Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Sept. 2015 - M 4 K 13.30217

published on 28/09/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Beschluss, 28. Sept. 2015 - M 4 K 13.30217
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Gericht

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Tenor

I.

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2013 wird in Nr. 4 insoweit aufgehoben, als festgestellt wurde, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegt.

Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Irak vorliegen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

III.

Dies Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, ein am … 1963 geborener irakischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen den Widerruf u. a. der Anerkennung als Asylberechtigter. Der Kläger reiste nach eigenen Angaben im August 1996 erstmals ins Bundesgebiet ein. Er ist Araber schiitischen Glaubens und wurde in … geboren; dies war auch sein letzter Aufenthaltsort im Irak.

Mit Bescheid vom 11. Oktober 1996 hat die Beklagte festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und § 53 Abs. 4 Ausländergesetz - AuslG - vorliegen. Mit Urteil vom 12. Januar 1998 des Verwaltungsgerichts München (M 9 K 96.53580) wurde die Beklagte verpflichtet, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen. Mit Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 1998 wurde er daraufhin als Asylberechtigter anerkannt. Die seit 8. November 1996 bzw. 20. März 1998 unanfechtbaren Entscheidungen beruhen im Wesentlichen auf individueller politischer Verfolgung unter dem damaligen Saddam-Hussein-Regime. Der Kläger hatte bei seiner damaligen Anhörung im August 1996 u. a. erklärt, er sei aus dem Irak geflohen, da er regimekritische Gedichte auf Tonband gesprochen hätte und diese von Sicherheitskräften gefunden worden seien. Zudem sei er in den Jahren 1992 bis 1996 verfolgt und regelmäßig verhaftet worden, weil sein Bruder beschuldigt worden sei, einen Offizier des irakischen Sicherheitsdienstes ermordet zu haben und der Sicherheitsdienst der Meinung gewesen sei, er wisse über seinen Bruder genau Bescheid. Während seiner Festnahmen sei er auch des Öfteren misshandelt worden.

Mit Verfügung vom 17. September 2012 wurde erstmals ein Widerrufsverfahren eingeleitet; der Kläger wurde in Bezug auf den beabsichtigten Widerruf angehört.

Mit Bescheid vom 20. Februar 2013 widerrief die Beklagte die Anerkennung als Asylberechtigter vom 28. Mai 1998 (Nr. 1), die mit Bescheid vom 11. Oktober 1996 nach altem Recht getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG vorliegen (Nr. 2) und die mit Bescheid vom 11. Oktober 1996 nach altem Recht getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 AuslG vorliegt (Nr. 3). Des Weiteren stellte die Beklagte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG - (Nr. 4) sowie die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 5) nicht vorliegen.

Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes im Irak im Jahr 2003 dem Kläger in seinem Heimatland keine individuelle Verfolgung mehr drohe.

Mit Schreiben vom 13. März 2013, bei Gericht am 13. März 2013 eingegangen, erhob die Bevollmächtigte des Klägers Klage mit dem Antrag:

1. Der Bescheid des Bundesamtes vom 20. Februar 2013, zugestellt am 27. Februar 2013, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Mit Schreiben vom 28. Januar 2015 forderte der neue Bevollmächtigte des Klägers die Beklagte zur Aufhebung des Widerspruchsbescheids auf. Zur Begründung stützte er sich im Wesentlichen auf eine Gefährdung u. a. auch der Schiiten durch die Terrororganisation Islamischer Staat - IS - und auf eine vorliegende Behinderung des Klägers.

Mit Schreiben vom 3. September 2015 ergänzte der Bevollmächtigte die Begründung im Hinblick auf die Behinderung/Krankheiten des Klägers.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 2002 war beim Kläger ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt worden.

Mit Änderungsbescheid vom 13. August 2015 des Zentrums Bayern Familie und Soziales wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 70 festgestellt. Aus der Begründung geht hervor, dass folgende Gesundheitsstörung vorliegt:

1. Restfolgen nach Kopfschussverletzung mit teilparetischer funktioneller Beinverkürzung und Krallenzehensymptomatik rechts, Sensibilitätsstörungen in der rechten unteren Extremität, chronische Schmerzen; Einzel-GdB: 40.

2. Posttraumatische Belastungsstörung, seelische Störung; Einzel-GdB: 40.

Mit Beschluss vom 6. August 2015 wurde das Verfahren zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Das Gericht hat am 18. September 2015 mündlich verhandelt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen, insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2015 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. In der ordnungsgemäßen Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO-).

Die zulässige Klage ist nur insoweit begründet, als die Beklagte in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ablehnt; insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

I.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Februar 2013 ist in Nr. 1 und Nr. 2 rechtmäßig.

1. Im Zeitpunkt der vorliegenden gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz -AsylVfG-) liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG für einen Widerruf der Anerkennung als Asyl-berechtigter und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. Art. 16a Grundgesetz a. F., § 51 Abs. 1 AuslG i. V. m. § 3 AsylVfG a. F.) vor.

Der Widerruf der Asylberechtigung und der Flüchtlingsanerkennung setzt voraus, dass in Anbetracht einer erheblichen und nicht nur vorübergehenden Veränderung der Umstände im Herkunftsland diejenigen Umstände weggefallen sind, aufgrund derer der Betreffende begründete Furcht vor Verfolgung hatte und als Asylberechtigter und Flüchtling anerkannt worden war. Eine erhebliche Veränderung der verfolgungsbegründenden Umstände liegt vor, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse im Herkunftsland deutlich und wesentlich geändert haben. Durch neue Tatsachen muss sich eine signifikant und entscheidungserheblich veränderte Grundlage für die Verfolgungsprognose ergeben, so dass keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung mehr besteht. Dauerhaft ist eine Veränderung, wenn eine Prognose ergibt, dass sich die Änderung der Umstände als stabil erweist, d. h. der Wegfall der verfolgungsbegründenden Faktoren auf absehbare Zeit anhält. Der Widerruf setzt weiter voraus, dass der Betreffende auch nicht wegen anderer Umstände begründete Furcht vor Verfolgung hat (vgl. zuletzt BVerwG v. 31.1.2013 - 10 C 17/12 - NVwZ-RR 2013, 571, juris Rn. 20; BVerwG v. 5.6. 2012 - 10 C 4/11 - BVerwGE 143, 183, juris Rn. 20-22).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Weder wegen der unerlaubten Ausreise aus dem Irak, dem unerlaubten Aufenthalt im Ausland und der Asylantragstellung im Ausland, die im Jahr 1996 zur Anerkennung des Klägers als Flüchtling geführt haben, noch wegen politischer Verfolgung durch das Regime von Saddam Hussein, die im Jahr 1998 zur Anerkennung als Asylberechtigter führte, droht ihm lange nach dem Ende dieses Regimes noch irgendeine Verfolgung; diese Veränderung ist auch dauerhaft (siehe BVerwG, U. v. 24.2.2011 - 10 C 3/10 - juris Rn. 20, U. v. 5.6.2012 - 10 C 4/11 - juris Rn. 21; BayVGH, U. v. 2.2.2012 - 13a B 11.30412 - juris Rn. 14; VGH BW, U. v. 4.5.2006 - A 2 S 1046/05 - juris Rn. 30 ff.).

Dem Kläger droht in seiner Herkunftsregion in seinem Herkunftsland auch nicht aus anderen Gründen eine Verfolgung i. S. des § 60 Abs. 1 AufenthG, insbesondere besteht etwa auch keine Gruppenverfolgung als Angehöriger der schiitischen Volksgruppe durch nichtstaatliche Akteure.

Nach dem Bericht des Auswärtigen Amts -AA- über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak vom Oktober 2014 (dort S. 5) sind die wichtigsten ethnisch-religiösen Gruppierungen die (arabischen) Schiiten, die 60 bis 65% der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Süd-osten bzw. Süden des Landes bewohnen, die (arabischen) Sunniten (17 bis 22%) mit Schwerpunkt im Zentral- und ... und die vor allem im Norden des Landes lebenden Kurden (ca. 15 bis 20%), die überwiegend sunnitischen, aber auch yezidischen und in kleinen Teilen schiitischen Glaubens sind.

Zwar ist nach dem Bericht des Auswärtigen Amts (S.12) die Sicherheitslage im Nord- und Zentralirak aufgrund des Einmarsches der Terrororganisation Islamischer Staat -IS- im Juni 2014 seither prekär: Weite Teile der nordwestlichen Provinzen sind nicht oder nur teilweise unter der Kontrolle der Zentralregierung. Das Auswärtige Amt ruft seit Juni 2014 zur sofortigen Ausreise aus den Provinzen ... ... ... ..., ... ... ... sowie aus dem Großraum ... und dem Norden der Provinz ... auf. Seit August 2014 wird der IS von verschiedenen irakischen wie internationalen Akteuren bekämpft. Dies hat bewaffnete Auseinandersetzungen in einigen irakischen Provinzen (...) sowie auch an den Rändern der Region ... zur Folge.

Nach Einschätzungen der britischen regierungsunabhängigen Organisation Iraq Body Count (www.iraqbodycount.org) wurden im Irak im Jahr 2014 17.049 zivile Tote gezählt. Allerdings sind 80% der zivilen Opfer geographisch den vier Provinzen ... und ... zuzuordnen (Iraq 2014: Civilian deaths almost doubling year on year. An overview oft the year´s violence).

Demnach ist der südliche Landesteil des Irak, der überwiegend von Schiiten bewohnt wird, nicht unmittelbar durch den IS bedroht. In diesem Landesteil droht dem schiitischen Kläger, der auch nicht zu den besonders im Irak gefährdeten Personengruppen (Polizisten, Soldaten, Journalisten, Intellektuelle, Richter, Rechtsanwälte, Regierungsmitglieder bzw. -mitarbeiter usw., vgl. Bericht des AA vom Oktober 2014, S. 12 f.) gehört, keine Verfolgung wegen seines Glaubens. Auch kann er sicher und legal in diesen Landesteil einreisen. Da er dort in ... geboren wurde und auch zuletzt vor seiner Ausreise gelebt hat, kann von ihm vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylVfG).

2. Die Rechtskraft des zur Anerkennung des Klägers verpflichtenden verwaltungsgerichtlichen Urteils von 1998 steht einer Widerrufsentscheidung nach § 73 Abs. 1 AsylVfG nicht entgegen, da sich, wie erwähnt, durch den Sturz des Saddam-Hussein-Regimes die zur Zeit des Urteils maßgebliche Sach- oder Rechtslage nachträglich entscheidungserheblich verändert hat (vgl. BVerwG, U. v. 22.11.2011 - 10 C 29/10 - juris Rn. 16 ff.).

3. Auch § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG steht dem Widerruf nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung ist von einem Widerruf abzusehen, wenn sich der Ausländer auf zwingende, auf früheren Verfolgungen beruhende Gründe berufen kann, um die Rückkehr in den Staat abzulehnen, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, oder in dem er als Staatenloser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG enthält danach eine einzelfallbezogene Ausnahme von der Beendigung der Flüchtlingseigenschaft, die unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen von Satz 1 der Vorschrift gilt (BVerwG, U. v. 1.11.2005 - 1 C 21/04 - juris Rn. 37). Aber selbst sei erlittener Misshandlung bzw. Folter kann nicht stets ein Ausnahmefall im Sinn von § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG angenommen werden. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG ist vielmehr, dass Nachwirkungen früherer Verfolgungsmaßnahmen vorliegen, die zur Unzumutbarkeit der Rückkehr in das Heimatland auch dann führen, wenn eine Verfolgung nicht mehr droht. Ob eine Ausnahme im Sinne dieser humanitären Klausel vorliegt, ist im Einzelfall jeweils anhand einer Gesamtwürdigung der Umstände festzustellen (zum Vorstehenden OVG Saarland, B. v. 26.9.2011 - 3 A 356/11 - juris Rn. 42, 44). Solche besonderen Gründe liegen nach Auffassung des Gerichts hier nicht vor. Der Kläger hat zwar in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass er gefoltert worden sei. Allerdings hatte dies der Kläger bisher noch nie im Asylverfahren erwähnt, obwohl es sich dabei um eine relevante Tatsache handelt. In seiner Anhörung im Jahr 1996 trug er vor, dass er zwar in Haft gewesen sei und dabei auch misshandelt worden sei. Indes hat er dies nicht weiter konkretisiert oder gar als Folter bezeichnet. Die Ausreise aus dem Irak erfolgte vielmehr aufgrund des Auffindens seiner regimekritischen auf Tonband aufgenommenen Gedichte. Auch in dem asylrechtlichen Gerichtsverfahren im Jahr 1998 (M 9 K 96.53580) wurde ausweislich der Niederschrift von der mündlichen Verhandlung und des Urteils eine Misshandlung oder gar Folter in keiner Weise thematisiert. Dieser Umstand lässt seine Schilderung in Bezug auf die Folter als nicht glaubhaft, zumindest als überzogen erscheinen. Aufgrund des vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks und der Dokumente in den Akten geht das Gericht zwar davon aus, dass der Kläger durchaus gegenwärtig an einer psychischen Störung leidet. Aus den vorgelegten Attesten geht jedoch nicht hervor, dass diese alleine oder ganz überwiegend auf die Haft bzw. die Misshandlungen zurückzuführen sind. Vielmehr beruhen diese Störungen nach den Schilderungen des Klägers wesentlich auf seinen schweren Verletzungen, die er 1983 als Soldat im Krieg des Irak gegen den Iran erlitten hat. Dies deckt sich auch mit den Feststellungen z. B. in den ärztlichen Gutachten vom ... ... 2002 und vom ... 2005. Dort beziehen sich seine Klagen in Bezug auf psychische Leiden auf die Kriegserfahrungen (Alpträume vom Krieg) verbunden mit seiner Einsamkeit und Arbeitslosigkeit. Dabei handelt es sich jedoch um keine frühere Verfolgungshandlung.

4. Die Beklagte war nicht verpflichtet, im Ermessenswege über den Widerruf zu entscheiden, da die Tatbestandsvoraussetzungen für das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nach § 73 Abs. 2a Satz 4 AsylVfG nicht erfüllt sind (vgl. BVerwG, U. v. 5.6.2012 - 10 C 4.11 - Rn. 12 ff.).

II.

Die Regelung in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheids mit der die mit Bescheid vom 11. Oktober 1996 nach altem Recht getroffene Feststellung, dass ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 4 des Ausländergesetzes (entspricht § 60 Abs. 5 AufenthG) vorliegt, widerrufen wird, ist rechtmäßig, da die Voraussetzungen nicht mehr vorliegen (§ 73c Abs. 2 AsylVfG). Dem Kläger droht nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes in seinem Heimatland keine unmenschliche Behandlung i. S. von Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention, d. h. Misshandlung durch staatliche Organe.

III.

Die Regelung in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig, da der Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG hat. Wie bereits erwähnt droht dem Kläger nach Sturz des Saddam-Hussein-Regimes in seiner Heimat keine Verfolgung i. S.v. § 60 Abs. 1 AufenthG.

IV.

Dem Kläger steht kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 2, Abs. 3 und Abs. 5 AufenthG zu (vgl. Regelung Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids).

1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG, § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylVfG liegt nicht vor, da keine stichhaltigen Gründe vorliegen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in seine Heimatregion eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht. Eine allgemeine Gefahr muss nämlich dafür eine derart hohe Dichte bzw. einen derart hohen Grad aufweisen, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt ist. Der innerstaatliche bewaffnete Konflikt muss sich dabei zwar nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken. Besteht ein bewaffneter Konflikt mit der beschriebenen Gefahrendichte nicht landesweit, kommt eine individuelle Bedrohung allerdings in der Regel nur in Betracht, wenn der Konflikt sich auf die Herkunftsregion des Klägers erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren wird (zum Vorstehenden BVerwG, U. v. 14.07.2009 - 10 C 9/08 - juris Rn. 17; VG Saarland, U. v. 20.3.2014 - 6 K 1136/13 - juris Rn. 37).

Zwar ist, wie oben erwähnt, nach dem Bericht des Auswärtigen Amts vom Oktober 2014 (S.12) die Sicherheitslage im Nord- und Zentralirak aufgrund des Einmarsches der Terrororganisation Islamischer Staat -IS- im Juni 2014 seither prekär, so dass man insoweit, d. h. auf die betroffenen Gebiete beschränkt, wohl von einem innerstaatlichen gewaffneten Konflikt ausgehen kann. Allerdings droht dem Kläger keine individuelle Gefahr, da sich der erwähnte Konflikt nicht auf den Südirak erstreckt, aus dem der Kläger stammt und in den er daher typischerweise zurückkehren wird.

2. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 3 AufenthG liegt nicht vor. Es ist nichts dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass dem Kläger die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe in seinem Heimatland droht.

3. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention -EMRK- besteht nicht, da nach dem Sturz des Saddam-Hussein-Regimes dem Kläger in seinem Heimatland keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (siehe oben).

V.

Allerdings liegt ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beim Kläger vor. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätzen ist die Gefahr, dass sich eine Erkrankung des Ausländers aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat verschlimmert, in der Regel als individuelle Gefahr einzustufen, die am Maßstab von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in direkter Anwendung zu prüfen ist (BVerwG, U. v. 17.10.2006 - 1 C 18/05 - juris Rn. 15). Das Gericht ist aufgrund des Eindrucks vom Kläger und seines Vortrags in der mündlichen Verhandlung sowie aufgrund der vorgelegten Dokumente in der beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales (Ausweise, Bescheide, fachärztliche Atteste) davon überzeugt, dass der Kläger an einer Behinderung leidet und dieser multiple Krankheiten sowohl körperlicher als auch besonders psychischer Art zugrunde liegen, für die es im Irak an den notwendigen Behandlungsmöglichkeiten fehlt. In diesem sich daraus ergebenden Sonderfall nimmt das Gericht daher eine konkrete und erhebliche Gefahr für Leib und Leben für den Kläger an. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig, verletzt den Kläger in seinen Rechten und ist daher aufzuheben.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 80b AsylVfG).

VII.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 ff ZPO.

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Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juli 2011 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 6 K 49/09 - wird zurückgewiesen.Die außergerichtlichen Kosten des geric
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.