Verwaltungsgericht München Beschluss, 21. Nov. 2016 - M 22 K 16.323

bei uns veröffentlicht am21.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

Dem Kläger wird für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und insoweit Rechtsanwalt … …, München, beigeordnet.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit der Klage die Aufhebung des Leistungsbescheids vom 22. Dezember 2015, mit dem die Beklagte Ersatz von Kosten in Höhe von EUR 34.319,15 für die im Wege der Ersatzvornahme in Auftrag gegebene Fällung von umsturzgefährdeten Bäumen auf dem Klägergrundstück … der Gemarkung … geltend macht.

Mit Bescheid vom 14. Juni 2011 ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger die Fällung von umsturzgefährdeten Bäume auf Grundlage des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG (Ziff. I.) sowie deren Ersatzvornahme auf Kosten des Klägers (Ziff. II.) an. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28. Juni 2011 Klage beim erkennenden Gericht (Az. M 22 K 11.3008). Das Gericht beurteilte die Fällungsanordnung in Ziff. I. des Bescheids als rechtmäßig, die Anordnung der Ersatzvornahme in Ziff. II. jedoch als rechtswidrig, da zum Zeitpunkt des Beginns der Ersatzvornahme am 14. Juni 2011 der Grundverwaltungsakt (Ziff. I.) mangels Bekanntgabe noch nicht wirksam war und es somit an einer allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzung fehlte. Daher wurde mit Urteil vom 18. Juli 2013 die Anordnung der Ersatzvornahme in Ziff. II. des Bescheids aufgehoben, die Klage gegen die Fällungsanordnung in Ziff. I. des Bescheids dagegen abgewiesen. Der von der Beklagten gestellte Berufungszulassungsantrag gegen diese Entscheidung wurde durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Februar 2014 - Az. 10 ZB 13.1922 - abgelehnt, so dass das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 18. Juli 2013 rechtskräftig ist.

Nach einer erfolglosen Aufforderung des Klägers durch die Beklagte zur Zahlung der EUR 34.319,15 unter Fristsetzung erhob die Beklagte im bei der Kammer anhängigen Parallelverfahren M 22 K 14.5771 Leistungsklage gegen den Kläger mit dem Antrag, den Kläger zur Zahlung von EUR 34.319,15 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 30.08.2014, hilfsweise ab Rechtshängigkeit zu verpflichten.

Am 22. Dezember 2015 erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Leistungsbescheid hinsichtlich der Kosten der Ersatzvornahme in Höhe von EUR 34.319,15. Sie forderte den Kläger auf, den Betrag innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Bescheids zu begleichen. Die Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt den Hinweis, dass der Leistungsbescheid nur vollzogen werde, falls die beim Verwaltungsgericht zu Az. M 22 K 14.5771 anhängige Klage rechtskräftig abgewiesen werde.

Mit der am 22. Januar 2016 beim Gericht eingegangenen Klage beantragt der Kläger durch seinen Bevollmächtigten:

Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 22.12.2015, Az.: … …, wird aufgehoben.

Zugleich beantragt er,

  • 1.dem Kläger für das Verfahren 1. Instanz vor dem Verwaltungsgericht München Prozesskostenhilfe zu bewilligen,

  • 2.ihm den Unterzeichnenden, … …, als Prozesskostenbevollmächtigten beizuordnen.

Der Kläger ist der Ansicht, der verfahrensgegenständliche Leistungsbescheid sei rechtswidrig, da Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme sei, welche das Gericht im Verfahren M 22 K 11.3008 jedoch mit Urteil vom 18. Juli 2013 rechtskräftig verneint habe. Diese Feststellung sei im vorliegenden Verfahren nach § 121 Nr. 1 VwGO wegen der Rechtskraftwirkung bindend.

Die Beklagte beantragt durch ihren Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 3. März 2016:

Die Klage wird abgewiesen.

Wegen der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte im streitgegenständlichen Verfahren M 22 K 14.5771 sowie auf die Gerichts- und Behördenakten im Parallelverfahren M 22 K 16.323 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung ist begründet.

Nach § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder die Gegenseite durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).

1. Der Kläger ist bedürftig im Sinne der prozesskostenhilferechtlichen Bestimmungen.

2. Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet auch hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die zulässige Klage aller Voraussicht nach begründet ist.

Rechtsgrundlage für den Leistungsbescheid ist Art. 32 Satz 1, Art. 41 VwzVG i.V.m. Art. 1 ff. KG. Nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 VwZVG i.V.m. Art. 16 Abs. 5 KG werden Kosten nur für rechtmäßige Maßnahmen erhoben (vgl. auch BayVGH, B.v. 30.3.2005 - 11 B 03.1818 - BayVBl. 2005, 536, 537). Mit rechtskräftigem Urteil vom 18. Juli 2013 hat das Gericht im Verfahren M 22 K 11.3008 die Anordnung der Ersatzvornahme in Ziff. II. des Bescheids vom 14. Juni 2011 wegen der Rechtswidrigkeit der Ersatzvornahme aufgehoben. Nach § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Streitgegenstand der im Verfahren M 22 K 11.3008 erhobenen Anfechtungsklage war nicht nur der prozessuale Anspruch des Klägers auf Aufhebung der Anordnung der Ersatzvornahme in Ziff. II. des Bescheids vom 14. Juni 2011, sondern auch die Rechtsbehauptung des Klägers, dass die Anordnung der Ersatzvornahme rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletze (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerwG, B.v. 15.3.1968 - VII C 183.65 -, juris Rn. 16; U.v. 28.4.1972 - IV C 42.69 - juris Rn. 32; U.v. 8.12.1992 - 1 C 12/92 - juris Rn. 11). Es steht daher für die Parteien sowie für das erkennende Gericht im streitgegenständlichen Verfahren bindend fest, dass die Ersatzvornahme rechtswidrig erfolgte (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.1998 - 8 B 218/98 -, juris Rn. 5; VG Halle (Saale), U.v. 17.7.2013 - 4 A 189/11, juris Rn. 14ff.). Da für eine rechtswidrige Maßnahme nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 VwZVG i.V.m. Art. 16 Abs. 5 KG keine Kosten erhoben werden dürfen, wird man daher davon auszugehen haben, dass der streitgegenständliche Leistungsbescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

3. Dem Kläger war sein Bevollmächtigter als Rechtsanwalt beizuordnen, da die Beklagte ebenfalls anwaltlich vertreten ist und die Vertretung durch einen Rechtsanwalt darüber hinaus auch erforderlich erscheint, § 121 Abs. 2 ZPO).

4. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ist gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenerstattung findet nicht statt (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 166


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 121 Beiordnung eines Rechtsanwalts


(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. (2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 118 Bewilligungsverfahren


(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäft

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2014 - 10 ZB 13.1922

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Tenor I. Dem Kläger wird für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Leopold M. Thum, Prinzregentenplatz 21, 81675 München, beigeordnet. II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt

Verwaltungsgericht Halle Urteil, 17. Juli 2013 - 4 A 189/11

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Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E82 mit einer Nabenhöhe von 108,38 m, einem Rotordurchmesser von 82 m und einer
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Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Dez. 2016 - M 22 K 14.5771

bei uns veröffentlicht am 15.12.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. Ta

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Tenor

I.

Dem Kläger wird für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Leopold M. Thum, Prinzregentenplatz 21, 81675 München, beigeordnet.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

III.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 32.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

1. Dem Kläger ist auf seinen Antrag hin für das Zulassungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und sein Prozessbevollmächtigter beizuordnen. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S. 3533]) liegen vor. Der Kläger hat durch seine am 11. November 2013 vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 und 4 ZPO) mit beigefügten Belegen nachgewiesen, dass er die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann. In einem höheren Rechtszug ist gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder - wie hier - Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Da sich die Beteiligten nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen müssen, wird dem Kläger nach § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 1 ZPO sein Prozessbevollmächtigter als zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet.

2. Der gemäß § 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO fristgerecht eingelegte und begründete Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sich die Beklagte gegen die durch das Verwaltungsgericht erfolgte Aufhebung ihres Bescheids vom 14. Juni 2011 in den Ziff. II. - IV. (Anordnung der Ersatzvornahme bezüglich der in Ziff. I. des Bescheids angeordneten Fällung von Bäumen, Festlegung des Zeitraums der Baumfällung durch ein Fachunternehmen, vorläufige Veranschlagung der Kosten der Ersatzvornahme auf 32.000,- Euro) wendet, hat in der Sache keinen Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Voraussetzungen für die beantragte Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wären nur erfüllt, wenn die Beklagte im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (vgl. BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Dies ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO im hier allein streitigen Umfang stattgegeben, weil die im Bescheid der Beklagten angeordnete und im Zeitraum vom 14. bis 18. Juni 2011 durchgeführte Ersatzvornahme mangels Vorliegens eines wirksamen Grundverwaltungsakts (Grundverfügung) zu Beginn der Vollstreckungsmaßnahme am 14. Juni 2011 rechtswidrig sei und der Kläger durch die entsprechenden Anordnungen in Ziff. II. - IV. daher in seinen Rechten verletzt werde. Ein wirksamer Grundverwaltungsakt - die Anordnung der Fällung von Bäumen - habe nämlich erst mit der Zustellung des streitbefangenen Bescheids vom 14. Juni 2011 an den Kläger gegen Postzustellungsurkunde am 16. Juni 2011 vorgelegen. Fehle wie hier zu Beginn der Vollstreckungsmaßnahme eine wirksame Grundverfügung, erfolge die Ersatzvornahme insgesamt rechtswidrig; eine „Heilung“ der Ersatzvornahme durch einen erst nach dem Beginn der Vollstreckung bekannt gegebenen Grundverwaltungsakt sei nicht möglich.

Die Beklagte rügt insoweit, das Verwaltungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Abwehr der von ihm mit zutreffender Begründung bejahten Gefahr der umsturzgefährdeten Bäume für die Häuser der Unterlieger sowie für Leben und Gesundheit der darauf befindlichen Personen ein sofortiges Handeln der Beklagten geboten habe. Die Beklagte habe deshalb ohne vorausgehende Bekanntgabe des Grundverwaltungsaktes diesen durch Ausübung von Verwaltungszwang vollziehen dürfen. Die dafür erforderliche Eingriffsbefugnis verleihe ihr die vom Verwaltungsgericht nicht erwähnte Rechtsgrundlage in Art. 7 Abs. 3 LStVG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung hätten vorgelegen. Bei der durchgeführten Baumfällung handle es sich um eine Anordnung im Sinne von Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, die zur Abwehr der nach dieser Bestimmung geschützten Rechtsgüter geboten gewesen sei. Die vorherige Bekanntgabe dieser Anordnung an den Kläger hätte auch keinen Erfolg im Sinne von Art. 7 Abs. 3 LStVG versprochen. Der Kläger sei aufgrund seiner fehlenden finanziellen Leistungsfähigkeit offensichtlich nicht in der Lage gewesen, eine Fachfirma für die unstreitig dringend erforderlichen Baumfällarbeiten zu finden. Demgemäß sei der Kläger von der Geschäftsleiterin der Beklagten auch am 10. Juni 2011 darüber informiert worden, dass die Gemeinde die erforderlichen Fällungsmaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme selbst durchführen werde. Die Beklagte habe somit nach Art. 7 Abs. 3 LStVG für die sofortige Gefahrenabwehr Sorge tragen dürfen.

Diese Einwände können aber ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung nicht begründen. Denn die Beklagte verkennt sowohl den Regelungsgehalt ihres Bescheids vom 14. Juni 2011 und demgemäß den Streitgegenstand der Anfechtungsklage des Klägers als auch die Rechtsnatur einer Tatmaßnahme nach Art. 7 Abs. 3 LStVG.

Während Art. 7 Abs. 2 LStVG die allgemeine Befugnis oder Ermächtigung der Sicherheitsbehörde enthält, zur Erfüllung ihrer Aufgabe, die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Abwehr von Gefahren und durch Unterbindung und Beseitigung von Störungen aufrechtzuerhalten (Art. 6 LStVG), Anordnungen für den Einzelfall (d. h. regelmäßig Ge- oder Verbote in Form eines Verwaltungsakts im Sinne von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) zu treffen, ermöglicht Art. 7 Abs. 3 LStVG der Sicherheitsbehörde unter den dort genannten besonderen Voraussetzungen die Gefahrenabwehr durch unmittelbaren Zugriff ohne vorausgehende Anordnung (vgl. Koehl in Bengl/Berner/Emmerig, Bayerisches Landesstraf- und Verordnungsgesetz, Kommentar, Stand: Juli 2013, Art. 7 Rn. 131). Anordnungen für den Einzelfall nach Art. 7 Abs. 2 LStVG, denen der Pflichtige (Adressat) nicht nachkommt, können gemäß Art. 18 Abs. 1 VwZVG nur mit den (Zwangs-)Mitteln des Verwaltungszwangs (s. Art. 29 ff. VwZVG) vollstreckt werden. Ein Rückgriff auf Art. 7 Abs. 3 LStVG ist insoweit schon nach dem Regelungssystem der sicherheitsrechtlichen Eingriffsbefugnisse in Art. 7 Abs. 2 und 3 LStVG nicht zulässig, da Art. 7 Abs. 3 LStVG den unmittelbaren Zugriff (sog. Tatmaßnahme) nur dann erlaubt, wenn eine (mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchzusetzende) Anordnung nach Abs. 2 nicht möglich, nicht zulässig oder nicht erfolgversprechend ist.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte mit ihrem Bescheid vom 14. Juni 2011 gegenüber dem Kläger die Fällung bestimmter Bäume auf dem Grundstück Fl.Nr. 151, Gemarkung F.-W., verfügt (Ziff. I.), gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung dieses Gebots (Art. 35 Satz 1 BayVwVfG) im öffentlichen Interesse angeordnet (Ziff. VII) und damit die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG geschaffen sowie als Maßnahme des Verwaltungszwangs (zur Vollstreckung des Fällungsgebots) die Ersatzvornahme ohne vorausgehende Androhung nach Art. 35 VwZVG gewählt und angewandt hat. Dies ergibt sich eindeutig sowohl aus dem Tenor als auch den Gründen des vom Kläger angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 14. Juni 2011. Eine Tatmaßnahme durch unmittelbaren Zugriff (unmittelbare Ausführung) gegenüber dem Betroffenen nach Art. 7 Abs. 3 LStVG, die gleichsam den (sofortigen) Vollzug in sich trägt und bei der sich demgemäß die Frage der Durchsetzung bzw. Vollstreckung mit Mitteln des Verwaltungszwangs schon gar nicht stellen kann, hat die Beklagte gegenüber dem Kläger unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 3 LStVG tatsächlich vorgelegen haben, nicht getroffen.

Streitgegenstand der Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO), über die das Verwaltungsgericht entschieden hat, ist die Behauptung des Klägers, der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. Juni 2011 mit den darin enthaltenen Verfügungen bzw. Anordnungen sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten (s. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 3 m. w. N.). Entgegen dem Zulassungsvorbringen der Beklagten musste sich das Erstgericht daher nicht mit der Eingriffsbefugnis des Art. 7 Abs. 3 LStVG und deren Voraussetzungen auseinandersetzen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Zulassungsverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG, wobei der Senat die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bezüglich der im Rechtsmittelverfahren nicht mehr streitbefangenen sicherheitsbehördlichen Grundverfügung und den vorläufig veranschlagten Kosten der Ersatzvornahme einheitlich auf 32.000,- Euro bemisst.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts insgesamt rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E82 mit einer Nabenhöhe von 108,38 m, einem Rotordurchmesser von 82 m und einer Nennleistung von 2 MW auf dem Grundstück Gemarkung {Langeneichstädt}, Flur 3, Flurstück 28/1.

2

Mit Antrag vom 29. Juli 2008 beantragte die Klägerin einen Vorbescheid über die Frage, ob dem Vorhaben Belange der Raumordnung entgegenstehen. Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. April 2009 ab. Die dagegen erhobene Verpflichtungsklage wies die Kammer mit Urteil vom 23. November 2010 (4 A 38/10 HAL) ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf den begehrten Vorbescheid, weil das Vorhaben bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei. Ihm stünden als öffentliche Belange die in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle entgegen, raumbedeutsame Windenergieanlagen planvoll in Vorranggebieten mit der Wirkung von Eignungsgebieten (Nr. 5.8.2.2 des am 27. Mai 2010 beschlossenen Regionalplans) sowie von Eignungsgebieten (Nr. 5.8.3.2 des Plans) zu konzentrieren mit der Folge des Ausschlusses derartiger raumbedeutsamer Maßnahmen an anderer Stelle. Den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 16. März 2012 (2 L 2/11) ab.

3

Bereits mit Antrag vom 30. Januar 2009 hatte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für das Vorhaben beantragt. Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 01. August 2011 ab.

4

Die Klägerin hat am 15. August 2011 Klage erhoben.

5

Sie beantragt,

6

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 01. August 2011 zu verpflichten, der Klägerin eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage auf dem Grundstück Gemarkung Langeneichstädt, Flur 3, Flurstück 28/1 gemäß ihrem Antrag vom 30. Januar 2009 zu erteilen.

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Kammer entscheidet ohne mündliche Verhandlung, nachdem die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

10

Die Klage hat keinen Erfolg.

11

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

12

Die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung setzt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG voraus, dass der Errichtung und dem Betrieb der Anlage andere öffentlich-rechtliche Vorschriften, zu denen auch die Vorschriften des Bauplanungsrechts gehören, nicht entgegenstehen.

13

Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Aufgrund des zwischen den Beteiligten im Verfahren 4 A 38/10 HAL ergangenen rechtskräftigen Urteils der Kammer vom 23. November 2010 steht mit bindender Wirkung fest, dass das geplante Vorhaben der Klägerin bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

14

Gemäß § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass über den Wortlaut des § 121 VwGO hinaus nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte in einem späteren Prozess an rechtskräftige Urteile zwischen den Beteiligten gebunden sind (BVerwG, Beschluss vom 11. November 1998 – BVerwG 8 B 218.98 – Juris Rn. 5). Zweck der Regelung ist es zu verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch Urteil entschieden worden ist, erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht wird (BVerwG, Urteil vom 08. Dezember 1992 – BVerwG 1 C 12.92 – Juris Rn. 12).An der Rechtskraft nehmen die tragenden Gründe für die Verneinung des Anspruchs teil. Damit entfaltet auch die Aussage im gerichtlichen Urteil Bindungswirkung, aus welchen Gründen der Anspruch nicht besteht (BVerwG, Beschluss vom 11. November 1998 – BVerwG 8 B 218.98 – a.a.O.). Dementsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtskraft- bzw. Bindungswirkung bei der Abweisung einer Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung auch auf die Feststellung der materiellen Baurechtswidrigkeit des Vorhabens erstreckt (Beschluss vom 01. April 1971 - BVerwG IV B 95.69 – Buchholz 310 § 121 VwGO Nr. 33).

15

Diese Wirkung der Rechtskraft ist nicht auf den für das rechtskräftige Urteil maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt beschränkt. Sie erstreckt sich auch auf spätere Zeiträume, solange sich die Sach- und Rechtslage nicht entscheidungserheblich ändert. Dies rechtfertigt sich aus dem Sinn der Rechtskraft, dem Rechtsfrieden zu dienen und das Vertrauen in die Beständigkeit des Rechts zu schützen (BVerwG, Urteil vom 08. Dezember 1992 – BVerwG 1 C 12.92 – Juris Rn. 13).

16

Die Gerichte sind demgemäß in einem späteren Prozess an die in einem die Klage auf Erteilung eines Vorbescheids abweisenden Urteil getroffene Feststellung gebunden, dass das betroffene Vorhaben aus den in diesem Urteil genannten Gründen materiell baurechtswidrig ist, solange sich die maßgebliche Sach- und Rechtslage nicht entscheidungserheblich ändert (OVG Münster, Urteil vom 03. Mai 2010 – 7 A 2115/08 – Juris Rn. 79; VGH Mannheim, Urteil vom 25. November 1991 – 8 S 2624/91 – Juris Rn. 19).

17

Die Kammer hat die Abweisung der Klage auf Erteilung eines Vorbescheids für das streitbefangene Vorhaben in dem Urteil vom 23. November 2010 darauf gestützt, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei, weil ihm öffentliche Belange in Gestalt der in Aufstellung befindlichen Ziele der Raumordnung der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle entgegenstünden. Damit ist die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens der Klägerin zwischen den Beteiligten in Rechtskraft erwachsen und hat präjudizielle Wirkung im vorliegenden Verfahren auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

18

Eine beachtliche Veränderung der Sach- oder Rechtslage ist nicht eingetreten. Unerheblich ist, dass der Regionale Entwicklungsplan der Regionalen Planungsgemeinschaft Halle zwischenzeitlich bekannt gemacht worden und am 21. Dezember 2010 in Kraft getreten ist, da sich damit die Sach- bzw. Rechtslage nicht zugunsten der Klägerin geändert hat. Mit dem In-Kraft-Treten des Raumordnungsplans wird vielmehr die vormals in Aufstellung befindliche Zielfestlegung, die keine vergleichsweise stärkeren rechtlichen Wirkungen erzeugen kann als die spätere endgültige Zielfestlegung (BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2005 – BVerwG 4 C 5.04 – Juris Rn. 31), verbindlich.

19

Schließlich kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, die Entscheidung der Kammer vom 23. November 2010 sei sachlich unrichtig. Die Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO tritt unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urteil vom 08. Dezember 1992 – BVerwG 1 C 12.92 – Juris Rn. 15).

20

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.