Verwaltungsgericht Minden Urteil, 07. Mai 2015 - 10 K 476/14.A

ECLI:ECLI:DE:VGMI:2015:0507.10K476.14A.00
bei uns veröffentlicht am07.05.2015

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 11. Februar 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungserfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger, der nach eigenen Angaben am 1. Januar 1989 im Dorf Baba, Bezirk Jaghuri, Provinz Ghazni, geboren wurde, ist afghanischer Staatsangehöriger und hazarischer Volkszugehöriger. Er reiste am 25. April 2011 ins Bundesgebiet ein. Am 12. Mai 2011 stellte er Asylantrag. Bei der Vorprüfung stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF - Bundesamt) anhand von Eurodac-Daten (Nr. IT1BZ017F6) fest, dass der Kläger am 7. November 2008 bereits in Bozen (Italien) einen Asylantrag gestellt hatte.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 14. Juni 2011 gab der Kläger Folgendes an: Er sei Ende 2007 aus Afghanistan ausgereist und dann über Iran, Türkei und Griechenland nach Italien gelangt. Dort sei er Ende 2008 angekommen. Anfang 2011 sei er nach Griechenland abgeschoben worden. Im April 2011 sei er dann von Athen aus nach München geflogen. Während seines Aufenthalts in Griechenland habe er keinen Asylantrag gestellt. In Italien habe er zwar Asylantrag gestellt, es sei aber nicht zu einer Anhörung gekommen. Die italienischen Behörden hätten festgestellt, dass er bereits in Griechenland seine Fingerabdrücke abgegeben habe, weswegen er dann von Italien aus nach Griechenland abgeschoben worden sei. Er sei aus Angst vor Bedrohung aus Afghanistan geflüchtet. Ein Soldat der afghanischen Streitkräfte habe seine Schwester vergewaltigt. Diese habe später aufgrund der dadurch erlittenen Schande Selbstmord begangen. Danach sei er selbst in den Verdacht geraten, seine Schwester wegen der Familienehre umgebracht zu haben. Er sei dann von dem betreffenden Soldaten geschlagen und verletzt worden. Aus Angst vor weiteren Misshandlungen sei er zunächst nach Kandahar ausgewichen. Dort habe er erfahren, dass ein Bruder von ihm den Vergewaltiger getötet habe. Da dieser ein Soldat gewesen sei, habe er Angst davor bekommen, staatlich verfolgt zu werden. Außerdem habe er auch Angst vor dessen Angehörigen gehabt.

Das Bundesamt erließ am 26. Juli 2011 folgenden Bescheid:

1. Der Asylantrag ist unzulässig.

2. Die Abschiebung nach Italien wird angeordnet.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass Italien gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-Verordnung zuständig sei. Es sei am 29. April 2011 ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-II-VO an Italien gerichtet worden; dieses sei von den italienischen Behörden aber nicht fristgerecht beantwortet worden. Infolge dessen sei Italien am 14. Mai 2011 durch Zustimmungsfiktion zuständig geworden. Deshalb sei der Asylantrag nach § 27a AsylVfG unzulässig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, welche die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich. Dieser Bescheid wurde der Bevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 12. August 2011 übersandt.

Das Landratsamt F.-G. als Ausländerbehörde terminierte die zwangsweise Überstellung des Klägers nach Rom (Italien) auf den 8. September 2011.

Auf Antrag des Klägers erließ das Verwaltungsgericht Regensburg (RN 9 E 11.30436) am 7. September 2011 nach § 123 VwGO folgenden Beschluss:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Maßnahmen zum Vollzug der Verbringung des Klägers nach Italien vorläufig auszusetzen und die zuständige Ausländerbehörde entsprechend zu unterrichten.

Durch Gerichtsbescheid vom 26. Februar 2013 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die auf die Aufhebung des Bundesamtsbescheids und die Durchführung des Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ab (RN 9 K 11.30445). In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, dass das hier als reine Anfechtungsklage auszulegende Rechtsschutzbegehren zwar zulässig, aber unbegründet sei. Nach Art. 10 VO (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO) sei zwar eigentlich Griechenland für die Prüfung des Asylantrags zuständig, aber eine Überstellung dorthin scheide angesichts der nach wie vor unzumutbaren Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aus. Somit sei nach Art. 13 Dublin-II-VO Italien als erster Mitgliedstaat zuständig, in dem der (bisher nicht geprüfte) Asylantrag gestellt worden sei. Nach Art. 20 Dublin-II-VO sei Italien zur Wiederaufnahme verpflichtet. Es bestehe auch kein Anspruch darauf, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch mache. Nach der heutigen Auskunftslage sei nicht zu befürchten, dass dem Kläger im Fall seiner Rücküberstellung nach Italien eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder die Verelendung drohen würde. Außerdem sei es unwahrscheinlich, dass die italienischen Behörden erneut eine Weiterverschiebung des Klägers nach Griechenland betreiben würden. Zuständig für den Kläger sei die Quästur in Bozen gewesen. Gerade in Norditalien seien aber die Aufnahmekapazitäten für Asylbewerber nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts nicht ausgeschöpft.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 30. September 2013, dem Kläger zugestellt am 8. Oktober 2013, gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (13a ZB 13.30079).

In der am 8. November 2013 eingereichten Berufungsbegründung macht der Kläger folgendes geltend: Italien sei für die Durchführung des Asylverfahrens nicht zuständig. Der Auffangtatbestand des Art. 13 Dublin-II-VO sei hier nicht einschlägig, da Griechenland als zuständiger Mitgliedstaat feststehe, wenngleich eine Rückführung dorthin unzumutbar und derzeit undurchführbar sei. Außerdem sei das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 29. April 2011 nicht ordnungsgemäß ergangen. Nach Art. 18 und Art. 20 Dublin-II-VO sowie nach Art. 21 und Art. 23 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) hätten neben den dort genannten Beweismitteln auch die Erklärungen des Klägers dem Ersuchen beigefügt werden müssen. Das vom Bundesamt verwendete kurze Standardformular sei für den vorliegenden Fall unzulänglich gewesen. Außerdem habe das Bundesamt die in Art. 21 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO normierten kurzen Fristen für ein Aufnahmeersuchen überschritten. Das hier bewusst fehlerhaft gestellte Ersuchen sei eine Täuschungshandlung und folglich unwirksam. Aus Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO und Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ergebe sich ein subjektives Recht auf sachgerechte Zuständigkeitsprüfung. Im Übrigen müsse die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der systemischen Mängel im italienischen Asylsystem von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO Gebrauch machen. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, dass in Italien ein effektiver Zugang zum Asylverfahren gewährleistet sei. Darüber hinaus seien in Italien die materiellen Grundbedürfnisse und Versorgungsleistungen von Asylsuchenden nicht sichergestellt. Das Asylsystem Italiens sei völlig überlastet. Nach den Erkenntnissen von UNHCR liege die Kapazitätsgrenze für die Unterbringung von Asylsuchenden im Durchschnitt bei ca. 5.000 Personen. Es sei davon auszugehen, dass die Unterkunft, Ernährung und medizinische Versorgung von Asylsuchenden in Italien nur sichergestellt sei, wenn ein formaler Antrag gestellt worden sei, solange der Zeitraum von sechs Monaten Verfahrensdauer nicht überschritten werde und die aktuellen Zahlen der Asylbewerber die Kapazitäten der Einrichtungen nicht überstiegen. Derzeit sei allerdings davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Verfahren nicht innerhalb von sechs Monaten abgeschlossen werden könne. Außerdem gebe es Berichte darüber, dass von den im Dublin-System rückgeführten Personen nur etwa 12% im staatlichen Aufnahmesystem unterkämen, die Übrigen aber obdachlos seien. Die vielfach vorzufindenden Lebensbedingungen der Asylsuchenden und Flüchtlinge in besetzten Häusern, Slums und auf der Straße seien unwürdig. Die Wartezeit, um überhaupt einen Platz in einem kommunalen Unterbringungszentrum zu erhalten, betrage etwa drei bis sechs Monate. Während dieser Zeit seien die Betroffenen faktisch obdachlos. Aufgrund dieser Umstände wäre bei einer Abschiebung eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta zu befürchten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Juli 2011 unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 26. Februar 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gemäß der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U. v. 14.11.2013 - Rs. C-4/11) verleihe die Dublin-II-VO dem Asylbewerber keinen Anspruch darauf, dass er von einem Mitgliedstaat die Prüfung seines Antrags verlangen kann, wenn dieser Staat ihn aufgrund der Gefahr einer Verletzung seiner Grundrechte nicht an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat überstellen könne. Die Situation der Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers führe nicht zur Verpflichtung des Selbsteintritts auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Falls der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel ausscheide, stehe zunächst lediglich fest, dass die Beklagte dorthin nicht überstellen dürfe. Daher sei die Prüfung auf der Basis der Dublin-Kriterien in der vorgesehenen Reihenfolge fortzusetzen, d. h. auch Art. 13 Dublin-II-VO als Auffangtatbestand heranzuziehen. Das italienische Asylverfahren weise entgegen der Auffassung des Klägers keine systemischen Mängel auf. Im Übrigen sei nochmals klarzustellen, dass bei dem Kläger ein Kategorie 1-Treffer für Italien vorliege (Asylantrag am 7.11.2008) und die italienischen Behörden hinsichtlich des Klägers somit vom Bundesamt nicht getäuscht worden seien. Das Bundesamt sei nicht verpflichtet, den italienischen Behörden mitzuteilen, was in deren eigenen Akten stehe, wie z. B. hier die bereits erfolgte frühere Überstellung des Klägers nach Griechenland.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnisquellen verwiesen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg (§ 125 Abs. 1, § 128 Abs. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach der im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblichen Rechtslage (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig.

Die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt.1 VwGO) gegen den Bescheid des Bundesamts vom 26. Juli 2011 ist statthaft.

Die Feststellung des Bundesamts, dass der Asylantrag unzulässig ist, und die Anordnung der Abschiebung sind Verwaltungsakte i. S. v. § 35 Satz 1 VwVfG (zum Begriff der regelnden Feststellung vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 35 Rn. 51). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei Asylrechtsklagen in aller Regel davon auszugehen, dass der jeweilige Kläger das für ihn typischerweise weitestgehende Rechtsschutzziel mit den für ihn jeweils günstigsten Rechtsschutzformen anstrebt. Dies bedeutet, dass eine sog. isolierte Anfechtungsklage regelmäßig so auszulegen ist (§ 88 VwGO), dass ein solcher Antrag nur zusammen mit den Hilfsanträgen auf Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und/oder als Flüchtling nach § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.) sowie auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 AufenthG (a. F.) und auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz als gestellt anzusehen ist. Eine andere Auslegung ist bei einem Bescheid, welcher eine negative Feststellung enthält, möglich, wenn der Kläger bewusst nur einen isolierten Anfechtungsantrag gestellt hat und dies auch in Ansehung der materiellrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen ein sinnvolles Klageziel ist (BVerwG, U. v. 21.11.2006 - 1 C 10.06 - BVerwGE 127, 161). Im vorliegenden Fall wäre die Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte sinnvoll, weil das Bundesamt im Fall der Aufhebung der Feststellung der Unzulässigkeit bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet wäre (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 5). Außerdem ginge dem Kläger ansonsten eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (BVerwG, U. v. 7.3.1995 - 9 C 264.94 - Buchholz 402.25 § 33 AsylVfG Nr. 12 = NVwZ 1996, 80). Eine Verpflichtungsklage im Sinn eines Bescheidungsurteils nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO kommt hier somit nicht in Betracht.

Die Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO ist gegeben.

Der Kläger kann geltend machen, durch die vom Bundesamt getroffene Feststellung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Normen der Dublin-II-VO eigentlich organisatorische Vorschriften, welche die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten regeln und u. a. den Zweck haben, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen; gleichwohl kann ein Asylbewerber im Rahmen des nach Art. 19 Abs. 2 Satz 3 Dublin-II-VO garantierten Rechtsschutzes geltend machen, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen bestehen, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr liefe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechte-Charta ausgesetzt zu sein (EuGH, U. v. 10.12.2013 - Abdullahi, C-394/12 - NVwZ 2014, 208 Rn. 56 ff.).

Die Klage ist aber unbegründet.

Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig. Das Bundesamt hat zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag des Klägers unzulässig ist (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin-II-VO), auf die sich das Bundesamt im Bescheid gestützt hat. Auch wenn mittlerweile die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) gemäß Art. 49 Abs. 1 dieser Verordnung am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist für sog. „Altanträge“ wie den vorliegenden nach wie vor die Dublin-II-VO anzuwenden (BVerwG, U. v. 13.2.2014 - 10 C 6.13 - juris Rn. 13). Für einen Antrag auf internationalen Schutz i. S. v. Art. 2 Buchst. d Dublin-II-VO, der vor dem ersten Tag des sechsten Monats nach Inkrafttreten der Dublin-III-VO, also vor dem 1. Januar 2014 gestellt worden ist, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates gemäß der Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung.

Das Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung dient zuerst allein dazu, den zur Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat zu bestimmen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind übereingekommen, dass auf kurze Sicht eine klare und praktikable Form für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats geschaffen werden sollte. Ziel der Dublin-II-Verordnung ist die Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist (Erwägungsgründe Nr. 1, 2, 3, 4 und 16). Im Verfahren nach der Dublin-II-Verordnung steht deshalb allein die Zuständigkeitsfrage im Raum. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-II-VO wird der Antrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft.

Die Reihenfolge der Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats richtet sich nach Kapitel III der Verordnung (vgl. Art. 5 Abs. 1 Dublin-II-VO). Nach Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO wird bei der Bestimmung des nach diesen Kriterien zuständigen Mitgliedstaats von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat gestellt hat.

Gemessen hieran ist der beim Bundesamt gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil der Mitgliedstaat Italien nach Art. 13 Dublin-II-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Dies hat zur Folge, dass Italien nach Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c Dublin-II-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 Dublin-II-VO wieder aufzunehmen. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. c Dublin-II-VO wird davon ausgegangen, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiert, wenn - wie im vorliegenden Fall - innerhalb einer Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt worden ist. Entsprechend der Konzeption der Dublin-II-Verordnung hat das Bundesamt zu Recht den Asylantrag nicht inhaltlich geprüft, sondern die Unzulässigkeit festgestellt und die Abschiebung nach Italien angeordnet.

Für die Beklagte ergibt sich aus Kapitel III der Dublin-II-Verordnung keine Zuständigkeit. Die am 12. Mai 2011 erteilte Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG begründet die Zuständigkeit nach Art. 9 Abs. 1 Dublin-II-VO nicht (Asylbewerber mit gültigem Aufenthaltstitel), weil diese Vorschrift nach Art. 2 Buchst. j Dublin-II-VO nicht für Aufenthaltstitel gilt, die während der zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates entsprechend dieser Verordnung erforderlichen Frist erteilt wurden. Auch Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO ist nicht einschlägig. Zwar hatte der Kläger die Luftgrenze der Bundesrepublik Deutschland illegal überschritten, er kam hierbei aber nicht aus einem Drittstaat, sondern aus einem Mitgliedstaat (Griechenland).

Aus der Feststellung, dass der Kläger ursprünglich (2008) aus einem Drittstaat (Türkei) kommend die Grenze Griechenlands illegal überschritten hatte, ergibt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO die Erstzuständigkeit der Hellenischen Republik. Eine Abschiebung dorthin käme allerdings nicht in Betracht, weil die Durchführung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens nicht gewährleistet wäre und Obdachlosigkeit drohen würde. Infolge dessen wäre eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK gegeben (EGMR, E. v. 21.1.2011 - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413).

Da sich aus den übrigen Kriterien des Kapitels III der Dublin-II-Verordnung nicht bestimmen lässt, welchem Mitgliedstaat die Prüfung des Asylantrags obliegt, ist nach der Generalklausel des Art. 13 Dublin-II-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Asylantrag gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Dies ist hier die Italienische Republik (Italien). Ausweislich der Bundesamtsakte (Bl. 50) hat der Kläger dort im November 2008 den Asylantrag gestellt. Trotz der Erkenntnis, dass nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin-II-VO eigentlich von der vorrangigen Zuständigkeit Griechenlands auszugehen wäre, scheidet der Ersteintritt als Anknüpfungskriterium hier aus, weil eine Abschiebung dorthin unzumutbar wäre, da das Asylwesen in Griechenland derzeit an sog. systemischen Mängeln leidet (vgl. EGMR, E. v. 21.1.2011 a. a. O.). Art. 13 Dublin-II-VO greift auch dann, wenn sich aus den Kriterien des Kapitels III zwar eine anderweitige Zuständigkeit ergibt, eine Überstellung des Antragstellers dorthin aber nicht möglich ist (EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417). Die Unmöglichkeit der Überstellung eines Asylbewerbers an den ursprünglich als zuständig bestimmten Mitgliedstaat hat als solche nicht zur Folge, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet ist, den Asylantrag auf der Grundlage von Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C- 4/11 - NVwZ 2014, 129 Rn. 37).

Das vom Bundesamt an die italienische Dublin-Einheit (Unità Dublino) gerichtete Wiederaufnahmegesuch entspricht den Anforderungen des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 vom 2. September 2003 (Durchführungsbestimmungen zur Dublin-II-VO). Im vorliegenden Fall liegt entgegen der Auffassung des Klägers kein Übernahmegesuch i. S. v. Art. 17 Dublin-II-VO, sondern ein Wiederaufnahmegesuch i. S. v. Art. 20 Dublin-II-VO vor, da die Zuständigkeit nicht erst noch geklärt werden musste, sondern schon feststand (Filzwieser/Sprung, Dublin II-Verordnung, 3. Aufl. 2010, Art. 16 K4 und K5). Da der Kläger bereits in Italien einen Asylantrag gestellt hatte, geht es hier nicht um eine Aufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. a Dublin-II-VO, sondern um eine Wiederaufnahme nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c und d Dublin-II-VO (OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 UA S. 9). Das Bundesamt hat entsprechend Art. 2 der Durchführungsbestimmungen das vorgeschriebene Formblatt verwendet. Dieses umfasst auch das Ergebnis des Vergleichs der Fingerabdrücke (Hinweis auf die Eurodac-Nummer mit italienischer Kennung). Außerdem hat das Bundesamt unter der Rubrik „Frühere Asylverfahren“ darauf hingewiesen, dass am 7.11.2008 in „Bolzano/Italy“ schon einmal Asyl beantragt worden sei (s. Bl. 5 der Bundesamtsakte). Die Rüge des Klägers, das Bundesamt habe die italienische Dublin-Behörde absichtlich getäuscht, geht fehl. Die Frage, welche Rechtsfolgen eintreten könnten, falls der ersuchende Mitgliedstaat dem ersuchten Mitgliedstaat wichtige Informationen vorenthält (vgl. hierzu Filzwieser/Sprung, a. a. O. Art. 19 K11), hat sich hier nicht gestellt.

Im Übrigen ist die Zuständigkeit zur Durchführung des Asylverfahrens nicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin-II-VO auf die Beklagte übergegangen, weil die Überstellung nach Italien nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten erfolgt ist. Diese Frist beginnt gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Alt. 2 Dublin-II-VO erst nach der (rechtskräftigen) Entscheidung über den Rechtsbehelf zu laufen, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat (vgl. Art. 19 Abs. 2 Satz 4 Dublin-II-VO, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG n. F.). Im vorliegenden Fall ist ausschlaggebend, dass das Verwaltungsgericht Regensburg den Vollzug der Abschiebung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch Beschluss vom 7. September 2011 vorläufig ausgesetzt hat. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann die Sechs-Monats-Frist erst zu laufen beginnen, wenn sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass die Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin-II-VO diese Frist nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird (EuGH, U. v. 21.9.2009 - C-19/08 - NVwZ 2009, 639). Die Regelung über das Entfallen der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kommt hier folglich nicht zum Tragen (so auch OVG LSA, U. v. 2.10.2013 a. a. O.; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

Schließlich ergibt sich die Zuständigkeit der Beklagten für die Prüfung des Asylantrags des Klägers auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO (sog. Selbsteintrittsrecht).

Wenn ein Mitgliedstaat der Aufnahme des betreffenden Asylbewerbers - wie im vorliegenden Fall - zugestimmt (bzw. nicht geantwortet hat), so kann der Asylbewerber der Bestimmung dieses Mitgliedstaats nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - GR-Charta - ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394.12 - NVwZ 2014, 208).

Ebenso wie das deutsche Konzept der „normativen Vergewisserung“ hinsichtlich der Sicherheit von Drittstaaten (BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - BVerfGE 94, 49) stützt sich das gemeinsame europäische Asylsystem nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (grundlegend: U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417 Rn. 75 ff.) auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und die Versicherung, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist. Das gemeinsame europäische Asylsystem wurde dem Gerichtshof zufolge in einem Kontext entworfen, der die Annahme zulässt, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die Vermutung gelten, das die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie mit dem am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) und der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) steht. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stößt, so dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Grundrechten unvereinbar ist. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Dublin-II-Verordnung genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar. Damit die Union und ihre Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen in Bezug auf die Grundrechte der Asylbewerber nachkommen können, obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK (s. neuerdings BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 Rn. 9 - darauf abstellend, dass sich solche Mängel wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren lassen).

Gemäß diesen Grundsätzen besteht für die Beklagte keine Verpflichtung zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO. Im Hinblick auf den Charakter dieser Vorschrift als Ermessensnorm (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 a. a. O. Rn. 65) kann der Kläger allenfalls ein Recht auf ermessensfehlerfreie Entscheidung nach § 40 VwVfG haben (Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand Januar 2014, § 27a Rn. 52). Das Ermessen verdichtet sich nur dann zu einer Verpflichtung zum Selbsteintritt, wenn der eigentlich zuständige Mitgliedstaat wegen systemischer Mängel außer Betracht bleiben muss und keine anderweitige Zuständigkeit eines Mitgliedstaats besteht (ders., a. a. O. Rn. 68). Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat verpflichtet, den Asylantrag auf der Grundlage des Art. 3 Abs. 2 Dublin-II-VO selbst zu prüfen, wenn ansonsten Grundrechte - hier: Verbot der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung nach Art. 4 und Recht auf Asyl nach Art. 18 GR-Charta - des Asylbewerbers verletzt wären (EuGH, U. v. 14.11.2013 - Puid, C-4/11- NVwZ 2014, 129).

Der Senat ist auf der Grundlage des ihm vorliegenden Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern sowie von Dublin-II-Rückkehrern in Italien zu der Überzeugung gelangt, dass bei dem Kläger eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Fall der Überstellung/Abschiebung nicht ernsthaft zu befürchten ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts für Menschenrechte (EGMR) ist in Italien nicht von systemischen Mängeln auszugehen. Dieser hat bei seinen aktuellen Entscheidungen unter Heranziehung der UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien (Juli 2012), des Berichts des Kommissars für Menschenrechte des Europarates (September 2012) sowie der Berichte von Nichtregierungsorganisationen und unter Würdigung des gesamten Asylsystems in Italien (Verfahrensmodalitäten, Organisation der Unterbringung, Anzahl der Einrichtungen und Unterkunftsplätze, medizinische Versorgung, Bereitstellung von Mahlzeiten, Kleidung etc.) folgende Erkenntnisse zugrunde gelegt: Es gebe in Italien ein System von Aufnahmeeinrichtungen: Neun staatliche CARA-Zentren für die Erstaufnahme während fünf Wochen, ca. 150 SPRAR-Einrichtungen von Gemeinden, Provinzen und wohltätigen Organisationen für die Zeit des Asylverfahrens während sechs Monaten; außerdem die in Großstädten angesiedelten Metropolitan- Aufnahmezentren und eine große Anzahl von Notunterkünften auf regionallokaler Basis. Landesweit könnten je nach Bedarf bis zu 50.000 Plätze bereitgestellt werden, tatsächlich sei die gegenwärtige Anzahl aber erheblich niedriger. Schwierigkeiten bereiteten speziell die prompte Erkennung von Personen mit besonderem Schutzbedürfnis und die Wahrung der Familieneinheit im Rahmen der Verteilung. In einigen Einrichtungen, namentlich in Kalabrien und in der Lombardei, gebe es ganz gravierende Probleme. In den letzten Jahren seien mit Unterstützung des Europäischen Flüchtlingsfonds Aufnahmeeinrichtungen für Dublin-Rückkehrer geschaffen worden. Diese würden im Allgemeinen wieder in den früheren Stand ihres Asylverfahrens eingesetzt werden. Hierfür würde die Grenzpolizei das jeweils zuständige Amt für Einwanderung ausfindig machen und den Rückkehrer auffordern, sich dorthin zu begeben. Wenngleich die allgemeine Lage und die Lebensbedingungen der Asylbewerber in Italien einige Unzulänglichkeiten aufzeigten, seien aber keine systemischen Mängel bei der Bereitstellung von Hilfe und Einrichtungen für Asylbewerber zutage getreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht anzunehmen, dass ein nach Italien zurückkehrender Asylbewerber, sei es in materieller, physischer oder psychischer Hinsicht, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr einer menschenunwürdigen Notlage ausgesetzt wäre - „ … has not shown that … future prospects if returned to Italy whether taken from a material, physical or psychological perspective, disclose a sufficiently real and imminent risk of hardship severe enough to fall within the scope of Article 3“ - (EGMR, E. v. 2.4.2013 - Nr. 27725/10 - ZAR 2013, 336 Rn. 43 ff., 78; B. v. 18.6.2013 - Nr. 53852/11 - ZAR 2013, 338; E. v. 10.9.2013 - Nr. 2314/10 - www.hudoc.echr.coe.int Rn. 139; s. auch BVerwG, U. v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22 Rn. 22, wonach der Begriff „real risk“ dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht).

Dieser Einschätzung entspricht die Auskunftslage gemäß den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts. Nach der Auskunft vom 11. Juli 2012 an das Verwaltungsgericht Freiburg könnten „derzeit“ alle Asylbewerber in öffentlichen Zentren untergebracht werden. Es gebe lokale/regionale Überbelegungen (z. B. Rom/Latium). Landesweit seien aber genügend Plätze vorhanden. Insbesondere in Norditalien seien die Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Zusätzlich zu den staatlichen und öffentlichen Einrichtungen gebe es kommunale und karitative Einrichtungen. Sofern sich Dublin-Rückkehrer noch im Asylverfahren befänden, werde ihnen eine Unterkunft in einer Aufnahmeeinrichtung zugeteilt (ebenso: Auskunft vom 11.9.2013 an das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen). Auch die UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien vom Juli 2013 (S. 10 ff.) stellen die Erkenntnis, dass das Asylsystem keine systemischen Mängel aufweist, nicht in Frage. Die italienische Regierung habe ab 2011 erhebliche Anstrengungen zur Verbesserung der teilweise unzulänglichen Aufnahmeverhältnisse unternommen. Die als Asylbewerber registrierten Dublin-Rückkehrer hätten im Allgemeinen Zugang zu den Transitaufnahmezentren. Da deren Kapazitäten aber sehr begrenzt seien, könne es vorkommen, dass diese Personen u.U. einige Tage am Flughafen ausharren müssten, bis ein Platz in einem solchen Zentrum frei wird. Nach den Erkenntnissen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe erhalten Personen, deren Asylverfahren in Italien noch nicht abgeschlossen war, am Flughafen ein Bahnticket zur Weiterreise in die zuständige Region (Italien: Aufnahmebedingungen - aktuelle Situation von Asylsuchenden und Schutzberechtigten, insbesondere Dublin-Rückkehrenden, Oktober 2013, S. 13).

Demgegenüber berichten die Schweizerische Flüchtlingshilfe (a. a. O.) und borderlineeurope e.V. (Judith Gleitze, Gutachten vom Dezember 2012 für das Verwaltungsgericht Braunschweig) von vielfältigen Unzulänglichkeiten bei der Unterbringung von Asylsuchenden in Italien. Aus den geschilderten zahlreichen Einzelfällen lässt sich nach Auffassung des Senats aber nicht der Schluss ziehen, dass hier systemische Schwächen vorliegen, welche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine konkrete Gefährdung von Dublin-Rückkehrern zur Folge hätten. Aus den Berichten von UNHCR (a. a. O. S. 14 f.), der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (a. a. O. S. 69) und borderlineeurope (a. a. O. S. 50 f.) geht zudem auch übereinstimmend hervor, dass die größten Probleme nicht während des Asylverfahrens auftreten, sondern bei denjenigen Personen, deren Asylverfahren mit oder ohne Zuerkennung eines Schutzstatus geschlossen worden sind. Für diese Personen endet der Anspruch auf Gewährleistung der Grundbedürfnisse im Allgemeinen mit dem Abschluss des Asylverfahrens. Nur unter bestimmten Umständen dürfen Personen, denen die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, danach noch bis zu sechs Monaten in einer SPRAR-Einrichtung bleiben (EGMR, E. v. 2.4.2013, a. a. O. Rn. 43). Da es in Italien kein staatliches Sozialhilfesystem gibt (Auswärtiges Amt vom 11.7.2012, a. a. O. Nr. I 1 b), seien diese Personen - ebenso wie italienische Staatsangehörige - im Fall der Mittellosigkeit auf sich allein gestellt, wodurch in italienischen Großstädten vielfach Armutsviertel mit arbeits- und mittellosen Flüchtlingen entstanden seien. Berichte über diese allgemeine soziale Problematik sind somit kein hinreichendes Indiz für systemische Mängel im Asylverfahren.

Die genaue Zahl der Unterkunftsplätze lässt sich aus verschiedenen Gründen nur schwer bestimmen. UNHCR (24.4.2012, S. 3) ist für das Jahr 2012 davon ausgegangen, dass in zentralen Einrichtungen wie CARA und SPRAR insgesamt 8.000 Plätze vorhanden seien. Im Jahr 2011 sei zwischen den regionalen Regierungen und den örtlich zuständigen Behörden eine Vereinbarung getroffen worden, dergemäß Kriterien für die landesweite Verteilung von bis zu 50.000 Personen festgelegt wurden. Bis Anfang 2012 seien im Rahmen dieses Verteilungsplans tatsächlich 20.000 Personen untergebracht worden. Die Verantwortung hierfür obliege dem Leiter des Zivilschutzes. Bezüglich der Kapazität allein der SPRAR-Einrichtungen sei mittlerweile aber eine Aufstockung auf 8.000 Plätze vorgesehen (UNHCR, Juli 2013, S. 12). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe hat für das Jahr 2013 die Zahl der CARA-Plätze und die Zahl der SPRAR-Plätze mit jeweils ca. 5.000 beziffert und darüber hinaus auf ein Dekret des italienischen Innenministeriums vom September 2013 hingewiesen, demgemäß die SPRAR-Kapazität von 2014 bis 2016 auf 16.000 Plätze erhöht werden soll (a. a. O. S. 18, 22). Unter Berücksichtigung der Fluktuation (Wechsel in der Belegung) dürfte die tatsächliche Kapazität höher als die Zahl der Unterkunftsplätze sein. Im Hinblick auf die Zahl der in Italien im Jahr 2013 registrierten Asylanträge (28.000 - s. eurostatpressemitteilung Nr. 46/2014) und die für das Jahr 2012 verfügbare Zahl der Dublin-Überstellungen nach Italien (3.551 - s. Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O. S. 8) besteht zwischen dem Bedarf und der Kapazität an Unterkunftsplätzen jedenfalls keine solche Diskrepanz, dass die Möglichkeit der Unterbringung von Dublin-Rückkehren als unrealistisch zu erachten wäre.

Die Annahme von borderlineeurope (a. a. O. S. 23 ff., S. 59), dass die Unterbringungsquote für Dublin-Rückkehrer von 2010 bis 2012 maximal nur 12% pro Jahr betragen habe, begegnet erheblichen Bedenken. Das Auswärtige Amt hat darauf hingewiesen, dass diesbezüglich belastbares statistisches Zahlenmaterial nicht vorhanden sei. Die (von borderlineeurope zitierte) Aussage einer Mitarbeiterin der am Flughafen Roma Fiumicino tätigen Arciconfraternita sei eine auf Erfahrungswerten basierende subjektive Feststellung (11.9.2013, S. 3). Der angegebene Prozentsatz bezieht sich auf die besondere Situation in Rom, welche nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wegen der lokalen und regionalen Überbelegung in Rom und Latium (11.7.2012, S. 6) allerdings nicht repräsentativ erscheint. Hinzu kommt, dass die von borderlineeurope beschriebene Gruppe etwa zur Hälfte aus Personen besteht, die sich nicht im Asyl- bzw. Klageverfahren befinden, also keinen Anspruch auf Versorgung haben. Im Übrigen wäre noch zu berücksichtigen, dass nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts viele Dublin-Rückkehrer keinen Asyl- oder Schutzantrag stellen, da sie häufig nicht in Italien bleiben wollen. Somit stünden ihnen die Aufnahmeeinrichtungen nicht mehr offen (11.7.2012, S. 5). Diese Personen können folglich ebenfalls nicht zum Kreis der nicht untergebrachten Anspruchsberechtigten gezählt werden.

Außerdem sprechen die besonderen Umstände des vorliegenden Falls gegen die Annahme, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit der konkreten Gefahr der Obdachlosigkeit und des Hungerns ausgesetzt wäre. Da ursprünglich die Quästur Bozen für seinen Asylantrag zuständig war, ist anzunehmen, dass er im Fall der Rückkehr nach Italien dorthin weitergeleitet werden würde. Gemäß den bisherigen, vom Kläger nicht in Frage gestellten Erkenntnissen des Auswärtigen Amts sind in Norditalien die Unterbringungskapazitäten noch nicht ausgeschöpft, so dass dort ohnehin nicht mit einer Mangelsituation zu rechnen wäre.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Stellungnahme von UNHCR an das Verwaltungsgericht Braunschweig (24.4.2012) führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Die darin geäußerten Bedenken, dass die Versorgung besonders schutzbedürftiger Personen häufig unzureichend sei (Buchstabe vii) und dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass Asylsuchende, die im Rahmen des Dublin-Systems nach Italien überstellt werden und dort zuvor keinen formalen Asylantrag gestellt hatten, keinen sofortigen Zugang zur Aufnahmebedingungen erhielten (ix), treffen auf die Umstände des vorliegenden Falls nicht zu.

Für die Befürchtung des Klägers, er würde im Fall der Abschiebung nach Italien ohne Durchführung eines Asylverfahrens sogleich nach Griechenland weitergeschoben werden, gibt es keinen konkreten Anhaltspunkt (vgl. UNHCR v. 24.4.2012, a. a. O. zu 4.). Der Vortrag des Klägers, er sei etwa im Jahr 2010 von der Polizei in Bozen bei einer Vorsprache zwecks Erteilung eines Monatsausweises festgenommen und anschließend in einem versperrten Schiffsraum nach Griechenland verbracht worden, vermag die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht zu begründen.

Die hier vertretene Einschätzung, dass das italienische Asylwesen nicht an systemischen Mängeln leidet, wird von anderen Oberverwaltungsgerichten geteilt (OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris; OVG Rh-Pf, U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13. OVG - juris; NdsOVG, B. v. 30.1.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG LSA, U. v. 2.10.2013 - 3 L 645/12 - juris; OVG Berlin-Bbg, B. v. 17.6.2013 - OVG 7 S 33.13 - juris).

Die Befugnis zur Anordnung der Abschiebung ergibt sich aus § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht gegeben.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1985 geborene Kläger ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört zu den Punjabi. Er verließ nach seinen Angaben Pakistan am 25.02.2012 und kam am 26.03.2012 nach Italien, wo er erkennungsdienstlich behandelt wurde. Am 03.06.2012 reiste er nach seinen Angaben auf dem Landweg über die Schweiz oder Frankreich nach Deutschland.
Am 18.06.2012 stellte er einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte daraufhin am 18.10.2012 ein auf Art. 16 Abs. 1 lit. c i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Italien. Am 30.11.2012 erfolgte die Zustimmung Italiens zur Rücküberstellung des Klägers.
Mit Bescheid vom 03.12.2012 erklärte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag für unzulässig und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten; jedenfalls wurde der Bescheid mit einem Begleitschreiben vom 15.01.2013 zur Post gegeben. Die für den 31.01.2013 vorgesehene Überstellung nach Italien konnte nicht durchgeführt werden, da der Kläger nicht angetroffen wurde.
Am 28.01.2013 erhob der Kläger Klage und machte geltend, eine Abschiebung nach Italien sei nicht zulässig. Er habe in Italien gar keinen Asylantrag gestellt. Auch bestehe die Gefahr der unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung in Italien. Die Beklagte hätte von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen.
Mit Beschluss vom 14.03.2013 (A 12 K 332/13) ordnete das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 03.12.2012 enthaltene Abschiebungsanordnung an und gab der Beklagten auf, dem Regierungspräsidium Karlsruhe die Anordnung der aufschiebenden Wirkung mitzuteilen.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Mit Urteil vom 17.06.2013 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 03.12.2012 auf und verpflichtete die Bundesrepublik Deutschland auf den ausdrücklichen Antrag des Klägers, sein Asylverfahren fortzuführen. Zur Begründung führte es aus: Zwar sei Italien der zuständige Mitgliedstaat. Allerdings leide das Asylsystem Italiens unter sog. systemischen Mängeln im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, sodass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsse.
Auf den rechtzeitig gestellten Antrag der Beklagten ließ der Senat durch Beschluss vom 14.08.2013 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.
Am 05.09.2013 hat der Beklagte unter Stellung eines Antrags die Berufung begründet: Zunächst sei davon auszugehen, dass das Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnung keine subjektiven Rechte der Asylbewerber begründe. Im Übrigen gelte nach der Rechtsprechung des EuGH eine generelle Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte sowie der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention erfolge. Dass in Bezug auf Italien ernsthaft und erwiesenermaßen zu befürchten sei, dass systemische Mängel zwangsläufig mit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung der überstellten Asylbewerber einhergingen, könne nicht eingewandt werden. Nach den vorliegenden Quellen, insbesondere von UNHCR, seien derartige Befürchtungen nicht gerechtfertigt.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17.06.2013 - A 12 K 331/13 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten verweist der Senat auf die gewechselten Schriftsätze. Dem Senat liegen die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

Gründe

 
16 
Die zulässige, insbesondere unter Stellung eines Antrags rechtzeitig und formgerecht begründete Berufung der Beklagten hat Erfolg.
17 
Die zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 27a AsylVfG gestützte Verfügung der Beklagten, mit der der Asylantrag als unzulässig qualifiziert und die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass sein Asylantrag durch die Bundesrepublik Deutschland geprüft wird.
I.
18 
Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar. Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt). Ungeachtet dessen scheidet entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch ein spezifischer Verpflichtungsausspruch deshalb aus, weil die Durchführung eines auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichteten Verfahrens selbst keinen Verwaltungsakt darstellt bzw. dessen Erlass voraussetzt. Wenn überhaupt, wäre nur eine allgemeine Leistungsklage statthaft.
II.
19 
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie aber unbegründet.
20 
Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass Italien der zuständige Mitgliedstaat und daher der Asylantrag unzulässig ist, weshalb auch zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet wurde.
21 
1. Die Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat für die Prüfung des Asylantrags des Klägers zuständig ist, beantwortet hier die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II).
22 
Auch wenn von der Bestimmung des § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG auszugehen ist, kommt die zwischenzeitlich erlassene Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) noch nicht zur Anwendung. Nach Art. 49 VO Dublin III ist die Neuregelung erst für Anträge auf Internationalen Schutz sowie Anträge der Mitgliedstaaten auf Aufnahme oder Wiederaufnahme anzuwenden, die ab dem 01.01.2014 gestellt wurden. Im vorliegenden Fall hat der Kläger im Bundesgebiet bereits im Jahr 2012 Asyl beantragt. Auch der Antrag auf Wiederaufnahme des Klägers wurde noch im Jahr 2012 gestellt und von Italien im gleichen Jahr positiv beschieden.
23 
Die Zuständigkeit Italiens ergibt sich aus Folgendem, wobei offen bleiben kann, ob es sich vorliegend um einen Aufnahmefall handelt, was der Fall wäre, wenn der Kläger, wie er durchgängig geltend macht, in Italien keinen Asylantrag gestellt hätte, oder ob von der Fallkonstellation einer Wiederaufnahme auszugehen ist, wenn der Mitteilung von Italien zu folgen wäre, dass die Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 1 lit. c) VO Dublin II vorliegen:
24 
Falls ein Fall der Aufnahme vorliegt, gilt Folgendes: Nach den Angaben des Klägers war dieser von der Türkei kommend mit einem Boot über eine „Insel“ nach Italien gekommen. Sollte er dabei Griechenland berührt haben, so wäre an sich gem. Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Griechenland (in erster Linie) zuständig. Da aber Überstellungen nach Griechenland wegen systemischer Mängel des dortigen Asylverfahrens nicht mehr durchgeführt werden können und dürfen, war zunächst ebenfalls nach Art. 10 Abs. 1 VO Dublin II Italien zuständig (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 96). Allerdings ist in der Folgezeit die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil diese die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens von drei Monaten nach Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II nicht eingehalten hatte. Indem jedoch Italien der Aufnahme ausdrücklich zugestimmt hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 VO Dublin II), ist Italien wiederum zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens.
25 
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208) ist davon auszugehen, dass sich der Kläger nach der erfolgten Zustimmung durch Italien nicht auf die Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens berufen und diesen Umstand nicht gegen eine Überstellung einwenden kann. Die jeweiligen Fristbestimmungen dienen hiernach ebenfalls einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedstaat zu gewährleisten (so auch OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris).
26 
Damit sind die Betroffenen aber nicht rechtsschutzlos gestellt, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge untätig bleiben und weder ein Ersuchen an den anderen Mitgliedstaat stellen noch in eine Sachprüfung eintreten sollte. Um nicht mit dem unionsrechtlichen Gebot der beschleunigten Durchführung des Verfahrens auf Prüfung des Asylantrags (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O. Rn. 79; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - a.a.O. Rn. 35 und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - a.a.O. Rn. 59), das auch im Interesse der Betroffenen in der Verordnung Niederschlag gefunden hat (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 79), in einen unauflösbaren Konflikt zu geraten, ist es der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr gestattet, durch die Stellung eines verspäteten Übernahmeersuchens eine vom Antragsteller oder der Antragstellerin bereits in zulässiger Weise in die Wege geleitete Sachprüfung abzubrechen; erst recht gilt dies, wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bereits eine sachliche Prüfung begonnen hatte, sofern man nicht ohnehin hierin die Ausübung des Selbsteintrittsrechts bzw. ein Gebrauchmachen von der Souveränitätsklausel sehen will (vgl. zu Einzelheiten GK-AsylVfG § 27a Rn. 177). Andernfalls wäre ein wesentlicher Geltungsgrund des Dublinsystems selbst grundsätzlich infrage gestellt (a.A. etwa OVG Rheinl.-Pfalz., Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris, ohne sich aber mit dem Problem weiter auseinanderzusetzen), wobei die zentrale Bedeutung des Beschleunigungsgebots nicht zuletzt auch darin zum Ausdruck kommt, dass das Fristenregime nach der VO (EU) 604/2013 (VO Dublin III) noch verschärft wurde (vgl. Art. 21 Abs. 1 UA 2).
27 
Hat daher der Antragsteller oder die Antragstellerin während der Zeit, während der die Bundesrepublik im Hinblick auf die Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens zuständig war, den Anspruch auf sachliche Prüfung geltend gemacht und insoweit eine zulässige und unmittelbar eine sachliche Entscheidung des Gerichts eröffnende Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO erhoben (vgl. hierzu noch unten) und damit in uneingeschränkter Konformität mit dem nationalen Verfahrensrecht, das insoweit selbst nicht in Widerspruch mit den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II steht, die Grundlage einer inhaltlichen Prüfung gelegt, kann der unionsrechtliche Grundsatz des „effet utile“ einer Verweigerung oder gar einem Abbruch der sachlichen Prüfung und der Stellung eines Aufnahmeersuchens während die Bundesrepublik Deutschland wegen der Versäumung der Frist für die Stellung eines Aufnahmeersuchens noch zuständig ist, entgegenstehen. Bei dieser Ausgangslage würde sich nämlich bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Zeitpunkt einer sachlichen Prüfung durch den anderen Mitgliedstaat in einer Weise verzögern, die dem Beschleunigungsanliegen des Dublinsystems grundlegend zuwiderliefe, da voraussetzungsgemäß eine Zustimmung des anderen Mitgliedstaats (noch) nicht vorliegt. Insoweit wird man ein subjektives Recht auf Unterlassen der Stellung eines Aufnahmeersuchens, jedenfalls aber einer späteren Überstellung, nicht verneinen können. Wurde hingegen im vorgenannten Sinn die Grundlage für eine sachliche Prüfung während der Zuständigkeit der Bundesrepublik noch nicht gelegt, so ist zwar das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot grundsätzlich auch negativ berührt. Liegt jedoch mittlerweile eine Zustimmung des ersuchten (an sich unzuständigen) Mitgliedstaat vor, so kann im Falle einer zeitnahen Überstellung noch mit einer ebenfalls zumutbaren und zeitnahen Sachprüfung durch diesen gerechnet werden, zumal die Betroffenen ohnehin die bisherige Untätigkeit klaglos hingenommen hatten und sie es im Übrigen in der Hand haben, durch eine schnelle und zügige Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat das Verfahren zusätzlich zu beschleunigen. Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass diese Untätigkeitsklage nach den allgemeinen verwaltungsprozessualen Grundsätzen auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise des unionsrechtlichen subsidiären Schutzstatus zu richten wäre und nicht auf die Verpflichtung zur Bescheidung oder gar die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 3 m.w.N.),
28 
Eine zulässige und eine gerichtliche Sachprüfung eröffnende Untätigkeitsklage (vgl. § 75 Satz 2 VwGO) kann allerdings nicht vor Ablauf der für die Stellung eines Aufnahmeersuchens maßgeblichen Frist von drei Monaten (vgl. Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II) erhoben werden (nach Art. 21 Abs. 1 UA 1 bzw. 2 VO Dublin III beträgt die Freist nunmehr drei bzw. zwei Monate), wobei diese Frist zufällig identisch mit der Frist nach § 75 Satz 2 VwGO ist. Ist die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden, weil die Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens abgelaufen ist, so ist allerdings schon aus verwaltungsorganisatorischen Gründen ein Beginn der Sachprüfung nicht unmittelbar geboten mit der Folge, dass für eine im Einzelfall zu bestimmende Übergangszeit noch ein zureichender Grund für eine Untätigkeit im Sinne des § 75 Satz 2 VwGO vorliegen wird. Das unionsrechtliche Beschleunigungsgebot wäre im Übrigen hier noch nicht im Kern berührt, wenn das Bundesamt noch unmittelbar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens während der vorgenannten Übergangszeit unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, die Stellung eines Übernahmeersuchens nachholen würde, über dessen Erfolg oder Misserfolg dann ohnehin regelmäßig binnen zweier Monate Klarheit bestünde (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), und zwar ungeachtet der Frage, ob die Betroffenen die auf eine Sachprüfung hinführende Untätigkeitsklage bereits erhoben hatten oder sie nunmehr erst noch erheben. Hatte der oder die Betreffende die Untätigkeitsklage bei Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens bzw. der des § 75 Satz 2 VwGO bereits erhoben, hat es das Verwaltungsgericht in der Hand, durch die Setzung einer angemessenen und ausreichenden Frist nach § 75 Satz 3 VwGO die zeitliche Dimension für die Möglichkeit einer Nachholung des Aufnahmeersuchens für die Bundesrepublik Deutschland zu konkretisieren. Bleibt die Bundesrepublik in dieser Übergangszeit untätig, d.h. stellt sie nicht ihrerseits unverzüglich ein Aufnahmeersuchen, so liegt kein zureichender Grund mehr vor mit der Folge, dass dann die Untätigkeitsklage uneingeschränkt zulässig ist (vgl. Bader u.a., VwGO, 5. Aufl., § 75 Rn. 25).
29 
Stimmt der ersuchte Mitgliedstaat dem Ersuchen vor Ablauf der Frist nach § 75 Satz 3 VwGO zu oder läuft die Frist für die Beantwortung des Ersuchens ab (vgl. Art. 18 Abs. 7 VO Dublin II bzw. Art. 22 Abs. 7 VO Dublin III), so würde der ersuchte Mitgliedstaat noch zuständig und eine Überstellung wäre nach dem Regime von Dublin II (wie auch nach Dublin III) ungeachtet einer möglicherweise bereits erhobenen Untätigkeitsklage noch zulässig, eine gerichtliche Sachprüfung wäre durch einen nach wie vor bestehenden zureichenden Grund auch mit Blick auf das System bzw. den Mechanismus von Dublin gesperrt. Dies wäre jedoch spätestens dann nicht mehr der Fall, wenn die Bundesrepublik die Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung nach Art. 19 Abs. 4 VO Dublin II (Art. 28 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III) nunmehr fruchtlos verstreichen lassen würde mit der Folge, dass sie wieder für die Prüfung des Gesuchs zuständig geworden wäre.
30 
Ausgehend hiervon kann der Kläger bei der gegebenen Sachlage unter keinen Umständen für ihn günstige Schlussfolgerungen aus der Versäumung der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens herleiten, ungeachtet der Tatsache, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Untätigkeitsklage erhoben hatte. Denn hier hatte die Bundesrepublik Deutschland das Übernahmeersuchen zwar nach Ablauf der Frist für die Stellung des Aufnahmeersuchens, aber noch unverzüglich nach deren Ablauf gestellt. Der Senat kann offen lassen, ob es eine absolute zeitliche Obergrenze für die Stellung eines (verspäteten) Übernahmeersuchens geben muss, auf die sich der oder die Betroffene auch berufen kann, selbst wenn er oder sie eine Untätigkeitsklage nicht erhoben hat oder erhebt. Allerdings wird dagegen sprechen, dass im Falle einer hier zu unterstellenden Untätigkeit des oder der Betroffenen infolge der sehr kurzen Beantwortungsfristen nach Stellung eines Übernahmeersuchens in einem solchen Fall ohnehin nur eine marginale weitere Verzögerung eintreten kann, die der oder die Betroffene aber bislang klaglos hingenommen hatte.
31 
Geht man davon aus, dass der Kläger in Italien schon einen Asylantrag gestellt hatte, so ergibt sich für ihn keine günstigere Sichtweise. Denn in diesem Fall war das Wiederaufnahmeersuchen der zweifellos unzuständigen Bundesrepublik nach Art. 20 VO Dublin II nicht fristgebunden. Für alle ab dem 01.01.2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen wäre aber mit Rücksicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III nunmehr eine Frist von zwei bzw. drei Monaten (vgl. Art. 23 Abs. 2 VO Dublin III) einzuhalten, weshalb zukünftig die oben dargestellten Grundsätze ebenfalls gelten werden.
32 
Wenn teilweise in der verwaltungsgerichtlichen Spruchpraxis hier die Frist des Art. 17 Abs. 1 VO Dublin II analog angewandt wird (so etwa VG Düsseldorf, Beschluss vom 10.02.2014 - 25 K 8830/13.A - juris), so sieht der Senat hierfür keine tragfähige Grundlage, fehlt es doch schon an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, dass eine durch einen Analogieschluss zu schließende systemwidrige Lücke vorliegen könnte, und nicht vielmehr eine politische Entscheidung des Normsetzers. Der Senat lässt auch offen, ob hier eine äußerste Grenze besteht, nach deren Überschreitung es der Bundesrepublik Deutschland unter dem Aspekt des Beschleunigungsgebots nicht mehr erlaubt wäre, den oder die Betroffene noch zu überstellen, und dann aufgrund eines Selbsteintritts auch eine Sachentscheidung treffen müsste, die auch von den Betroffenen durchgesetzt werden könnte. Denn diese Frage würde sich bei einer Stellung des Wiederaufnahmeersuchens nach - wie hier - nur vier Monaten schon von vornherein nicht stellen. Abgesehen davon besteht im vorliegenden Fall eine grundlegend andere Ausgangssituation, weil - mögliche systemische Mängel einmal hinweggedacht - es die Betroffenen, die voraussetzungsgemäß in dem anderen Mitgliedstaat einen Asylantrag gestellt haben, durch eine zeitnahe Rückkehr dorthin in der Hand haben, eine baldige Sachentscheidung herbeizuführen. Von weiteren Ausführungen in diesem Zusammenhang sieht der Senat ab, da sich diese Fragen, wie dargelegt, nicht mehr stellen werden.
33 
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 20 Abs. 2 VO Dublin II, d.h. wegen Überschreitung der sog. Überstellungsfrist, auf die Bundesrepublik zurückgefallen. Nachdem das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 14.03.2013 die aufschiebende Wirkung angeordnet hatte, ist, solange dieser Beschluss Bestand hat, der Lauf der Frist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens gehemmt, falls sie überhaupt in Lauf gesetzt wurde (vgl. zur Frist nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II EuGH, Urteil vom 29.01.2009 - C-19/08, Petrosian - NVwZ 2009, 639, Rn. 53; vgl. auch GK-AsylVfG § 27a Rn. 227 ff.).
34 
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts im Sinne von Art. 3 Abs. 2 VO Dublin II.
35 
a) Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.), die der Unionsgesetzgeber nunmehr in Art. 3 Abs. 2 UA 2 VO Dublin III umgesetzt hat, ist ein Mitglied- oder Vertragsstaat unter bestimmten Umständen dazu verpflichtet, von der Rückführung in den an sich zuständigen Mitgliedstaat abzusehen. Das ihm insofern eingeräumte Ermessen ist nämlich Teil des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats und stellt ein Element des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems dar. Bei der Ermessensausübung führt der Mitgliedstaat daher Unionsrecht im Sinne von Art. 51 Abs. 1 GRCh aus. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem stützt sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Europäischen Grundrechtecharta, aber auch der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 18 der Charta und Art. 78 AEUV). Die Mitgliedstaaten müssen bei ihrer Entscheidung, ob sie von dem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen, diese Grundsätze beachten (EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - a.a.O.).
36 
Dabei kann jeder Mitgliedstaat grundsätzlich davon ausgehen, dass alle an dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Auf dieser Grundlage besteht zunächst eine widerlegbare Vermutung dafür, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat den Anforderungen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK genügt. Andererseits ist es möglich, dass in diesem System in der Rechtsanwendungspraxis in einem bestimmten Mitgliedstaat erhebliche Funktionsstörungen zutage treten und dieses zur absehbaren Folge hat, dass eine ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung in diesen Mitgliedstaat in einer Weise behandelt werden, die mit ihren Menschenrechten unvereinbar ist.
37 
Allerdings stellt nicht jeder vereinzelte Verstoß gegen eine Bestimmung der VO Dublin II und auch nicht einmal jede Verletzung eines Grundrechts wie auch von Art. 4 GRCh durch den zuständigen Mitgliedstaat das Zuständigkeitssystem grundsätzlich infrage. Nach der Sichtweise des Europäischen Gerichtshofs stünde andernfalls nicht weniger als der Daseinsgrund der Union und die Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, konkret des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, auf dem Spiel (EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 83). Das Zuständigkeitssystem ist hier deshalb nur dann zu suspendieren, wenn einem Mitgliedstaat aufgrund der ihm vorliegenden Informationen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in dem an sich zuständigen Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller dort Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu sein (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011, a.a.O., Rn. 78 ff.).
38 
Systemische Mängel sind solche, die entweder bereits im System selbst angelegt sind und von denen Asylbewerber generell oder bestimmte Gruppen von Asylbewerbern deshalb nicht zufällig und im Einzelfall, sondern vorhersehbar und regelhaft betroffen sind, oder aber tatsächliche Umstände, die dazu führen, dass ein theoretisch sachgerecht konzipiertes und nicht zu beanstandendes Aufnahmesystem - aus welchen Gründen auch immer - faktisch ganz oder in weiten Teilen seine ihm zugedachte Funktion nicht mehr erfüllen kann und weitgehend unwirksam wird (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris).
39 
Wesentliche Kriterien für die zu treffende Feststellung, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, finden sich in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK, der mit Art. 4 GRCh übereinstimmt. In seinem Urteil vom 21.01.2011 (M.S.S./Belgien und Griechenland - Nr. 30696/09 - NVwZ 2011, 413) hat der Gerichtshof eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Art. 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Unterbringung von Asylbewerbern in Haftzentren ohne Angabe von Gründen eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden sei. Es gebe auch zahlreiche übereinstimmende Zeugenaussagen zu überfüllten Zellen, Schlägen durch Polizisten und unhygienischen Bedingungen in dem Haftzentrum neben dem internationalen Flughafen von Athen. Hinzu komme, dass der Beschwerdeführer monatelang und ohne Perspektive in extremer Armut gelebt habe und außer Stande gewesen sei, für seine Grundbedürfnisse - Nahrung, Hygieneartikel und eine Unterkunft - aufzukommen. Er sei über Abhilfemöglichkeiten nicht angemessen informiert worden und habe in der ständigen Angst gelebt, angegriffen beziehungsweise überfallen zu werden.
40 
Art. 3 EMRK kann aber nicht in dem Sinne verstanden werden, dass er (aus sich heraus) die Vertragsparteien verpflichtet, jedermann in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09, M.S.S. -, a.a.O., Rn. 249, m.w.N). Etwas anderes gilt aber nach der genannten Entscheidung des EGMR, wenn der jeweilige Staat auf Grund bindender rechtlicher Vorgaben die Pflicht zur Versorgung mittelloser Asylsuchender mit einer Unterkunft und einer materiellen Grundausstattung hat, wie hier nach der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (ABl. L 180/96 - Aufnahmerichtlinie), welche die zuvor gültig gewesene Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.01.2003 (ABl. L 31/18) ersetzt hat. Die genannten Richtlinien haben Minimalstandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedstaaten festgelegt. Hier sind die konkreten Anforderungen an die festzustellende Schwere der Schlechtbehandlung niedriger anzusetzen.
41 
Wenn der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 21.12.2011 (a.a.O.) als Voraussetzung für eine unzulässige Überstellung an einen anderen an sich zuständigen Mitgliedstaat wegen sog. systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen fordert, dass diese Annahme einer drohenden Verletzung des Grundrechts aus Art. 4 GRCh durch ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe gestützt wird, so setzt dies voraus, dass die festgestellten Tatsachen hinreichend verlässlich und aussagekräftig sind; nur unter dieser Voraussetzung ist es nach der maßgeblichen Sicht des Europäischen Gerichtshofs gerechtfertigt, von einer Widerlegung des „gegenseitigen Vertrauens“ der Mitgliedstaaten untereinander auszugehen. In diesem Zusammenhang müssen die festgestellten Tatsachen und Missstände verallgemeinerungsfähig sein, um die Schlussfolgerung zu rechtfertigen, dass es nicht nur vereinzelt, sondern immer wieder und regelhaft zu Grundrechtsverletzungen nach Art. 4 GRCh kommt. Das bei einer wertenden und qualifizierten Betrachtungsweise zugrunde zu legende Beweismaß ist das der beachtlichen Wahrscheinlichkeit im herkömmlichen Verständnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung, das sich nicht von dem in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Beweismaß des „real risk“ unterscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - NVwZ 2013, 936, Rn. 32; Beschluss vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris, Rn. 9).
42 
Daraus, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 21.01.2011 (a.a.O., Rn. 263 f.) verschiedentlich auf die besondere Situation des Beschwerdeführers in Griechenland abgestellt und diese besonders erwähnt hat, kann nicht geschlossen werden, dass in den Fällen, in denen die Betroffenen sich im fraglichen Mitgliedstaat schon einmal aufgehalten und dabei eine relevante Schlechtbehandlung erfahren hatten, bei der Feststellung systemischer Mängel des Asylsystems im Falle eines Verweises auf dieses Land geringere Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen und eine niedrigere Beachtlichkeitsschwelle zugrunde zu legen sind. Die Ausführungen haben lediglich die Funktion, die allgemein gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich plausibel zu machen und gewissermaßen zu verifizieren.
43 
b) Dieses zugrunde gelegt ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Asylverfahren in Italien jedenfalls heute unter systemischen Mängeln leidet, die den Kläger der konkreten Gefahr aussetzen würden, im Falle einer Rücküberstellung nach Italien einer menschenunwürdigen Behandlung ausgesetzt zu sein.
44 
aa) Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln wird hinreichend deutlich, dass in Italien durchaus ein ausdifferenziertes Verfahren zur Aufnahme von Flüchtlingen und zur Durchführung eines effektiven Prüfungs- und Anerkennungsverfahren installiert ist, das - von einzelnen Unzulänglichkeiten abgesehen (vgl. hierzu im Folgenden) - den auch unionsrechtlich zu stellenden Anforderungen noch genügt und eine zweckentsprechende Behandlung der Flüchtlinge ermöglicht.
45 
Zunächst ist festzuhalten, dass das eigentliche materielle Prüfungsverfahren selbst als effektiv beschrieben wird, keine wesentlichen strukturellen Mängel aufweist und zu einer durchaus zufriedenstellenden Schutzquote führt (vgl. UNHCR, UNHCR-Empfehlungen zu wichtigen Aspekten des Flüchtlingsschutzes in Italien, Juli 2013, S. 8 ff.).
46 
Das in Italien installierte Asyl- und Aufnahmeverfahren kann wie folgt beschrieben werden: Nach Einreichung des Asylantrags werden die Asylbewerber zunächst für maximal 35 Tage in den sog. CARA („Centri di Accoglienza per Richiendenti Asilo“) unterbracht. Teilweise werden allerdings Asylsuchende auch in den für Migranten, die nicht um Asyl nachgesucht haben, bereitgehaltenen Aufnahmeeinrichtungen (CDA - „Centri di Accoglienza“) aufgenommen. Im Anschluss hieran ist ein Übergang in das Aufnahmesystem SPRAR („Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati“) vorgesehen, das nicht nur aus staatlichen Einrichtungen besteht, sondern aus einer Vielzahl von Unterkünften, die von den Kommunen, den Kirchen und kirchlichen Einrichtungen sowie von anderen Nichtregierungsorganisationen betrieben und in denen auch zahlreiche differenzierte Integrationsmaßnahmen angeboten werden. Der regelmäßige Aufenthalt ist auf sechs Monate begrenzt, kann aber bis zu einem Jahr ausgedehnt werden (vgl. hierzu SFH, Italien: Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, S. 22 ff.; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.; CIR und Ecre, Asylum Information Database, National Country Report Italy, November 2013, S. 43). Die Tatsache, dass das System offensichtlich nur funktionieren kann, weil der italienische Staat auf eine Palette nicht-staatlicher Ressourcen zurückgreifen kann, wobei es dabei aber auch zu unübersehbaren durch Informationsdefizite verursachten Koordinierungsproblemen gekommen ist, die erst in jüngster Zeit in Angriff genommen wurden (vgl. SFH, a.a.O., S. 12), ist unerheblich und führt zu keinem relevanten Mangel des italienischen Asylsystems. Denn aus der Sicht des Unionsrechts, namentlich des hierdurch geforderten Grundrechtsschutzes, ist gewissermaßen der Erfolg geschuldet, der auch auf eine Umsetzung eines richtig verstandenen Subsidiaritätsprinzips gründen kann.
47 
Nach einem positiven Abschluss des Verfahrens sind die international Schutzberechtigten grundsätzlich den italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung („Permesso di Soggiorno“), haben freien Zugang zum Arbeitsmarkt und Zugang zu den Leistungen des öffentlichen Gesundheitssystems (mit allen Mängeln und Defiziten, wie sie auch für die eigenen Staatsangehörigen gelten). Eine staatlich organisierte Unterbringung ist dabei nicht mehr vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa SFH, a.a.O., S. 22, 25; UNHCR, a.a.O., S. 14 f.).
48 
bb) Demgegenüber sind allerdings Mängel des Aufnahmeverfahrens sowie seines Vollzugs nicht zu übersehen, ohne dass - jedenfalls heute - diese Mängel insgesamt zu dessen weitgehender Funktionsunfähigkeit führen würden.
49 
Ein übereinstimmend beschriebener struktureller Mangel bestand darin, dass die Erstaufnahme nach einer Asylantragstellung bei der Questura erst dann erfolgte, wenn die offizielle förmliche Registrierung (sog. „verbalizzazione“) vorgenommen worden war. Zwischen beiden Akten konnte - im Wesentlichen aber nur in den Großstädten, insbesondere in Rom und Mailand - ein nicht unerheblicher Zeitraum liegen, in dem wegen des noch fehlenden Zugangs zum Aufnahmesystem die Asylbewerber auf sich gestellt waren und daher konkret Obdachlosigkeit drohen konnte (vgl. SFH, a.a.O., S., 12; CIR und Ecre, a.a.O., S. 13 f.). Mittlerweile wurden allerdings die zuständigen Behörden im Sommer 2013 nach einer Intervention der EU-Kommission angewiesen, dass die Registrierung bereits bei der Stellung des Asylantrags zu erfolgen hat (vgl. SFH, a.a.O., S. 12). Nicht unbedenklich und schwer nachvollziehbar ist es auch, dass schon die Stellung des Antrags (und daher der Zugang zum gesamten Asylsystem) überhaupt von einigen Behörden zumindest davon abhängig gemacht wird, dass die Betroffenen eine Wohnbescheinigung bzw. eine Kontaktadresse vorlegen, jedenfalls soweit der Antrag nicht an der Grenze, insbesondere auf einem Flughafen gestellt wird. Allerdings werden von den zuständigen Behörden auch von Nichtregierungsorganisationen ausgestellte (teils „virtuelle“) Adressen akzeptiert, wobei vermutlich diese dann als eine Art Briefkasten fungieren (vgl. SFH, a.a.O., S. 11 f.; CIR und ECRE, a.a.O., S. 13).
50 
In der Vergangenheit waren die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend dadurch gekennzeichnet, dass mit Rücksicht auf die hohen Zugangszahlen von Asylbewerbern in den letzten Jahren (v.a. in den Jahren 2008 bis 2011) das Asylsystem Italiens so erheblich belastet war, dass die Aufnahmekapazitäten offenkundig nicht mehr ausreichend waren und eine schnelle Abhilfe zunächst auch wegen der allgemein schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Italien nicht geleistet wurde. Bereits im Jahre 2011 entwickelte Italien allerdings einen ersten Notaufnahmeplan, mit dem zunächst 26.000 Plätze bereitgestellt wurden (vgl. AA vom 21.01.2013 an OVG Sachsen-Anhalt; UNHCR, a.a.O., S. 10 ff.); zugleich wurden im SPRAR-System die zur Verfügung stehenden Plätze aufgestockt, wobei es sich dabei allerdings teilweise auch um „Umwidmungen“ gehandelt haben könnte (vgl. SFH, a.a.O., S. 22). Auch werden aufgrund einer Anordnung des Innenministeriums bis zum Jahre 2016 die Unterbringungskapazitäten um weitere Plätze in der Größenordnung von 16.000 erhöht (vgl. SFH, a.a.O., S. 22; auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 42, 44 f. und 47). Schließlich sollen durch ein neues Informationssystem „Vestanet“ die Verfahrensabläufe verbessert werden mit dem Ziel einer spürbaren Verkürzung der Verfahren, insbesondere einer Optimierung der Verteilungen und Zuweisungen (SFH, a.a.O., S. 12). Diese Entwicklungen werden von UNHCR insgesamt positiv beurteilt mit der Folge, dass dieser sich nicht gegen Überstellungen von Asylbewerbern an Italien ausgesprochen hat (vgl. a.a.O., S. 17; vgl. auch dessen Ergänzende Informationen vom März 2014). Dass heute ein offenkundiges Missverhältnis zwischen dem Unterkunftsbedarf und den zur Verfügung stehenden Kapazitäten bestehen könnte, lässt sich ausreichend belastbar den verwerteten Erkenntnismitteln nicht entnehmen. Insbesondere lässt sich aus der Stellungnahme von UNHCR nicht folgern, dass heute die nach wie vor bestehenden Engpässe, die aber allenfalls regionalen Charakter haben (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 12 f.), dazu führen würden und könnten, dass Asylbewerber in signifikanter Zahl und typischerweise der Obdachlosigkeit überlassen wären. Auch der Stellungnahme der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (vgl. S. 13 ff.; vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 24 f.) lässt sich nicht entnehmen, dass Obdachlosigkeit von Asylbewerbern gewissermaßen an der Tagesordnung wäre und eine charakteristische Erscheinungsform ausmachen würde. Wenn dort auf ein im Mai 2013 geführtes Interview Bezug genommen wird (a.a.O., S. 41), wonach es bei Rückkehrern „relativ häufig“ passiere, dass sie auf der Straße landeten, so ist dieses vor dem Hintergrund der vorgenannten Erkenntnismittel weder nach Quantität noch nach der regionalen Zuordnung hinreichend aussagekräftig und belastbar. Die Tatsache, dass solches andererseits nicht ausgeschlossen ist und die Betroffenen ggf. zeitweise in Notunterkünften (namentlich von Kirchen und Nichtregierungsorganisationen) unterkommen müssen (vgl. auch SFH, a.a.O., S. 15 ff., 33 ff.), begründet keine systemischen Mängel nach dem Verständnis des Europäischen Gerichtshofs, und zwar auch dann nicht, wenn man in Rechnung stellt, dass nach den verwerteten Erkenntnismitteln zumindest in Rom und Mailand Obdachlosigkeit bzw. das Leben in verlassenen oder besetzten Häusern ein nicht mehr zu übersehendes allgemeines Phänomen ausmacht (vgl. zu den Verhältnissen in Rom, Florenz und Mailand SFH, a.a.O., S. 36 ff.), wobei es sich dabei wohl überwiegend um international schutzberechtigte Personen, aber auch solche, die sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden hatten, handeln dürfte. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass beispielsweise festgestellte Fälle von Obdachlosigkeit und völlig unzureichende Wohnverhältnisse nicht allein dem italienischen Asylsystem zugerechnet werden dürfen. CIR und ECRE (a.a.O., S. 42) weisen darauf hin, dass auch immer wieder eine nicht unerhebliche Zahl von Personen, die im Land verteilt wurden, schlicht untergetaucht sind und unauffindbar waren und dadurch zu den festgestellten Missständen beitragen. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass gerade die Massierung in den Großstädten, wie Rom und Mailand, monokausal dem italienischen Asylsystem zur Last gelegt werden kann, und nicht vielmehr auch von den dort lebenden Personen - aus welchen Gründen auch immer - bewusst die Entscheidung getroffen wird, in den Großstädten zu verbleiben oder überhaupt erst dorthin zu gehen.
51 
Bei der inhaltlichen und qualitativen Bewertung des Asylsystems darf zudem nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der italienische Staat in der jüngsten Vergangenheit erhebliche Anstrengungen unternommen hat und auch weiter unternimmt, um die durch stark angestiegene Flüchtlingszahlen verursachten Mängel zu beheben (vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris), die allerdings auch in nicht unerheblichem Maße darauf beruhten, dass der italienische Staat nicht rechtzeitig und angemessen den Herausforderungen entgegengetreten war.
52 
Wenn jüngsten Presseberichten (vgl. Süddeutsche Zeitung vom 11.04.2014) zu entnehmen ist, dass in diesem Frühjahr die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Flüchtling in Italien wieder erheblich angestiegen ist, kann mit Rücksicht auf die in der Vergangenheit auch mit Hilfe der EU ins Werk gesetzten Reform- und Ausbaumaßnahmen daraus nicht abgeleitet werden, das italienische Asylsystem werde wieder, wie schon vor dem Jahre 2012 in einem solchen Maße überfordert sein, dass die Bejahung systemischer Mängel ernsthaft in Betracht gezogen werden müsste.
53 
cc) Für sog. Dublin-Rückkehrer vermag UNHCR ebenfalls keine grundlegenden Unzulänglichkeiten zu erkennen, wobei er aber einschränkend darauf hinweist, dass bedingt durch die beschriebenen Engpässe solche Rückkehrer mitunter eine Reihe von Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung auf dem Flughafen verbringen müssen, die von Nichtregierungsorganisationen versorgt, somit eben nicht regelmäßig in die Obdachlosigkeit entlassen werden (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 13). Auch CIR und ECRE (a.a.O., S. 42 ff.) beschreiben lediglich Unzulänglichkeiten, messen aber ausdrücklich diesen keinen das gesamte System negativ prägenden und dieses infrage stellenden Charakter bei. Mitunter kommt es allerdings zu Problemen deshalb, weil die nicht-staatlichen Organisationen, die die Rückkehrer auf den Flughäfen betreuen, nicht ausreichend über deren Ankunft informiert wurden (SFH, a.a.O., S. 14). CIR und ECRE (a.a.O., S. 25) konstatieren aber auch hier Verbesserungen.
54 
dd) Dass die relevante Teilgruppe der Familien mit Kindern, zu der der Kläger nicht rechnet, besonders nachteilig betroffen wäre, vermag der Senat nicht zu erkennen. SFH (a.a.O, S. 41) berichtet sogar, dass Mütter mit Kindern vornehmlich durch kirchliche Stellen eher bevorzugt aufgenommen werden, es dann aber - bedingt durch die knappen Aufnahmekapazitäten - auch zu vorübergehenden Familientrennungen kommen könne (vgl. auch UNHCR, a.a.O., S. 13, wonach Familien und andere besonders verletzliche Personen vermehrt in den CARAs verblieben, aber jedenfalls untergebracht werden).
55 
Auch wenn kein förmliches System der Früherkennung besonders verletzlicher Personen in das italienische Asylsystem implementiert ist, so wird insgesamt deren Behandlung als zufriedenstellend beschrieben (CIR und ECRE, a.a.O., S. 33).
56 
ee) Auch die Lage der Personen, die in Italien einen internationalen Schutzstatus zuerkannt bekommen haben, begründet noch keine systemischen Mängel. Die oben beschriebene rechtliche Situation dieses Personenkreises, die dadurch gekennzeichnet ist, dass dieser den italienischen Staatsbürgern umfassend gleichgestellt ist, bedingt aber faktisch, dass die Betroffenen, was Unterkunft und Erzielung des Lebensunterhalts betrifft, ein Stück weit auf sich selbst gestellt sind. Sie können teilweise (mit nicht unerheblichen Wartezeiten) im SPRAR-System unterkommen, wobei im Hinblick auf die betriebene Vermehrung von Unterkunftsplätzen hier eine Verbesserung eintreten wird. Zudem stellen die Gemeinden und Kirchen bzw. den Kirchen nahestehende Organisationen landesweit (Not-)Unterkünfte zur Verfügung (vgl. SFH, a.a.O., 22, 27, 30). Auch wenn hier selbst Familien mit Kindern gelegentlich in Notunterkünften, Obdachloseneinrichtungen und Behelfssiedlungen unterkommen müssen und im Jahre 2012 rund 1700 international Schutzberechtigte (in Rom, Florenz und Mailand) in verlassenen bzw. besetzten Häusern lebten (vgl. UNHCR, a.a.O., S. 15; vgl. hierzu auch oben bb), davon gelegentlich auch Frauen, so kann insgesamt und landesweit gesehen nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Asylbewerber bei einem Verweis auf das Asylsystem Italiens im Falle der Anerkennung der Schutzberechtigung tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Dies gilt auch in Ansehung der Tatsache, dass Italien kein mit dem in der Bundesrepublik bestehenden Sozialleistungssystem vergleichbares landesweites Recht auf Fürsorgeleistungen kennt und hier nur im originären Kompetenzbereich der Regionen und Kommunen ein sehr unterschiedliches und in weiten Teilen von der jeweiligen Finanzkraft abhängiges Leistungsniveau besteht (SFH, a.a.O., S. 47 ff.). Es gibt nach allen verwerteten Erkenntnismitteln keinen Anhalt dafür, dass Asylbewerber von Einzelfällen abgesehen am Rande des Existenzminimums oder gar darunter leben müssten.
57 
Wenn die Situation psychisch Kranker (während des Asylverfahrens wie auch danach) als besonders prekär bezeichnet wird (vgl. SFH, a.a.O., S. 38), so bedarf es für den vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob insoweit ggf. regelhaft ein nicht befriedigter Schutz- und Betreuungsbedarf besteht, da der Kläger nicht zu diesem Personenkreis rechnet. Im Übrigen ist der Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem auch tatsächlich im Wesentlichen gewährleistet, wenn es auch bei der Erlangung der sog. Gesundheitskarte gelegentlich zu Problemen kommt, bis eine offizielle Wohnanschrift sowie eine Steuernummer mitgeteilt werden kann; hier werden aber auch „virtuelle Adressen“ akzeptiert (vgl. SFH, a.a.O., S. 49 f.). SFH beschreibt in diesem Zusammenhang eine unzureichende Informationslage der Flüchtlinge hinsichtlich der ihnen zustehenden Rechte; dieses Problem geht im Übrigen über den Aspekt der Gesundheitswesens hinaus und kann grundsätzlich alle Aspekte des Asylsystems betreffen (vgl. auch CIR und ECRE, a.a.O., S. 14, 50 und 54).
58 
Diese Einschätzung des Senats, wonach systemische Mängel im Asylsystem Italiens nicht festgestellt werden können, steht im Einklang mit den jüngsten Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG NRW, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21.12.A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.11.2013 - 4 L 44/13 - juris, Nieders.OVG Beschluss vom 30.01.2014 - 4 LA 167/13 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17.10.2013 - OVG 3 S 40.13 - juris; VG Würzburg, Beschluss vom 21.03.2014 - W 6 S 14.50007 - juris; VG Wiesbaden, Beschluss vom 06.03.2014 - 5 L 246/14.WI.A - juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28.02.2014 - A 12 K383/14 - juris; VG Ansbach, Beschluss vom 13.02.2014 - AN 2 S 14.30090 - juris; VG Saarland, Beschluss vom 27.01.2014 - 3 K 339/13 - juris; VG Oldenburg, Beschluss vom 21.01.2014 - 3 B 6802/13 - juris; VG Regensburg, Beschluss vom 18.12.2013 - RN 6 S 13.30720 - juris; VG Meiningen, Urteil vom 26.06.2013 - 5 K 20096/13 Me - juris; VG Augsburg, Beschluss vom 19.12.2012 - Au 6 E 12.30377 - juris; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07.09.2012 - 6 L 1480/12.A - juris; a.A. noch OVG NRW, Beschluss vom 01.03.2012 - 1 B 234/12.A - juris; VG Gießen, Urteil vom 25.11.2013 - 1 K 844/11.GI.A - juris; VG Schwerin, Beschluss vom 13.11.2013 - 3 B 315/13 As - juris; VG Frankfurt, Urteil vom 09.07.2013 - 7 K 560/11.F.A. - juris; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 16.05.2013 - 5a L 547/13.A - juris; VG Köln, Beschluss vom 07.05.2013 - 20 L 613/13.A - juris).
59 
3. Sonstige zur Aufhebung der Abschiebungsanordnung vom 03.12.2012, die - anders als die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a AsylVfG - keine Rückkehrentscheidung im Sinne der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 darstellt (vgl. GK-AufenthG § 59 Rn. 268), führende Mängel sind nicht ersichtlich. Auch ist aufgrund des Vorbringens des Klägers nichts dafür ersichtlich, dass er aus ganz speziellen und nur ihn individuell betreffenden Gründen in Italien einer unmenschlichen Behandlung etc. ausgesetzt sein könnte oder dass man sich in Italien seiner ohne Prüfung des Asylgesuchs und unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen könnte, und deshalb eine Rückführung nach Italien unzulässig wäre.
III.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und § 83b AsylVfG. Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere liegt keine grundsätzliche Bedeutung vor, weil eine weitergehende Schutzwirkung des unionsrechtlichen Beschleunigungsgebots als sie der Senat für richtig und geboten hält, offensichtlich ausscheiden muss.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Verfahren 1. Instanz bewilligt und Frau Rechtsanwältin L.       N.      aus Köln zu den Bedingungen eines im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts Aachen niedergelassenen Rechtsanwalts beigeordnet.

Die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 174/14.A erhobenen Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Januar 2014 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


G r ü n d e :

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. Januar 2014 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt die Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 26. Februar 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Januar 2014 wird aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin ist nach eigenen Angaben äthiopische Staatsangehörige. Sie wurde bei einer Kontrolle der Bundespolizei am 14. Oktober 2013 aufgegriffen. Sie gab an, sie habe im Oktober 2011 in Belgien einen Asylantrag gestellt, der abgelehnt worden sei. Um einer Abschiebung nach Äthiopien zu entgehen, sei sie nach Deutschland gereist.

Die belgischen Behörden akzeptierten das Rückübernahmegesuch des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Schreiben vom 25. November 2013 und erklärten ihre Zuständigkeit gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) Nr. 343/2003.

Mit Bescheid vom 17. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig ist (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung der Klägerin nach Belgien an (Ziffer 2).

II.

Am 31. März 2014 erhob die Antragstellerin Klage mit dem sinngemäßen Antrag,

den Bescheid des Bundesamtes vom 17. Januar 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde mit Beschluss der Kammer vom 4. Februar 2014 wegen Verfristung abgelehnt (Nr. W 3 S 14.30093).

In der Folgezeit befand sich die Klägerin im Kirchenasyl.

Nach Ablauf der Überstellungsfrist lehnte es das Bundesamt ab, den Bescheid vom 17. Januar 2014 abzuändern oder aufzuheben.

Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Mit Beschluss vom 9. Januar 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Parteien konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Das Gericht legt gemäß § 88 VwGO das Klagebegehren als Anfechtungsklage aus. Letztendlich geht es um die Übernahme ins nationale Verfahren wegen Ablaufs der Überstellungsfrist. Eines Ausspruchs des Gerichts, dass die Beklagte für die Bearbeitung des Asylantrages zuständig ist, bedarf es nicht. Denn mit einer Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides ist das Bundesamt bereits nach § 31 Abs. 2 AsylVfG von Gesetzes wegen zur Fortführung des Asylverfahrens verpflichtet.

Die statthafte Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben. Die Klägerin ist auch klagebefugt, weil sie geltend machen kann, in ihrem Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens gemäß Art. 16a Abs. 1 GG bzw. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der VO (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-VO) verletzt zu sein.

Die zulässige Klage ist auch begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) erweist sich der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom17. Januar 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Der Bescheid vom 17. Januar 2014 ist mit dem unstreitigen Ablauf der Überstellungsfrist objektiv rechtswidrig geworden. Vorliegend ist gemäß Art. 49 UA 2 Satz 2 der VO (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) der zuständige Mitgliedsstaat nach den Kriterien der VO (EG) Nr. 343/2003 zu bestimmen. Die belgischen Behörden haben das Rückübernahmegesuch mit Schreiben vom 25. November 2013 akzeptiert. Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO erfolgt die Überstellung des Antragstellers von dem Mitgliedsstaat in dem der Asylantrag gestellt wurde in den zuständigen Mitgliedsstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedsstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO). Auch das Bundesamt geht davon aus, dass die Überstellungsfrist abgelaufen ist. Da der Asylantrag nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unzulässig ist, ist Ziffer 1 des Bescheides vom 17. Januar 2014 rechtswidrig geworden. Folglich kommt auch eine Anordnung der Abschiebung nach Belgien nicht mehr in Betracht. Dass Belgien ausnahmsweise nach Fristablauf noch zur Übernahme der Klägerin bereit wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die objektive Rechtswidrigkeit des Bescheides verletzt die Klägerin auch in ihren Rechten, denn sie hat gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin II-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Durchführung eines Asylverfahrens. Dieses Recht ist verletzt, wenn sich die Beklagte auch nach Ablauf der Überstellungsfrist weiter auf die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses bestehende Zuständigkeit des ersuchten Mitgliedsstaates beruft. Für die Rechtsverletzung kommt es nicht darauf an, ob der Fristablauf für die Klägerin nunmehr ein subjektives Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in Deutschland begründet. Denn durch den Fristablauf wird das Verfahren gleichsam in den Zustand zurückversetzt, in dem es sich bei der Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrages wieder auf.

Vorliegend handelt es sich um einen Zweitantrag i.S.d. § 71a AsylVfG. Eine Umdeutung des Bescheides vom 17. Januar 2014 in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen des § 47 VwVfG für eine Umdeutung nicht vorliegen.

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und -form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen zwischen der umzudeutenden und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen, d.h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, U.v. 28.2.1975 - IV C 30.73 - juris Rn. 27 m.w.N.).

Hinsichtlich der Ziffer 1 des Bescheides vom 17. Januar 2014 ist diese Voraussetzung im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht mehr erfüllt, weil jetzt die Ablehnung der Prüfung des Zweitantrages die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung in ihrer rechtlichen Tragweite deutlich übersteigt. Nach Ablauf der Überstellungsfrist hat die Ablehnung des Zweitantrages eine entscheidend andere Rechtswirkung. Die Entscheidung im Dublin-Verfahren erschöpft sich nämlich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach den Vorschriften der Dublin-Verordnungen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die gleiche Frage stellt sich zwar zunächst auch bei § 71a Abs. 1 AsylVfG, wonach nur dann ein Zweitverfahren durchzuführen ist, wenn die Bundesrepublik Deutschland für das Zweitverfahren zuständig ist. Insoweit deckt sich die materiell-rechtliche Tragweite beider Entscheidungen. Dieses Deckungsverhältnis besteht aber nur solange, als sichergestellt ist, dass die Beklagte nicht zur Prüfung des Zweiteintrages zuständig ist. Eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG und § 71a AsylVfG unterscheidet sich während offener Überstellungsfrist nicht. Hier wie dort wäre der materiell-rechtliche Gehalt der Entscheidung identisch, denn er würde sich in der Aussage erschöpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland für das jeweilige Verfahren nicht zuständig ist. Daneben würde, ebenso wie bei § 27a AsylVfG, gemäß § 71 Abs. 4 i.V.m. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG eine Abschiebungsanordnung in den zuständigen Staat erfolgen. Denn solange die Beklagte nicht für den Zweitantrag zuständig ist, kommt es auf Wiederaufnahmegründe nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht an.

Sobald jedoch die Überstellungsfrist abgelaufen ist, kommt die von der Beklagten beabsichtigte Umdeutung nicht in Betracht, denn der Ablauf der Frist verändert in maßgeblicher Hinsicht die materiell-rechtliche Tragweite einer Entscheidung nach § 71a AsylVfG. Ab diesem Zeitpunkt verneint der Bescheid nach § 71a AsylVfG nämlich Wiederaufgreifensgründe und zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse. Die Beklagte müsste nämlich im Rahmen des Zweitantrages, für den sie im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständig ist, nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen. Damit würde aber der Bescheid ganz andere Rechtswirkungen erhalten, die in dem ursprünglichen Ausgangsbescheid keine Rolle gespielt haben und somit auch darin nicht enthalten waren. Deshalb scheitert die von der Beklagten vorgenommene Umdeutung der Ziffer 1 des Bescheides bereits an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses.

Aus dem gleichen Grund kann auch die Abschiebungsanordnung nach Belgien nach § 34a AsylVfG nicht in eine Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland der Klägerin umgedeutet werden. Auch hier fehlt es offensichtlich an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses. Zudem wäre die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat gegenüber der Abschiebung in den Mitgliedsstaat eine vergleichsweise ungünstigere Rechtsfolge. Somit steht § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG der Umdeutung entgegen.

Schließlich scheitert eine Umdeutung des Bescheides vom 17. Januar 2014 an den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen. Für den durch die Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 47 Rn. 17). Die Klägerin wurde zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrages (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nicht angehört, wie dies nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i.V.m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG vorgeschrieben ist.

Nachdem die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheides ausscheidet, erlangt die Klägerin entgegen der Ansicht der Beklagten durch die Aufhebung des Bescheides auch einen rechtlichen Vorteil. Denn nach Aufhebung des Bescheides ist die Beklagte verpflichtet, das Verwaltungsverfahren wiederaufzunehmen.

Das Gericht kann die Voraussetzungen für eine Umdeutung des Verwaltungsaktes im gerichtlichen Verfahren auch nicht herbeiführen. Zwar hat das Gericht grundsätzlich die Sache spruchreif zu machen. Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, nach Ansicht der Kammer keine Anwendung (vgl. auch BayVGH, U.v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 -; VGH BW, U.v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - beide: juris). Denn wenn das Asylbegehren in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist und das Gericht verpflichtet wäre, die Sache spruchreif zu machen, ginge der Klagepartei eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Außerdem würde ein Durchentscheiden des Gerichts dazu führen, dass es nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag sachlich auseinandersetzen und entscheiden würde. Dies wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 GG zumindest bedenklich.

Somit war der streitgegenständliche Bescheid mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG aufzuheben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

1. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 10. Oktober 2014 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig und die angeordnete Abschiebung nach Italien.

Der 1990 geborene Kläger, somalischer Staatsangehörigkeit, dem Volke der Tumal zugehörig und moslemischer Religionszugehörigkeit, reiste am ... 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 25. März 2014 Asylantrag.

Aufgrund eines EURODAC-Treffers für Italien der Kategorie 1 am 23. April 2014, wonach der Kläger bereits am 17. April 2013 in Italien/... Asyl beantragt hat, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 28. Mai 2014 ein Übernahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) an Italien, auf das innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Wochen nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO keine Antwort bei der Beklagten einging.

Mit Bescheid vom 10. Oktober 2014, zugestellt am 14. Oktober 2014, lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Klägers als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Italien aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Beklagte veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die geltend gemachten Einwände, in Italien Obdachlosigkeit sowie mangelnde Verpflegung und medizinische Versorgung erfahren zu haben, rechtfertigten keine abweichende Beurteilung. Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union erfülle gegenüber Drittstaatsangehörigen, die dort einen Asylantrag stellen, die Mindeststandards. Die Anordnung der Abschiebung nach Italien beruhe auf § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Mit dem beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach am 21. Oktober 2014 eingegangenen Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 20. Oktober 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung wird mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2014 ausgeführt, die Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1, 2 Dublin III-VO sei am 12. Dezember 2014 abgelaufen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 10. Oktober 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist müsse der Bescheid nicht aufgehoben werden. Vielmehr stelle sich der Asylantrag in Deutschland als Zweitantrag nach § 71 a AsylVfG dar, der mangels geltend gemachter Wiederaufgreifensgründe nach § 51 Abs. 1-3 VwVfG ebenfalls als unzulässig abzulehnen sei. Im Wege der Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG sei die mit Ziff. 1 des Bescheides ausgesprochene Ablehnung des Asylantrages als unzulässig daher aufrecht zu erhalten. Für die klageweise verfolgte Aufhebung von Ziff. 1 des Bescheides vom 10. Oktober 2014 fehle insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, jedenfalls sei der Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt. Im Hinblick auf die Abschiebungsanordnung seien nach Ablauf der Überstellungsfrist Modifizierungen als Abschiebungsandrohung in ein Drittland zu prüfen. Die in der Abschiebungsanordnung enthaltene Ausreiseaufforderung bleibe aufrecht erhalten.

Mit Beschluss vom 13. November 2014 wurde die Entscheidung über den Rechtsstreit auf die Einzelrichterin übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG). Mit Schriftsatz vom 12. Januar 2015 hat der Kläger sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 14. Januar 2015 auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Akte des Bundesamtes Bezug genommen.

Gründe

Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist nach § 74 Abs. 1 AsylVfG fristgemäß erhoben und als isolierte Anfechtungsklage statthaft (vgl. OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12. A; VG München, Gerichtsbescheid v. 28.4.2014 - M 21 K 13.31396 - jeweils juris). Denn im Falle einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig im Rahmen des insoweit vorgelagerten, sogenannten Dublin-Verfahrens ist eine Prüfung des Asylbegehrens des Klägers noch nicht erfolgt. Die Prüfung der Zuständigkeit und die inhaltliche Prüfung eines Asylbegehrens sind unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren (vergleiche OVG NRW a. a. O.). In dieser Situation ist die Klage lediglich als Anfechtungsklage gegen die Entscheidung des Bundesamtes nach §§ 27 a, 34 a AsylVfG statthaft.

Der Kläger, gegenüber dem weiterhin wirksam die Anordnung der Abschiebung nach Italien und die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig ausgesprochen ist, hat auch ein fortbestehendes, rechtlich schutzwürdiges Interesse an dem erstrebten Rechtsschutzziel. Das Rechtsschutzbedürfnis wäre nur dann abzusprechen, wenn die Rechtsverfolgung dem Kläger unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil verschaffen könnte. Dafür ist vorliegend nichts ersichtlich. Die von der Beklagten angeführte Möglichkeit einer verwaltungsrechtlichen Umdeutung nach § 47 VwVfG lässt indes nicht das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides entfallen.

Die Klage ist auch begründet.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 10. Oktober 2014 ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 AsylVfG) mit Ablauf der in Art. 29 Abs. 2 S. 1 Dublin III-VO geregelten Überstellungsfrist rechtswidrig geworden und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig in Ziff. 1 des angefochtenen Bescheides ist mit Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO wegen des damit verbundenen Übergangs der Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat rechtswidrig geworden.

Mangels eines eingelegten Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz bestimmt sich die Überstellungsfrist im vorliegenden Fall gemäß Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO nach dem Zeitpunkt der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens vom 28. Mai 2014, mithin nach der Zustimmungsfiktion nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III VO beginnend am 12. Juni 2014. Das Gericht folgt hinsichtlich der Fristberechnung nicht der in der Literatur vertretenen Auffassung, nach der wegen der nationalen Bestimmung des § 34 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG, wonach eine Abschiebung innerhalb der Antragsfrist von einer Woche eine Abschiebung nicht zulässig sei, davon ausgegangen wird, dass für den Fall eines unterlassenen Antrags auf Eilrechtsschutz die Überstellungsfrist wegen dieses nationalen Mechanismus erst ab Ablauf der Wochenfrist zu beginnen laufe, da während dieser Zeit die Abschiebung kraft Verfassungsrecht (Art. 19 Abs. 4 GG) ausgesetzt sei (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, Stand 11/2013, § 27 a Rn. 227). Diese Auffassung findet im Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO keine Stütze, der hinsichtlich des Fristbeginns an die Annahme des Aufnahmegesuchs oder die Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung anknüpft. Die in § 34 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG gesetzlich vorgesehene Aussetzung der Abschiebung während der Rechtsbehelfsfrist für den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt sich ohne entsprechenden Antrag auf Eilrechtsschutz jedoch gerade nicht als ein Rechtsbehelf oder eine Überprüfung dar, die den Lauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO erneut in Gang setzt. Nach dieser Auffassung könnte die Überstellungsfrist in keinem denkbaren Fall mit der Annahme des Aufnahmeersuchens beginnen, und die nationalen Behörden könnten durch den Zeitpunkt des Bescheiderlasses den Fristbeginn einseitig bestimmen. Dies stünde jedoch erkennbar im Widerspruch zu der Zielsetzung des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO, der durch die getroffene Fristenregelung im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung sowohl den Interessen des aufnehmenden als auch des überstellenden Mitgliedstaates Rechnung tragen will.

Die Überstellungsfrist begann vorliegend somit mit der Annahmefiktion nach Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO am 12. Juni 2014 war daher am 12. Dezember 2014 abgelaufen. Anhaltspunkte für eine Verlängerung der Frist nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO oder eine fortbestehende Aufnahmebereitschaft des Mitgliedstaats Italien trotz Ablaufs der Überstellungsfrist sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als vorliegend der Mitgliedstaat Italien weder auf das Aufnahmeersuchen noch auf eine Erinnerung des Bundesamts reagiert hat, mithin die Übernahmebereitschaft nicht positiv bekundet wurde. Mit Ablauf der Überstellungsfrist endet die durch die Zustimmungsfiktion auf das Aufnahmeersuchen begründete Zuständigkeit des Mitgliedstaats Italien, und die Beklagte ist für den bei ihr gestellten Asylantrag nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig geworden.

Den Übergang der Zuständigkeit für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz auf die Beklagte kann der Kläger auch geltend machen. Dem steht nicht die Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes entgegen, wonach der Asylbewerber dem erfolgreichen Aufnahmeersuchen nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen treten kann (vergleiche EuGH, U. v. 10.12.2013 - C -394/12 - juris). Daraus wird in der Rechtsprechung die Folgerung gezogen, ein Asylbewerber habe kein umfassendes subjektiv-öffentliches Recht auf eine Überprüfung, ob der zur Aufnahme bereite Mitgliedstaat tatsächlich nach objektivem Recht der nach dem Zuständigkeitsregime der Dublin-Verordnungen auch zuständige Mitgliedstaat sei oder ob nicht zwischenzeitlich ein anderer Mitgliedstaat bzw. - durch Zeitablauf oder durch konkludenten Selbsteintritt - die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden sei (so NdsOVG, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14; HessVGH, B. v. 25.8.2014 - 2 A 975/14. A - OVG RhPf., U. v. 21.2.2014 - 10 A 10656/13; VGH BW, U. v. 27.8.2014 - A 11 S 1285/14 - und U. v. 26.2.2014 - A 3 S 698/13 - jeweils juris).

Zwar kann grundsätzlich eine Berufung auf eine Verletzung von Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin-Verordnungen der Klage eines Asylbewerbers mangels einklagbarer subjektiver Rechte nicht zum Erfolg verhelfen. Denn der Unionsgesetzgeber hat die Bestimmungen der Dublin-Verordnungen erlassen, um im Interesse der Verfahrensbeschleunigung die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Anträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und dadurch einem „forum shopping“ zuvorzukommen (vgl. EuGH, a.a.O, Nr. 53). Einer der Hauptzwecke der Verordnung besteht in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Asylanträge nicht zu gefährden (vgl. EuGH, a. a. O., Nr. 59). Wegen des vorrangigen Ziels einer eindeutigen und zeitnahen Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates wollte der Unionsgesetzgeber einem Asylbewerber mit der Dublin II-Verordnung und gleichermaßen mit der Dublin III-Verordnung keine weitergehende Rechtsposition vermitteln, seinen Asylantrag in einem ganz bestimmten Mitgliedstaat, in dem er einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat, prüfen zu lassen.

Etwas anderes hat jedoch dann zu gelten, wenn durch den Übergang der Zuständigkeit auf den prüfenden bzw. ersuchenden Mitgliedstaat infolge Ablaufs der Überstellungsfrist und nunmehr fehlender Aufnahmebereitschaft des ersuchten Mitgliedstaates die Gefahr besteht, dass der Antrag des Asylbewerbers in keinem Mitgliedstaat geprüft wird. Denn auch wenn die Dublin III-Verordnung kein subjektives Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat begründet, so ist die Rechtsstellung des Einzelnen zumindest insoweit als geschützt anzusehen, als jedenfalls ein zuständiger Mitgliedstaat für die Prüfung des Asylbegehrens gewährleistet sein muss. Das mit dem Dublin III-VO verfolgte Interesse einer Verfahrensbeschleunigung und die Überstellungsfrist von sechs Monaten schützen auch das Interesse des Einzelnen an einer Durchführung des Asylverfahrens binnen angemessener Frist (vgl. VG Münster, U. v. 19.11.2014 - 1 K 1136/14.A -; VG Karlsruhe, B. v. 30.11.2014 - A 5 K 2026/14 - juris). Zumindest dann, wenn zur Fristüberschreitung als solche eine fehlende Übernahmebereitschaft des zunächst zuständigen Mitgliedstaates hinzukommt und damit die inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens insgesamt versagt bleiben könnte, ist eine geltend zu machende subjektive Rechtsposition zu bejahen (vgl. „Umschlagen in eine Grundrechtsverletzung“, VG Hannover, B. v. 10.11.2014 - 1 B 12764/14 - juris). Durch den Übergang der Zuständigkeit infolge Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO ohne fortbestehende Übernahmebereitschaft des zunächst zuständigen Mitgliedstaat ist somit die Rechtsstellung des Klägers insoweit betroffen, als mit dem Zuständigkeitsübergang das Rechtsregime der Dublin III-Verordnung endet und ihm mit dem Übergang ins nationale Verfahren eine Behandlung seines Asylantrages nach dem Asylverfahrensgesetz zusteht (ebenso VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - AN 10 K 14.30043 -; VG Aachen, U. v. 18.11.2014 - 9 K 161/14. A -; VG Würzburg, B. v. 30.10.2014 - W 3 E 14.50144; a.A. VG Würzburg, B. v. 11.6.2014 - W 6 S 14.50065 - jeweils juris).

Eine Umdeutung des Bescheides vom 10. Oktober 2014 in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG ist nicht möglich, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG für eine Umdeutung nicht vorliegen.

Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und -form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.

Der einer Umdeutung zugrunde liegende Rechtsgedanke ist, dass eine einmal getroffene rechtliche Regelung soweit wie möglich aufrecht zu erhalten ist, wenn der Fehler des ursprünglichen Verwaltungsaktes durch die Erkenntnis einer neuen Rechtsfolge, das Ersetzen der Regelung beseitigt werden kann (vgl. Schemmer in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, § 47 Rn. 1, 6). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dürfen zwischen der umzudeutenden und der durch die Umdeutung erzeugten Regelung keine wesentlichen rechtlichen Unterschiede bestehen, d. h. der neue Verwaltungsakt muss die gleiche materiell-rechtliche Tragweite besitzen (BVerwG, U.v. 28.2.1975 - IV C 30.73 - juris Rn. 27 m. w. N.). Aufgrund der Umdeutung darf sich keine Wesensänderung des Bescheides ergeben (BVerwGE 67, 216/221); ebenso muss eine Umdeutung ausscheiden, wenn der neue Verwaltungsakt Voraussetzungen hat, deren Prüfung weiterer Ermittlungen bedarf (BayVGH, U. v. 12.3.1982 - 92 XXIII 78 - BayVBl 1982, 628/630). Für den durch Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen keine Form- und Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten sind.

Hinsichtlich der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 des Bescheides vom 10. Oktober 2014 sind diese Voraussetzungen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht erfüllt, weil zum einen für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates im Rahmen des Dublin-Verfahrens andere Verfahrensbestimmungen gelten als für die Prüfung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG, und zum anderen die Ablehnung der Prüfung eines Zweitantrages eine weitergehende rechtliche Tragweite aufweist als die ursprünglich im Dublin-Verfahren ergangene Entscheidung. Denn die Frage nach dem für die Prüfung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedstaat ist der Prüfung des Asylantrags vorgelagert und betrifft nicht das Vorliegen der Voraussetzungen, unter denen nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG ein abgeschlossenes (Asyl-) Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen ist. Zuständigkeitsprüfung und inhaltliche Prüfung des Asylbegehrens sind unterschiedliche, voneinander getrennte Verfahren (vgl. OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris, Rn. 36). Die Zuständigkeitsprüfung nach den Dublin-Verordnungen ist ein eigenes, der Prüfung des Asylantrages vorgelagertes Verfahren und von dem Verfahren zur inhaltlichen Prüfung des Asylantrages zu unterscheiden (vgl. NdsOVG, B. v. 6.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris, Rn. 7). Die Entscheidung im Dublin-Verfahren erschöpft sich in der Beantwortung der Zuständigkeitsfrage. Für § 27a AsylVfG kommt es nur darauf an, ob die Beklagte nach den Vorschriften der Dublin-Verordnungen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Demgegenüber hat die Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG eine entscheidend andere Rechtswirkung, dessen Konsequenz insoweit gänzlich unterschiedlich ist, als keine Abschiebungsanordnung in den zuständigen EU-Mitgliedstaat sondern regelmäßig eine Abschiebungsandrohung in den jeweiligen Herkunftsstaat gem. § 36 AsylVfG ergeht. Die Beklagte müsste somit im Rahmen des Zweitantrages, für den sie im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG zuständig ist, nicht nur die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG, sondern gemäß § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 2 AsylVfG auch die zielstaatbezogenen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG prüfen.

Die Entscheidung nach § 71 a Abs. 1 AsylVfG weist damit eine weitergehende rechtliche Tragweite auf als die Entscheidung nach § 27 a AsylVfG, auch wenn beide Entscheidungen in ihrem Tenor die Ablehnung des Asylantrages als unzulässig beinhalten können. Deshalb scheitert die von der Beklagten vorgenommene Umdeutung der Ziffer 1 des Bescheides bereits an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses.

Darüber hinaus scheitert eine Umdeutung des Bescheides auch an den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen. Für den durch die Umdeutung gewonnenen Verwaltungsakt dürfen nämlich keine Verfahrensvorschriften gelten, die bei dem ursprünglichen Verwaltungsakt nicht eingehalten worden sind (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 47 Rn. 17). Die Verfahrensbestimmungen für die Ablehnung eines Zweitantrags nach § 71 a AsylVfG sind indes nicht erfüllt. Der Kläger wurde zu den maßgeblichen Tatsachen des Zweitantrages (materielle Fluchtgründe und Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG) nicht angehört, wie dies nach § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG vorgeschrieben ist. Zwar kann nach § 71 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG von der Anhörung abgesehen werden, soweit sie für die Feststellung, dass kein weiteres Asylverfahren durchzuführen ist, nicht erforderlich ist. Ausweislich der vorgelegten Behördenakten fanden am 25. März 2014 lediglich eine Befragung zur Vorbereitung der Anhörung und das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens statt. Außerdem wurde der Kläger am 17. März 2014 bei der Regierung von Mittelfranken - Zentrale Rückführungsstelle Nordbayern - zu seiner Identität angehört. Eine Gelegenheit zum Vortrag materieller Fluchtgründe oder zur Klärung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG bestand im Verwaltungsverfahren jedoch nie. Die Anhörung ist auch notwendig, weil die Beklagte mangels weiterer Angaben noch nicht einmal entscheiden kann, ob Wiederaufnahmegründe vorliegen, wenn nicht bekannt ist, welche Gründe der Kläger in seinem Erstverfahren in Italien vorgebracht hat. Der Kläger wurde somit bislang weder nach § 25 AsylVfG angehört, noch wurden konkrete Feststellungen zum Vorbringen und dem Abschluss des Asylverfahrens in Italien getroffen. Mangels bislang nicht stattgefundener Anhörung im Bundesgebiet, ist ein ermessensfehlerfreies Absehen von einer Anhörung nach § 71 a Abs. 2 S. 2 AsylVfG praktisch kaum denkbar. Darüber hinaus erscheint eine Beurteilung möglicher Wiederaufnahmegründe nach § 51Abs. 1 bis 3 VwVfG ohne Kenntnis über den Verfahrensabschluss in Italien nicht möglich (vgl. BayVGH, U. v. 9.10.2014 - 20 B 13.30332 - juris).

Wegen fehlender Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses und unterschiedlicher Verfahrensbestimmungen muss eine Umdeutung der Ablehnung des Asylantrages als unzulässig nach § 27 a AsylVfG in die Ablehnung eines Zweitantrages nach § 71 a AsylVfG daher ausscheiden (vgl. ebenso: VG Ansbach, U. v. 8.10.2014 - An 10 K 14.30043 -; VG Würzburg, U. v. 27.11.2014 - W 3 K 13.30553 -; VG Aachen, U. v. 18.11.2014 - 9 K 161/14.A -; VG Regensburg, U. v. 14.11.2014 - RN 5 K 14.30304 - und Gerichtsbesch. v. 3.11.2014 - RO 9 K 14.30260 und RO 9 K 14.50218 - und U. v. 23.10.2014 - RN 3 K 14.50097 und RO 9 K 14.30217 -; VG Augsburg, U. v. 11.11.2014 - Au 2 K 14.30120 - und U. v. 10.11.2014 - Au 2 K 14.30166 -; und U. v. 8.9.2014 - Au 7 K 14.30056 - jeweils juris).

Das Gericht kann die Voraussetzungen für eine Umdeutung des Verwaltungsaktes im gerichtlichen Verfahren auch nicht herbeiführen. Zwar hat das Gericht grundsätzlich die Sache spruchreif zu machen. Dieser auch im Asylverfahren geltende Grundsatz findet allerdings auf behördliche Entscheidungen, die auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangen sind, keine Anwendung (vgl. auch BayVGH, U. v. 28.2.2014 - 13a B 13.30295 -; VGH BW, U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - beide: juris). Denn wenn das Asylbegehren in der Sache noch gar nicht geprüft worden ist und das Gericht verpflichtet wäre, die Sache spruchreif zu machen, ginge der Klagepartei eine Tatsacheninstanz verloren, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist. Außerdem würde ein Durchentscheiden des Gerichts dazu führen, dass es nicht eine Entscheidung der Behörde kontrollieren würde, sondern sich anstelle der Exekutive erstmalig selbst mit dem Antrag sachlich auseinandersetzen und entscheiden würde. Dies wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung nach Art. 20 Abs. 2 GG zumindest bedenklich (vgl. VG Würzburg, U. v. 27.11.2014 - W 3 K 13.30553 -; VG Augsburg, Gerichtsbesch. v. 12.11.2014 - Au 7 K 14.50047 - jeweils juris). Schließlich entspricht auch das vorliegende Klageziel eines Anfechtungsbegehrens nicht dem von der Beklagtenseite angestrebten Umdeutungsergebnis einer Ablehnung als Folge- oder Zweitantrag, gegen das die Verpflichtungsklage statthaft wäre.

Ein Aufrechterhalten eines Bescheides unter einer anderen Rechtsgrundlage kommt im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) ebenfalls nicht in Betracht, wenn dies - wie vorliegend - ohne weitere und umfangreiche Ermittlungen bei italienischen Behörden, die nicht der Amtshilfeverpflichtung nach § 14 VwGO unterliegen, nicht möglich ist (vgl. BayVGH, U. v. 9.10.2014 - 20 B 13.30332 - juris).

Die Abschiebungsanordnung nach Italien gem. § 34 a AsylVfG in Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist nach Ablauf der Überstellungsfrist ebenfalls rechtswidrig geworden und kann nicht in eine Abschiebungsandrohung in das Herkunftsland des Klägers umgedeutet werden. Auch hier fehlt es offensichtlich an der Zielgleichheit des Umdeutungsergebnisses. Zudem wäre die Androhung der Abschiebung in den Herkunftsstaat gegenüber der Abschiebung in den EU-Mitgliedsstaat als sicheren Drittstaat eine vergleichsweise ungünstigere Rechtsfolge. Eine Umdeutung der Abschiebungsanordnung nach Italien in eine Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG scheitert daran, dass es sich beim Austausch des Zielstaats um eine weitgehende inhaltliche Änderung der Abschiebungsandrohung handelt (vgl. BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13 - NVwZ 2014, 1460 ff.). Somit steht auch hinsichtlich Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG der Umdeutung entgegen.

Nachdem die Umdeutung des streitgegenständlichen Bescheides ausscheidet, kann der Kläger durch die Aufhebung des Bescheides auch einen rechtlichen Vorteil erlangen. Denn nach Aufhebung des Bescheides ist die Beklagte verpflichtet, über den gestellten Asylantrag zu entscheiden.

Der Bescheid vom 10. Oktober 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Wie ausgeführt kann auch in Ansehung des Grundsatzes, wonach die Bestimmungen der Dublin II-VO - wie die der Dublin III-VO - grundsätzlich keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden begründen, der Anspruch auf Durchführung eines Asylverfahrens als notwendiger Bestandteil des materiellen Asylanspruchs gegenüber dem nunmehr zuständigen Staat geltend gemacht werden, wenn - wie vorliegend - die Überstellungsfrist abgelaufen und wegen nicht fortbestehender Übernahmebereitschaft des ursprünglich zuständigen Mitgliedstaats eine Prüfung des Asylantrages ansonsten gänzlich versagt bliebe.

Somit war der streitgegenständliche Bescheid mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG aufzuheben.

Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 14.02.2014 wird aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen seine Überstellung nach Spanien im Rahmen des Dublin-Verfahrens und begehrt die Durchführung eines Asylverfahrens durch die Beklagte.
Der am ... geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik Gambia.
Der Kläger wurde nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland von der Bundespolizei aufgegriffen. Gegenüber dieser gab er am 06.01.2014 an, er habe sein Herkunftsland im Mai 2013 mit dem Flugzeug verlassen. Er habe ein Visum von der spanischen Botschaft im Senegal gehabt. Im Juni 2013 habe er in Finnland und im Juli 2013 habe er in Spanien Asyl beantragt. In Spanien sei er 6 Monate als Asylbewerber gewesen. Danach habe ihm die Polizei gesagt, er müsse Spanien verlassen. Er sei dann mit dem Bus nach Deutschland gefahren.
Er stellte am 28.01.2014 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
Am 04.02.2014 erhielt das Bundesamt aufgrund einer Anfrage Kenntnis von Eurodac-Treffern aus Spanien (ES1...) und Finnland (FI1...). Mit Datum 04.02.2014 richtete das Bundesamt Wiederaufnahmegesuche an Spanien und Finnland. Finnland lehnte die Wiederaufnahme des Klägers mit Schreiben vom 05.02.2014 ab. Spanien stimmte der Wiederaufnahme des Klägers mit Schreiben vom 12.02.2014 zu.
Mit Bescheid vom 14.02.2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Spanien an. Der Bescheid wurde am 19.02.2014 zugestellt.
Der Kläger hat am 27.02.2014 Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Der Antrag wurde durch Beschluss der Kammer vom 10.04.2014 (A 1 K 501/13) wegen Versäumung der Antragsfrist abgelehnt. Zur Begründung (Vortrag im Eilverfahren) macht der Kläger systemische Mängel im spanischen Asylverfahren geltend.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten ein Asylverfahren durchzuführen.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Klage abzuweisen.
12 
Zur Begründung trägt sie nach der Anfrage des Berichterstatters, weshalb der Kläger nicht innerhalb der Überstellungsfrist der Dublin III-Verordnung nach Spanien gebracht worden sei, vor, eine Überstellung nach Spanien sei nicht durchgeführt worden.
13 
Da der Kläger in Spanien ein Asylverfahren betrieben habe, stelle sich sein Asylantrag in der Bundesrepublik als Zweitantrag nach § 71a AsylVfG dar. Das mit Bezug auf § 27a AsylVfG abgelehnte Begehren erfülle zugleich die Voraussetzungen der Einstufung als Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG. Das Verwaltungsgericht habe die Entscheidung über diesen Antrag spruchreif zu machen. Eine entsprechende Entscheidung habe das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - juris) für das Asylfolgeverfahren getroffen.
14 
Im Übrigen wäre eine Überschreitung der Überstellungsfrist unerheblich, da dadurch keine subjektiven Rechte des Klägers verletzt würden.
15 
Zudem habe der Kläger für die Aufhebung der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig (Nummer 1 des angefochtenen Bescheides) kein Rechtsschutzinteresse, weil sie für ihn keinen rechtlichen Vorteil habe.
16 
Eine Umdeutung in einen Verwaltungsakt gleicher Form bei erfolgloser Durchführung eines Asylzweitantragsverfahrens sei möglich. Die Nummer 2 des angefochtenen Bescheides (Abschiebungsanordnung) werde nicht aufgehoben, sondern lediglich modifiziert werden. Die Abschiebungsanordnung beinhalte eine Ausreiseaufforderung. Diese werde aufrechterhalten. Allerdings werde nach dem Zuständigkeitsübergang keine Abschiebung mehr in den sicheren Drittstaat möglich sein. Dann müsse die Abschiebung in den Herkunftsstaat angedroht werden.
17 
Der Kammer haben die Akten der Antragsgegnerin (Ausdruck der elektronischen Akte Seite 1-135) und die Gerichtsakte aus dem Klageverfahren vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird darauf sowie auf die Gerichtsakte aus dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verwiesen.
18 
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 01.12.2014, der Kläger hat mit Schreiben vom 19.01.2015 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

 
19 
Das Gericht entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Soweit der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt, ist die Klage zulässig (1a). Im Übrigen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens begehrt, ist sie unzulässig (1b). Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch begründet (2.).
21 
1a)
22 
Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht nicht die Vorrangigkeit einer Verpflichtungsklage auf Gewährung internationalen Schutzes entgegen. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem vergleichbaren Fall folgendes ausgeführt (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris RdNr. 18):
23 
„…Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt)…“
24 
Dem schließt sich die Kammer an (vgl. ebenfalls zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris RdNr. 34 ff., Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.10.2013 - 3 L 643/12 - juris RdNr. 21 und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris RdNr. 7).
25 
1b)
26 
Zur Unzulässigkeit eines - hier auch beantragten - Verpflichtungsbegehrens auf Durchführung eines Asylverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem vergleichbaren Fall folgendes ausgeführt (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris RdNr. 18):
27 
„…Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar…“
28 
Dem schließt sich die Kammer ebenfalls an.
2.
29 
Maßgeblich für die Überprüfung des Bescheides der Beklagten vom 14.02.2014 ist hier, da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG). Zu diesem Zeitpunkt ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, da die Beklagte für die Prüfung des Asylantrags des Klägers nach Ablauf der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) zuständig geworden und die Unzulässigkeit des Asylantrag dadurch entfallen ist.
30 
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylantrags zuständig ist. Die Zuständigkeit eines anderen Staates kann sich hier nur aus ist der Dublin III-Verordnung ergeben. Zwar war auf den Kläger im Zeitpunkt seiner Einreise in die „Dublin-Staaten“ zunächst die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO), anwendbar, da die Dublin III-Verordnung erst am 01.01.2014 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Dublin III-VO). Da der Kläger seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland aber erst nach dem Inkrafttreten der Dublin III-Verordnung gestellt hat, kommt hier diese zur Anwendung.
31 
Im Zeitpunkt der Antragstellung beim Bundesamt war Spanien nach Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO für die Prüfung der Gewährung internationalen Schutzes an den Kläger zuständig. Diese Zuständigkeit ist zunächst auch erhalten geblieben, da das Bundesamt ein Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt und Spanien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat.
32 
Spanien hat seine Zuständigkeit aber durch den Ablauf der Überstellungsfrist verloren. Die Frist für die Überstellung des Klägers vom ersuchenden Mitgliedstaat (hier: die Bundesrepublik Deutschland) an den zuständigen Mitgliedsstaat (hier: Spanien) beträgt nach Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO 6 Monate. Ein Grund für einer Verlängerung dieser Frist auf 1 Jahr bzw. 18 Monate nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO liegt nicht vor. Die Überstellungsfrist beginnt mit der Annahme des Überstellungsgesuchs zu laufen, hier am 12.02.2014. Sie ist, auch wenn sie im Zeitraum vom Erlass des angefochtenen Bescheides bis zur Zustellung des für den Kläger negativen Beschlusses der Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gehemmt war (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris RdNr. 58), abgelaufen. Sie wäre auch abgelaufen, wenn die Frist mit der Zustellung des ablehnenden Beschlusses der Kammer im Eilverfahren neu zu laufen begonnen hätte. Denn der Beschluss wurde bereits am 10.04.2014 zugestellt. Die Zuständigkeit ist somit nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Da nach der Dublin III-Verordnung jeweils nur ein „Dublin-Staat“ zuständig sein kann, ist ausschließlich die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden.
33 
Es liegen auch keine Umstände vor, welche die Zuständigkeit Spaniens neu begründet oder für einen gewissen Zeitraum über den Ablauf der Überstellungsfrist hinaus „verlängert“ hätten. Das Bundesamt hat nichts unternommen, um Spanien nach Ablauf der Überstellungsfrist zur Wiederaufnahme des Klägers zu veranlassen. Der Schriftsatz des Bundesamts vom 01.12.2014 ist vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass es selbst von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn dort vertritt es selbst die Auffassung, dass jetzt die Voraussetzungen eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG zu prüfen seien, was eine entsprechende Zuständigkeit voraussetzt. Es liegt auch nicht die Konstellation vor, über die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - (juris) zu entscheiden hatte. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ausgeführt, dass sich ein Kläger nicht auf den Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland berufen kann, solange die Überstellung an den bisher zuständigen Mitgliedstaat noch zeitnah möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg konnte in seinem Urteil aufgrund der vom Bundesamt vorgetragenen Praxis der italienischen Behörden davon ausgehen, dass Italien den dortigen Kläger noch übernehmen würde. Grundlage war, dass Italien regelmäßig Überstellungen akzeptierte, die innerhalb der vom Bundesamt mitgeteilten Überstellungsfrist erfolgten. Diese war im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg noch nicht abgelaufen. Denn das Bundesamt ging bei seiner Fristberechnung davon aus, dass die Überstellungsfrist mit der Zustellung des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren neu zu laufen beginne. Aber auch eine so berechnete Frist wäre im vorliegenden Fall abgelaufen (siehe oben).
34 
Die Auffassung, dass eine Person, die einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, keinen subjektiven Anspruch auf Prüfung dieses Antrags durch den zuständigen „Dublin-Staat“ hat, wenn die Zuständigkeit aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist (vgl.: OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 A 66/14 - juris mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung) oder anderer Fristen eingetreten ist, überzeugt die Kammer nicht. Die Art. 13 und 18Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. Nr. L 337 Seite 9; im Folgenden: EU-Flüchtlingsschutz-RL) gehen davon aus, dass ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus hat, wenn die Voraussetzungen dieser Richtlinie erfüllt sind. Die Dublin III-Verordnung hat nach ihrem Art. 1 lediglich zum Gegenstand, die Kriterien dafür festzulegen, welcher Mitgliedstaat oder andere Staat, in dem die Dublin III-Verordnung Anwendung findet, für die Prüfung des in der EU-Flüchtlingsschutz-Richtlinie definierten internationalen Schutzes zuständig ist. Sie erlaubt es einem Staat, den sie für zuständig erklärt, aber nicht, die Prüfung eines Antrags vorübergehend oder gar auf Dauer zu verweigern, nur weil dieser es versäumt hat oder er nicht in der Lage war, einen Asylbewerber rechtzeitig in den noch zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen oder das Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeverfahren rechtzeitig durchzuführen. Die einzige „Sanktion“, die in der Dublin III-Verordnung für ein Verhalten eines Asylbewerbers vorgesehen ist, ist die Verlängerung der Überstellungsfristen im Falle seiner Inhaftierung oder seines Untertauchens (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO). Es ist auch nicht erkennbar, wie ein Asylbewerber den Schwebezustand, in dem der früher zuständig gewesene Mitgliedstaat nicht mehr zuständig ist und der jetzt zuständige Mitgliedstaat davon ausgeht, er sei zwar im Verhältnis der „Dublin-Staaten“ untereinander zuständig, dürfe dem Asylbewerber gegenüber aber eine Entscheidung verweigern, beenden sollte. Eine Rückkehr in den ursprünglich zuständigen Staat hilft ihm nicht weiter, da er dort für die Prüfung seines Antrags keinen Anspruch mehr hat. Eine Abschiebung in diesen Staat ist auch nicht mehr möglich. Ein Weiterwandern in einen anderen „Dublin-Staat“ führt auch nicht weiter, weil diesem gegenüber nach der Dublin III-Verordnung die Bundesrepublik Deutschland zuständig bleibt. Ein Asylbewerber kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland für ihn aufgrund eines Fristablaufes zuständig geworden ist, allenfalls dann auf einen früher zuständig gewesenen „Dublin-Staat“ verwiesen werden, wenn mit Ausnahme der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Konstellation (siehe Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 -), dessen Zuständigkeit in dem für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Zeitpunkt neu begründet ist. Aber auch für derartige Bemühungen des ersuchenden Staates wäre eine zeitliche Grenze zu setzen. Eine neue Zuständigkeit eines anderen „Dublin-Staates“ wurde hier nicht begründet. Dieser Fall dürfte auch nur ausnahmsweise eintreten, da keine Gründe für einen „Dublin-Staat“ ersichtlich sind, einen Asylbewerber, für den ein anderer Staat zuständig geworden ist, wieder aufzunehmen.
35 
Die Kammer setzt sich mit ihrer Entscheidung nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10.12.2013 - C-394/12 - juris (Abdullahi). Zwar führte dieser in seinem Urteil (RdNr. 60) sinngemäß aus, ein Asylbewerber könne gegen eine Überstellung in einen Mitgliedstaat, der seiner Aufnahme zugestimmt habe, nur einwenden, dass es in diesem Staat systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gebe. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Annahme, dass jedem Asylbewerber in allen „Dublin-Staaten“ das gleiche Schutzniveau gewährt werde. Dies setzt aber voraus, dass die Zuständigkeit, die durch die Zustimmungserklärung des „Dublin-Staats“, begründet wurde, fortbesteht. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat aber nicht zu der Frage Stellung genommen, welche Rechtspositionen einem Asylbewerber in den Fällen zustehen, in denen die Zuständigkeit eines „Dublin-Staates“, die durch ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung begründet wurde, wegen der Nichteinhaltung von Überstellungsfristen auf den ersuchenden Staat übergegangen ist. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der „Dublin-Staat“, der eine Zustimmungserklärung abgegeben hat, unbefristet zur Aufnahme des Asylbewerbers bereit ist. Die Zustimmungsklärung ist vielmehr in dem Kontext der Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zu sehen, wonach Zuständigkeiten auch wieder entfallen, wenn Fristen nicht eingehalten werden. Ist eine Zuständigkeit durch Fristablauf entfallen, kann sie nur durch eine ausdrückliche und erneute Zustimmungserklärung wieder begründet werden. Eine solche liegt hier nicht vor. Nur wenn sie zeitnah (wieder) vorläge, könnte der Asylbewerber nicht einwenden, sie sei zu spät, nämlich nach dem Ablauf von Fristen der Dublin III-Verordnung begründet worden.
36 
Da der Asylantrag des Klägers im Zeitpunkt der Entscheidung zulässig ist, entfällt die nach § 34a AsylVfG bestehende Möglichkeit, seine Abschiebung nach Spanien anzuordnen.
37 
Aus der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland folgt weiter, dass sie ihre Verpflichtungen, die aus dem Asylverfahrensgesetz folgen, zu erfüllen hat. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein anderer Staat als - zuvor - Spanien nach der Dublin III-Verordnung für den Kläger zuständig sein könnte.
3.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Kläger ist nur zu einem geringen Teil unterlegen. Denn die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss des wieder offenen Asylverfahrens, die Gegenstand des abgewiesenen Teils der Klage ist, folgt schon aus dem Asylverfahrensgesetz selbst. Das Gericht sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung bezüglich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Gründe

 
19 
Das Gericht entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Soweit der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt, ist die Klage zulässig (1a). Im Übrigen, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens begehrt, ist sie unzulässig (1b). Soweit die Klage zulässig ist, ist sie auch begründet (2.).
21 
1a)
22 
Der Zulässigkeit der Anfechtungsklage steht nicht die Vorrangigkeit einer Verpflichtungsklage auf Gewährung internationalen Schutzes entgegen. Hierzu hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem vergleichbaren Fall folgendes ausgeführt (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris RdNr. 18):
23 
„…Abgesehen davon muss die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417Rn. 96; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170 Rn. 33) zunächst die Möglichkeit haben, einen anderen Mitglied- bzw. Vertragsstaat, der nachrangig zuständig ist (hier die Schweiz oder Frankreich) zu ersuchen. Aus diesem Grund käme auch ein Verpflichtungsausspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus nicht in Betracht. Hinzukommt im Übrigen in diesem Zusammenhang weiter: Das Bundesverwaltungsgericht hat in den Urteilen vom 07.03.1995 (9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80) und vom 05.09.2013 (10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) entschieden, dass in Bezug auf eine Einstellungsentscheidung nach einer Antragsrücknahme (§ 32 AsylVfG) bzw. nach einem Nichtbetreiben des Verfahrens (vgl. § 33 Abs. 1 AsylVfG) nur das Anfechtungsbegehren statthaft und die Sachentscheidung zunächst dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbehalten ist. Damit ist insbesondere ein Durchentscheiden, wie es das Bundesverwaltungsgericht im Folgeantragsverfahren noch für richtig gehalten hat, ausgeschlossen (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861; vgl. hierzu GK-AsylVfG § 71 Rn. 295 ff.). Dieses muss aber gleichermaßen in der hier gegebenen Fallkonstellation gelten, in der das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ebenfalls noch keine Sachentscheidung getroffen hat (a.A. noch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 19.06.2012 - A 2 S 1355/11 - AuAS 2012, 213, aber durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts überholt)…“
24 
Dem schließt sich die Kammer an (vgl. ebenfalls zur Zulässigkeit der Anfechtungsklage: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris RdNr. 34 ff., Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.10.2013 - 3 L 643/12 - juris RdNr. 21 und Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris RdNr. 7).
25 
1b)
26 
Zur Unzulässigkeit eines - hier auch beantragten - Verpflichtungsbegehrens auf Durchführung eines Asylverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem vergleichbaren Fall folgendes ausgeführt (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 -, juris RdNr. 18):
27 
„…Die Klage ist allerdings schon unzulässig, soweit die Verpflichtung zur Fortführung des Asylverfahrens begehrt wird (wie hier auch OVG NRW, Urteil vom 07.03.2013 - 1 A 21.12.A - juris). Ein solcher Verpflichtungsausspruch setzt zunächst voraus, dass dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite steht, was aber nur der Fall wäre, wenn die Beklagte zu erkennen gegeben hätte, dass sie nach Aufhebung der angefochtenen Verfügung untätig bleiben würde; solches ist hier jedoch nicht erkennbar…“
28 
Dem schließt sich die Kammer ebenfalls an.
2.
29 
Maßgeblich für die Überprüfung des Bescheides der Beklagten vom 14.02.2014 ist hier, da die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergeht, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG). Zu diesem Zeitpunkt ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig, da die Beklagte für die Prüfung des Asylantrags des Klägers nach Ablauf der Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (im Folgenden: Dublin III-VO) zuständig geworden und die Unzulässigkeit des Asylantrag dadurch entfallen ist.
30 
Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylantrags zuständig ist. Die Zuständigkeit eines anderen Staates kann sich hier nur aus ist der Dublin III-Verordnung ergeben. Zwar war auf den Kläger im Zeitpunkt seiner Einreise in die „Dublin-Staaten“ zunächst die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (im Folgenden: Dublin II-VO), anwendbar, da die Dublin III-Verordnung erst am 01.01.2014 in Kraft getreten ist (vgl. Art. 49 Dublin III-VO). Da der Kläger seinen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes in der Bundesrepublik Deutschland aber erst nach dem Inkrafttreten der Dublin III-Verordnung gestellt hat, kommt hier diese zur Anwendung.
31 
Im Zeitpunkt der Antragstellung beim Bundesamt war Spanien nach Art. 12 Abs. 1 Dublin III-VO für die Prüfung der Gewährung internationalen Schutzes an den Kläger zuständig. Diese Zuständigkeit ist zunächst auch erhalten geblieben, da das Bundesamt ein Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt und Spanien der Wiederaufnahme des Klägers zugestimmt hat.
32 
Spanien hat seine Zuständigkeit aber durch den Ablauf der Überstellungsfrist verloren. Die Frist für die Überstellung des Klägers vom ersuchenden Mitgliedstaat (hier: die Bundesrepublik Deutschland) an den zuständigen Mitgliedsstaat (hier: Spanien) beträgt nach Art. 29 Abs. 1 Unterabsatz 1 Dublin III-VO 6 Monate. Ein Grund für einer Verlängerung dieser Frist auf 1 Jahr bzw. 18 Monate nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO liegt nicht vor. Die Überstellungsfrist beginnt mit der Annahme des Überstellungsgesuchs zu laufen, hier am 12.02.2014. Sie ist, auch wenn sie im Zeitraum vom Erlass des angefochtenen Bescheides bis zur Zustellung des für den Kläger negativen Beschlusses der Kammer im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gehemmt war (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - juris RdNr. 58), abgelaufen. Sie wäre auch abgelaufen, wenn die Frist mit der Zustellung des ablehnenden Beschlusses der Kammer im Eilverfahren neu zu laufen begonnen hätte. Denn der Beschluss wurde bereits am 10.04.2014 zugestellt. Die Zuständigkeit ist somit nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Da nach der Dublin III-Verordnung jeweils nur ein „Dublin-Staat“ zuständig sein kann, ist ausschließlich die Bundesrepublik Deutschland zuständig geworden.
33 
Es liegen auch keine Umstände vor, welche die Zuständigkeit Spaniens neu begründet oder für einen gewissen Zeitraum über den Ablauf der Überstellungsfrist hinaus „verlängert“ hätten. Das Bundesamt hat nichts unternommen, um Spanien nach Ablauf der Überstellungsfrist zur Wiederaufnahme des Klägers zu veranlassen. Der Schriftsatz des Bundesamts vom 01.12.2014 ist vielmehr in dem Sinne zu verstehen, dass es selbst von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ausgeht. Denn dort vertritt es selbst die Auffassung, dass jetzt die Voraussetzungen eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG zu prüfen seien, was eine entsprechende Zuständigkeit voraussetzt. Es liegt auch nicht die Konstellation vor, über die der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - (juris) zu entscheiden hatte. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ausgeführt, dass sich ein Kläger nicht auf den Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland berufen kann, solange die Überstellung an den bisher zuständigen Mitgliedstaat noch zeitnah möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg konnte in seinem Urteil aufgrund der vom Bundesamt vorgetragenen Praxis der italienischen Behörden davon ausgehen, dass Italien den dortigen Kläger noch übernehmen würde. Grundlage war, dass Italien regelmäßig Überstellungen akzeptierte, die innerhalb der vom Bundesamt mitgeteilten Überstellungsfrist erfolgten. Diese war im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg noch nicht abgelaufen. Denn das Bundesamt ging bei seiner Fristberechnung davon aus, dass die Überstellungsfrist mit der Zustellung des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts im Eilverfahren neu zu laufen beginne. Aber auch eine so berechnete Frist wäre im vorliegenden Fall abgelaufen (siehe oben).
34 
Die Auffassung, dass eine Person, die einen Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes gestellt hat, keinen subjektiven Anspruch auf Prüfung dieses Antrags durch den zuständigen „Dublin-Staat“ hat, wenn die Zuständigkeit aufgrund des Ablaufs der Überstellungsfrist (vgl.: OVG Lüneburg, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 A 66/14 - juris mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung) oder anderer Fristen eingetreten ist, überzeugt die Kammer nicht. Die Art. 13 und 18Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. Nr. L 337 Seite 9; im Folgenden: EU-Flüchtlingsschutz-RL) gehen davon aus, dass ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser einen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzstatus hat, wenn die Voraussetzungen dieser Richtlinie erfüllt sind. Die Dublin III-Verordnung hat nach ihrem Art. 1 lediglich zum Gegenstand, die Kriterien dafür festzulegen, welcher Mitgliedstaat oder andere Staat, in dem die Dublin III-Verordnung Anwendung findet, für die Prüfung des in der EU-Flüchtlingsschutz-Richtlinie definierten internationalen Schutzes zuständig ist. Sie erlaubt es einem Staat, den sie für zuständig erklärt, aber nicht, die Prüfung eines Antrags vorübergehend oder gar auf Dauer zu verweigern, nur weil dieser es versäumt hat oder er nicht in der Lage war, einen Asylbewerber rechtzeitig in den noch zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen oder das Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeverfahren rechtzeitig durchzuführen. Die einzige „Sanktion“, die in der Dublin III-Verordnung für ein Verhalten eines Asylbewerbers vorgesehen ist, ist die Verlängerung der Überstellungsfristen im Falle seiner Inhaftierung oder seines Untertauchens (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO). Es ist auch nicht erkennbar, wie ein Asylbewerber den Schwebezustand, in dem der früher zuständig gewesene Mitgliedstaat nicht mehr zuständig ist und der jetzt zuständige Mitgliedstaat davon ausgeht, er sei zwar im Verhältnis der „Dublin-Staaten“ untereinander zuständig, dürfe dem Asylbewerber gegenüber aber eine Entscheidung verweigern, beenden sollte. Eine Rückkehr in den ursprünglich zuständigen Staat hilft ihm nicht weiter, da er dort für die Prüfung seines Antrags keinen Anspruch mehr hat. Eine Abschiebung in diesen Staat ist auch nicht mehr möglich. Ein Weiterwandern in einen anderen „Dublin-Staat“ führt auch nicht weiter, weil diesem gegenüber nach der Dublin III-Verordnung die Bundesrepublik Deutschland zuständig bleibt. Ein Asylbewerber kann, wenn die Bundesrepublik Deutschland für ihn aufgrund eines Fristablaufes zuständig geworden ist, allenfalls dann auf einen früher zuständig gewesenen „Dublin-Staat“ verwiesen werden, wenn mit Ausnahme der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschiedenen Konstellation (siehe Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 -), dessen Zuständigkeit in dem für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts maßgeblichen Zeitpunkt neu begründet ist. Aber auch für derartige Bemühungen des ersuchenden Staates wäre eine zeitliche Grenze zu setzen. Eine neue Zuständigkeit eines anderen „Dublin-Staates“ wurde hier nicht begründet. Dieser Fall dürfte auch nur ausnahmsweise eintreten, da keine Gründe für einen „Dublin-Staat“ ersichtlich sind, einen Asylbewerber, für den ein anderer Staat zuständig geworden ist, wieder aufzunehmen.
35 
Die Kammer setzt sich mit ihrer Entscheidung nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10.12.2013 - C-394/12 - juris (Abdullahi). Zwar führte dieser in seinem Urteil (RdNr. 60) sinngemäß aus, ein Asylbewerber könne gegen eine Überstellung in einen Mitgliedstaat, der seiner Aufnahme zugestimmt habe, nur einwenden, dass es in diesem Staat systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gebe. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Annahme, dass jedem Asylbewerber in allen „Dublin-Staaten“ das gleiche Schutzniveau gewährt werde. Dies setzt aber voraus, dass die Zuständigkeit, die durch die Zustimmungserklärung des „Dublin-Staats“, begründet wurde, fortbesteht. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat aber nicht zu der Frage Stellung genommen, welche Rechtspositionen einem Asylbewerber in den Fällen zustehen, in denen die Zuständigkeit eines „Dublin-Staates“, die durch ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung begründet wurde, wegen der Nichteinhaltung von Überstellungsfristen auf den ersuchenden Staat übergegangen ist. Es kann auch nicht angenommen werden, dass der „Dublin-Staat“, der eine Zustimmungserklärung abgegeben hat, unbefristet zur Aufnahme des Asylbewerbers bereit ist. Die Zustimmungsklärung ist vielmehr in dem Kontext der Bestimmungen der Dublin III-Verordnung zu sehen, wonach Zuständigkeiten auch wieder entfallen, wenn Fristen nicht eingehalten werden. Ist eine Zuständigkeit durch Fristablauf entfallen, kann sie nur durch eine ausdrückliche und erneute Zustimmungserklärung wieder begründet werden. Eine solche liegt hier nicht vor. Nur wenn sie zeitnah (wieder) vorläge, könnte der Asylbewerber nicht einwenden, sie sei zu spät, nämlich nach dem Ablauf von Fristen der Dublin III-Verordnung begründet worden.
36 
Da der Asylantrag des Klägers im Zeitpunkt der Entscheidung zulässig ist, entfällt die nach § 34a AsylVfG bestehende Möglichkeit, seine Abschiebung nach Spanien anzuordnen.
37 
Aus der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland folgt weiter, dass sie ihre Verpflichtungen, die aus dem Asylverfahrensgesetz folgen, zu erfüllen hat. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein anderer Staat als - zuvor - Spanien nach der Dublin III-Verordnung für den Kläger zuständig sein könnte.
3.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Der Kläger ist nur zu einem geringen Teil unterlegen. Denn die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluss des wieder offenen Asylverfahrens, die Gegenstand des abgewiesenen Teils der Klage ist, folgt schon aus dem Asylverfahrensgesetz selbst. Das Gericht sieht nach § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung bezüglich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage (6a K 5250/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 17. Novem-ber 2014 wird unter Abänderung des Beschlusses vom 17. Dezember 2014 (6a L 1837/14.A) angeordnet.Die Kosten des (gerichtsgebührenfreien) Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Mai 2014 - A 4 K 1410/14 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der am xx.xx.1992 geborene Kläger ist pakistanischer Staatsangehöriger Er reiste seinen Angaben zufolge am 04.10.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 07.10.2013 einen Asylantrag. Bei der Befragung zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsyIVfG durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gab der Kläger am 22.10.2013 an, im September 2013 mit dem Schiff kommend in Italien eingereist zu sein, wo er auch erkennungsdienstlich behandelt worden sei.
Auf ein Übernahmeersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30.12.2013 an die zuständige italienische Behörde reagierte Italien nicht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wies Italien mit Schreiben vom 03.03.2014 darauf hin, dass das Übernahmeersuchen gem. Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO als angenommen gelte.
Hierauf stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 12.03.2014 fest, dass der Asylantrag unzulässig ist, und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Die Zustellung des Bescheids an den Kläger erfolgte am 17.03.2014.
Am 19.03.2014 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart, die nicht näher begründet wurde und mit der er die Aufhebung des Bescheids vom 12.03.2014 und die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines Asylverfahrens begehrte.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Ein beim Verwaltungsgericht am 19.03.2014 gestellter Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 07.04.2014 - A 4 K 1411/14 - zugestellt am 09.04.2014).
Durch Urteil vom 05.05.2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab und führte aus: Nach § 27a AsyIVfG sei ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers sei Italien zuständig. Die Zuständigkeit bestimme sich hier nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 (VO Dublin II), da noch unter der Geltung der VO Dublin II um Aufnahme nachgesucht worden sei (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO (EG) Nr. 343/2003 i.V.m. Art. 49 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III). Damit sei Italien gemäß Art. 16 Abs. 1 VO Dublin II gehalten, den Kläger nach Maßgabe des Art. 20 VO Dublin II wiederaufzunehmen. Im Rahmen des Art. 20 bestehe dabei zum einen die Möglichkeit, dass der ersuchte Mitgliedstaat der Wiederaufnahme ausdrücklich zustimme (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. d); zum anderen könne davon ausgegangen werden, dass der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Asylbewerbers akzeptiere, wenn er innerhalb der Frist von einem Monat bzw. der Frist von zwei Wochen, wenn das Wiederaufnahmegesuch Hinweise enthalte, aus denen der ersuchte Mitgliedstaat entnehmen könne, dass er zuständig sei, keine Antwort erteile (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c). Im vorliegenden Fall habe die Beklagte am 30.12.2013 ein Übernahmeersuchen an die italienischen Behörden gerichtet. Dieses Übernahmeersuchen sei bis heute unbeantwortet geblieben. Damit stehe gemäß Art. 20 Abs. 1 lit. c) fest, dass Italien der Wiederaufnahme des Klägers (stillschweigend) zugestimmt habe. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union könne der Asylbewerber in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers zugestimmt habe bzw. eine solche Zustimmung als erteilt gelte, einer Überstellung nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend mache, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellten, dass er tatsächlich Gefahr laufe, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden. Es obliege dem Asylbewerber, der sich auf systemische Mängel im jeweiligen Aufnahmestaat berufe, diese unter Angabe von Quellen darzulegen Der Kläger habe das Vorliegen solcher systemischer Mängel für Italien nicht geltend gemacht, solche seien im Übrigen für das Gericht auch nicht erkennbar Die Abschiebungsanordnung sei ebenfalls rechtmäßig. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordne das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne, d. h. rechtlich und tatsächlich möglich sei. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines inländischen Vollstreckungshindernisses, das vom Bundesamt bei Erlass einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG zu prüfen sei, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.
Das Urteil wurde dem Kläger am 09.05.2014 zugestellt.
Am 10.06.2014 (Dienstag nach Pfingsten) hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt.
10 
Durch Beschluss vom 02.07.2014 hat der Senat hinsichtlich der im Bescheid vom 12.03.2014 enthaltenen Abschiebungsanordnung (Ziffer 2) die Berufung zugelassen und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Der Beschluss wurde dem Kläger am 10.07.2014 zugestellt.
11 
Am 11.08.2014 (einem Montag) hat der Kläger die Berufung unter Stellung eines Antrags begründet.
12 
Er trägt vor: § 34a Abs. 1 AsylVfG sei nicht mit Unionsrecht vereinbar, weil es eine Abschiebung anordne, die typischerweise mit Mitteln des unmittelbaren Zwangs durchgesetzt werde und dadurch eine Eingriffsschärfe aufweise, die unverhältnismäßig sei und bei realistischer Betrachtung das abgestufte Regelungswerk der Modalitäten der Aufenthaltsbeendigung ausschließe, welches das Unionsrecht vorgebe. Es sei auch keine unionsrechtskonforme Auslegung oder Handhabung möglich, da der Inhalt des Begriffes der Abschiebungsanordnung einen zwingenden Imperativ enthalte, von dem nicht ersichtlich sei, wie von ihm abgerückt werden könne. Die Abschiebungsanordnung sei ein dem Aufenthaltsrecht durchaus bekanntes Regelungsinstrument, es finde sich ebenfalls in der Regelung des § 58a AufenthG. Danach könne die Oberste Landesbehörde gegen einen Ausländer unter anderem zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorherige Ausweisung eine Abschiebungsandrohung erlassen. Hier sei eine hohe Eingriffsschwelle gegeben. Es bedeute für einen Flüchtling eine diskriminierende Behandlung, wenn er durch die identische Rechtsfolge des angeordneten Verwaltungshandelns im Grunde genommen mit Gefährdern der öffentlichen Sicherheit oder mit Terroristen auf eine Stufe gestellt werde. In materiell-rechtlicher Hinsicht stelle eine Abschiebungsanordnung eine neue Form der Aufenthaltsbeendigung dar, da sie ohne vorherige Ausweisung ergehen könne und zur Beendigung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts führe. Sie lasse anders als die Ausweisung keine Abwägung zwischen den Belangen der Betroffenen zu, sondern verabsolutiere einseitig das öffentliche Interesse. Sie schließe auch für dauernd die Wiederkehroption aus (§ 11 Abs. 1 Satz 7 AufenthG). Insofern stelle die Abschiebungsanordnung ein bislang dem deutschen Recht nicht bekanntes schärfstes Schwert zur Beendigung eines rechtmäßigen Aufenthalts dar. Bei realistischer und praktischer Betrachtung sei es für einen betroffenen Asylbewerber selbst dann, wenn die Behörde die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG nicht ausführe, wohl eher nicht möglich, sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat zu begeben. Die „Selbstüberstellung" sei aus der Sicht eines einfachen Flüchtlings kaum durchführbar, da Akte der Zusammenarbeit und der Kontaktaufnahme zwischen den Behörden der beiden zuständigen Mitgliedstaaten notwendig seien und es schwer vorstellbar sei, wie und auf welche Art und Weise ein Flüchtling sich anschicken solle, selbst die Reise anzutreten, denn es müsse geregelt sein, wohin genau er sich begeben müsse und wie die Reise vonstattengehen solle. Deshalb würden auch so wenige Überstellungsentscheidungen später tatsächlich vollzogen. Die Ausführungen der Beklagten zu der Rechtsterminologie würden ebenfalls nicht weiterhelfen. Es sei zunächst darauf hinzuweisen, dass die Regelung im Unionsrecht, wonach die Überstellung „gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaates" erfolge, keine Freigabe enthalte, Maßnahmen zu ergreifen, die über eine „Überstellung" hinausgingen, der Begriff der Überstellung markiere einen Rahmen. Dieser werde zum Beispiel in der englischen Sprache mit „Transfer" beschrieben. Für den Begriff der „Abschiebung" gebe es sowohl in der englischen als auch in der französischen Sprache einen eigenständigen Begriff, nämlich den der sogenannten „Deportation". Somit handele es sich um zwei unterschiedliche Arten des Verwaltungshandelns. „Überstellung" schließe nicht als allgemeiner Begriff eine „Abschiebung" mit ein. Aus der Sicht des Klägers bedeute die „Überstellung" eine neue Form der Aufenthaltsbeendigung, nämlich eine Aufenthaltsbeendigung „sui generis", welche die Notwendigkeit einer eigenständigen Ergänzung des Asylverfahrensgesetzes oder des Aufenthaltsgesetzes erforderlich gemacht hätte. Gegebenenfalls müssten auch die Detailregelungen VO Dublin III direkt angewandt werden. Auch verlange Art. 19 Abs. 2 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II, dass im Bescheid bereits die Frist für die Überstellung und ggf. der Zeitpunkt und der Ort anzugeben seien, zu dem oder an dem sich der Betroffene zu melden habe; diesen Anforderungen genüge der Bescheid der Beklagten nicht.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 05.05.2014 - A 4 K 1410/14 - zu ändern und Ziff. 2 des Bescheides der Beklagten vom 12.03.2014 aufzuheben.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie führt aus: § 34a Abs. 1 AsylVfG stehe nicht im Widerspruch zu unionsrechtlichen Vorgaben, zumindest sei er einer Auslegung zugänglich, die die Wirksamkeit der Vorschrift unberührt lasse. Soweit geltend gemacht werde, § 34a Abs. 1 AsylVfG verstoße gegen die in Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin genannten drei unterschiedlichen Modalitäten der Überstellung, sei zunächst fraglich, ob der europäische Verordnungsgeber den Mitgliedstaaten überhaupt die Vorgabe habe machen wollen, grundsätzlich alle drei Überstellungsmodalitäten nebeneinander vorzusehen, oder ob er dem nationalen Gesetzgeber insoweit einen Gestaltungsspielraum eingeräumt habe. Hinsichtlich der deutschen Gesetzeslage sei insbesondere die Frage von Bedeutung, ob dem Asylbewerber die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, sich auf eigene Initiative innerhalb einer vorgegebenen Frist in den zuständigen Mitgliedstaat zu begeben. Letzteres sei vom Wortlaut her nicht zwingend. Für einen Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers spreche vielmehr die Formulierung, "die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat kann auf eine der folgenden Weisen erfolgen". Von einem Gestaltungsspielraum gehe auch Art. 29 Abs. 1 Satz 1 VO Dublin III aus, wonach die Überstellung "gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaats" erfolge. Der Verweis auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften wäre überflüssig, wenn der europäische Verordnungsgeber die Modalitäten der Überstellung abschließend hätte regeln wollen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass den Mitgliedstaaten grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet sei, eine Durchsetzung der Überstellung ausschließlich im Wege des Verwaltungszwangs vorzusehen. Ein Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin liege damit auch dann nicht vor, wenn § 34a AsylVfG keine freiwillige Ausreise zulassen sollte. Es sei auch fraglich, ob der betroffene Asylbewerber durch eine nach § 34a Abs. 1 AsylVfG ergangene Abschiebungsanordnung rechtlich gehindert sei, sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat zu begeben. Dies sei nicht der Fall. Denn wegen § 34a Abs. 2 AsylVfG könne die Abschiebungsanordnung innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe nicht vollstreckt werden. Zwar erkläre § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung nur bei rechtzeitiger Antragstellung nach § 80 Abs. 5 VwGO für unzulässig. Das Recht, gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG innerhalb einer Woche Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen, liefe jedoch leer, wenn eine Abschiebung innerhalb dieser Wochenfrist zulässig wäre. Der Zeitraum einer Woche verbleibe dem Asylbewerber also in jedem Fall, um sich freiwillig in den zuständigen Mitgliedstaat zu begeben, es sei denn, er befinde sich in Haft. Haft jedoch komme nach Art. 28 Abs. 1 u. 2 VO Dublin III nur in begründeten Einzelfällen in Betracht. Der mögliche Ausreisezeitraum sei von Gesetzes wegen mit einer Woche klar umrissen, was den Anforderungen des Art. 7 Abs. 1 Buchstabe a DVO Dublin genüge. Damit stehe § 34a AsylVfG auch dann nicht im Widerspruch zu Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin, falls diese Vorschrift die Möglichkeit einer Ausreise "auf Initiative" zwingend vorschreiben sollte. Soweit weitergehend vertreten werde, § 34a Abs. 1 AsylVfG verstoße bereits deshalb gegen Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin bzw. Art. 29 Abs. 1 Satz 2 VO Dublin III, weil diese nur eine "Überstellung" zuließen, nicht jedoch eine "Abschiebung", werde verkannt, dass europäische Rechtstexte, die regelmäßig in englischer oder französischer Sprache verfasst und für die Übersetzung in weitere Sprachen gedacht seien, nicht an der Rechtsterminologie eines einzelnen Mitgliedstaates gemessen werden könnten. Die Formulierung "Überstellungen (..) in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung" (engl. "transfers (...) carried out by supervised departure or under escort") sei deshalb im "untechnischen" Sinne zu verstehen. Sowohl die "kontrollierte Ausreise" als auch die "begleitete Ausreise" ließen sich unter den deutschen Rechtsbegriff der "Abschiebung" subsumieren, so dass bei zutreffender Auslegung ein Widerspruch zu den unionsrechtlichen Vorgaben nicht bestehe.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
19 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und die Akten des Verwaltungsgerichts vor.

Entscheidungsgründe

 
20 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie unter Stellung eines Antrags frist- und formgerecht begründet.
21 
Die Berufung bleibt jedoch ohne Erfolg.
22 
I. Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung vom 12.03.2014 ist § 34a Abs. 1 AsylVfG.
23 
1. Diese Bestimmung ist nach Maßgabe der folgenden Ausführungen mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) wie auch der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) vereinbar. Der Senat kann daher offen lassen, ob hier im Hinblick auf Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III auf das eigentliche Überstellungsverfahren, das erst nach dem 31.12.2013 eingeleitet wurde, schon die Neufassung anzuwenden ist, auch wenn das Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchen bereits vor dem 01.01.2014 gestellt worden war.
24 
a) Es widerspricht insbesondere nicht dem Union, wenn nach dem nationalen Recht zwingend der Erlass einer Abschiebungsanordnung vorgesehen ist, die nach ihren Tatbestandsvoraussetzungen verlangt, dass feststehen muss, dass die Abschiebung in den jeweiligen Zielstaat durchgeführt werden kann. Denn der Wortlaut ist zumindest in einer Weise offen, dass hieraus nicht abgleitet werden kann, dass eine Abschiebung ausnahmslos stattfinden muss, selbst wenn Union dem entgegensteht.
25 
Nach Art. 20 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II teilt u. a. im Fall des Art. 16 Abs. 1 lit. e) der ersuchende Mitgliedstaat dem Asylbewerber die Entscheidung des zuständigen Mitgliedstaats über seine Wiederaufnahme mit. Diese Entscheidung ist zu begründen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung ist anzugeben und „gegebenenfalls“ der Ort und der Zeitpunkt zu nennen, an dem bzw. zu dem sich der Asylbewerber zu melden hat, wenn er sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begibt. Gegen die Entscheidung kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Ein gegen diese Entscheidung eingelegter Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist. Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat ein Laissez-passer nach dem Muster aus, das gemäß dem Verfahren nach Artikel 27 Absatz 2 VO Dublin II festgelegt wird. Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass der Asylbewerber eingetroffen ist bzw. dass er sich nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen gemeldet hat. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II erfolgt die Überstellung gemäß den nationalen Rechtsvorschriften.
26 
Diese Regelungen entsprechen den für die Aufnahme geltenden Vorgaben in Art. 19 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 und Abs. 3 UA 1 und 2 VO Dublin II.
27 
Die VO Dublin III unterscheidet hinsichtlich des Überstellungsverfahrens nicht mehr zwischen der Aufnahme und der Wiederaufnahme und trifft insoweit einheitliche Regelungen. Art. 26 Abs. 2 VO Dublin III bestimmt, dass die Entscheidung nach Absatz 1 eine Rechtsmittelbelehrung enthält, die, falls „erforderlich“, auch auf das Recht, die aufschiebende Wirkung zu beantragen, hinzuweisen hat; außerdem hat sie Informationen zu enthalten über die Frist für die Durchführung der Überstellung mit erforderlichenfalls Angaben über den Ort und den Zeitpunkt, an dem oder zu dem sich die betreffende Person zu melden hat, wenn diese Person sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begibt. Art. 29 Abs. 1 VO Dublin III regelt, dass die Überstellung gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats erfolgt.
28 
Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 02.09.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (ABl. 2003, Nr. L 222 S. 3 - im Folgenden DVO Dublin), der nicht durch die DVO (EU) Nr. 118/2014 vom 30.01.2014 (ABl. Nr. L 39, 1) geändert wurde, sieht vor, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf eine der folgenden Weisen erfolgen kann: a) auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist, b) in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Uhrzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden oder c) in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 der genannten Durchführungsverordnung erhält der Asylbewerber in den Fällen des Absatzes 1 lit. a) und b) einen Passierschein und im Fall lit. c) ein Laissez-passer.
29 
Das insoweit unmittelbar anzuwendende Unionsrecht geht - in Kenntnis des Risikos, dass der Asylbewerber diese ihm eingeräumte Möglichkeit missbrauchen kann - nach den dargestellten Bestimmungen somit unzweifelhaft von der Möglichkeit einer freiwilligen oder kontrollierten Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat aus. Davon zu trennen ist aber die Frage, ob diese Möglichkeit nur dann zu gewähren ist, wenn auch das nationale Recht die freiwillige oder kontrollierte Ausreise bei Dublin-Überstellungen ausdrücklich vorsieht, oder ob es eine bindende unionsrechtliche Vorgabe darstellt, dass jeder Mitgliedstaat - quasi als milderes Mittel - auch eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise vorsehen muss und in welchem (rechtlichen) Rahmen dies zu geschehen hat.
30 
b) Unter Berufung auf die in Art. 19 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. e) Satz 3 VO Dublin II enthaltene Klausel „gegebenenfalls“, die auch so schon im Kommissionsentwurf enthalten war (vgl. Art. 21 KOM/2001/0447endg.), sowie den Verweis auf die nationalen Rechtsvorschriften, wird die Auffassung vertreten, eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise sei nur dann zu ermöglichen, wenn das innerstaatliche Recht eine Ausreise auf eigene Initiative ausdrücklich vorsehe, was im deutschen Recht nicht der Fall sei. Dies werde auch dadurch belegt, dass Art. 7 DVO Dublin die dort genannten Alternativen der Aufenthaltsbeendigung nicht in ein Rangverhältnis stelle und die begleitete Überstellung nicht von dem Erfordernis der vorher eingeräumten Möglichkeit der freiwilligen Ausreise oder kontrollierten Ausreise abhängig gemacht werde (HessVGH, Beschluss vom 31.08.2006 - 9 UE 1464/06.A - juris). Wenn nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf eine der folgenden Weisen erfolgen könne, so bedeute dies nur, dass die Wahl des Vorgehens im Einzelfall allein nach den innerstaatlichen Vorschriften erfolge (so etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 29.03.2005 - A 18 K 10372/05 - juris Rn. 3). Gem. Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin bestehe eine durch innerstaatliches Recht auszufüllende Gestaltungsmöglichkeit eines jeden Mitgliedstaats (VG Bremen, Urteil vom 25.10.2006 - 1 K 222/05.A - juris Rn. 20). Die Verwendung des Wortes „gegebenenfalls“ zeige, dass es grundsätzlich in der Entscheidungsfreiheit des die Überstellung durchführenden Mitgliedstaats liege, ob tatsächlich eine freiwillige Überstellung erfolgen solle, mithin jedenfalls kein Rechtsanspruch des Asylbewerbers auf eine solche Vorgehensweise bestehen könne. Der Erlass einer Abschiebungsanordnung wird mit diesen Überlegungen als unionsrechtskonform angesehen (vgl. auch BremOVG, Beschluss vom 03.11.2009 - 2 A 460/06 - juris Rn. 9; BayVGH, Urteil vom 25.02.2008 - 21 B 06.30145 - juris - Rn. 20; a.A. aber etwa GK-AsylVfG, § 34a Rn. 53 und § 27a Rn. 252 ff. ; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 27a AsylVfG Rn. 2).
31 
c) Dem folgt der Senat nicht. Der Verweis auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften besagt nur, dass die Verordnung insoweit keine abschließende, ins Einzelne gehende Regelung treffen wollte, was das gesamte Verfahren der Aufenthaltsbeendigung bzw. Überstellung betrifft, nicht aber, dass es im Belieben eines jeden Mitgliedstaats stehen soll, nationale Regelungen zu treffen, die eine Überstellung ausschließlich im Wege der Abschiebung, d.h. einer förmlichen Vollstreckung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs zulassen. Sowohl der VO Dublin II wie auch der VO Dublin III liegt vielmehr zugrunde, dass die Mitgliedstaaten im Einzelfall eine konkrete Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen haben, in welcher Weise die Aufenthaltsbeendigung erfolgen soll, denn die unionsrechtlich vorgesehenen Varianten der Aufenthaltsbeendigung werden zumindest auch mit Blick auf die Betroffenen und deren hiervon berührte Interessen eröffnet, weshalb auch in diesem Sinne von ihnen Gebrauch zu machen ist. Dieses Ermessen ist nationalrechtlich für die Bundesrepublik allerdings in zulässiger Weise durch § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG gebunden.
32 
Dem steht die von der VO Dublin II verwendete „Gegebenenfalls-Klausel“, die sich in der VO Dublin III in sinngemäßer, aber inhaltsgleicher Weise in Art. 26 Abs. 2 wiederfindet, nicht entgegen. Diesen Begriff als eine derart weitgehende „Öffnungsklausel“ für das nationale Recht einzustufen, stellt eine nicht gerechtfertigte Überinterpretation dar; nichts anderes gilt für den Verweis auf die nationalen Rechtsvorschriften. Die Klausel bezieht sich nur auf eine Notwendigkeit, dem oder der Betroffenen Ort und Zeit zu nennen, wo bzw. wann er sich im zuständigen Mitgliedstaat zu melden hat, wenn die Überstellung auf freiwilliger Basis ermöglicht wird. Durch die Nennung dieser Daten wird sichergestellt, dass der Asylbewerber seinen „Treffpunkt“ kennt - falls er (oder ihn betreuende Organisationen oder sein Rechtsanwalt) nicht ohnehin im Rahmen einer Ausreise aus eigener Initiative unmittelbar mit den für ihn zuständigen Stellen im Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmemitgliedstaat im Vorfeld Kontakt aufgenommen hat und ihm daher bekannt ist, wann und wo er sich einzufinden hat. Im Übrigen kann die Bekanntgabe von Ort und Zeit auch dazu dienen, dem zuständigen Mitgliedstaat die Mitteilung an den ersuchenden Staat über das Eintreffen des Asylbewerbers zu erleichtern (vgl. Art. 19 Abs. 3 UA 3 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. e) Satz 3 VO Dublin II bzw. Art. 29 Abs. 1 UA 4 VO Dublin III). Soweit die VO Dublin II in Art. 19 Abs. 3 UA 1 bzw. in Art. 20 Abs. 1 lit d) Satz 2 bzw. die VO Dublin III in Art. 29 Abs. 1 UA 1 auf die „Maßgeblichkeit des innerstaatlichen Rechts“ abstellen, zwingt dies nicht dazu, von einer unbegrenzten Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten auszugehen. Mit einer solchen Sicht der Dinge würde nicht angemessen berücksichtigt, dass Zwangsmittel nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen möglichst zurückhaltend einzusetzen sind (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II, 3. Aufl., Art. 19 K6, S. 151). Der Umstand, dass jedes staatliche Handeln dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss und eine zwangsweise Durchsetzung einer Ausreisepflicht – ungeachtet der hierdurch möglicherweise nach § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG verbundenen Rechtsfolgen – stets mit erheblichen Beeinträchtigungen von Freiheitsrechten verbunden ist (vgl. auch den 15. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 19. und 32. Erwägungsgrund der VO Dublin III), spricht auch dafür, dass es unionsrechtlich nicht zulässig ist, völlig ungeachtet der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen die Überstellung allein im Wege der Abschiebung vorzusehen und durchzuführen. Da bei einer Abschiebung immer auch Grundrechte (Art. 2 Abs. 1 GG und ggf. Art. 2 Abs. 2 GG bzw. Art. 6 GRCh) betroffen sind, steht für den Senat außer Zweifel, dass die Art der Überstellung und deren Durchführung an ihnen zu messen sind und in letzter Konsequenz eigene einklagbare Rechte des Asylbewerbers betreffen. Für die neue Rechtslage wird dies durch den 24. Erwägungsgrund der VO Dublin III, namentlich dessen Satz 2, unterstrichen, wonach die Mitgliedstaaten sich durch entsprechende Informationen des Antragstellers für Überstellungen auf freiwilliger Basis einsetzen und sicherstellen sollten, dass Überstellungen in Form der kontrollierten Ausreise oder Begleitung in humaner Weise und in voller Übereinstimmung mit den Grundrechten und unter Achtung der Menschenwürde sowie dem Wohl des Kindes etc. vorgenommen werden. Dieser „Sicherstellungsauftrag“ verbietet eine Interpretation der Verordnung dahingehend, dass es in das Belieben der Mitgliedstaaten gestellt sein könnte, ob sie die Möglichkeit einer Überstellung in freiwilliger oder kontrollierter Form vorsehen wollen (ebenso Filzwieser/Sprung, Dublin II VO, 3. Aufl., Art. 19 K6, S. 151 u. zu Art. 7 DVO K4, S. 224).
33 
c) Aus den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II wie auch der VO Dublin III lässt sich allerdings nicht entnehmen, den Betroffenen müsste zunächst generell die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise in der Weise eingeräumt werden, dass ihnen – dem deutschen allgemeinen Aufenthaltsrecht vergleichbar (vgl. § 59 AufenthG) – die Abschiebung unter Setzung einer Frist zu freiwilligen Ausreise angedroht werden muss (vgl. auch § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG). Deshalb kann die Entscheidung über den konkreten Vollzug der Überstellungentscheidung den hierfür zuständigen Ausländerbehörden der Länder überlassen werden und bedarf keiner Regelung im Bescheid des Bundesamts, der aus den dargestellten Gründen des Unionsrechts nur nicht in der Weise verstanden werden darf, dass eine Überstellung lediglich in der Form der Abschiebung, d.h. der begleiteten Überstellung erfolgen darf (wohl auch BVerwG, Beschluss vom 18.12.2008 - 10 B 40/08 - juris Rn. 3, wonach es an einer Darlegung fehle, warum sich im Fall des Klägers, der seinen Asylantrag erst nach Aufgriff durch die Polizei im Anschluss an einen - nach seinen Angaben - zweiwöchigen Aufenthalt im Bundesgebiet gestellt habe, der Erlass und die Vollstreckung einer Abschiebungsanordnung infolge einer Ermessensreduzierung nicht aufgedrängt haben solle; VG München, Beschluss vom 24.01.2014 - M 4 S 14.30061 - juris Rn. 20, wonach die Entscheidung über die Art und Weise der Überstellung Aufgabe der Ausländerbehörde sei und es ist nicht ersichtlich sei, dass der Antragsteller von Anfang an zur freiwilligen Ausreise bereit gewesen wäre; ebenso VG Berlin, Beschluss vom 27.11.2013 - 33 L 500.13 A - juris Rn. 27, vgl. auch VG Freiburg, Beschluss vom 30.10.2006 - A 3 K 710/06 - juris Rn. 4, wonach keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass sich die Antragstellerin überhaupt auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begeben wolle). Allerdings könnte der Wortlaut der Bestimmungen der Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II bzw. des Art. 26 Abs. 2 VO Dublin III auch so gedeutet werden, dass all das, was die Überstellung betrifft, also die Entscheidung über die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einschließlich der Modalitäten der Überstellung, in einer einzigen Entscheidung geregelt werden soll, gegen die dann Rechtsschutz möglich ist; zwingend ist ein solches Verständnis jedoch nicht. Es ist nämlich zu bedenken, dass der gesamte Komplex des Verwaltungsvollzugs und dessen Ausgestaltung regelmäßig Sache des einzelnen Mitgliedstaats ist, so dass auch ein Ineinandergreifen verschiedener Behördenzuständigkeiten durch das Unionsrecht akzeptiert wird mit der Folge, dass in Konsequenz des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland der Vollzug im Einzelnen von den zuständigen Ausländerbehörden der Länder durchzuführen und zu organisieren ist. Insoweit kommt dann der in beiden Verordnungen enthaltene Vorbehalt zugunsten der nationalen Rechtsvorschriften zum Tragen, wenn wie hier, keine eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben gemacht werden. Wesentlich ist allein, dass die Entscheidung über die konkrete Form der geplanten Überstellung und alle Einzelheiten und Modalitäten so rechtzeitig getroffen und gleichermaßen rechtzeitig den Betroffenen bekanntgeben werden, dass sie noch effektiven Rechtsschutz erlangen können, sofern sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, die von der nach nationalem Recht für den Vollzug zuständigen Behörde getroffenen wurde.
34 
Der Senat leitet dieses Ergebnis auch aus der Tatsache ab, dass etwa die Informationsrechte nach Art. 4 VO Dublin III i.V.m. den Anhängen X bis XIII der DVO Dublin zu umfangreichen bis ins Detail gehenden Vorgaben führen, worüber der Asylbewerber zu belehren und zu informieren ist. Ihm werden die Fristen für die Überstellung und die möglichen Rechtsmittel erklärt. Es findet sich aber kein Hinweis auf die Arten der Überstellung, insbesondere auch nicht zur freiwilligen Ausreise. Das spricht dagegen, dass nach den beiden Verordnungen generell die freiwillige Ausreise einzuräumen ist - auch wenn die VO Dublin II diese umfangreichen Informationsblätter noch nicht kannte. Des Weiteren spricht die in Art. 7 Abs. 1 der DVO zum Ausdruck kommende Wahlfreiheit dafür, es allein der Entscheidung im Einzelfall zu überlassen, wie die Überstellung erfolgt.
35 
Will der Betroffene freiwillig ausreisen, so müssen ihm folglich die Einzelheiten (bis wann er ausgereist sein muss, wo und wann er sich im zuständigen Mitgliedstaat einzufinden hat) durch die Ausländerbehörde im Außenverhältnis (und nicht durch das Bundesamt) mitgeteilt werden. Eine Konsequenz des seit 06.09.2013 nunmehr ausdrücklich in § 34a Abs. 2 AsylVfG eröffneten Rechtsschutzes nach § 80 Absatz 5 VwGO (der im Übrigen auch schon für Überstellungen nach der VO Dublin II gilt, falls diese hier noch anzuwenden sein sollte) ist, dass, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, Abschiebungen nunmehr erst konkret geplant werden, wenn die Wochenfrist für den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelaufen ist, weshalb auch aus diesem Grund eine ins Detail gehende Regelung durch das Bundesamt in der von ihm zu erlassenden Verfügung nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wenig praktikabel wäre und v.a. auch nicht immer ausreichend zeitnah die konkreten individuellen Verhältnisse der Betroffenen in den Blick nehmen könnte. Die Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG genügt für die Betroffenen ebenfalls, um sich mit der Ausländerbehörde in Verbindung zu setzen und die Möglichkeiten einer freiwilligen Ausreise zu klären. Kommt die zuständige Ausländerbehörde zu der Auffassung, dass eine Abschiebung (zunächst) nicht erforderlich ist und unverhältnismäßig wäre und insbesondere die Abschiebungsvoraussetzungen nach § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, sind die dargestellten weiteren Einzelheiten von ihr zu veranlassen. Eine Konsequenz der unterschiedlichen Behördenzuständigkeit ist allerdings, dass unterschiedlicher bzw. zusätzlicher Rechtsschutz erforderlich werden kann. Das ist etwa dann denkbar, wenn der Asylbewerber sich primär gegenüber der Beklagten z.B. mit dem Argument, Deutschland sei für sein Asylverfahren zuständig (geworden), gegen die Aufnahme oder Wiederaufnahme wendet, er allerdings jedenfalls auch seine freiwillige Ausreise durchsetzen möchte, die ihm bisher als Möglichkeit von der Ausländerbehörde verweigert wird (gegen den Träger der zuständigen Ausländerbehörde). Solches ist jedoch nicht unzumutbar, zumal dadurch auch eine zeitnahe Beurteilung der konkreten Verhältnisse möglich ist.
36 
2. a) Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats steht die Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsanordnung auch nicht deshalb infrage, weil etwa die Überstellung nach Italien nicht mehr durchgeführt werden könnte. Geht man davon aus, dass das Übernahmeersuchen am 30.12.2013 an Italien übermittelt wurde, so war die hier maßgebliche Beantwortungsfrist nach Art. 20 Abs. 1 lit. c) Alt. 2 VO Dublin II von zwei Wochen am 13.01.2014 abgelaufen. Die Überstellungsfrist von sechs Monaten nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II wäre dann möglicherweise am Montag, den 14.07.2014, abgelaufen mit der Folge, dass die Bundesrepublik wieder zuständig geworden wäre. Unklar ist in diesem Zusammenhang, welche Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen sind, das im vorliegenden Fall ein Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes – allerdings mit für den Kläger negativem Ausgang – durchgeführt worden war, während dessen Anhängigkeit gem. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eine Vollziehung der Überstellungsentscheidung durch die Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig war, und dass auch vom Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung der Beklagten an den Kläger bis zur Antragstellung mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bzw. Art. 47 Abs. 1 GRCh ein vorübergehendes Abschiebungsverbot bestanden hatte. Nach den in Art. 19 Abs. 3 UA 1 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II oder Art. 29 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III enthaltenen Wertungen kann kaum angenommen werden, dass die Überstellungsfrist in dieser Zeit uneingeschränkt läuft und in letzter Konsequenz ablaufen kann. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu betonen, dass der unionsrechtliche Begriff der „aufschiebenden Wirkung“ nicht in dem spezifischen rechtstechnischen Sinn des deutschen Verwaltungsverfahrens- und -prozessrechts verstanden werden kann und darf, da das Unionsrecht keine genauere Ausgestaltung des Rechtsschutzverfahrens bzw. Rechtschutzsystems vornimmt, sondern den nationalen Regelungsbestand voraussetzt (vgl. zu alledem auch GK-AsylVfG, § 27a Stand November 2013 Rn. 227 ff.). Nach Auffassung des Senats hält sowohl die VO Dublin II wie auch die VO Dublin III für diese Fallkonstellation keine angemessene Regelung vor (a.A. aber wohl VG Göttingen, Beschluss vom 30.06.2014 - 2 B 86/14 - juris, das zu Unrecht nicht einmal eine Ablaufhemmung annimmt, sondern den Fristlauf ausschließlich mit Ergehen eines positiven Beschlusses beginnen lassen will, was aber einer sehr formalistischen Betrachtungsweise geschuldet ist, die die von den entsprechenden Bestimmungen der Verordnungen berücksichtigten Belange der Mitgliedstaaten, die der Europäische Gerichtshof in der Sache Petrosian, Urteil vom 29.1.2009 - C- 19/08 - InfAuslR 2009, 139, herausgearbeitet hat, und die notwendigen Rechtsfolgen einer effektiven Rechtsschutzgewährung nicht angemessen in den Blick nimmt). Der EuGH hat im genannten Urteil u.a. Folgendes ausgeführt:
37 
„…32. Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 erfolgt die Überstellung eines Asylbewerbers in den Mitgliedstaat, der ihn wieder aufnehmen muss, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Nach Art. 20 Abs. 2 geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird.
38 
33. Der Wortlaut dieser Bestimmungen an sich erlaubt nicht die Feststellung, ob die Frist zur Durchführung der Überstellung bereits ab einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, oder erst ab einer gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des genannten Verfahrens entschieden wird.
39 
34. Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteile vom 18. Mai 2000, KVS International, C-301/98, Slg. 2000, I-3583, Randnr. 21, und vom 23. November 2006, ZVK, C-300/05, Slg. 2006, I-11169, Randnr. 15).
40 
35. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 in Verbindung mit Abs. 1 Buchst. c können je nach den Umständen drei Ereignisse den Lauf der Frist von sechs Monaten auslösen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um die Überstellung des Asylbewerbers durchzuführen. Es kann sich erstens um die Entscheidung des ersuchten Mitgliedstaats handeln, die Wiederaufnahme des Asylbewerbers zu akzeptieren, zweitens um den fruchtlosen Ablauf der Frist von einem Monat, die dem ersuchten Mitgliedstaat für eine Stellungnahme zum Antrag des ersuchenden Mitgliedstaats auf Wiederaufnahme des Asylbewerbers gesetzt worden ist, und drittens um die Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser im ersuchenden Mitgliedstaat aufschiebende Wirkung hat.
41 
36. Diese drei Ereignisse müssen in Abhängigkeit davon analysiert werden, ob es in den Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gibt oder nicht, wobei das Ziel zu berücksichtigen ist, dessentwegen die Verordnung Nr. 343/2003 eine Frist für die Durchführung der Überstellung vorsieht.
42 
37. Hierbei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden.
43 
38. Wie aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 hervorgeht, läuft in der ersten Konstellation, wenn kein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung vorgesehen ist, die Frist zur Durchführung der Überstellung ab der ausdrücklichen oder vermuteten Entscheidung, durch die der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Betreffenden akzeptiert, unabhängig von den Unwägbarkeiten, denen der Rechtsbehelf unterliegt, den der Asylbewerber gegebenenfalls gegen die seine Überstellung anordnende Entscheidung vor den Gerichten des ersuchenden Mitgliedstaats erhoben hat.
44 
39. Dann bleiben lediglich die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln und insbesondere deren Datum festzusetzen.
45 
40. In diesem Zusammenhang erlegt Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 dem ersuchenden Mitgliedstaat eine Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung auf. Somit verfolgt diese Frist in Anbetracht der praktischen Komplexität und der organisatorischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung einhergehen, das Ziel, es den beiden betroffenen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich im Hinblick auf die Durchführung abzustimmen, und es insbesondere dem ersuchenden Mitgliedstaat zu erlauben, die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln, die nach den nationalen Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Staates erfolgt.
46 
41. Außerdem ergibt sich aus der Darlegung der Gründe zu dem von der Kommission am 26. Juli 2001 vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat (KOM[2001] 447 endg., S. 5, 19 und 20), dass die Kommission gerade deshalb, um den für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Überstellung bestehenden praktischen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, vorgeschlagen hat, die Frist für die Durchführung der Überstellung zu verlängern. Diese Frist, die im am 15. Juni 1990 in Dublin unterzeichneten Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags (ABl. 1997, C 254, S. 1), das durch die Verordnung Nr. 343/2003 ersetzt wurde, mit einem Monat festgesetzt wurde, wurde sodann entsprechend dem genannten Verordnungsvorschlag in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnung auf sechs Monate erhöht.
47 
42. Für die zweite Konstellation – wenn der ersuchende Mitgliedstaat einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung kennt und das Gericht dieses Mitgliedstaats seiner Entscheidung eine derartige Wirkung beilegt – sieht Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass die Frist für die Durchführung der Überstellung ab der „Entscheidung über den Rechtsbehelf“ läuft.
48 
43. In dieser zweiten Konstellation ist zwar der Beginn der Frist zur Durchführung der Überstellung ein anderer als der, der für die erste angeführte Konstellation festgelegt wird, doch bleibt es dabei, dass sich jeder der beiden betroffenen Mitgliedstaaten bei der Organisation der Überstellung mit den gleichen praktischen Schwierigkeiten konfrontiert sieht und folglich über die gleiche Frist von sechs Monaten verfügen sollte, um diese Überstellung zu bewerkstelligen. Denn der Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 enthält keinen Hinweis darauf, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber beabsichtigt hätte, diese beiden Konstellationen unterschiedlich zu behandeln.
49 
44. Daraus folgt, dass angesichts des Ziels, das damit verfolgt wird, dass den Mitgliedstaaten eine Frist gesetzt wird, der Beginn dieser Frist in der zweiten Konstellation so zu bestimmen ist, dass die Mitgliedstaaten wie in der ersten Konstellation über eine Frist von sechs Monaten verfügen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung nutzen sollen.
50 
45. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen.
51 
46. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003, mit dem die Frist zur Durchführung der Überstellung festgelegt wird, diese Frist in der zweiten angeführten Konstellation nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann.
52 
47. Dieses Ergebnis wird durch zwei weitere Reihen von Erwägungen bestätigt, die sich einerseits aus der Wahrung des von einem Mitgliedstaat gewährleisteten gerichtlichen Schutzes und zum anderen aus der Beachtung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten herleiten.
53 
48. Erstens ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können, wodurch sie dem Asylbewerber ermöglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen.
54 
49. Die Mitgliedstaaten, die Rechtsbehelfe schaffen wollten, die zu Entscheidungen mit aufschiebender Wirkung im Rahmen des Überstellungsverfahrens führen können, dürfen nämlich nicht im Namen der Einhaltung des Erfordernisses einer zügigen Sachbehandlung in eine weniger günstige Lage versetzt werden als diejenigen Mitgliedstaaten, die dies nicht für notwendig erachtet haben.
55 
50. So befände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asylbewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 343/2003 – wonach, sobald die Frist für die Durchführung der Überstellung einmal abgelaufen ist, die Annahme der Zuständigkeit durch den ersuchten Mitgliedstaat hinfällig wird – letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
56 
51. Die Auslegung der Bestimmungen von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003, der den Beginn der Frist festlegt, die dem ersuchenden Mitgliedstaat für die Vornahme der Überstellung des Asylbewerbers gesetzt wird, kann folglich nicht zu dem Ergebnis führen, dass sich der ersuchende Mitgliedstaat im Namen der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts über die aufschiebende Wirkung der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung hinwegsetzen müsste, die im Rahmen eines Rechtsbehelfs ergangen ist, der eine derartige Wirkung haben kann, die dieser Staat in seinem innerstaatlichen Recht doch vorsehen wollte.
57 
52. Was zweitens die Beachtung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Auslegung von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 dahin, dass die Frist für die Durchführung der Überstellung bereits ab der vorläufigen Entscheidung mit aufschiebender Wirkung läuft, das nationale Gericht, das die Einhaltung dieser Frist mit der Beachtung einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung mit aufschiebender Wirkung vereinbaren wollte, veranlasst wäre, über die Rechtmäßigkeit des Überstellungsverfahrens vor Ablauf der genannten Frist durch eine Entscheidung zu befinden, die gegebenenfalls wegen Zeitmangels der Richter nicht in zufriedenstellender Weise dem komplexen Charakter des Rechtsstreits Rechnung tragen konnte. Wie einige Regierungen und die Kommission in ihren dem Gerichtshof vorliegenden Stellungnahmen betonen, liefe eine derartige Auslegung dem genannten Grundsatz zuwider, wie er in der Gemeinschaftsrechtsprechung niedergelegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2003, Safalero, C-13/01, Slg. 2003, I-8679, Randnr. 49, und vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Randnr. 39)…“
58 
Die vorliegend vom Senat zu beurteilende Fallkonstellation wurde vom Europäischen Gerichtshof nicht genauer angesprochen, geschweige denn beschieden. Die VO Dublin II, aber auch die VO Dublin III, die insoweit keine Änderungen gebracht hat, befassen sich mit dieser Fallgestaltung nicht. Orientiert man sich (zu) eng am Wortlaut der Bestimmungen, so wäre der Fristlauf nicht gehemmt, noch viel weniger wäre die Frist erst mit der Bekanntgabe der negativen gerichtlichen Entscheidung in Lauf gesetzt worden. Außerdem kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass es der Bundesrepublik Deutschland aufgrund Verfassungsrechts wie auch einfachen Gesetzesrechts bis zur unanfechtbaren Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unmöglich ist, die Überstellung durchzuführen, mit der Folge, dass bei einem langwierigeren Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Frist ohne weiteres ablaufen kann, ohne dass eine Überstellung möglich gewesen wäre. Andererseits akzeptiert, wie der Europäische Gerichtshof im genannten Urteil ausdrücklich herausgearbeitet hat, das Unionsrecht ausdrücklich, dass für den ersuchenden Mitgliedstaat bestehende rechtliche Hindernisse berücksichtigt werden müssen, um nicht zu untragbaren Ergebnissen zu kommen. Dieses zugrunde gelegt muss davon ausgegangen werden, dass eine zu schließende Regelungslücke vorliegt. Diese ist in einer Weise zu schließen, die einen möglichst beide Seiten schonenden Interessenausgleich zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat bewirkt. Diesem Anliegen entspricht es aus der Sicht des Senates am besten, wenn hier während des vorübergehenden Vollstreckungshindernisses (in der Zeit zwischen der Zustellung des Bescheids bis zur Zustellung der negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hier vom 17.03.2014 bis zum 09.04.2014) eine Ablaufhemmung angenommen wird mit der Folge, dass die Frist sich entsprechend verlängert (vgl. § 209 BGB entspr.). Allerderdings ist dieser Sicht der Dinge immanent, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach der Zustimmung durch den ersuchten Mitgliedstaat die Überstellungsentscheidung unverzüglich erlassen muss, um nach einer negativen Gerichtsentscheidung noch ausreichend Zeit für die Durchführung der Überstellung zur Verfügung zu haben. Diese Konsequenz entspricht aber durchaus den berechtigen und wohl verstandenen Interessen des ersuchten Mitgliedstaats (und mittelbar auch denen des betroffenen Flüchtlings). Übertragen auf den vorliegenden Fall wäre die Überstellungsfrist hiernach zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgelaufen mit der Folge, dass die Zuständigkeit gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 29, Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist.
59 
b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris) kann allerdings der Kläger den Zuständigkeitsübergang nicht mit Erfolg einwenden, solange die Überstellung an den bisher zuständigen Mitgliedstaat noch zeitnah möglich ist. Abgesehen davon ist ihm der Einwand hier auch deshalb abgeschnitten, weil die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids unanfechtbar geworden ist; er müsste insoweit erst ein Verfahren auf Wiederaufgreifen einleiten. Etwas anderes müsste nur dann gelten, wenn Italien eine zeitnahe Durchführung der Überstellung nunmehr ablehnen würde. Von einer zeitnahen Möglichkeit der Überstellung ist jedoch nach den Ausführungen des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auszugehen. Denn die Beklagte hatte Italien im vorliegenden Fall mitgeteilt, dass die Überstellungsfrist mit Rücksicht auf ein durchgeführtes Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes erst am 09.10.2014 ablaufe, was darauf beruht, dass die Beklagte der Auffassung ist, die Überstellungsfrist werde erst durch die Zustellung der negativen gerichtlichen Entscheidung in Lauf gesetzt. Nach den plausiblen weiteren Ausführungen des Beklagtenvertreters werden diese nationalen Vorgaben und Mitteilungen jedoch regelmäßig von den ersuchten Mitgliedstaaten akzeptiert, weshalb der Senat davon ausgeht, dass eine Überstellung noch zeitnah möglich ist.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO und 83b AsylVfG. Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Gründe

 
20 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie unter Stellung eines Antrags frist- und formgerecht begründet.
21 
Die Berufung bleibt jedoch ohne Erfolg.
22 
I. Rechtsgrundlage der Abschiebungsanordnung vom 12.03.2014 ist § 34a Abs. 1 AsylVfG.
23 
1. Diese Bestimmung ist nach Maßgabe der folgenden Ausführungen mit den unionsrechtlichen Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (ABl. Nr. L 50, 1 - VO Dublin II) wie auch der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 (ABl. Nr. L 180, 31 - VO Dublin III) vereinbar. Der Senat kann daher offen lassen, ob hier im Hinblick auf Art. 49 Abs. 2 VO Dublin III auf das eigentliche Überstellungsverfahren, das erst nach dem 31.12.2013 eingeleitet wurde, schon die Neufassung anzuwenden ist, auch wenn das Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchen bereits vor dem 01.01.2014 gestellt worden war.
24 
a) Es widerspricht insbesondere nicht dem Union, wenn nach dem nationalen Recht zwingend der Erlass einer Abschiebungsanordnung vorgesehen ist, die nach ihren Tatbestandsvoraussetzungen verlangt, dass feststehen muss, dass die Abschiebung in den jeweiligen Zielstaat durchgeführt werden kann. Denn der Wortlaut ist zumindest in einer Weise offen, dass hieraus nicht abgleitet werden kann, dass eine Abschiebung ausnahmslos stattfinden muss, selbst wenn Union dem entgegensteht.
25 
Nach Art. 20 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II teilt u. a. im Fall des Art. 16 Abs. 1 lit. e) der ersuchende Mitgliedstaat dem Asylbewerber die Entscheidung des zuständigen Mitgliedstaats über seine Wiederaufnahme mit. Diese Entscheidung ist zu begründen. Die Frist für die Durchführung der Überstellung ist anzugeben und „gegebenenfalls“ der Ort und der Zeitpunkt zu nennen, an dem bzw. zu dem sich der Asylbewerber zu melden hat, wenn er sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begibt. Gegen die Entscheidung kann ein Rechtsbehelf eingelegt werden. Ein gegen diese Entscheidung eingelegter Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung für die Durchführung der Überstellung, es sei denn, die Gerichte oder zuständigen Stellen entscheiden im Einzelfall nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts anders, wenn es nach ihrem innerstaatlichen Recht zulässig ist. Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat ein Laissez-passer nach dem Muster aus, das gemäß dem Verfahren nach Artikel 27 Absatz 2 VO Dublin II festgelegt wird. Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass der Asylbewerber eingetroffen ist bzw. dass er sich nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen gemeldet hat. Nach Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II erfolgt die Überstellung gemäß den nationalen Rechtsvorschriften.
26 
Diese Regelungen entsprechen den für die Aufnahme geltenden Vorgaben in Art. 19 Abs. 2 Sätze 1 bis 4 und Abs. 3 UA 1 und 2 VO Dublin II.
27 
Die VO Dublin III unterscheidet hinsichtlich des Überstellungsverfahrens nicht mehr zwischen der Aufnahme und der Wiederaufnahme und trifft insoweit einheitliche Regelungen. Art. 26 Abs. 2 VO Dublin III bestimmt, dass die Entscheidung nach Absatz 1 eine Rechtsmittelbelehrung enthält, die, falls „erforderlich“, auch auf das Recht, die aufschiebende Wirkung zu beantragen, hinzuweisen hat; außerdem hat sie Informationen zu enthalten über die Frist für die Durchführung der Überstellung mit erforderlichenfalls Angaben über den Ort und den Zeitpunkt, an dem oder zu dem sich die betreffende Person zu melden hat, wenn diese Person sich auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begibt. Art. 29 Abs. 1 VO Dublin III regelt, dass die Überstellung gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats erfolgt.
28 
Art. 7 Abs. 1 VO (EG) Nr. 1560/2003 der Kommission vom 02.09.2003 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (ABl. 2003, Nr. L 222 S. 3 - im Folgenden DVO Dublin), der nicht durch die DVO (EU) Nr. 118/2014 vom 30.01.2014 (ABl. Nr. L 39, 1) geändert wurde, sieht vor, dass die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf eine der folgenden Weisen erfolgen kann: a) auf Initiative des Asylbewerbers innerhalb einer vorgegebenen Frist, b) in Form der kontrollierten Ausreise, wobei der Asylbewerber bis zum Besteigen des Beförderungsmittels von einem Bediensteten des ersuchenden Staates begleitet wird und dem zuständigen Staat Ort, Datum und Uhrzeit seiner Ankunft bis zu einer vereinbarten Frist vor der Ankunft mitgeteilt wurden oder c) in Begleitung, wobei der Asylbewerber von einem Bediensteten des ersuchenden Staates oder einem Vertreter einer von dem ersuchenden Staat zu diesem Zweck beauftragten Einrichtung eskortiert und den Behörden des zuständigen Staats überstellt wird. Nach Art. 7 Abs. 2 der genannten Durchführungsverordnung erhält der Asylbewerber in den Fällen des Absatzes 1 lit. a) und b) einen Passierschein und im Fall lit. c) ein Laissez-passer.
29 
Das insoweit unmittelbar anzuwendende Unionsrecht geht - in Kenntnis des Risikos, dass der Asylbewerber diese ihm eingeräumte Möglichkeit missbrauchen kann - nach den dargestellten Bestimmungen somit unzweifelhaft von der Möglichkeit einer freiwilligen oder kontrollierten Ausreise in den zuständigen Mitgliedstaat aus. Davon zu trennen ist aber die Frage, ob diese Möglichkeit nur dann zu gewähren ist, wenn auch das nationale Recht die freiwillige oder kontrollierte Ausreise bei Dublin-Überstellungen ausdrücklich vorsieht, oder ob es eine bindende unionsrechtliche Vorgabe darstellt, dass jeder Mitgliedstaat - quasi als milderes Mittel - auch eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise vorsehen muss und in welchem (rechtlichen) Rahmen dies zu geschehen hat.
30 
b) Unter Berufung auf die in Art. 19 Abs. 2 Satz 2 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. e) Satz 3 VO Dublin II enthaltene Klausel „gegebenenfalls“, die auch so schon im Kommissionsentwurf enthalten war (vgl. Art. 21 KOM/2001/0447endg.), sowie den Verweis auf die nationalen Rechtsvorschriften, wird die Auffassung vertreten, eine freiwillige oder kontrollierte Ausreise sei nur dann zu ermöglichen, wenn das innerstaatliche Recht eine Ausreise auf eigene Initiative ausdrücklich vorsehe, was im deutschen Recht nicht der Fall sei. Dies werde auch dadurch belegt, dass Art. 7 DVO Dublin die dort genannten Alternativen der Aufenthaltsbeendigung nicht in ein Rangverhältnis stelle und die begleitete Überstellung nicht von dem Erfordernis der vorher eingeräumten Möglichkeit der freiwilligen Ausreise oder kontrollierten Ausreise abhängig gemacht werde (HessVGH, Beschluss vom 31.08.2006 - 9 UE 1464/06.A - juris). Wenn nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat auf eine der folgenden Weisen erfolgen könne, so bedeute dies nur, dass die Wahl des Vorgehens im Einzelfall allein nach den innerstaatlichen Vorschriften erfolge (so etwa VG Stuttgart, Beschluss vom 29.03.2005 - A 18 K 10372/05 - juris Rn. 3). Gem. Art. 7 Abs. 1 DVO Dublin bestehe eine durch innerstaatliches Recht auszufüllende Gestaltungsmöglichkeit eines jeden Mitgliedstaats (VG Bremen, Urteil vom 25.10.2006 - 1 K 222/05.A - juris Rn. 20). Die Verwendung des Wortes „gegebenenfalls“ zeige, dass es grundsätzlich in der Entscheidungsfreiheit des die Überstellung durchführenden Mitgliedstaats liege, ob tatsächlich eine freiwillige Überstellung erfolgen solle, mithin jedenfalls kein Rechtsanspruch des Asylbewerbers auf eine solche Vorgehensweise bestehen könne. Der Erlass einer Abschiebungsanordnung wird mit diesen Überlegungen als unionsrechtskonform angesehen (vgl. auch BremOVG, Beschluss vom 03.11.2009 - 2 A 460/06 - juris Rn. 9; BayVGH, Urteil vom 25.02.2008 - 21 B 06.30145 - juris - Rn. 20; a.A. aber etwa GK-AsylVfG, § 34a Rn. 53 und § 27a Rn. 252 ff. ; Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 27a AsylVfG Rn. 2).
31 
c) Dem folgt der Senat nicht. Der Verweis auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften besagt nur, dass die Verordnung insoweit keine abschließende, ins Einzelne gehende Regelung treffen wollte, was das gesamte Verfahren der Aufenthaltsbeendigung bzw. Überstellung betrifft, nicht aber, dass es im Belieben eines jeden Mitgliedstaats stehen soll, nationale Regelungen zu treffen, die eine Überstellung ausschließlich im Wege der Abschiebung, d.h. einer förmlichen Vollstreckung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs zulassen. Sowohl der VO Dublin II wie auch der VO Dublin III liegt vielmehr zugrunde, dass die Mitgliedstaaten im Einzelfall eine konkrete Ermessensentscheidung dahingehend zu treffen haben, in welcher Weise die Aufenthaltsbeendigung erfolgen soll, denn die unionsrechtlich vorgesehenen Varianten der Aufenthaltsbeendigung werden zumindest auch mit Blick auf die Betroffenen und deren hiervon berührte Interessen eröffnet, weshalb auch in diesem Sinne von ihnen Gebrauch zu machen ist. Dieses Ermessen ist nationalrechtlich für die Bundesrepublik allerdings in zulässiger Weise durch § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG gebunden.
32 
Dem steht die von der VO Dublin II verwendete „Gegebenenfalls-Klausel“, die sich in der VO Dublin III in sinngemäßer, aber inhaltsgleicher Weise in Art. 26 Abs. 2 wiederfindet, nicht entgegen. Diesen Begriff als eine derart weitgehende „Öffnungsklausel“ für das nationale Recht einzustufen, stellt eine nicht gerechtfertigte Überinterpretation dar; nichts anderes gilt für den Verweis auf die nationalen Rechtsvorschriften. Die Klausel bezieht sich nur auf eine Notwendigkeit, dem oder der Betroffenen Ort und Zeit zu nennen, wo bzw. wann er sich im zuständigen Mitgliedstaat zu melden hat, wenn die Überstellung auf freiwilliger Basis ermöglicht wird. Durch die Nennung dieser Daten wird sichergestellt, dass der Asylbewerber seinen „Treffpunkt“ kennt - falls er (oder ihn betreuende Organisationen oder sein Rechtsanwalt) nicht ohnehin im Rahmen einer Ausreise aus eigener Initiative unmittelbar mit den für ihn zuständigen Stellen im Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmemitgliedstaat im Vorfeld Kontakt aufgenommen hat und ihm daher bekannt ist, wann und wo er sich einzufinden hat. Im Übrigen kann die Bekanntgabe von Ort und Zeit auch dazu dienen, dem zuständigen Mitgliedstaat die Mitteilung an den ersuchenden Staat über das Eintreffen des Asylbewerbers zu erleichtern (vgl. Art. 19 Abs. 3 UA 3 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. e) Satz 3 VO Dublin II bzw. Art. 29 Abs. 1 UA 4 VO Dublin III). Soweit die VO Dublin II in Art. 19 Abs. 3 UA 1 bzw. in Art. 20 Abs. 1 lit d) Satz 2 bzw. die VO Dublin III in Art. 29 Abs. 1 UA 1 auf die „Maßgeblichkeit des innerstaatlichen Rechts“ abstellen, zwingt dies nicht dazu, von einer unbegrenzten Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten auszugehen. Mit einer solchen Sicht der Dinge würde nicht angemessen berücksichtigt, dass Zwangsmittel nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen möglichst zurückhaltend einzusetzen sind (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin II, 3. Aufl., Art. 19 K6, S. 151). Der Umstand, dass jedes staatliche Handeln dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen muss und eine zwangsweise Durchsetzung einer Ausreisepflicht – ungeachtet der hierdurch möglicherweise nach § 11 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AufenthG verbundenen Rechtsfolgen – stets mit erheblichen Beeinträchtigungen von Freiheitsrechten verbunden ist (vgl. auch den 15. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 19. und 32. Erwägungsgrund der VO Dublin III), spricht auch dafür, dass es unionsrechtlich nicht zulässig ist, völlig ungeachtet der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen die Überstellung allein im Wege der Abschiebung vorzusehen und durchzuführen. Da bei einer Abschiebung immer auch Grundrechte (Art. 2 Abs. 1 GG und ggf. Art. 2 Abs. 2 GG bzw. Art. 6 GRCh) betroffen sind, steht für den Senat außer Zweifel, dass die Art der Überstellung und deren Durchführung an ihnen zu messen sind und in letzter Konsequenz eigene einklagbare Rechte des Asylbewerbers betreffen. Für die neue Rechtslage wird dies durch den 24. Erwägungsgrund der VO Dublin III, namentlich dessen Satz 2, unterstrichen, wonach die Mitgliedstaaten sich durch entsprechende Informationen des Antragstellers für Überstellungen auf freiwilliger Basis einsetzen und sicherstellen sollten, dass Überstellungen in Form der kontrollierten Ausreise oder Begleitung in humaner Weise und in voller Übereinstimmung mit den Grundrechten und unter Achtung der Menschenwürde sowie dem Wohl des Kindes etc. vorgenommen werden. Dieser „Sicherstellungsauftrag“ verbietet eine Interpretation der Verordnung dahingehend, dass es in das Belieben der Mitgliedstaaten gestellt sein könnte, ob sie die Möglichkeit einer Überstellung in freiwilliger oder kontrollierter Form vorsehen wollen (ebenso Filzwieser/Sprung, Dublin II VO, 3. Aufl., Art. 19 K6, S. 151 u. zu Art. 7 DVO K4, S. 224).
33 
c) Aus den unionsrechtlichen Vorgaben der VO Dublin II wie auch der VO Dublin III lässt sich allerdings nicht entnehmen, den Betroffenen müsste zunächst generell die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise in der Weise eingeräumt werden, dass ihnen – dem deutschen allgemeinen Aufenthaltsrecht vergleichbar (vgl. § 59 AufenthG) – die Abschiebung unter Setzung einer Frist zu freiwilligen Ausreise angedroht werden muss (vgl. auch § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG). Deshalb kann die Entscheidung über den konkreten Vollzug der Überstellungentscheidung den hierfür zuständigen Ausländerbehörden der Länder überlassen werden und bedarf keiner Regelung im Bescheid des Bundesamts, der aus den dargestellten Gründen des Unionsrechts nur nicht in der Weise verstanden werden darf, dass eine Überstellung lediglich in der Form der Abschiebung, d.h. der begleiteten Überstellung erfolgen darf (wohl auch BVerwG, Beschluss vom 18.12.2008 - 10 B 40/08 - juris Rn. 3, wonach es an einer Darlegung fehle, warum sich im Fall des Klägers, der seinen Asylantrag erst nach Aufgriff durch die Polizei im Anschluss an einen - nach seinen Angaben - zweiwöchigen Aufenthalt im Bundesgebiet gestellt habe, der Erlass und die Vollstreckung einer Abschiebungsanordnung infolge einer Ermessensreduzierung nicht aufgedrängt haben solle; VG München, Beschluss vom 24.01.2014 - M 4 S 14.30061 - juris Rn. 20, wonach die Entscheidung über die Art und Weise der Überstellung Aufgabe der Ausländerbehörde sei und es ist nicht ersichtlich sei, dass der Antragsteller von Anfang an zur freiwilligen Ausreise bereit gewesen wäre; ebenso VG Berlin, Beschluss vom 27.11.2013 - 33 L 500.13 A - juris Rn. 27, vgl. auch VG Freiburg, Beschluss vom 30.10.2006 - A 3 K 710/06 - juris Rn. 4, wonach keine verlässlichen Anhaltspunkte dafür gegeben seien, dass sich die Antragstellerin überhaupt auf eigene Initiative in den zuständigen Mitgliedstaat begeben wolle). Allerdings könnte der Wortlaut der Bestimmungen der Art. 19 Abs. 2 und Art. 20 Abs. 1 lit. e) VO Dublin II bzw. des Art. 26 Abs. 2 VO Dublin III auch so gedeutet werden, dass all das, was die Überstellung betrifft, also die Entscheidung über die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einschließlich der Modalitäten der Überstellung, in einer einzigen Entscheidung geregelt werden soll, gegen die dann Rechtsschutz möglich ist; zwingend ist ein solches Verständnis jedoch nicht. Es ist nämlich zu bedenken, dass der gesamte Komplex des Verwaltungsvollzugs und dessen Ausgestaltung regelmäßig Sache des einzelnen Mitgliedstaats ist, so dass auch ein Ineinandergreifen verschiedener Behördenzuständigkeiten durch das Unionsrecht akzeptiert wird mit der Folge, dass in Konsequenz des föderalen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland der Vollzug im Einzelnen von den zuständigen Ausländerbehörden der Länder durchzuführen und zu organisieren ist. Insoweit kommt dann der in beiden Verordnungen enthaltene Vorbehalt zugunsten der nationalen Rechtsvorschriften zum Tragen, wenn wie hier, keine eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben gemacht werden. Wesentlich ist allein, dass die Entscheidung über die konkrete Form der geplanten Überstellung und alle Einzelheiten und Modalitäten so rechtzeitig getroffen und gleichermaßen rechtzeitig den Betroffenen bekanntgeben werden, dass sie noch effektiven Rechtsschutz erlangen können, sofern sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind, die von der nach nationalem Recht für den Vollzug zuständigen Behörde getroffenen wurde.
34 
Der Senat leitet dieses Ergebnis auch aus der Tatsache ab, dass etwa die Informationsrechte nach Art. 4 VO Dublin III i.V.m. den Anhängen X bis XIII der DVO Dublin zu umfangreichen bis ins Detail gehenden Vorgaben führen, worüber der Asylbewerber zu belehren und zu informieren ist. Ihm werden die Fristen für die Überstellung und die möglichen Rechtsmittel erklärt. Es findet sich aber kein Hinweis auf die Arten der Überstellung, insbesondere auch nicht zur freiwilligen Ausreise. Das spricht dagegen, dass nach den beiden Verordnungen generell die freiwillige Ausreise einzuräumen ist - auch wenn die VO Dublin II diese umfangreichen Informationsblätter noch nicht kannte. Des Weiteren spricht die in Art. 7 Abs. 1 der DVO zum Ausdruck kommende Wahlfreiheit dafür, es allein der Entscheidung im Einzelfall zu überlassen, wie die Überstellung erfolgt.
35 
Will der Betroffene freiwillig ausreisen, so müssen ihm folglich die Einzelheiten (bis wann er ausgereist sein muss, wo und wann er sich im zuständigen Mitgliedstaat einzufinden hat) durch die Ausländerbehörde im Außenverhältnis (und nicht durch das Bundesamt) mitgeteilt werden. Eine Konsequenz des seit 06.09.2013 nunmehr ausdrücklich in § 34a Abs. 2 AsylVfG eröffneten Rechtsschutzes nach § 80 Absatz 5 VwGO (der im Übrigen auch schon für Überstellungen nach der VO Dublin II gilt, falls diese hier noch anzuwenden sein sollte) ist, dass, wie der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, Abschiebungen nunmehr erst konkret geplant werden, wenn die Wochenfrist für den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelaufen ist, weshalb auch aus diesem Grund eine ins Detail gehende Regelung durch das Bundesamt in der von ihm zu erlassenden Verfügung nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG wenig praktikabel wäre und v.a. auch nicht immer ausreichend zeitnah die konkreten individuellen Verhältnisse der Betroffenen in den Blick nehmen könnte. Die Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG genügt für die Betroffenen ebenfalls, um sich mit der Ausländerbehörde in Verbindung zu setzen und die Möglichkeiten einer freiwilligen Ausreise zu klären. Kommt die zuständige Ausländerbehörde zu der Auffassung, dass eine Abschiebung (zunächst) nicht erforderlich ist und unverhältnismäßig wäre und insbesondere die Abschiebungsvoraussetzungen nach § 58 Abs. 1 und 3 AufenthG nicht vorliegen, sind die dargestellten weiteren Einzelheiten von ihr zu veranlassen. Eine Konsequenz der unterschiedlichen Behördenzuständigkeit ist allerdings, dass unterschiedlicher bzw. zusätzlicher Rechtsschutz erforderlich werden kann. Das ist etwa dann denkbar, wenn der Asylbewerber sich primär gegenüber der Beklagten z.B. mit dem Argument, Deutschland sei für sein Asylverfahren zuständig (geworden), gegen die Aufnahme oder Wiederaufnahme wendet, er allerdings jedenfalls auch seine freiwillige Ausreise durchsetzen möchte, die ihm bisher als Möglichkeit von der Ausländerbehörde verweigert wird (gegen den Träger der zuständigen Ausländerbehörde). Solches ist jedoch nicht unzumutbar, zumal dadurch auch eine zeitnahe Beurteilung der konkreten Verhältnisse möglich ist.
36 
2. a) Bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats steht die Rechtmäßigkeit der verfügten Abschiebungsanordnung auch nicht deshalb infrage, weil etwa die Überstellung nach Italien nicht mehr durchgeführt werden könnte. Geht man davon aus, dass das Übernahmeersuchen am 30.12.2013 an Italien übermittelt wurde, so war die hier maßgebliche Beantwortungsfrist nach Art. 20 Abs. 1 lit. c) Alt. 2 VO Dublin II von zwei Wochen am 13.01.2014 abgelaufen. Die Überstellungsfrist von sechs Monaten nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II wäre dann möglicherweise am Montag, den 14.07.2014, abgelaufen mit der Folge, dass die Bundesrepublik wieder zuständig geworden wäre. Unklar ist in diesem Zusammenhang, welche Konsequenzen aus der Tatsache zu ziehen sind, das im vorliegenden Fall ein Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes – allerdings mit für den Kläger negativem Ausgang – durchgeführt worden war, während dessen Anhängigkeit gem. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG eine Vollziehung der Überstellungsentscheidung durch die Bundesrepublik Deutschland nicht zulässig war, und dass auch vom Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung der Beklagten an den Kläger bis zur Antragstellung mit Rücksicht auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG bzw. Art. 47 Abs. 1 GRCh ein vorübergehendes Abschiebungsverbot bestanden hatte. Nach den in Art. 19 Abs. 3 UA 1 bzw. Art. 20 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II oder Art. 29 Abs. 1 UA 1 VO Dublin III enthaltenen Wertungen kann kaum angenommen werden, dass die Überstellungsfrist in dieser Zeit uneingeschränkt läuft und in letzter Konsequenz ablaufen kann. In diesem Zusammenhang ist nämlich zu betonen, dass der unionsrechtliche Begriff der „aufschiebenden Wirkung“ nicht in dem spezifischen rechtstechnischen Sinn des deutschen Verwaltungsverfahrens- und -prozessrechts verstanden werden kann und darf, da das Unionsrecht keine genauere Ausgestaltung des Rechtsschutzverfahrens bzw. Rechtschutzsystems vornimmt, sondern den nationalen Regelungsbestand voraussetzt (vgl. zu alledem auch GK-AsylVfG, § 27a Stand November 2013 Rn. 227 ff.). Nach Auffassung des Senats hält sowohl die VO Dublin II wie auch die VO Dublin III für diese Fallkonstellation keine angemessene Regelung vor (a.A. aber wohl VG Göttingen, Beschluss vom 30.06.2014 - 2 B 86/14 - juris, das zu Unrecht nicht einmal eine Ablaufhemmung annimmt, sondern den Fristlauf ausschließlich mit Ergehen eines positiven Beschlusses beginnen lassen will, was aber einer sehr formalistischen Betrachtungsweise geschuldet ist, die die von den entsprechenden Bestimmungen der Verordnungen berücksichtigten Belange der Mitgliedstaaten, die der Europäische Gerichtshof in der Sache Petrosian, Urteil vom 29.1.2009 - C- 19/08 - InfAuslR 2009, 139, herausgearbeitet hat, und die notwendigen Rechtsfolgen einer effektiven Rechtsschutzgewährung nicht angemessen in den Blick nimmt). Der EuGH hat im genannten Urteil u.a. Folgendes ausgeführt:
37 
„…32. Nach Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 erfolgt die Überstellung eines Asylbewerbers in den Mitgliedstaat, der ihn wieder aufnehmen muss, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Nach Art. 20 Abs. 2 geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag eingereicht wurde, wenn die Überstellung nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten durchgeführt wird.
38 
33. Der Wortlaut dieser Bestimmungen an sich erlaubt nicht die Feststellung, ob die Frist zur Durchführung der Überstellung bereits ab einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, oder erst ab einer gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des genannten Verfahrens entschieden wird.
39 
34. Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch bei der Auslegung einer Gemeinschaftsvorschrift nicht nur ihr Wortlaut, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele zu berücksichtigen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. u. a. Urteile vom 18. Mai 2000, KVS International, C-301/98, Slg. 2000, I-3583, Randnr. 21, und vom 23. November 2006, ZVK, C-300/05, Slg. 2006, I-11169, Randnr. 15).
40 
35. Gemäß Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 in Verbindung mit Abs. 1 Buchst. c können je nach den Umständen drei Ereignisse den Lauf der Frist von sechs Monaten auslösen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um die Überstellung des Asylbewerbers durchzuführen. Es kann sich erstens um die Entscheidung des ersuchten Mitgliedstaats handeln, die Wiederaufnahme des Asylbewerbers zu akzeptieren, zweitens um den fruchtlosen Ablauf der Frist von einem Monat, die dem ersuchten Mitgliedstaat für eine Stellungnahme zum Antrag des ersuchenden Mitgliedstaats auf Wiederaufnahme des Asylbewerbers gesetzt worden ist, und drittens um die Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser im ersuchenden Mitgliedstaat aufschiebende Wirkung hat.
41 
36. Diese drei Ereignisse müssen in Abhängigkeit davon analysiert werden, ob es in den Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung gibt oder nicht, wobei das Ziel zu berücksichtigen ist, dessentwegen die Verordnung Nr. 343/2003 eine Frist für die Durchführung der Überstellung vorsieht.
42 
37. Hierbei sind zwei Konstellationen zu unterscheiden.
43 
38. Wie aus dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 hervorgeht, läuft in der ersten Konstellation, wenn kein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung vorgesehen ist, die Frist zur Durchführung der Überstellung ab der ausdrücklichen oder vermuteten Entscheidung, durch die der ersuchte Mitgliedstaat die Wiederaufnahme des Betreffenden akzeptiert, unabhängig von den Unwägbarkeiten, denen der Rechtsbehelf unterliegt, den der Asylbewerber gegebenenfalls gegen die seine Überstellung anordnende Entscheidung vor den Gerichten des ersuchenden Mitgliedstaats erhoben hat.
44 
39. Dann bleiben lediglich die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln und insbesondere deren Datum festzusetzen.
45 
40. In diesem Zusammenhang erlegt Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 dem ersuchenden Mitgliedstaat eine Frist von sechs Monaten für die Durchführung der Überstellung auf. Somit verfolgt diese Frist in Anbetracht der praktischen Komplexität und der organisatorischen Schwierigkeiten, die mit der Durchführung der Überstellung einhergehen, das Ziel, es den beiden betroffenen Mitgliedstaaten zu ermöglichen, sich im Hinblick auf die Durchführung abzustimmen, und es insbesondere dem ersuchenden Mitgliedstaat zu erlauben, die Modalitäten für die Durchführung der Überstellung zu regeln, die nach den nationalen Rechtsvorschriften dieses letztgenannten Staates erfolgt.
46 
41. Außerdem ergibt sich aus der Darlegung der Gründe zu dem von der Kommission am 26. Juli 2001 vorgelegten Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, den ein Staatsangehöriger eines dritten Landes in einem Mitgliedstaat gestellt hat (KOM[2001] 447 endg., S. 5, 19 und 20), dass die Kommission gerade deshalb, um den für die Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Überstellung bestehenden praktischen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen, vorgeschlagen hat, die Frist für die Durchführung der Überstellung zu verlängern. Diese Frist, die im am 15. Juni 1990 in Dublin unterzeichneten Übereinkommen über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrags (ABl. 1997, C 254, S. 1), das durch die Verordnung Nr. 343/2003 ersetzt wurde, mit einem Monat festgesetzt wurde, wurde sodann entsprechend dem genannten Verordnungsvorschlag in Art. 20 Abs. 1 Buchst. d dieser Verordnung auf sechs Monate erhöht.
47 
42. Für die zweite Konstellation – wenn der ersuchende Mitgliedstaat einen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung kennt und das Gericht dieses Mitgliedstaats seiner Entscheidung eine derartige Wirkung beilegt – sieht Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass die Frist für die Durchführung der Überstellung ab der „Entscheidung über den Rechtsbehelf“ läuft.
48 
43. In dieser zweiten Konstellation ist zwar der Beginn der Frist zur Durchführung der Überstellung ein anderer als der, der für die erste angeführte Konstellation festgelegt wird, doch bleibt es dabei, dass sich jeder der beiden betroffenen Mitgliedstaaten bei der Organisation der Überstellung mit den gleichen praktischen Schwierigkeiten konfrontiert sieht und folglich über die gleiche Frist von sechs Monaten verfügen sollte, um diese Überstellung zu bewerkstelligen. Denn der Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 enthält keinen Hinweis darauf, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber beabsichtigt hätte, diese beiden Konstellationen unterschiedlich zu behandeln.
49 
44. Daraus folgt, dass angesichts des Ziels, das damit verfolgt wird, dass den Mitgliedstaaten eine Frist gesetzt wird, der Beginn dieser Frist in der zweiten Konstellation so zu bestimmen ist, dass die Mitgliedstaaten wie in der ersten Konstellation über eine Frist von sechs Monaten verfügen, die sie in vollem Umfang zur Regelung der technischen Probleme für die Bewerkstelligung der Überstellung nutzen sollen.
50 
45. Die Frist für die Durchführung der Überstellung kann daher erst zu laufen beginnen, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird, und wenn lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben. Dass diese Überstellung erfolgen wird, kann nicht als sichergestellt angesehen werden, wenn ein Gericht des ersuchenden Mitgliedstaats, bei dem ein Rechtsbehelf anhängig ist, über die Frage in der Sache nicht entschieden hat, sondern sich darauf beschränkt hat, zu einem Antrag auf Aussetzung des Vollzugs der angefochtenen Entscheidung Stellung zu nehmen.
51 
46. Daraus ergibt sich, dass zur Wahrung der praktischen Wirksamkeit von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003, mit dem die Frist zur Durchführung der Überstellung festgelegt wird, diese Frist in der zweiten angeführten Konstellation nicht bereits ab der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung läuft, mit der die Durchführung des Überstellungsverfahrens ausgesetzt wird, sondern erst ab der gerichtlichen Entscheidung, mit der über die Rechtmäßigkeit des Verfahrens entschieden wird und die dieser Durchführung nicht mehr entgegenstehen kann.
52 
47. Dieses Ergebnis wird durch zwei weitere Reihen von Erwägungen bestätigt, die sich einerseits aus der Wahrung des von einem Mitgliedstaat gewährleisteten gerichtlichen Schutzes und zum anderen aus der Beachtung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten herleiten.
53 
48. Erstens ist davon auszugehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Absicht hatte, dem Erfordernis der zügigen Bearbeitung der Asylanträge den gerichtlichen Schutz zu opfern, den die Mitgliedstaaten gewährleisten, deren Gerichte die Durchführung einer Überstellungsentscheidung aussetzen können, wodurch sie dem Asylbewerber ermöglichen, die ihn betreffenden Entscheidungen wirksam anzugreifen.
54 
49. Die Mitgliedstaaten, die Rechtsbehelfe schaffen wollten, die zu Entscheidungen mit aufschiebender Wirkung im Rahmen des Überstellungsverfahrens führen können, dürfen nämlich nicht im Namen der Einhaltung des Erfordernisses einer zügigen Sachbehandlung in eine weniger günstige Lage versetzt werden als diejenigen Mitgliedstaaten, die dies nicht für notwendig erachtet haben.
55 
50. So befände sich der Mitgliedstaat, der im Rahmen des Überstellungsverfahrens beschlossen hat, gegebenenfalls mit aufschiebender Wirkung versehene Rechtsbehelfe zu schaffen, und der daher hinnehmen müsste, dass die Frist, über die er für die Ausweisung des Asylbewerbers verfügt, um die Zeit verkürzt wird, die die innerstaatlichen Gerichte benötigen, um über den Rechtsstreit in der Sache zu entscheiden, in einer misslichen Lage, da er, wenn es ihm nicht gelänge, die Überstellung des Asylbewerbers innerhalb des sehr kurzen Zeitraums zu organisieren, der zwischen der Entscheidung des Tatrichters und dem Ablauf der Frist für die Durchführung der Überstellung liegt, Gefahr liefe, nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung Nr. 343/2003 – wonach, sobald die Frist für die Durchführung der Überstellung einmal abgelaufen ist, die Annahme der Zuständigkeit durch den ersuchten Mitgliedstaat hinfällig wird – letztlich als für die Bearbeitung des Asylantrags zuständig bestimmt zu werden.
56 
51. Die Auslegung der Bestimmungen von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003, der den Beginn der Frist festlegt, die dem ersuchenden Mitgliedstaat für die Vornahme der Überstellung des Asylbewerbers gesetzt wird, kann folglich nicht zu dem Ergebnis führen, dass sich der ersuchende Mitgliedstaat im Namen der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts über die aufschiebende Wirkung der vorläufigen gerichtlichen Entscheidung hinwegsetzen müsste, die im Rahmen eines Rechtsbehelfs ergangen ist, der eine derartige Wirkung haben kann, die dieser Staat in seinem innerstaatlichen Recht doch vorsehen wollte.
57 
52. Was zweitens die Beachtung des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten angeht, ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Auslegung von Art. 20 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 343/2003 dahin, dass die Frist für die Durchführung der Überstellung bereits ab der vorläufigen Entscheidung mit aufschiebender Wirkung läuft, das nationale Gericht, das die Einhaltung dieser Frist mit der Beachtung einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung mit aufschiebender Wirkung vereinbaren wollte, veranlasst wäre, über die Rechtmäßigkeit des Überstellungsverfahrens vor Ablauf der genannten Frist durch eine Entscheidung zu befinden, die gegebenenfalls wegen Zeitmangels der Richter nicht in zufriedenstellender Weise dem komplexen Charakter des Rechtsstreits Rechnung tragen konnte. Wie einige Regierungen und die Kommission in ihren dem Gerichtshof vorliegenden Stellungnahmen betonen, liefe eine derartige Auslegung dem genannten Grundsatz zuwider, wie er in der Gemeinschaftsrechtsprechung niedergelegt worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. September 2003, Safalero, C-13/01, Slg. 2003, I-8679, Randnr. 49, und vom 13. März 2007, Unibet, C-432/05, Slg. 2007, I-2271, Randnr. 39)…“
58 
Die vorliegend vom Senat zu beurteilende Fallkonstellation wurde vom Europäischen Gerichtshof nicht genauer angesprochen, geschweige denn beschieden. Die VO Dublin II, aber auch die VO Dublin III, die insoweit keine Änderungen gebracht hat, befassen sich mit dieser Fallgestaltung nicht. Orientiert man sich (zu) eng am Wortlaut der Bestimmungen, so wäre der Fristlauf nicht gehemmt, noch viel weniger wäre die Frist erst mit der Bekanntgabe der negativen gerichtlichen Entscheidung in Lauf gesetzt worden. Außerdem kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass es der Bundesrepublik Deutschland aufgrund Verfassungsrechts wie auch einfachen Gesetzesrechts bis zur unanfechtbaren Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unmöglich ist, die Überstellung durchzuführen, mit der Folge, dass bei einem langwierigeren Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Frist ohne weiteres ablaufen kann, ohne dass eine Überstellung möglich gewesen wäre. Andererseits akzeptiert, wie der Europäische Gerichtshof im genannten Urteil ausdrücklich herausgearbeitet hat, das Unionsrecht ausdrücklich, dass für den ersuchenden Mitgliedstaat bestehende rechtliche Hindernisse berücksichtigt werden müssen, um nicht zu untragbaren Ergebnissen zu kommen. Dieses zugrunde gelegt muss davon ausgegangen werden, dass eine zu schließende Regelungslücke vorliegt. Diese ist in einer Weise zu schließen, die einen möglichst beide Seiten schonenden Interessenausgleich zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Mitgliedstaat bewirkt. Diesem Anliegen entspricht es aus der Sicht des Senates am besten, wenn hier während des vorübergehenden Vollstreckungshindernisses (in der Zeit zwischen der Zustellung des Bescheids bis zur Zustellung der negativen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, hier vom 17.03.2014 bis zum 09.04.2014) eine Ablaufhemmung angenommen wird mit der Folge, dass die Frist sich entsprechend verlängert (vgl. § 209 BGB entspr.). Allerderdings ist dieser Sicht der Dinge immanent, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach der Zustimmung durch den ersuchten Mitgliedstaat die Überstellungsentscheidung unverzüglich erlassen muss, um nach einer negativen Gerichtsentscheidung noch ausreichend Zeit für die Durchführung der Überstellung zur Verfügung zu haben. Diese Konsequenz entspricht aber durchaus den berechtigen und wohl verstandenen Interessen des ersuchten Mitgliedstaats (und mittelbar auch denen des betroffenen Flüchtlings). Übertragen auf den vorliegenden Fall wäre die Überstellungsfrist hiernach zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgelaufen mit der Folge, dass die Zuständigkeit gem. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II bzw. Art. 29, Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist.
59 
b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris) kann allerdings der Kläger den Zuständigkeitsübergang nicht mit Erfolg einwenden, solange die Überstellung an den bisher zuständigen Mitgliedstaat noch zeitnah möglich ist. Abgesehen davon ist ihm der Einwand hier auch deshalb abgeschnitten, weil die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids unanfechtbar geworden ist; er müsste insoweit erst ein Verfahren auf Wiederaufgreifen einleiten. Etwas anderes müsste nur dann gelten, wenn Italien eine zeitnahe Durchführung der Überstellung nunmehr ablehnen würde. Von einer zeitnahen Möglichkeit der Überstellung ist jedoch nach den Ausführungen des Vertreters der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auszugehen. Denn die Beklagte hatte Italien im vorliegenden Fall mitgeteilt, dass die Überstellungsfrist mit Rücksicht auf ein durchgeführtes Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes erst am 09.10.2014 ablaufe, was darauf beruht, dass die Beklagte der Auffassung ist, die Überstellungsfrist werde erst durch die Zustellung der negativen gerichtlichen Entscheidung in Lauf gesetzt. Nach den plausiblen weiteren Ausführungen des Beklagtenvertreters werden diese nationalen Vorgaben und Mitteilungen jedoch regelmäßig von den ersuchten Mitgliedstaaten akzeptiert, weshalb der Senat davon ausgeht, dass eine Überstellung noch zeitnah möglich ist.
60 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2 VwGO und 83b AsylVfG. Die Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Tenor

Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. März 2014 wird aufgehoben, soweit in Ziffer 1 das Verfahren auch bezüglich des Antrags der Kläger auf Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylVfG eingestellt wurde und soweit in Ziffer 2 die Abschiebung der Kläger nach Frankreich angeordnet wurde.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.