Verwaltungsgericht München Beschluss, 22. Juli 2014 - 22 E 14.3151

bei uns veröffentlicht am22.07.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin eine Ausnahme nach § 4 Abs. 1 PlakatVO für das Anbringen von 20 Plakaten im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zur Information über die Veranstaltung „StopWatchingUs - Demonstration - NSA Abhöraffäre“ am 26. Juli 2014 in ... zu gestatten.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 15. Juli 2014 bei der Antragsgegnerin die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 Abs. 1 der Verordnung über öffentliche Anschläge in der Stadt... (Plakatierungsverordnung - PlakatVO - ) vom 20. Dezember 2013 (ABl. Nr. 32 S. 322) für die Anbringung von 20 Plakaten anlässlich einer Demonstration. Mit den Plakaten soll auf die Veranstaltung „StopWatchingUs - Demonstration - NSA Abhöraffäre“ hingewiesen werden, die am 26. Juli 2014 am ... in ... mit anschließendem Demonstrationszug zur ... stattfinden soll und die von verschiedenen politischen Parteien und sonstigen Organisationen organisiert wird. Die Antragstellerin ist im Rahmen der Vorbereitung der Veranstaltung für die Plakatierung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin verantwortlich. Die Demonstration ist Bestandteil eines bundesweiten Aktionstages, an dem die Initiative „StopWatchingUs“ von der Bundesregierung eine lückenlose Aufklärung und juristische Aufarbeitung der sogenannten NSA-Abhöraffäre sowie eine Gesetzesreform fordert, die die Grundrechte der Bürger vor dem Zugriff inländischer und ausländischer Dienste schützen soll.

Die Antragsgegnerin verwies die Antragstellerin mit E-Mail vom 16. Juli 2014 auf die Möglichkeit, bei der Firma ... GmbH, der nach einem Konzessionsvertrag ein exklusives Werberecht zustehe, Plakatflächen gegen Gebühr anzumieten. Nachdem die Firma ... mitteilte, dass die Plakatflächen in ... für Juli 2014 schon vergeben seien, bat die Antragstellerin um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung ab. Aufgrund der Vielzahl möglicher vergleichbarer Veranstaltungen würde das Orts- und Landschaftsbild im Stadtgebiet ... durch übermäßige Plakatierung nicht nur unwesentlich beeinträchtigt. Durch die Bezugsfallwirkung würde die Zulassung der Zielsetzung der Plakatverordnung zuwider laufen. Durch die Firma ... bestehe ausreichend Ersatzangebot über die vorhandenen genehmigten Plakatanschlagmöglichkeiten. Die Versagung entspreche auch einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, da es sich bei der geplanten Demonstration nicht um einen Einzelfall als besonderes Ereignis handele. Demonstrationen seien im Stadtgebiet an der Tagesordnung. Aufgrund des großen räumlichen Abstands des Demonstrationsortes zum Stadtgebiet ... und des bislang relativ geringen Interesses an vorausgehenden Demonstrationen zum selben Thema in größeren Städten könne auch die verfassungsrechtlich garantierte Sonderstellung der Parteien nicht zu einer anderen Beurteilung der Ermessensentscheidung führen.

Am 21. Juli 2014 beantragte die Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Bayerischen Verwaltungsgericht München:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Plakatierung zur Teilnahme an der Demonstration „StopWatchingUs“ am 26. Juli 2014 in ... durch die Antragstellerin für 20 Plakate auf dem Gebiet Antragsgegnerin zu genehmigen.

Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass die Demonstration angesichts des bundesweiten Aktionstages sowie der Tragweite des Demonstrationsgrundes und des massiven Grundrechtseingriffs als ein besonderes Ereignis zu bewerten sei. Der Handlungsspielraum der Antragsgegnerin sei auf Null reduziert, da sie mit der Begründung der Bezugsfallwirkung grundsätzlich keine Plakatierung für Demonstrationen zulassen könne. Die Wahrung des Grundrechts der Versammlungsfreiheit setze voraus, dass eine Versammlung mit den üblichen Mitteln beworben werden dürfe. Bei der Abwägung sei der Grundrechtseingriff höher zu bewerten als das Interesse der Antragsgegnerin, das Stadtbild nicht zu überfordern. Das Recht und die Pflicht der Parteien an der politischen Willensbildung mitzuwirken sei beeinträchtigt. Indem die Antragsgegnerin darüber befinde, ob ein Thema für ...s Bürger politisch relevant sei und zahlreiche Anhänger finde, liege ein Verstoß gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Wegen des zeitlich langen Vorlaufs und der Kosten bestehe auch keine Ersatzmöglichkeit der Plakatwerbung über die Firma ....

Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 21. Juli 2014,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung trug die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, der Bescheid, auf dessen Begründung verwiesen werde, sei zu Recht ergangen. Die Antragstellerin habe keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der beantragten Ausnahmegenehmigung. Die PlakatVO sei im vorgeschriebenen Verfahren unter Beachtung der verfassungsmäßigen Vorgaben und gesetzlichen Vorschriften zustande gekommen und beachte die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage des Art. 28 Abs. 1 LStVG. Grundsätzlich bestehe insbesondere mit den von der ... GmbH auf Grundlage eines Konzessionsvertrages verwalteten Anschlags-möglichkeiten ein ausreichendes Angebot an Plakatierungsmöglichkeiten. Davon könne die Antragstellerin Gebrauch machen. Eine Ausnahme nach § 4 Abs. 1 PlakatVO sei nur in sehr engen Grenzen möglich. Bei der Ermessensentscheidung seien die verfassungsrechtlich geschützten Positionen der Parteien und das Recht der freien Meinungsäußerung sowie der Versammlungsfreiheit berücksichtigt worden. Die Berechtigung zur Durchführung der Veranstaltung werde nicht in Frage gestellt, könne aber nicht dazu führen, dass landauf und landab Verunstaltungen des Straßenbildes hingenommen werden müssten. Anerkannt werde, dass der Kostenaufwand auch in der Bewerbung zu einer Einschränkung der Demonstrationsrechtsausübung führen könne. Nicht nachvollziehbar sei aber, dass der geltend gemachte Rechtsanspruch nach Auffassung der Antragstellerin in Bezug auf die Bewerbung unbegrenzt bzw. uneingeschränkt sein soll. Die Veranstaltung finde im ca. 8 km entfernten ... - ... statt. Ein Antragsinteresse werde daher nicht erkannt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie den vorgelegten Auszug aus der Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist zulässig und begründet.

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Das Gericht kann im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 VwGO grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte, es sei denn, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist. Das ist dann anzunehmen, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, da ihr Begehren im Hinblick auf den bevorstehenden Termin der Veranstaltung am 26. Juli 2014 eilbedürftig ist. Auch die oben beschriebenen Voraussetzungen für eine ausnahmsweise zulässige Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung sind gegeben, da vor der Veranstaltung Rechtsschutz im Wege des Hauptsacheverfahrens nicht zu erlangen ist.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Ablehnung des Antrags ist rechtswidrig. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Gestattung der beantragten Ausnahme. Das der Antragsgegnerin nach § 4 Abs. 1 PlakatVO zustehende Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert.

Nach Art. 28 Abs. 1 LStVG können die Gemeinden zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes oder eines Natur-, Kunst- oder Kulturdenkmals durch Verordnung Anschläge, insbesondere Plakate, in der Öffentlichkeit auf bestimmte Flächen beschränken. Art. 28 Abs. 1 LStVG bezieht sich auf Anschläge, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und die nicht ortsfest angebracht sind. Die Gemeinden sollen dadurch die Möglichkeit erhalten, ihr Ortsbild als die durch die örtliche Bebauung geprägte Ansicht eines Ortes bzw. Ortsteiles (vgl. Art. 11 Abs. 2 BayBO) nicht durch unkontrollierte Anschläge („wildes Plakatieren“) beeinträchtigen zu lassen.

Die Verordnung über öffentliche Anschläge der Antragsgegnerin vom 20. Dezember 2013 (PlakatVO) hält sich im Rahmen der Ermächtigung des Art. 28 Abs. 1 LStVG, indem sie das Anbringen von Anschlägen in der Öffentlichkeit u. a. zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes auf bestimmte von der Antragsgegnerin oder mit ihrer Genehmigung zu diesem Zweck aufgestellte Anschlagflächen beschränkt (§ 1 Abs. 1 PlakatVO) und von dieser Vorgabe Befreiungen (§ 2 PlakatVO) sowie Ausnahmen (§ 4 PlakatVO) vorsieht.

Nach § 4 Abs. 1 PlakatVO kann die Antragsgegnerin anlässlich besonderer Ereignisse im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen von den Vorschriften des § 1 Abs. 1 PlakatVO gestatten, wenn dadurch u. a. das Orts- und Landschaftsbild nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird und die Gewähr besteht, dass die Anschläge innerhalb einer festgesetzten Frist beseitigt werden.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ausnahmevorschrift sind vorliegend erfüllt und es sind des Weiteren auch keine Umstände ersichtlich, die eine Versagung der Ausnahme nach Ermessen rechtfertigen könnten.

Bei der geplanten Demonstration handelt es sich um ein besonderes Ereignis im Sinne des § 4 Abs. 1 PlakatVO. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift, mit Rücksicht auf das Ortsbild Ausnahmen vom grundsätzlichen Plakatierungsverbot außerhalb dafür bestimmter Flächen nur in beschränktem Umfang zuzulassen, geht es bei der Auslegung des Begriffs „besonderes Ereignis“ vor allem um eine Abgrenzung von alltäglichen oder regelmäßig wiederkehrenden Ereignissen, die durch ihre Vielzahl und wenig herausgehobene Bedeutung zu dem im Stadtgebiet der Antragsgegnerin Üblichen gehören. Demonstrationen werden auch in einer größeren Stadt weniger zum Alltäglichen gehören wie z. B. Flohmärkte oder lokale kulturelle Veranstaltungen. Die Demonstration, für die mit den Plakaten geworben werden soll, ist darüber hinaus Teil eines bundesweiten Aktionstages und damit auch von überregionaler Bedeutung. Die Ankündigung von Rednern verschiedener Parteien und die Aktualität des Themas der Veranstaltung sprechen ebenfalls dafür, dass die Veranstaltung den Rahmen des Alltäglichen übersteigt. Dass die Veranstaltung selbst nicht im Stadtgebiet stattfindet, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

Nach Auffassung der Kammer hat die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung geschützte Grundrechtspositionen der Antragstellerin nicht angemessen berücksichtigt und hat auch von daher zu Unrecht das Vorliegen eines besonderen Ereignisses verneint. In Betracht kommen hier das Recht, durch Plakatieren für eine Versammlung zu werben (Versammlungsfreiheit Art. 8 GG), das Recht der politischen Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes teilzuhaben (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG) sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Die Antragsgegnerin hat nicht hinreichend beachtet, dass die Werbung für eine politisch motivierte Demonstration (politische Werbung) anders zu bewerten ist als z. B. Werbung für gewerbliche oder kulturelle Veranstaltungen.

Liegt demnach ein besonderes Ereignis im Sinne des § 4 Abs. 1 PlakatVO vor, so steht die Gestattung einer Ausnahme im Ermessen der Antragsgegnerin. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sind die genannten Grundrechtspositionen hinreichend zu berücksichtigen und mit den Belangen des Orts- und Landsschaftsbild abzuwägen und in ein ausgewogenes Verhältnis zu setzen.

Auch die Frage, ob die Antragstellerin eine anderweitige Möglichkeit hat, ihren Plakatierungswunsch umzusetzen, ist ein zu berücksichtigender Belang. Zwar wird man im Grundsatz davon auszugehen haben, dass sich auch ein Antragsteller, der für eine Demonstration mit Plakatwerbung aufmerksam machen will, auf die Möglichkeit der Nutzung dafür vorgesehener Anschlagflächen verweisen lassen muss, wenn diese in ausreichender Anzahl und zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung stehen. Der Hinweis der Antragsgegnerin, die Antragstellerin habe die Möglichkeit, die von der Firma ... verwalteten Anschlagsflächen zu nutzen, ist hier aber unbehelflich, da diese Alternative - wie die Antragstellerin glaubhaft gemacht hat - rein tatsächlich nicht zur Verfügung steht. Nach Auskunft der Firma ... sind die Flächen für den Monat Juli bereits ausgebucht. Um eine Plakatwerbung für die Veranstaltung zu betreiben, verbleibt der Antragstellerin, soweit es um das Gebiet der Antragsgegnerin geht, mithin nur die Möglichkeit, die Plakate auf Flächen aufzustellen, für die es einer Ausnahmegestattung nach § 4 Abs. 1 PlakatVO bedarf.

Weiter ist hier auch nichts dafür ersichtlich, dass wegen der überschaubaren Anzahl an Plakaten, die aufgestellt werden sollen und des kurzen Aufstellungszeitraums mit einer relevanten Beeinträchtigung des Ortsbildes zu rechnen wäre, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass es die Antragsgegnerin in der Hand hat, auf die Bestimmung der konkreten Standorte Einfluss zu nehmen. Soweit die Antragsgegnerin die Ablehnung darauf stützt, es gehe eine erhebliche Bezugsfallwirkung von einer Ausnahmegenehmigung aus, da mit einer Vielzahl von vergleichbaren Veranstaltungen zu rechnen sei, so dass das Ortsbild wesentlich beeinträchtigt werde, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob tatsächlich mit einer Vielzahl gleichartiger Fälle zu rechnen ist. Zum anderen kann der Gefahr einer Beeinträchtigung des Ortsbildes durch eine Vielzahl von derartigen Veranstaltung dadurch entgegengewirkt werden, dass die Anzahl der bewilligten Plakate sowie deren Verweildauer im Stadtbild entsprechend begrenzt wird.

Auch im Hinblick darauf, dass die beworbene Demonstration im ca. 8 km entfernten ... stattfindet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, eine Unterscheidung allein nach dem Ort der beworbenen Veranstaltung kein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal ist (VGH Mannheim vom 19.1.2006 NVwZ-RR 2006, 835; VG Sigmaringen vom 18.11.2004 Az. 8 K 2111/02, VG München B. v. 31.10.2008 - Az. M 22 E 08.5336). Die für auswärtige Veranstaltungen werbenden Plakate wirken auf das Straßen- und Ortsbild nicht anders ein als Plakate für örtliche Veranstaltungen (VGH Mannheim a. a. O., s. auch Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Stand Juli 2013, Art. 28 Rn. 37)

Ebenfalls nicht sachgerecht ist die Argumentation der Antragsgegnerin, die Veranstaltung stoße in der Öffentlichkeit auf lediglich geringes Interesse. Der Grundrechtschutz besteht unabhängig davon, wie ausgeprägt das Interesse ist, das dem politischen Thema entgegengebracht wird und ob die Veranstaltung aus Sicht der Gemeinde erwünscht ist oder nicht.

Im Hinblick auf die grundrechtlichen Vorgaben - zu beachten ist insbesondere, dass die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG auch das Recht auf Werbung für die Versammlung mitumfasst (vgl. VG Wiesbaden, B. v. 20.3.2009 - Az. 7 L 269/09 - juris) -, ist es danach geboten, bei einer solchen Fallgestaltung von einer Reduzierung des Gestattungsermessens auszugehen. Da die von der Antragsgegnerin herangezogenen Gesichtspunkte eine Ablehnung des Antrags nicht rechtfertigen können und sonstige Umstände, die die Ablehnung rechtfertigen könnten, nicht erkennbar sind, war die Antragsgegnerin zur Erteilung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 1 PlakatVO für das Anbringen von 20 Plakaten zu verpflichten.

Zur Klarstellung sei angemerkt, dass die einstweilige Anordnung ausschließlich die Zulassung einer Ausnahme nach § 4 Abs. 1 PlakatVO betrifft und nicht etwa auch ggf. weiter erforderliche Sondernutzungserlaubnisse nach Straßenrecht, wobei die Kammer aber davon ausgeht, dass deren zeitnaher Erlass mit der Umsetzung der einstweiligen Anordnung unschwer möglich sein dürfte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Da der Eilantrag auf die Vorwegnahme der Hauptsache abzielt, erscheint es sachgerecht, für das Anordnungsverfahren den vollen Regelstreitwert in Ansatz zu bringen.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

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(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 18. Nov. 2004 - 8 K 2111/02

bei uns veröffentlicht am 18.11.2004

Tenor Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2002 rechtswidrig war. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Die Klägerin erstrebt die Feststellung, dass die Ablehnung einer straß

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2002 rechtswidrig war.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin erstrebt die Feststellung, dass die Ablehnung einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zur Plakatierung rechtswidrig war.
Mit Schreiben vom 17.07.2002 beantragte sie bei der Stadt Tübingen die Genehmigung zur Aufstellung von Plakattafeln im Stadtgebiet, mit denen für die Veranstaltung "R. am See, Open Air in K." am 31.08.2002 geworben werden sollte.
Hierauf teilte die Beklagte der Klägerin mit einem nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Schreiben vom 18.07.2002 mit, die beantragte Erlaubnis könne nicht erteilt werden. In Tübingen bestehe auch oder gerade wegen der Universität eine sehr große Nachfrage nach Werbeplakaten aller Art. Für die Teilorte gelte dasselbe. Deshalb habe man schon vor Jahren dazu übergehen müssen, nur noch Werbeplakatierungen für in Tübingen stattfindende Veranstaltungen zuzulassen. Diese seit Jahren geübte Verwaltungspraxis habe zwischenzeitlich der Gemeinderat in entsprechenden Richtlinien beschlossen. Nur so sei es möglich, das Plakatieren in Tübingen einigermaßen im Zumutbaren zu halten. In der Vergangenheit seien bereits entsprechende Anträge anderer Veranstalter abgelehnt worden.
Am 15.08.2002 legte die Klägerin gegen den "Ablehnungsbescheid vom 18.07.2002" Widerspruch ein, da sie diesen für ermessensfehlerhaft halte. Die von der Beklagten angesprochenen Richtlinien könnten eine Ermessensentscheidung im Einzelfall nicht ersetzen. Soweit sich die Beklagte "im Schreiben vom 18.07.2002" allein auf die Richtlinie vom 23.03.1992 i. d. F. vom 01.04.1996 beziehe, sei die Entscheidung daher ermessensfehlerhaft.
Am 07.09.2002 teilte die Klägerin der Beklagten mit, nach Durchführung der Veranstaltung am 31.08.2002 sei Erledigung eingetreten. Weil auch für die im nächsten Jahr erneut geplante Veranstaltung "R. am See" dieselbe Vorgehensweise der Beklagten zu befürchten sei, werde um Mitteilung bis 20.9.2002 gebeten, wie in Zukunft mit Plakatierungsanträgen verfahren werde. Nach Ablauf der Frist sei beabsichtigt, Fortsetzungsfeststellungsklage heben.
Mit Schreiben vom 02.10.2002 teilte die Beklagte der Klägerin mit, es sei beabsichtigt,  über einen entsprechenden Plakatierungsantrag im Rahmen der Ermessensausübung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG anhand der vom Gemeinderat festgelegten Grundsätze unter Beachtung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens zu entscheiden. Insoweit werde das dem Antragsteller zustehende Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung uneingeschränkt akzeptiert und umgesetzt.
Am 17.10.2002 hat die Klägerin Klage erhoben. An der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ablehnung ihres Antrags bestehe ein berechtigtes Interesse, weil auch in den nächsten Jahren beabsichtigt sei, die Veranstaltung "R. am See" in K. durchzuführen. Bei der Ablehnung handle es sich um einen Verwaltungsakt, nachdem ihr ein bearbeitungsfähiger, hinreichend konkretisierter Antrag zu Grunde liege. Die Beklagte habe nicht erkennen lassen, dass sie die bisherige Verwaltungspraxis ändern werde. Es sei deshalb zu befürchten, dass auch bei einem künftigen Antrag eine Ablehnung erfolgen würde. Für das "S. Festival", ebenfalls eine überregionale Veranstaltung, sei jetzt mitgeteilt worden, dass ein entsprechender Antrag ebenfalls abgelehnt werden solle, sodass sich die Wiederholungsgefahr konkretisiert habe. Die Veranstaltung "R. am See" habe am 31.07.2002 (richtig wohl 31.08.2002) mit überregionaler Bedeutung und 25.000 Besuchern stattgefunden. In der Richtlinie der Beklagten über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auf öffentlichen Verkehrsflächen i. d. F. vom 01.04.1996 sei eine Ausnahmeregelung für Veranstaltungen mit überregionaler Bedeutung nicht enthalten. Lediglich die Anzahl der genehmigten Plakate sei in das Ermessen der genehmigenden Behörde gestellt. Obwohl nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen und des VGH Baden-Württemberg eine Regelung für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen durch allgemeine Richtlinien durch den Gemeinderat erfolgen könne, sei das der Beklagten eröffnete Ermessen entsprechend dem Zweck der straßenrechtlichen Vorschriften unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebotes, auszuüben. Dieses Gebot sei vorliegend verletzt. Der Ausschluss aller Plakatierungsanträge für Veranstaltungen außerhalb Tübingens sei unverhältnismäßig. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Beklagte eine mengenmäßige Reduzierung der Plakatierung im Hinblick auf die Belange der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wünsche. Soweit die Beklagte nur gestalterische Belange verfolge, könne dies nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die Ablehnung der Sondernutzungserlaubnis grundsätzlich nicht rechtfertigen. Gleichfalls sei nicht erkennbar, dass der Gemeinderat ein hier für erforderliches Konzept verfolge, welches alle Belange gerecht untereinander abwäge und zu einem gerechten Ausgleich bringe. Das Einzelfallermessen könne nicht rechtskonform ausgeübt werden, solange die Beklagte ihr Ermessen anhand der Richtlinie des Gemeinderates, die ein "verallgemeinertes, vorweggenommenes Ermessen" darstelle, ausübe. Soweit die Richtlinie eine Plakatierung für auswärtige Veranstaltungen unter Missachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausschließe, sei sie rechtswidrig. Für die Beklagte sei es ohne weiteres möglich, bestimmte Obergrenzen für Plakate festzulegen und im Hinblick auf das Kontingent bestimmte Veranstaltungen unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu bevorzugen. Die von der Beklagten dargelegten weiteren Werbemöglichkeiten beträfen nicht den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens, zumal diese teilweise um ein Vielfaches teurer als eine Sondernutzungserlaubnis seien.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 18.07.2002 rechtswidrig war.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Die Beklagte hält die Klage für unzulässig. Es fehle am Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Der Antrag der Klägerin habe bereits deswegen nicht positiv beschieden werden können, weil die Sondernutzungserlaubnis nicht für einen bestimmten Ort beantragt worden, der Antrag also unbestimmt gewesen sei. Die Konkretisierung des Antrags auf den Ort der Sondernutzung sei erforderlich, um prüfen zu können, ob die Plakatierung z. B. die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtige. Deswegen sei das Schreiben vom 18.07.2002 nicht als Verwaltungsakt, sondern als formlose Mitteilung zu verstehen, dass eine Sondernutzungserlaubnis nicht möglich sei. Lediglich der Vollständigkeit halber sei auf die Richtlinien verwiesen worden. Das fehlende Feststellungsinteresse folge auch daraus, dass keine Wiederholungsgefahr gegeben sei. Vielmehr habe die Beklagte zugesichert, dass jeder Einzelfall, der zukünftig von der Klägerin vorgelegt werde, geprüft und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften entschieden werde. Lediglich hilfsweise werde ergänzend zu den Richtlinien der Beklagten zu § 16 Abs. 2 StrG Stellung genommen. Entsprechend dem Zweck des Satzes 1 der Vorschrift seien in erster Linie spezifisch straßenrechtliche Erwägungen, hier vor allem die Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs, zu berücksichtigen. Dabei könnten nach der gefestigten Rechtsprechung alle wegerechtlich relevanten Belange, die einen Bezug zur Nutzung und zum Bestand der Straße aufwiesen, in die Erwägung eingestellt werden. Neben straßenbezogenen Belangen seien auch die Belange des Straßenverkehrs und der Schutz des Orts - und Straßenbilds ermessensrelevant. Auf Grund der erheblichen Belastung des öffentlichen Straßenraums durch Plakatierungen habe die Beklagte die beanstandeten Richtlinien beschlossen. In einer Universitätsstadt mit einem unverhältnismäßig großen kulturellen Angebot sei eine Beschränkung der Anzahl der Plakatierungen zum Schutz des Straßen - und Stadtbildes unabdingbar, da ansonsten ein Plakatwald unvertretbaren Ausmaßes entstünde. Bereits jetzt sei es bei der großen Anzahl der in Tübingen stattfindenden Veranstaltungen schwer, durch entsprechend ausgestaltete Erlaubnisse verträgliche Zustände zu gewährleisten. In den Jahren 2001 und 2002 hätten in 207 Fällen Störer angeschrieben bzw. 127 Beseitigungsverfügungen erlassen und 52 Ordnungswidrigkeitenverfahren durchgeführt werden müssen. Auch im Interesse der Verkehrssicherheit sei es erforderlich, die Anzahl der Plakate im öffentlichen Verkehrsraum zu beschränken, um Reizüberflutungen für die Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Die Richtlinie sei verhältnismäßig und geeignet, die Anzahl der Plakatierungen zu beschränken. Das wirtschaftliche Interesse der Klägerin werde nicht unzumutbar beeinträchtigt, da sie andere Möglichkeiten habe, für außerhalb des Stadtgebiets stattfindende Veranstaltungen zu werben. Ohne die Beschränkung auf ortsnahe Veranstaltungen wäre im übrigen zu befürchten, dass auf örtliche Veranstaltungen nicht in der erforderlichen Zahl hingewiesen werden könnte, da die Kapazitäten im öffentlichen Straßenraum nicht ausreichen würden. Durch den Ausschluss auswärtiger Veranstaltungen von der Plakatierung liege kein Verstoß gegen Gleichheitssatz vor. Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz verlange nicht, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Als Differenzierungsgrund komme jede vernünftige Erwägungen in Betracht. Für die unterschiedliche Behandlung von örtlichen und auswärtigen Veranstaltungen sprächen sachgerechte Gründe. Angesichts der begrenzten Kapazitäten sei im Informationsinteresse der Tübinger Bevölkerung den Veranstaltungen am Ort Vorrang zu geben. Ein Ausnahmetatbestand für auswärtige Veranstaltungen widerspräche dem weiteren Zweck der Richtlinie, die Verwaltungspraxis zu erleichtern, zumal eine Abgrenzung innerhalb eines Ausnahmetatbestands schwer praktikabel wäre. Selbst wenn in dem Schreiben vom 18.07.2002 ein Verwaltungsakt gesehen werde, sei das Recht der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nicht verletzt. Es sei anerkannt, durch allgemeine Richtlinien des Gemeinderates die Ermessenspraxis bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zu regeln. Dabei dürfe auch einer unerwünschten Häufung von Werbeanlagen und einer damit verbundenen möglichen Beeinträchtigung des Straßen- und Ortsbildes entgegengewirkt werden. Der Rechtmäßigkeit stehe nicht entgegen, dass im Schreiben vom 18.07.2002 keine Begründung einer Einzelfallentscheidung über den Verweis auf die Richtlinie hinaus und die ihr folgende Verwaltungspraxis zum Ausdruck komme. Werde das Ermessen entsprechend einer ständigen Übung oder Verwaltungsvorschrift ausgeübt, genüge der Hinweis hierauf einschließlich der Darlegung, warum der Fall von der Verwaltungsvorschrift oder Übung erfasst werden. So sei es auch hier. Das Schreiben weise auf die Richtlinie und die ihr folgende Verwaltungspraxis hin und mache deutlich, dass die Klägerin als auswärtige Veranstalterin in den Kreis derer falle, für die die Erlaubnis versagt werde.
13 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und im Übrigen auf die der Kammer vorliegenden Behördenakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO wird auf Antrag des Klägers festgestellt, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn er sich nach der Erhebung der Klage erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese Regelung ist entsprechend auf Verpflichtungsklagen und auf den Eintritt der Erledigung vor Klageerhebung anwendbar (vgl. hierzu Eyermann, VwGO, 11. Aufl. Rd.Nrn. 97 und 99 zu § 113).
15 
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Beklagte die streitige Sondernutzungserlaubnis für die Veranstaltung " R. am See, Open Air in K. " durch einen Verwaltungsakt abgelehnt hat. Dieser ist als Regelung im Sinne des § 35 LVwVfG in dem Schreiben vom 18.7.2002 enthalten. Die Erledigung trat hier dadurch ein, dass die Veranstaltung am 31.8.2002 stattgefunden hat, also vor der Erhebung der Klage beendet war. Da die Klägerin dargelegt hat, sie wolle auch zukünftig für ähnliche Veranstaltungen außerhalb Tübingens werben, hat sie ein berechtigtes Interesse für die beantragte Feststellung unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr dargelegt. Hierzu hat sie in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben der Beklagten vom 25.04.2003 zur Kenntnis gebracht, worin ihr die durch die Beklagte beabsichtigte Ablehnung der Straßenwerbung in Tübingen für das auswärts stattfindende "S. Festival" mitgeteilt wurde. Damit ist sowohl die Absicht der Klägerin dargetan, künftig in Tübingen Straßenwerbung für auswärtige Veranstaltungen durchführen zu wollen als auch das fortbestehende ablehnende Verhalten der Beklagten.
16 
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der beantragten Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 18.07.2002 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten.
17 
Rechtsgrundlage für die beantragte Genehmigung zur Aufstellung von Plakattafeln in Tübingen als über den Gemeingebrauch an den Straßen hinausgehende Benutzung (§ 16 Abs. 1 StrG) war § 16 Abs. 2 StrG. Dem Begehren der Klägerin war auch im Verwaltungsverfahren zu entnehmen, dass es ihr darum ging, eine Erlaubnis dafür zu erhalten, Plakate im Straßenraum auf der Gemarkung der Beklagten aufstellen zu dürfen. Dieses Begehren stellt sich als Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG an den dafür von der Beklagten vorgesehenen Straßen dar. Dem Einwand der Beklagten, es habe sich nicht um einen entscheidungsreifen, weil zu unbestimmten, nicht auf bestimmte Örtlichkeiten bezogenen Antrag gehalten, folgt das Gericht nicht. Dieser Gesichtspunkt war im Verwaltungsverfahren ersichtlich nicht von Bedeutung und auch aus den Darlegungen des Leiters des Ordnungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sich nicht ergeben, dass eine fehlende örtliche Eingrenzung bei der Ablehnung maßgeblich, vielmehr die Ablehnung allein von der Vorgabe der Richtlinien getragen war, eine Werbung für auswärts stattfindende Veranstaltungen nicht zuzulassen.
18 
Dem entspricht es, dass nach der strittigen Richtlinie die Erlaubnis nur für die dort genannten Straßen erteilt wird und in der konkreten Erlaubnis darüber hinaus genauere, aber nur abstrakte Regelungen zum Anbringungsort sind, dieser aber sonst nicht konkret festgelegt wird (vgl. das Muster vom 14.11.02 für eine Erlaubnis; Behördenakte, Tei „Allgemeines“).
19 
Nach § 16 Abs. 2 StrG entscheidet die Straßenbaubehörde über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG nach pflichtgemäßem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung kann vom Gericht nach § 114 VwGO nicht vollständig, sondern nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Solche Ermessensfehler liegen jedoch in der der Klägerin mit Verfügung vom 18.07.2002 mitgeteilten ablehnenden Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vor.
20 
Das der Beklagten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck dieser Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebots, auszuüben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.1999 - 5 S 2051/98 -, ESVGH 50, 143 ff; = VBlBW 2000, 281 ff; = NVwZ- RR 2000,1837ff.).
21 
Die Satzung der Beklagten über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen enthält in ihrem § 2 keine eigenständigen Regelungen zur Ermessensausübung. Vielmehr wird in § 2 Abs. 1 der Satzung auf die vom Gemeinderat erlassenen Richtlinien über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen verwiesen; die darin enthaltenen allgemeinen Vorschriften sollen für alle Sondernutzungen gelten. Eine vorweggenommene Ermessensausübung durch vom zuständigen Gemeinderat erlassenen Richtlinien ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings sind dann entweder schon alle im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG beachtlichen Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen oder aber es muss für die Verwaltung hinreichend Spielraum verbleiben, dem Einzelfall gerecht werden zu können (zu den Anforderungen an eine der Verwaltung vorgegebene Ermessensdirektive vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2001, Az: 11 LA 565/01, InfAuslR 2001, 290-292). Vorliegend entsprechen weder die von der Beklagten herangezogenen Richtlinien des Gemeinderates diesen Anforderungen noch liegt sonst eine dem Begehren der Klägerin hinreichend gerecht werdende Einzelfallentscheidung vor. Denn der generelle Ausschluss der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen in der hier streitigen Form ist unverhältnismäßig und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
22 
Unproblematisch ist es, wenn die Beklagte bei der Ermessensausübung generell die Beachtung der Belange der Sicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs vorgibt. Die Beachtung dieser Belange ist im Straßenrecht geradezu geboten. Dagegen können Überlegungen zum Schutz des Ortsbildes nur mit Einschränkungen bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen berücksichtigt werden. Städtebauliche oder baugestalterische Belange entsprechen nur dann dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Das ist etwa bei dem Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes der Fall. Belange, die wie der Schutz des Ortsbildes als Ganzes unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem jeweiligen Straßengrund haben, können die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis dagegen grundsätzlich nicht rechtfertigen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.1999, 5 S 2051/98, a.a.O.). Nach der zitierten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sich die Kammer anschließt, setzt der Schutz eines konkreten Straßenbildes zudem ein entsprechendes vom Gemeinderat erlassenes Konzept voraus. Ein solches kann durchaus in den von der Beklagten herangezogenen, vom Gemeinderat beschlossenen Richtlinien über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auf öffentlichen Verkehrsflächen vom 23. März 1992 in der Fassung vom 11. April 1996 gesehen werden. Ihnen ist u.a. zu entnehmen, dass die Straßenwerbung auf größere Straßen bzw. Durchgangsstraßen einschließlich deren Einmündungsbereiche beschränkt sein soll. An die Konkretisierung der Gestaltungsvorstellungen dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Eine positive Umschreibung des Konzepts ist nicht zwingend geboten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12. 1999 a. a. O.) Allerdings ist die in Abschnitt 2 Nr. 7 der Richtlinien enthaltene Beschränkung
23 
"Erlaubnisse werden nur erteilt
24 
- für in Tübingen stattfindende Veranstaltungen, ausnahmsweise können in den Stadtteilen Veranstaltungen von angrenzenden Gemeinden zugelassen werden, ... "
25 
unverhältnismäßig und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz.
26 
Für den gänzlichen Ausschluss der Werbung für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten kein hinreichend sachlich gebotener Grund ersichtlich. Insoweit fehlt der gebotene sachliche Bezug zur Straße oder ist jedenfalls nur mittelbar erkennbar. Die Plakate, die für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen werben, dürften nämlich schwerlich belastender für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sein noch werden sie das konkrete Ortsbild in ihrer Umgebung stärker beeinträchtigen als jene, die auf die örtliche Veranstaltungen hinweisen.
27 
Die Beklagte ist allerdings der Ansicht, dass schon bei Zulassung der Werbung für örtliche Veranstaltungen die Kapazität im Hinblick auf den Schutz von Verkehr und Ortsbild gänzlich ausgeschöpft ist. Hierzu wurde von den Beklagtenvertretern in der mündlichen Verhandlung angegeben, man könne schon bei den „Innerörtlichen“ i.d.R. nur 30 Werbeplakate erlauben, bei überörtlicher Ausstrahlung der Veranstaltung u.U. 60 Stück. Künftig werde es aber „enger“ werden, da man die Standorte - dies seien künftig nur noch bestimmte Laternenmasten an bestimmten Straßen - einzeln bezeichnet vergeben werde. Insofern werde es 238 mögliche Standorte geben.
28 
Es erscheint der Kammer gleichwohl nicht sachgerecht, dass im Jahr 2002, als unstreitig noch mehr Standorte möglich waren, da nicht nur Laternenmasten in Frage kamen, die strittige Werbung für außerörtliche Veranstaltungen völlig abgelehnt wurde. Ebenso wie die Konkurrenz bei den „Innerörtlichen“ zu einer Kontingentierung führte, erscheint eine entsprechende Regelung der Gesamtkonkurrenz, also einschließlich der „Außerörtlichen“ möglich. Die getroffene Unterscheidung allein nach dem Ort der Veranstaltung ist, auch wenn dem Kapazitätsgründe zugrunde liegen, kein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, das dem Gleichheitssatz genügt.
29 
Das Erfordernis der praktischen Handhabbarkeit bedingt nicht einen gänzlichen Ausschluss der Werbung für ortsferne Veranstaltungen. Die Zulassung eines gewissen Kontingentes von Plakaten für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen, möglicherweise zusätzlich differenziert nach Eingang des Antrags in einem bestimmten zeitlichen Fenster vor dem Termin der Veranstaltungen und möglicherweise saisonal bzw. nachfragebedingt unterschiedlich, ohne dass dadurch die Gesamtzahl der zugelassenen Werbeplakate erhöht wird, verkompliziert die Genehmigungspraxis nicht wesentlich, nachdem bereits jetzt eine durchaus differenzierte Praxis - etwa durch die permanente Berücksichtigung der Veranstaltungen des "S." oder der "Tübinger M." bei Beschränkung auf eine Höchstzahl von Werbeplakaten insgesamt besteht und nach den Ausführungen des Ordnungsamtsleiters in der mündlichen Verhandlung für die Zukunft eine noch ausdifferenziertere Regelung ins Haus steht. Auch bei der Berücksichtigung auswärts stattfindender Veranstaltungen bei der genehmigungspflichtigen Plakatwerbung im Straßenraum nach einer gewissen Quote oder Plakatzahl scheint das von der Beklagten zum Ausdruck gebrachten Ziel, den kleineren Vereinen und Veranstaltern kultureller Veranstaltungen Raum für preiswerte Straßenwerbung zu belassen, nicht unmöglich gemacht. Diese können auch künftig bevorzugt, wenngleich quotenmäßig geringfügig reduziert, berücksichtigt werden. Der von der Beklagten hervorgehobene Umstand, dass an 13 Litfasssäulen und Anschlagtafeln im Zentrum Tübingens, etwa vor dem Kulturamt oder im Durchgang inzwischen Altem Botanischen Garten und Nonnenhaus, kostenlose Plakatwerbung angebracht werden kann und dass es weitere kostenpflichtige Werbemöglichkeiten gibt, enthebt die Beklagte für die vorliegend streitige Plakatwerbung schon deswegen nicht von der Verpflichtung zur Berücksichtigung der sondernutzungserlaubnispflichtigen Werbemöglichkeiten für auswärts stattfindende Veranstaltungen, weil es sich dabei um andere, z. T. attraktivere, vor allem auch vom Kraftfahrzeugverkehr aus wahrnehmbare kostengünstige weitere Werbemöglichkeiten handelt. Dass nach den Vorstellungen der Beklagten die Tübinger Bürgerschaft ausschließlich auf in Tübingen stattfindende Veranstaltungen durch die streitige Plakatwerbung hingewiesen werden soll, rechtfertigt die bisherige Vergabepraxis der Beklagten schon deswegen nicht, weil es dafür keinen sachlichen Grund gibt. Gerade die von der Universität mit geprägte Tübinger Einwohnerschaft wird sich in hohem Maße auch für Veranstaltungen etwa im nahen Stuttgart (Daimler Stadion, Schleyerhalle, Staatsgalerie) oder Balingen (bundesweit beachtete Kunstausstellungen in der Stadthalle) interessieren. Daher erscheint insoweit eine Differenzierung möglich und geboten, zumal bislang auch von Tübinger Veranstaltern in nicht angrenzenden Gemeinden durchgeführte Veranstaltungen nicht beworben werden dürfen.
30 
Da die Beklagte unterlegen ist, hat sie die Verfahrenskosten zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
31 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

Gründe

 
14 
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO wird auf Antrag des Klägers festgestellt, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn er sich nach der Erhebung der Klage erledigt hat und der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese Regelung ist entsprechend auf Verpflichtungsklagen und auf den Eintritt der Erledigung vor Klageerhebung anwendbar (vgl. hierzu Eyermann, VwGO, 11. Aufl. Rd.Nrn. 97 und 99 zu § 113).
15 
Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass die Beklagte die streitige Sondernutzungserlaubnis für die Veranstaltung " R. am See, Open Air in K. " durch einen Verwaltungsakt abgelehnt hat. Dieser ist als Regelung im Sinne des § 35 LVwVfG in dem Schreiben vom 18.7.2002 enthalten. Die Erledigung trat hier dadurch ein, dass die Veranstaltung am 31.8.2002 stattgefunden hat, also vor der Erhebung der Klage beendet war. Da die Klägerin dargelegt hat, sie wolle auch zukünftig für ähnliche Veranstaltungen außerhalb Tübingens werben, hat sie ein berechtigtes Interesse für die beantragte Feststellung unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr dargelegt. Hierzu hat sie in der mündlichen Verhandlung ein Schreiben der Beklagten vom 25.04.2003 zur Kenntnis gebracht, worin ihr die durch die Beklagte beabsichtigte Ablehnung der Straßenwerbung in Tübingen für das auswärts stattfindende "S. Festival" mitgeteilt wurde. Damit ist sowohl die Absicht der Klägerin dargetan, künftig in Tübingen Straßenwerbung für auswärtige Veranstaltungen durchführen zu wollen als auch das fortbestehende ablehnende Verhalten der Beklagten.
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Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung der beantragten Sondernutzungserlaubnis der Beklagten vom 18.07.2002 war rechtswidrig und verletzte die Klägerin in ihren Rechten.
17 
Rechtsgrundlage für die beantragte Genehmigung zur Aufstellung von Plakattafeln in Tübingen als über den Gemeingebrauch an den Straßen hinausgehende Benutzung (§ 16 Abs. 1 StrG) war § 16 Abs. 2 StrG. Dem Begehren der Klägerin war auch im Verwaltungsverfahren zu entnehmen, dass es ihr darum ging, eine Erlaubnis dafür zu erhalten, Plakate im Straßenraum auf der Gemarkung der Beklagten aufstellen zu dürfen. Dieses Begehren stellt sich als Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG an den dafür von der Beklagten vorgesehenen Straßen dar. Dem Einwand der Beklagten, es habe sich nicht um einen entscheidungsreifen, weil zu unbestimmten, nicht auf bestimmte Örtlichkeiten bezogenen Antrag gehalten, folgt das Gericht nicht. Dieser Gesichtspunkt war im Verwaltungsverfahren ersichtlich nicht von Bedeutung und auch aus den Darlegungen des Leiters des Ordnungsamts der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sich nicht ergeben, dass eine fehlende örtliche Eingrenzung bei der Ablehnung maßgeblich, vielmehr die Ablehnung allein von der Vorgabe der Richtlinien getragen war, eine Werbung für auswärts stattfindende Veranstaltungen nicht zuzulassen.
18 
Dem entspricht es, dass nach der strittigen Richtlinie die Erlaubnis nur für die dort genannten Straßen erteilt wird und in der konkreten Erlaubnis darüber hinaus genauere, aber nur abstrakte Regelungen zum Anbringungsort sind, dieser aber sonst nicht konkret festgelegt wird (vgl. das Muster vom 14.11.02 für eine Erlaubnis; Behördenakte, Tei „Allgemeines“).
19 
Nach § 16 Abs. 2 StrG entscheidet die Straßenbaubehörde über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach § 16 Abs. 1 StrG nach pflichtgemäßem Ermessen. Diese Ermessensentscheidung kann vom Gericht nach § 114 VwGO nicht vollständig, sondern nur auf Ermessensfehler überprüft werden. Solche Ermessensfehler liegen jedoch in der der Klägerin mit Verfügung vom 18.07.2002 mitgeteilten ablehnenden Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vor.
20 
Das der Beklagten nach § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG eröffnete Ermessen ist entsprechend dem Zweck dieser Vorschrift unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere des Gleichbehandlungsgebots, auszuüben (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.1999 - 5 S 2051/98 -, ESVGH 50, 143 ff; = VBlBW 2000, 281 ff; = NVwZ- RR 2000,1837ff.).
21 
Die Satzung der Beklagten über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen enthält in ihrem § 2 keine eigenständigen Regelungen zur Ermessensausübung. Vielmehr wird in § 2 Abs. 1 der Satzung auf die vom Gemeinderat erlassenen Richtlinien über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen verwiesen; die darin enthaltenen allgemeinen Vorschriften sollen für alle Sondernutzungen gelten. Eine vorweggenommene Ermessensausübung durch vom zuständigen Gemeinderat erlassenen Richtlinien ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Allerdings sind dann entweder schon alle im Rahmen von § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG beachtlichen Gesichtspunkte angemessen zu berücksichtigen oder aber es muss für die Verwaltung hinreichend Spielraum verbleiben, dem Einzelfall gerecht werden zu können (zu den Anforderungen an eine der Verwaltung vorgegebene Ermessensdirektive vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. März 2001, Az: 11 LA 565/01, InfAuslR 2001, 290-292). Vorliegend entsprechen weder die von der Beklagten herangezogenen Richtlinien des Gemeinderates diesen Anforderungen noch liegt sonst eine dem Begehren der Klägerin hinreichend gerecht werdende Einzelfallentscheidung vor. Denn der generelle Ausschluss der Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen in der hier streitigen Form ist unverhältnismäßig und widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
22 
Unproblematisch ist es, wenn die Beklagte bei der Ermessensausübung generell die Beachtung der Belange der Sicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs vorgibt. Die Beachtung dieser Belange ist im Straßenrecht geradezu geboten. Dagegen können Überlegungen zum Schutz des Ortsbildes nur mit Einschränkungen bei der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen berücksichtigt werden. Städtebauliche oder baugestalterische Belange entsprechen nur dann dem Zweck des § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG, wenn sie einen sachlichen Bezug zur Straße haben. Das ist etwa bei dem Schutz eines bestimmten Straßen- oder Platzbildes der Fall. Belange, die wie der Schutz des Ortsbildes als Ganzes unmittelbar keine sachliche Beziehung zu dem jeweiligen Straßengrund haben, können die Ablehnung einer Sondernutzungserlaubnis dagegen grundsätzlich nicht rechtfertigen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12.1999, 5 S 2051/98, a.a.O.). Nach der zitierten Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg, der sich die Kammer anschließt, setzt der Schutz eines konkreten Straßenbildes zudem ein entsprechendes vom Gemeinderat erlassenes Konzept voraus. Ein solches kann durchaus in den von der Beklagten herangezogenen, vom Gemeinderat beschlossenen Richtlinien über die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auf öffentlichen Verkehrsflächen vom 23. März 1992 in der Fassung vom 11. April 1996 gesehen werden. Ihnen ist u.a. zu entnehmen, dass die Straßenwerbung auf größere Straßen bzw. Durchgangsstraßen einschließlich deren Einmündungsbereiche beschränkt sein soll. An die Konkretisierung der Gestaltungsvorstellungen dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Eine positive Umschreibung des Konzepts ist nicht zwingend geboten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 09.12. 1999 a. a. O.) Allerdings ist die in Abschnitt 2 Nr. 7 der Richtlinien enthaltene Beschränkung
23 
"Erlaubnisse werden nur erteilt
24 
- für in Tübingen stattfindende Veranstaltungen, ausnahmsweise können in den Stadtteilen Veranstaltungen von angrenzenden Gemeinden zugelassen werden, ... "
25 
unverhältnismäßig und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz.
26 
Für den gänzlichen Ausschluss der Werbung für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten kein hinreichend sachlich gebotener Grund ersichtlich. Insoweit fehlt der gebotene sachliche Bezug zur Straße oder ist jedenfalls nur mittelbar erkennbar. Die Plakate, die für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen werben, dürften nämlich schwerlich belastender für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sein noch werden sie das konkrete Ortsbild in ihrer Umgebung stärker beeinträchtigen als jene, die auf die örtliche Veranstaltungen hinweisen.
27 
Die Beklagte ist allerdings der Ansicht, dass schon bei Zulassung der Werbung für örtliche Veranstaltungen die Kapazität im Hinblick auf den Schutz von Verkehr und Ortsbild gänzlich ausgeschöpft ist. Hierzu wurde von den Beklagtenvertretern in der mündlichen Verhandlung angegeben, man könne schon bei den „Innerörtlichen“ i.d.R. nur 30 Werbeplakate erlauben, bei überörtlicher Ausstrahlung der Veranstaltung u.U. 60 Stück. Künftig werde es aber „enger“ werden, da man die Standorte - dies seien künftig nur noch bestimmte Laternenmasten an bestimmten Straßen - einzeln bezeichnet vergeben werde. Insofern werde es 238 mögliche Standorte geben.
28 
Es erscheint der Kammer gleichwohl nicht sachgerecht, dass im Jahr 2002, als unstreitig noch mehr Standorte möglich waren, da nicht nur Laternenmasten in Frage kamen, die strittige Werbung für außerörtliche Veranstaltungen völlig abgelehnt wurde. Ebenso wie die Konkurrenz bei den „Innerörtlichen“ zu einer Kontingentierung führte, erscheint eine entsprechende Regelung der Gesamtkonkurrenz, also einschließlich der „Außerörtlichen“ möglich. Die getroffene Unterscheidung allein nach dem Ort der Veranstaltung ist, auch wenn dem Kapazitätsgründe zugrunde liegen, kein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, das dem Gleichheitssatz genügt.
29 
Das Erfordernis der praktischen Handhabbarkeit bedingt nicht einen gänzlichen Ausschluss der Werbung für ortsferne Veranstaltungen. Die Zulassung eines gewissen Kontingentes von Plakaten für außerhalb Tübingens stattfindende Veranstaltungen, möglicherweise zusätzlich differenziert nach Eingang des Antrags in einem bestimmten zeitlichen Fenster vor dem Termin der Veranstaltungen und möglicherweise saisonal bzw. nachfragebedingt unterschiedlich, ohne dass dadurch die Gesamtzahl der zugelassenen Werbeplakate erhöht wird, verkompliziert die Genehmigungspraxis nicht wesentlich, nachdem bereits jetzt eine durchaus differenzierte Praxis - etwa durch die permanente Berücksichtigung der Veranstaltungen des "S." oder der "Tübinger M." bei Beschränkung auf eine Höchstzahl von Werbeplakaten insgesamt besteht und nach den Ausführungen des Ordnungsamtsleiters in der mündlichen Verhandlung für die Zukunft eine noch ausdifferenziertere Regelung ins Haus steht. Auch bei der Berücksichtigung auswärts stattfindender Veranstaltungen bei der genehmigungspflichtigen Plakatwerbung im Straßenraum nach einer gewissen Quote oder Plakatzahl scheint das von der Beklagten zum Ausdruck gebrachten Ziel, den kleineren Vereinen und Veranstaltern kultureller Veranstaltungen Raum für preiswerte Straßenwerbung zu belassen, nicht unmöglich gemacht. Diese können auch künftig bevorzugt, wenngleich quotenmäßig geringfügig reduziert, berücksichtigt werden. Der von der Beklagten hervorgehobene Umstand, dass an 13 Litfasssäulen und Anschlagtafeln im Zentrum Tübingens, etwa vor dem Kulturamt oder im Durchgang inzwischen Altem Botanischen Garten und Nonnenhaus, kostenlose Plakatwerbung angebracht werden kann und dass es weitere kostenpflichtige Werbemöglichkeiten gibt, enthebt die Beklagte für die vorliegend streitige Plakatwerbung schon deswegen nicht von der Verpflichtung zur Berücksichtigung der sondernutzungserlaubnispflichtigen Werbemöglichkeiten für auswärts stattfindende Veranstaltungen, weil es sich dabei um andere, z. T. attraktivere, vor allem auch vom Kraftfahrzeugverkehr aus wahrnehmbare kostengünstige weitere Werbemöglichkeiten handelt. Dass nach den Vorstellungen der Beklagten die Tübinger Bürgerschaft ausschließlich auf in Tübingen stattfindende Veranstaltungen durch die streitige Plakatwerbung hingewiesen werden soll, rechtfertigt die bisherige Vergabepraxis der Beklagten schon deswegen nicht, weil es dafür keinen sachlichen Grund gibt. Gerade die von der Universität mit geprägte Tübinger Einwohnerschaft wird sich in hohem Maße auch für Veranstaltungen etwa im nahen Stuttgart (Daimler Stadion, Schleyerhalle, Staatsgalerie) oder Balingen (bundesweit beachtete Kunstausstellungen in der Stadthalle) interessieren. Daher erscheint insoweit eine Differenzierung möglich und geboten, zumal bislang auch von Tübinger Veranstaltern in nicht angrenzenden Gemeinden durchgeführte Veranstaltungen nicht beworben werden dürfen.
30 
Da die Beklagte unterlegen ist, hat sie die Verfahrenskosten zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Kammer hatte keine Veranlassung, das Urteil hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).
31 
Die Berufung gegen dieses Urteil war durch das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO zuzulassen, da keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO abschließend aufgezählten Zulassungsgründe vorliegt. Unbenommen bleibt der Antrag auf Zulassung (vgl. die Rechtsmittelbelehrung), über den gemäß § 124 a Abs. 4, 5 VwGO der VGH Baden-Württemberg entscheidet.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.