl. VGH Kassel, Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, juris), lässt sich kein Verstoß gegen Art. 3 EMRK herleiten. Vielmehr kommt es auf die reale Situation an, da eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne dieser Vorschrift ein Mindestmaß an Schwere voraussetzt. Defizite bei staatlichen Angeboten zum Sprachunterricht, bei der staatlichen Bereitstellung von Kindergartenplätzen oder bei der staatlichen Hilfe zur Arbeitsmarktintegration, genügen daher ebenfalls nicht, um eine gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Situation für Flüchtlinge in Bulgarien anzunehmen (OVG Magdeburg, Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 -; OVG Münster, Beschluss vom 29.01.2015 - 14 A 134/15.A -; a.A. VGH Kassel, Urteil vom 04.11.2016 - 3 A 1292/16.A -, jeweils juris). Es handelt sich dabei zwar um Leistungen, die für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte relevante Elemente für eine förderliche Integrationspolitik darstellen. Fehlt es an diesen Leistungen, so führt dies allerdings keineswegs zu einer Behandlung dieser Bevölkerungsgruppe durch den bulgarischen Staat und seine Behörden und Einrichtungen, die das erforderliche Mindestmaß an Schwere im Hinblick auf physische und psychische Beeinträchtigungen im Sinne einer Misshandlung aufweist. Derartige Mängel in der Flüchtlingsversorgung als Verstöße gegen Art. 3 EMRK einzustufen zeugt vielmehr von einer inflationären Anwendung dieser Vorschrift, die sich außerhalb des von der Rechtsprechung des EGMR entwickelten Anwendungsrahmens bewegt. Sie ist auch deshalb fragwürdig, weil eine solche flüchtlingspolitisch motivierte extensive Anwendung von Art. 3 EMRK bei den betroffenen EU-Mitgliedstaaten, denen nur geringere finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, eher Abwehrreflexe gegen derartige Einmischungen provozieren und stigmatisierend wirken.

51

Außerdem ist im Hinblick auf die fragliche Umsetzung der EU-Qualifikationsrichtlinie in Bulgarien zu berücksichtigen, dass das Unionsrecht den Betroffenen lediglich Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26, 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU) oder Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 RL 2011/95/EU) gewährt, sie also nur an den wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen des Mitgliedstaates teilhaben lässt, wobei in Bulgarien fast 50% der Bevölkerung von Armut und Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht sind (vgl. im Einzelnen: VGH Mannheim, Urteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 -, zuletzt: Urteil vom 01.04.2015 - A 11 S 106/15 -, jeweils juris). Für die Beurteilung der Lebensbedingungen anerkannt Schutzberechtigter darf nicht aus den Augen verloren werden, dass die typischerweise für die Mehrheit der Bevölkerung geltenden Standards in Bulgarien deutlich niedriger sind als in Deutschland, so dass die schlechteren Versorgungsbedingungen für anerkannt Schutzberechtigte in Bulgarien als in wohlhabenderen EU-Mitgliedstaaten nicht zugleich als Ausdruck behördlicher Gleichgültigkeit, behördlichen Versagens oder gar mutwilliger Verweigerung von Unterstützungsleistungen aufgefasst werden können. Der Umstand, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bei einer Überstellung von Deutschland nach Bulgarien aufgrund des unterschiedlichen Niveaus staatlicher Sozial- und Integrationsleistungen bedeutend geschmälert würden, reicht nicht aus, um einen Verstoß gegen diese Vorschriften zu begründen (EGMR, Beschluss vom 02.04.2014 – 27725.10, ZAR 2013, S. 336, 337; Urteil vom 21.01.2011 – 3069.09 -, ZAR 2011, S. 395, 397). Ist für den betroffenen Schutzberechtigten die eigene wirtschaftliche Situation schlechter als in dem ihn rückführenden Vertragsstaat, so reicht dies nicht aus, um die Schwelle einer unmenschlichen Behandlung, wie sie nach Art. 3 EMRK verboten ist, zu überschreiten (vgl. EGMR, Beschluss vom 02.04.2013 – 27725/10 – juris). Artikel 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Personen auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (OVG Münster, Beschluss vom 29.01.2016 – 14 A 124/15.A -; VG München, Beschluss vom 02.11.2016 – M 7 S 16.50777 -, jeweils juris). Anerkannt Schutzberechtigte müssen sich deshalb auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen vorhandenen Lebensstandard verweisen lassen.

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Dass Art. 3 EMRK bezogen auf das Niveau sozialer Leistungen des Zielstaates einer vorgesehenen Abschiebung einen nur äußerst beschränkten Anwendungsbereich hat, wird deutlich, wenn man sich die Rechtsprechung des EGMR zur Definition der Begriffe der „unmenschlichen“ und „erniedrigenden“ Behandlung vor Augen führt: Als unmenschlich wird eine Behandlung eingestuft, die sich weniger intensiv auswirkt wie Folter, aber absichtlich ausgeübt und für mehrere Stunden dauerhaft angewendet wird und dabei entweder eine Körperverletzung oder zumindest intensives psychisches oder physisches Leid verursacht. Die Behandlung eines Menschen ist jenseits der unmenschlichen Behandlung als erniedrigend oder demütigend anzusehen, wenn sie erkennen lässt, dass es an der Achtung der Menschenwürde fehlt, diese unmittelbar angreift oder Gefühle von Angst, Schmerz oder Unterlegenheit erweckt, die geeignet sind, den moralischen oder körperlichen Widerstand einer Person zu brechen (Kau in: Pabel/Schmahl; IntKommEMRK, Stand: März 2016, Art. 3 Rn. 22 m.w.N. aus der Rspr. des EMRK). Bezogen auf die Unterbringung von Asylsuchenden hat der EGMR nur auf die Befriedigung der Grundbedürfnisse für ein menschenwürdiges Dasein abgestellt, die infolge einer Überbelegung mit extrem schmutzigen und überfüllten Unterbringungseinrichtungen eingetreten waren, nämlich starke Einschränkung der Bewegungs- oder Kommunikationsmöglichkeiten über längere Zeit, äußerst schlechte hygienische bzw. sanitäre Verhältnisse, keinerlei separate Erholungs- oder Verpflegungsbereiche sowie Mangel an Licht und Belüftung (Kau in: Pabel/Schmahl; IntKommEMRK, Stand: März 2016, Art. 3 Rn. 89; Sinner in: Karpenstein/Mayer, EMRK, 2. Aufl. 2015, Art. 3 Rn. 28; jeweils m.w.N. aus der Rspr. des EGMR).

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Im Fall der Kläger als anerkannt Schutzberechtigte ist bei der Eingrenzung des Anwendungsbereichs von Art. 3 EMRK zu berücksichtigen, dass es hier nicht um deren Behandlung von staatlicherseits Untergebrachten durch den bulgarischen Staat geht. Daher stehen hier nicht staatliche Unterlassungspflichten aus Art. 3 EMRK in Rede, sondern ob sich die Lebensverhältnisse dieser Bevölkerungsgruppe anerkannt Schutzberechtigter in Bulgarien allgemein als unmenschlich und erniedrigend darstellen, also darum, ob der Staat – hier Bulgarien – gewisse Schutzpflichten verletzt (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 13.05.2015 – 14 B 525/15.A -; OVG Magdeburg, Beschluss vom 31. August 2016 – 3 L 94/16 -, jeweils juris).Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die sich insoweit aus Art. 3 EMRK ergebenden staatlichen Gewährleistungspflichten im Einzelnen konkretisiert. Hiernach verpflichtet diese Vorschrift die Mitgliedstaaten nicht, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereiches mit einem Obdach zu versorgen oder sie finanziell zu unterstützen, um einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09 -; Beschluss vom 02.04.2013 - 27725/10 -; Urteil vom 30.06.2015 - 39350/13 -, jeweils juris). Im Bereich von medizinischer und sozialer Fürsorge kann es unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Verbot, jemanden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu unterwerfen, von vorneherein nur um die Gewährleistung einer unabdingbaren Grundversorgung gehen. Dagegen würde etwa verstoßen, wenn Schutzstatusinhaber monatelang obdachlos und ohne Zugang zu jeder Versorgung wären. Durch Missstände im sozialen Bereich wird die Eingriffsschwelle von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 Grundrechtecharta mithin nur unter strengen Voraussetzungen überschritten.

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(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen und Maßstäben ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass die Kläger aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen für anerkannt Schutzberechtigte in Bulgarien der konkreten Gefahr ausgesetzt würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine menschenunwürdige Behandlung erfahren zu müssen.

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Die Wohnsituation für international Schutzberechtigte ist in Bulgarien inzwischen nicht mehr bedenklich. Auch nach Abschluss des Asylverfahrens besteht für sie vorübergehend die Möglichkeit, für einen Zeitraum von maximal sechs Monaten noch in den für die Aufnahme von Asylsuchenden gedachten Zentren zu verbleiben (UNHCR, Aktualisierte Antworten, Juni 2016; ProAsyl, Auskunft vom 17.06.2015 an das VG Köln). So wird toleriert, dass Personen, die einen Schutzstatus erhalten haben, noch in den Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber wohnen können (im Jahr 2015 befanden sich ca. 700 bzw. 850 Personen dieser Gruppe in den Unterkünften: UNHCR, Aktualisierte Antworten, Juni 2016; Council of Europe, Commissioner of Human Rights, Report 8.-11.02.2015, S. 28 f.; ProAsyl, Auskunft vom 17.06.2015 an das VG Köln). Zudem partizipieren Schutzberechtigte seit Mitte August 2015 für bis zu drei Monate an einer Kurzzeitunterbringung der lokalen Flüchtlingsbehörde, die durch europäische Mittel finanziert wird (vgl. Aida Country Report Bulgaria, Stand: Oktober 2015, S. 13).

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Die Kapazitäten in diesen Einrichtungen reichen auch aus, um nicht nur den im Anerkennungsverfahren befindlichen Ausländern eine Bleibe zu bieten, sondern vorübergehend denjenigen, denen ein Schutzstatus zugesprochen worden ist. Die ohnehin schon seit längerem verbesserte Lage durch einen starken Rückgang der Zahl von Asylsuchenden in Bulgarien hat sich in letzter Zeit noch weiter entspannt. Die Zahl von in Bulgarien neu angekommenen Antragstellern ist nach Absicherung der Grenze zur Türkei und das Abkommen mit der Türkei zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge weiter stark rückläufig (ProAsyl, Tätigkeitsbericht 2015/2016, S. 18 f.), sodass diese Unterkünfte gegenwärtig bei weitem unterbelegt sind und teils leer stehen. Bei einer nunmehrigen Kapazität von 5.130 Plätzen haben sich im Dezember 2015 nur noch 612 Personen in den sechs Zentren aufgehalten. So lag 2014 die Belegungsquote noch bei 80 % (vgl. UNHCR, Bericht vom April 2014) und im Dezember 2015 schon unter 15 % (vgl. Auskunft Auswärtiges Amt vom 27.01.2016 an das VG Aachen; OVG Magdeburg, Beschluss vom 29.03.2016 – 3 L 47/16 -, juris). Mitte 2016 befanden sich in Bulgariens größtem Flüchtlingscamp „Harmanli“ ca. 120 Ausländer, um die sich rund 100 Sozialarbeiter kümmerten (Deutschlandradio, Flüchtlinge – Keine Zukunft in Bulgarien, 01.06.2016).

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Die Kapazitäten in diesen Unterkünften werden auch durch Rückführungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten nicht sonderlich beansprucht. Insgesamt wurden im Jahr 2014 aus allen europäischen Ländern zusammen 174 Ausländer zurückgeschoben, in den ersten acht Monaten des Jahres 2015 waren es 212 (Fiedler, Die Situation für Flüchtende in Bulgarien, Juli 2015, S. 1 m.w.N.). Bei 4.221 von Deutschland an Bulgarien gerichteten Übernahmeersuchen in der Zeit von Januar bis September 2016 erfolgten nur 74 Überstellungen zurück in dieses Land (DIE WELT Kompakt, 21.10.2016, S. 4), im Jahr zuvor wurden nach 2.910 Übernahmeersuchen von Deutschland insgesamt nur 21 Ausländer nach Bulgarien zurückgeführt (BT-Drucksache 18/5758, S. 24 f.). Vor diesem Hintergrund fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass den Klägern im Falle ihrer Rückführung nach Bulgarien die zeitweise Aufnahme in einer dieser Unterkünfte tatsächlich verwehrt sein könnte und sie infolgedessen bei einer Rückkehr nach Bulgarien unmittelbar von existenzbedrohlicher Obdachlosigkeit betroffen sein könnten, die die bulgarischen Behörden gleichgültig sehenden Auges in Kauf nehmen, obwohl ihnen viele freie Plätze in diesen Einrichtungen zur Verfügung stehen.

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Die Beschaffenheit und Betreuung der Aufnahmezentren hat sich immer weiter verbessert und ist aktuell als akzeptabel zu bewerten (Auskunft Auswärtiges Amt vom 27.01.2016 an das VG Aachen; VG Düsseldorf, Urteil vom 23.09.2016 – 12 K 7819/16.A -, juris). Die Europäische Union hat beträchtliche zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, um umfassende Renovierungsarbeiten in allen Flüchtlingszentren zu Ende zu bringen und die Öffnung weiterer Flüchtlingsaufnahmen ist geplant (Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Aachen vom 27.01.2016, S. 3 f.). UNHCR kontrolliert in den Einrichtungen regelmäßig den Schutz vor Ort und das Angebot an sozialen Dienstleistungen (UNHCR, Aktualisierung Juni 2016).

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Für die Beurteilung der Wohnsituation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien ist von zentraler Bedeutung, dass dieses Land von schutzsuchenden Ausländern verbreitet nur als „Transitland“ genutzt wird, um in wohlhabendere und aufnahmewillige EU-Mitgliedsländer weiter zu wandern (ProAsyl, Tätigkeitsbericht 2015/2016, S. 18 f.). So hatten Mitte 2015 nur ca. 700 anerkannte Schutzberechtigte ernstzunehmende Pläne, dauerhaft in Bulgarien zu verbleiben. Die Übergangzeit in den Unterbringungseinrichtungen müssen die Betroffenen dafür nutzen, sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Bleibe zu suchen. Auch wenn die Kläger vorbringen in Bulgarien bereits eine Wohnung zur Verfügung gehabt zu haben, erscheint es nach der Auskunftslage generell schwierig, als Flüchtling in Bulgarien eine Wohnung zu finden, selbst wenn ein Schutzstatus gewährt worden ist. Unterstützung bei der Wohnraumsuche erhält nur ein geringer Teil von ihnen, was aber – wie ausgeführt – kein Verstoß gegen Art. 3 EMRK darstellt (OVG Magdeburg, Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 -, juris). Konkrete Informationen darüber, dass Personen mit der Zuerkennung des Schutzstatus in Bulgarien obdachlos geworden sind und ohne Bleibe gleichsam „auf der Straße landen“, liegen nicht vor. Statistische Angaben sind nicht vorhanden und auch in den Medien wird nicht von einer in Bulgarien herrschenden Obdachlosigkeit berichtet, die vornehmlich Flüchtlinge betrifft. Nachrichten darüber, dass sie von Obdachlosigkeit im Anschluss an ihre vorübergehende weitere Unterbringung in den Einrichtungen für Asylsuchende betroffen wären, liegen ebenfalls nicht vor. In den ausgewerteten Erkenntnisquellen finden sich lediglich abstrakte Ausführungen darüber, dass Schutzberechtigte auf dem Wohnungsmarkt aufgrund der Voreingenommenheit der Bevölkerung nur geringe Chancen hätten bzw. dass ihre Situation durch das Verlangen horrender Mieten ausgenutzt werde. Dass solche Erschwernisse bei der Wohnungssuche dazu führen, dass Schutzstatusinhaber zwangsläufig in eine ausweglose Lage geraten, ist nicht ersichtlich. Dies verdeutlicht schon die tatsächlich stattgefundene Anmietung einer Wohnung in Bulgarien durch die Kläger vor ihrer Weiterwanderung nach Deutschland. Der Wohnungsmarkt in Bulgarien wird durch die relativ geringe Zahl der in Bulgarien tatsächlich verbleibenden Schutzberechtigten nicht überfordert und führt keineswegs zu einer relevanten Verknappung geeigneten und finanzierbaren Wohnraums in Bulgarien. Kann der Wohnungsmarkt diese Bevölkerungsgruppe ohne weiteres absorbieren, kann nicht angenommen werden, dass es den Klägern unmöglich ist, bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien wieder eine Unterkunft – zumindest im Sinne eines Obdaches mit Schlafgelegenheit - zu finden.

60

Nach der Auskunftslage sprechen auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass es den Klägern nach ihrer Rückkehr nach Bulgarien an einer existenziell notwendigen Versorgung mangeln wird. Zwar ist zu berücksichtigen, dass anerkannt Schutzberechtigten der Zugang zum Arbeitsmarkt in Bulgarien erschwert ist, weil ihnen aufgrund der Sprachbarrieren und der Anerkennungshindernisse ausländischer Abschlüsse lediglich unter dem bulgarischen Lohnniveau liegende Beschäftigungen angeboten werden und sie hierbei zudem in Konkurrenz zu der Gruppe der Roma stehen (Auswärtiges Amt, Auskunft vom 23.07.2015 an das VG Stuttgart; ProAsyl, Stellungnahme vom 17.06.2015 an das VG Köln). Dies rechtfertigt aber nicht den Schluss, sie seien einer erniedrigenden und unmenschlichen Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt (VG Düsseldorf, Urteile vom 06.04.2016 – 13 K 4468/15.A – und vom 14.11.2016 – 12 K 5984/16.A; vgl. OVG Münster, Urteil vom 19.05.2016 – 13 A 1490/13.A -, jeweils juris), zumal auch darüber berichtet wird, dass es für anerkannt Schutzberechtigte, vor allem mit einer guten Ausbildung, in Bulgarien leichter einen Arbeitsplatz finden und sich eine Existenz aufbauen können, als in Deutschland (zdf - heute in Europa vom 14.09.2016, Umzug von Deutschland nach Bulgarien, www.zdf.de/nachrichten/heute-in-europa/heute-in-europa-vom- 14-09-2016-104.html). Die erwachsenen Kläger zu 1. und 2. werden aufgrund ihres Leistungsvermögens und ihrer Flexibilität, die sie bei ihrer Reise und ihrem bisherigen Aufenthalt im Ausland gezeigt haben, auch angesichts der beschriebenen Widrigkeiten in der Lage sein, durch Aufnahme von (Gelegenheits-)Arbeiten in einem das Existenzminimum sichernden Maße (jedenfalls geringfügige) Einkünfte erzielen können, wenn sie ihre Arbeitskraft - was von ihnen zu erwarten ist – auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Den Klägerin ist zuzumuten, sich diesem sicher nicht leichten Integrationsprozess in Bulgarien zu stellen (OVG Magdeburg, Beschluss vom 31.08.2016 – 3 L 94/16 -, juris).

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Bei der Einschätzung, ob Ausländer nach ihrer Ankerkennung als international Schutzberechtigte ein existenzsicherndes Arbeitseinkommen erlangen können, ist zu berücksichtigen, dass nach nahezu allen Berichten und auch nach der Erfahrung des Gerichts die in Bulgarien Schutzberechtigten kaum jemals versucht haben, sich unter den dortigen bescheidenen Möglichkeiten eine Existenz aufzubauen. Soweit in den Berichten – wie ausgeführt - von erheblichen Hürden für schutzberechtigte Ausländer beim Zugang zum Arbeitsmarkt die Rede ist, sind diese Angaben eher theoretischer Art, ohne dass sie in relevanter Zahl auf gescheiterte Versuche von Ausländern zurückgehen, die mit gehörigem Einsatz in Bulgarien hatten Fuß fassen wollen. Es ist auch keine offizielle Statistik bzw. kein offizielles Wissen zum Anteil oder zur Anzahl von Flüchtlingen, die in Bulgarien unter dem Existenzminimum leben, verfügbar (Dr. Ilareva, Auskunft vom 27.08.2015 an den VGH Baden-Württemberg).

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Eine Sicherung des Existenzminimums durch Erwerbstätigkeit dürften allerdings nur Personen erreichen können, die die Fähigkeiten und die Konstitution für ein „Sich-Durchschlagen-Können“ mitbringen. Im Gegensatz zur Bundesrepublik Deutschland verfügt Bulgarien nämlich über kein ausdifferenziertes Sozialsystem, sondern ist durch eigenverantwortliches Verhalten geprägt. Dementsprechend muss der jeweilige Schutzberechtigte grundsätzlich in der Lage sein, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch hohe Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen, was bei den Klägern allerdings keineswegs in Frage steht. Bei alleinstehenden Flüchtlingen, die dies - wegen ihres hohen oder geringen Alters, gravierender körperlicher oder geistiger Defizite oder anderer schwerwiegender individueller Einschränkungen - nicht zu leisten vermögen und denen die Verhältnisse in Bulgarien noch weitgehend fremd sind, besteht durchaus die Möglichkeit, dass sie bei einer Rückführung in existenzielle Nöte geraten, wenn sie keine anderweitige Unterstützung - etwa durch Verwandte oder Freunde im In- oder Ausland oder durch in Bulgarien ansässige Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz – erfahren.

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Insoweit verspricht das Unionsrecht den betroffenen Schutzstatusinhabern lediglich eine Inländergleichbehandlung (vgl. etwa Art. 26. 27, 28 Abs. 1, 29, 30 RL 2011/95/EU - QRL) oder eine Gleichbehandlung mit anderen sich rechtmäßig aufhaltenden Ausländern (vgl. etwa Art 32 und 33 QRL), sodass sie nur an den schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen weiter Teile der bulgarischen Bevölkerung teilhaben. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass nach den allgemein zugänglichen Daten des Statistischen Bundesamts das Bruttoprokopfeinkommen Bulgariens im Jahre 2013 7030 USD betrug, damit noch erheblich unter dem von Rumänien (9060 USD) lag und etwa dem Niveau Südafrikas (7190 USD) entsprach. Nach den verwerteten Angaben von Eurostat (vgl. Pressemitteilung Nr. 184/2013 vom 05.12.2003) belief sich im Jahre 2012 der Anteil der Bevölkerung Bulgariens, der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen bzw. bedroht ist, auf 49 % (Rumänien 42 %; Niederlande und Tschechische Republik 15 %). Die rechtliche Gleichbehandlung ist aber weitgehend hergestellt. So erhalten Flüchtlinge ebenso wie bedürftige bulgarische Staatsangehörige gleichermaßen Leistungen in Höhe von 33 € monatlich (Dr. Ilareva, Bericht vom 27.08.2015 an den VGH Baden-Württemberg; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23.07.2015 an das VG Stuttgart; VGH Mannheim, Urteil vom 18.03.2015 – A 11 S 2042/14 - juris). Zudem ist der tatsächliche Zugang zu Sozialhilfeleistungen nach der Auskunftslage häufig problematisch. Zu den administrativen Hürden treten regelmäßig eine nicht durch Dolmetscher kompensierte Sprachbarriere und wohl auch eine oftmals auftretende ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlingen hinzu. Erschwernisse bei der Verwirklichung der - nach der nationalen Gesetzeslage bestehenden - Ansprüche auf staatliche Unterstützungsleistungen, die international Schutzberechtigte oft gegenüberstehen, erscheinen allerdings zumeist überwindbar. So kann der erforderliche Nachweis für eine Unterkunft – falls diese nicht vorhanden ist – etwa durch eine „gekaufte“ Adresse erreicht werden (Ilareva, Bericht vom August 2015 an den VGH Baden-Württemberg). Zudem können Schwierigkeiten auch durch Hilfe aus der Zivilgesellschaft, Unterstützung durch andere Flüchtlinge oder mithilfe von Sozialarbeitern und Mitarbeitern von Flüchtlingsorganisationen bzw. caritativen Einrichtungen bewältigt werden. So gibt es in Bulgarien – wenn auch nur wenige und nicht dauernd gewährleistete - kostenlose Angebote zur unabhängigen Beratung und Unterstützung von Flüchtlingen u.a. auch in juristischen Fragen (Fiedler, Die Situation für Flüchtende in Bulgarien, Juli 2016, S. 15).

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Dem Gericht stellt sich nach Auswertung der Erkenntnisquellen die Lebenssituation für anerkannt Schutzberechtigte in Bulgarien im Ergebnis zwar allgemein als deutlich schlechter und belastender als in Deutschland dar. Dies rechtfertigt aber nicht die generelle Annahme, Bulgarien verstoße trotz inzwischen jahrelanger Mitgliedschaft in der Europäischen Union, Einbindung in deren Institutionen und finanzieller Unterstützung gerade auch in diesem Bereich gegen Art. 3 EMRK. Dafür spricht aktuell, dass Bulgarien nicht mehr von der Massenfluchtbewegung wie noch im Jahr 2013 betroffen ist, die den UNHCR im Januar 2014 wegen einer Überforderung Bulgariens mit der Bewältigung diese Zustroms Asylsuchender veranlasst hatte, andere EU-Mitgliedstaaten dazu anzuhalten, einstweilen von Überstellungen von weitergereisten Ausländern zurück nach Bulgarien abzusehen (UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, 2. Januar 2014; vgl. auch amnesty international, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiter Auszusetzen, März 2014).

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(c) Das bulgarische Recht sieht zudem Rechtsschutzmöglichkeiten vor (vgl. Auskunft von Dr. Valeria Ilareva vom 27.08.2015 an den VGH Mannheim), deren Nutzung den Betroffenen zur Abwehr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Versorgungssituation auch zumutbar ist. Sie sind darauf zu verweisen, ihre Rechte gegebenenfalls mithilfe eines bulgarischen Rechtsbeistandes oder der Unterstützung der in Bulgarien tätigen Flüchtlingsorganisationen durchzusetzen – auch vor Gerichten (VG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2016 – 12 K 5984716.A -, juris). Wenngleich dies für die betreffenden Ausländer in Deutschland einfacher und bequemer als in Bulgarien sein dürfte, obliegt es ihnen, bei den zuständigen bulgarischen Behörden ihre Rechte geltend zu machen und nötigenfalls – mit Hilfe von Beratungsstellen für Flüchtlinge – auf dem Rechtsweg durchzusetzen, bevor sie unverrichtet in einen anderen EU-Mitgliedstaat weiterreisen, um dort die Einhaltung der internationalen Verpflichtungen aus Art. 3 EMRK einzufordern (Bundesverwaltungsgericht Schweiz, Urteil vom 04.02.2016 – Abteilung IV D 422/2016 -; www.bvger.ch).

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bb) Gründe für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG sind nicht dargetan und auch nicht ersichtlich. Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass für einen der Kläger bei seiner Abschiebung nach Bulgarien dort eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben bestehen würde. Insbesondere liegt keine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung vor, die sich durch die Abschiebung verschlechtern würde.

67

b) Die vom Gesetzgeber nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG n.F. geforderte Feststellung eines Ausspruchs zu den Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegt hier aufgrund des Erlasses des Bescheides vor der ergangenen Gesetzesänderung explizit nicht vor. Von dieser Feststellung konnte auch nicht nach § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG n.F. abgesehen werden, denn die Kläger wurden von der Beklagten weder als Asylberechtigte noch als international Schutzberechtigte anerkannt.

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Die im zu überprüfenden Bescheid fehlende Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG schadet hier aber nicht und führt nicht zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung (VG Schwerin, Urteil vom 02.06.2016 - 16 A 1757/15 AS SN -; a.A.: OVG Saarlouis, Urteil vom 25.10.2016 - 2 A 96/16 -, jeweils juris). Denn die Verwaltungsgerichte sind gehalten, die für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen Voraussetzungen in eigener Verantwortung festzustellen, die Streitsache vollen Umfangs spruchreif zu machen und sodann abschließend in der Sache zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.02.1998 – 9 C 28/97 – und Beschluss vom 08.12.2000 - 9 B 426/00 -, jeweils juris). Auch beim Fehlen der Feststellung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG n.F. ist daher die Abschiebungsandrohung nicht aufzuheben. Dies wäre nur dann geboten, wenn es auf die Sachkunde der Beklagten ankommen würde, weil diese zum Beispiel mit der Sache noch nicht befasst gewesen war und somit entsprechend Gelegenheit haben muss, eine nach Aufklärung des Sachverhaltes abschließende und der gerichtlichen Kontrolle unterliegende Sachentscheidung zu treffen. Die Beklagte war indes mit der Frage des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bereits befasst. Schon vor Einführung des § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in der neuen Fassung bestand die Verpflichtung der Beklagten, im Hinblick auf den Wortlaut des § 34a AsylG a.F., nach dem das Bundesamt die Abschiebung anordnet, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann, zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und zusätzlich auch Duldungsgründe inzident zu prüfen (Pietzsch in: Kluth/Heusch, Ausländerrecht, 2016, § 34a AsylG Rn. 14 ff.), selbst wenn hierzu im Tenor noch keine gesonderten Feststellungen zu treffen waren. Der Erlass der Abschiebungsanordnung durch die Beklagte und der späteren Ersetzung durch eine Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG, bei deren Erlass ebenfalls gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Alt. AsylG zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG auszuschließen waren, ist somit als Ergebnis der Befassung der Beklagten mit dem (Nicht-) Vorliegen dieser Abschiebungsverbote zu betrachten. Für eine (nochmalige) Prüfung der Abschiebungsverbote durch sie im Rahmen einer Zurückweisung besteht demnach kein Anlass und wäre bloße Förmelei.

III.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 83b AsylG sowie aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 159 S. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die bevorstehende Überstellung nach Italien im Rahmen des sog. Dublin-Verfahrens.

Der Antragsteller ist (alles nach eigenen Angaben) nigerianischer Staatsangehöriger mit der Volkszugehörigkeit der Edo bzw. der Esan und geboren am 17. Juli 1993. Auf seine Angaben im Fragebogen Erstbefragung Dublin schriftliches Verfahren (Questionnaire for determining the member state responsible for examining an application - initial enquiry) (vgl. Bl. 19 - 22 der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Er habe sein Heimatland erstmalig am 22. Februar 2015 verlassen und sei über den Niger, Libyen, Italien und Österreich nach Deutschland gereist, wo er am 21. Oktober (ohne Jahr, vermutlich 2016) angekommen sei und wo er am 3. November 2016 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) - Außenstelle München einen Asylantrag gestellt hat. In der Erstbefragung gab der Antragsteller weiter an, er habe in Italien am 20. August 2015 einen Asylantrag gestellt; in Italien seien ihm auch Fingerabdrücke abgenommen worden. Auch auf die Angaben Zweitbefragung Dublin schriftliches Verfahren (Questionnaire for determining obstacles to deportation in Dublin procedure - supplementary enquiry) (vgl. Bl. 23f. der Bundesamtsakte) wird Bezug genommen. Auf die Frage, ob es Staaten gebe, in die er nicht überstellt werden wolle, gab der Antragsteller Italien und Nigeria an; er könne dort nirgends bleiben und er wolle nicht sterben.

Am 3. November 2016 fand außerdem noch eine Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und die persönliche Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags sowie eine Anhörung nach § 25 AsylG statt. Der Antragteller gab an, er sei in Italien über ein Jahr lang gewesen und dann über die Schweiz in das Bundesgebiet, wo er am 24. Oktober 2016 angekommen sei, eingereist. Im Übrigen wird auf die Niederschriften (Bl. 26 - 29 sowie Bl. 55 - 61 bzw. Bl. 93 - 99 der Bundesamtsakte, die letztgenannte ist die maßgebliche, weil unterschriebene Fassung) Bezug genommen.

Am 14. November 2016 fand schließlich seitens der Regierung von Oberbayern - Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern eine Befragung statt. Der Antragsteller gab an, er habe in Italien einen Asylantrag gestellt, über den Stand des Verfahrens wisse er jedoch nichts. Im Übrigen wird auf das Befragungsprotokoll (Bl. 79 - 84 sowie die Anlagen Bl. 85 - 88 der Bundesamtsakten) Bezug genommen.

Für den Antragsteller folgt aus dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Verwaltungsvorgang ein EURODAC-Treffer für Italien (IT1CN01KPC; Bl. 9 sowie Bl. 14 der Bundesamtsakten).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 8. November 2016 an Italien erfolgte keine Reaktion.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2017 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2) und ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3). Die Nr. 4 des Bescheids enthält die Befristungsentscheidung hinsichtlich des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG. Auf den Bescheid und seine Begründung wird Bezug genommen.

Mit Begleitschreiben ebenfalls vom 12. Januar 2017 wurde der Bescheid an den Antragsteller versandt. Laut der bei den Bundesamtsakten befindlichen Kopie der Postzustellungsurkunde wurde der Bescheid dem Antragsteller am 16. Januar 2017 zugestellt.

Der Antragsteller ließ hiergegen mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Januar 2017, bei Gericht eingegangen per Telefax am selben Tag, Klage (Az.: M 9 K 17.50104) erheben mit dem Antrag, den Bescheid der Antragsgegnerin aufzuheben.

Außerdem ließ der Antragsteller beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen.

Zur Begründung ist vorgetragen, dass eine Abschiebung nach Italien unzulässig erscheine, da dort systemische Mängel des Asylverfahrens vorlägen.

Die Antragsgegnerin legte die Behördenakten vor, äußerte sich in der Sache aber nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten in diesem und im dazugehörigen Klageverfahren und der Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag ist zwar zulässig, insbesondere ist er fristgerecht gestellt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Dass die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und nicht richtig die Anordnung derselben (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG) beantragt ist, schadet nichts, da klar ist, was gemeint ist.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat voraussichtlich keinen Erfolg.

Der Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Januar 2017, auf den im Sinne von

§ 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen wird, ist voraussichtlich rechtmäßig.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

1. Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ausweislich des Eurodac-Treffers für Italien einen Asylantrag gestellt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung.

Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Bei Anwendung dieser Kriterien ist Italien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig. Gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO ist derjenige Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig, über dessen Grenze der Asylbewerber aus einem Drittstaat illegal eingereist ist. Das ist auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers Italien. Ausgehend vom Vortrag des Antragstellers hat er in Italien zudem einen Asylantrag gestellt. Der Umstand der Asylantragstellung in Italien wird außerdem belegt durch den für den Antragsteller erzielten Eurodac-Treffer mit der Kennzeichnung „IT1“. Die Ziffer „1“ steht für einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 24 Abs. 4 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 vom 26. Juni 2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Neufassung) (EURODAC-VO)). Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO erloschen. Damit ist vorliegend Italien der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat.

Da die italienischen Behörden auf das Wiederaufnahmeersuchen der Antragsgegnerin nicht reagiert haben, ist gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen (Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO).

2. Die Abschiebung nach Italien kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG auch durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit ist nicht gem. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO auf die Antragsgegnerin übergegangen, weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt wäre.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U.v.14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für den Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i.S.v. Art. 4 Grundrechtscharta ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH, U.v.21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B.v.19.03.2014 - 10 B 6.14 -, juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der aktuellen obergerichtlichen Rechtsprechung ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller in Italien aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr läuft, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. BayVGH, U.v.28.02.2014 - 13a B 13.30295 -, juris; OVG NRW, U.v.22.09.2016 - 13 A 2248/15.A -, juris Rn. 72ff.; U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 54ff.; U.v.24.04.2015 - 14 A 2356/12.A -, juris; U.v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A -, juris; VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris; OVG Rh-Pf, U.v.21.02.2014 - 10 A 10656/13.OVG -, juris; OVG LSA, U.v.02.10.2013 - 3 L 645/12 -, juris; OVG Berlin-Bbg, B.v.17.06.2013 - OVG 7 S. 33.13 -, juris; NdsOVG, B.v.30.01.2014 - 4 LA 167/13 -, juris; U.v.25.06.2015 - 11 LB 248/14 -, juris; vgl. auch BVerfG, Kammerb.v.17.09.2014 - 2 BvR 732/14 -, juris). Danach verfügt Italien unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, richtlinienkonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren, welches trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. Obwohl sich in Teilbereichen der tatsächlichen Aufnahmebedingungen durchaus erhebliche Mängel und Defizite feststellen lassen, werden diese, weder für sich genommen noch insgesamt, als so gravierend bewertet, dass ein grundlegendes, systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen Dublin-Rückkehrer nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad impliziert (vgl. OVG NRW, U.v.07.03.2014, a.a.O, Rn 132; OVG Rh-Pf, U.v. 21.02.2014, a.a.O, Rn 45 f.).

Das Gericht schließt sich damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - Hussein u.a../.Niederlande und Italien, Nr. 27725/10 -, ZAR 2013, 336; B.v.18.06.2013 - Halimi./.Österreich und Italien, Nr. 53852/11 -, ZAR 2013, 338). Unter Berücksichtigung der Berichte von Regierungs- und Nichtregierungsinstitutionen und -organisationen über die Aufnahmeprogramme für Asylbewerber in Italien kam der Gerichtshof zu dem Schluss, dass die allgemeine Situation und die Lebensbedingungen in Italien für Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer, die aus Gründen des internationalen Schutzes oder zu humanitären Zwecken eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hätten, zwar einige Mängel aufweisen mögen, dass die vorliegenden Materialien jedoch kein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen für Asylbewerber als Mitglieder einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe aufzeigen würden. Berichte des UNHCR und des Menschenrechtskommissars wiesen auf jüngste Verbesserungen der Situation hin mit dem Ziel der Mängelbeseitigung; alle Berichte zeigten übereinstimmend und ausführlich die Existenz ausgearbeiteter Strukturen von Einrichtungen und Hilfsmaßnahmen, die auf die Bedürfnisse der Asylbewerber zugeschnitten seien. Diese Rechtsauffassung hat der EGMR, dessen Rechtsprechung für die Auslegung der EMRK auch über den jeweilig entschiedenen Fall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion hat (BVerfG, U.v.04.05.2011 - 2 BvR 2333/08 -, juris), durch seine Entscheidung vom 10. September 2013 (Nr. 2314/10 - HUDOC) ausdrücklich bestätigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 4. November 2014 im Verfahren Tarakhel ./. Schweiz (Az. 29217/12, NVwZ 2015, 127 ff.). Der EGMR hat hier lediglich entschieden, dass die Schweizer Behörden die Abschiebung einer Familie nach Italien nicht vornehmen dürfen, ohne vorher individuelle Garantien von den italienischen Behörden erhalten zu haben, dass die Antragsteller in Italien in einer dem Alter der Kinder adäquaten Art und Weise behandelt werden und die Familie zusammen bleiben darf. Das Urteil beinhaltet damit keine Aussage zu eventuellen systemischen Mängeln in Italien, sondern lediglich eine Einschränkung für die Abschiebung von Familien nach Italien. Zudem hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 5. Februar 2015 im Verfahren A.M.E. ./. Niederlande (Az. 51428/10) entschieden, dass die Struktur und die Gesamtsituation des italienischen Flüchtlings- und Asylbewerberaufnahmesystems kein genereller Grund sind, eine Überstellung im Zuge des sog. Dublin-Verfahrens zu verbieten. Unabhängig davon sind die Umstände des streitgegenständlichen Falles des Antragstellers mit denjenigen in der Entscheidung des EGMR nicht vergleichbar.

Auch aus neueren Erkenntnismitteln können keine Hinweise auf systemische Mängel entnommen werden. In dem vom Europäischen Rat für Flüchtlinge und im Exil lebende Personen (ECRE) für das Projekt AIDA - Asylum Information Database erstellten Länderbericht zu Italien vom Dezember 2015 (abrufbar unter http: …www.asylumineurope.org/reports/country/italy) wird zwar ausgeführt (vgl. S. 62 ff. des Berichts), dass dort zumindest in der Vergangenheit nicht für alle Asylbewerber adäquate Aufnahmeeinrichtungen zur Verfügung gestanden haben und die Zahl von Unterbringungsplätzen nur unzureichend war. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der italienische Staat hiergegen erfolgsversprechende Gegenmaßnahmen ergreift. Zum einen werden die Kapazitäten der Aufnahmeeinrichtungen dem vorgenannten Bericht zufolge seit 2013 deutlich erhöht. UNHCR und Nichtregierungsorganisationen beraten die staatlichen Stellen bei der Verbesserung der Aufnahmebedingungen. Speziell für Dublin-Rückkehrer wurden zum anderen Zentren zur übergangsweisen Unterbringung eingerichtet (vgl. S. 63f. des Berichts). Ein systemisches Versagen der Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen lässt sich dem AIDA-Bericht nicht entnehmen. Ein systemischer Mangel der Aufnahmebedingungen kann daher auch für die Personengruppe, der der Antragsteller angehört, nicht angenommen werden.

Auch aus dem Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe von August 2016 (vgl. Schweizerischen Flüchtlingshilfe (https: …www.fluechtlingshilfe.ch/…/160815-sfh-bericht-italien-aufnahmebedingungen) ergibt sich nichts anderes. Denn erstens handelt es sich hierbei nicht um das einzig richtige bzw. einzig maßgebliche Erkenntnismittel, vielmehr ergibt eine Berücksichtigung dieses Erkenntnismittels in der Zusammenschau mit den zahlreichen anderen vorhandenen Erkenntnismitteln eben im Ergebnis, dass systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht vorliegen. Zweitens wäre die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien erst dann überschritten, wenn absehbar wäre, dass auf die erhöhte Zahl von Einwanderern keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung des Problems ergriffen würden. Dafür gibt es auch nach dem aktuellen Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem August 2016 keine Hinweise (vgl. VG Schwerin, U.v.26.09.2016 - 16 A 1757/15 As SN -, juris Rn. 122), auch ansonsten ist das nicht der Fall (vgl. z.B. OVG NRW, U.v.18.07.2016 - 13 A 1859/14.A -, juris Rn. 103ff.).

Die gegenwärtig hohe Zahl von Einwanderern nach Italien stellt keinen Umstand dar, der eine andere Beurteilung rechtfertigen könnte. Die Schwelle zur unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch Italien würde erst dann überschritten, wenn auf die erhöhte Zahl von Einwanderern hin keinerlei Maßnahmen zur Bewältigung der damit verbundenen Probleme ergriffen würden. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden (vgl. OVG NRW, U.v.24.04.2015 a.a.O.).

Auch der Umstand, dass sich die Situation des Antragstellers in Italien u.U. deutlich schlechter als im Bundesgebiet darstellt, begründet keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens (vgl. EGMR, B.v.02.04.2013 - a.a.O.).

Auch im Hinblick auf medizinische Betreuung und Versorgung ergibt sich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, das Asylverfahren durchzuführen (vgl. EGMR, U.v.30.6.2015 - 39350/13 - A.S. gegen Schweiz), da Italien über eine umfassende Gesundheitsfürsorge verfügt, die italienischen Staatsbürgern sowie Flüchtlingen, Asylbewerbern und unter humanitären Schutz stehenden Personen gleichermaßen zugänglich ist. Nach der bestehenden Auskunftslage funktioniert die notfallmedizinische Versorgung und der Zugang zu Hausärzten grundsätzlich ebenso wie das Angebot von psychologischer und psychiatrischer Behandlung (vgl. VG Ansbach, U.v.11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 -, juris Rn. 26 m.w.N.). Auch der bereits erwähnte Bericht von AIDA bestätigt die Gleichstellung von Asylsuchenden und international Schutzberechtigten mit italienischen Staatsangehörigen hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung (vgl. dort S. 84). Nach Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 21. Januar 2013 an das OVG Sachsen-Anhalt steht eine kostenfreie medizinische Versorgung auch Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Eine aktuelle Vereinbarung zwischen der italienischen Zentralregierung und den Regionen garantiert dabei die Not- und Grundversorgung auch von Personen, die sich illegal im Land aufhalten (VG Augsburg, B.v.19.09.2015 - Au 7 S. 15.50412 -, juris). Die Notambulanz ist für alle Personen in Italien kostenfrei (VG München, B.v.05.11.2014 - M 18 S. 14.50356 -, juris). Auch bei Überstellung von kranken Personen, deren Asylverfahren in Italien negativ abgeschlossen ist, besteht damit die Möglichkeit der Behandlung. Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller, der nach eigenen Angaben ohnehin gesund ist, in Italien Zugang zu einer angemessenen medizinischen Versorgung hat.

Schließlich begründet auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares, landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U.v.16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Vielmehr ist für den Antragsteller überhaupt kein individuelles Vorbringen erfolgt.

Der Umstand, dass der Antragsteller im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens - Zweitbefragung geltend gemacht hat, dass er nicht nach Italien wolle, begründet keine systemischen Mängel des italienischen Asylverfahrens, unabhängig davon, dass der Antragsteller über ein Jahr in Italien gelebt hat.

Die Angaben des Antragstellers während der Anhörung nach § 25 AsylG führen ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich um die Geltendmachung von Umständen, die für die Überstellung des Antragstellers im Rahmen der Anwendung der Dublin III-Verordnung nicht relevant sind, vielmehr handelt es sich um sog. zielstaatsbezogenes Vorbringen, das zum Asylantrag des Antragstellers gehört, für den die Antragsgegnerin aber gerade nicht zuständig ist.

Auch gegen die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen in den Nummern 2 und 4 des streitgegenständlichen Bescheids bestehen keine Bedenken.

3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Der nach seinen Angaben am ... geborene Antragsteller ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er behauptete zunächst am 26. Januar 2016, später am 10. April 2016 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist zu sein und stellte am 2. August 2016 Asylantrag.

Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am ... August 2016 erklärte er, er sei im Oktober 2015 aus Nigeria ausgereist und über Niger und Libyen mit dem Boot nach Italien gefahren, wo er am 13. Dezember 2015 eingereist sei. In Italien habe er sich einen Monat aufgehalten und sei anschließend auf dem Landweg nach Deutschland weitergereist. Am 13. Dezember 2015 habe man in Italien seine Fingerabdrücke genommen. Er habe einen Monat in einer Notunterkunft in Messina verbracht. Bei einer EURODAC-Abfrage ergab sich ein Treffer der „Kategorie 2“, IT2... Am 23. August 2016 wurde ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an Italien gerichtet, auf das innerhalb der festgesetzten Frist (2 Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der Kategorie 2) nach der Dublin-III-VO keine Antwort beim Bundesamt einging.

Mit Bescheid vom 25. November 2016 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziff. 1.), festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2.), die Abschiebung nach Italien angedroht (Ziff. 3.) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Unzulässigkeit des Asylantrags ergebe sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da Italien aufgrund der illegalen Einreise nach Italien gemäß Art. 22 Abs. 7 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei.

Auf die Begründung des Bescheids, die sich vor allem auch mit dem Nichtvorliegen systemischer Mängel auseinandersetzt, wird verwiesen.

Eine Zustellung des Bescheids vom 25. November 2016 ist aus den Akten nicht ersichtlich.

Mit einem am gleichen Tage beim Verwaltungsgericht München eingegangenen Schriftsatz vom ... Dezember 2016 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den Bescheid vom 25. November 2016 - zugestellt am 30. November 2016 - und beantragte gleichzeitig gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 25. November 2016 anzuordnen.

Zur Begründung von Klage und Antrag wurden im Wesentlichen systemische Mängel in Italien geltend gemacht und angeführt, dass die Dublin-III-VO faktisch außer Kraft gesetzt sei, da die Bundesregierung seit September 2015 die Regelungen der Dublin-III-VO aufgekündigt habe, indem sie seitdem die Einreise der in Ungarn festsitzenden, aber nicht registrierten Flüchtlinge ermöglicht habe.

Der Antragsteller leide an psychischen Problemen, die von Erlebnissen in der Heimat und der Flucht herrührten, aber bislang verdrängt worden seien. Wegen mangelnder Kenntnis der Behandlungsmöglichkeiten eben dieser Beschwerden und der Unklarheit des Zugangs zu einer ärztlichen Versorgung hier als Asylbewerber sei zum Zeitpunkt der Antragstellung und der Zweitbefragung noch keine ärztliche Behandlung vorgenommen worden.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 8. Dezember 2016 die elektronische Akte vor, stellte aber keinen Antrag.

Mit Schriftsatz vom ... Januar 2017 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers ein Attest des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. ... vom 14. Dezember 2016 vor, in dem „eine affektive Störung, eine depressive Episode mittelgradiger Ausprägung ohne somatisches Syndrom“ festgestellt wird. „Differenzialdiagnostisch sei auch an eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptomatik“ zu denken.

Wegen den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, die vorgelegte Behördenakte und insbesondere Begründung des streitgegenständlichen Bescheids Bezug genommen.

II.

1. Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

An der Rechtmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (vgl. § 27a AsylG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

1.1 Vorliegend ist davon auszugehen, dass der Antragsteller illegal nach Italien eingereist ist. Dies ergibt sich aus dem EURODAC-Treffer der „Kategorie 2“. Damit ist Italien nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig.

Da Italien das am 23. August 2016 gestellte Übernahmeersuchen innerhalb der festgesetzten Frist (2 Monate nach Erhalt des Gesuchs bei einem EURODAC-Treffer der Kategorie 2 nicht beantwortet hat, gilt das Übernahmeersuchen gemäß Art. 22 Abs. 7 VO (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates damit als angenommen und akzeptiert, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen.

Da sich die Abschiebungsanordnung unter Nr. 3 des Bescheids des Bundesamts vom 25. November 2016 nach der insoweit gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig erweist, führt die vorzunehmende Interessenabwägung im Fall des Antragstellers zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.

2. Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an (vgl. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

2.1 Italien ist als Mitgliedstaat, in dem der Antragsteller ausweislich des erzielten EURODAC-Treffers einen Asylantrag gestellt hat, für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig (Art. 3 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO). Nach Aktenlage hat Italien das gemäß Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO rechtzeitig gestellte Wiederaufnahmegesuch nach Art. 23 Abs. 1 Dublin-III-VO nicht beantwortet. Gemäß Art. 25 Abs. 2 der Dublin-III-VO ist davon auszugehen, dass von italienischer Seite dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen.

2.2 Entgegen der Behauptung des Bevollmächtigten des Antragstellers ist die Dublin-III-Verordnung weder faktisch noch tatsächlich außer Kraft gesetzt. Vielmehr verfährt die Antragsgegnerin grundsätzlich regelhaft nach der Dublin-III-VO. Die Zulassung der Einreise der im August 2015 in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge war eine zeitlich befristete Maßnahme. Eine Aufkündigung des Dublin-III-Abkommens durch die Bundesregierung erfolgte rechtlich nicht. Auch eine faktische Außer-Kraft-Setzung liegt nicht vor, da die Dublin-III-VO mit Ausnahme eines kurzen Zeitraums vollzogen wurde und wird.

2.3 Die Zuständigkeit liegt auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO bei der Antragsgegnerin (oder einem anderen Mitgliedsstaat), weil eine Überstellung an Italien als den zuständigen Mitgliedsstaat an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO scheitern würde. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller im Falle einer Abschiebung nach Italien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EUGrdRCh - ausgesetzt wäre.

Nach dem vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten „Konzept der normativen Vergewisserung“ ist davon auszugehen, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - sichergestellt ist (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris Rn. 181). Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - Rs. C-411/10 und C-493/10 - juris). Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines Asylbewerbers bzw. als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht.

Hiervon kann nur dann nicht ausgegangen werden, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U. v. 10.12.2013 - Rs. C-394/12 - juris, BVerfG, U. v. 14.5.1996 a. a. O.). Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Personen implizieren (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 86). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 5 f. m. w. N., B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

Dies zugrunde gelegt, ist in Bezug auf Italien nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung dorthin eine menschenunwürdige Behandlung im vorgenannten Sinne droht. Es ist nicht hinreichend ersichtlich, dass in Italien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen vorliegen. Das Gericht schließt sich insoweit der Bewertung des umfangreichen aktuellen Erkenntnismaterials durch verschiedene Obergerichte und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (s. hierzu statt vieler aktuell OVG NW, U. v. 18.7.2016 - 13 A 1859/14.A - juris Rn. 41 ff. m. w. N., U. v. 7.7.2016 - 13 A 2302/15.A - juris Rn. 41). Es mag zwar immer wieder vorkommen, dass Asylsuchende während der Bearbeitung ihres Asylantrags in Italien auf sich alleine gestellt und zum Teil auch obdachlos sind. Dies und auch die zum Teil lange Dauer der Asylverfahren sind darauf zurückzuführen, dass das italienische Asylsystem aufgrund der momentan hohen Asylbewerberzahlen stark ausgelastet und an der Kapazitätsgrenze ist. Die im Bereich der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber weiterhin feststellbaren Mängel und Defizite sind aber weder für sich genommen noch insgesamt als so gravierend zu bewerten, dass ein grundlegendes systemisches Versagen des Mitgliedstaates vorläge, welches für einen „Dublin-Rückkehrer“ nach dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Rechtsverletzungen im Schutzbereich von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK mit dem dafür notwendigen Schweregrad nahelegt. (vgl. OVG NRW, U. v. 18.7.2016 a.a.O). Es ist im Grundsatz davon auszugehen, dass Italien über ein im Wesentlichen ordnungsgemäßes, völker- und unionsrechtskonformes Asyl- und Aufnahmeverfahren verfügt, das trotz einzelner Mängel nicht nur abstrakt, sondern gerade auch unter Würdigung der vor Ort tatsächlich anzutreffenden Rahmenbedingungen prinzipiell funktionsfähig ist und dabei insbesondere sicherstellt, dass der rücküberstellte Asylbewerber im Normalfall nicht mit schwerwiegenden Verstößen und Rechtsbeeinträchtigungen rechnen muss. In Italien bestehen ausdifferenzierte Strukturen zur Aufnahme von Asylbewerbern, auch speziell für „Dublin-Rückkehrer“. Diese befinden sich in staatlicher, in kommunaler, kirchlicher oder privater Trägerschaft und werden zum Teil zentral koordiniert (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 - AN 14 K 15.50316 - juris Rn. 24 m. w. N.). Das italienische Recht gewährt den Asylsuchenden ab dem Zeitpunkt des Asylantrags Zugang zu Unterbringungsmöglichkeiten. In der Praxis wird zwar der Zugang zu den Aufnahmezentren häufig erst von der formellen Registrierung des Asylantrags abhängig gemacht, so dass hierdurch eine Zeitspanne ohne Unterbringung entstehen kann. Die Behörden sind jedoch darum bemüht, diese zu verringern (vgl. VG Ansbach, U. v. 11.12.2015 a. a. O.). Auch „Dublin-Rückkehrer“ haben bei ihrer Ankunft in Italien nach Kapazität sofort Zugang zu bestimmten Unterkünften; es ist auch gewährleistet, dass sie nach ihrer Rückkehr ihr ursprüngliches Asylverfahren weiterbetreiben bzw. - wenn sie das noch nicht getan haben - einen Asylantrag oder - falls das Asylverfahren in Italien mit negativem Ergebnis bereits abgeschlossen sein sollte - einen Folgeantrag stellen können (s. OVG NRW, U. v. 19.5.2016 - 13A 516/14.A - juris Rn. 65 ff.).

Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet keine systemischen Mängel. Dies gilt auch in Ansehung des Umstands, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt, sondern vielmehr nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris).

2.4 Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen, sind ebenso wenig ersichtlich wie inlands- oder zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse.

Die Behauptung, der Antragsteller leide unter gesundheitlichen Einschränkungen, die ein Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen würden, führt, abgesehen davon, dass es sich bei der geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung um eine Standardbehauptung handelt, zu keiner anderen Bewertung. Der Einwand, der Antragsteller sei über Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland nicht informiert gewesen, erscheint in keiner Weise glaubhaft, da nach den Erfahrungen des Gerichts Asylbewerber in der Regel - schon aufgrund der meist bestehenden guten Vernetzung untereinander - relativ schnell Kenntnis von ihren Rechten und den Sozialleistungen, die in der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen werden können, erhalten.

Auch das am ... Januar 2017 vorgelegte Attest rechtfertigt keine andere Bewertung. Der Gesetzgeber geht mit dem seit dem 17. März 2016 (Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren v. 11.3.2016 - BGBl I S. 390) neu eingeführten § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG nunmehr davon aus, dass nur lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern. Eine solche wurde durch das Attest vom 14. Dezember 2016 nicht belegt (vgl. BayVGH, B. v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 9. September 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die nach eigenen Angaben am … … 1970 geborene Antragstellerin (Bl. 3 d. Behördenakts - i.F.: BA -) reiste nach eigener Aussage am 29. Februar 2016 von Italien kommend in das Bundesgebiet ein (Bl. 26 d. BA). Sie beantragte am 2. Mai 2016 Asyl (Bl. 3 d. BA). Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben Staatsangehörige Sierra Leones bzw. Nigerias (Bl. 3 bzw. Bl. 63 d. BA).

Aufgrund eines Eurodac-Treffers der Kategorie 1 vom 2. Mai 2016 (Bl. 37 d. BA) wurde am 24. Juni 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an Italien gerichtet (Bl. 40ff. d. BA); eine Zugangsbestätigung liegt vor (Bl. 46ff. des BA). Die italienischen Behörden haben bis dato nicht geantwortet.

Mit Bescheid vom … September 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) den Antrag als unzulässig ab (Nr. 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), ordnete die Abschiebung nach Italien an (Nr. 3) und befristete das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung.

Wegen des Bescheidinhalts wird auf diesen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat am 4. Oktober 2016 Klage gegen den Bescheid erhoben. Vorliegend beantragt er,

die aufschiebende Wirkung der Klage vom 4. Oktober 2016 gegen die Abschiebungsanordnung anzuordnen.

Die Antragstellerin leide an Diabetes mellitus Typ 2 und Bluthochdruck sowie Übergewicht. Sie sei deswegen bereits in stationärer Behandlung gewesen. Eine Behandlung könne nicht in Italien erfolgen. Die Asylbewerber würden dort sich selbst überlassen und seien in der Regel obdachlos. Eine entsprechende Ernährung finde nicht statt. Bei einer Rückführung der Antragstellerin bestehe Lebensgefahr, weil die ausreichende Versorgung mit Medikamenten und gesunder Ernährung nicht sichergestellt sei. Zum Beweis werde die Einholung einer aktuellen Auskunft von Pro-Asyl und Caritas International über den aktuellen Versorgungszustand von Rückführungsflüchtlingen in Italien und deren tatsächliche Gesundheitsversorgung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Er ist zulässig - der Bescheid wurde zwar bereits am 24. September 2016 zugestellt, die Antragsfrist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG lief aber wegen des Feiertags am 3. Oktober 2016 erst am 4. Oktober aus, § 222 Abs. 2 ZPO -, aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu.

An der Rechtmäßigkeit der vom Bundesamt zutreffend auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen bei summarischer Prüfung keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat u.a. aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft, v.a. nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (i.F.: Dublin III-VO), für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Italien ist hier für die Prüfung zuständig. Dies ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Die italienischen Behörden haben auf das Wiederaufnahmegesuch vom 24. Juni 2016 innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO nicht geantwortet; damit ist davon auszugehen, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO.

Die Überstellung an Italien ist auch nicht rechtlich unmöglich im Sinn des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO. Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass in Italien keine generellen systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen mit der Folge gegeben sind, dass Asylbewerber mit überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden. Auch Rückkehrer erhalten eine Unterkunft, medizinische Behandlung und sonstige Versorgung. Sofern sie einen Asylantrag stellen, wird ein Asylverfahren durchgeführt. Zusätzliche Aufnahmezentren sind geschaffen worden. Aktuelle Erkenntnisse diesbezüglich liegen den neueren Entscheidungen zugrunde (VG München, B.v. 22.11.2016 - M 9 S. 16.50779 - juris m.w.N.; BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 - juris; OVG NW, U.v. 21.6.2016 - 13 A 1896/14.A - juris; U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris; B.v. 12.10.2016 - 13 A 1624/16.A - juris; NdsOVG, U.v. 25.6.2015 - 11 LB 248/14 - juris). Probleme bei der Unterbringung in der zweiten Jahreshälfte 2015 rechtfertigen keine andere Einschätzung, da diesbezügliche Schwierigkeiten nicht nur in Italien, sondern in weiten Teilen Europas bestanden. Im Hinblick auf die vorgetragene Erkrankung der Antragstellerin wird darauf hingewiesen, dass alle Asylbewerber in Italien kostenfreien Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem haben (OVG NW, U.v. 22.9.2016 - 13 A 2448/15.A - juris; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 23. Februar 2016, in der Gerichtsbibliothek, Dublin-Sammlung: Erkenntnismittel Italien, oder über MILO einsehbar). Alle, auch irregulär anwesende Personen und Rückkehrer, haben ein Recht auf medizinische Grund- und Notfallversorgung bei Krankheit oder Unfall, auch ohne Selbstbehalt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016: „Aufnahmebedingungen in Italien - Zur aktuellen Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden in Italien“, in der Gerichtsbibliothek, Dublin-Sammlung: Erkenntnismittel Italien, oder über Asylfact einsehbar). Das sog. ticket - der Selbstbehalt - muss darüber hinaus auch langfristig nicht bezahlt werden, solange eine nicht erwerbstätige Person bspw. in einer SPRAR-Einrichtung untergebracht ist oder eine sog. STP-Karte besitzt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O.). Zugang zu einem Hausarzt und zu weiteren medizinischen Leistungen erhält man über eine Gesundheitskarte, die man ohne Weiteres über eine Registrierung bei den lokalen Institutionen erlangt (Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016, a.a.O.). Aus diesen Gründen bestand für die Antragsgegnerin auch im Hinblick auf die Gesundheitsversorgung von Dublin-Rückkehrern keine Veranlassung, das Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben.

Dem schriftsätzlichen Antrag auf Einholung einer aktuellen Auskunft von Pro Asyl und Caritas International war nach alledem nicht weiter nachzugehen. Im auf eine lediglich summarische Prüfung der Sachlage angelegten und grundsätzlich auf die Verwertung präsenter, d.h. von den Beteiligten beigebrachter, ohne förmliche Beweiserhebung gewonnener und lediglich glaubhaft gemachter (§ 294 ZPO) Beweismittel ausgerichteten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren steht eine förmliche Beweisaufnahme im Ermessen des Gerichts (BeckOK VwGO, Stand: 40. Ed. 1.1.2017, VwGO § 86 Rn. 12). Das Gericht sieht hinsichtlich des bereits in formeller Hinsicht nicht als Beweisantrag formulierten Begehrs angesichts der ihm vorliegenden umfangreichen und aktuellen Erkenntnismittel von der Anforderung einer entsprechenden Auskunft ab. Dies umso mehr, als es nicht das „das eine“ richtige bzw. überzeugende Erkenntnismittel geben kann, sondern stets ein breites Spektrum zu berücksichtigen ist (VG München, B.v. 2.2.2017 - M 9 S. 17.50067 - noch unveröffentlicht).

Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot, § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG, oder ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis (BayVGH, B.v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris) wurden nicht belegt.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (BayVGH, B.v. 21.9.2016 - 10 C 16.1164 - juris mit Bezug auf BVerwG, U.v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris).

Nach Obenstehendem ist Letzteres im Falle der Antragstellerin ausgeschlossen, da sie Zugang zu entsprechenden Medikamenten erhalten wird. Auch im Übrigen ist für ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nichts ersichtlich. Das vorgelegte Attest vom 17. Oktober 2016 (Bl. 10 d. GA), wonach die Antragstellerin an Diabetes mellitus Typ II leidet und wegen erhöhten Blutdrucks behandelt wird, ändert hieran nichts. Das Attest enthält nur die Aussage, dass die Erkrankungen durch regelmäßige Kontrollen und mit der gegenwärtigen Medikation gut eingestellt sind. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Weiterbehandlung unter diesen Vorzeichen nicht auch in Italien erfolgen kann, solange die Antragstellerin dort die genannten Medikamente weiter einnimmt (dazu, dass nach dem Attest nicht abschließend geklärt erscheint, ob eine medikamentöse Behandlung überhaupt notwendig ist, siehe unten). Dass der Zugang zu diesen Medikamenten nicht möglich sein sollte, wurde vonseiten der Antragstellerin oder ihres Bevollmächtigten nicht vorgetragen, geschweige denn belegt. Eine entsprechende Gesundheitsversorgung ist nach den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln ohne Weiteres möglich; dazu wird auf obenstehende Ausführungen verwiesen. Es wird weiter darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin nach eigener Aussage (Bl. 26 d. BA) bereits ca. 14 Jahre in Italien gelebt hat. Dies spricht dafür, dass sie die Gepflogenheiten des Aufnahmestaates und ihre Rechte in Bezug auf das Gesundheitssystem kennt bzw. diese bei den zuständigen Stellen wird durchsetzen können. Weiter ist es nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist; d.h. auch etwaige im Vergleich bestehende Schwächen des Gesundheitssystems in Italien verhelfen dem Antrag nicht zum Erfolg, solange eine ausreichende medizinische Versorgung, wie vorliegend, sichergestellt ist.

Auch das Fazit des Attests führt nicht zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung: Es schließt damit, dass bei einer Abschiebung nach Italien, wo rückgeführte Asylbewerber meist sich selbst überlassen seien, eine erhebliche Verschlechterung der Diabetes- und Blutdruckerkrankung bis hin zur unmittelbaren Lebensgefahr drohe.

Damit ist keine Reiseunfähigkeit belegt. Reiseunfähigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung (z.B. BayVGH, B.v. 5.1.2017 - 10 CE 17.30 - juris) nur dann vor, wenn und solange der Betroffene wegen seiner Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn); zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Betroffenen bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne).

Beides ist durch das Attest nicht ansatzweise belegt. Das halbseitige Attest genügt bereits nicht den Anforderungen, die § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG an eine Widerlegung der Vermutung des § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG, mithin an eine ärztliche Bescheinigung zur Glaubhaftmachung einer Reiseunfähigkeit (Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Nachtrag zur 11. Auflage 2016, § 60 Rn. N 2 f.), stellt. Die Kriterien des § 60 Abs. 2c Satz 3 AufenthG können mangels Einschränkung auch im Rahmen der Überprüfung eines Bescheids nach Dublin III-VO herangezogen werden (VG München, B.v. 7.7.2016 - M 1 S. 16.50385 - juris; B.v. 8.11.2016 - M 6 S. 16.50615 - juris); sie gelten weiter nur „insbesondere“ für „schwer diagnostizier- und überprüfbare Erkrankungen psychischer Art“ (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 18/7538, S. 18f.) und sind damit auch für Beurteilungen sonstiger Krankheitszustände ergiebig (vgl. z.B. VG München, B.v. 16.8.2016 - M 5 S. 16.32007 - juris für abdominelle Beschwerden). Die ärztlichen Feststellungen beruhen, soweit ersichtlich, nur auf einem Bericht der Antragstellerin; dass eine eigene Untersuchung seitens des behandelnden Arztes erfolgt ist, ist nicht ersichtlich. Als fachliche Beurteilung findet sich weiter nur die Behauptung, „dass die Besserung der Blutzuckerwerte sicherlich auf die regelmäßige ärztliche Krankheitsüberwachung“ zurückzuführen sei. Damit geht das Attest diesbezüglich nicht über Mutmaßungen hinaus und zeigt bspw. nicht den Schweregrad der Erkrankung auf. Weiter bleibt unklar, ob die Medikation überhaupt notwendig ist oder ob die Verbesserungen nicht auch auf einen positiven Lebenswandel der Antragstellerin zurückgeführt werden könnten: Nach http: …www.diabetes-ratgeber.net/Diabetes-Typ-2 (abgerufen am 14. Februar 2017, 10:50 Uhr) kann Typ-2-Diabetes, im Gegensatz zum Typ-1-Diabetes, anfangs meist durch eine Umstellung des Lebensstils behandelt werden, die sich günstig auf die Insulinresistenz auswirkt; dazu gehören viel Bewegung, gesunde Ernährung und gegebenenfalls Abnehmen. Demnach lebten weiter allein in Deutschland vermutlich bis zu vier Millionen Menschen, deren Diabetes - dieses Typs - noch nicht diagnostiziert wurde. Dementsprechend ist die Besserung vorliegend dem Attest zufolge zumindest auch auf „die notwendige gesunde Ernährung zurückzuführen“. Ein Attest, dem weiter nicht zu entnehmen ist, wie es zur prognostischen Diagnose bzw. Einschätzung kommt, dass sich der Zustand des Betroffenen durch eine Abschiebung erheblich verschlechtert, und das auch nichts darüber aussagt, welche Tatsachen dieser Prognose zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (BayVGH, B.v. 5.1.2017, a.a.O.; B.v. 23.8.2016 - 10 CE 15.2784 - juris). Nach der Begründung des Gesetzentwurfs, BT-Drs. 18/7538, S. 19, wäre bspw. eine Aussage dazu erforderlich, welche hinreichend konkreten Gründe eine Reise im KFZ oder im Flugzeug nicht ohne Weiteres zulassen. Dass eine derartige Prognose bei der Antragstellerin anzunehmen wäre, ist auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie nach ihrem dreitägigen stationären Aufenthalt im Juli 2016, den sie (nur) wegen Kopfschmerzen angetreten hatte, „in gutem Allgemeinzustand“ entlassen wurde (Bl. 57 d. BA), worauf der Bescheid zu Recht hinweist.

Bei alledem wird lediglich ergänzend festgehalten, dass vorliegend eine Abschiebung in ein innereuropäisches Land in Rede steht, wo allgemein von hohen medizinischen Versorgungsstandards ausgegangen werden kann. Auch der Rückführungsweg ist kurz und stellt keine großen Belastungen an den Betroffenen.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Unter Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 6. Mai 2016 wird dem Kläger für das Verfahren M 4 K 16.1114 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ... beigeordnet.

Gründe

I. Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sein Klageverfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG weiter.

Der Kläger ist indischer Staatsangehöriger. Er reiste 5. Februar 2010 mit einem gültigen Visum in das Bundesgebiet ein und erhielt eine Aufenthaltserlaubnis für eine Tätigkeit als Spezialitätenkoch, die zuletzt bis 6. Juni 2014 verlängert worden war. Seit 10. Dezember 2012 bezog der Kläger wegen einer schweren Erkrankung Krankengeld, seit 12. April 2014 erhält er Leistungen nach dem SGB XII.

Seinen Antrag vom 30. Mai 2014 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 5. Februar 2016 ab. Ein Abschiebungshindernis bezüglich Indiens liege nicht vor. Der Gesundheitszustand des Klägers habe sich stabilisiert. Die für die dauerhafte Behandlung seiner Erkrankung notwendigen Medikamente könne er zu einem bedeutend günstigeren Preis auch in Indien erhalten. Da bislang keine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit festgestellt worden sei, sei davon auszugehen, dass er in Neu Delhi wie vor seiner Ausreise wieder einer Berufstätigkeit nachgehen könne. Dort habe er auch den leichtesten Zugang zu medizinischer Versorgung.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 7. März 2016 Klage (M 4 K 16.1114) und beantragte, ihm für das Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die erforderliche Behandlung sei für ihn aus finanziellen Gründen nicht zugänglich.

Ausweislich des amtsärztlichen Gutachtens vom 22. April 2016 besteht beim Kläger ein stabiler Folgezustand bei Anlage von TIPS (transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts). Eine lebenslange suffiziente Medikation sei jedoch erforderlich, um schwerwiegende lebensbedrohliche Komplikationen zu vermeiden. Ob ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis vorliege, habe das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entscheiden.

Der Kläger verwies auf seine Angaben zu seiner finanziellen Situation und auf eine Stellungnahme des behandelnden Arztes, wonach er lediglich zwei Stunden am Tag arbeitsfähig sei.

Mit Beschluss vom 6. Mai 2016 lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Zur Begründung verwies es auf den Beschluss der Kammer vom selben Tag im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (M 4 S 16.1115), mit dem der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 7. März 2016 abgelehnt worden war. Ein Abschiebungshindernis bestehe nicht, weil Behandlungsmöglichkeiten für die Erkrankung im Heimatland des Klägers bestünden. Die notwendige Behandlung sei für den Kläger auch finanziell zugänglich. Das Geld für die Medikamente könne sich der Kläger selbst verdienen. Notfalls könne er, wie dies in Indien üblich sei, von seiner Familie unterstützt werden. Im Übrigen sei der Zugang zur medizinischen Grundversorgung kostenfrei. Die Medikamente des Klägers kosteten in Indien nur einen Bruchteil der Preise in Europa.

Im Beschwerdeverfahren bringt der Kläger vor, dass nicht geklärt sei, ob er die lebensnotwendige Behandlung in Indien in finanzieller Hinsicht erreichen könne. Es gehe nicht nur um die Medikamente, sondern auch um die Labor-, Ultraschall und Gastroskopiekontrollen. Auch habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, die finanzielle Situation der Familie des Klägers prüfen zu lassen.

Der Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Das Erstgericht habe richtig entschieden.

Ergänzend wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 4 S 16.1115, M 4 K 16.1114 und 10 ZB 16.1653, verwiesen.

II. Die Beschwerde des Klägers gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss des Verwaltungsgerichts München vom 6. Mai 2016 ist zulässig und begründet.

Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V. mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinsichtlich der Erfolgsaussichten dürfen allerdings die Anforderungen nicht überspannt werden. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit in dem Sinne, dass der Prozesserfolg schon gewiss sein muss, ist nicht erforderlich, sondern es genügt bereits eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs. Solche offenen Erfolgsaussichten sind im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (st. Rspr., BayVGH, B.v. 11.1.2016 - 10 C 15.724 - juris Rn. 14 m. w. N.) im vorliegenden Fall gegeben.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gefahr, dass sich eine Erkrankung und die mit einer Erkrankung verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Abschiebezielstaat verschlimmern, ist in der Regel als am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfende individuelle Gefahr einzustufen (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.2006 - 1 C 18.05 - juris Rn. 15). Die Gesundheitsgefahr muss erheblich sein; die Verhältnisse im Abschiebezielstaat müssen also eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität, etwa eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes, erwarten lassen. Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG in der durch Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) mit Wirkung vom 17. März 2016 geänderten Fassung nachgezeichnet (vgl. NdsOVG, B.v. 19.8.2016 - 8 ME 87.16 - juris Rn. 4). Nach dieser Bestimmung liegt eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (vgl. zur Intention des Gesetzgebers: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD, Entwurf eines Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren, BT-Drs. 18/7538 S. 18 f.).

Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, dass also eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, a. a. O.).

Dabei sind sämtliche zielstaatsbezogenen Umstände, die zu einer Verschlimmerung der Erkrankung führen können, in die Beurteilung der Gefahrenlage mit einzubeziehen. Solche Umstände können darin liegen, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Zielstaat wegen des geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist. Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis kann sich trotz grundsätzlich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlung aber auch aus sonstigen Umständen im Zielstaat ergeben, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer diese medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht zugänglich ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2002 - 1 C 1.02 - juris Rn. 9).

Der Kläger hat in der Beschwerdebegründung zu Recht darauf verwiesen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag noch nicht abschließend geklärt war, ob ihm in Indien die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen werden, um die zur Behandlung seiner Erkrankung notwendigen Medikamente und Untersuchungen zu bezahlen. Es stand weder fest, in welchem Umfang der Kläger wieder arbeitsfähig sein wird, noch über welche familiären Strukturen, die ihn unterstützen könnten, er verfügt. Der Verweis auf die finanzielle Unterstützung durch die Großfamilie (unter Bezugnahme auf den Bericht der Deutschen Botschaft in Neu Delhi an das Verwaltungsgericht Sigmaringen vom 30. Dezember 2013) trägt insoweit nicht. Anders als im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen war der Kläger vor seiner legalen Einreise in die Bundesrepublik bereits zehn Jahre in Indien als Spezialitätenkoch tätig und konnte so durch seine Berufstätigkeit die für die Einreise in die Bundesrepublik erforderlichen Mittel ansparen. Daher kann alleine aus der Tatsache, dass ihm das Geld für eine Einreise in das Bundesgebiet zur Verfügung stand, nicht auf eine mögliche finanzielle Unterstützung aus dem familiären Umfeld geschlossen werden. Auch war offen, ob bzw. in welchem Umfang das kostenfreie staatliche Gesundheitssystem die vom Kläger benötigten Medikamente und die erforderlichen Untersuchungen umfasst.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich aber auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Offen war im Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag auch, ob im Fall des Klägers nicht die Sperrklausel des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG eingreift. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Aus der Sperrklausel des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG folgt, dass der Betreffende sich nicht auf das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG berufen kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zuständige Landesbehörde einen allgemeinen Abschiebestopp erlassen hat oder - wie vorliegend - nicht. Mit dieser Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers erreicht werden, dass dann, wenn eine bestimmte Gefahr der ganzen Bevölkerung bzw. Bevölkerungsgruppe im Zielstaat gleichermaßen droht, über deren Aufnahme oder Nichtaufnahme nicht im Einzelfall durch das Bundesamt und die Ausländerbehörde entschieden wird, sondern für die ganze Gruppe der potenziell Betroffenen einheitlich durch eine politische Leitentscheidung des Innenministeriums im Wege des § 60a AufenthG (BVerwG, U.v. 13.6.2013 - 10 C 13.12 - juris Rn. 13 m. w. N.). Auch wenn die allgemeine Gefahr den Ausländer konkret betrifft, ist die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gesperrt, wenn dieselbe Gefahr zugleich einer Vielzahl anderer Personen im Abschiebestaat droht. Allgemeine schwierige Lebensbedingungen aufgrund einer katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Situation, die mit Mangelerscheinungen wie Obdachlosigkeit, Unterernährung oder unzureichender medizinischer Versorgung verbunden ist, begründen daher regelmäßig nur eine allgemeine Gefahr i. S. d. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG (Hailbronner, AufenthG, Stand: April 2016, § 60 Rn. 80).

Entsprechend dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (508-516.80/3 IND vom 24.4.2016) lebt ein Viertel der Bevölkerung in Indien unter dem Existenzminimum. Die gesundheitliche Grundversorgung wird vom Staat kostenfrei gewährt, ist jedoch unzureichend. Deshalb weichen viele für eine bessere oder schnellere Behandlung auf private Anbieter aus. Sollte es dem Kläger, wie er vorträgt, tatsächlich nicht gelingen, die Kosten für die erforderlichen Medikamente und Kontrolluntersuchungen durch eigene Arbeit oder finanzielle Unterstützung seiner Familie aufzubringen, so gehörte er der Bevölkerungsgruppe der Inder an, die auf die kostenlose, staatliche aber unzureichende Gesundheitsversorgung angewiesen sind. Damit würde grundsätzlich die Regelung in § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG greifen. Seine Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 i. V. m. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG könnte daher keinen Erfolg haben.

Diese Sperrwirkung kann aber aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG im Wege einer verfassungskonformen Auslegung durchbrochen werden, wenn dies zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Schutzlücke erforderlich ist. Ein solcher Ausnahmefall liegt nur vor, wenn der Ausländer bei einer Rückkehr einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Wann allgemeine Gefahren von Verfassung wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren - zeitlichen - Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (BVerwG, U.v. 29.9.2011 - 10 C 24.10 - juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 24.10.2013 - 13a B 12.30421 - juris Rn. 19 m. w. N.). Ob von einer solchen extremen Gefahrenlage, die sich alsbald nach der Rückkehr des Klägers nach Indien realisieren würde, zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt über den Prozesskostenhilfe tatsächlich auszugehen war, war jedoch ebenfalls offen. Es bedurfte noch tatsächlicher Ermittlungen im Hauptsacheverfahren, um festzustellen, ob der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland in naher Zukunft mit einer lebensgefährlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands rechnen musste.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Kläger, Staatsangehöriger Sierra Leones, begehrt die Feststellung von Abschiebungsverboten wegen schwerer psychischer Erkrankung. Seinen Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 24. November 2015 als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen. Die Klage des Klägers hiergegen wies das Verwaltungsgericht München mit Gerichtsbescheid vom 21. März 2017 ab. Auf den Antrag des Klägers hin fand am 13. Oktober 2017 mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht statt, in der der Kläger seinen Antrag auf die Feststellung von Abschiebungsverboten beschränkte. Mit Urteil vom 13. Oktober 2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Hiergegen richtet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung. Er macht einen Verfahrensmangel geltend, weil ihm durch die Ablehnung seines Beweisantrags in der mündlichen Verhandlung das rechtliche Gehör versagt worden sei.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.

Die Ablehnung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerwG, B.v. 10.8.2015 – 5 B 48.15 – juris Rn. 10 m.w.N.). Das rechtliche Gehör ist versagt, wenn ein Beweisantrag in willkürlicher Weise als unerheblich qualifiziert wird. Willkürlich ist ein Richterspruch aber nur, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Von einer willkürlichen Missdeutung kann insbesondere nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG, B.v. 22.5.2015 – 1 BvR 291/13 – juris Rn. 5 m.w.N.; BayVGH, B.v. 14.12.2017 – 9 ZB 15.30129 – juris Rn. 16 m.w.N.). Gemessen daran liegt in der Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vom 13. Oktober 2017 gestellten Beweisantrags keine Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Oktober 2017 beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass er schwer psychisch erkrankt und aus diesem Grund auf ständige Behandlung angewiesen ist, um Eigengefährdungen entgegenzuwirken, ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung als nicht entscheidungserheblich abgelehnt. Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG werde vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstünden. Nach § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG müsse der Ausländer eine Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen, an die bestimmte Anforderungen zu stellen seien. Diesen Anforderungen genügten die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (Az. M 21 S 15.31608 und M 21 S 7 16.30618) vorgelegten Atteste nicht; die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei hierzu nicht erforderlich.

Zur Begründung seines Zulassungsantrags trägt der Kläger vor, dass die Ablehnung des Beweisantrags hinsichtlich der Anwendbarkeit der Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG nicht vom Prozessrecht gedeckt sei. Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, weil das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu Recht abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht folgte hierbei der gefestigten Rechtsprechung mehrerer Oberverwaltungsgerichte, wonach die Anforderungen an ein ärztliches Attest gemäß § 60a Abs. 2c AufenthG auf die Substantiierung der Voraussetzungen eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind (BayVGH, B.v. 24.1.2018 – 10 ZB 18.30105 – juris Rn. 9 m.w.N.).

Dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem Wortlaut des Gesetzes, der Entstehungsgeschichte und der Erwägung des Gesetzgebers, dass er mit den Regelungen in dem mit dem Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl I S. 390) eingeführten Absatz 2c des § 60a AufenthG im Wesentlichen die ohnehin bereits bestehende Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine substantiierte Geltendmachung krankheitsbedingter Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. September 2007 (Az. 10 C 8.07 – juris Rn. 15) nachvollzogen hat. Der Wortlaut des § 60a Abs. 2c AufenthG stellt ausschließlich darauf ab, ob Abschiebungsverbote aus gesundheitlichen Gründen vorliegen, und differenziert nicht zwischen inlands- und zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten. Auch lässt die Begründung zur Einführung des § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG erkennen, dass der Gesetzgeber mit diesen Regelungen die Anforderungen an die Geltendmachung psychischer Erkrankungen als Abschiebungshindernis insgesamt erschweren wollte. Schließlich umfasst die Regelung in § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG auch nach ihrem Sinn und Zweck die Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse nach § 60 Abs. 7 AufenthG.

Es ist demnach – wie das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen hat – Aufgabe des erkennenden Gerichts zu überprüfen, ob die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens ist insoweit nicht erforderlich. Aus dem vorgelegten Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 16. Oktober 2017 (Az. 13a ZB 17.31153) ergibt sich nichts anderes, weil sich diese Entscheidung zu der Frage, ob die Anforderungen an ärztliche Atteste in § 60a Abs. 2c AufenthG auch auf die Geltendmachung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu übertragen sind, nicht verhält.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.