Verwaltungsgericht München Beschluss, 10. Mai 2017 - M 11 S 17.462

bei uns veröffentlicht am10.05.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Anfechtungsklage gegen eine Nutzungsuntersagungsverfügung hinsichtlich eines Pferdestalls.

Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … der Gemarkung … Es liegt nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Außenbereich. Im Flächennutzungsplan sind an dieser Stelle Flächen für Land- und Forstwirtschaft dargestellt.

Mit Bescheid vom 18. Februar 2014 (…) wurde dem Antragsteller, der früher Milchviehhaltung betrieb, die Genehmigung für das Vorhaben „Abbruch eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes und Ersatzbau eines Wohn- und Wirtschaftsgebäudes“ erteilt. Der Wirtschaftsteil des Gebäudes wurde als Mutterkuhstallung mit Spalten, etc. für Kühe, Rinder und Kälber genehmigt.

Unter dem 10. März 2015 reichte der Antragsteller, da er sich während der Errichtung des Vorhabens entschlossen habe, die Milchviehhaltung aufzugeben und die hierfür vorgesehenen Flächen für die Unterstellung von Pferden zu nutzen, einen Tekturantrag auf Erteilung der Baugenehmigung ein, demzufolge das neu zu errichtende Wirtschaftsgebäude als Pferdestall mit 11 Pferdeboxen im Erdgeschoss und einem Aufenthaltsraum (Grundfläche 74,24 Quadratmeter) mit Teeküche, WC und Dusche („…stüberl“) im Obergeschoss, anstatt der dort vorgesehenen Fläche zur Futtermittellagerung ausgeführt werden soll.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2015 verweigerte der Gemeinderat die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das von Beginn an genehmigungsabweichend errichtete Vorhaben, das zudem 0,55 m höher als genehmigt errichtet worden sei, nicht privilegiert sei und die Gefahr der Entstehung einer Splittersiedlung bestünde.

In den Akten befindet sich ein Vermerk über eine Baukontrolle am 28. Juni 2016 (Bl. 26 f. der Behördenakte). Bei dieser sei u.a. festgestellt worden, dass sich in dem zwischenzeitlich errichteten Gebäude an der Nordseite 11 Pferdeboxen befänden, in denen auch jeweils ein Pferd untergebracht gewesen sei. In der Südostecke unter einem Vordach befinde sich eine Abzäunung, innerhalb der ein weiteres Pferd untergestellt sei. Die genehmigte Mutterkuhstallung sei nach Angaben des Antragstellers nicht ausgeführt worden. Zudem werde die unter dem Aktenzeichen … genehmigte Bergehalle als Reithalle benutzt.

In den Akten (Bl. 24 f. der Behördenakte) befindet sich zudem eine Stellungnahme des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten … vom 28. September 2016. Aus dieser ergibt sich, dass bei einem am 22. September 2016 erfolgten Ortstermin festgestellt worden sei, dass der ursprünglich beantragte Mutterkuhstall nur als Bauhülle errichtet worden, dort aber nie Mutterkühe untergebracht gewesen seien. Es seien 11 Pferdeboxen (3m x 5m) eingebaut worden. An der östlichen Stirnseite befänden sich die notwendigen Nebenräume (Sattelkammer, Pfelgeplätze). Die südliche Längsseite sei offen und hier würden Heuballen gelagert. An der westlichen Stirnseite sei, nur über eine Außentreppe zugänglich, ein …stüberl ausgeführt worden, das aber noch nicht bezugsfertig sei. Die ehemalige Bergehalle sei zu einer Reithalle umgewidmet worden. Der Maschinenbestand werde abgebaut werden, sodass kein Gebäude zur Unterbringung von Maschinen mehr nötig sei. Für die Pferde werde eine Weide mit Weideunterstand zur Verfügung gestellt. Der Antragsteller habe mitgeteilt, dass er bereits seit 20 Jahren in einem ca. 1 km entfernten Offenstall Pferde halte. Die dortigen 7 Pensionspferde würden von ihren Besitzern betreut, er selbst übernehme keine Dienstleistungsaufgaben. Er habe auch keine Ausbildung in der Pferdehaltung. Die 11 Boxen im ehemaligen Mutterkuhstall seien komplett an eine Pächterin vermietet, von der der Antragsteller Einnahmen für die Boxennutzung erhalte. Der Antragsteller selbst habe mit der Pferdehaltung nichts zu tun. Die Pächterin betreibe eigentlich die Pferdehaltung. Zur Beurteilung der Situation wird am Ende der Stellungnahme ausgeführt, dass es sich bei der Pferdehaltung, wie sie der Antragsteller betreibe, eher um Vermietung und Verpachtung als um Pensionspferdehaltung handele. Pensionspferdehaltung sei gekennzeichnet durch Verträge mit den einzelnen Pferdebesitzern und durch die Übernahme von Dienstleistungen. Hierfür sei ausreichende Sachkunde erforderlich. Als Mindestnachweis solle ein Sachkundenachweis Pferdehaltung vorliegen. Zudem sei eine Reithalle mit den Maßen 20m x 40m erst ab einem Pferdebestand von 25 Pensionspferden ökonomisch sinnvoll. Die Voraussetzungen von § 35 Abs. 1 BauGB seien deshalb nicht erfüllt.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 2. Januar 2017 des Landratsamts … (im Folgenden: Landratsamt) wurde gegenüber dem Antragsteller die Nutzung des ungenehmigten Pferdestalls mitsamt der Nebenräume (Sattelkammer), Lagerflächen und des …stüberls im Dachgeschoss (genehmigt als Mutterkuhstall) im Gebäude „Ersatzbau des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes“ auf der FlNr. … der Gemarkung … spätestens ab einem Monat nach Zustellung der Anordnung untersagt (Ziffer I). Diese Anordnung wurde für sofort vollziehbar erklärt (Ziffer II). Die Pächterin Frau … wurde zur Duldung der Nutzungsuntersagung unter Ziffer I verpflichtet (Ziffer III). Zudem wurde für den Fall der Nichtbeachtung von Ziffer I ein Zwangsgeld von 2.000,- € (Ziffer IV) und für den Fall der Nichtbeachtung von Ziffer III ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- € (Ziffer V) angedroht.

Zur Begründung des Bescheids wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass das Vorhaben „Mutterkuhstall“ durch die Errichtung des streitgegenständlichen Pferdestalls planabweichend ausgeführt worden sei. Hinsichtlich der Art der Nutzung sei zwar auf Anforderung bei der unteren Bauaufsichtsbehörde ein Antrag auf Nutzungsänderung eingegangen. Die beantragte Nutzungsänderung sei aber bauplanungsrechtlich unzulässig, da das Vorhaben keinem landwirtschaftlichen Betrieb diene und somit nicht privilegiert sei. Selbst falls der Antragsteller selbst die Pensionspferdehaltung übernähme, werde kein anderes Ergebnis erzielt. Der Pferdestall, mitsamt der Nebenräume (Sattelkammer), Lagerflächen und das …stüberl seien für die geringe Zahl an Einstellern völlig überdimensioniert. Auch die ohne Genehmigung umgenutzte Bergehalle in eine Reithalle mit den Maßen 20m x 40m sei erst ab einem Pferdebestand von mindestens 25 Pensionspferden ökonomisch sinnvoll. Bei der Form der Pferdehaltung, wie sie der Antragsteller betreibe, handele es sich nicht um Pensionspferdehaltung, sondern um Vermietung und Verpachtung der Gebäude und Flächen. Pensionspferdehaltung sei gekennzeichnet durch Verträge mit den einzelnen Pferdebesitzern und durch die Übernahme von Dienstleistungen. Hierfür sei ausreichende Sachkunde erforderlich. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB seien daher nicht erfüllt. Es handele sich somit um ein sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB. Als solches sei es unzulässig, da es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche, § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Auch scheide eine Nutzungsänderung nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB aus, da die Nutzung des genehmigten Mutterkuhstalls nie aufgenommen worden und der Baubeginn auch erst für den 17. März 2014 gemeldet worden sei und somit noch keine 7 Jahre zurückliege. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nur mit einer Nutzungsuntersagung demjenigen, der ein Bauwerk illegal nutze, der ungerechtfertigte Vorteil gegenüber demjenigen, der eine Nutzung erst aufnehme, wenn die erforderliche Genehmigung erteilt sei, entzogen werden könne. Ein verzögertes Einschreiten ermuntere deshalb zur Nachahmung, insbesondere da eine Nutzungsänderung von einem Mutterkuhstall in einen Pferdestall für jedermann erkennbar sei.

Mit Schreiben vom 2. Februar 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten, der zugleich auch namens und im Auftrag von Frau … … Klage erhob, Klage erheben (M 11 K 17.447).

Mit weiterem Schreiben vom 3. Februar 2017, eingegangen bei Gericht am selben Tag, ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten zudem sinngemäß beantragen,

die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die Nutzungsuntersagung in Ziffer I des Bescheids des Landratsamts … vom 02.02.2017, Az.: … … … … … …, wiederherzustellen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller entgegen dem Vorbringen des Landratsamts über die persönliche Fähigkeit hinsichtlich der Führung eines Pferdepensionsbetriebs verfüge, da er eine landwirtschaftliche Ausbildung durchlaufen habe. Nachweise würden nachgereicht. Ferner treffe es nicht zu, dass hinsichtlich der Pensionspferde (aktuell 7), die der Antragsteller seit 20 Jahren in einem ca. 1 km entfernten Offenstall halte, keine Pensionstierhaltung vorliege, da die Pferde von ihren Besitzern betreut würden. Richtig sei zwar, dass durch den Antragsteller nur die Grundversorgung dieser Pferde erfolge. Die Pferdebesitzer würden die Betreuung aber in unterschiedlicher Weise durchführen. Ferner sei es unzutreffend, dass die Pensionstierhaltung allein durch die Pächterin der Pferdeboxen Frau … erfolge. Der Antragsteller führe Betreuungs-, Versorgungs- und Pflegearbeiten hinsichtlich der Pferde durch. Er liefere das gesamte Heu und die Einstreu und betreue neben der Pächterin die Pferde, da er neben ihr die Ställe ausmiste, die Pferde auf die Koppeln bringe und im Bedarfsfall das Bereiten durch Dritte organisiere. Hinzu komme, dass die Pächterin Frau … im Bereich der Pferdepensionshaltung besonders ausgebildet sei. Gegenüber der Pächterin sei keine Anhörung erfolgt und keine Sofortvollzugsanordnung hinsichtlich der ihr gegenüber erlassenen Duldungsanordnung ergangen. Insoweit liege daher ein Ermessensausfall hinsichtlich der Duldungsanordnung gegenüber Frau … vor. Sie erleide zudem durch die Nutzungsuntersagung einen erheblichen Schaden, da sie keine Möglichkeit habe, die 11 eingestellten Pferde kurzfristig anderweitig unterzubringen. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich um Hengste handele, die im Regelfall von allgemeinen Reitställen nicht in einer derartigen Anzahl aufgenommen würden. Die Nutzungsänderung von Mutterkuhhaltung in Pferdepensionsbetrieb sei genehmigungsfähig. Die baulichen Anlagen seien ersichtlich der Pferdehaltung gewidmet und würden somit einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Bei dem Vertrag zwischen dem Antragsteller und der Pächterin Frau … handele es sich nicht um einen reinen Einstellvertrag. Die notwendige eigene Futtergrundlage, um die Pferdepensionshaltung als Landwirtschaft i.S.d. § 201 BauGB ansehen zu können, werde, insbesondere in Form von Heu, der Pächterin ausschließlich vom Antragsteller zur Verfügung gestellt. Ferner erfolge das Sauberhalten der Ställe durch den Antragsteller. Da es sich um hochwertige Pferde handele, erfolge die Pflege, insbesondere der Ausritt, überwiegend durch die Einstellerin. Die Nebenräume (Sattelkammer, Lagerflächen und …stüberl) seien nicht überdimensioniert. Ggf. komme eine Nutzungsuntersagung allein des …stüberls in Betracht, was aber die Nutzung der Pferdeboxen nicht ausschließe. Die Nutzungsuntersagung sei rechtswidrig, da das Vorhaben aufgrund der zu bejahenden Privilegierung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Schließlich sei die Ermessensentscheidung hinsichtlich der Nutzungsuntersagung nicht ordnungsgemäß erfolgt, da die rechtlichen und tatsächlichen Nachteile des Antragstellers und der Pächterin Frau … nicht berücksichtigt worden seien. Insbesondere sei laut eidesstattlicher Versicherung der Pächterin Frau … eine anderweitige Unterstellmöglichkeit in der Umgebung von … nicht zu finden. Die Tiere müssten in einem Provisorium untergebracht werden, was weder artgerecht noch aufgrund der Reinrassigkeit angemessen sei. Zuletzt fehle auch eine Ermessensentscheidung in Bezug auf die Nutzungsuntersagung an sich, da eine Ermessensentscheidung formell nur hinsichtlich der Sofortvollzugsanordnung vorliege. Zur Frage der Ermessensausübung im Rahmen der Sofortvollzugsanordnung sei anzumerken, dass es bisher nicht durch einen Bescheid belegt sei, dass die derzeitige Nutzung nicht genehmigungsfähig sei, da über den Tekturantrag bisher nicht entschieden wurde.

Mit weiterem Schreiben vom 23. Februar 2017 trug der Bevollmächtigte des Antragstellers noch vor, dass die Aussage in der Stellungnahme des Amts für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten vom 28. September 2016, nämlich dass es sich bei der vorliegenden Form der Tierhaltung eher um Vermietung und Verpachtung handele, eine reine Vermutung sei. Es werde darauf abgestellt, dass entsprechende Verträge mit entsprechenden Inhalten vorliegen sollten. Bereits vor Bescheidserlass seien mit Schreiben der damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers vom 16. Dezember 2016 Pferdeeinstellverträge, u.a. mit der Pächterin Frau …, vorgelegt worden, wonach der Antragsteller sich zu täglichem Füttern und Tränken der Pferde sowie dem Ausmisten der Box und Einbringung von Einstreu verpflichtet habe. Auf die vorgelegten Vertragskopien (Bl. 47 ff. der Behördenakte) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 5. April 2017 legte der Antragsgegner die Akten vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde auf den Bescheid vom 2. Januar 2017 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch diejenigen des zugehörigen Klageverfahrens (M 11 K 17.447) und die vorgelegten Behördenakten, einschließlich Bauvorlagen, Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Im Falle der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit eines Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung statthaft, § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO.

2. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Nutzungsuntersagung überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Das Gericht der Hauptsache kann gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aufgrund einer eigenen Ermessensentscheidung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn eine vorzunehmende Interessenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt. Hierbei ist in erster Linie auf die Erfolgsaussichten der Klage des Antragstellers abzustellen. Erweist sich nach summarischer Prüfung der angefochtene Verwaltungsakt als rechtswidrig, so ist die Vollziehung regelmäßig auszusetzen, da an der Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erscheint der Verwaltungsakt dagegen nach vorläufiger Betrachtung als voraussichtlich rechtmäßig, ist der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz abzulehnen, sofern ein besonderes Vollzugsinteresse besteht. Stellen sich die Erfolgsaussichten als offen dar, hängt das Ergebnis allein von der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung ab.

Die anzustellende Interessenabwägung ergibt im Rahmen der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Landratsamtes, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt, da der Rechtsbehelf des Antragstellers in der Hauptsache aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird und ein besonderes Vollziehungsinteresse besteht.

a) Der angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung ist aller Voraussicht nach rechtmäßig.

aa) Nach ganz h.M. ist alleinige Tatbestandsvoraussetzung einer Nutzungsuntersagungsverfügung nach Art. 76 Satz 2 VwGO die formelle Illegalität der ausgeübten Nutzung. Die Errichtung des Pferdestalls in der vorliegenden Form ist formell illegal, da ein Mutterkuhstall zur Milchviehhaltung, insbesondere ohne Pferdeboxen und „…stüberl“ genehmigt worden ist. Zwar wurde unter dem 10. März 2015 ein Tekturantrag zur Errichtung des Pferdestalls in der jetzt faktisch bestehenden Form gestellt. Über diesen Antrag wurde aber bisher nicht entschieden.

bb) Auch ist der Erlass der Nutzungsuntersagung nicht wegen offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit der aktuell ausgeübten Nutzung der Pensionspferdehaltung unverhältnismäßig.

Milchviehhaltung und Pensionspferdehaltung haben andere Anforderungen sowohl hinsichtlich der Haltung der Tiere als auch der Organisation des Betriebs, sodass wohl nicht von einer derartigen Vergleichbarkeit beider Betriebsarten auszugehen sein dürfte, dass bei einer Umnutzung eines Stallgebäudes von offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit auszugehen sein dürfte.

Voraussetzung für eine derartige Nutzung im Außenbereich ist zwar in beiden Fällen das Vorliegen einer Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, mithin das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebs. Jedoch muss es sich in jedem Fall beim konkreten Betrieb um ein auf Dauer lebensfähiges Unternehmen handeln. Hinsichtlich des Vorliegens eines landwirtschaftlichen Betriebs führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U. v. 20.03.2001 - 20 B 00.2501 - juris Rn. 17) aus:

„Ein landwirtschaftlicher Betrieb setzt eine spezifische betriebliche Organisation und eine Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung voraus. Es muss sich um ein auf Dauer gedachtes und auch lebensfähiges Unternehmen handeln (BVerwGE 26, 121; 41, 138; BVerwG vom 11.4.1986, NVwZ 1986, 916). Die Gewinnerzielung ist nicht zwingende Voraussetzung der Betriebseigenschaft, hat jedoch eine gewichtige, indizielle Bedeutung für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit des Unternehmens. Es können auch andere Gesichtspunkte für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit sprechen und die Gewinnerzielung mehr in den Hintergrund treten lassen. Hierbei kommt der Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen, der Betriebsform und der Betriebsorganisation, dem aufgewendeten Kapital und dem Bestand von Tieren und Maschinen eine indizielle Bedeutung zu. Ganz auf die Gewinnerzielung für die Zukunft kann aber nicht verzichtet werden, da sonst kein lebensfähiger Betrieb vorliegen würde (BVerwG v. 20.1.1981, BauR 1981, 358). Zumindest das für den Fortbestand zu bildende Eigenkapital muss der Betrieb neben der Entlohnung des Betriebsinhabers und der Mitarbeiter aufbringen können. Ferner kann für die Ernsthaftigkeit der landwirtschaftlichen Betriebsführung von Bedeutung sein, dass im konkreten Fall allein die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund steht, nicht aber der Wunsch, im Außenbereich zu wohnen.“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an.

Im konkreten Fall bedeutet dies, dass der Antragsteller, falls er entgegen der Auffassung des Beklagten als Inhaber eines etwaigen landwirtschaftlichen Betriebs anzusehen wäre und nicht die Pächterin, dennoch die dauerhafte Lebensfähigkeit des Gesamtbetriebs entweder durch ein Gutachten oder ein absolut in sich schlüssiges und nachvollziehbares Betriebskonzept nachweisen müsste. Zudem müsste auch das konkrete Vorhaben, mithin der konkrete Stall mit 11 Boxen und einem Außenunterstand, einem landwirtschaftlichen Betrieb „dienen“. Dieses „Dienen“ wäre zu bejahen, wenn es von einem vernünftigen Landwirt, unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs, in dieser Form verwirklicht worden wäre, insbesondere also ein Betrieb mit der konkreten Anzahl an Tieren im Hinblick auf die Größe des Stallgebäudes und der hierfür notwendigen Investitionen und den zu erwartenden Gewinn.

Bereits hieraus ergibt sich die fehlende offensichtliche Genehmigungsfähigkeit, da an einen Pferdestall (insbesondere wenn es sich um Rassepferde handelt, deren Eigentümer hohe Erwartungen an eine artgerechte Unterbringung haben), andere Anforderungen als an einen Mutterkuhstall ergeben.

Auch liegt einen Milchviehbetrieb ein anderes Betriebskonzept zu Grunde als einem Pensionspferdebetrieb.

Schließlich ergeben sich auch bei Pferde- und Rinderhaltung unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich der Bejahung der eigenen Futtergrundlage als Voraussetzung für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebs nach § 201 BauGB. Während die Rechtsprechung für die Bejahung der eigenen Futtermittelgrundlage bei Pferdehaltung zwischen 0,35 ha (VG Neustadt an der Weinstraße, U. v. 22.02.2016 - 3 K 325/15.NW - juris Rn. 59; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 30.10.2009 - 7 A 2370/08 - juris Rn. 42) und 0,5 ha (VG München, U. v. 29.06.2000 - M 11 K 99.2108 - juris Rn. 36) Grün- und Weideland pro Pferd und Jahr ausgeht, gelten bei Rinderhaltung andere Anforderungen. So wurde bei Rinderhaltung z.B. eine Mindestbewirtschaftung von 40 ha eigener Nutzfläche bei einem Rinderbestand von 425 Bullen verlangt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 02.12.2013 - 2 A 2652/11 - juris Rn. 13).

All diese unterschiedlichen Konzepte, Zahlen und Maße zeigen, dass zur Beantwortung der Frage, ob ein auf Dauer lebensfähiger Betrieb vorliegt, jedenfalls das konkrete Betriebskonzept genau betrachtet werden muss und eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit nicht angenommen werden kann.

cc) Auch liegt kein Ermessensfehler deshalb vor, da formell zwar die Sofortvollzugsanordnung begründet wurde, aber kein eigener Abschnitt im Bescheid zur Ermessensausübung hinsichtlich des Erlasses der Nutzungsuntersagung als solcher vorhanden ist.

Die Nutzungsuntersagung ist die regelmäßige Folge der formellen Rechtswidrigkeit einer Nutzung. An die Ermessensausübung und deren Begründung sind in solchen Regelfällen keine hohen Anforderungen zu stellen. Sollen - wie hier - nach dem Willen der Behörde die für die Nutzungsuntersagung sprechenden öffentlichen Belange den Vorrang haben und weist der Fall keine Besonderheiten auf, die eine ausdrückliche Würdigung der privaten Belange gebieten, genügt für die Begründung der Ermessenserwägungen die Darlegung der öffentlichen Belange (vgl. BayVGH, B. v. 05.07.2004 - 15 CS 04.58 - juris Rn. 20). Im vorliegenden Fall bestehen daher keine Bedenken, da - selbst falls eine Abwägung allein im Rahmen der Sofortvollzugsanordung vorgenommen wurde - das Landratsamt damit umso mehr zu verstehen gegeben hat, dass die öffentlichen Belange hier den Vorrang genießen. Etwaige private Belange der Pächterin sind im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes des Antragstellers gegen die gegen ihn ergangene Nutzungsuntersagung von vorneherein unerheblich.

dd) Schließlich folgt auch keine Unverhältnismäßigkeit oder Ermessensfehlerhaftigkeit daraus, dass bereits seit langer Zeit nicht über den Bauantrag des Antragstellers entschieden worden ist. Auch in diesem Fall ist der Erlass einer Nutzungsuntersagung nur im Falle offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit unverhältnismäßig. Dies folgt aus dem Zweck der Nutzungsuntersagung, den Vorrang des förmlichen Genehmigungsverfahrens abzusichern (vgl. Decker, in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, 123. EL August 2016, Rn. 282). Dem Antragsteller ist es unbenommen, Untätigkeitsklage auf Erteilung der Baugenehmigung zu erheben.

b) Ein besonderes Vollziehungsinteresse ist gegeben. Dies folgt hier bereits daraus, dass es sich bei einer Nutzungsuntersagung um eine Maßnahme zur Sicherung des Vorrangs des förmlichen Genehmigungsverfahrens handelt.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Streitwert folgt aus §§ 52, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hälfte des für das Klageverfahren anzusetzenden Streitwerts berücksichtigt wurde.

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(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

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7.
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8.
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(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

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das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei.

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Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 25. September 2014 und des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsausschusses des Rhein-Pfalz-Kreises vom 1. April 2015 verpflichtet, der Klägerin die am 2. Mai 2014 beantragte Baugenehmigung zum Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur Pensionstierhaltung auf dem Grundstück B-Hof ..., Flurstück-Nr. ..., Mutterstadt, zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den bereits erfolgten Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des im Außenbereich von Mutterstadt gelegenen Grundstücks B-Hof ..., Flurstück-Nr. ..., das mit einer Scheune mit Stallungen und Futterlage sowie einem Offenstall bebaut ist. Das genannte Grundstück ist aus dem Grundstück mit der Flurstück-Nr. ... hervorgegangen, auf dem früher eine landwirtschaftliche Hofstelle betrieben worden war. Diese Nutzung wurde vor einiger Zeit aufgegeben. Das Grundstück Flurstück-Nr. ... wurde im Jahre 2009 in die Flurstücke mit den Nrn. ... und ... geteilt. Beide Grundstücke sind per Baulast zu einer Einheit verbunden. Das Grundstück Flurstück-Nr. ... steht im Eigentum des Ehemannes der Klägerin und ist mit einem Wohnhaus bebaut. Südlich grenzt das Grundstück Flurstück-Nr. ... an, auf dem sich ein Reitplatz sowie ein Longierplatz befinden. Zur Veranschaulichung der örtlichen Verhältnisse mag die nachfolgende Luftbildaufnahme des betroffenen Bereichs dienen:

Abbildung
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

3

Die Grundstücke Flurstück-Nrn. ... und ... liegen etwas mehr als 500 m östlich der Landesstraße 524 zwischen Mutterstadt und Ludwigshafen-Ruchheim und sind über einen rund 4,50 m breiten Landwirtschaftsweg, der zwischen der L 524 und dem B-Hof … die Flurstück-Nr. ... und ab dem B-Hof ... die Flurstück-Nr. ... führt, zu erreichen. Auf Höhe des Grundstücks der Klägerin beträgt die Breite des B-Weg es teilweise zwischen 3 und 4 m. Beidseitig befinden sich durchgehend Banketten von jeweils ca. 50 cm Breite. In der Wegtrasse sind elektrische Leitungen und Frischwasserzuleitungen verlegt.

4

Unmittelbar östlich an die L 524 grenzt das sich über eine Fläche von 200 m entlang des Landwirtschaftsweges erstreckende Aussiedleranwesen C sowie der Obst- und Gemüsegroßhandel D GmbH an. Der Landwirtschaftsweg steht im Eigentum der Beigeladenen und ist auf seiner gesamten Länge mit einer Betondecke befestigt. Der Weg unterliegt den Bestimmungen der Satzung der Beigeladenen vom 22. März 2002 über die Benutzung der landwirtschaftlichen Feldwege.

5

Die Klägerin verfügt über Grundstücksflächen von über 5 ha Eigenland, die sich in Mutterstadt, dem 7 Fahrkilometern entfernten Schifferstadt und dem 18 Fahrkilometern entfernten Freinsheim befinden. Daneben hat die Klägerin langfristige Pachtverträge über Grundstücksflächen von mehr als 10 ha in den Gemarkungen Eppstein (7 km), Schifferstadt (7 km), Freinsheim (18 km), Graben (über 45 km), Weisenheim (15 km) und Fußgönheim (6 km) geschlossen.

6

Unter der Anschrift „B-Hof ...“ betreibt die Klägerin seit April 2009 unter dem Namen „...“ auch eine Qualitätsmanagement- und Unternehmensberatung und bietet unter dem Namen „Sportpferde B-Hof“ Verkaufspferde an.

7

Im Jahr 2008 erklärten die Klägerin und ihr Ehemann gegenüber der Beigeladenen und dem Beklagten ihre Absicht, das stillgelegte ehemalige landwirtschaftliche Anwesen B-Hof ... zu sanieren, privat zum Wohnen zu nutzen sowie - damit einhergehend - eine private Pferdehaltung als Hobby in eingeschränktem Umfang zu betreiben. Zur Sicherung und Regelung einer damals zweckbezogenen Erschließung wurde für die Wegestrecke mit den Flurstück-Nrn. …, ... (Querung) und ... zwischen der Beigeladenen und den Eheleuten ... ein Vertrag vom 29. April 2009 über die Mitbenutzung des landwirtschaftlichen Wegs zum Zweck der privaten Erschließung geschlossen. Die Benutzung für gewerbliche Zwecke war ausdrücklich ausgeschlossen.

8

Mit Bescheid vom 26. Mai 2009 erteilte der Beklagte der Klägerin eine Genehmigung zur Nutzungsänderung der Scheune des ehemaligen landwirtschaftlichen Anwesens zum Einbau von Pferdeboxen mit Stallungen zur privaten Pferdehaltung sowie zur Wohnnutzung des bestehenden Wohngebäudes mit zwei Wohneinheiten.

9

Am 18. Oktober 2010 stellte die Klägerin sodann einen neuen Bauantrag zur Genehmigung des Neubaus einer Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur gewerblichen Pensionstierhaltung auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ... Ohne die Erteilung der Baugenehmigung abzuwarten, begann die Klägerin im Sommer 2011 mit Betonierarbeiten an den Fundamenten der Reithalle, woraufhin der Beklagte am 15. September 2011 eine Baueinstellungsverfügung erließ.

10

Die Beigeladene erarbeitete in der Folgezeit einen mit der Klägerin und ihrem Ehemann abzuschließenden Erschließungsvertrag für das Anwesen B-Hof ... in Mutterstadt. Der Vertrag kam jedoch nicht zustande.

11

Mit Bescheid vom 19. Oktober 2011 erteilte der Beklagte der Klägerin unter Ersetzung des versagten gemeindlichen Einvernehmens der Beigeladenen die Baugenehmigung.

12

Dagegen legte die Beigeladene Widerspruch ein und erhob im Februar 2013 Untätigkeitsklage. Zugleich suchte sie um vorläufigen Rechtsschutz nach, dem die erkennende Kammer mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 – 3 L 1039/11.NW – mit der Begründung stattgab, die Beigeladene werde durch die der Klägerin vom Beklagten erteilte Baugenehmigung, mit der der Beklagte zugleich das versagte Einvernehmen der Beigeladenen im Hinblick auf die Frage der Erschließung ersetzt habe, offensichtlich in ihren rechtlich geschützten Interessen verletzt.

13

Mit Bescheid vom 6. Mai 2014 hob der Beklagte die Baugenehmigung vom 19. Oktober 2011 auf. Daraufhin erklärten die Beigeladenen und der Beklagte den Rechtsstreit 3 K 98/13.NW übereinstimmend für erledigt.

14

Bereits zuvor hatte die Klägerin am 5. Mai 2014 einen neuen Bauantrag zwecks Genehmigung des „Neubaus einer Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung als landwirtschaftlich privilegiertes Vorhaben“ gestellt. Nach den vorgelegten Bauplänen waren u.a. 10 Parkplätze und nördlich der geplanten Reithalle eine sog. Begegnungsbucht von 20 m Länge vorgesehen. In der 1.275 m² großen Reithalle waren neben der Reitbahn 14 Pferdeboxen und vor der Halle 14 Paddocks geplant.

15

Die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz bestätigte mit Schreiben vom 13. Mai 2014 unter Bezugnahme auf ihre vorangegangene Stellungnahme vom 21. März 2013, dass aufgrund der nachgewiesenen Betriebsfläche die im Sinne des § 201 BauGB überwiegend eigene Futtergrundlage für die laut Vorhabensbeschreibung avisierte Pensionspferdezahl von bis zu 22 Tieren mehr als ausreichend sichergestellt sei. Es seien sämtliche Grundlagen für einen leistungsfähigen auf Dauerhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Gewinnerzielung hin ausgerichteten landwirtschaftlichen Pensionspferdebetrieb gegeben. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sei erfüllt.

16

Der Landesbetrieb Mobilität erteilte mit Schreiben vom 6. August 2014 unter Einhaltung der im Schreiben genannten Nebenbestimmungen die straßenrechtliche Zustimmung.

17

Die Beigeladene teilte dem Beklagten am 28. Juli 2014 mit, dass das Einvernehmen zu dem Bauvorhaben versagt worden sei, da die Erschießung nicht gesichert sei. Der vorhandene Feldweg sei nicht ausreichend im Hinblick auf den Zu- und Abfahrtsverkehr für die Pensionstierhaltung. An der Zuwegung habe sich rechtlich und technisch nichts geändert.

18

Mit Bescheid vom 25. September 2014 lehnte der Beklagte sodann unter Bezugnahme auf die Versagung des Einvernehmens die Erteilung der Baugenehmigung ab.

19

Dagegen legte die Klägerin am 6. Oktober 2014 Widerspruch ein, den der Kreisrechtsausschuss des Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2015 zurückwies. Zur Begründung führt der Kreisrechtsausschuss aus, zwar handele es sich um ein Vorhaben i.S.d. § 201 BaugesetzbuchBauGB –, das einem landwirtschaftlichen Betrieb diene. Auch Pensionpferdehaltung könne Landwirtschaft in diesem Sinne darstellen. Die Klägerin habe durch Nachweis der in ihrem Eigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen und Vorlage von Pachtverträgen belegt, dass sie über ausreichend Betriebsfläche verfüge, um auf diesen Flächen den überwiegenden Futteranteil zu erzeugen. Dies habe auch die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz so bestätigt. Auch die sonstigen Voraussetzungen für die Qualifizierung als landwirtschaftlicher Betrieb seien erfüllt. Jedoch fehle es an der ausreichenden wegerechtlichen Erschließung. Vorliegend habe der Erschließungsweg auf Höhe des Geländes der Klägerin eine Breite von 3,00 m sowie jeweils 50 cm unbefestigte Banketten am seitlichen Fahrbahnrand. Die geplante Pensionspferdehaltung führe zu einer verstärkten Nutzung des landwirtschaftlichen Weges zum Grundstück der Klägerin. Unter Berücksichtigung des auch über diesen Weg abgewickelten landwirtschaftlichen Verkehrs resultierend aus den umliegenden landwirtschaftlichen Betrieben und landwirtschaftlichen Grundstücken könne nicht ausgeschlossen werden, dass es zu Problemen im Begegnungsverkehr komme. Dabei sei die Zunahme der Nutzung aufgrund des Betriebes der Klägerin ebenso zu werten wie die Größe der Fahrzeuge, die zum einen den Betrieb der Klägerin nutzten und zum anderen in der Landwirtschaft eingesetzt seien. Auch die Ausweisung eines sogenannten Begegnungsstreifens vor der Halle auf dem Gelände der Klägerin könne nach Auffassung des Kreisrechtsausschusses nicht zu einer ausreichend gesicherten Erschließung führen. Zwar sei hier grundsätzlich eine Ausweichmöglichkeit/Wartemöglichkeit für Begegnungsverkehr gegeben. Die Ausweichbucht decke jedoch nur einen Teilbereich der Wegstrecke ab und befinde sich direkt auf Höhe des Betriebes der Klägerin und damit an einer Stelle, an der voraussichtlich nur noch wenig Begegnungsverkehr bedingt durch den Betrieb der Klägerin stattfinde. Eine gefahrlose, ordnungsgemäße Abwicklung des Begegnungsverkehrs auf der übrigen Wegstrecke könne damit auch unter Berücksichtigung des Begegnungsstreifens nicht gewährleistet werden. Von einer gesicherten Erschließung des Vorhabens könne daher nicht ausgegangen werden.

20

Nicht erforderlich sei im vorliegenden Fall das Einholen einer Sondernutzungserlaubnis. Denn da das Vorhaben der Klägerin als landwirtschaftlicher Betrieb zu qualifizieren sei, falle die Nutzung unter die Satzung der Gemeinde Mutterstadt über die Benutzung der landwirtschaftlichen Feldwege in der Gemarkung Mutterstadt vom 22. März 2002.

21

Die Klägerin hat dagegen am 16. April 2015 Klage erhoben. Sie trägt unter Vorlage einer Wirtschaftlichkeitsberechnung vor, sie führe einen landwirtschaftlichen Betrieb. Die Flächen direkt am Hof würden als Auslauf und Koppelfläche genutzt und die Flächen in Schifferstadt würden überwiegend zum Anbau von Stroh und Karotten verwendet. Ein befreundeter Landwirt baue das Stroh an, er verwerte das Korn, sie den Halm, sei es als Futter oder als Einstreu. Da die Fläche nicht jährlich mit dem gleichen Produkt bebaut werden könne, wechsele sie unter der Hand mit diesem Landwirt. Er baue dann auf ihrem Acker etwas anderes an und nutze seine Flächen, um Stroh für sie, die Klägerin, anzubauen. Die Flächen in Freinsheim dienten als Sommerweide. Dort stünden die Pferde komplett im Freien. Auch Stilllegungflächen seien zuweilen bei Landwirten üblich, da es hierfür Prämien gebe, die man wieder für den Einkauf von Ware verwenden könne. Die Flächen in Eppstein mit einer Größe von über 3 ha würden überwiegend zum Anbau von Stroh genutzt. Die Grundstücksflächen in Fußgönheim dienten insgesamt der Futtergewinnung. Soweit ein Großteil der vorgelegten Pachtverträge mit ihrem Ehemann abgeschlossen worden sei, beruhe dies auf Nachlässigkeit. Die Flächen in Graben-Neudorf seien inklusive der notwendigen Lohnarbeit gepachtet. Der Landwirt mache dort für die Klägerin das Heu. Ein- bis zweimal im Jahr werde dies dann zu ihr, der Klägerin, transportiert. Die Entfernung spiele insoweit keine Rolle.

22

Schon die in ihrem Eigentum stehenden Flächen seien tatsächlich und rechtlich geeignet die notwendigen Futtermittel zu erzeugen, wobei es letztlich darauf nicht ankomme. Sollte sich herausstellen, dass es günstiger sei, Futter anzukaufen als selbst zu erzeugen, so könne man ihrem Betrieb nicht vorwerfen, dass er seine eigene Fläche nicht entsprechend ausgenutzt habe.

23

Ihre Pensionspferdehaltung sehe im Wesentlichen einen „Full-Service“ für die Einsteller vor. Es gebe einen Lohnarbeiter, der füttere und miste und die Reitanlage im Hofbereich sauber halte. Morgens um 7 Uhr beginne die Fütterung der Pferde mit Kraft- und Raufutter. Ab ca. 8.00 Uhr beginne das Misten der Boxen, ab 9.00 Uhr das Verbringen der Pferde auf die Koppel bzw. in die Führmaschine. Die Pferde würden auf den Koppeln etwa im 2-Stunden-Takt gewechselt. Gegen 16.00 Uhr beginne die Abendfütterung ebenfalls mit Kraft- und Raufutter. Dazwischen sei neben dem Misten der Boxen noch die Anlage zu säubern. Für die Fütterung und das Misten gebe es einen selbstständigen Subunternehmer. Circa einmal monatlich komme Heu und Stroh von den Lieferanten, ca. zweimal monatlich Kraftfutter. Dies werde dann mit dem Radlader abgeladen und gesichert. Der Misthaufen werde circa monatlich von einem befreundeten Landwirt weggefahren und auf teilweise eigenen sowie teilweise fremden Ackerflächen ausgebracht. Die Bewegung der Pferde, das Putzen und Reiten erfolge durch die Pferdebesitzer selbst. Diese kämen ab ca. 8 Uhr und bis ca. 21 Uhr. Einige Einsteller besäßen mehrere Pferde, so dass im Schnitt ca. 8 - 10 Besucher pro Tag kämen. Unter den Einstellern gebe es sowohl Turnier- als auch Freizeitreiter. Die Turnierreiter würden ca. an 10 Wochenenden im Jahr auf Turniere fahren und zwar morgens weg und abends heim. Die Verkaufspferde würden in der Regel am Wochenende angeschaut; hier komme es zu ca. 3 - 4 Interessenten über das Wochenende verteilt.

24

Zwar sei im ursprünglichen Antrag von 24 Boxen die Rede. Jedoch könnten in den Offenstallboxen mehr als 6 Pferde untergestellt werden. Dies sei auch der Fall. Im Durchschnitt seien ca. 25 Boxen vermietet zu einem Boxenpreis von 400,00 €, das seien rund 10.000 € im Monat. Hinzu kämen Einnahmen aus dem Pferdehandel von ca. 2.000 € pro Monat, Offenstallvermietung mit 1.000 €, d.h. der Gesamtumsatz im Monat liege bei rund 13.000 €. Es fielen monatlich fixe Kosten für die Finanzierung des Geländes, der Felder und der Reithalle von rund 4.000 € an. Hinzu kämen Ausgaben für Kraftfutter von 700 €, Stroh 750 € und Heu 1.650 €. Die Kosten für den Subunternehmer beliefen sich auf ca. 1.500,00 €, die Kosten für Versicherung auf 100 € und die Kosten für Diesel auf ca. 100,00 €. Weitere Kosten fielen an im Zusammenhang mit dem Pferdehandel für Tierarzt, Hufschmied, klassische Betriebskosten wie Verbrauchsmaterial von rund 100 € im Monat und Kosten für die regelmäßige Instandhaltung der Gebäude wie auch der Fahrzeuge. Dies ergebe ein Betriebsergebnis von rund 4.000 € im Monat.

25

Die vorhandenen Maschinen würden überwiegend auf der Hofstelle eingesetzt. Wenn sie, die Klägerin, Futter machen lasse, so geschehe dies in Lohnarbeit wie allgemein üblich. Sie sei auch nicht verpflichtet, mit ihren Gerätschaften die landwirtschaftlichen Flächen zu bearbeiten.

26

Da die Flächen in der Region teuer seien, lohne es sich zurzeit nicht, eigenes Futter in großem Umfang anzubauen. Es werde günstiger hinzugekauft. Für 1 Hektar Fläche zahle man hier ca. 1.000 € Pacht und man würde bei guter Wetterlage rund 10 Rundballen Heu von dieser Fläche (Hektar) ernten können. Dies bedeute rund 100 € pro Rundballen ohne die Maschinen und Personalkosten. Sie könne aber einen Rundballen Heu inklusive Lieferung für 50 bis 55 € einkaufen, was auch praktiziert werde. Sie sei bestrebt, die Flächenanzahl, insbesondere den Eigenlandanteil, zu vergrößern. Ihr Fuhrpark verfüge über 2 Traktoren, einen Radlader, 3 Rollen, einen Miststreuer, ein Förderband und einen LKW.

27

Der von ihr daneben betriebene Pferdehandel sei eine im Rahmen der landwirtschaftlichen Betätigung ausgeübte untergeordnete Tätigkeit und habe deshalb schon keinen Einfluss auf die Privilegierung des Betriebes.

28

Soweit sie noch ein weiteres Gewerbe im Nebenerwerb angemeldet habe, sei dies erst nach Rücksprache mit der Kreisverwaltung geschehen. Es handele sich um eine Erlaubnis für einen Güterverkehr, wobei in Mutterstadt selbst keinerlei Aktivitäten bezüglich der Transporte stattfänden. Das einzige Fahrzeug, das dem Betrieb zur Verfügung stehe, stehe in Mannheim. In Mutterstadt selbst bestehe nur das Büro, das der Akquise diene und benutzt werde zur telefonischen Absprache mit den Kunden. Fahrzeugverkehr finde in Mutterstadt insoweit nicht statt.

29

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen liege auch eine ausreichende wegerechtliche Erschließung vor. Im Bereich der Reithalle der Klägerin mit Stallungen solle parallel zu dem befestigten Erschließungsweg eine Ausweichbucht (Begegnungsbucht) von ca. 20 m Länge hergestellt werden. Dass der Kreisrechtsausschuss annehme, dass diese Ausweichbucht nur einen Teilbereich der Wegstrecke abdecke und voraussichtlich nur noch wenig Begegnungsverkehr bedingt durch den Betrieb der Klägerin stattfinde, überrasche. Dies sei eine Annahme, für die es keinerlei Anhaltspunkte gebe. Nach diesseitiger Auffassung sei eine gesicherte Erschließung schon vorhanden und zwar auch dann, wenn diese Ausweichbucht nicht vorhanden wäre. Ein 5 m breiter Wirtschaftsweg in diesem Bereich bei einer Breite von 3 m Befestigung stelle für sich genommen schon eine ausreichende Erschließung dar, selbst ohne Ausweichbucht. Zusammen mit der Ausweichbucht sei es unbegreiflich, dass der Kreisrechtsausschuss die Auffassung vertreten habe, von einer gesicherten Erschließung könne nicht ausgegangen werden.

30

Die Klägerin beantragt,

31

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25. September 2014 und des Widerspruchsbescheids des Kreisrechtsausschusses des Rhein-Pfalz-Kreises vom 1. April 2015 zu verpflichten, ihr die am 2. Mai 2014 beantragte Baugenehmigung zum Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur Pensionstierhaltung auf dem Grundstück B-Hof …, Flurstück-Nr. ..., Mutterstadt, zu erteilen.

32

Der Beklagte beantragt,

33

zu entscheiden wie rechtens.

34

Die von der Beigeladenen geäußerten Zweifel, ob die Klägerin die landwirtschaftlichen Flächen tatsächlich zur Produktion von Futter verwende, stünden einer Qualifizierung als privilegiertes Vorhaben nicht entgegen. Es sei nicht erforderlich, dass die Pferde auf überwiegend eigener Futtergrundlage ernährt würden. Ausreichend sei vielmehr, dass dem Betrieb genügend landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen zur Verfügung stünden und auf diesen die überwiegenden Futteranteile erzeugt werden könnten. Es stehe damit einer Qualifizierung als privilegiertes Vorhaben nicht entgegen, wenn tatsächlich aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Fütterung auch durch Zukauf von Futter bewerkstelligt werde.

35

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

36

Sie führt aus, sie bestreite, dass die Klägerin Inhaberin eines landwirtschaftlichen Betriebes sei. So habe die Landwirtschaftskammer nicht geprüft, ob die von der Klägerin angegebenen Betriebsflächen tatsächlich zur Produktion von Futter verwendet würden. Die Böden in Mutterstadt seien wertvoll und eigneten sich vor allem für Intensiv-Gemüseanbau. Danach richteten sich die Pachtzinsen. Angesichts dessen wäre die Herstellung von Futter für Pferde auf diesen Böden unwirtschaftlich.

37

Die meisten von der Klägerin vorgelegten Pachtverträge seien offensichtlich nicht mit der Klägerin als Pächterin abgeschlossen worden, sondern ausdrücklich mit ihrem Ehemann. Letzterer sei aber weder Bauherr noch Kläger.

38

Außerordentlich zweifelhaft sei, ob die Grundstücke in Graben-Neudorf dem Betrieb der Klägerin tatsächlich und rechtlich als „eigene Futtergrundlagen“ zugeordnet werden könnten. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass diese Flächen „inklusive der notwendigen Lohnarbeit" gepachtet worden seien. Dies gelte auch für die Flächen in Eppstein.

39

Der Betrieb der Klägerin weise auch ansonsten keinen landwirtschaftlichen Charakter auf. Vielmehr habe er das typische Gepräge eines gewerblich tätigen Reiterhofs, der im Außenbereich gerade nicht privilegiert sei. Die eingesetzten wenigen Maschinen und Geräte würden zu originären landwirtschaftlichen Zwecken offenbar nicht eingesetzt.

40

Aus dem Vorbringen der Klägerin lasse sich nicht ableiten, dass das notwendige Tierfutter überwiegend auf rechtlich und tatsächlich zum Betrieb gehörenden Flächen erzeugt werden könne und die Bodenertragsnutzung im Vordergrund stehe.

41

Die Sparte „Pensionspferde“ sei im Rahmen des Betriebs der Klägerin kein auf Dauer angelegtes für Generationen gedachtes, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes und zur Gewinnerzielung geeignetes Unternehmen. Nachhaltig zu bezweifeln sei, dass im Betrieb der Klägerin mit dieser Sparte tatsächlich 4.000 € Gewinn - vor Steuern - erwirtschaftet werden könne. Der darauf bezogene Vortrag der Klägerin sei in sich widersprüchlich und unglaubhaft. Die in den einzelnen Dokumenten ausgewiesenen Daten zu den Einnahmen und Ausgaben wichen teilweise erheblich voneinander ab. Dies betreffe namentlich die Bezifferung der Ausgaben für Heu, Stroh, Kraftfutter, Versicherungen, Zinsen und Tilgung, Instandhaltungsrücklage, Reparaturen sowie Nebenkosten.

42

Die Sparte „Pferdehandel“ sei nicht auf eine landwirtschaftliche Betätigung gerichtet. Deshalb seien die daraus erzielten Einnahmen bei der Berechnung der Rentabilität der Sparte „Pensionspferde“ aus rechtlichen Erwägungen nicht einzubeziehen.

43

Die Klägerin habe im Übrigen eine Qualitätsmanagementberatung und eine Unternehmensberatung als Gewerbe unter der Anschrift B-Hof ... in Mutterstadt angemeldet. Beide beruflichen Tätigkeiten seien gewiss nicht landwirtschaftlich geprägt. Obendrein betreibe die Klägerin offenkundig gewerblichen Handel mit Pferden. Damit sei der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht einschlägig. Auch eine Zulässigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB komme nicht in Betracht.

44

Dem Vorhaben stehe ferner die fehlende ausreichende Erschließung entgegen. Der vorhandene Landwirtschaftsweg, der im Bereich der Grundstücke mit den Flurstück-Nrn. ... und ... lediglich auf einer Breite von 3 m hinlänglich ertüchtigt sei, reiche aus tatsächlichen Gründen zur Erschließung nicht aus. Sie, die Beigeladene, sei für den landwirtschaftlichen Weg mit der Flurstück-Nr. ... verkehrssicherungspflichtig. Durch die gewerbliche Nutzung des Grundstücks ... habe sich die Inanspruchnahme dieses Wegs durch Fahrzeuge, die das vorgenannte Grundstück aufsuchten oder von dort kämen, merklich erhöht. Auf Grund dessen sei die Verkehrssicherheit beim täglichen Begegnungsverkehr zwischen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten sowie Pkw mit oder ohne Pferdeanhängern und Pferdetransportern im Bereich des Anwesens B-Hof ... wegen der unzureichenden Breite und ungenügenden Ertüchtigung des dortigen Wegestücks nicht mehr gewährleistet. Mit Blick darauf, dass moderne landwirtschaftliche Fahrzeuge ohne Ladung bis zu 3 m und mit Anbaugeräten sogar über 3 m breit seien, genüge die bislang befestigte Breite von lediglich 3 m im Bereich des Grundstücks ... offenkundig nicht, um einen sicheren Verkehrsablauf zu garantieren.

45

Das Gericht hat die Örtlichkeiten am 16. September 2015 in Augenschein genommen.

46

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen. Deren Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlungen vom 16. September 2015 und vom 22. Februar 2016.

Entscheidungsgründe

47

Die zulässige Verpflichtungsklage ist gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den bereits erfolgten Neubau einer Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur Pensionstierhaltung auf dem Grundstück B-Hof ..., Flurstück-Nr. ..., Mutterstadt auf der Grundlage ihres Bauantrages vom 5. Mai 2014. Der Bescheid des Beklagten vom 25. September 2014 und der Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses des Rhein-Pfalz-Kreises vom 1. April 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

48

Rechtsgrundlage für die Erteilung einer Baugenehmigung ist § 70 Abs. 1 Satz 1 Landesbauordnung – LBauO –. Nach dieser Vorschrift ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Letzteres ist vorliegend nicht der Fall. Bei dem Pferdepensionsbetrieb der Klägerin handelt sich um einen gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert im Außenbereich zulässigen landwirtschaftlichen Betrieb (1.). Die zur Genehmigung gestellte Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur Pensionstierhaltung dient dem landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin und nimmt nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche ein (2.). Dem Vorhaben der Klägerin stehen keine öffentlichen Belange entgegen (3.). Schließlich fehlt es dem Bauvorhaben nicht an der gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlichen gesicherten Erschließung (4.).

49

Das Grundstück der Klägerin Flurstück-Nr. ... in Mutterstadt, auf dem der Pferdepensionsbetrieb errichtet worden ist, befindet sich im Außenbereich, so dass sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens der Klägerin nach § 35 BauGB beurteilt. Nach Abs. 1 Nr. 1 der genannten Vorschrift ist im Außenbereich ein Vorhaben u.a. zulässig, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.

50

1. Die Klägerin betreibt nach Auffassung der Kammer einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB.

51

a. Ein landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne dieses Privilegierungstatbestandes kann auch gegeben sein, wenn der Betriebsgegenstand allein oder überwiegend in der „Tierhaltung“ besteht. Die Tierhaltung, die sowohl die Auf- und Nachzucht als auch die Pensionstierhaltung umfassen kann, gehört nach der Begriffsdefinition der seit Inkrafttreten des Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004 gültigen Fassung des § 201 BauGB nur dann zur Landwirtschaft, „soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann“. Daneben müssen auch bei der Pensionstierhaltung die Grundmerkmale einer landwirtschaftlichen Betätigung erfüllt sein, nämlich die planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung des Bodens sowie die unmittelbare Bodenertragsnutzung (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand August 2015, § 201 Rn. 11; BayVGH, Beschluss vom 18. Februar 2013 – 1 ZB 11.1389 –, juris).

52

Der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs in § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201 BauGB erfordert neben der persönlichen Eignung des Betreibers ein auf Dauer angelegtes, mit Gewinnerzielungsabsicht betriebenes und auch zur Gewinnerzielung geeignetes Unternehmen. Denn der zu schonende Außenbereich darf grundsätzlich nur im Falle einer ernsthaften und in seiner Beständigkeit langfristig ausgerichteten, nachhaltigen landwirtschaftlichen Betätigung in Anspruch genommen werden (BVerwG, Urteil vom 19. April 1985 – 4 C 13.82 –, NVwZ 1986, 201). Diesen Anforderungen kommt bei Betätigungen wie der Pensionspferdehaltung besonderes Gewicht zu. Erforderlich ist eine kritische Prüfung, weil gerade die Pensionspferdehaltung dadurch gekennzeichnet ist, dass der unmittelbare Bezug zur Bodenertragsnutzung gelockert und der Übergang von der (noch) landwirtschaftlichen zur die Freizeitnutzung in den Vordergrund stellenden gewerblichen Betriebsweise fließend und nur schwer nachprüfbar ist. Betriebe der Pensionspferdehaltung tragen die Gefahr einer Umwandlung in überwiegend gewerblich tätige „Reiterhöfe“ gewissermaßen in sich (BayVGH, Beschluss vom 18. Februar 2013 – 1 ZB 11.1389 –, juris; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 7. August 1991 – 3 S 1075/90 –, BRS 52 Nr. 73). Es obliegt deshalb dem Bauherrn darzulegen, dass nicht nur die Betriebsführung als solche, sondern auch ihre landwirtschaftliche Ausprägung zur Überzeugung von Behörden und Gericht verlässlich gewährleistet ist.

53

b. Dies ist vorliegend der Fall. Es fehlt entgegen der Ansicht der Beigeladenen nicht an dem Erfordernis der eigenverantwortlichen Bewirtschaftung des Bodens sowie der unmittelbaren Bodenertragsnutzung im Zusammenhang mit der Erzeugung des Futters auf zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen.

54

a.a. Voraussetzung für die Beurteilung der Tierhaltung und -aufzucht als Landwirtschaft ist, dass das Futter überwiegend auf dem zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann. Damit wird die erforderliche Beziehung zwischen Tierhaltung und Tierfutter hergestellt. Der baurechtliche Begriff der Landwirtschaft verlangt dabei ein bestimmtes quantitatives Verhältnis des im eigenen Betrieb erzeugten Futters zur Tierhaltung (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. § 201 Rn. 17).

55

Nötig ist somit die Zugehörigkeit der Flächen, auf denen das Viehfutter erzeugt wird, zum Betrieb. Die Zugehörigkeit zum Betrieb kann auf der Basis eigentumsrechtlich (Eigentum) wie auch auf schuldrechtlich (vor allem Pachtverträge) gesicherter Zuordnung begründet sein (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 10945/14 –, LKRZ 2015, 254, wonach der Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht entgegen steht, dass sich lediglich etwa 1/10 der bewirtschafteten Fläche im Eigentum des Landwirts befindet, wenn bezüglich der angepachteten Flächen überwiegend langfristige Verträge bestehen).

56

Die zu beurteilenden Flächen müssen „landwirtschaftlich genutzte Flächen“ sein. Es scheiden deshalb solche Flächen aus, die nicht für die landwirtschaftliche Nutzung im Sinne der „Bodenertragsnutzung“ zur Verfügung stehen. Dies gilt z.B. für die Hofflächen und andere bebaute Flächen, Wege und Plätze, Stellplätze für Fahrzeuge, stillgelegte landwirtschaftliche Flächen, Ausgleichsflächen für Eingriffe in Natur und Landschaft, Wasserflächen, Waldflächen (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. § 201 Rn. 17). Daraus folgt weiter, dass die landwirtschaftliche Nutzung auf den betreffenden Flächen auch tatsächlich stattfindet. Dabei müssen die zum Betrieb gehörenden und zur Futtererzeugung auch tatsächlich landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Nähe des Betriebes liegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Januar 1997 – 4 B 256.96 –, NVwZ-RR 1997, 590; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Februar 2013 – 10 A 1606/11 –, juris und Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris).

57

b.b. Ferner muss das für die Tierhaltung notwendige Futter auf diesen Flächen „erzeugt werden können“. Es kommt nach dem Wortlaut des § 201 BauGB also nicht darauf an, ob die gehaltenen Tiere tatsächlich mit überwiegend selbst erzeugten Produkten gefüttert werden (konkrete Betrachtungsweise). Vielmehr reicht es aus, dass die unmittelbare Verfütterung des erzeugten Futters an die Tiere möglich wäre (abstrakte Betrachtungsweise; s. dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zum Europarechtsanpassungsgesetz Bau 2004, BT-Drucksache 15/2250 Seite 62). Die Verarbeitung des erzeugten Futters (auch außerhalb des Betriebs) und ihre Verwendung außerhalb des Betriebs sind daher nicht ausgeschlossen.

58

c.c. Dies bedeutet nicht, dass ein Landwirt frei ist, seine Betriebsflächen überwiegend unbearbeitet zu lassen, falls es günstiger ist, Futter für die von ihm gehaltenen Tiere anzukaufen als selbst zu erzeugen. Der Landwirt, der sich im Genehmigungsverfahren für eine Tierhaltungsanlage auf das Privileg des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB beruft, muss nachweisen, dass es von Eignung und Volumen her tatsächlich ein Erzeugnis von Futter auf seinen Betriebsflächen gibt bzw. geben wird (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. § 201 Rn. 17). Er ist zwar nicht daran gehindert, die notwendigen Futtermittel für die Tiere teilweise oder sogar vollständig anderweitig zu erwerben, sofern er in seinem landwirtschaftlichen Betrieb etwa aus betriebswirtschaftlichen Gründen andere zur überwiegenden Futtererzeugung vorgesehene landwirtschaftliche Produkte anbaut, um diese innerhalb seines Betriebes zu verarbeiten oder außerhalb seines Betriebes verarbeiten zu lassen und sie anschließend außerhalb des Betriebes zu verwenden (vgl. BT-Drucksache 15/2250 Seite 62; BayVGH, Beschluss vom 4. Januar 2005 – 1 CS 04.1598 –, juris). Auszugehen ist dabei von der auf den Flächen tatsächlich stattfindenden Erzeugung von Futter, denn lediglich die Verwendung des jeweils erzeugten Futters in der Tierhaltung des landwirtschaftlichen Betriebs wird nicht verlangt (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, a.a.O. § 201 Rn. 17).

59

d.d. Hiervon ausgehend muss die Klägerin auf zu ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen mehr als 4,9 ha Wiesen und Weideflächen bewirtschaften. Denn eine überwiegende eigene Futtergrundlage setzt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung für eine landwirtschaftliche Pferdehaltung voraus, dass 0,35 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche für jedes der gehaltenen Pferde zur Verfügung stehen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 4. Januar 2005 – 1 CS 04.1598 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris; VG Neustadt, Urteil vom 11. Juni 2014 – 5 K 642/13.NW –; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. April 2012 – 5 K 2358/09 –, juris). Da die Klägerin zuletzt davon gesprochen hat, sie verfüge über insgesamt 28 Einstellplätze für Pferde auf ihrem Hof, sind 28 x 0,35 ha = 9,8 ha in Ansatz zu bringen. Da § 201 BauGB nur von einer „überwiegenden Futtergrundlage“ spricht, sind mehr als 4,9 ha Weidefläche zugrunde zu legen. Über diese Weidefläche verfügt die Klägerin.

60

a.a.a. Sie hat angegeben, in ihrem Eigentum stünden 5 ha, die tatsächlich und rechtlich geeignet seien, die notwendigen Futtermittel zu erzeugen. Die Kammer ist indessen der Auffassung, dass diese Flächen nicht vollständig berücksichtigt werden können.

61

(1) Was die Grundstücke Flurstück-Nrn. ... und ... in Mutterstadt mit 1,5 ha bzw. 0,6192 ha anbetrifft, können diese von vornherein nicht in Ansatz gebracht werden, denn bei diesen Flächen handelt es sich nicht um „landwirtschaftlich genutzte Flächen“. Auf den beiden genannten Grundstücken befinden sich vielmehr die Betriebsflächen der Klägerin in Form der Reithalle, Reitplatz, Longierplatz etc. .

62

(2) Die beiden Grundstücke in Schifferstadt Flurstück-Nrn. ... und ... sind demgegenüber als landwirtschaftlich genutzte Flächen geeignet (s. http://map1.naturschutz.rlp.de/mapserver_lanis/) und können daher hier Berücksichtigung finden (=1,51 ha + 0,3626 ha = 1,87 ha). Diese Flächen werden nach den Angaben der Klägerin – an deren Wahrheitsgehalt die Kammer keine Zweifel hat, so dass von einer Beweisaufnahme abgesehen werden konnte – überwiegend zum Anbau von Stroh und Karotten verwendet. Der Umstand, dass die Klägerin die Futtergewinnung nicht selbst sondern durch einen Lohnunternehmer vornehmen lässt, ist in diesem Zusammenhang unschädlich. Die Futtererzeugung auf Grünland erfordert keine ständige Bearbeitung der Flächen mit unterschiedlichsten Maschinen und kann ohne weiteres auch durch einen Lohnunternehmer erfolgen (s. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris). Damit geht auch der weitere Einwand der Beigeladenen, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie ihre Maschinen und Geräte auch tatsächlich bei der Futtererzeugung einsetze, ins Leere.

63

(3) Was die Grundstücke in Freinsheim mit zusammen 1,2151 ha (0,4026 ha = Flurstück-Nr. ..., 0,2322 ha = FlurNr. .../3, 0,2759 ha = Flurstück-Nr. .../4, 0,3044 ha = Flurstück-Nr. .../6) anbetrifft, sind diese ebenfalls als landwirtschaftlich genutzte Flächen geeignet (s. http://map1.naturschutz.rlp.de/mapserver_lanis/) und können hier in Ansatz gebracht werden.

64

(4) Zusammen verfügt die Klägerin damit über 3,08 ha berücksichtigungsfähiges Eigenland.

65

b.b.b. Daneben hat die Klägerin deutlich mehr als 2 ha Grünflächen im räumlichen Umkreis ihres Betriebes angepachtet, die ebenfalls tatsächlich und rechtlich geeignet sind, die notwendigen Futtermittel zu erzeugen.

66

Die Pachtverträge sind über eine Dauer von 12 Jahren mit automatischer Verlängerung für den Fall der Nichtkündigung abgeschlossen, so dass die für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes erforderliche Nachhaltigkeit gewährleistet ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 10945/14 –, LKRZ 2015, 254; BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 – 4 C 9.11 –, NVwZ 2013, 155). Die Kammer braucht nicht näher darauf einzugehen, ob z.B. die Flächen in Graben-Neudorf in Baden-Württemberg hier in Ansatz gebracht werden können, weil sie – wie die Beigeladene eingewandt hat – mit 42 km Entfernung zu weit weg vom Hof der Klägerin gelegen sind. Die noch erforderlichen 1,83 ha Grünland befinden sich bereits in dem rund 10 km entfernten Eppstein mit 3,064 ha, wo die Klägerin auf dem Grundstück Flurstück-Nr. …. in Lohnarbeit Stroh anbauen lässt oder in dem nur 5 km entfernten Fußgönheim mit 2,244 ha, wo die Grundstücke Flurstück-Nrn. ..., ... und ... ebenfalls der Futtererzeugung dienen. Die entsprechenden Pachtverträge hat die Klägerin vorgelegt. Daneben verfügt sie Klägerin über weitere Pachtflächen im Außenbereich von dem 9 km entfernten Schifferstadt (z.B. das Grundstück Flurstück-Nr. ... mit 2,9699 ha) oder in dem 15 km entfernten Freinsheim.

67

Soweit die Beigeladene moniert hat, zahlreiche Pachtverträge seien nicht mit der Klägerin, sondern ihrem Ehemann abgeschlossen worden, misst die Kammer dem keine weitergehende Bedeutung zu, zumal die beiden Verträge über Grünflächen in Eppstein und Fußgönheim, die alleine eine Pachtfläche von 5,308 ha ausmachen, ausweislich der zu den Gerichtsakten gereichten Dokumente (s. Blatt 208 und 212 der Gerichtsakte) mit der Klägerin persönlich geschlossen wurden. Bezüglich des Umstands, dass die Klägerin die Futtergewinnung auch auf den Pachtflächen nicht selbst, sondern durch einen Lohnunternehmer vornehmen lässt, kann auf die Ausführungen zum Eigenland verwiesen werden. Abgesehen davon, dass nicht das gesamte auf den betriebszugehörigen Flächen erzeugte Futter an die eigenen Pferde der Klägerin verfüttert werden muss, lässt sich der Transport des in Eppstein und Fußgönheim gewonnenen Futters zum Betrieb der Klägerin über eine Entfernung von 5 bzw. 10 km ohne unangemessenen Aufwand bewerkstelligen (vgl. z.B. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris: 18 km sind unproblematisch). Die Kammer sieht angesichts der von der Klägerin vorgelegten Pachtverträge sowie den im Internet zugänglichen Luftbildern (s. http://map1.naturschutz.rlp.de /mapserver_lanis/) auch keine Veranlassung, die Lohnarbeiter der Klägerin dazu zu vernehmen, dass auf den betreffenden Grundstücken auch tatsächlich Futter erzeugt wird. Letztlich ist auch unerheblich, ob einige der genannten Grünflächen in manchen Jahren „stillgelegt“ sind und dafür sogar Stilllegungsprämien kassiert werden. Maßgeblich ist alleine, dass die Klägerin jedenfalls über weit mehr als 1,83 ha Pachtflächen verfügt, die zur Futterproduktion rechtlich und tatsächlich dienen.

68

d.d. Das Vorliegen eines landwirtschaftlichen Betriebes scheitert auch nicht an dem Betriebskonzept der Klägerin. Der Schwerpunkt des Betriebes besteht nicht in der Ausbildung der Pferde oder der Erteilung von Reitunterricht (vgl. dazu Dürr in: Brügelmann, BauGB, Stand Dezember 2015, § 35 Rn. 26). Vielmehr dient der Betrieb schwerpunktmäßig der Unterbringung, Versorgung und Bewegung der Pferde, also der Pensionstierhaltung. Soweit die Klägerin in ihrem Betrieb daneben die Sparte „Pferdehandel“ und eine Qualitätsmanagementberatung betreibt, handelt es sich lediglich um eine landwirtschaftsfremde Tätigkeit, die von der eigentlichen landwirtschaftlichen Tätigkeit gleichsam mitgezogen wird und daher an der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB teilnimmt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 10945/14 –, LKRZ 2015, 254 m.w.N.).

69

e.e. Die Tierhaltung der Klägerin erfolgt auch, wie die Kammer sich beim Ortstermin am 16. September 2015 vergewissern konnte, artgerecht. Die Pferde verfügen über eine ausreichende Unterkunft, eine fachgerechte Pflege sowie über ganzjährige, witterungsunabhängige Bewegungsmöglichkeiten (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Februar 2013 – 1 ZB 11.1389 –, juris).

70

2. Die von der Klägerin zur Genehmigung gestellte Reithalle mit Stallungen und Mistanlage zur Pensionstierhaltung dient auch dem landwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin.

71

a. Ein Bauvorhaben dient dem landwirtschaftlichen Betrieb dann, wenn ein vernünftiger Landwirt – auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des Außenbereichs – dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch diese Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 1991 – 4 C 2.89 –, NVwZ-RR 1992, 400; Beschluss vom 3. Dezember 2012 – 4 B 56.12 –, juris; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger a.a.O., § 35 Rn. 34). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

72

b. Der Pferdepensionsbetrieb der Klägerin soll dauerhaft und betriebswirtschaftlich sinnvoll betrieben werden.

73

a.a. Erforderlich ist eine ernsthafte und betriebswirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit durch einen sachkundigen Leiter. Für die persönliche Eignung des Betreibers muss zumindest ein gewisses Maß an fachlichen Grundkenntnissen im Bereich der Tierhaltung im Allgemeinen und der Pensionspferdehaltung im Besonderen vorhanden sein (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 28. Mai 2015 – 2 Bf 27/14 –, juris m.w.N.). Daran bestehen hier keine Zweifel. Die Klägerin ist seit 25 Jahren in der Turnierreiterei versiert und mit dem silbernen Reitabzeichen ausgezeichnet und besitzt damit die hinreichende Sachkunde.

74

b.b. Der Betrieb der Klägerin erfüllt auch die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit und die Nachhaltigkeit.

75

Ob sich ein Betrieb auf Dauer als lebensfähig erweist, ist im Wege einer Prognose zu beantworten. Notwendig ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind die Umstände, die für oder gegen die Annahme der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit sprechen, ihrerseits zu gewichten und ins Verhältnis zueinander zu setzen. Es handelt sich um Hilfstatsachen, die im Rahmen einer Gesamtschau zu bewerten sind. Zu den Merkmalen zur Bestimmung der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines landwirtschaftlichen Betriebs, denen indizielle Bedeutung zukommt, zählt auch die Möglichkeit der Gewinnerzielung. Der nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierte landwirtschaftliche Betrieb muss nach Art und Umfang grundsätzlich geeignet sein, wirtschaftlich, d.h. mit Gewinnerzielungsabsicht geführt zu werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass stets und in allen Fällen die Betriebseigenschaft und damit die Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu verneinen ist, wenn (bisher) ein Gewinn nicht erzielt und auch in absehbarer Zeit (noch) nicht zu erzielen ist (BVerwG, Urteil vom 11. April 1986 – 4 C 67.82 –, NVwZ 1986, 916). Die Gewinnerzielung ist nur ein Indiz, dem allerdings bei kleiner Nutzfläche und geringem Tierbestand erhöhte Bedeutung zukommt. In diesem Fall wird mit besonderer Aufmerksamkeit zu prüfen sein, ob eine nicht privilegierte Hobbytierhaltung aus Liebhaberei vorliegt. Fehlt es an dem Nachweis eines Gewinns, können andere Indizien für die Nachhaltigkeit der Bewirtschaftung und damit für die Betriebseigenschaft im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen. Hierzu zählen die Größe der landwirtschaftlichen Nutzflächen, der Bestand an Tieren und Maschinen sowie die Betriebsform und Betriebsorganisation. Auch die geplante Vergrößerung der Betriebsflächen oder Erhöhung der Zahl der zu haltenden und verkaufenden Tiere kann Anhaltspunkt für die Dauerhaftigkeit des Betriebs sein. Handelt es sich um eine Betätigung, der nach Art und Umfang von fachkundiger Stelle attestiert wird, dass es sich um einen „regulären“, also generell lebensfähigen Betrieb handelt, indiziert bereits dieser Umstand, dass von einem nach erwerbswirtschaftlichen Grundsätzen geführten Betrieb auszugehen ist. In diesem Fall reduzieren sich die Nachweispflichten des mitwirkungspflichtigen Bauherrn (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 – 4 C 9.11 –, NVwZ 2013, 155). Allein der Umstand, dass keine konkreten Zahlen zur Rentabilität vorgelegt werden, vermag die Annahme, dass der langjährig geführte Betrieb nach Art und Umfang generell lebensfähig und geeignet ist, Gewinn zu erzielen, nicht zu erschüttern. Nachweise werden in Zweifelsfällen zu fordern sein, wenn nachvollziehbare Anhaltspunkte vorliegen, dass dem Betrieb die Möglichkeit der Gewinnerzielung abzusprechen ist. So wird der Gewinnerzielung bei Neugründungen ein besonderes Gewicht zukommen. Die Missbrauchsgefahr ist bei Vorhaben, bei denen der Außenbereich erstmals für eine behauptete landwirtschaftliche Betätigung in Anspruch genommen werden soll, besonders hoch. In solchen Fällen sind an die Betriebseigenschaft strenge Anforderungen zu stellen. Aus diesem Grund hat das Bundesverwaltungsgericht die Gewinnerzielungsabsicht als ein für die Nachhaltigkeit „wichtiges“ Indiz bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 2012 – 4 C 9.11 –, NVwZ 2013, 155).

76

In Anwendung dieser Grundsätze dient das Bauvorhaben der Klägerin ihrem landwirtschaftlichen Betrieb in der Form einer Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage. Die Klägerin hat eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau für die Beantragung eines Kfw-Darlehens auf einer 12-Monats-Basis, eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau auf einer 3-Jahres-Basis sowie mehrere Nachweise über die gezahlten Boxenmieten vorgelegt. Daraus ergibt sich u.a., dass die Klägerin monatlich pro Box derzeit 400 € Einnahmen für eine Vollversorgung der eingestellten Pferde erzielt. Die Aufstellungen zeigen, dass die Klägerin aus ihrem Pferdepensionsbetrieb inzwischen einen jährlichen Gewinn erzielt. Entgegen der Ansicht der Beigeladenen kommt es im Übrigen nicht entscheidend auf die Plausibilität der Einzelheiten der von der Klägerin vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen an. Für die Sichtweise eines vernünftigen Landwirts kann zwar auch bedeutsam sein, ob die Kosten des Vorhabens in einem angemessenen Verhältnis zu den betrieblichen Vorteilen stehen. Das Tatbestandsmerkmal „dienen“ fordert aber keine betriebswirtschaftliche Risikominimierung, sondern sichert nur die funktionelle Beziehung zur landwirtschaftlichen Bodennutzung. Daran fehlt es nicht schon, wenn ein – unter Umständen innovatives – Vorhaben mit betrieblichen (Kosten-)Risiken verbunden ist, sondern erst dann, wenn solche Risiken in einem klaren Missverhältnis zu den angestrebten betrieblichen Vorteilen stehen, ihre Übernahme also aus der Sicht eines vernünftigen, auch Innovationen gegenüber aufgeschlossenen Landwirts „unvernünftig“ erscheint (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris).

77

Für ein solches Missverhältnis liegen hier keine konkreten Anhaltspunkte vor. Nach der Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vom 21. März 2013, die sich – in Verbindung mit der Wirtschaftlichkeitsberechnung der Klägerin – für die Kammer als durchaus schlüssig darstellt, ergibt sich für einen vernünftigen Inhaber eines Pferdepensionsbetriebes die Notwendigkeit, die Reithalle auch mit der verwirklichten Grundfläche von 1.275 m² zu errichten.

78

c.c. Die Frage, ob die Klägerin das Vorhaben finanzieren könnte, ist für die Prüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen, ob das Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb dient, ohne Belang. Ungeachtet dessen hat sie das Vorhaben bereits realisiert, so dass nichts dafür ersichtlich ist, dass sie hierzu nicht in der Lage gewesen wäre.

79

d.d. Die baulichen Anlagen dienen nach den Vorgaben der Lagepläne vom 2. Mai 2014 ihrer Zweckbestimmung und sind nicht überdimensioniert. Zu den für eine Pensionspferdehaltung angemessenen Vorhaben gehören grundsätzlich auch Anlagen, die es ermöglichen, die Pferde ausreichend während der gesamten Jahreszeit zu bewegen (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 28. Mai 2015 – 2 Bf 27/14 –, juris m.w.N). Daher sind bei der landwirtschaftlichen Pensionspferdehaltung Hallen zulässig, die dazu dienen, den eingestallten Pferden in der kalten Jahreszeit oder bei Nässe die artgerechte notwendige Bewegung zu ermöglichen oder ihnen eine gewisse Ausbildung zukommen zu lassen (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27. September 2012 – 10 A 611/10 –, juris). Privilegiert ist jedoch nur eine Bewegungsfläche, die insgesamt in einem angemessenen Verhältnis zur Zahl der Pferde steht. Die baulichen Anlagen müssen daher auf die betrieblichen Bedürfnisse abgestimmt sein (BVerwG, Beschluss vom 31. August 1993 – 4 B 150/93 –, juris). Allerdings ist Landwirten bei der Tierhaltung auch ein gewisser Spielraum bei der Dimensionierung der Ställe einzuräumen. Denn Tiere müssen auch angesichts des Erfordernisses des „Dienens“ nicht auf engstem Raum gehalten werden (s. auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 18. Juni 2003 – 1 LB 143/02 –, BauR 2004, 459).

80

Die von der Klägerin verwirklichte Reithalle mit Stallungen mit einem Maß von 46,10 m x 27,65 m entspricht diesen Anforderungen. Die Stallmaße entsprechen den Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten vom 9. Juni 2009 des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und die Maße der Reitbahn mit rund 40 m x 20 m stehen im Einklang mit den Grundsätzen zur planungsrechtlichen Beurteilung von Bauvorhaben im Außenbereich – Außenbereichserlass des Landes Nordrhein-Westfalen – in der Fassung vom 21. Dezember 2011 (MBl.NRW. 2012, 7). Danach ist eine Fläche mit einem Hufschlagmaß von 20 m x 40 m grundsätzlich erforderlich und ausreichend, um Pferden eine artgerechte Bewegung zu ermöglichen. Auf einer solchen Fläche können circa zehn Pferde gleichzeitig bewegt werden. Sie ist für einen Betrieb mit bis zu vierzig eingestallten Pferden in der Regel ausreichend, weil diese nacheinander über einen längeren Zeitraum im Tagesverlauf bewegt werden können.

81

e.e. Die zur Genehmigung gestellte Reithalle mit Stallungen und Mistlage zur Pensionstierhaltung nimmt aufgrund ihrer Ausmaße im Verhältnis zur Gesamtbetriebsfläche auch nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche ein.

82

3. Dem privilegierten Vorhaben der Klägerin stehen nach § 35 Abs. 1 BauGB an dem gewählten Standort keine öffentlichen Belange entgegen. Insofern gelten andere Voraussetzungen als bei einem „sonstigen Vorhaben“ nach § 35 Abs. 2 BauGB, das öffentliche Belange nicht beeinträchtigen darf (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 1996 – 4 B 210.96 –, BauR 1997, 444).

83

Die Beantwortung der Frage, ob öffentliche Belange einem Vorhaben entgegenstehen, setzt eine Abwägung voraus, die keine planerische Abwägung, sondern eine nachvollziehende Abwägung zwischen dem jeweils berührten öffentlichen Belang und dem Interesse des Antragstellers an der Verwirklichung seines Vorhabens darstellt. Ob sich die öffentlichen Belange im Einzelfall durchsetzen, ist eine Frage ihres jeweiligen Gewichts und der die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden Abwägung mit dem Vorhaben, zu dem es konkret in Beziehung zu setzen ist. Innerhalb dieser Beziehung ist dem gesteigerten Durchsetzungsvermögen privilegierter Außenbereichsvorhaben gebührend Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 – 4 C 13.04 –, NVwZ 2006, 87; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 10945/14 –, LKRZ 2015, 254).

84

a. Die Reithalle nebst Stallungen und Mistlage lässt keine Verunstaltung des Landschaftsbildes entstehen.

85

a.a. Eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB liegt vor, wenn das Bauvorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Mit dieser Regelung soll eine schutzwürdige Landschaft, der kein förmlicher Schutz zukommt, vor Verunstaltungen durch bauliche Anlagen geschützt werden. Schon gegenüber nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich führt jedoch nicht jede Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes zu deren Unzulässigkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Mai 1997 – 4 C 23.95 –, NVwZ 1998, 58). Eine entsprechende Verunstaltung des Landschaftsbildes ist nur in Ausnahmefällen anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung handelt oder ein besonders grober Eingriff in das Landschaftsbild zu gewärtigen ist (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Februar 2015 – 8 A 10945/14 –, LKRZ 2015, 254 m.w.N.).

86

b.b. In der Errichtung eines landwirtschaftlichen Pferdepensionsbetriebes mit den hierfür erforderlichen, nicht überdimensionierten baulichen Anlagen ist kein besonders grober Eingriff in die Landschaft zu erkennen. Ein für ästhetische Eindrücke offener Betrachter wird die Ansiedlung eines landwirtschaftlichen Pferdepensionsbetriebes im Außenbereich typischerweise erwarten und deshalb nicht als grob unangemessen ansehen und sich vor diesem Hintergrund auch in seinem ästhetischen Empfinden nicht belastet fühlen. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass sich, wie auch die Ortsbesichtigung der Kammer am 16. September 2015 gezeigt hat, neben den weiteren baulichen Anlagen auf dem B-Hof ... in der näheren Umgebung des Bauvorhabens ohnehin bereits privilegierte Außenbereichsvorhaben befinden, so dass von einer Verunstaltung keine Rede sein kann.

87

b. Auch stehen öffentliche Belange dem Vorhaben der Klägerin nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB nicht deshalb entgegen, weil es den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspräche. Der Flächennutzungsplan für Mutterstadt sieht für den Vorhabenstandort die Darstellung von Flächen für die Landwirtschaft vor.

88

4. Schließlich ist entgegen der Auffassung der Beigeladenen die ausreichende Erschließung des Vorhabens im bauplanungsrechtlichen Sinn gemäß § 35 Abs. 1 BauGB gesichert.

89

a. Die bauplanungsrechtliche Erschließung bezieht sich auf die wegemäßige Erschließung, die Strom- und Wasserversorgung sowie die Abwasserbeseitigung (OVG Hamburg, Urteil vom 28. Mai 2015 – 2 Bf 27/14 –, juris). Anders als die Erschließungsanforderungen in Gebieten mit qualifizierten Bebauungsplänen sowie im nichtbeplanten Innenbereich verlangt § 35 Abs. 1 BauGB nur eine ausreichende Erschließung. An die gesicherte Erschließung sind damit geringere Anforderungen zu stellen, insbesondere weil sich im Außenbereich die Erschließung nicht nach den Festsetzungen des Bebauungsplans oder im nichtbeplanten Innenbereich nach der vorhandenen innerörtlichen Erschließung, die im Allgemeinen anspruchsvoller ist, richtet (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 35 Rn. 69).

90

Die ausreichende Erschließung richtet sich nach den jeweiligen Vorhaben, den sich daraus ergebenden Anforderungen an die Erschließung und den örtlichen Gegebenheiten (BVerwG, Urteil vom 13. Februar 1976 – IV C 53.74 –, NJW 1976, 1855 und Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38). Mit dem Erfordernis einer ausreichenden Erschließung soll insgesamt berücksichtigt werden, dass ein Mindestmaß an Zugänglichkeit der Grundstücke für Kraftfahrzeuge, und zwar nicht nur des Nutzers des privilegierten Betriebs, sondern auch von öffentlichen Zwecken dienenden Fahrzeugen, wie z.B. die der Polizei, Feuerwehr, des Rettungswesens und der Ver- und Entsorgung, erfüllt wird, weiter, dass die Gemeinde nicht als Folge der Genehmigung von Vorhaben unangemessene Erschließungsmaßnahmen aufgedrängt werden (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38).

91

Andererseits muss berücksichtigt werden, dass die Zulassung von privilegierten Vorhaben nicht an übertriebenen Anforderungen an die Erschließung scheitern darf. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass das Erfordernis der ausreichenden Erschließung auch mit dem öffentlichen Belang nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BauGB zu sehen ist, wonach „unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen und andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung, der Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung, für die Sicherheit und Gesundheit oder für sonstige Aufgaben“ erforderlich sein können und dies die Zulässigkeit von Vorhaben berühren kann. Die Nutzung eines Weges für die verkehrsmäßige Erschließung eines zu errichtenden Vorhabens kann weitergehende Fragen aufwerfen. Dies gilt z.B. im Hinblick auf den dadurch ausgelösten Verkehr und Verkehrslärm, durch den benachbarte Wohnnutzungen unzumutbar betroffen werden (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 35 Rn. 69).

92

Zum Umfang der wegemäßigen Erschließung kommt es auf die Größe des dem Vorhaben dienenden Betriebes, seine spezielle Ausprägung, die Zugehörigkeit von Wohnnutzung und das hiernach zu erwartende Verkehrsaufkommen an (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38). Dabei ist das Verkehrsaufkommen von Großbetrieben bis hin zu landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen jeweils zu berücksichtigen, weiterhin, dass die Erschließung besonders einzeln gelegener Betriebe herkömmlicherweise über landwirtschaftliche Wirtschaftswege, auch über Feld- oder Waldwege erfolgen kann. Die Betriebe sind nicht generell auf betonierte oder asphaltierte Straßen angewiesen; je nach den örtlichen Gegebenheiten kann ein nur geschotterter Weg oder Feldweg als Erschließung ausreichen (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38). Wichtig ist weiter, inwieweit von dem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb ein Ziel- und Quellenverkehr zu erwarten ist. Dies hat Bedeutung für die Frage, ob im nennenswerten Umfang Gegenverkehr zu erwarten ist und hierfür eine Ausweichmöglichkeit – entweder generell für die Länge des Weges oder nur im Einmündungsbereich oder mit Ausweichbuchten an verschiedenen Stellen – erforderlich ist. Dabei darf nicht unbeachtet bleiben, dass die den privilegierten Zwecken dienenden Vorhaben unter größtmöglicher Schonung des Außenbereichs errichtet werden sollen, so dass auch insofern keine übertriebenen Anforderungen zu stellen sind (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 35 Rn. 70). Eine ausreichende Erschließung ist deshalb dann gesichert, wenn die Straße, an die das Baugrundstück grenzt, hinsichtlich Befestigung und Breite gewisse Mindestanforderungen erfüllt (BVerwG, Urteil vom 30. August 1985 – 4 C 48.81 –, NVwZ 1986, 38).

93

Nach den Richtlinien für den ländlichen Wegebau 1999 des Deutschen Verbandes für Wasserwirtschaft und Kulturbau e.V. Nr. 3.3.1.3 und den inhaltsgleichen Richtlinien für den ländlichen Wegebau 2005 der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. Nr. 3.3.1.3 ist eine Mindestfahrbahnbreite von 2,5 m unerlässlich (s. auch BayVGH, Urteil vom 17. Februar 2010 – 1 B 09.2123 –, BauR 2010, 1548; vgl. ferner WIRTSCHAFTSWEGEBAU- die wichtigsten Fragen und Antworten über den Bau und die Förderung von Wirtschaftswegen außerhalb der Flurbereinigung in Rheinland-Pfalz, Seite 19 ff. in: http://www.landschafft.rlp.de/Internet/global/themen.nsf/ALL/92A07F8384CEB00F C12579B1003306DF/$FILE/wegebau_broschuere.pdf). Bei diesem Mindestmaß wird von einem kleinen Traktor mit einer Breite von 2,10 m und einem beidseitigen Bewegungsspielraum von jeweils 0,20 m davon ausgegangen, dass ein Fahrstreifen genügt. In der Regel soll die Fahrbahnbreite der Wirtschaftswege allerdings 3 m bei einer Kronenbreite (Gesamtbreite von Fahrbahn und Seitenstreifen) von mindestens 4 m betragen, weil die Regelbreite und der Raumbedarf von Traktoren und Anhängerfahrzeugen zum Teil die für Lastkraftwagen maßgeblichen Werte erreichen. Die Richtlinien für den ländlichen Wegebau stellen eine sachverständige Konkretisierung der Anforderungen an ländliche Wege dar. Dies ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Flurbereinigungsrecht anerkannt (s. z.B. BayVGH vom 7. April 2008 – 13 A 07.1117 –, juris). Gründe, die einer Heranziehung auch im Bebauungsrecht entgegenstehen, sind nicht ersichtlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 4 B 20.10 –, juris; BayVGH, Urteil vom 17. Februar 2010 – 1 B 09.2123 -, BauR 2010, 1548; VG Saarlouis, Urteil vom 27. Februar 2013 – 5 K 769/11 –, juris).

94

b. Auf dieser Grundlage ist das Vorhaben wegemäßig ausreichend erschlossen. Das ausschließlich über den Wirtschaftsweg, der im Anschluss an die L 524 die Flurstück-Nr. ... und ab dem B-Hof ... die Flurstück-Nr. ... führt, zu erreichende Grundstück Flurstück-Nr. ... grenzt südlich an diesen an. Im Bereich des Vorhabengrundstücks weist der Wirtschaftsweg eine befestigte Breite von 3 – 4 m auf, während er zwischen der L 524 und dem B-Hof ... mindestens 4 m breit ist. Hiervon konnte sich die Kammer anlässlich der Ortsbesichtigung am 16. September 2015 überzeugen. Diese Breite ist nach dem oben Gesagten aber ausreichend, um den nicht übermäßigen Besucherverkehr zum Betrieb der Klägerin aufzunehmen. Soweit die Beigeladene darauf abstellt, diese Breite genüge nicht, um einen verkehrssicheren Begegnungsverkehr zu gewährleisten, kann sie damit nicht gehört werden. Wirtschaftswege müssen nach den genannten Richtlinien für den ländlichen Wegebau gerade nicht so ausgebaut werden, dass sie (zwingend) Begegnungsverkehr ermöglichen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. November 2015 – 1 A 10316/15 –, juris; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. September 1994 – 1 L 155/93 –, juris; Dürr in: Brügelmann, a.a.O., § 35 Rn. 109). Dies erscheint, um die Privilegierung landwirtschaftlicher Betriebe nicht über zu hohe Anforderungen an eine Erschließung faktisch unausnutzbar zu machen, vertretbar, weil die Wegestrecken nur kurz sind und gegebenenfalls Fahrzeuge bis zu geeigneten Ausweichpunkten zurückfahren können bzw. müssen (s. auch OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28. September 1994 – 1 L 155/93 –, juris).

95

Die Entfernung zwischen der L 524 und dem Pferdepensionsbetrieb der Klägerin beträgt insgesamt ca. 500 m. Unmittelbar östlich an die L 524 grenzt das sich über eine Fläche von 200 m entlang des Landwirtschaftsweges erstreckende Aussiedleranwesen C sowie der Obst- und Gemüsegroßhandel D GmbH an. Auf dieser Fläche ist, wie das Gericht bei der Ortsbesichtigung am 16. September 2015 feststellen konnte, Begegnungsverkehr ohne Probleme möglich, da sich hier Zufahrten zu den beiden Anwesen in Richtung Süden und Norden befinden. Die vollkommen gerade und in freier Landschaft verlaufende Strecke jenseits der beiden Aussiedlerhöfe bis zum B-Hof ... ist nur 300 m lang, so dass ein umsichtiger Kraftfahrzeugführer, auf den hier abzustellen ist, stets warten wird, wenn von der gegenüberliegenden Seite bereits ein anderes Kraftfahrzeug zufährt. Entsprechend verfuhr auch die Kammer bei der Rückfahrt nach der Ortsbesichtigung, als ihr ein Traktor entgegen kam. Für das etwa 150 m lange Teilstück des Wirtschaftsweges unmittelbar westlich und östlich des Betriebes der Klägerin gilt nichts anderes. Im Übrigen stellt sich die von der Beigeladenen aufgeworfene Problematik jederzeit und überall auf Wirtschaftswegen, wenn sich die Wege von zwei Kraftfahrzeugen kreuzen.

96

c. Die Satzung der Beigeladenen über die Benutzung der landwirtschaftlichen Feldwege in der Gemarkung Mutterstadt vom 22. März 2002 hat im Zusammenhang mit der Erschließung für das vorliegende Verfahren keine Bedeutung. In § 4 Abs. 5 Satz 1 sieht die Satzung für die Benutzung der landwirtschaftlichen Wege über den satzungsgemäßen und gesetzlichen Zweck (nämlich dass die Feldwege in der Gemarkung Mutterstadt vorrangig der Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke dienen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung) hinaus, um mit Kraftfahrzeugen unter anderem zu gewerblich genutzten Grundstücken zu gelangen, vor, dass eine solche Wegebenutzung nur mit einer gebührenpflichtigen Erlaubnis der Gemeinde zulässig ist. Mithin bedarf die Klägerin für die Benutzung des zu ihrem Grundstück Flurstück-Nr. ... führenden landwirtschaftlichen Wegs keiner gebührenpflichtigen Sondernutzungserlaubnis der Beigeladenen, denn das landwirtschaftlichen Zwecken dienende Vorhaben der Klägerin ist von dem in § 4 Abs. 1 der Satzung über die Benutzung der landwirtschaftlichen Feldwege der Beigeladenen festgelegten genehmigungsfreien Nutzungszweck umfasst.

97

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Mangels Antragstellung war die Beigeladene nicht gemäß § 154 Abs. 3 VwGO an den Kosten zu beteiligen.

98

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 11, 711 ZivilprozessordnungZPO –.

99

Beschluss

100

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 20.000 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Ziffer 9.1.2.6. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2013).

Tenor

Die Berufungen werden zurückgewiesen.

Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.