Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018 Az. BG- … wird aufgehoben.

II. Der Beklagte und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und die Beigeladene dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen die Baugenehmigung für eine Werbeanlage, die der Beklagte der Beigeladenen unter Ersetzung ihres Einvernehmens erteilt hat.

Mit Antrag vom … November 2017, am 16. November 2017 bei der kreisangehörigen Gemeinde eingegangen, reichte die Bauherrin, ein Unternehmen für Außenwerbung, einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbetafel auf dem Grundstück FlNr. 199 Gem. … ein. Vorgesehen ist eine freistehende, unbeleuchtete, einseitige Plakatwerbetafel für die wechselnde Produktwerbung im Format 2,80 x 3,80 m, deren Oberkante eine Höhe von 4,60 m aufweisen soll. Eine Einverständniserklärung des Grundstückseigentümers wurde ebenfalls vorgelegt.

Das Vorhabengrundstück FlNr. 199 liegt im unbeplanten Innenbereich. Es ist mit einem Einfamilienhaus bebaut und hat die Form eines Dreiecks. An seiner südöstlichen Seite verläuft die S* …straße, eine Kreisstraße. Nördlich des Grundstücks verläuft in Ost-West-Richtung die E* … Straße, die an der Spitze des Grundstücks in die Kreisstraße mündet. Ebenfalls hier mündet der in Nord-Süd-Richtung verlaufende S* …weg in die S* …straße ein. An diesem der Kreuzung zugewandten Grundstückseck der FlNr. 199 soll die Werbeanlage errichtet werden. Die Südwestseite des Vorhabengrundstücks grenzt an das Grundstück FlNr. 200/9, das mit dem (ehemaligen) Betriebsgebäude einer Hotel-Gaststätte „…“/“ …“ bebaut ist. In der übrigen Umgebung des Grundstücks ist Wohnbebauung anzutreffen.

Der Bauausschuss der Gemeinde beschloss am 19. Dezember 2017, das gemeindliche Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht zu erteilen. Nach Eingang der Unterlagen beim zuständigen Landratsamt (wohl) am 9. Januar 2018 hörte das Landratsamt die Gemeinde zur Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens an und begründete dies damit, dass entgegen der Auffassung der Gemeinde kein faktisches allgemeines Wohngebiet anzunehmen sei, sondern vielmehr eine Gemengelage, in die sich das Vorhaben einfüge.

Unter dem 7. Februar 2018 stimmte das wegen der Lage an der Kreisstraße um Stellungnahme gebetene Sachgebiet … des Landratsamts dem Vorhaben im Wesentlichen zu.

Nachdem die Gemeinde dem Landratsamt mit Schreiben vom 27. März 2018 mitteilte, sie halte an der Verweigerung ihres Einvernehmens fest, erteilte das Landratsamt der Bauherrin unter dem 18. April 2018 den streitgegenständlichen Baugenehmigungsbescheid (Buchstabe A des Bescheids) und ersetzte zugleich das Einvernehmen der Gemeinde (Buchstabe B). In den Gründen wurde ausgeführt, dass das Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei. Die Eigenart der näheren Umgebung entspreche keinem Gebiet der BauNVO; es handele sich insbesondere nicht um ein faktisches Wohngebiet, weil sich in der Umgebung einige Gewerbebetriebe befänden, die nicht der Gebietsversorgung dienten, wie auf FlNr. 200/9 die „…“/“ …“ und die genehmigte Mischnutzung Café/Wohnen auf FlNr. 200, die zwar für die Annahme eines Mischgebiets nicht ausreichten, für ein faktisches Wohngebiet aber zuviel Gewicht hätten. Als gewerbliche Nutzung füge sich die Werbeanlage in diesen Rahmen der Umgebungsbebauung ein. Da im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung und auf das „große“ Ortsbild nach § 34 Abs. 1 Satz 2 HS 2 BauGB keine Bedenken bestünden, sei ein Anspruch des Bauwerbers auf Erteilung der Baugenehmigung gegeben und das Einvernehmen zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, eingegangen am selben Tag, ließ die Gemeinde durch ihre Prozessbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erheben und beantragt,

der Baugenehmigungsbescheid des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018, Az. BG- … wird aufgehoben.

Mit Schriftsatz vom … Mai 2018 - zum Antrag auf vorläufigen Rechtschutz in derselben Angelegenheit (M 1 SN 18.2643) - begründet die Klagepartei ihr Begehren damit, dass der Genehmigungsbescheid die Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletze. Das Vorhaben sei planungsrechtlich unzulässig, weil die maßgebliche nähere Umgebung einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entspreche. Die westlich des Vorhabengrundstücks gelegene Bebauung sei nicht prägend, jedenfalls aber stünde sie der Annahme eines faktischen Wohngebiets nicht entgegen. Denn auf FlNr. 200/9 befinde sich mit der aktuellen Flüchtlingsunterbringung ebenfalls nur Wohnnutzung, und auch die Nutzung des Grundstücks FlNr. 200 mit Wohnnutzung, Praxen und Café halte sich im Rahmen eines allgemeinen Wohngebiets; zudem sei die Aufnahme der Nutzung nicht einmal absehbar. In diesem Rahmen seien die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme nicht gegeben, weil angesichts der optischen Beeinträchtigungen durch die Werbeanlage sie nicht als ein nicht störender Gewerbebetrieb zu beurteilen sei, vielmehr wäre die Tafel bei Errichtung als ein Fremdkörper mit negativer Vorbildwirkung anzusehen.

Der Beklagte beantragte

Klageabweisung.

Begründet wird dies im Wesentlichen mit den Ausführungen im Bescheid, insbesondere sei angesichts der prägenden Wirkungen der vorhandenen gewerblichen Nutzungen auf das Vorhabengrundstück nicht von einem faktischen Wohngebiet auszugehen. Die Ausführungen der Klagepartei zum Störpotential der relativ kleinflächigen und unbeleuchteten Werbetafel würden nicht geteilt.

Die mit Beschluss vom 6. Juni 2018 zum Verfahren beigeladene Bauherrin beantragt durch ihren Prozessbevollmächtigten Klageabweisung.

Aufgrund Beweisbeschlusses vom 1. August 2018 hat die Kammer zu den baulichen und örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück FlNr. 199, Gem. … sowie in dessen Umgebung am 16. Oktober 2018 einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift der Augenscheinsfeststellungen und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2018 Bezug genommen.

In dem Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes (M 1 SN 18.2643) hat das Gericht mit Beschluss vom 16. Oktober 2018 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 18. April 2018 angeordnet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die vom Beklagten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 18. April 2018 zur Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 199 der Gemarkung … unter Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die erteilte Baugenehmigung verstößt gegen das im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfende Bauplanungsrecht (Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO). Daher kann sich die Klägerin zu Recht auf ihre gemeindliche Planungshoheit berufen und hat ihr Einvernehmen zu Recht verweigert (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB, vgl. Art. 67 Abs. 1 BayBO).

1. Die Werbetafel ist an dem Vorhabenstandort planungsrechtlich unzulässig. Ihre städtebauliche Beurteilung richtet sich nach § 34 Abs. 1 BauGB, wonach innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die nähere Umgebung des Vorhabens entspricht einem allgemeinen Wohngebiet (vgl. unten a) und b)). Daher richtet sich gemäß § 34 Abs. 2 BauGB die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung nach § 4 BauNVO; allerdings stellt das Vorhaben an seinem konkreten Standort eine im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO störende Anlage dar und ist aus diesem Grunde unzulässig (unten c)).

a) Welcher Bereich als „nähere Umgebung“ i.S.d. § 34 Abs. 1 BauGB anzusehen ist, hängt davon ab, inwieweit sich einerseits das geplante Vorhaben auf die benachbarte Bebauung und andererseits sich diese Bebauung auf das Baugrundstück prägend auswirken (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - juris Rn. 33). Wie weit diese wechselseitige Prägung reicht, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris Rn. 2). Dabei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (BVerwG, B.v. 6.11.1997 - 4 B 172/97 - juris Rn. 5). Etwa ist bei der Frage nach der überbaubaren Grundstücksfläche der maßgebliche Bereich in der Regel enger zu begrenzen als bei der Art der baulichen Nutzung, weil die Prägung, die von der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksflächen maßgeblichen Stellung der Gebäude auf den Grundstücken ausgeht, im Allgemeinen weniger weit reicht als die Wirkungen der Art der baulichen Nutzung (BayVGH, B.v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 18; U.v. 7.3.2011 - 1 B 10.3042 - juris Rn. 22).

aa) Nach dem Eindruck des gerichtlichen Augenscheins besteht die maßgebliche Umgebung aus der dem Vorhabenstandort umgebende Bebauung südlich und nördlich entlang der E* … Straße (FlNrn. 199, 199/7, 206/3, 206), östlich und westlich des S* …wegs (FlNrn. 207/4, 185/5, 184/4) sowie nördlich der S* …straße (FlNrn. 184/3, 184/2).

bb) Außer Betracht hat das Grundstück FlNr. 200/9 mit dem (ehemaligen) Gasthof und Beherbergungsbetrieb „…“/“ …“ zu bleiben. Zwar grenzt es an das Vorhabengrundstück unmittelbar an. Auch die momentan nicht stattfindende Nutzung des Gebäudes würde die grundsätzliche Einbeziehung des Grundstücks nicht hindern, denn die Nutzung als Beherbergungs- und Gastronomiebetrieb ist nach den Angaben beim Augenschein lediglich unterbrochen; mit der Aufnahme der Nutzung ist in nächster Zeit wieder zu rechnen. Entscheidend für die Nichteinbeziehung des Grundstücks mit der FlNr. 200/9 ist aber die Tatsache, dass aufgrund der baulichen Verhältnisse, wie sie vor Ort anzutreffen sind, weder der Betrieb auf FlNr. 200/9 auf den Vorhabenstandort prägende Wirkung aufweist, noch die Werbetafel das Grundstück FlNr. 200/9 prägen würde. Eine Wechselbeziehung zwischen dem Gewerbebetrieb auf dem Grundstück FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort auf Grundstück FlNr. 199 ist nach dem Eindruck beim Augenschein nicht zu verzeichnen. Aus Sicht vom Grundstück FlNr. 200/9 ist das Vorhaben von der vorhandenen Bebauung auf FlNr. 199 fast vollständig verdeckt. Die einseitig nach Nordosten orientierte Werbetafel ist nur von der S* …straße aus Nordost kommend wahrnehmbar, nicht aber aus südwestlicher Richtung. Zudem ist eine nicht unerhebliche Entfernung von ca. 50 m zwischen der östlichsten Gebäudeaußenwand auf FlNr. 200/9 und dem Vorhabenstandort zu verzeichnen. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse wäre die geplante Werbeanlage aus keinem nennenswerten Blickwinkel mit der gewerblichen Nutzung auf der FlNr. 200/9 gemeinsam wahrnehmbar. Auch wenn eine topographische Zäsur zwischen den Grundstücken FlNr. 199 und 200/9 nicht anzutreffen ist, ist das Vorhabengrundstück mit Einfamilienhausbebauung eher dem überwiegend kleinteiligen Wohngebiet entlang der E* … Straße zuzurechnen, das ebenfalls aus Einzel- oder Doppelhäusern besteht, und nicht der von Kubatur und Nutzung deutlich abweichenden Bebauung auf FlNr. 200/9. Für diese Zuordnung spricht auch der Gesichtspunkt, dass das Vorhabengrundstück nicht von der S* …straße, sondern von der E* … Straße erschlossen ist.

Zuzugeben ist dem Beklagten zwar, dass der Betrachter, der von der S* …straße aus Nordost ca. 100 m vom Vorhabenstandort entfernt in Richtung der geplanten Werbetafel schaut, in der Straßenflucht auch Werbetafeln für die Nutzungen auf FlNr. 200/9 und weiter westlich auf der S* …straße wahrnehmen kann. Diese sind jedoch von ihrer Größe deutlich untergeordnet und nur undeutlich erkennbar, sodass sich der Eindruck eines (auch) gewerblich geprägten Gebiets nicht aufdrängt. Dies gilt insbesondere, weil die gewerbliche Nutzung auf FlNr. 200/9 selbst von dem vorgenannten, erhöhten Standort nicht erkennbar ist. Erst recht bleibt aus demselben Grund auch die Nutzung auf dem vom Vorhabenstandort weiter entfernten Grundstück FlNr. 200 (Café, Praxen, Wohnen) für die Bestimmung der näheren Umgebung außer Betracht.

cc) Die Grundstücke nördlich der E* … Straße und auf beiden Seiten des S* …wegs sind in die Betrachtung einzubeziehen, weil es sich bei den Straßen dem Eindruck nach um schmale Anliegerstraßen ohne trennende Wirkung handelt. Ohne dass es streitentscheidend darauf ankäme, dürfte die Bebauung südlich der S* …straße aufgrund der wohl trennenden Wirkung der Kreisstraße nicht mehr einzubeziehen sein.

b) Die so bestimmte nähere Umgebung besteht nach den Erkenntnissen des Augenscheins überwiegend, wenn nicht sogar ausschließlich aus Wohnbebauung. Auch südlich der S* …straße (FlNrn. 167/2, 167/15 165/3, 165/1, 164, 158/2) ist i.Ü. keine andere Nutzungsart anzutreffen, sodass es auf die Frage nach der trennenden Wirkung der Straße (s.o.) nicht ankommt. Es ist somit zumindest von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet entsprechend § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auszugehen.

c) In einem allgemeinen Wohngebiet nach § 4 BauNVO ist eine Fremdwerbetafel nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauBauNVO zulässig und im konkreten Fall unzulässig.

Bei der selbständigen Werbetafel handelt es sich zwar nicht um einen Gewerbebetrieb im engeren Sinne; diese wird bauplanungsrechtlich allerdings wie ein Gewerbebetrieb behandelt, weil mit dem Begriff des „Betriebs“ in der Baunutzungsverordnung nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen umschrieben wird (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris Rn. 25). Eine Fremdwerbeanlage ist im reinen Wohngebiet ausnahmslos und im allgemeinen Wohngebiet regelmäßig unzulässig (Leitsatz des Urteils des BVerwG v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - juris).

Das Vorhaben kann nur ausnahmsweise gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO i.V.m. § 31 Abs. 1 BauGB zugelassen werden. Zwar ist bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass eine Werbeanlage wie das streitgegenständliche Vorhaben mit der Zweckbestimmung eines allgemeinen Wohngebiets unvereinbar ist und störende Wirkung hat. Hier stünde der ausnahmsweisen Zulassung der Werbeanlage jedoch entgegen, dass sie bodenrechtlich bewältigungsbedürftige Spannungen erzeugen würde und rücksichtslos im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wäre. Denn auch für die Erteilung von Ausnahmen ergibt sich eine unmittelbar geltende Zulässigkeitsgrenze aus § 15 Abs. 1 BauNVO (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 31 Rn. 25; BVerwG, U.v. 25.1.2007 - 4 C 1/06 - juris Rn. 10; BayVGH, U.v. 15.12.2010 - 2 B 09.1287 - juris Rn. 44).

Die Errichtung dieser Werbetafel an der konkreten Stelle verursacht aufgrund der von ihr ausgehenden optischen Belästigung in der Umgebung eine städtebauliche erhebliche und unzumutbare Störung im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und ist damit rücksichtslos gegenüber der umgebenden Wohnbebauung.

Der Begriff der Störung im Sinne des 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO umfasst auch massive optische Einwirkungen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 11). Die Werbetafel ist aufgrund ihrer nicht unerheblichen Größe, nämlich mit der Aufständerung in einer Gesamthöhe von 4,60 m an dem Standort in optisch sich aufdränegener Weise störend. Es liegt bereits in der Natur der Sache, dass Werbung die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht. Im Kontrast zu dem Vorhaben besteht die nähere Umgebung aus einer kleinteiligen, als homogen wahrzunehmenden Wohnbebauung, in der die Werbetafel besonders auffällt. Sie wäre auch nicht ausschließlich den sich auf der Kreisstraße nähernden Autofahrern bzw. Fußgängern zugewandt, sondern würde aufgrund ihrer Größe und ihrer Position erheblich in die Wohnbebauung entlang der E* … Straße, des S* …wegs und der S* …straße hineinwirken. Sie würde im Falle der Errichtung die Wohnruhe erheblich negativ beeinträchtigen, weil sich die gebietsansässigen Wohnenden täglich einem unübersehbaren Konsumappell ausgesetzt sähen. Auch wäre die Homogenität des städtebaulichen Erscheinungsbilds der wahrnehmbaren kleinteiligen Bebauung negativ beeinträchtigt. Nachvollziehbar beruft sich daher die Klagepartei auch auf eine negative Vorbildwirkung, die von dem Vorhaben ausginge. Dabei hat der Ortstermin zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Umgebung weder durch die S* …straße erheblich vorbelastet ist - es handelt sich um eine nur mäßig befahrene Straße, die nicht einmal einen Mittelstreifen hat - noch ist der Kreuzungsbereich am Vorhabenstandort geeignet, diesen Eindruck der Homogenität und Wohnruhe zu erschüttern. Wie oben bereits ausgeführt, ist auch die gewerbliche Nutzung auf den weiter westlich vom Vorhabengrundstück gelegenen Grundstücken entlang der S* …straße (FlNrn. 200/9, 200, 22) am Anlagenstandort nicht wahrnehmbar.

2. Die rechtliche Beurteilung würde sich vom Ergebnis her i.Ü. nicht ändern, wenn man - wie in der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegt - mit dem Beklagten davon ausginge, dass bei der Bestimmung der näheren Umgebung auch die Nutzungen der Grundstücke FlNrn. 200/9 und 200 einbezogen werden und man zur Qualifizierung als städtebauliche Gemengelage im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB käme. Das Vorhaben wäre dennoch planungsrechtlich unzulässig.

a) Unter der Annahme, dass das Vorhabengrundstück sowie die davon westlich entlang der S* …straße gelegenen Grundstücke eine Gemengelage bilden, und die E* … Straße bzw. der S* …weg eine trennende Wirkung zu den nördlich bzw. östlich gelegenen Wohngebieten hätten, wären die Grundstücke in den jeweiligen Randbereichen dieser Gebiete mit einer Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme belastet (BayVGH, U.v. 22.1.2004 - 1 ZB 03.294 - juris Rn. 13). Einerseits muss es hingenommen werden, dass bauliche Anlagen von einem Baugebiet in ein benachbartes Gebiet hineinwirken, andererseits darf wegen dieser Wirkung am Rand eines Baugebiets nicht jede bauliche Anlage errichtet werden, die inmitten des Gebiets zulässig wäre (BayVGH, U.v. 28.10.2005 - 26 B 04.1484 - juris Rn. 17). Die hierdurch gebotene Rücksichtnahme auf die angrenzende Wohnbebauung wiese das Vorhaben aus den unter 1. c) genannten Gründen nicht auf.

b) Zu demselben Ergebnis käme man, wenn man das Gebiet der anzunehmenden Gemengelage weiter zöge und auch die hier als schutzwürdig erachtete Wohnbebauung miteinbezöge. Denn in einer Gemengelage, die stark durch Wohnnutzung geprägt ist (vgl. hierzu auch VG Ansbach, U.v. 28.9.2016 - AN 9 K 15.01468 - juris), fügt sich die Werbetafel nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB ein und würde ebenfalls aus den oben bereits ausgeführten Gründen zu bodenrechtlich beachtlichen und ausgleichsbedürftigen Spannungen führen.

3. Der Frage nach der Einhaltung der Abstandsflächen ist hier trotz der Novellierung der Bayerischen Bauordnung und der nunmehrigen Einbeziehung des Abstandsflächenrechts in die Prüfung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemäß Art. 59 BayBO nicht nachzugehen. Denn ein etwaiger Verstoß gegen die Abstandsflächenregelungen würde die Klägerin nicht in ihrer Planungshoheit verletzen und sie nicht zur Verweigerung ihres nach § 36 BauGB städtebaulich erforderlichen Einvernehmens berechtigen.

4. Die erteilte Baugenehmigung erweist sich dementsprechend als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Gemeinde kann sich im Hinblick auf das ersetzte Einvernehmen mit Erfolg auf die Verletzung ihrer Planungshoheit berufen, § 36 BauGB, Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben; die Kostenpflichtigkeit der Beigeladenen ergibt sich aus § 154 Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO. Die hälftige Kostenteilung zwischen Beklagtem und Beigeladener als Begünstigte der Baugenehmigung erscheint im Hinblick auf § 159 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO sachgerecht.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff., 711 ZPO.

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Rosenheim vom 18. April 2018, Az. BG- … wird angeordnet. II. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des V

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Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Rosenheim vom 18. April 2018, Az. BG- … wird angeordnet.

II. Der Antragsgegner und die Beigeladene haben je zur Hälfte die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf EUR 2.500,- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Gemeinde begehrt die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbetafel, die unter Ersetzung ihres Einvernehmens erging.

Der Antragsgegner, vertreten durch das Landratsamt Rosenheim, erteilte der Beigeladenen unter dem 18. April 2018 eine Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbetafel auf FlNr. 199 Gem. … und ersetzte zugleich das verweigerte Einvernehmen der Gemeinde.

Hiergegen ließ die Gemeinde durch ihre Prozessbevollmächtigte am … Mai 2018 Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München erheben (M 1 K 18.2402). Mit Schriftsatz vom … Mai 2018, eingegangen am 4. Juni 2018, wird beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Rosenheim vom 18.4.2018, Az. BG- … wird an-geordnet.

Der Antragsgegner und die mit Beschluss vom 6. Juni 2018 beigeladene Bauherrin beantragen jeweils, den Antrag abzulehnen.

Wegen des weiteren Sachverhalts sowie des Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils der Kammer vom 16. Oktober 2018 (M 1 K 18.2402) verwiesen.

Das Gericht hat aufgrund Beweisbeschlusses vom 1. August 2018 zu den baulichen und örtlichen Verhältnissen auf dem Grundstück FlNr. 199, Gem. … sowie in dessen Umgebung am 16. Oktober 2018 einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift der Augenscheinsfeststellungen und die gefertigten Lichtbilder wird verwiesen. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2018 Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO hat auch in der Sache Erfolg.

Nach § 212a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Legt ein Dritter gegen die einem anderen erteilte und diesen begünstigende Baugenehmigung einen der genannten Rechtsbehelfe ein, so kann das Gericht auf Antrag gemäß § 80a Abs. 3 Satz 2 VwGO in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die bundesgesetzlich gemäß § 212a Abs. 1 BauGB ausgeschlossene aufschiebende Wirkung des jeweiligen Rechtsbehelfs ganz oder teilweise anordnen. Hierbei trifft das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsaktes oder die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streitenden. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, wie sie sich aufgrund einer summari-schen Prüfung im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts darstellen, als wesentli-ches Indiz zu berücksichtigen.

Der Rechtsbehelf hat hier in der Hauptsache Erfolg. Der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 28. April 2018 wurde mit Urteil vom 16. Oktober 2018 stattgegeben (M 1 K 18.2402) und der Bescheid aufgehoben, weil die Baugenehmigung gegen Bauplanungsrecht verstößt und die Ersetzung des Einvernehmens die Gemeinde in ihrer rechtlich geschützten Planungshoheit verletzt. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen. Es ist kein Interesse zu erkennen, an der Vollziehbarkeit einer rechtswidrigen Baugenehmigung festzuhalten.

Dem Antrag ist daher mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben und die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Kostenpflichtig ist hierbei auch die Beigeladene, weil sie Antragsabweisung beantragt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Kostenverteilung auf den Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte beruht auf § 159 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 9.1.2.3.1, 1.5 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt mit der Klage die Erteilung einer Baugenehmigung für eine freistehende Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung, die mit Bescheid des Landratsamtes … vom 25. August 2015 versagt wurde.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Außenwerbung. Sie beantragte mit Schreiben vom 26. Februar 2015 die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer freistehenden Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung …, …,... Die beantragte Werbeanlage mit einer Ansichtsfläche von 2,6 m x 3,6 m soll auf dem Vorhabengrundstück an der südlichen Grundstücksgrenze senkrecht bzw. frontal zur Straße errichtet werden. Für das Vorhabengrundstück existiert kein qualifizierter Bebauungsplan, das Vorhaben liegt innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB.

Mit Beschluss vom 22. April 2015 verweigerte die Beigeladene das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 BauGB für das Bauvorhaben. Das Staatliche Bauamt ... nahm mit Schreiben vom 24. April 2015 dahingehend Stellung, dass die bauliche Anlage, die im Erschließungsbereich der Ortsdurchfahrt ... in einem Abstand von ca. 2 m vom Fahrbahnrand zu errichten sei, nach Art. 23 Abs. 1 BayStrWG zu beurteilen sei. Das Staatliche Bauamt könne sein Einverständnis zur Baugenehmigung nicht erteilen. Aufgrund der Art, Größe und Lage der beantragten Wechselwerbeanlage sowie der unmittelbaren Nähe zum Bahnübergang sehe das Staatliche Bauamt ..., bedingt durch die mögliche Ablenkung der Verkehrsteilnehmer, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs als gefährdet an.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2015 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags an.

Per E-Mail vom 13. Mai 2015 erbat die Klägerin die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids.

Mit Bescheid vom 25. August 2015 lehnte das Landratsamt ... die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ..., ..., ... ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Art, Größe und Lage der beantragten Werbeanlage sowie der unmittelbaren Nähe zum Bahnübergang sei die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gefährdet. Zudem entspreche das geplante Vorhaben nicht der nach § 34 BauGB geforderten Eigenart der Umgebung und wirke als Fremdkörper in der ländlichen Umgebung. Die Werbeanlage wirke zudem in der unmittelbaren Umgebung verunstaltend. Das Ortsbild werde beeinträchtigt. Die Gemeinde ... habe ihr Einvernehmen zur geplanten Baumaßnahme zu Recht verweigert. Dem Betrachter biete sich derzeit in der Umgebung ein relativ intaktes Bild einer Straßenansicht in der Ortsmitte. Störende Elemente seien nicht in einem wesentlichen Umfang vorhanden. Die geplante Werbeanlage würde die Aufmerksamkeit der Passanten in aufdringlicher Weise auf sich lenken. Die ruhig wirkende Dorfstraße würde dadurch empfindlich gestört werden. Die für eine Genehmigungsfähigkeit notwendige Ortsbildverträglichkeit sei somit nicht gegeben. Das Vorhaben würde zu einer Verunstaltung des Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO führen und sei bauplanungsrechtlich unzulässig, § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB. Das Staatliche Bauamt ... könne sein nach Art. 23 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG erforderliches Einvernehmen zur Baugenehmigung nicht erteilen, da die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs durch die Art, Größe und Lage der beantragten Wechselwerbeanlage, noch dazu in unmittelbarer Nähe zum Bahnübergang, aufgrund der Ablenkung von Verkehrsteilnehmern gefährdet sei.

Dagegen hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 6. September 2015 Klage vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, der geplante Vorhabenstandort befinde sich in einem Umfeld, welches auch maßgeblich durch gewerbliche Nutzung geprägt werde und als faktisches Mischgebiet zu qualifizieren sei. Die streitgegenständliche Werbeanlage füge sich dort in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Der Fremdwerbung dienende Anlagen der Außenwerbung seien unabhängig von der Größe ihrer Ansichtsfläche, ihrer Art nach in einem auch durch gewerbliche Nutzung geprägten, zusammenhängend bebauten Ortsteil nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO oder nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig. Sie fügten sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein, wenn sie die bei Gebäuden üblichen Maßstäbe der baulichen Nutzung im Sinne des § 16 BauNVO einhielten und ihre Flächengröße sich im Rahmen der Flächengröße von in der näheren Umgebung vorhandenen Bauteilen anderer baulicher Anlagen halte. Füge sich ein Vorhaben seiner Art nach ein, so komme es im Rahmen der Prüfung, ob es sich auch seinem Maßstab nach einfügt, nicht mehr erneut auf seine Art an, d. h. welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art (vorbildprägende Werbeanlagen) in der näheren Umgebung bereits verwirklicht sei. Ob in der näheren Umgebung des beantragten Standorts bereits vorbildprägende Werbeanlagen vorhanden seien, spiele demnach für die Frage des Einfügens im Sinne des § 34 BauGB keine Rolle. Zudem werde das Ortsbild im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB sei nicht im Hinblick auf ästhetische Wirkungen des Vorhabens, sondern unter Berücksichtigung der Umgebung in städtebaulicher Hinsicht zu prüfen. Insoweit komme es zumindest auf einen räumlich größeren Bereich als den der näheren Umgebung des Baugrundstücks an. Zudem könne das Ortsbild dem Innenbereich nur in einem Umfang geschützt sein, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mittels Festsetzung möglich wäre. Dabei sei nicht jedes Ortsbild schützenswert, es müsse sich vielmehr eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit und einen besonderen Charakter aufweisen. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor und seien von Beklagtenseite auch nicht dargelegt. Das Vorhaben führe auch nicht zu einer Verunstaltung im bauordnungsrechtlichen Sinne nach Art. 8 Satz 2 BayBO. Es sei nicht Aufgabe des Bauordnungsrechts, bestimmte ästhetische Wertvorstellungen zur Pflege des Stadtbilds zu verwirklichen, sondern nur unerträgliche Auswüchse zu unterbinden. Keinesfalls könne das Verunstaltungsverbot dazu instrumentalisiert werden, positiv gefasste, aber nicht rechtsverbindlich normierte gestalterische Vorstellungen der Verwaltungsbehörde durchzusetzen. Demnach dürfe nicht jede Störung der architektonischen oder natürlichen Harmonie, die lediglich zu einem unschönen Erscheinungsbild führe, mit den Mitteln des Bauordnungsrechts abgewendet werden. Nur eine Verunstaltung im Sinne eines hässlichen Zustandes, der das ästhetische Empfinden des Betrachters nicht nur beeinträchtige, sondern verletze, könne einen behördlichen Eingriff rechtfertigen. Die Rechtmäßigkeit einer Werbeanlage dürfe zudem nicht von einem moralischen Urteil oder von unkontrollierbaren, subjektiven Empfindungen Einzelner abhängig gemacht werden. Weltanschauliche Positionen zu Sinn oder Unsinn von Werbung dürften jedenfalls nicht für die Auslegung bauordnungsrechtlicher Vorschriften herangezogen werden. Angezeigt sei allein eine bautechnische Betrachtungsweise. Insoweit komme es maßgeblich darauf an, ob der Anblick der Anlage bei einem nicht unbeträchtlichen, in durchschnittlichem Maß für ästhetische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter nachhaltigen Protest auslösen würde. Dieser Grundsatz sei vorliegend verkannt worden. Der streitgegenständlichen Werbeanlage gelinge es an ihrem gewerblich vorgeprägten Anbringungsort einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Erfordernis der Werbung, in gewisser Weise auffällig zu sein, und dem an jede Anlage zu stellenden ästhetischen Anspruch im Sinne des Verunstaltungsverbots. Die Errichtung der beantragten Werbeanlage führe auch nicht zu einer Gefährdung des Straßenverkehrs im bauordnungsrechtlichen Sinne. Eine konkrete Gefährdung liege insoweit nur dann vor, wenn nach den Erfahrungen des täglichen Lebens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei, dass durch eine Werbeanlage ein Verkehrsunfall verursacht oder der Verkehr in seinem Ablauf behindert werde. Die Rechtsprechung habe festgestellt, dass Anlagen der Außenwerbung in den als Kern- oder Mischgebieten oder ähnlich genutzten innerstädtischen Bereichen seit langem zum Straßenbild gehörten. Aufgrund der Fülle der Eindrücke, denen ein Verkehrsteilnehmer im modernen Stadtverkehr, insbesondere durch Werbung aller Art ausgesetzt sei, gehe von Werbeanlagen nur ausnahmsweise eine Ablenkung und damit eine verkehrsgefährdende Wirkung aus, beispielsweise dann, wenn die Werbeanlage in ihrer Gestaltung besonders auffällig sei und vom Üblichen stark abweiche. Ansonsten seien Werbeanlagen dem Verkehrsteilnehmer vertraut und stellten regelmäßig keine Störungs- oder Gefahrenquellen dar. Dies gelte uneingeschränkt für die vorliegend in Rede stehende, klassische Werbetafel im Euroformat. Darüber hinaus stelle sich die Verkehrssituation in der Umgebung des beantragten Standorts als vollkommen überschaubar und für den Durchschnittskraftfahrer ohne besonders Gefahrenpotential dar. Die bloße Möglichkeit, dass sich ein leichtsinniger Fahrer durch die Werbeanlage ablenken lassen könne, rechtfertige nicht die Annahme einer konkreten Verkehrsgefährdung durch die beantragte Anlage.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 25. August 2015, ..., zu verpflichten, der Klägerin die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, auch wenn das unmittelbare Umfeld der geplanten Werbeanlage als faktisches Mischgebiet zu bewerten sein möge, komme es nicht nur auf die Bebauung in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks an, sondern auch auf die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit, als auch diese noch prägend auf das Baugrundstück einwirke. Es sei daher die gesamte städtebauliche Situation zu würdigen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet sei. Aufgrund der Tatsache, dass vom Ortseingang im Osten bis zur Bahnlinie lediglich eine Wohnbebauung und im weiteren Verlauf nach Westen überwiegend Wohnnutzung, aber auch gewerbliche Nutzungen und die Schule von ... vorhanden seien, entspreche die Eigenart der näheren Umgebung und die städtebauliche Situation, in die das vorgesehene Baugrundstück eingebettet sei, keinen der Baugebiete im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB. Es handele sich demnach nicht um ein faktisches Mischgebiet, sondern um eine Gemengelage mit unterschiedlichen Nutzungen. Es komme daher vor allem darauf an, ob sich die geplante großflächige Werbeanlage in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 BauGB einfüge, was jedoch nicht der Fall sei. Die beantragte Werbeanlage wirke aufgrund ihrer Größe im Verhältnis zur eher kleinteiligen Umgebungsbebauung unproportioniert und störe die Maßstäblichkeit der überwiegend vorhandenen Architektur. Die streitgegenständliche Werbeanlage wirke als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung, weil der geplante Standort der Werbeanlage in einer Straße liege, die trotz des Vorhandenseins einzelner gewerblicher Nutzungen insgesamt einen von Wohnnutzung geprägten Eindruck mache, der außer durch kleinere Werbe- bzw. Hinweisschilder oder Fahnen an der Stätte der Leistung nicht durch Werbung geprägt sei. Innerhalb der näheren Umgebung um den vorgesehenen Standort seien keine großflächigen Werbeanlagen vorhanden. Die beantragte Werbeanlage wäre somit die erste in ihrer Art in diesem Umfeld und füge sich nach der Art der Nutzung nicht in die Umgebung ein, sondern würde für die weitere städtebauliche Entwicklung eine negative Vorbildwirkung auslösen. Es handele sich gerade nicht um einen Bereich, der durch gewerbliche Nutzung geprägt sei. Vielmehr seien eine gewerbliche Nutzung sowie eine Schule innerhalb einer eher kleinteiligen Wohnbebauung vorhanden. Das Vorhaben verstoße aus diesen Gründen auch gegen das umgebungsbezogene Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO, da die Anlage solitär auf der Freifläche eines Grundstücks errichtet werden solle und daher, losgelöst von jeglicher einbettenden Bebauung, so aufdringlich wirke, dass sie als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr stehe. Aus diesem Grund habe die Gemeinde ihr Einvernehmen auch zu Recht verweigert. Unabhängig davon gefährde die geplante großflächige Werbeanlage die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Das Staatliche Bauamt habe mit Stellungnahme vom 2. November 2015 mitgeteilt, dass die geplante Werbeanlage, die nur etwa 15 m vor dem Bahnübergang errichtet werden solle, geeignet sei, die Führer von Kraftfahrzeugen vom Verkehrsgeschehen abzulenken, was die Sicherheit des Verkehrs auf der Straße und auf der Schiene gefährde. Insbesondere vor Bahnübergängen müsse sich der Verkehrsteilnehmer voll auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren, gerade in diesem sensiblen Bereich dürften für ihn Ablenkungen durch Werbeanlagen nicht erfolgen. Ergänzend sei auszuführen, dass am westlichen Ende der ... die ... Schule liege. Damit führe der Schulweg vieler Kinder in die östlich der Bahnlinie gelegenen Wohnbaugebiete. Zusätzlich von der vom Straßenbauamt angeführten Gefährdung sei in diesem sensiblen Bereich auch mit Schulkindern zu Fuß oder auf dem Fahrrad zu rechnen, weshalb jegliche weitere Ablenkung von Kraftfahrern unbedingt zu vermeiden sei, zumal die geplante Werbeanlage entgegen den Ausführungen des Klägervertreters in einem kleineren Ort wie der Gemeinde ... gerade nicht zum Straßenbild gehöre, es sich nicht um einen innerstädtischen Bereich handele und ein „moderner Stadtverkehr“ dort eben gerade nicht vorhanden sei. Die geplante Werbeanlage sei gerade in der vorhandenen städtebaulichen Situation in ihrer Gestaltung besonders auffällig und vom Üblichen stark abweichend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Verfahrensakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung und ist durch deren Versagung nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind; nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO darf die Bauaufsichtsbehörde den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Im vorliegend durchzuführenden vereinfachten Genehmigungsverfahren ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO Prüfungsmaßstab die Vorschriften über die planungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO prüft die Bauaufsichtsbehörde darüber hinaus andere öffentlich-rechtliche Anforderungen, soweit wegen der Baugenehmigung eine Entscheidung nach anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entfällt, ersetzt oder eingeschlossen wird.

Ist - wie vorliegend - eine Ausnahme von dem Verbot der Errichtung baulicher Anlagen an Straßen (Anbauverbote) nach Art. 23, 24 BayStrWG erforderlich, so erfolgt die Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren durch die Untere Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der Straßenbaubehörde (vgl. Art. 23 Abs. 2 Satz 2, Art. 24 Abs. 3 Satz 1 BayStrWG).

Nachdem sich der Beklagte als Ablehnungsgrund unter anderem auf das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO berufen hat, ist auch diese Vorschrift im gerichtlichen Verfahren Prüfungsgegenstand (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO).

Nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheins widerspricht die streitgegenständliche Werbeanlage bauplanungsrechtlichen Vorschriften sowohl hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung (vgl. nachfolgend 1.), als auch hinsichtlich der Einhaltung überbaubarer Grundstücksflächen (vgl. nachfolgend 2.). Darüber hinaus hat der Beklagte im Einvernehmen mit der Straßenbaubehörde die Errichtung der streitgegenständlichen Werbeanlage unmittelbar an der Grundstücksgrenze und quer zur Fahrbahn in einem Abstand von ca. 15 m zum Bahnübergang aus Gründen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nach Art. 24 Abs. 1 BayStrWG zu Recht abgelehnt (vgl. nachfolgend 3.). Auf eine weiter geltend gemachte Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO kommt es darüber hinausgehend nicht an (vgl. nachfolgend 4.).

1. Das streitgegenständliche Vorhaben widerspricht im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung bauplanungsrechtlichen Vorschriften.

Das Baugrundstück und seine Umgebung liegen nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheins innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, so dass sich mangels eines Bebauungsplans die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 BauGB beurteilt. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 BauGB).

Die nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßgebende nähere Umgebung reicht so weit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann und soweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch mit beeinflusst (vgl. BayVGH, B. v. 20.9.2012 - 15 ZB 11.460 - juris, Rn. 6). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003 - 4 B 74/03 - juris). Prägend für das Baugrundstück kann nicht nur die Bebauung wirken, die gerade in dessen unmittelbarer Nachbarschaft überwiegt, sondern auch diejenige der weiteren Umgebung. Für die räumliche Abgrenzung der näheren Umgebung kann etwa eine natürliche oder künstliche Trennlinie, aber auch eine unterschiedliche Siedlungsstruktur maßgeblich sein (vgl. BVerwG, B. v. 28.8.2003, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben ist im vorliegenden Fall als maßgebliche Umgebung die beiderseitige Bebauung der ... bis zum Einmündungsbereich der ... anzusehen. Unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur der östlich vom Vorhabenstandort befindlichen, von der Staatsstraße zurückversetzten Wohngebiete weist die Bahnlinie insoweit eine trennende Wirkung auf. Die maßgebliche Umgebungsbebauung ist - abgesehen von dem gegenüberliegenden Autohaus nebst Kfz-Werkstatt - in überwiegendem Maße durch kleinräumige Wohnbebauung geprägt. Das Vorhabengrundstück selbst, das sowohl in nördlicher Richtung als auch nach Westen von Wohngrundstücken umgeben ist, ist mit Nebengebäuden (Garagen) bebaut und wird augenscheinlich zur Ablagerung von Unrat oder abgemeldeten Pkws genutzt. Eine gewerbliche Nutzung bzw. ein Zusammenhang zu dem gegenüberliegenden Betrieb des Autohauses ist nach der augenscheinlichen Nutzung nicht erkennbar, wenngleich nach Angaben des Beigeladenenvertreters das Grundstück im Eigentum des Besitzers des Autohauses steht. Nach Angaben des Beklagtenvertreters werde eine möglicherweise baurechtswidrige Nutzung zur Ablagerung von Abfällen von Seiten des Beklagten aufgegriffen. Abgesehen von einer Fahrschule auf dem Grundstück ... und dem auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung ... gelegenen Autohaus nebst Kfz-Werkstatt finden sich in der maßgeblichen näheren Umgebung ausschließlich Wohnnutzungen.

Die vorhandene und zu berücksichtigende Umgebungsbebauung stellt unter Berücksichtigung der prägenden Wirkung des gegenüberliegenden Autohauses nebst Kfz-Werkstatt kein Gebiet im Sinne der §§ 2 ff. BauNVO dar, sondern ist als stark durch Wohnnutzung geprägte Gemengelage anzusehen. Gegen die Annahme eines faktischen allgemeinen Wohngebietes gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO spricht die zumindest mitprägende Wirkung des dem Vorhabenstandort gegenüberliegenden Autohauses nebst Kfz-Werkstatt, die insoweit unter Berücksichtigung der Größe des Betriebs als ein die Wohnruhe störender Gewerbebetrieb anzusehen ist (vgl. BayVGH, B. v. 22.1.2013 - 15 CS 12.2005 - juris, Rn. 20; OVG Berlin, U. v. 15.8.2003 - 2 B 18/01 -, NVwZ-RR 2004, 556). Dies und auch die fehlende gleichgewichtige Durchmischung von Gewerbe- und Wohnnutzung spricht auch gegen die Annahme eines faktischen Mischgebiets gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO. Da nach Auffassung des Gerichts somit von einer stark durch Wohnnutzung geprägten Gemengelage auszugehen ist, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB.

§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB knüpft die Zulässigkeit an Voraussetzungen, die sich an der vorhandenen Umgebungsbebauung zu orientieren haben. Die Vorschrift ist somit keine Garantie dafür, dass die Eigenart des Gebiets auf Dauer unangetastet bleibt und bietet keine Handhabe, überkommene Strukturen zu perpetuieren. Das Erfordernis des Einfügens hindert somit zwar nicht schlechthin daran, eine bislang nicht vorkommende bauliche Nutzung zu verwirklichen. Es hindert jedoch daran, den vorgegebenen Rahmen in einer Weise zu überschreiten, die - sei es schon selbst oder sei es infolge der Vorbildwirkung - geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche und erst noch ausgleichsbedürftige Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen (vgl. BayVGH, B. v. 17.6.2016 - 9 ZB 14.1092 - juris, Rn. 8; U. v. 6.2.2009 - 2 B 08.2714 - juris, Rn. 15). Nach diesen Maßstäben ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die in der maßgeblichen Umgebung überwiegend vorhandene, kleinräumige Wohnbebauung zusätzlich zu den bereits bestehenden immissionsrechtlichen Störwirkungen des Autohauses nebst Kfz-Werkstatt durch Zulassung des streitgegenständlichen Vorhabens darüber hinaus optischen Störwirkungen ausgesetzt wäre. Das Vorhabengrundstück ist sowohl in nördlicher als auch in westlicher Richtung eingerahmt von Wohnbebauung. Darüber hinaus würde die Zulassung des Vorhabens - nach den Angaben des Beigeladenenvertreters das erste dieser Art in der dörflich geprägten Gemeinde - geeignet sein, aufgrund seiner negativen Vorbildwirkung bodenrechtlich beachtliche und ausgleichsbedürftige Spannungen zu erzeugen oder zu erhöhen. Der Annahme einer Störwirkung auf die umgebende Wohnbebauung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass das streitgegenständliche Vorhaben mit der Ansichtsfläche der Werbeanlage nach Osten gerichtet ist.

Die Zulassung einer neuartigen gewerblichen Nutzung mit erheblichem, zumindest optischem Störpotential für die umgebende Wohnbebauung würde somit vorliegend bodenrechtliche Spannungen sowie eine negative Vorbildwirkung begründen, so dass sich das streitgegenständliche Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die als Gemengelage mit starken Wohnanteilen zu qualifizierende Umgebungsbebauung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einfügt.

2. Darüber hinaus fügt sich das streitgegenständliche Vorhaben, das unmittelbar an der Grundstücksgrenze straßenseitig verwirklicht werden soll, auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht in die maßgebliche Umgebungsbebauung, insbesondere hinsichtlich der in ihr festzustellenden faktischen Baugrenze ein (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB i. V. m. § 23 BauNVO). In wertender Betrachtung der maßstabsbildenden Straßenfront bleibt vorliegend die Bebauung mit Hauptgebäuden durchgehend einige Meter vom Straßengrundstück zurück. Die Zulassung einer grenzständischen Errichtung der streitgegenständlichen Werbeanlage würde damit die Realisierung eines bislang vorbildlosen Vorhabens bedeuten und möglicherweise einen Ansatz für nachfolgende vergleichbare Bauwünsche bieten.

Für den Planbereich enthält § 23 BauNVO Regelungen zur überbaubaren Grundstücksfläche. So darf nach § 23 Abs. 3 BauNVO eine festgesetzte Baugrenze durch bauliche Anlagen nicht überschritten werden. Nach der Rechtsprechung dürfen nicht nur Gebäude und Gebäudeteile, sondern auch alle anderen baulichen Anlagen, mithin auch Werbeanlagen, eine Baugrenze nach § 23 Abs. 3 BauNVO nicht überschreiten (vgl. BVerwG, U. v. 7.6.2001 - 4 C 1.01 - ZfBR 2001, 558).

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass zur Konkretisierung der Einfügungsanforderungen des § 34 BauGB bezüglich überbaubarer Grundstücksflächen auf § 23 BauNVO zurückgegriffen werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris; U. v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris, Rn. 13). Der für das Einfügensmerkmal der überbaubaren Grundstücksfläche maßgebliche Bereich der „näheren Umgebung“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist in der Regel enger zu begrenzen als etwa bei dem Merkmal der Art der baulichen Nutzung (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris, Rn. 18). Als demnach maßgebliche Umgebung ist vorliegend insbesondere das benachbarte Grundstück Fl. Nr. ..., dessen Wohngebäude zumindest einen Abstand von mehreren Metern zur Grundstücksgrenze hin aufweist, sowie die Grundstücke Fl. Nrn. ... und ... der Gemarkung ... anzusehen, deren Wohngebäude einen noch weitergehenden vorgelagerten unbebauten Bereich aufweisen. Die in diesem Bereich vorgefundene städtebauliche Situation ist somit geprägt durch das Vorhandensein eines Grünstreifens zwischen der Bebauung und der Straße, ohne dass es darauf ankommt, ob dieser von Bebauung freigehaltene Bereich jeweils gleich breit ist (vgl. BayVGH, B. v. 6.2.2006 - 26 ZB 05.1470 - juris; U. v. 7.7.2004 - 26 B 03.2798 - juris). Trotz unterschiedlicher Breiten erscheinen die relevanten Nachbargrundstücke hinsichtlich ihrer überbauten Grundstücksflächen klar abgegrenzt von den zur Straße hin vorgelagerten unbebauten Flächen. Die grenzständig zu errichtende geplante Werbeanlage als gewerbliche Hauptnutzung überschreitet somit eindeutig den hinsichtlich des Merkmals „überbaute Grundstücksfläche“ in der näheren Umgebung vorhandenen Rahmen. Eine ausnahmsweise Zulässigkeit dieses rahmenüberschreitenden Vorhabens kommt aufgrund der zu befürchtenden negativen Vorbildwirkung und der damit einhergehenden städtebaulichen Spannungen nicht in Betracht (vgl. BayVGH, U. v. 11.11.2014, a. a. O.).

3. Darüber hinaus widerspricht das in einem Abstand von 15 m zum Bahnübergang zu errichtende Vorhaben aufgrund der damit einhergehenden Gefährdung des Straßenverkehrs bzw. der Beeinträchtigung des ungestörten Verkehrsablaufs dem im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO zu prüfenden straßenrechtlichen Anbauverbot nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, Art. 23 Abs. 2 Satz 2 BayStrWG.

Nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG darf das Einvernehmen zur Errichtung baulicher Anlagen im Erschließungsbereich von Staatsstraßen nur verweigert werden, soweit dies für die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs, besonders wegen der Sichtverhältnisse, Verkehrsgefährdung, Bebauungsabsichten und Straßenbaugestaltung erforderlich ist. In Abgrenzung zur bauordnungsrechtlichen Verkehrsgefährdung nach Art. 14 Abs. 2 BayBO geht das straßenrechtliche Anbauverbot nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über das Ziel hinaus, eine im Einzelfall bestehende gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Es komme nicht allein darauf an, ob Gefahren oder Schäden für die Verkehrsteilnehmer eintreten könnten; geschützt werden solle auch ein normaler Verkehrsablauf, ohne dass die Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen bestehen müsse (vgl. BayVGH, B. v. 25.10.2011 - 15 ZB 10.2590 - juris, Rn. 3 zu § 9 FStrG).

Nach diesen Maßstäben ist die streitgegenständliche Werbeanlage, die dem von Osten herannahenden Verkehrsteilnehmer gleichzeitig mit den Warnzeichen des Bahnübergangs in das Blickfeld gerät, aufgrund ihrer Ablenkungswirkung geeignet, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, insbesondere einen ungehinderten Verkehrsablauf, zu beeinträchtigen. Dass Bahnübergänge vom Gesetzgeber als besonders gefährlich angesehen werden, zeigt sich darin, dass vor Bahnübergängen zunächst in einiger Entfernung das besondere Gefahrenzeichen 151 (Bahnübergang, § 40 Abs. 7 StVO) aufzustellen ist, das zu erhöhter Aufmerksamkeit im Hinblick auf die mit Bahnkreuzungen einhergehende Gefahrensituation mahnen soll. An Bahnübergängen mit Andreaskreuz (Zeichen 201) haben Schienenfahrzeuge regelmäßig Vorrang vor dem Straßenverkehr. Eine bunte und auffällige Werbeanlage, die sich direkt hinter dem Bahnübergang auch beim Nähern des Bahnübergangs in das Blickfeld gleichzeitig mit dem Andreaskreuz schiebt, trägt dazu bei, die Aufmerksamkeit des Kraftfahrers abzulenken. Eine auffallende Werbeanlage, die unmittelbar straßenseitig und frontal zur Fahrbahn in einem Abstand von 15 m zum Bahnübergang errichtet werden soll, ist geeignet, die Aufmerksamkeit der Kraftfahrer abzulenken und zu einer Gefahrensituation im Kreuzungsbereich mit dem Schienenverkehr beizutragen (vgl. VG München, U. v. 9.10.2014 - M 11 K 13.5300 - juris, Rn. 21). Auch wenn mit Rücksicht auf die Fülle der Eindrücke im städtischen Straßenverkehr Werbeanlagen in der Regel keine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit im Sinne einer verkehrsgefährdenden Ablenkung ausüben mögen, sind sie in einer Verkehrssituation, in der die Verkehrsteilnehmer besonders gefordert sind und die mit einer generellen Gefährlichkeit einhergeht, bei einer entsprechenden Beeinträchtigung als unzulässig anzusehen (vgl. VG Ansbach, U. v. 12.7.2006 - AN 9 K 05.01969 - juris, Rn. 21).

Die streitgegenständliche Werbeanlage, die grenzständig und unmittelbar am Straßenrand in einer Entfernung von 15 m hinter dem Bahnübergang errichtet werden soll und durch die frontale Ausrichtung vor Überqueren des Bahnübergangs sich in das Blickfeld der Verkehrsteilnehmer drängt, ist nach Auffassung des Gerichts geeignet, die generell am Bahnübergang bestehende Gefahrensituation zu verschärfen. Die Voraussetzungen zur Verweigerung des Einvernehmens nach Art. 24 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG lagen somit vor.

4. Offenbleiben kann darüber hinaus, ob die streitgegenständliche Werbeanlage, wie von dem Beklagten geltend gemacht, auch zu einer Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes nach Art. 8 Satz 2 BayBO führt. Unter Berücksichtigung der kleinräumigen Umgebungsbebauung um den Vorhabenstandort spricht vieles dafür, dass das trotz des Vorhandenseins des Autohauses gegebene ruhige und ländliche Straßenbild insoweit verunstaltet würde, als eine großflächige Werbetafel vom Durchschnittsbetrachter als Fremdkörper und damit als grob unangemessen empfunden würde (vgl. VGH BW, U. v. 26.7.2016 - 3 S 1241/15 - juris, Rn. 24).

Das streitgegenständliche Vorhaben erweist sich somit als nicht genehmigungsfähig, so dass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.