Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 22. Juli 2013 - 9 B 150/13

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2013:0722.9B150.13.0A
bei uns veröffentlicht am22.07.2013

Tenor

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Antragsgegners zur Erhebung von Starkverschmutzergebühren.

2

Die Antragstellerin betreibt auf ihrem Grundstück in C-Stadt, OT A-Stadt, ... ein Unternehmen für Tankreinigung. Wegen der in der Vergangenheit angefallenen Starkverschmutzergebühren betreibt sie seit 2008 auf dem Grundstück eine Abwasseranlage zur Vorklärung des von ihr in die öffentliche Abwassereinrichtung eingeleiteten Abwassers. Die durchschnittlichen CSB- Werte betrugen im Jahre 2009 1.480 mg/l, im Jahre 2010 1.502 mg/l und 2011 731 mg/l.

3

Die im hier maßgeblichen Erhebungszeitraum 2012 erfolgten Beprobungen des Abwassers ergaben folgende CSB-Werte:

4

14.03.2012: 1.314 mg/l,
26.06.2012: 8.1600 mg/l,
12.09.2012: 5.290 mg/l und
17.09.2012: 2.830 mg/l.

5

Über die vorstehend bezeichneten Untersuchungsergebnisse setzte der Antragsgegner die Antragstellerin jeweils unverzüglich in Kenntnis. Mit Schreiben vom 06.11.2012 wies er sie auf die Möglichkeit hin, weitere Proben zu beantragen; davon machte die Antragstellerin keinen Gebrauch.

6

Mit Bescheid vom 07.02.2013 setzte der Antragsgegner unter Berücksichtigung einer Abwassermenge von 12.333 m³ und eines aus einem aus einem Mittelwert-CSB von 4.399 mg/l resultierenden Starkverschmutzergebührensatzes von 3,78 € (Allgemeiner Schmutzwassergebührensatz: 1,78 €/m³; Starkverschmutzerzuschlag: 2,00 €/m³) sowie einer Grundgebühr in Höhe von 49,08 € einen Schmutzwassergebühr in Höhe von insgesamt 46.667,82 € fest. Über den dagegen von der Antragstellerin eingelegten Widerspruch vom 07.03.2013 ist noch nicht entschieden; den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 18.04.2013 ab.

7

Am 25.04.2013 hat die Antragsgegnerin beim Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie macht unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von Herrn ... geltend, der der Ermittlung der Gebühr zugrunde gelegte Mittelwert CSB von 4.399 mg/l sei nicht repräsentativ. Denn die Messwerte vom 26.06., 12.09. und 17.09.2013 seien „Ausreißer“, da sie infolge besonderer Umstände hervorgerufen worden seien. So sei am 25.06.2012 ein Defekt an der Druckrohrleitung zur Prozesspumpe festgestellt worden, was aus technischen Gründen Einfluss auf den Vorklärprozess habe. Darüber sei der Antragsgegner telefonisch in Kenntnis gesetzt worden; die Reparatur sei sodann am 27.06.2012 erfolgt. Am 10. bzw. 11.09.2012 sei ein Defekt an der Pumpe für die Filterpresse ebenfalls mit Folgen für die Vorklärung festgestellt worden. Einige Tage nach der Reparatur am 14.09.2012 habe dann die Vorklärung wieder die volle Leistung erzielt. Der Mittelwert für das Jahr 2012 sei anders als es der Antragsgegner meint, auch nicht auf eine Änderung der Produktionsvielfalt zurückzuführen. Jedenfalls gehe nicht zwangsläufig mit dem unstreitig gestiegenen Frischwasserverbrauch auch eine erhöhte CSB-Belastung des Abwassers einher. Eine Anpassung der Vorkläranlage sei deshalb nicht erforderlich.

8

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

9

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 07.03.2013 gegen den Abwassergebührenbescheid des Antragsgegners vom 07.02.2013 insoweit anzuordnen, als Schmutzwassergebühren als Starkverschmutzerzuschläge in Höhe von 24.666,00 € festgesetzt sind.

10

Der Antragsgegner beantragt,

11

den Antrag abzulehnen.

12

Sie verteidigt den Bescheid unter Bezugnahme auf die Rechtswirksamkeit ihrer Regelungen zur Bestimmung des Starkverschmutzerzuschlages sowie die Ergebnisse der Beprobungen des vorgeklärten Abwassers auf dem Grundstück der Antragstellerin. Die stark voneinander abweichenden Messwerte ließen sich auch mit der Produktionsvielfalt und mit den gestiegenen Bezugsmengen für Frischwasser erklären. In Anbetracht der rechtlichen Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin habe am 04.04.2013 erneut eine Beprobung stattgefunden, bei der ein CSB-Wert von 3.470 mg/l festgestellt worden sei. Die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages sei deshalb vor dem Hintergrund des in der Abwasserbeseitigungssatzung festgesetzten CSB-Grenzwertes von 1.000 mg/l rechtmäßig.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners verwiesen, die bei der Entscheidung Berücksichtigung gefunden haben.

II.

14

Der statthafte Antrag hat Erfolg.

15

a) Bei dem angefochtenen Benutzungsgebührenbescheid handelt es sich um eine Anforderung von öffentlichen Abgaben im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hiergegen haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 VwGO soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen nicht schon dann, wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist; sie liegen erst dann vor, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides derart überwiegen, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfsführers wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Die von der Behörde der Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassungen und Tatsachen müssen mithin als derart erschüttert angesehen werden, dass sich ihre Bestätigung als eher fern liegende Möglichkeit darstellt (dazu OVG LSA, B. v. 21.01.2009, 4 M 355/08).

16

Grundsätzlich sind im Rahmen eines Eilverfahrens lediglich die Einwände zu berücksichtigen, die von dem Rechtsschutzsuchenden selbst vorgebracht werden, es sei denn, dass sich andere Fehler bei summarischer Prüfung offensichtlich aufdrängen. Diese können sich dabei im Einzelfall auch aus Mängeln der zugrunde liegenden Abgabensatzung ergeben, die jedoch im Eilverfahren so offensichtlich und eindeutig sein müssen, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist (OVG LSA, Beschluss vom 03.02.2000, 1 M 20/00). Gleiches gilt in Bezug auf die Überprüfung einer Beitragskalkulation. Diese muss in der Regel dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben und kann nicht Gegenstand der nur summarischen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sein. Anderes gilt nur dann, wenn der Antragsteller solche Einwendungen geltend macht, die ohne Weiteres geeignet sind, daraus einen Verstoß des Beitragssatzes gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot herzuleiten (zur sog. Ergebnisrechtsprechung vgl. OVG LSA, U. v. 27.07.2006, 4 K 253/05 m. w. N.).

17

Die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides hat aus diesen Gründen im Wesentlichen zum Gegenstand, ob der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Bescheid auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht, ob eine gebührenpflichtige Handlung vorliegt, die Gebühr (noch) gefordert werden kann und ob sich die Höhe des geforderten Betrages nach den konkreten Umständen des Einzelfalls in etwa der Größenordnung bewegt, die auch bei einer näheren und abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren erwartet werden kann.

18

b) In Anwendung dieser Maßstäbe begegnet die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 07.02.2013 im streitgegenständlichen und tenorierten Umfang ernstlichen Zweifeln.

19

Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes „B...“ (ZGS) vom 18.01.2011. Danach wird für Einleitungen von Abwässern, die einen CSB-Wert höher 1.000 mg/l aufweisen, neben der Mengengebühr nach § 4 Abs. 1 ZGS ein Starkverschmutzerzuschlag nach der darin bestimmten Formel erhoben. Die Formel lässt sich wie folgt beschreiben:

20

Mengengebühr x ([Schmutzfrachtabhängiger Gebührenanteil x Verhältnis des festgestellten CSB-Wertes zu 1.000] + mengenabhängiger Gebührenanteil) – Mengengebühr.

21

Diese Formel auf die Antragsstellerin angewandt ergibt:

22

1,78 €/m³ x ([0,33 x 4.399 mg/l 1.000] + 0,67) – 1,78 €/m³ = 2,00 €/m³.

23

Sowohl die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages als auch die hier vorgenommene konkrete Bestimmung desselben begründen bei summarischer Prüfung jedenfalls keine ernstlichen Zweifel im oben angeführten Sinne (vgl. Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 6 Rn. 760a m. w. N.).

24

Nach § 5 Abs. 2 ZGS werden zur Bestimmung des grundstücksbezogenen CSB-Wertes vier Proben pro Jahr aus dem Probenentnahmeschacht (Einleitstelle) als 24-Stundengemische über automatisch schöpfende Probenahmegeräte entnommen, die sodann in einem von der Oberen Wasserbehörde anerkannten chemischen Labor gemessen (Absatz 4) werden, um daraus einen Mittelwert zu bilden (Absatz 5).

25

Weder hat die Antragstellerin Bedenken gegen die so vorzunehmende Bestimmung des grundstücksbezogenen CSB-Wertes bzw. gegen deren Anwendung im vorliegenden Fall geltend gemacht noch sind solche ersichtlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 26.09.1996, 2 S 3310/94, juris). Das Gericht geht insoweit davon aus, dass der sich aus den Ergebnissen der Beprobungen ergebende Mittelwert eine hinreichende Berechnungsgrundlage für die (Starkverschmutzer-)Gebühr im Lichte von § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KAG LSA sein dürfte. Denn danach darf die Bemessung der Gebühr auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab erfolgen, dessen Anwendung nur nicht dazu führen darf, dass die Gebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht.

26

Ist die vom Antragsgegner angewandte Methode und auch das Verfahren grundsätzlich geeignet, die Schadstofffracht für den maßgeblichen Erhebungszeitraum zu dokumentieren und damit als Berechnungsgrundlage für die Gebühr zu dienen, so ist jedoch für den Einzelfall nicht auszuschließen, dass es bereits auf der Heranziehungsebene eines notwendigen Korrektivs bedarf, um Vorstehendem Rechnung zu tragen. Denn auch die gebührenrechtliche Belastung von Starkverschmutzern muss im Vergleich zu den „Normal“verschmutzern zur Gewährleistung des Äquivalenzprinzips verhältnismäßig sein (vgl. Köhler/ Meyer, Abwasserabgabenrecht, Kommentar, 2. Aufl., § 4 Rn 275 ff.).

27

Dies vorausgesetzt, ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, dass die bei den jeweiligen Beprobungen festgestellte Schmutzfracht der Berechnung des Mittelwertes mit der Folge zugrunde gelegt werden darf, dass zeitlich nachfolgende Einwendungen dagegen ohne Erfolg bleiben dürften. Dem Ergebnis aus den Beprobungen kommt in aller Regel damit ein hoher Beweiswert für die Ermittlung der Schmutzfracht zu. Lediglich besondere Umstände können deshalb im Einzelfall geeignet sein, diesen Beweiswert zu entkräften, wobei es bei dem Grundsatz verbleibt, dass der Abgabengläubiger auch für das Vorliegen der Berechnungsgrundlagen für den Starkverschmutzerzuschlag nachweispflichtig ist (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 28.06.2012, 9 A 116/11 MD sowie VG Halle Urt. v. 28.10.211, 4 A 93/11 [Wasserzähler]).

.

28

Vorliegend sieht das Gericht jedoch derartig gewichtige Umstände des Einzelfalles als gegeben an. Aus der Sicht der hier allein gebotenen summarischen Prüfung dürfte von der Verwertbarkeit der vom Antragsgegner der Berechnung des Starkverschmutzerzuschlages zugrunde gelegten Ergebnisse der Beprobungen für die Mittelwertbildung eher nicht auszugehen sein. Zwar ist nicht allein der Verweis der Antragstellerin auf die Mittelwerte der Jahre 2009 bis 2011 hinreichender Grund, um die aus den Beprobungen gewonnenen Ergebnisse hinreichend in Zweifel zu ziehen, da aufgrund der Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit der Tankreinigung auf dem Grundstück der Antragstellerin derartige Schmutzfrachten ohne Weiteres auftreten können. So reinigt sie Tankfahrzeuge von Biodiesel, Granulat, Parafin, Zucker u. ä., die zweifelfrei zu so solchen CSB-Werten führen können, was die Antragstellerin auch nicht in Abrede stellt. Insbesondere aber das Ergebnis der Beprobung vom 26.06.2012 weicht nicht nur überaus beachtlich von den Vorjahreswerten ab, sondern ist nach den glaubhaft gemachten Tatsachen auf Umstände zurückzuführen, die die daraus gewonnenen Ergebnisse als nicht repräsentativ für die jährlichen CSB-Werte des Abwassers auf dem Grundstück der Antragsteller erscheinen lassen. Denn der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er am 26.06.2012 ein Schaden an der Rohrleitung zur Prozesspumpe festgestellt hat. Dieses Ereignis hat nach dem glaubhaft gemachten und im vorläufigen Rechtsschutzverfahren unwidersprochen gebliebenen Erklärungen der Antragstellerin Einfluss auf die Qualität der Vorklärung, woraus sich mithin ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang ergibt. Vergleichbares gilt für den am 10. bzw. 11.09.2012 festgestellten Defekt an der Pumpe für die Filterpresse.

29

Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die - glaubhaft gemachten - Defekte an der Vorklärung (lediglich) zum Zeitpunkt der Beprobungen festgestellt wurden, was Rückschlüsse auf ihre Dauer in keiner Weise zulässt. Ob diese Defekte ggf. ein Indiz für die Instabilität der Vorklärung oder für andere als die zum Zeitpunkt der Beprobung festgestellte CSB-Belastungen sind, ist für die Frage der Verwertbarkeit der Beprobungsergebnisse jedoch unbeachtlich.

30

Völlig frei von rechtlichen Bedenken dürfte auch die Berücksichtigung der Beprobung vom 17.09.2012 für die Berechnung des Mittelwertes nicht sein. Zwar schreibt § 5 Abs. 2 ZSG nicht vor, wann und in welchen Abständen die Proben zu nehmen sind. Es sind jedoch keine Gründe dafür ersichtlich, warum die ersten drei Proben jeweils in etwa zum Quartalsende erfolgt sind, die Probe am 17.09.2012 jedoch nur fünf Tage nach der dritten Probe (12.09.2012). Sollte sich der Antragsgegner dazu durch den wiederum hohen CSB-Wert am 12.09.2012 veranlasst gesehen haben, hätte er jedoch zumindest in Erwägung ziehen müssen, dass die Antragstellerin am 12.09.2012 einen Defekt an der Vorklärung angezeigt hatte. Dies hätte jedenfalls Veranlassung zur Klärung der Frage geben können, ob die volle Funktionsfähigkeit der Vorklärung unverzüglich gewährleistet ist.

31

Dagegen überzeugt der Einwand des Antragsgegners, die Produktionsvielfalt habe sich 2012 erheblich geändert, nicht. Ungeachtet des Umstandes, ob der vorgelegte Auszug über die Reinigungsleistungen der Antragstellerin vom 21.08. und 15.09.2008 für den hier maßgeblichen Erhebungszeitraum überhaupt repräsentiv ist, lässt auch die Tatsache, dass die Antragstellerin im Jahre 2012 5.300 m³ Frischwasser mehr als 2008 bezogen hat, insbesondere deshalb zwingende Rückschlüsse weder auf eine Änderung der Produktionsvielfalt noch auf erhöhte Schmutzfrachten mit der Folge zu, die Vorklärung genüge nicht mehr den durch das Produktionsprofil gestellten Anforderungen, weil die Vorklärung in den Jahren 2009 bis 2011 offensichtlich zu deutlich geringeren CSB-Werten geführt hat.

32

Aus der Sicht des Gerichts wäre der Antragsgegner jedenfalls bei derart festgestellten Abweichungen von Vorjahreswerten gehalten, weitere Beprobungen des Abwassers durchzuführen (vgl. §§ 13 Abs. 1 Ziffer 3 lit. a KAG LSA, 88 AO). Dies ungeachtet der in § 5 Abs. 2 ZSG vorgesehenen vier Proben pro Jahr. Denn dabei handelt es sich nur um die „Mindestanzahl“ von Proben, die keine Rechtfertigung dafür ist, von weiteren Ermittlungen im Einzelfall abzusehen. Dass die Antragstellerin die mit Schreiben des Antragsgegners vom 06.11.2012 angebotenen Beprobungen nicht wahrgenommen hat, ist unbeachtlich, da sie weder an der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung des Antragsgegnerin etwas ändert noch geeignet ist, die Ergebnisse der vorausgegangenen Erprobungen zu revidieren bzw. in ein anderes Licht treten zu lassen.

33

Lassen die vom Antragsgegner der Festsetzung der Gebühr zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen auch für das Hauptsacheverfahren ihre Annahme eher nicht erwarten, ist die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages rechtswidrig, weshalb die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 07.03.2013 gegen den Bescheid vom 07.02.2013 in dem beantragten Umfang deshalb anzuordnen ist, weil in der Hauptsache der Bescheid insoweit aufzuheben wäre. Der Bescheid kann vom Gericht auch nicht in einem „gewissen“ Umfang aufrechterhalten, die aufschiebende Wirkung mithin nur teilweise angeordnet werden, wenn und weil es davon ausgehen darf, die CSB-Werte liegen jedenfalls über dem satzungsrechtlichen Grenzwert von 1.000 mg/l. Denn welcher Grenzwert der Gebühr zugrunde zu legen ist, hat der Antragsgegner nunmehr zu schätzen (§§ 13 Abs. 1 Ziffer 4 lit. b) KAG LSA, 162 AO); das Gericht ist hingegen zur Schätzung nicht befugt. Im Rahmen der Schätzung der Berechnungsgrundlagen dürfte dann auch die vorstehend bezeichneten Umstände Berücksichtigung finden können.

III.

34

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner als Unterlegener (§ 154 Abs. 1 VwGO).

35

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für die die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) war von einem Viertel des festgesetzten Starkverschmutzerzuschlages auszugehen.


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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegun
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Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 07. Okt. 2016 - 7 K 1721/16

bei uns veröffentlicht am 07.10.2016

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils volls

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung abwenden, falls nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt für ihren Sohn H. die Übernahme der Schülerbeförderungskosten im Schuljahr 2010/2011 vom Wohnort der Familie zur Integrierten Gesamtschule Grünthal in der Hansestadt B-Stadt.

2

Den mit Schreiben der Klägerin vom 7.5.2010 gestellten Antrag lehnte der Landrat des Landkreises Nordvorpommern mit Bescheid vom 30.6.2010 ab. Nach § 113 Schulgesetz Mecklenburg-Vorpommern (SchulG M-V) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 28.1.2009 sei die öffentliche Schülerbeförderung nur noch zur örtlich zuständigen Schule durchzuführen oder die Kosten dafür zu tragen. Bei der Integrierten Gesamtschule Grünthal handele es sich nicht um die für den Sohn der Klägerin örtlich zuständige Schule. Dies ergebe sich aus der Schuleinzugsbereichssatzung des Landkreises Nordvorpommern in der Fassung vom 26.4.2006. Örtlich zuständig sei die Regionale Schule Reinberg.

3

In den vorhergehenden Schuljahren war den Anträgen auf Übernahme der Schülertransportkosten entsprochen worden.

4

Die Klägerin legte am 28.7.2010 Widerspruch ein. Ihr Sohn besuche bereits seit mehreren Jahren die Integrierte Gesamtschule Grünthal, bei der es sich um eine Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe handele. An dieser lernten die Schülerinnen und Schüler von der fünften bis zur zwölften Klasse gemeinsam und könnten die an einer solchen Schule möglichen Schulabschlüsse erwerben. Es handele sich um eine Ganztagsschule, die neben dem Unterricht auch zahlreiche ergänzende Angebote biete. Im Rahmen der Wahlpflichtdifferenzierung könnten die Schüler neben kreativen und naturwissenschaftlichen Angeboten zwischen den Sprachen Französisch, Russisch und Schwedisch als zweite Fremdsprache wählen. Bei der Integrierten Gesamtschule handele es sich um eine besondere Schulart der allgemeinbildenden Schulen gemäß § 18 SchulG M-V. Darüber hinaus biete keine andere Schule für die zweite Fremdsprache drei zusätzliche Sprachen, nämlich Französisch, Russisch und Schwedisch. Vor dem Hintergrund der gesetzlich garantierten Schulwahlfreiheit müsse durch den Träger der Schülerbeförderung gewährleistet werden, dass jedes Kind ohne Einschränkung die Möglichkeit habe, eine Schule außerhalb des Landkreises Nordvorpommern zu suchen, die ein besonderes schulisches Angebot bereitstelle. Letztlich werde die Schulwahlfreiheit über die Schülerbeförderung wieder eingeschränkt und sei damit allein von den finanziellen Möglichkeiten der jeweiligen Familie abhängig. Kinder aus sozial schwachen Familien seien benachteiligt. Darin liege eine Diskriminierung. Zudem liege eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der verschiedenen Schulen vor. Allein staatliche Schulen kämen als örtlich zuständige Schulen in Betracht. Schulen in freier Trägerschaft seien davon gänzlich ausgeschlossen, selbst dann, wenn sie eine bessere Erreichbarkeit und kürzere Schulwege für die Schülerinnen und Schüler und damit geringere Kosten gewährleisten würden. Zudem werde durch diese Regelungen das Konzept der Selbstständigen Schule mit dem Ziel der Qualitätsentwicklung unterlaufen, wenn mit dem Mittel der Kürzung der Schülerbeförderung einseitig Schulen in staatlicher Trägerschaft berücksichtigt würden und sich diese damit gerade nicht dem Wettbewerb mit anderen Schulen stellen müssten.

5

Die gesetzlichen Ausnahmeregelungen in § 113 SchulG M-V begründeten eine einseitige Berücksichtigung hochbegabter, musisch oder sportlich besonders begabter Schüler, für die ohne Einschränkung ein durchgehender Schulbesuch bis zur zehnten bzw. zwölften Klasse ermöglicht werde, während dies anderen Kindern versperrt bleibe. Zudem würden Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf nicht berücksichtigt. Auch dies stelle eine Ungleichbehandlung dar, die nicht gerechtfertigt sei.

6

Darüber hinaus sei der Ablehnung des Antrages auch entgegenzuhalten, dass nach der Satzung des Landkreises Nordvorpommern über die Schülerbeförderung vom 22.6.2010 auch Schüler auf Antrag einen Schülerfahrausweis für bestehende Linien der Verkehrsgesellschaft Nordvorpommern erhielten, die nicht die örtlich zuständige Schule besuchten, allerdings nur dann, wenn sie eine Schule auf dem Gebiet des Landkreises besuchten. Damit sei eine nicht zu rechtfertigende Sonderregelung geschaffen worden, während Kinder von einer derartigen Bevorzugung ausgeschlossen sein sollten, nur weil sie eine Schule mit besonderem Angebot außerhalb des Landkreises besuchten. Dies sei nicht nachvollziehbar, zumal die Bildung des neuen Landkreises unter Einbeziehung der Hansestadt B-Stadt unmittelbar bevorstehe. Zumindest müsse dann ein Anspruch auf Ausstellung eines Schülerfahrausweises für die vorhandene Busverbindung bis zur Hansestadt B-Stadt gegeben sein.

7

Die satzungsrechtliche Regelung sei auch deshalb rechtswidrig, weil sie keine Übergangsregelungen für die Fälle enthalte, in denen bis zum Schuljahr 2009/2010 anders Verfahren worden sei, wie dies im Falle ihres Sohnes gewesen sei. So enthalte beispielsweise die Satzung des Landkreises Müritz vom 17.6.2010 eine Bestandsschutzregelung, wonach für Schüler, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung mit Genehmigung des Trägers der örtlich zuständigen Schule eine örtlich nicht zuständige Schule besuchten, der Anspruch auf öffentliche Schülerbeförderung oder Erstattung von notwendigen Aufwendungen bis zum Ende des Bildungsganges erhalten bleibe. Vorgenannte Satzung des Landkreises Müritz lasse zudem Ausnahmen zu, wenn die Kosten, die bei dem Besuch der örtlich unzuständigen Schule entstünden, für den Landkreis nicht höher seien als die Kosten für den Besuch der örtlich zuständigen Schule.

8

In jedem Falle sei der Beklagte aber verpflichtet, die Aufwendungen zu erstatten, die für die Beförderung des Kindes bis zur Landkreisgrenze entstünden, zumindest aber derjenigen Kosten, die entstehen würden, wenn die örtlich zuständige Schule besucht würde, denn der gänzliche Entfall von Schülerbeförderungskosten stelle eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

9

Der Landrat des Landkreises Nordvorpommern wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.12.2010, zugestellt am 4.1.2011, zurück. Die geltend gemachten Ansprüche bestünden nicht. Dies beruhe auf der Änderung der Regelungen zur Schülerbeförderung in § 113 SchulG M-V, die ab dem Schuljahr 2010/2011 Geltung erlangt hätten. Danach sei eine Beförderung bzw. Kostenerstattungspflicht nur noch für die Fälle vorgesehen, in denen die Schüler außerhalb des Landkreises ein Sport- oder Musikgymnasium oder eine überregionale Förderklasse für die Beschulung von diagnostiziert kognitiv Hochbegabten besuchten oder ein besonderes schulisches Angebot im Sinne des § 16 Abs. 2 Satz 4 SchulG M-V wahrnähmen. Ein besonderes schulisches Angebot im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege nur dann vor, wenn eine Verbindung von Abschlüssen der Sekundarstufe I mit wirtschaftsnahen Praxisteilen vorliege. Ein solches Angebot unterbreitete die Integrierte Gesamtschule Grünthal nicht. Das Argument, dass es im Landkreis Nordvorpommern keine integrierte Gesamtschule gebe, greife nicht. Bei der Beurteilung der örtlich zuständigen Schule sei die Schule des entsprechenden Bildungsgangs gemeint und nicht die Schulart. An den Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Landkreis Nordvorpommern könnten die Schulabschlüsse der Mittleren Reife und die allgemeine Hochschulreife erworben werden. Die allgemeine Hochschulreife könne der Sohn der Klägerin am Gymnasium in Grimmen und die Mittlere Reife an der örtlich zuständigen Schule in Reinberg erwerben.

10

Aus verfassungsrechtlicher Sicht sei keine Übernahme von Schülerbeförderungskosten geboten. Soweit im Landkreis Nordvorpommern aufgrund der Satzung vom 22.6.2010 eine Übernahme von Schülerbeförderungskosten für solche Schüler erfolge, die eine örtlich nicht zuständige Schule auf dem Kreisgebiet besuchten, stelle dies eine freiwillige Leistung dar, die zum Erhalt der Schulstandorte im Landkreis beitragen solle.

11

Die Klägerin hat am 4.2.2011 Klage erhoben. Sie bezieht sich dabei auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Die geltend gemachten Beförderungskosten betrügen 797,20 Euro. Ihr Sohn hätte, wenn er nicht die Integrierte Gesamtschule Grünthal besucht hätte, das Gymnasium in Grimmen besucht.

12

Die Klägerin beantragt,

13

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrats des Landkreises Nordvorpommern vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2010 zu verpflichten, der Klägerin die entstehenden Kosten und Aufwendungen in Höhe von 797,20 € für die Beförderung ihres Kindes H. A. für das Schuljahr 2010/2011 zur Integrierten Gesamtschule Grünthal in B-Stadt zu erstatten,

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hilfsweise,

15

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrates des Landkreises Nordvorpommern vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2010 zu verpflichten, der Klägerin die entstehenden Kosten und Aufwendungen für die Beförderung ihres Kindes H. A. für das Schuljahr 2010/2011 zu Integrierten Gesamtschule Grünthal in B-Stadt vom gewöhnlichen Wohnort bis zur Kreisgrenze des ehemaligen Landkreises Nordvorpommern zu erstatten,

16

weiter hilfsweise,

17

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides des Landrates des Landkreises Nordvorpommern vom 30.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2010 zu verpflichten, der Klägerin die fiktiven Kosten und Aufwendungen für die Beförderung ihres Kindes H. A. für das Schuljahr 2010/2011 zum örtlich zuständigen Gymnasium zu erstatten.

18

Der Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Sie begehre eine Besserstellung gegenüber der Mehrzahl der anderen Schüler. Dies könne nicht mit einer Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz begründet werden. An den Schulen des Landkreises Nordvorpommern könnten alle nach dem Schulgesetz möglichen Abschlüsse erworben werden. Erforderlichenfalls werde dafür auch zu den jeweiligen Schulen befördert. Schon diese Beförderung stelle eine Besserstellung gegenüber denjenigen Schülern dar, die in den kreisfreien Städten wohnen würden, da es hier keine Schülerbeförderung gebe. Aus der Schulwahlfreiheit folge nicht, dass es auch einen Beförderungs- oder Kostenerstattungspflicht für den Besuch der gewählten Schule geben müsse. Der Landesgesetzgeber habe mit der Neufassung der Schülerbeförderungsregelungen im Schulgesetz bewusst die Ansprüche auf Schülerbeförderung gekürzt, um die für die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung entstehenden Kosten zu verringern.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte des Landrates des Landkreises Nordvorpommern Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Klage ist unbegründet.

23

Der jetzige Beklagte ist nunmehr für die Schülerbeförderung sachlich und örtlich zuständig. Nach § 10 Abs. 1 ist der Landkreis Vorpommern-Rügen nach Maßgabe des Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz M-V – LNOG M-V – vom 12.07.2010 (GVOBl S. 366) Rechtsnachfolger des Landkreises Nordvorpommern.

24

Der Bescheid des Landrates des Landkreises Nordvorpommern vom 30.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.12.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für die Beförderung ihres Sohnes H. im Schuljahr 2010/2011 zur Integrierten Gesamtschule Grünthal in B-Stadt. Auch die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Kostenerstattung bis zur Kreisgrenze zur Hansestadt B-Stadt oder auf Erstattung der fiktiven Kosten zum örtlich zuständigen Gymnasium in Grimmen bestehen nicht. Die Ansprüche ergeben sich weder aus dem Schulgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern oder aus der Satzung des Landkreises Nordvorpommern über die Schülerbeförderung und Erstattung von Aufwendungen vom 22.6.2010 noch aus Verfassungsrecht.

25

Nach § 113 Abs. 2 SchulG M-V in der Fassung vom 16.02.2009, in Kraft getreten am 1.8.2010, haben die Landkreise für die in ihrem Gebiet wohnenden Schülerinnen und Schüler vom Beginn der Schulpflicht bis zum Ende … eine öffentliche Beförderung der Schülerinnen und Schüler der örtlich zuständigen Schulen durchzuführen oder für den Fall, dass eine solche nicht durchgeführt wird, die notwendigen Aufwendungen dieser Schülerinnen und Schüler oder ihrer Erziehungsberechtigten für den Schulweg zur örtlich zuständigen Schule zu tragen. Schülerinnen und Schüler, die eine in kommunaler Trägerschaft stehende Schule oder eine Schule in freier Trägerschaft besuchen, die nicht die örtlich zuständige Schule ist, können kostenlos an der öffentlichen Schülerbeförderung zur örtlich zuständigen Schule teilnehmen, sofern eine solche eingerichtet ist. Eine Erstattung der notwendigen Aufwendungen für diese Schülerinnen und Schüler findet nicht statt. Damit wird der geltend gemachte Anspruch ausdrücklich durch das Gesetz ausgeschlossen, denn die Integrierte Gesamtschule Grünthal in B-Stadt ist nicht die für den Kläger örtliche Schule. Dies ist nach der Schuleinzugsbereichssatzung des Landkreises Nordvorpommern aus dem Jahr 2006, wenn das Gymnasium besucht werden soll, das Gymnasium in Grimmen.

26

Der Gesetzgeber wollte mit der Beschränkung der Schülerbeförderungskosten bzw. Aufwandserstattung auf den Besuch der örtlich zuständigen Schule die Landkreise entlasten. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird hierauf im allgemeinen Teil unter „Kosten“ hingewiesen: „Mit der Schulgesetznovelle werden Vorschriften geändert, die zu einer Entlastung der Kommunen führen. Diese beziehen sich auf die Gestaltung der Beförderungspflichten bei Ausübung der Schulwahl (§ 113 Abs. 2 Satz 2 der aktuellen Fassung LT-Drs. 5/1770, Seite 4). In der Begründung zu § 113 Abs. 2 heißt es: „Die Beförderungskosten für Schüler, die infolge der Schulwahlfreiheit bei Besuch einer örtlich nicht zuständigen Schule oder einer Ersatzschule anfallen, sind von den Schülern oder ihren Erziehungsberechtigten zu tragen.“ Die Einwände gegen die Beschränkungen in § 113 Abs. 2 SchulG M-V bezüglich der Benachteiligung von Schulen in privater Trägerschaft und der faktischen Beeinträchtigung der Schulfreiheit waren dem Gesetzgeber bei seiner Beschlussfassung bekannt. Denn bereits in den Anhörungen im Gesetzgebungsverfahren wurden die Einwände mehrfach vorgetragen (z.B. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Privatschulen vom 19.08.2008; Stellungnahme der Evangelischen Kirchen vom 11.11.2008; Landesschülerrat und Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschulen, vgl. LT-DRs. 2164, S. 95). Schon im Rahmen der 1. Lesung auf der Sitzung vom 24.09.2008 wurde darauf hingewiesen, dass wegen der Einschränkungen der Schülerbeförderung Geringverdienende keine wirkliche Wahl hätten und ihre Kinder an die örtlich zuständige Schule bringen müssten (Plenarprotokoll zur 48. Sitzung, S. 63). Schließlich lag im Rahmen der 2. Lesung am 28.01.2009 ein Änderungsantrag vor, der die Beschränkungen auf die örtlich zuständige Schule entfallen lassen wollte (vgl. Plenarprotokoll der 60. Sitzung, S. 60).

27

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu einer vergleichbaren Regelung, § 114 Abs. 3 SchulG Nds, entschieden, dass die durch die Norm vorgenommene Ausrichtung der Leistungsgewährung am Grundsatz der Nächstgelegenheit das Ziel verfolge, die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu begrenzen. Insofern erscheine es tragfähig und in einem hinreichenden innerem Zusammenhang zum Regelungszweck stehend, diejenigen, die sich nur um Aufnahme in eine weiter entfernt liegende Schule bemüht hätten – und sich damit dem Anliegen der Kostenbegrenzung von Vornherein verweigert hätten -, darauf zu verweisen, die Beförderungskosten selbst zu tragen.

28

Auch aus der Ausnahmeregelung des § 113 Abs. 4 SchulG M-V folgt der geltend gemachte Anspruch nicht. Zwischen den an der Integrierten Gesamtschule Grünthal wählbaren Fremdsprachen Französisch, Russisch und Schwedisch und dem in der genannten Norm aufgeführten „besonderen schulischen Angebot“ besteht keine Übereinstimmung. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, ist mit „in einer Lerngruppe das besondere schulische Angebot in Anspruch nehmen“ nur das formal eingerichtete besondere schulische Angebot im Sinne des § 69 Nr. 12 SchulG M-V gemeint, welches sich auf das besondere Angebot nach der Jahrgangsstufe 7 an einer Regionalen Schule gemäß § 16 Abs. 2 Satz 5 SchulG M-V bezieht (vgl. LT-Drs. 5/1770 S. 67). In der Begründung wird ausdrücklich ausgeführt, dass Angebote einzelner Schulen im Rahmen der eigenen Schwerpunktsetzung außerhalb dieser formal ausgestalteten Angebote von der Regelung nicht erfasst werden.

29

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht darin zu sehen, dass den Schülern, die nicht die örtlich zuständige Schule besuchen, eine Erstattung der notwendigen Aufwendungen nicht gewährt wird, wenn ihre Teilnahme an der öffentlichen Schülerbeförderung zur örtlich zuständigen Schule nicht in Betracht kommt, weil sie nicht durchgeführt wird. Hingegen werden die notwendigen Aufwendungen der Schülerbeförderung denjenigen Schülern gewährt für den Schulweg zur zuständigen Schule, wenn zu dieser eine Schülerbeförderung nicht durchgeführt wird.

30

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der allgemeine Gleichheitssatz unter anderem einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss verbietet, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfG, Beschluss vom 07.07.2009 E 124, 199, 218). Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche rechtliche Grenzen, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (BVerfG, a.a.O. S. 19).

31

Wird – wie hier – durch die Anwendung gesetzlicher Vorschriften eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, so ist zu prüfen, ob zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Zur Begründung einer Ungleichbehandlung von Personengruppen reicht es nicht aus, dass die Ungleichbehandlung auf ein seiner Art nach geeignetes Unterscheidungsmerkmal gestützt werden kann. Vielmehr muss auch für das Maß der Differenzierung ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelungen bestehen, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt (BVerfG, a.a.O.,S. 220).

32

Vorliegend ist ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der aufgezeigten Ungleichbehandlung der Personengruppen, die die örtlich zuständige Schule gegenüber denjenigen, die eine Schule in freier Trägerschaft oder eine örtlich unzuständige öffentliche Schule besuchen, nicht gegeben. Hierin liegt ein geeignetes Unterscheidungsmerkmal für die Ungleichbehandlung. Auch für das Maß der Differenzierungen besteht ein innerer Zusammenhang zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung, der sich als sachlich vertretbarer Unterscheidungsgesichtspunkt von hinreichendem Gewicht anführen lässt, wie es das Bundesverfassungsgericht a.a.O. fordert.

33

Der Gesetzgeber wollte mit der Beschränkung der Schülerbeförderungskosten bzw. Aufwandserstattung auf den Bereich der örtlich zuständigen Schule die Landkreise entlasten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Schüler, die nicht die örtlich zuständige Schule besuchen, nach der gesetzlichen Regelung nicht gänzlich von der Schülerbeförderung ausgeschlossen werden.

34

Der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet auch nicht die Übernahme der Beförderungskosten für den Sohn der Klägerin zur Integrierten Gesamtschule Grünthal, also zu einer Schule außerhalb des Kreisgebietes der Landkreises Nordvorpommern, oder die Übernahme der Beförderungskosten, weil das Schulgesetz in bestimmten Fällen eine Beförderung über das Kreisgebiet hinaus vorsieht und der hier vorliegende Fall damit vergleichbar wäre. Zwar besteht nach § 113 Abs. 4 Nr. 1 SchulG M-V in Abweichung von Abs. 2 bei Schülern, die ein Sport- oder Musikgymnasium im Sinne des § 19 Abs. 2 SchulG M-V oder ein Gymnasium mit überregionaler Förderklasse für die Beschulung von diagnostiziert kognitiv Hochbegabten im Sinne des § 19 Abs. 3 SchulG M-V besuchen, eine Beförderungspflicht oder Kostenerstattungspflicht auch über das Kreisgebiet hinaus, jedoch ist der Besuch einer Integrierten Gesamtschule dem Besuch dieser besonderen Gymnasien nicht gleich zu setzen, weshalb eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Gymnasien mit Klassen für Hochbegabte sind in den vier Schulamtsbezirken des Landes Mecklenburg-Vorpommern jeweils nur einmal einzurichten. Sport- und Musikgymnasien in öffentlicher Trägerschaft bestehen ebenfalls nicht in jedem Landkreis oder jeder kreisfreien Stadt. Aufgrund ihres besonderen Profils werden sie von Schülern aus dem gesamten Land Mecklenburg-Vorpommern besucht. Anders verhält es sich bei Integrierten Gesamtschulen. Sie genießen auch dann keine Sonderstellung, wenn sich ihr schulisches Angebot, zum Beispiel im Bereich der angebotenen Fremdsprachen, von den Schulen in der näheren Umgebung, die die gleichen Abschlüsse vermitteln können, unterscheidet. Insofern ist darauf abzustellen, dass an Integrierten Gesamtschulen keine anderen Abschlüsse vermittelt werden, als dies an Regionalen Schulen oder Gymnasien, je nach Bildungsgang, der Fall ist. Insofern würde auch dann, wenn im Landkreis Nordvorpommern keine Integrierte Gesamtschule in öffentlicher Trägerschaft bestanden hätte, die als örtlich zuständige Schule in Betracht hätte kommen können, eine Beförderungspflicht zu einer Integrierten Gesamtschule außerhalb des Kreisgebietes nicht bestanden haben. Der Schulabschluss der Mittleren Reife konnte an der Regionalen Schule in Reinberg erworben werden und die allgemeine Hochschulreife am Gymnasium in Grimmen.

35

Auf die vollständige Erstattung notwendiger Schülerbeförderungskosten besteht weder ein verfassungsrechtlich geschützter subjektiv-rechtlicher Anspruch noch eine objektiv-rechtliche Verpflichtung des Landes als Gesetzgeber oder der Landkreise als Satzungsgeber (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 8.3.1996, DVBl. 1996, 999). Im Bereich der gewährenden Verwaltung hat der Normengeber einen weiten Gestaltungsspielraum (Bley, Schulrecht in M-V § 113 Anmerkung m.w.N.). Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz und das Sozialstaatsprinzip, wenn eine kostenlose Schülerbeförderung lediglich im Rahmen einer schulischen Grundversorgung geboten wird, und beim Besuch weiterführender Schulen oder von Jahrgangsstufen nach Ende der Vollzeitschulpflicht Kostenbeiträge der Eltern oder der Schüler erhoben werden (BVerwG DVBl. 1991, 59 ff). Soweit nach den vorgenannten Entscheidungen weitergehende Ansprüche bejaht wurden, lagen dem jeweils Regelungen des Landesschulgesetz zugrunde, die die Träger der Schülerbeförderung grundsätzlich verpflichteten, die notwendigen Beförderungskosten für den Besuch öffentlich-rechtlicher und staatlich genehmigter Ersatzschulen freier Träger zu erstatten, wie nach § 113 Abs. 2 SchulG M-V alter Fassung. Das neue Schulgesetz schließt gerade ausdrücklich weitergehende Beförderungs- und Erstattungsansprüche außer für den Weg zur örtlich zuständigen Schule aus.

36

Übergangsfristen für die Umsetzung der neuen Regelungen zur Schülerbeförderung waren weder im Schulgesetz noch in den Schülerbeförderungssatzungen der Landkreise als Träger der Schülerbeförderung vorzusehen. Die Klägerin konnte sich auf die geänderte für sie ungünstigere Fassung des § 113 Abs. 2 SchulG M-V hinreichend einstellen. Die geänderte Fassung des Schulgesetzes ist seit dem 16.02.2009 gültig. Die Änderung ist aber erst mit Wirkung vom 01.08.2010 in Kraft gesetzt worden. Die Änderungen sind von den Schulen bekannt gemacht worden und auch Gegenstand von Presseveröffentlichungen gewesen. Eine Rückwirkung der neuen gesetzlichen Regelung für vergangene Zeiträume liegt nicht vor.

37

Der Anspruch auf Übernahme der Kosten der Beförderung bis zur Kreisgrenze scheitert schon daran, dass sich die Regelungen der Schülerbeförderung in § 113 SchulG M-V in der ab dem 1.8.2010 geltenden Fassung gegenüber der Vorgängerregelung geändert haben. Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, dass bei Schülern, die eine örtlich unzuständige öffentliche Schule oder eine Schule in privater Trägerschaft außerhalb des Landkreises besuchen, die Beförderung der Schüler durch den Träger der Schülerbeförderung bis zur Kreisgrenze durchzuführen ist oder dass dieser die Kosten dafür zu tragen hat, ist wegen der geänderten Gesetzeslage nicht mehr anwendbar. Da sich ein Anspruch auf Kostenerstattung nach dem Besuch der tatsächlich besuchten Schule richtet, besteht auch der weiter hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Erstattung der fiktiven Kosten, die bei dem Besuch des örtlich zuständigen Gymnasiums in Grimmen angefallen wären, nicht.

38

Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin ergibt sich ebenfalls nicht aus § 1 der Schülerbeförderungssatzung des Landkreises Nordvorpommern vom 22.6.2010. Danach richtet sich der Anspruch auf Beförderung grundsätzlich nach § 113 SchulG M-V. Schüler im Sinne des § 113 Abs. 2 SchulG M-V, die nicht die örtlich zuständige Schule besuchen, erhalten auf Antrag einen Schülerfahrausweis für bestehende Linien der Verkehrsgemeinschaft Nordvorpommern, wenn sie eine Schule auf dem Gebiet des Landkreises besuchen (Satz 2). Diese Regelung in § 1 Satz 2 der Schülerbeförderungssatzung geht teilweise über die Vorgaben des Schulgesetzes in § 113 hinaus, denn das Schulgesetz sieht die Mitbenutzung der öffentlichen Schülerbeförderung durch Schüler, die eine örtlich unzuständige Schule oder eine Schule in freier Trägerschaft besuchen, nur für den Verkehr zur örtlich zuständigen Schule vor, während die Regelung in § 1 Satz 2 der Schülerbeförderungssatzung die Nutzung aller bestehenden Linien der Verkehrsgemeinschaft Nordvorpommern mit einem Schülerfahrausweis im gesamten Landkreisgebiet zulässt. Diese freiwillige Mehrleistung des Landkreises Nordvorpommern könnte durch § 113 Abs. 2 Satz 2 SchulG M-V ausgeschlossen sein. Bestünde dieser Ausschluss, so würde die Schülerbeförderungssatzung des Landkreises Nordvorpommern vom 22.6.2010, soweit sie über die Vorgaben des Schulgesetzes in § 113 hinausgeht und freiwillige Leistungen beinhaltet, gegen nunmehr gültiges höherrangiges Recht verstoßen und wäre damit unwirksam. Aber selbst dann, wenn die weitergehenden vom Landkreis Nordvorpommern zugestanden Beförderungsmöglichkeiten nicht dem Schulgesetz widersprechen würden und wirksam wären, könnte die Klägerin aus dieser Regelung keine Rechte herleiten. Die Vorgabe in der Schülerbeförderungssatzung des Landkreises Nordvorpommern sieht gerade keine Beförderung und auch keine Kostenerstattung für solche Schüler vor, die eine Schule außerhalb des Kreisgebietes besuchen.

39

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, dass in Schülerbeförderungssatzungen anderer Landkreise, konkret des Landkreises Müritz, Übergangsregelungen geschaffen wurden und weitergehende Erstattungsansprüche gewährt werden, vermag dies der Klage unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Satzungen anderer Landkreise entfalten keine Bindungswirkung für den Beklagten. Eine Gleichbehandlung mit Schülern aus dem Landkreis Müritz ist nicht geboten. Da das Schulrecht die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung vorsieht und diesen die Befugnis zum Erlass von Satzungen zur Ausgestaltung der Schülerbeförderung unter Berücksichtigung der Vorgaben des § 113 SchulG M-V einräumt, nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass es in den einzelnen Landkreisen unterschiedliche und unterschiedlich weit reichende Ansprüche geben kann. Die Verpflichtung zu Gleichbehandlung trifft dabei nur den jeweiligen Träger der Schülerbeförderung in Bezug auf die Schüler auf seinem Gebiet anhand der Vorgaben des Schulgesetzes und der eigenen Schülerbeförderungssatzung.

40

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Schülerbeförderungsregelungen in § 113 SchulG M-V Schulen in privater Trägerschaft und deren Schüler in verfassungswidriger Weise ungleich behandele, könnte sie, selbst wenn dieser Vorwurf zutreffend wäre, daraus keine eigenen Rechte herleiten. Ihr Sohn besucht keine Schule in freier Trägerschaft sondern eine Schule in kommunaler Trägerschaft.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

42

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

(1) Aufbau, Förderung und Leitung des Selbstschutzes der Bevölkerung sowie Förderung des Selbstschutzes der Behörden und Betriebe gegen die besonderen Gefahren, die im Verteidigungsfall drohen, obliegen den Gemeinden.

(2) Für die Unterrichtung und Ausbildung der Bevölkerung sowie in den sonstigen Angelegenheiten des Selbstschutzes können die Gemeinden sich der nach § 26 mitwirkenden Organisationen bedienen.

(3) Die Maßnahmen der kreisangehörigen Gemeinden werden durch die Behörden der allgemeinen Verwaltung auf der Kreisstufe unterstützt.

(4) Im Verteidigungsfall können die Gemeinden allgemeine Anordnungen über das selbstschutzmäßige Verhalten der Bevölkerung bei Angriffen treffen. Die Anordnungen bedürfen keiner besonderen Form.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.