Verwaltungsgericht München Beschluss, 16. Okt. 2018 - M 1 SN 18.2643

bei uns veröffentlicht am16.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Rosenheim vom 18. April 2018, Az. BG- … wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gemeinde begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbetafel, die unter Ersetzung ihres Einvernehmens erging.

Der Antragsgegner, vertreten durch das Landratsamt Rosenheim, erteilte der Beigeladenen unter dem 18. April 2018 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbetafel auf FlNr. 199 Gem. … und ersetzte zugleich das verweigerte Einvernehmen der Gemeinde.

Hiergegen ließ die Gemeinde durch ihre Prozessbevollmächtigte am … Mai 2018 Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München erheben (M 1 K 18.2402). Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, eingegangen am 4. Juni 2018, wird beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018, Az. BG- … wird an-geordnet.

Der Antragsgegner und die mit Beschluss vom 6. Juni 2018 beigeladene Bauherrin beantragen jeweils, den Antrag abzulehnen.

Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils der Kammer vom 16. Oktober 2018 (M 1 K 18.2402) verwiesen.

Das Gericht hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 1. August 2018 zu den baulichen und örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück FlNr. 199, Gem. … sowie in dessen Umgebung am 16. Oktober 2018 einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift der Augenscheinsfeststellungen und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2018 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 212a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung einen der genannten Rechtsbehelfe ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, wie sie sich aufgrund einer summari-schen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts darstellen, als wesentli-ches Indiz zu berücksichtigen.

Der Rechtsbehelf hat hier in der Hauptsache Erfolg. Der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. April 2018 wurde mit Urteil vom 16. Oktober 2018 stattgegeben (M 1 K 18.2402) und der Bescheid aufgehoben, weil die Baugenehmigung gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Ersetzung des Einvernehmens die Gemeinde in ihrer rechtlich geschützten Planungshoheit verletzt. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Es ist kein Interesse zu erkennen, an der Vollziehbarkeit einer rechtswidrigen Baugenehmigung festzuhalten.

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben und die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Kostenpflichtig ist hierbei auch die Beigeladene, weil sie Antragsabweisung beantragt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Kostenverteilung auf den Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte beruht auf § 159 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 9.1.2.3.1, 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

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Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Okt. 2018 - M 1 K 18.2402

bei uns veröffentlicht am 16.10.2018

Tenor I. Der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018 Az. BG- … wird aufgehoben. II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenent
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Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Okt. 2018 - M 1 K 18.2402

bei uns veröffentlicht am 16.10.2018

Tenor I. Der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018 Az. BG- … wird aufgehoben. II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenent

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Tenor

I. Der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018 Az. BG- … wird aufgehoben.

II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die Baugenehmigung für eine Werbeanlage, die der Beklagte der Beigeladenen unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilt hat.

Mit Antrag vom … November 2017, am 16. November 2017 bei der kreisangehörigen Gemeinde eingegangen, reichte die Bauherrin, ein Unternehmen für Außenwerbung, einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel auf dem Grundstück FlNr. 199 Gem. … ein. Vorgesehen ist eine freistehende, unbeleuchtete, einseitige Plakatwerbetafel für die wechselnde Produktwerbung im Format 2,80 x 3,80 m, deren Oberkante eine Höhe von 4,60 m aufweisen soll. Eine Einverständniserklärung des Grundstückseigentümers wurde ebenfalls vorgelegt.

Das Vorhabengrundstück FlNr. 199 liegt im unbeplanten Innenbereich. Es ist mit einem Einfamilienhaus bebaut und hat die Form eines Dreiecks. An seiner südöstlichen Seite verläuft die S* …straße, eine Kreisstraße. Nördlich des Grundstücks verläuft in Ost-West-Richtung die E* … Straße, die an der Spitze des Grundstücks in die Kreisstraße mündet. Ebenfalls hier mündet der in Nord-Süd-Richtung verlaufende S* …weg in die S* …straße ein. An diesem der Kreuzung zugewandten Grundstückseck der FlNr. 199 soll die Werbeanlage errichtet werden. Die Südwestseite des Vorhabengrundstücks grenzt an das Grundstück FlNr. 200/9, das mit dem (ehemaligen) Betriebsgebäude einer Hotel-Gaststätte „…“/“ …“ bebaut ist. In der übrigen Umgebung des Grundstücks ist Wohnbebauung anzutreffen.

Der Bauausschuss der Gemeinde beschloss am 19. Dezember 2017, das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht zu erteilen. Nach Eingang der Unterlagen beim zuständigen Landratsamt (wohl) am 9. Januar 2018 hörte das Landratsamt die Gemeinde zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens an und begründete dies damit, dass entgegen der Auffassung der Gemeinde kein faktisches allgemeines Wohngebiet anzunehmen sei, sondern vielmehr eine Gemengelage, in die sich das Vorhaben einfüge.

Unter dem 7. Februar 2018 stimmte das wegen der Lage an der Kreisstraße um Stellungnahme gebetene Sachgebiet … des Landratsamts dem Vorhaben im Wesentlichen zu.

Nachdem die Gemeinde dem Landratsamt mit Schreiben vom 27. März 2018 mitteilte, sie halte an der Verweigerung ihres Einvernehmens fest, erteilte das Landratsamt der Bauherrin unter dem 18. April 2018 den streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid (Buchstabe A des Bescheids) und ersetzte zugleich das Einvernehmen der Gemeinde (Buchstabe B). In den Gründen wurde ausgeführt, dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem Gebiet der BauNVO; es handele sich insbesondere nicht um ein faktisches Wohngebiet, weil sich in der Umgebung einige Gewerbebetriebe befänden, die nicht der Gebietsversorgung dienten, wie auf FlNr. 200/9 die „…“/“ …“ und die genehmigte Mischnutzung Café/Wohnen auf FlNr. 200, die zwar für die Annahme eines Mischgebiets nicht ausreichten, für ein faktisches Wohngebiet aber zuviel Gewicht hätten. Als gewerbliche Nutzung füge sich die Werbeanlage in diesen Rahmen der Umgebungsbebauung ein. Da im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung und auf das „große“ Ortsbild nach § 34 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BauGB keine Bedenken bestünden, sei ein Anspruch des Bauwerbers auf Erteilung der Baugenehmigung gegeben und das Einvernehmen zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, eingegangen am selben Tag, ließ die Gemeinde durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018, Az. BG- … wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018 - zum Antrag auf vorläufigen Rechtschutz in derselben Angelegenheit (M 1 SN 18.2643) - begründet die Klagepartei ihr Begehren damit, dass der Genehmigungsbescheid die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletze. Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, weil die maßgebliche nähere Umgebung einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entspreche. Die westlich des Vorhabengrundstücks gelegene Bebauung sei nicht prägend, jedenfalls aber stünde sie der Annahme eines faktischen Wohngebiets nicht entgegen. Denn auf FlNr. 200/9 befinde sich mit der aktuellen Flüchtlingsunterbringung ebenfalls nur Wohnnutzung, und auch die Nutzung des Grundstücks FlNr. 200 mit Wohnnutzung, Praxen und Café halte sich im Rahmen eines allgemeinen Wohngebiets; zudem sei die Aufnahme der Nutzung nicht einmal absehbar. In diesem Rahmen seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht gegeben, weil angesichts der optischen Beeinträchtigungen durch die Werbeanlage sie nicht als ein nicht störender Gewerbebetrieb zu beurteilen sei, vielmehr wäre die Tafel bei Errichtung als ein Fremdkörper mit negativer Vorbildwirkung anzusehen.

Der Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Begründet wird dies im Wesentlichen mit den Ausführungen im Bescheid, insbesondere sei angesichts der prägenden Wirkungen der vorhandenen gewerblichen Nutzungen auf das Vorhabengrundstück nicht von einem faktischen Wohngebiet auszugehen. Die Ausführungen der Klagepartei zum Störpotential der relativ kleinflächigen und unbeleuchteten Werbetafel würden nicht geteilt.

Die mit Beschluss vom 6. Juni 2018 zum Verfahren beigeladene Bauherrin beantragt durch ihren Prozessbevollmächtigten Klageabweisung.

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 1. August 2018 hat die Kammer zu den baulichen und örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück FlNr. 199, Gem. … sowie in dessen Umgebung am 16. Oktober 2018 einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift der Augenscheinsfeststellungen und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2018 Bezug genommen.

In dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes (M 1 SN 18.2643) hat das Gericht mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. April 2018 angeordnet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die vom Beklagten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. April 2018 zur Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 199 der Gemarkung … unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die erteilte Baugenehmigung verstößt gegen das im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfende Bauplanungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Daher kann sich die Klägerin zu Recht auf ihre gemeindliche Planungshoheit berufen und hat ihr Einvernehmen zu Recht verweigert (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, vgl. Art. 67 Abs. 1 BayBO).

1. Die Werbetafel ist an dem Vorhabenstandort planungsrechtlich unzulässig. Ihre städtebauliche Beurteilung richtet sich nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspricht einem allgemeinen Wohngebiet (vgl. unten a) und b)). Daher richtet sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung nach § 4 BauNVO; allerdings stellt das Vorhaben an seinem konkreten Standort eine im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO störende Anlage dar und ist aus diesem Grunde unzulässig (unten c)).

a) Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris Rn. 33). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris Rn. 2). Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris Rn. 5). Etwa ist bei der Frage nach der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen weniger weit reicht als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung (BayVGH, B.v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18; U.v. 7.3.2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22).

aa) Nach dem Eindruck des gerichtlichen Augenscheins besteht die maßgebliche Umgebung aus der dem Vorhabenstandort umgebende Bebauung südlich und nördlich entlang der E* … Straße (FlNrn. 199, 199/7, 206/3, 206), östlich und westlich des S* …wegs (FlNrn. 207/4, 185/5, 184/4) sowie nördlich der S* …straße (FlNrn. 184/3, 184/2).

bb) Außer Betracht hat das Grundstück FlNr. 200/9 mit dem (ehemaligen) Gasthof und Beherbergungsbetrieb „…“/“ …“ zu bleiben. Zwar grenzt es an das Vorhabengrundstück unmittelbar an. Auch die momentan nicht stattfindende Nutzung des Gebäudes würde die grundsätzliche Einbeziehung des Grundstücks nicht hindern, denn die Nutzung als Beherbergungs- und Gastronomiebetrieb ist nach den Angaben beim Augenschein lediglich unterbrochen; mit der Aufnahme der Nutzung ist in nächster Zeit wieder zu rechnen. Entscheidend für die Nichteinbeziehung des Grundstücks mit der FlNr. 200/9 ist aber die Tatsache, dass aufgrund der baulichen Verhältnisse, wie sie vor Ort anzutreffen sind, weder der Betrieb auf FlNr. 200/9 auf den Vorhabenstandort prägende Wirkung aufweist, noch die Werbetafel das Grundstück FlNr. 200/9 prägen würde. Eine Wechselbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb auf dem Grundstück FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort auf Grundstück FlNr. 199 ist nach dem Eindruck beim Augenschein nicht zu verzeichnen. Aus Sicht vom Grundstück FlNr. 200/9 ist das Vorhaben von der vorhandenen Bebauung auf FlNr. 199 fast vollständig verdeckt. Die einseitig nach Nordosten orientierte Werbetafel ist nur von der S* …straße aus Nordost kommend wahrnehmbar, nicht aber aus südwestlicher Richtung. Zudem ist eine nicht unerhebliche Entfernung von ca. 50 m zwischen der östlichsten Gebäudeaußenwand auf FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort zu verzeichnen. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse wäre die geplante Werbeanlage aus keinem nennenswerten Blickwinkel mit der gewerblichen Nutzung auf der FlNr. 200/9 gemeinsam wahrnehmbar. Auch wenn eine topographische Zäsur zwischen den Grundstücken FlNr. 199 und 200/9 nicht anzutreffen ist, ist das Vorhabengrundstück mit Einfamilienhausbebauung eher dem überwiegend kleinteiligen Wohngebiet entlang der E* … Straße zuzurechnen, das ebenfalls aus Einzel- oder Doppelhäusern besteht, und nicht der von Kubatur und Nutzung deutlich abweichenden Bebauung auf FlNr. 200/9. Für diese Zuordnung spricht auch der Gesichtspunkt, dass das Vorhabengrundstück nicht von der S* …straße, sondern von der E* … Straße erschlossen ist.

Zuzugeben ist dem Beklagten zwar, dass der Betrachter, der von der S* …straße aus Nordost ca. 100 m vom Vorhabenstandort entfernt in Richtung der geplanten Werbetafel schaut, in der Straßenflucht auch Werbetafeln für die Nutzungen auf FlNr. 200/9 und weiter westlich auf der S* …straße wahrnehmen kann. Diese sind jedoch von ihrer Größe deutlich untergeordnet und nur undeutlich erkennbar, sodass sich der Eindruck eines (auch) gewerblich geprägten Gebiets nicht aufdrängt. Dies gilt insbesondere, weil die gewerbliche Nutzung auf FlNr. 200/9 selbst von dem vorgenannten, erhöhten Standort nicht erkennbar ist. Erst recht bleibt aus demselben Grund auch die Nutzung auf dem vom Vorhabenstandort weiter entfernten Grundstück FlNr. 200 (Café, Praxen, Wohnen) für die Bestimmung der näheren Umgebung außer Betracht.

cc) Die Grundstücke nördlich der E* … Straße und auf beiden Seiten des S* …wegs sind in die Betrachtung einzubeziehen, weil es sich bei den Straßen dem Eindruck nach um schmale Anliegerstraßen ohne trennende Wirkung handelt. Ohne dass es streitentscheidend darauf ankäme, dürfte die Bebauung südlich der S* …straße aufgrund der wohl trennenden Wirkung der Kreisstraße nicht mehr einzubeziehen sein.

b) Die so bestimmte nähere Umgebung besteht nach den Erkenntnissen des Augenscheins überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich aus Wohnbebauung. Auch südlich der S* …straße (FlNrn. 167/2, 167/15 165/3, 165/1, 164, 158/2) ist i.Ü. keine andere Nutzungsart anzutreffen, sodass es auf die Frage nach der trennenden Wirkung der Straße (s.o.) nicht ankommt. Es ist somit zumindest von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entsprechend § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auszugehen.

c) In einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO ist eine Fremdwerbetafel nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauBauNVO zulässig und im konkreten Fall unzulässig.

Bei der selbständigen Werbetafel handelt es sich zwar nicht um einen Gewerbebetrieb im engeren Sinne; diese wird bauplanungsrechtlich allerdings wie ein Gewerbebetrieb behandelt, weil mit dem Begriff des „Betriebs“ in der Baunutzungsverordnung nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen umschrieben wird (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris Rn. 25). Eine Fremdwerbeanlage ist im reinen Wohngebiet ausnahmslos und im allgemeinen Wohngebiet regelmäßig unzulässig (Leitsatz des Urteils des BVerwG v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris).

Das Vorhaben kann nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. Zwar ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Werbeanlage wie das streitgegenständliche Vorhaben mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets unvereinbar ist und störende Wirkung hat. Hier stünde der ausnahmsweisen Zulassung der Werbeanlage jedoch entgegen, dass sie bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen würde und rücksichtslos im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wäre. Denn auch für die Erteilung von Ausnahmen ergibt sich eine unmittelbar geltende Zulässigkeitsgrenze aus § 15 Abs. 1 BauNVO (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 31 Rn. 25; BVerwG, U.v. 25.1.2007 - 4 C 1/06 - juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 15.12.2010 - 2 B 09.1287 - juris Rn. 44).

Die Errichtung dieser Werbetafel an der konkreten Stelle verursacht aufgrund der von ihr ausgehenden optischen Belästigung in der Umgebung eine städtebauliche erhebliche und unzumutbare Störung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und ist damit rücksichtslos gegenüber der umgebenden Wohnbebauung.

Der Begriff der Störung im Sinne des 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO umfasst auch massive optische Einwirkungen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 11). Die Werbetafel ist aufgrund ihrer nicht unerheblichen Größe, nämlich mit der Aufständerung in einer Gesamthöhe von 4,60 m an dem Standort in optisch sich aufdränegener Weise störend. Es liegt bereits in der Natur der Sache, dass Werbung die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht. Im Kontrast zu dem Vorhaben besteht die nähere Umgebung aus einer kleinteiligen, als homogen wahrzunehmenden Wohnbebauung, in der die Werbetafel besonders auffällt. Sie wäre auch nicht ausschließlich den sich auf der Kreisstraße nähernden Autofahrern bzw. Fußgängern zugewandt, sondern würde aufgrund ihrer Größe und ihrer Position erheblich in die Wohnbebauung entlang der E* … Straße, des S* …wegs und der S* …straße hineinwirken. Sie würde im Falle der Errichtung die Wohnruhe erheblich negativ beeinträchtigen, weil sich die gebietsansässigen Wohnenden täglich einem unübersehbaren Konsumappell ausgesetzt sähen. Auch wäre die Homogenität des städtebaulichen Erscheinungsbilds der wahrnehmbaren kleinteiligen Bebauung negativ beeinträchtigt. Nachvollziehbar beruft sich daher die Klagepartei auch auf eine negative Vorbildwirkung, die von dem Vorhaben ausginge. Dabei hat der Ortstermin zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Umgebung weder durch die S* …straße erheblich vorbelastet ist - es handelt sich um eine nur mäßig befahrene Straße, die nicht einmal einen Mittelstreifen hat - noch ist der Kreuzungsbereich am Vorhabenstandort geeignet, diesen Eindruck der Homogenität und Wohnruhe zu erschüttern. Wie oben bereits ausgeführt, ist auch die gewerbliche Nutzung auf den weiter westlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstücken entlang der S* …straße (FlNrn. 200/9, 200, 22) am Anlagenstandort nicht wahrnehmbar.

2. Die rechtliche Beurteilung würde sich vom Ergebnis her i.Ü. nicht ändern, wenn man - wie in der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt - mit dem Beklagten davon ausginge, dass bei der Bestimmung der näheren Umgebung auch die Nutzungen der Grundstücke FlNrn. 200/9 und 200 einbezogen werden und man zur Qualifizierung als städtebauliche Gemengelage im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB käme. Das Vorhaben wäre dennoch planungsrechtlich unzulässig.

a) Unter der Annahme, dass das Vorhabengrundstück sowie die davon westlich entlang der S* …straße gelegenen Grundstücke eine Gemengelage bilden, und die E* … Straße bzw. der S* …weg eine trennende Wirkung zu den nördlich bzw. östlich gelegenen Wohngebieten hätten, wären die Grundstücke in den jeweiligen Randbereichen dieser Gebiete mit einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme belastet (BayVGH, U.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 13). Einerseits muss es hingenommen werden, dass bauliche Anlagen von einem Baugebiet in ein benachbartes Gebiet hineinwirken, andererseits darf wegen dieser Wirkung am Rand eines Baugebiets nicht jede bauliche Anlage errichtet werden, die inmitten des Gebiets zulässig wäre (BayVGH, U.v. 28.10.2005 - 26 B 04.1484 - juris Rn. 17). Die hierdurch gebotene Rücksichtnahme auf die angrenzende Wohnbebauung wiese das Vorhaben aus den unter 1. c) genannten Gründen nicht auf.

b) Zu demselben Ergebnis käme man, wenn man das Gebiet der anzunehmenden Gemengelage weiter zöge und auch die hier als schutzwürdig erachtete Wohnbebauung miteinbezöge. Denn in einer Gemengelage, die stark durch Wohnnutzung geprägt ist (vgl. hierzu auch VG Ansbach, U.v. 28.9.2016 - AN 9 K 15.01468 - juris), fügt sich die Werbetafel nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ein und würde ebenfalls aus den oben bereits ausgeführten Gründen zu bodenrechtlich beachtlichen und ausgleichsbedürftigen Spannungen führen.

3. Der Frage nach der Einhaltung der Abstandsflächen ist hier trotz der Novellierung der Bayerischen Bauordnung und der nunmehrigen Einbeziehung des Abstandsflächenrechts in die Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemäß Art. 59 BayBO nicht nachzugehen. Denn ein etwaiger Verstoß gegen die Abstandsflächenregelungen würde die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit verletzen und sie nicht zur Verweigerung ihres nach § 36 BauGB städtebaulich erforderlichen Einvernehmens berechtigen.

4. Die erteilte Baugenehmigung erweist sich dementsprechend als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Gemeinde kann sich im Hinblick auf das ersetzte Einvernehmen mit Erfolg auf die Verletzung ihrer Planungshoheit berufen, § 36 BauGB, Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben; die Kostenpflichtigkeit der Beigeladenen ergibt sich aus § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO. Die hälftige Kostenteilung zwischen Beklagtem und Beigeladener als Begünstigte der Baugenehmigung erscheint im Hinblick auf § 159 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO sachgerecht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff., 711 ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

Tenor

I. Der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018 Az. BG- … wird aufgehoben.

II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die Baugenehmigung für eine Werbeanlage, die der Beklagte der Beigeladenen unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilt hat.

Mit Antrag vom … November 2017, am 16. November 2017 bei der kreisangehörigen Gemeinde eingegangen, reichte die Bauherrin, ein Unternehmen für Außenwerbung, einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel auf dem Grundstück FlNr. 199 Gem. … ein. Vorgesehen ist eine freistehende, unbeleuchtete, einseitige Plakatwerbetafel für die wechselnde Produktwerbung im Format 2,80 x 3,80 m, deren Oberkante eine Höhe von 4,60 m aufweisen soll. Eine Einverständniserklärung des Grundstückseigentümers wurde ebenfalls vorgelegt.

Das Vorhabengrundstück FlNr. 199 liegt im unbeplanten Innenbereich. Es ist mit einem Einfamilienhaus bebaut und hat die Form eines Dreiecks. An seiner südöstlichen Seite verläuft die S* …straße, eine Kreisstraße. Nördlich des Grundstücks verläuft in Ost-West-Richtung die E* … Straße, die an der Spitze des Grundstücks in die Kreisstraße mündet. Ebenfalls hier mündet der in Nord-Süd-Richtung verlaufende S* …weg in die S* …straße ein. An diesem der Kreuzung zugewandten Grundstückseck der FlNr. 199 soll die Werbeanlage errichtet werden. Die Südwestseite des Vorhabengrundstücks grenzt an das Grundstück FlNr. 200/9, das mit dem (ehemaligen) Betriebsgebäude einer Hotel-Gaststätte „…“/“ …“ bebaut ist. In der übrigen Umgebung des Grundstücks ist Wohnbebauung anzutreffen.

Der Bauausschuss der Gemeinde beschloss am 19. Dezember 2017, das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht zu erteilen. Nach Eingang der Unterlagen beim zuständigen Landratsamt (wohl) am 9. Januar 2018 hörte das Landratsamt die Gemeinde zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens an und begründete dies damit, dass entgegen der Auffassung der Gemeinde kein faktisches allgemeines Wohngebiet anzunehmen sei, sondern vielmehr eine Gemengelage, in die sich das Vorhaben einfüge.

Unter dem 7. Februar 2018 stimmte das wegen der Lage an der Kreisstraße um Stellungnahme gebetene Sachgebiet … des Landratsamts dem Vorhaben im Wesentlichen zu.

Nachdem die Gemeinde dem Landratsamt mit Schreiben vom 27. März 2018 mitteilte, sie halte an der Verweigerung ihres Einvernehmens fest, erteilte das Landratsamt der Bauherrin unter dem 18. April 2018 den streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid (Buchstabe A des Bescheids) und ersetzte zugleich das Einvernehmen der Gemeinde (Buchstabe B). In den Gründen wurde ausgeführt, dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem Gebiet der BauNVO; es handele sich insbesondere nicht um ein faktisches Wohngebiet, weil sich in der Umgebung einige Gewerbebetriebe befänden, die nicht der Gebietsversorgung dienten, wie auf FlNr. 200/9 die „…“/“ …“ und die genehmigte Mischnutzung Café/Wohnen auf FlNr. 200, die zwar für die Annahme eines Mischgebiets nicht ausreichten, für ein faktisches Wohngebiet aber zuviel Gewicht hätten. Als gewerbliche Nutzung füge sich die Werbeanlage in diesen Rahmen der Umgebungsbebauung ein. Da im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung und auf das „große“ Ortsbild nach § 34 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BauGB keine Bedenken bestünden, sei ein Anspruch des Bauwerbers auf Erteilung der Baugenehmigung gegeben und das Einvernehmen zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, eingegangen am selben Tag, ließ die Gemeinde durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018, Az. BG- … wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018 - zum Antrag auf vorläufigen Rechtschutz in derselben Angelegenheit (M 1 SN 18.2643) - begründet die Klagepartei ihr Begehren damit, dass der Genehmigungsbescheid die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletze. Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, weil die maßgebliche nähere Umgebung einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entspreche. Die westlich des Vorhabengrundstücks gelegene Bebauung sei nicht prägend, jedenfalls aber stünde sie der Annahme eines faktischen Wohngebiets nicht entgegen. Denn auf FlNr. 200/9 befinde sich mit der aktuellen Flüchtlingsunterbringung ebenfalls nur Wohnnutzung, und auch die Nutzung des Grundstücks FlNr. 200 mit Wohnnutzung, Praxen und Café halte sich im Rahmen eines allgemeinen Wohngebiets; zudem sei die Aufnahme der Nutzung nicht einmal absehbar. In diesem Rahmen seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht gegeben, weil angesichts der optischen Beeinträchtigungen durch die Werbeanlage sie nicht als ein nicht störender Gewerbebetrieb zu beurteilen sei, vielmehr wäre die Tafel bei Errichtung als ein Fremdkörper mit negativer Vorbildwirkung anzusehen.

Der Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Begründet wird dies im Wesentlichen mit den Ausführungen im Bescheid, insbesondere sei angesichts der prägenden Wirkungen der vorhandenen gewerblichen Nutzungen auf das Vorhabengrundstück nicht von einem faktischen Wohngebiet auszugehen. Die Ausführungen der Klagepartei zum Störpotential der relativ kleinflächigen und unbeleuchteten Werbetafel würden nicht geteilt.

Die mit Beschluss vom 6. Juni 2018 zum Verfahren beigeladene Bauherrin beantragt durch ihren Prozessbevollmächtigten Klageabweisung.

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 1. August 2018 hat die Kammer zu den baulichen und örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück FlNr. 199, Gem. … sowie in dessen Umgebung am 16. Oktober 2018 einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift der Augenscheinsfeststellungen und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2018 Bezug genommen.

In dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes (M 1 SN 18.2643) hat das Gericht mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. April 2018 angeordnet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die vom Beklagten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. April 2018 zur Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 199 der Gemarkung … unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die erteilte Baugenehmigung verstößt gegen das im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfende Bauplanungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Daher kann sich die Klägerin zu Recht auf ihre gemeindliche Planungshoheit berufen und hat ihr Einvernehmen zu Recht verweigert (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, vgl. Art. 67 Abs. 1 BayBO).

1. Die Werbetafel ist an dem Vorhabenstandort planungsrechtlich unzulässig. Ihre städtebauliche Beurteilung richtet sich nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspricht einem allgemeinen Wohngebiet (vgl. unten a) und b)). Daher richtet sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung nach § 4 BauNVO; allerdings stellt das Vorhaben an seinem konkreten Standort eine im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO störende Anlage dar und ist aus diesem Grunde unzulässig (unten c)).

a) Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris Rn. 33). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris Rn. 2). Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris Rn. 5). Etwa ist bei der Frage nach der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen weniger weit reicht als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung (BayVGH, B.v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18; U.v. 7.3.2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22).

aa) Nach dem Eindruck des gerichtlichen Augenscheins besteht die maßgebliche Umgebung aus der dem Vorhabenstandort umgebende Bebauung südlich und nördlich entlang der E* … Straße (FlNrn. 199, 199/7, 206/3, 206), östlich und westlich des S* …wegs (FlNrn. 207/4, 185/5, 184/4) sowie nördlich der S* …straße (FlNrn. 184/3, 184/2).

bb) Außer Betracht hat das Grundstück FlNr. 200/9 mit dem (ehemaligen) Gasthof und Beherbergungsbetrieb „…“/“ …“ zu bleiben. Zwar grenzt es an das Vorhabengrundstück unmittelbar an. Auch die momentan nicht stattfindende Nutzung des Gebäudes würde die grundsätzliche Einbeziehung des Grundstücks nicht hindern, denn die Nutzung als Beherbergungs- und Gastronomiebetrieb ist nach den Angaben beim Augenschein lediglich unterbrochen; mit der Aufnahme der Nutzung ist in nächster Zeit wieder zu rechnen. Entscheidend für die Nichteinbeziehung des Grundstücks mit der FlNr. 200/9 ist aber die Tatsache, dass aufgrund der baulichen Verhältnisse, wie sie vor Ort anzutreffen sind, weder der Betrieb auf FlNr. 200/9 auf den Vorhabenstandort prägende Wirkung aufweist, noch die Werbetafel das Grundstück FlNr. 200/9 prägen würde. Eine Wechselbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb auf dem Grundstück FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort auf Grundstück FlNr. 199 ist nach dem Eindruck beim Augenschein nicht zu verzeichnen. Aus Sicht vom Grundstück FlNr. 200/9 ist das Vorhaben von der vorhandenen Bebauung auf FlNr. 199 fast vollständig verdeckt. Die einseitig nach Nordosten orientierte Werbetafel ist nur von der S* …straße aus Nordost kommend wahrnehmbar, nicht aber aus südwestlicher Richtung. Zudem ist eine nicht unerhebliche Entfernung von ca. 50 m zwischen der östlichsten Gebäudeaußenwand auf FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort zu verzeichnen. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse wäre die geplante Werbeanlage aus keinem nennenswerten Blickwinkel mit der gewerblichen Nutzung auf der FlNr. 200/9 gemeinsam wahrnehmbar. Auch wenn eine topographische Zäsur zwischen den Grundstücken FlNr. 199 und 200/9 nicht anzutreffen ist, ist das Vorhabengrundstück mit Einfamilienhausbebauung eher dem überwiegend kleinteiligen Wohngebiet entlang der E* … Straße zuzurechnen, das ebenfalls aus Einzel- oder Doppelhäusern besteht, und nicht der von Kubatur und Nutzung deutlich abweichenden Bebauung auf FlNr. 200/9. Für diese Zuordnung spricht auch der Gesichtspunkt, dass das Vorhabengrundstück nicht von der S* …straße, sondern von der E* … Straße erschlossen ist.

Zuzugeben ist dem Beklagten zwar, dass der Betrachter, der von der S* …straße aus Nordost ca. 100 m vom Vorhabenstandort entfernt in Richtung der geplanten Werbetafel schaut, in der Straßenflucht auch Werbetafeln für die Nutzungen auf FlNr. 200/9 und weiter westlich auf der S* …straße wahrnehmen kann. Diese sind jedoch von ihrer Größe deutlich untergeordnet und nur undeutlich erkennbar, sodass sich der Eindruck eines (auch) gewerblich geprägten Gebiets nicht aufdrängt. Dies gilt insbesondere, weil die gewerbliche Nutzung auf FlNr. 200/9 selbst von dem vorgenannten, erhöhten Standort nicht erkennbar ist. Erst recht bleibt aus demselben Grund auch die Nutzung auf dem vom Vorhabenstandort weiter entfernten Grundstück FlNr. 200 (Café, Praxen, Wohnen) für die Bestimmung der näheren Umgebung außer Betracht.

cc) Die Grundstücke nördlich der E* … Straße und auf beiden Seiten des S* …wegs sind in die Betrachtung einzubeziehen, weil es sich bei den Straßen dem Eindruck nach um schmale Anliegerstraßen ohne trennende Wirkung handelt. Ohne dass es streitentscheidend darauf ankäme, dürfte die Bebauung südlich der S* …straße aufgrund der wohl trennenden Wirkung der Kreisstraße nicht mehr einzubeziehen sein.

b) Die so bestimmte nähere Umgebung besteht nach den Erkenntnissen des Augenscheins überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich aus Wohnbebauung. Auch südlich der S* …straße (FlNrn. 167/2, 167/15 165/3, 165/1, 164, 158/2) ist i.Ü. keine andere Nutzungsart anzutreffen, sodass es auf die Frage nach der trennenden Wirkung der Straße (s.o.) nicht ankommt. Es ist somit zumindest von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entsprechend § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auszugehen.

c) In einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO ist eine Fremdwerbetafel nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauBauNVO zulässig und im konkreten Fall unzulässig.

Bei der selbständigen Werbetafel handelt es sich zwar nicht um einen Gewerbebetrieb im engeren Sinne; diese wird bauplanungsrechtlich allerdings wie ein Gewerbebetrieb behandelt, weil mit dem Begriff des „Betriebs“ in der Baunutzungsverordnung nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen umschrieben wird (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris Rn. 25). Eine Fremdwerbeanlage ist im reinen Wohngebiet ausnahmslos und im allgemeinen Wohngebiet regelmäßig unzulässig (Leitsatz des Urteils des BVerwG v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris).

Das Vorhaben kann nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. Zwar ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Werbeanlage wie das streitgegenständliche Vorhaben mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets unvereinbar ist und störende Wirkung hat. Hier stünde der ausnahmsweisen Zulassung der Werbeanlage jedoch entgegen, dass sie bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen würde und rücksichtslos im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wäre. Denn auch für die Erteilung von Ausnahmen ergibt sich eine unmittelbar geltende Zulässigkeitsgrenze aus § 15 Abs. 1 BauNVO (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 31 Rn. 25; BVerwG, U.v. 25.1.2007 - 4 C 1/06 - juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 15.12.2010 - 2 B 09.1287 - juris Rn. 44).

Die Errichtung dieser Werbetafel an der konkreten Stelle verursacht aufgrund der von ihr ausgehenden optischen Belästigung in der Umgebung eine städtebauliche erhebliche und unzumutbare Störung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und ist damit rücksichtslos gegenüber der umgebenden Wohnbebauung.

Der Begriff der Störung im Sinne des 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO umfasst auch massive optische Einwirkungen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 11). Die Werbetafel ist aufgrund ihrer nicht unerheblichen Größe, nämlich mit der Aufständerung in einer Gesamthöhe von 4,60 m an dem Standort in optisch sich aufdränegener Weise störend. Es liegt bereits in der Natur der Sache, dass Werbung die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht. Im Kontrast zu dem Vorhaben besteht die nähere Umgebung aus einer kleinteiligen, als homogen wahrzunehmenden Wohnbebauung, in der die Werbetafel besonders auffällt. Sie wäre auch nicht ausschließlich den sich auf der Kreisstraße nähernden Autofahrern bzw. Fußgängern zugewandt, sondern würde aufgrund ihrer Größe und ihrer Position erheblich in die Wohnbebauung entlang der E* … Straße, des S* …wegs und der S* …straße hineinwirken. Sie würde im Falle der Errichtung die Wohnruhe erheblich negativ beeinträchtigen, weil sich die gebietsansässigen Wohnenden täglich einem unübersehbaren Konsumappell ausgesetzt sähen. Auch wäre die Homogenität des städtebaulichen Erscheinungsbilds der wahrnehmbaren kleinteiligen Bebauung negativ beeinträchtigt. Nachvollziehbar beruft sich daher die Klagepartei auch auf eine negative Vorbildwirkung, die von dem Vorhaben ausginge. Dabei hat der Ortstermin zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Umgebung weder durch die S* …straße erheblich vorbelastet ist - es handelt sich um eine nur mäßig befahrene Straße, die nicht einmal einen Mittelstreifen hat - noch ist der Kreuzungsbereich am Vorhabenstandort geeignet, diesen Eindruck der Homogenität und Wohnruhe zu erschüttern. Wie oben bereits ausgeführt, ist auch die gewerbliche Nutzung auf den weiter westlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstücken entlang der S* …straße (FlNrn. 200/9, 200, 22) am Anlagenstandort nicht wahrnehmbar.

2. Die rechtliche Beurteilung würde sich vom Ergebnis her i.Ü. nicht ändern, wenn man - wie in der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt - mit dem Beklagten davon ausginge, dass bei der Bestimmung der näheren Umgebung auch die Nutzungen der Grundstücke FlNrn. 200/9 und 200 einbezogen werden und man zur Qualifizierung als städtebauliche Gemengelage im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB käme. Das Vorhaben wäre dennoch planungsrechtlich unzulässig.

a) Unter der Annahme, dass das Vorhabengrundstück sowie die davon westlich entlang der S* …straße gelegenen Grundstücke eine Gemengelage bilden, und die E* … Straße bzw. der S* …weg eine trennende Wirkung zu den nördlich bzw. östlich gelegenen Wohngebieten hätten, wären die Grundstücke in den jeweiligen Randbereichen dieser Gebiete mit einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme belastet (BayVGH, U.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 13). Einerseits muss es hingenommen werden, dass bauliche Anlagen von einem Baugebiet in ein benachbartes Gebiet hineinwirken, andererseits darf wegen dieser Wirkung am Rand eines Baugebiets nicht jede bauliche Anlage errichtet werden, die inmitten des Gebiets zulässig wäre (BayVGH, U.v. 28.10.2005 - 26 B 04.1484 - juris Rn. 17). Die hierdurch gebotene Rücksichtnahme auf die angrenzende Wohnbebauung wiese das Vorhaben aus den unter 1. c) genannten Gründen nicht auf.

b) Zu demselben Ergebnis käme man, wenn man das Gebiet der anzunehmenden Gemengelage weiter zöge und auch die hier als schutzwürdig erachtete Wohnbebauung miteinbezöge. Denn in einer Gemengelage, die stark durch Wohnnutzung geprägt ist (vgl. hierzu auch VG Ansbach, U.v. 28.9.2016 - AN 9 K 15.01468 - juris), fügt sich die Werbetafel nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ein und würde ebenfalls aus den oben bereits ausgeführten Gründen zu bodenrechtlich beachtlichen und ausgleichsbedürftigen Spannungen führen.

3. Der Frage nach der Einhaltung der Abstandsflächen ist hier trotz der Novellierung der Bayerischen Bauordnung und der nunmehrigen Einbeziehung des Abstandsflächenrechts in die Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemäß Art. 59 BayBO nicht nachzugehen. Denn ein etwaiger Verstoß gegen die Abstandsflächenregelungen würde die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit verletzen und sie nicht zur Verweigerung ihres nach § 36 BauGB städtebaulich erforderlichen Einvernehmens berechtigen.

4. Die erteilte Baugenehmigung erweist sich dementsprechend als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Gemeinde kann sich im Hinblick auf das ersetzte Einvernehmen mit Erfolg auf die Verletzung ihrer Planungshoheit berufen, § 36 BauGB, Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben; die Kostenpflichtigkeit der Beigeladenen ergibt sich aus § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO. Die hälftige Kostenteilung zwischen Beklagtem und Beigeladener als Begünstigte der Baugenehmigung erscheint im Hinblick auf § 159 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO sachgerecht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff., 711 ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.