Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist nach ihren eigenen Angaben am ... Januar 1998 geboren und eritreische Staatsangehörige. Am … reiste sie illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 25. Juli 2014 einen Asylantrag.

Für den Zeitraum vom 18. Mai 2014 bis zum 22. Mai 2014 wurde die Antragstellerin vom Landkreis B. in Obhut genommen und in einer Bereitschaftspflegefamilie untergebracht. Mit Bescheid vom 3. Juni 2014 bewilligte der Landkreis B. der Antragstellerin Hilfe zur Erziehung gemäß § 34 SGB VIII durch die Übernahme der Unterbringungskosten für eine Einrichtung der Inneren Mission in M. Mit Bescheid vom 31. März 2015 gewährte der Landkreis B. der Antragstellerin Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege in einer Pflegefamilie im Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners.

Mit Bescheid der Regierung von O. vom 28. Mai 2015 wurde die Antragstellerin ab dem 29. März 2015 dem Landkreis S. zugewiesen. Zugewiesene Wohnung war die der Pflegefamilie.

Mit Bescheid vom 9. Juli 2015 gewährte der Antragsgegner der Antragstellerin Jugendhilfe in Form von Vollzeitpflege für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis längstens zum 31. Dezember 2015 in Form von Vollzeitpflege in der bisherigen Pflegefamilie.

Mit Bescheid 30. Juli 2015 stellte der Landkreis B. die mit Bescheid vom 31. März 2015 gewährte Hilfe mit Ablauf des 31. Juli 2015 ein.

Mit Bescheid vom 27. November 2015 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2016 Jugendhilfe gemäß § 41 SGB VIII. Die Hilfe wurde in Form der Vollzeitpflege bei der bisherigen Pflegefamilie bewilligt.

Am 7. Oktober 2016 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Gewährung von Jugendhilfe in Form des betreuten Wohnens. Zum 31. Oktober 2016 zog die Antragstellerin von ihrer Pflegefamilie in ein Wohnheim nach G.

Mit Bescheid vom 8. November 2016 stellte der Antragsgegner die Jugendhilfe in Form von Vollzeitpflege zum 31. Oktober 2016 ein und bewilligte der Antragstellerin ab dem 1. November 2016, längstens bis zum 31. Juli 2017 Jugendhilfe gemäß §§ 41, 34 SGB VIII in Form der Übernahme von Kosten für die Unterbringung im Mädchenheim G.

In den Bescheidsgründen ist u.a. ausgeführt, der Verselbständigungsprozess der Antragstellerin könnte bis zum Ende des Schuljahres am 31. Juli 2017 abgeschlossen sein.

Am 11. August 2017 teilte die Einrichtung dem Antragsgegner mit, die Antragstellerin habe sich Anfang August fünf Nächte unerlaubt nicht in der Einrichtung aufgehalten.

Am 17. Juli 2017 beantragte die Antragstellerin die Weitergewährung der bisherigen Hilfe. Eine Teambesprechung von Mitarbeitern des Antragsgegners vom 18. Juli 2017 kam zu dem Ergebnis, die Hilfe sei bis zum 30. September 2017 weiter zu gewähren. Die Antragstellerin habe eine gute Entwicklung gemacht; der Entwicklungsbericht sei sehr positiv und es fehle die Mitwirkung der Antragstellerin in der Jugendhilfe. Bis Ende September 2017 solle die Zeit genutzt werden, um Anträge beim Jobcenter zu stellen und die Wohnsituation zu klären. Die Hilfe nach § 41 Abs. 3 SGB VIII könne bei Bedarf installiert werden. Diese Einschätzung entspricht der der am 12. Juli 2017 vorausgegangenen Hilfeplankonferenz.

Mit Bescheid vom 31. August 2017 bewilligte der Antragsgegner der Antragstellerin Jugendhilfe gemäß § 41 SGB VIII bis längstens zum 30. September 2017 in Form von Übernahme der Kosten für das einzelbetreute Wohnen in der bisherigen Einrichtung. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, im Hilfeplangespräch am 12. Juli 2017 sei festgestellt worden, dass die Antragstellerin schon sehr selbständig sei. Da ihre Vergangenheit die Antragstellerin sehr beschäftige, habe sie am 26. Juni 2017 eine Therapie begonnen. Da dies erst vor kurzem erfolgt sei, werde die Jugendhilfe letztmalig bis Ende September 2017 verlängert, damit die Antragstellerin in den ersten Monaten der Therapie noch die notwendige Begleitung und Unterstützung durch ihre Betreuer habe. Eine weitere Verlängerung erscheine nicht sinnvoll, da Berichte des Trägers der Einrichtung vorlägen, dass die Mitwirkung in der Jugendhilfe nur unzureichend sei und die Antragstellerin in der Vergangenheit über mehrere Tage die Einrichtung verlassen habe.

Am 28. September 2017 beantragte die Antragstellerin zur Niederschrift bei Gericht, den Antragsgegner im Weg einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Hilfe zur Erziehung in Form der Übernahme der Kosten für das einzelbetreute Wohnen über den 30. September 2017 hinaus weiter zu gewähren Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin könne ihre Erziehungsziele nur mit Unterstützung ihrer Betreuerin erreichen. Die Antragstellerin habe eine Therapie begonnen und beabsichtige, im Juli 2018 an der S.-Schule den Mittelschulabschluss zu machen. Vorgelegt wurde eine Stellungnahme der besuchten Schule vom Juli 2017. Die Antragstellerin sei seit dem 16. September 2014 Schülerin der Schule. Die Antragstellerin benötige gerade auch für den Übergang in eine Ausbildung und deren erfolgreichen Verlauf weiterhin Unterstützung und Begleitung. Weiter wurde eine Stellungnahme einer Psychotherapeutin vom 20. September 2017 vorgelegt. Die Antragstellerin leide unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Sie habe sich daher im Juli 2017 zu einer psychotherapeutischen Behandlung angemeldet. Die Antragstellerin sei infolge der Posttraumatischen Belastungsstörung noch nicht in der Lage, ihr Leben mit den schulischen Anforderungen selbständig im Griff zu haben. Sie benötige dringend den Halt einer Wohngruppe mit einem Bezugsbetreuer, der ihr beistehe, ihr Leben zu strukturieren.

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 beantragte der Antragsgegner, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, Ziel der Hilfe für junge Volljährige im Hinblick auf eine eigenständige Lebensführung sei die Verselbständigung des jungen Volljährigen, bezogen auf die Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens. Ob die Hilfe zu einer Persönlichkeitsentwicklung erforderlich sei, sei an verschiedenen Messfaktoren festzumachen. Notwendig sei die Hilfe, wenn sie geeignet sei und der Bedarf nicht anderweitig gedeckt werden könne. Geeignet sei sie, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehe, mit den Mitteln der Jugendhilfe innerhalb eines begrenzten Zeitraumes die Persönlichkeitsentwicklung und eigenverantwortliche Lebensführung fördern zu können. Dabei genüge bereits jede Aussicht auf eine spürbare Verbesserung und Förderung der Persönlichkeitsentwicklung des jungen Volljährigen und seiner Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung. Beim Hilfeplangespräch am 12. Juli 2017 habe sich gezeigt, dass die Antragstellerin im betreuten Wohnen von Anfang an eine hohe Motivation gezeigt habe und sich in den wesentlichen lebenspraktischen Bereichen selbständig zu Recht finden könne. Sie habe auch die nötige Sicherheit entwickelt, um ihre Bedürfnisse zu äußern und konkret nach Hilfe zu fragen. Die Antragstellerin habe eine gute Entwicklung gemacht. Auch der Entwicklungsbericht der Einrichtung vom 20. Juni 2017 sei sehr positiv. Laut dem Hilfeplan fehle jetzt allerdings die Mitwirkungsbereitschaft, wobei sich diese Einschätzung aus der Tatsache ergebe, dass die Antragstellerin mehrere Abwesenheitszeiten habe. Der Antragstellerin sei auch nach Beendigung der stationären Hilfe eine Nachbetreuung in ambulanter Form nach § 41 Abs. 3 SGB VIII angeboten worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtssowie die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller das von ihm behauptete streitige Recht (den Anordnungsanspruch) und die drohende Gefahr seiner Beeinträchtigung (den Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft machen können.

Als Anspruchsgrundlage kommt insoweit grundsätzlich § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII in Betracht. Nach dieser Vorschrift soll einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und so lange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig ist.

Da die Hilfe für junge Volljährige für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden soll, ist der Abschluss einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bzw. die Verselbständigung mit der Befähigung zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung das, soweit möglich, anzustrebende Optimum. Nach § 41 SGB VIII soll dem jungen Volljährigen Hilfe „für die Persönlichkeitsentwicklung“ und „zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung“ gewährt werden. Sie ist also nicht notwendig auf einen bestimmten Entwicklungsabschluss gerichtet, sondern auch schon auf einen Fortschritt im Entwicklungsprozess bezogen. Die Hilfe muss dazu aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig sein, aber auch - wiederum bezogen auf den Hilfezweck - geeignet sein; sie muss geeignet sein, die Persönlichkeitsentwicklung und die Fähigkeit zu eigen-verantwortlicher Lebensführung zu fördern (BVerwG v. 3.6.2014 - 5 B 12/14 - juris, Rn. 7). Die vom Antragsteller beanspruchte Maßnahme muss sich also als geeignet erweisen, den entsprechenden Hilfebedarf des jungen Volljährigen zu decken. Diesbezüglich kommt dem Jugendamt ein verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Entscheidungen über die Erforderlichkeit und Geeignetheit einer bestimmten Maßnahme unterliegen einem kooperativen, sozialpädagogischen Entscheidungsprozess unter Mitwirkung der Fachkräfte des Jugendamtes und des betroffenen Hilfeempfängers, der nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, sondern vielmehr eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation beinhaltet, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung beschränkt sich in diesem Fall darauf, dass allgemeingültige fachliche Maßstäbe beachtet wurden, keine sachfremden Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind. Die Entscheidung über die Geeignetheit und Notwendigkeit einer bestimmten Hilfemaßnahme ist daher nur auf ihre Vertretbarkeit hin überprüfbar (BayVGH v. 6.2.2017 - 12 C 16.2159 - juris, Rn. 11, m.w.N.).

Gemessen an diesen Vorgaben ist die Entscheidung des Antragsgegners, für die Antragstellerin nicht weiter eine stationäre Jugendhilfemaßnahme nach §§ 41, 34 SGB VIII zu bewilligen, sondern vielmehr eine Nachbetreuung in ambulanter Form nach § 41 Abs. 3 SGB VIII anzubieten, nicht zu beanstanden.

Der Antragsgegner stützt sich für seine Entscheidung zunächst auf den Entwicklungsbericht der Einrichtung vom 20. Juni 2017. Daraus ergibt sich u.a., dass die Antragstellerin im betreuten Wohnen von Anfang eine hohe Motivation zeigte, sich in den wesentlichen lebenspraktischen Bereichen zu orientieren und selbständig zurechtzufinden. Das Feedback von den Lehrkräften der Schule sei sehr positiv; die Antragstellerin gehe sehr gerne und regelmäßig in die Schule. Den Lernplan habe sie selbst entwickelt. Aus pädagogischer Sicht werde eine weitere kontinuierliche Betreuung innerhalb der Jugendhilfe als unbedingt erforderlich angesehen.

Weiter für die Entscheidung des Antragsgegners maßgeblich war die Hilfeplankonferenz am 12. Juli 2017, an der auch die Antragstellerin sowie eine Vertreterin der Einrichtung, in der die Antragstellerin untergebracht ist, teilnahmen. Dem Hilfeplangespräch lag erkennbar der Entwicklungsbericht der Einrichtung zugrunde. Das Hilfeplangespräch wurde wiederum der Teambesprechung am 18. Juli 2017 zugrunde gelegt. Schließlich wurde auch die Mitteilung der von der Antragstellerin besuchten Einrichtung vom 11. August 2017 berücksichtigt, wonach die Antragstellerin an mehreren Tagen Anfang August 2017 unerlaubt die Einrichtung verlassen hatte.

Auf Grundlage dieser Feststellungen hat der Antragsgegner nach Auffassung des Gerichts zurecht festgestellt, dass die Antragstellerin zu einer eigenständigen Lebensführung, ggf. mit einer ambulanten Nachbetreuung nach § 41 Abs. 3 SGB VIII, außerhalb einer stationären Maßnahme fähig ist. Der Antragsgegner durfte auch die fehlende Mitwirkung der Antragstellerin, die sich in einer mehrtätigen unerlaubten Abwesenheit von der Einrichtung gezeigt hat, berücksichtigen.

Zusammenfassend kann die auf die vorliegenden Erkenntnisquellen gestützte Entscheidung des Jugendamtes, eine stationäre Hilfe für junge Volljährige sei nicht mehr erforderlich, nicht beanstandet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Verfahren ist nach § 188 VwGO gerichtskostenfrei.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

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Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwi

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 03. Juni 2014 - 5 B 12/14

bei uns veröffentlicht am 03.06.2014

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

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Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 140 213,53 € festgesetzt.

Gründe

1

1. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt (s. etwa Beschlüsse vom 20. Januar 2014 - BVerwG 5 B 2.14 - juris Rn. 2; vom 11. November 2011 - BVerwG 5 B 45.11 - juris Rn. 3 und vom 8. Juni 2006 - BVerwG 6 B 22.06 - Buchholz 442.066 § 78 TKG Nr. 1 S. 1 f.). Dem genügt das Beschwerdevorbringen nicht.

3

Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

„Ist der Wortlaut des § 41 Abs. 1 S. 2 SGB VIII dahingehend zu verstehen, dass der 'begrenzte Zeitraum' eine Prognose erforderlich macht, die neben der Erwartung einer generellen Entwicklungsmöglichkeit auch die voraussichtliche Dauer der Hilfemaßnahme, als Kriterium für die Eignung der Maßnahme, einbeziehen kann, um die Anwendbarkeit des SGB VIII festzustellen, so dass die Anwendbarkeit des Jugendhilferechts nicht schematisch an das Alter des Leistungsberechtigten, sondern letztlich an der Eignung der Maßnahmen nach dem Jugendhilfesystem oder dem Erwachsenensystem für den einzelnen Leistungsberechtigten anknüpft?"

4

Mit der Formulierung dieser Frage und ihrem weiteren Vorbringen - auch dem im Schriftsatz vom 3. Juni 2014 - wird die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzbedeutung nicht gerecht, weil sie sich nicht mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung in genügender Weise auseinandersetzt und überdies mit der Fragestellung rechtliche Positionen des Oberverwaltungsgerichts verbindet, die so nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidung gewesen sind (a). Zudem zeigt die Beschwerde die Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht schlüssig auf (b).

5

a) Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit der von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehenen Regelung des § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII und dem Merkmal „begrenzter Zeitraum" eingehend befasst und dazu ausgeführt (UA S. 25 f.): Das Gesetz enthalte für die Dauer des begrenzten Zeitraums keine bestimmten Vorgaben. Der begrenzte Zeitraum im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 SGB VIII ende jedenfalls mit dem Erreichen des konkreten Entwicklungsziels oder aber - wie hier - mit der Erkenntnis, dass dieses Ziel in absehbarer Zeit nicht erreichbar sein werde. Der Begriff „für einen begrenzten Zeitraum" sei hingegen nicht dahingehend auszulegen, dass eine vor dem 21. Lebensjahr begonnene Hilfe dann erst gar nicht fortgesetzt werden könne, wenn von vornherein absehbar sei, dass sie bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres - also während des gesamten für eine Hilfe nach § 41 Abs. 1 SGB VIII infrage kommenden Zeitraums - erforderlich bleibe. Bei einer derartigen Auslegung wären keine Fälle denkbar, in denen einem Hilfebedürftigen für den gesamten Zeitraum, der sich aus dem Begriff „junger Volljähriger" ergebe (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII), Jugendhilfe geleistet werden könne. Eine derartige Auslegung könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Es seien vielmehr Fälle denkbar, in welchen das Ende des „begrenzten Zeitraumes" mit der Vollendung des 27. Lebensjahres zusammenfalle. Gerade im Falle des Vorliegens einer seelischen Behinderung, wie sie vorliegend zu Recht zugrunde gelegt werde, komme regelmäßig eine Hilfegewährung nach § 41 Abs. 1 SGB VIII bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres in Betracht. Wenn das Landessozialgericht (insoweit wird sinngemäß Bezug genommen auf die vom Verwaltungsgericht wie auch von der Beklagten herangezogene Entscheidung des LSG Essen, Urteil vom 21. Mai 2012 - L 20 SO 608/10 - JAmt 2012, 481) zu einem anderen Ergebnis gelange, indem es das ursprüngliche Einsetzen der stationären Hilfe zum Ausgangspunkt der Beurteilung nehme, verkenne es für den vorliegenden Fall, dass eine Hilfe nach § 41 Abs. 1 SGB VIII bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres unabhängig davon zu gewähren sei, ob die Hilfe voraussichtlich bis zum 27. Lebensjahr zum Abschluss komme.

6

Mit diesen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Sie geht auf keines der Argumente des Oberverwaltungsgerichts hinreichend ein und genügt schon deshalb nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Überdies verbindet sie mit der aufgeworfenen Frage Rechtsansichten, die das Oberverwaltungsgericht so nicht vertreten hat und die so nicht Gegenstand der angegriffenen Entscheidung gewesen sind. Denn soweit die Beschwerde in ihrer Fragestellung die Forderung zum Ausdruck bringt, „dass die Anwendbarkeit des Jugendhilferechts nicht schematisch an das Alter des Leistungsberechtigten, sondern letztlich an der Eignung der Maßnahmen nach dem Jugendhilfesystem oder dem Erwachsenensystem für den einzelnen Leistungsberechtigten" anknüpfen solle, unterstellt sie dem Oberverwaltungsgericht, von der gegenteiligen Ansicht auszugehen. Dies wird jedoch im Beschwerdevorbringen weder aufgezeigt noch trifft dies sonst zu. Den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils lässt sich ein schematisches Orientieren an dem Alter der Leistungsberechtigten nicht entnehmen. Vielmehr führt das Oberverwaltungsgericht (UA S. 18) aus: Erforderlich, aber auch ausreichend sei hier bei einem Hilfebeginn vor Vollendung des 21. Lebensjahres entsprechend den tatbestandlichen Zielvorgaben in § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein erkennbarer Entwicklungsprozess in der Persönlichkeitsentwicklung und in der eigenverantwortlichen Lebensführung gegeben sei, der noch gefördert werden könne, die Eignung der Hilfemaßnahme also nicht völlig ausgeschlossen sei.

7

Soweit die Beschwerde in der aufgeworfenen Frage das Merkmal des begrenzten Zeitraums im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII mit dem Merkmal der Eignung der Maßnahme verknüpft, indem sie die Vorschrift dahingehend verstehen möchte, „dass der 'begrenzte Zeitraum' eine Prognose erforderlich macht, die neben der Erwartung einer generellen Entwicklungsmöglichkeit auch die voraussichtliche Dauer der Hilfemaßnahme als Kriterium für die Eignung der Maßnahme einbeziehen kann", berücksichtigt sie nicht, dass das Merkmal der Eignung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt ist. Der Senat hat dazu im Urteil vom 23. September 1999 (BVerwG 5 C 26.98 - BVerwGE 109, 325 <327 f.> = Buchholz 436.511 § 41 KJHG/SGB VIII Nr. 1 S. 2 f.) ausgeführt,

„dass eine Hilfe nach § 41 SGB VIII nicht voraussetzt, dass der junge Volljährige bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres seine Verselbständigung erreicht hat, sondern dass es genügt, wenn die Hilfe eine erkennbare Verbesserung der Persönlichkeitsentwicklung und Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensführung erwarten lässt.

Eine Prognose dahin, dass die Befähigung zu eigenverantwortlicher Lebensführung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres oder bis zu einem begrenzten Zeitraum darüber hinaus erreicht wird, verlangt § 41 SGB VIII nicht. Zwar ist es Aufgabe und Zielrichtung der Hilfe für junge Volljährige, deren Persönlichkeitsentwicklung und Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensführung zu fördern, und soll die Hilfe solange wie notwendig, aber in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt und in begründeten Einzelfällen für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden, doch ist weder dem Wortlaut noch der Systematik noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift zu entnehmen, dass ein Anspruch auf Hilfe nur gegeben ist, wenn Aussicht besteht, dass mit der Hilfe eine Verselbständigung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres oder in einem begrenzten Zeitraum darüber hinaus erreicht werden kann. Da die Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden soll, ist der Abschluss einer positiven Persönlichkeitsentwicklung bzw. die Verselbständigung mit der Befähigung zu eigenverantwortlicher Lebensführung das, soweit möglich, anzustrebende Optimum. Nach § 41 SGB VIII soll dem jungen Volljährigen Hilfe 'für die Persönlichkeitsentwicklung' und ,zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung' gewährt werden. Sie ist also nicht notwendig auf einen bestimmten Entwicklungsabschluss gerichtet, sondern auch schon auf einen Fortschritt im Entwicklungsprozess bezogen. Die Hilfe dazu muss aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen notwendig (§ 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII), aber auch - wiederum bezogen auf den Hilfezweck - geeignet sein; sie muss geeignet sein, die Persönlichkeitsentwicklung und die Fähigkeit zu eigenverantwortlicher Lebensführung zu fördern (vgl. ...). Der engeren Auffassung des Deutschen Städtetages in seinen Empfehlungen und Hinweisen zur Hilfe für junge Volljährige vom 20. September 1995 (vgl. dazu die Angaben bei Diedrichs-Michel in GK-SGB VIII § 41 Rn. 14), Hilfe nach § 41 SGB VIII dürfe nicht gewährt werden, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits erkennbar sei, dass die Hilfe nicht bis zum 21. Lebensjahr erfolgreich beendet werden könne, steht bereits § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII mit der Möglichkeit, die Hilfe über das 21. Lebensjahr hinaus fortzusetzen, entgegen. Gegen eine auf einen Enderfolg bezogene Erfolgsprognose spricht auch das Wesen der Hilfe für junge Volljährige als Entwicklungshilfe, also einer Hilfe, die ausgehend von der individuellen Situation des jungen Menschen der Förderung seiner Persönlichkeitsentwicklung und eigenverantwortlichen Lebensführung dient. Die in § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bestimmten Zeitgrenzen (bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres; für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus) beziehen sich nicht auf den Eintritt eines Hilfeleistungserfolges, sondern bezeichnen das Ende der Hilfeleistungsmaßnahmen. Entsprechend sieht § 41 Abs. 3 SGB VIII auch noch 'nach Beendigung der Hilfe' im notwendigen Umfang Beratung und Unterstützung 'bei der Verselbständigung' vor."

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Mit dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der das Oberverwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung (UA S. 19 f.) ausdrücklich gefolgt ist, setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und zeigt insbesondere zum Merkmal der Eignung der Hilfemaßnahme keinen weitergehenden Klärungsbedarf auf.

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b) Die Beschwerde legt schließlich nicht - wie es erforderlich gewesen wäre - in hinreichender Weise dar, dass sich die von ihr formulierte Frage auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts entscheidungserheblich in einem Revisionsverfahren stellen würde. Im Hinblick auf die von ihr befürwortete Prognose führt die Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 6) aus:

Diese „hätte eindeutig ergeben, dass die Hilfe weit über den Zeitpunkt des 21. Lebensjahres hinaus notwendig war und die pädagogischen Ansätze, mit dem Ziel, dem Leistungsempfänger eine altersgerechte Entwicklung zu ermöglichen, nicht geeignete Maßnahmen waren."

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Die Ziele des Jugendhilfesystems seien nach einer prognostischen Entscheidung nicht für den Hilfeempfänger geeignet gewesen. Das Ziel der Verselbständigung und eigenverantwortlichen Lebensführung im Sinne von § 41 SGB VIII sei aufgrund der psychischen Erkrankung und den zusätzlich bestehenden kognitiven Einschränkungen auf lange Zeit nicht erreichbar gewesen. Aus fachlicher Sicht könne den in der Akte vorliegenden individuellen Hilfeplänen und den Gesamtumständen nicht entnommen werden, dass im Rahmen der Hilfe eine kurzfristige Verbesserung in Bezug auf die eigenverantwortliche Lebensführung zu erwarten gewesen sei. Die Hilfepläne dokumentierten von Anfang an eine im Wesentlichen schwierige und langsame Entwicklung, was die Fähigkeit zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung und Fortschritte in der Verselbständigung angehe.

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Demgegenüber hat das Oberverwaltungsgericht von der Beschwerde nicht angegriffene und daher für das Revisionsgericht bindende (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächliche Feststellungen zur Eignung von jugendhilferechtlichen Maßnahmen im Sinne von § 41 SGB VIII getroffen, die dem Sachverhalt, wie ihn die Beschwerde darstellt und würdigt, entgegenstehen. Das Oberverwaltungsgericht ist nämlich unter Heranziehung ärztlicher Atteste und psychosozialer Berichte zu dem Schluss gelangt, dass es an hinreichenden Erfolgsaussichten auf eine Verbesserung der Persönlichkeitsentwicklung hin zu mehr Selbständigkeit bei Hilfebeginn am 30. Juni 2003 nicht gefehlt habe (UA S. 20). Auch nach Vollendung des 21. Lebensjahres des Hilfeempfängers (im Februar 2004) - so führt das Oberverwaltungsgericht (UA S. 21) weiter aus - sei „eine erkennbare Verbesserung der Persönlichkeitsentwicklung und Fähigkeit zur eigenverantwortlichen Lebensführung" zu erwarten gewesen. Insoweit reiche es aus, „dass die Hilfepläne vom 27. Juni 2005 und vom 8. November 2006 sowie die zu den Hilfeplankonferenzen vom 24. November 2005 und vom 25. Januar 2007 angefertigten Notizen erkennen lassen, dass Herr C. zumindest auf einigen Gebieten kleine, aber ersichtliche Fortschritte gemacht hat und ausweislich der Auflistung konkreter Ziele und Maßnahmen in vieler Hinsicht weiterhin Verbesserungen erreichbar erscheinen."

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Mithin kann die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hier auch deshalb nicht zugelassen werden, weil die Beschwerde im Hinblick auf die Entscheidungserheblichkeit der von ihr aufgeworfenen Frage von einem Sachverhalt ausgeht, den die Vorinstanz so nicht festgestellt hat (vgl. etwa Beschluss vom 11. März 2014 - BVerwG 5 B 67.13 - juris Rn. 4 m.w.N.).

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2. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts findet ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

Hilfe zur Erziehung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (Heimerziehung) oder in einer sonstigen betreuten Wohnform soll Kinder und Jugendliche durch eine Verbindung von Alltagserleben mit pädagogischen und therapeutischen Angeboten in ihrer Entwicklung fördern. Sie soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie

1.
eine Rückkehr in die Familie zu erreichen versuchen oder
2.
die Erziehung in einer anderen Familie vorbereiten oder
3.
eine auf längere Zeit angelegte Lebensform bieten und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.
Jugendliche sollen in Fragen der Ausbildung und Beschäftigung sowie der allgemeinen Lebensführung beraten und unterstützt werden.

(1) Junge Volljährige erhalten geeignete und notwendige Hilfe nach diesem Abschnitt, wenn und solange ihre Persönlichkeitsentwicklung eine selbstbestimmte, eigenverantwortliche und selbständige Lebensführung nicht gewährleistet. Die Hilfe wird in der Regel nur bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres gewährt; in begründeten Einzelfällen soll sie für einen begrenzten Zeitraum darüber hinaus fortgesetzt werden. Eine Beendigung der Hilfe schließt die erneute Gewährung oder Fortsetzung einer Hilfe nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 nicht aus.

(2) Für die Ausgestaltung der Hilfe gelten § 27 Absatz 3 und 4 sowie die §§ 28 bis 30, 33 bis 36, 39 und 40 entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Personensorgeberechtigten oder des Kindes oder des Jugendlichen der junge Volljährige tritt.

(3) Soll eine Hilfe nach dieser Vorschrift nicht fortgesetzt oder beendet werden, prüft der Träger der öffentlichen Jugendhilfe ab einem Jahr vor dem hierfür im Hilfeplan vorgesehenen Zeitpunkt, ob im Hinblick auf den Bedarf des jungen Menschen ein Zuständigkeitsübergang auf andere Sozialleistungsträger in Betracht kommt; § 36b gilt entsprechend.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.