Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Sept. 2016 - M 5 E 16.3982

published on 06/09/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 06. Sept. 2016 - M 5 E 16.3982
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Tenor

I. Der Antragsteller wird vorläufig von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Bayerischen Landeskriminalamtes vom 31. August 2016 bis zum rechtskräftigen Abschluss eines (noch durchzuführenden) Hauptsache-verfahrens freigestellt.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

Gegenstand des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist die Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom 31. August 2016.

I.

Dem Antrag war stattzugeben, da die Anordnung in formeller Hinsicht rechtswidrig ist.

1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d. h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d. h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.

2. Es besteht ein Anordnungsgrund, da die streitgegenständliche Untersuchung am 6. September 2016 um 10:00 Uhr unmittelbar bevorsteht.

3. Es ist auch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da die streitgegenständliche Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung in formeller Hinsicht nicht den einzuhaltenden Rechtmäßigkeitsanforderungen entspricht.

Nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) ist die Behörde zu einer Untersuchungsaufforderung berechtigt und damit ein Beamter entsprechend zur Mitwirkung verpflichtet, wenn Zweifel an dessen Dienstfähigkeit bestehen. Aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände muss zweifelhaft sein, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amts zu erfüllen. Dies ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Der Aufforderung müssen tatsächliche Feststellungen zugrunde liegen, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als naheliegend erscheinen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 30.05.2013 - 2 C68/11 - juris, Rn. 19).

Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstunfähigkeit stützt, in der Aufforderung angeben. Der Beamte muss anhand dieser Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind. Er muss erkennen können, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird. Die Behörde darf insbesondere nicht nach der Überlegung vorgehen, der Adressat werde schon wissen, „worum es geht“ (vgl. BVerwG, U.v. 30.05.2013, a.a.O., Rn. 20). Genügt die Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (vgl. BVerwG, U.v. 30.05.2013, a.a.O., Rn. 20).

Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Beamte einer fachpsychiatrischen Untersuchung unterziehen soll. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 23).

bb) Diesen höchstrichterlichen Vorgaben entspricht die streitgegenständliche Anordnungen des Antragsgegners vom 31. August 2016 nicht. Die Untersuchungsanordnung ist nicht aus sich heraus verständlich und die tatsächlichen Umstände, die die Zweifel an der Dienstunfähigkeit begründen, sind nicht hinreichend nachvollziehbar.

So lässt die Anordnung, welche sich auf die seit dem … März 2016 andauernde, krankheitsbedingte Abwesenheit des Antragstellers stützt, nicht erkennen, ob dem Antragsgegner die Hintergründe dieser Erkrankung bekannt sind. Sofern der Dienstherr diese nicht kennt, kann eine allgemeinmedizinische Untersuchung zur Klärung angeordnet werden. Aufgrund des daraus resultierenden Befundes kann der Dienstherr in einem nächsten Schritt gegebenenfalls weitere fachärztliche Untersuchungen anordnen. Vorliegend hat der Dienstherr über die Anamnesegespräche und allgemeinmedizinischen körperlichen Untersuchungen hinaus jedoch auch psychiatrische Untersuchungen angekündigt. Dies ist unzulässig, sollte dem Dienstherrn unbekannt sein, ob die Erkrankung psychischer Art ist und er hierfür auch keine Anhaltspunkte hat. Sofern er hingegen von einer psychischen Erkrankung ausgeht, muss diese Tatsache in der Untersuchungsanordnung benannt werden, was vorliegend nicht erfolgte. Nach dem Vorbringen in der Antragserwiderung hat der Antragsteller dem Antragsgegner Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt, aus denen als behandelnde Ärzte zwei Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie hervorgehen. Sofern der Antragsgegner dies zum Anlass genommen haben sollte, psychiatrische Untersuchungen anzuordnen, ist festzustellen, dass in der streitgegenständlichen Anordnung weder auf diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingegangen wird, noch auf eine hieraus resultierende Schlussfolgerung einer psychische Erkrankung. Auch wird nicht deutlich, mit welchen psychischen Beeinträchtigungen sich die amtsärztliche Untersuchung konkret befassen soll (so BVerwG, B.v. 10.4.2014 - 2 B 80/13 - juris Rn. 21). Ein konkretes Krankheitsbild wird an keiner Stelle ansatzweise angesprochen. Daher ist die Anordnung nicht aus sich heraus verständlich und lässt nicht klar erkennen, in welcher Hinsicht für den Dienstherrn konkrete Zweifel am körperlichen Zustand bzw. der Gesundheit des Beamten bestehen.

Dies gilt auch für die Anordnung einer Untersuchung im Hinblick auf den Antimon-Wert. Eine solche geht über eine allgemeinmedizinische Anamnese hinaus. Stattdessen scheint für den Antragsgegner erkennbar eine konkrete Veranlassung für diese Untersuchung zu bestehen. Gleichwohl erschließt sich der Grund für die Veranlassung nicht. In der Antragserwiderung führt der Antragsgegner aus, der Antragsteller habe im Vorfeld selbst erhöhte Antimonwerte und eine dahingehende Erkrankung geltend gemacht. Hierauf wird jedoch in der streitgegenständlichen Anordnung nicht eingegangen, sodass aus der Anordnung selbst heraus nicht deutlich wird, weshalb eine derartige Untersuchung erfolgen soll. Der Antragsteller handelt somit entgegen den Grundsätzen der Rechtsprechung nach der Überlegung, dass der Antragsteller schon wissen werde, „worum es geht“.

II.

Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen ist.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 10/04/2014 00:00

Gründe 1 Die Beschwerde des Klägers hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberv
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Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf 2.500,-- € festgesetzt. Gründe I. Der 19... geborene Antrags
published on 01/02/2017 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- € festgesetzt. Gründe
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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.