Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 07. Okt. 2016 - 7 K 1721/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Der Kläger und seine Ehefrau sind gemeinschaftlich Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung B. T. 00 in X. . Das Grundstück ist an die städtische Kanalisation angeschlossen.
3Mit Bescheid über Schmutzwassergebühren vom 22. April 2016 zog die Beklagte den Kläger und seine Ehefrau u.a. für das Jahr 2016 zu Gebühren in Höhe von 302,22 € heran. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23. April 2016 Widerspruch ein, den er im Wesentlichen damit begründete, dass die Schmutzwassergebühr zu hoch sei, weil zu Unrecht in X. kein Starkverschmutzerzuschlag erhoben werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, ein Starkverschmutzerzuschlag setze voraus, dass die stark verschmutzten, vom Benutzer rechtmäßig eingeleiteten Abwassermengen mehr als 20% der gesamten Abwassermenge der Kommune ausmachten und ohne die Erhebung dieses Zuschlags die Gebührenmehrbelastung der "Normalverschmutzer" über 10% hinausginge.
4Der Kläger hat B. 27. Juli 2016 Klage erhoben. Er trägt vor, im Widerspruchsbescheid blieben die Messgebühren bei den Starkverschmutzern unerwähnt, die nach § 53c des Landeswassergesetzes NRW stets vom Verursacher zu zahlen seien. Auch wegen dieses rechtswidrigen Verhaltens, die Allgemeinheit mit diesen Kosten zu belasten, sei der Bescheid unwirksam. Die Gerberei sei auf Druck der Bezirksregierung als Starkverschmutzer eingestuft worden. Deswegen würden auch ständig Kontrollen durchgeführt. Nur wenn es um die Gebührenberechnung gehe, werde der Starkverschmutzer wie ein normaler Haushaltsverschmutzer eingestuft. Die Argumentation der Beklagten, dass die Voraussetzungen für die Einführung eines Starkverschmutzerzuschlags nicht gegeben seien, liege völlig daneben. Diese Auslegung würde dazu führen, dass sich alle Starkverschmutzer nur in Großstädten niederlassen würden, da die Einleitung von stark verschmutztem Abwasser in der Mischung mit der Vielzahl aller Haushaltsverschmutzer nur eine äußerst geringe Belastungsquote ergäbe.
5Der Kläger beantragt sinngemäß,
6den Bescheid der Beklagten über Schmutzwassergebühren vom 22. April 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2016 hinsichtlich der Schmutzwassergebühr für das Jahr 2016 insoweit aufzuheben, als ein Gebührensatz von mehr als 2,39 € zugrundegelegt worden ist.
7Die Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Zur Begründung beruft sie sich auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid.
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12Die Kammer kann ungeachtet des nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes des Klägers vom 07. Oktober 2016 entscheiden. Die Ausführungen geben dem Gericht keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Der Schriftsatz enthält nichts, was der Kläger nicht bereits vorgebracht hat oder in der mündlichen Verhandlung hätte vorbringen können. Die Frage des Einzelrichters unmittelbar vor Schluss der mündlichen Verhandlung, ob noch weiterer Vortrag beabsichtigt sei, hat der Kläger vielmehr explizit verneint.
13Die zulässige Klage ist nicht begründet.
14Der Bescheid der Beklagten über Schmutzwassergebühren vom 22. April 2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2016 sind im angefochtenen Umfang rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
15Rechtsgrundlage der Heranziehung zu Schmutzwassergebühren für das hier allein streitige Jahr 2016 sind die §§ 4 Abs. 2, 6 KAG NRW in Verbindung mit §§ 1 ff. der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt X. vom 10. November 2004 in der Fassung der zwölften Änderungssatzung vom 15. Dezember 2015 (nachfolgend: GebS). Für die Entsorgung von Schmutzwasser beträgt der in § 14 Abs. 7 GebS festgelegte Gebührensatz 4,38 € je Kubikmeter bezogenem Frischwasser.
16Soweit aufgrund des Vorbringens der Beteiligten und von Amts wegen Veranlassung zu einer Überprüfung der Gebührenkalkulationen bestanden hat, kann die Kammer keine Rechtsfehler feststellen.
17Für die Überprüfung der Massen- und Kostenansätze in einer Gebührenkalkulation gilt zum Umfang der Amtsermittlungspflicht der Verwaltungsgerichte (§ 86 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz VwGO) und der die Amtsermittlung mitgestaltenden Mitwirkungspflicht der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO) nach den Erkenntnissen des OVG NRW, die es insbesondere in seinen Urteilen vom 1. Juli 1997 – 9 A 6103/95 – und 19. September 1997 – 9 A 3373/96 – dargelegt hat, Folgendes:
18"Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes sind die Verwaltungsgerichte zwar verpflichtet, jede mögliche Aufklärung des Sachverhalts bis an die Grenze der Zumutbarkeit zu versuchen, sofern die Aufklärung nach ihrer Auffassung für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich ist. Bei der Überprüfung einer Kalkulation geht der erkennende Senat auf Grund der Bindung des Beklagten an Gesetz und Recht gemäß Art. 20 GG grundsätzlich davon aus, dass dessen Auskünfte über die maßgebenden Massen bzw. die zu den einzelnen Kostenpositionen angefallenen Kosten der Wahrheit entsprechen. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit angezeigt, als sich dem Gericht etwa Widersprüche, methodische Fehler, Rechenfehler oder mit höherem Recht unvereinbare Kostenansätze nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder aber den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei, insbesondere die anwaltlich vertretene Partei, insoweit an substantiiertem Sachvortrag fehlen, beschränkt sie sich vielmehr auf schlichtes Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder auf Spekulationen hinsichtlich der zutreffenden Höhe dieser Ansätze und ergibt sich auch aus den Unterlagen kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 1996 – 9 A 1864/94 –)".
19Die erkennende Kammer hat sich in ständiger Rechtsprechung dieser Auffassung angeschlossen, nach der sich der Umfang der Amtsermittlung der Sache nach danach begrenzend bestimmt, ob nach dem bisherigen Streitstand für das Gericht Anlass zu weitergehenden Sachverhaltsermittlungen besteht. Dies bedeutet, dass die Kammer im vorliegenden Fall lediglich denjenigen Fragen hinsichtlich der Gebührenkalkulation nachzugehen hat, die der Kläger selbst substantiiert aufgeworfen hat.
20Vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 – 9 CN 1.01 –, juris Rn. 43 f.; außerdem BayVGH, Beschluss vom 21.05.2012 – 4 ZB 10.423 –, juris Rn. 7; OVG NRW, Urteil vom 16.03.2010 – 17 A 391/06 –, juris Rn. 87; VG Düsseldorf, Urteil vom 07.11.2011 – 23 K 2961/09 –, juris Rn. 42 m.w.N.
21Nach diesen Kriterien hält es die Kammer für geboten, allein die Rügen des Klägers in den Blick zu nehmen, es werde in X. zu Unrecht kein Starkverschmutzerzuschlag erhoben (nachfolgend 1.) und die maßgeblich durch die Einleitung stark verschmutzter Abwässer verursachten Untersuchungskosten würden zu Unrecht nicht den Starkverschmutzern aufgebürdet (nachfolgend 2.).
221.) Die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages, d.h. einer Zusatzgebühr für stark verschmutzte Abwässer, im Rahmen der Schmutzwasserbeseitigungsgebühren ist im Grundsatz rechtlich zulässig.
23Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.11.2012 - OVG 9 A 7.10 -, juris Rn. 44; Beschluss vom 13.09.2011 - OVG 9 S 13.11 -, juris Rn. 14; BayVGH, Beschluss vom 02.03.2011 - 20 ZB 10.3178 -, juris Rn. 4; OVG MV, Urteil vom 20.10.2003 - 1 L 323/02 -, juris Rn. 54; OVG SH, Urteil vom 21.06.2000 - 2 L 9/99 -, juris Rn. 45; OVG Nds., Beschluss vom 19.07.1999 - 9 M 2622/99 -, juris Rn. 8; VGH BW, Beschluss vom 26.09.1996 - 2 S 3310/94 -, juris Rn. 67; VG Magdeburg, Beschluss vom 22.07.2013 - 9 B 150/13 -, juris Rn. 23; VG Köln, Beschluss vom 25.05.2011 - 14 L 19/11 -, juris Rn. 17; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760 m.w.N. (Stand: März 2014).
24Daraus folgt aber nicht, dass die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlags auch in jedem Fall geboten ist.
25Vgl. SächsOVG, Urteil vom 18.12.2013 - 5 D 18/07 -, juris Rn. 397; Urteil vom 29.05.2009 - 5 D 20/06 -, juris Rn. 205; VGH BW, Beschluss vom 05.11.2007 - 2 S 2921/06 -, juris Rn. 11; VG Minden, Urteil vom 29.09.2005 - 9 K 518/05 -, juris Rn. 28 f.; VG Magdeburg, Beschluss vom 23.09.2004 - 9 B 165/04 -, juris Rn. 19; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760a ff. (Stand: März 2014); Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 378 m.w.N. (Stand: März 2008).
26Denn sie ist für die Gemeinden mit einem beachtlichen Verwaltungsaufwand und zudem mit vielfältigen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und damit zusammenhängend erheblichen rechtlichen Risiken verbunden.
27Vgl. ausführlich VGH BW, Beschluss vom 05.11.2007 - 2 S 2921/06 -, juris Rn. 11; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760a ff. (Stand: März 2014); Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 380 ff. m.w.N. (Stand: März 2008).
28Vor diesem Hintergrund wird eine Verpflichtung zur Erhebung eines Gebührenzuschlags für (gewerbliche) Starkverschmutzer erst dann angenommen, wenn - bei leistungsorientierter Kalkulation der Abwassergebühr wie hier - die stark verschmutzten Abwassermengen mehr als 10 v.H. der gesamten anfallenden Abwassermengen ausmachen.
29Vgl. VGH BW, Beschluss vom 05.11.2007 - 2 S 2921/06 -, juris Rn. 12 m.N.; weiter Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760 (Stand: März 2014): mehr als 20% der gesamten Abwassermenge.
30Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Nach den Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bewegt sich der Anteil stark verschmutzten Abwassers um 7% (im Einzelnen: 2012 = 6,2%, 2013 = 6,8%, 2014 = 6,6%, 2015 = 6,9%). Diese Angaben hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Er dringt aber auch mit seinem Einwand nicht durch, dass Starkverschmutzer sich bei einer allein auf die Abflussmengen beschränkten Sichtweise veranlasst sehen könnten, sich dem Grenzwert von 10% anzupassen. Zum einen ist zu konstatieren, dass dies in der Praxis offensichtlich nicht der Fall ist. Der Verzicht auf einen Starkverschmutzerzuschlag hat entgegen den Mutmaßungen auch nicht zu einer verstärkten Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben im Gebiet der Beklagten geführt. Zum anderen verkennt der Kläger, dass ein Betrieb, der stark verschmutztes Abwasser produziert, selbstredend rechtlich gehalten ist, die Einleitungen sowohl quantitativ als auch qualitativ so gering wie möglich zu halten, und insoweit auch der behördlichen Überwachung unterliegt.
31Im Übrigen ist ein Starkverschmutzerzuschlag verzichtbar, wenn eine starke Verschmutzung die Regel ist oder die Abgabensatzung die Einleitung schädlicher Stoffe - wie hier durch § 7 der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage - Entwässerungssatzung - der Stadt X. vom 21. Mai 2015 in der Fassung der Ersten Änderungssatzung vom 17. November 2015 (nachfolgend: EntwS) - weitgehend ausschließt.
32Vgl. SächsOVG, Urteil vom 29.05.2009 – 5 D 20/06 –, juris Rn. 205; Nds.OVG, Urteil vom 23.09.1992 - 9 L 67/90 -, juris Rn. 6; Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 379 (Stand: März 2008); Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760 (Stand: März 2014).
33Allgemein muss schließlich bei der Frage der Verpflichtung zur Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlags berücksichtigt werden, welche Gebührenmehrbelastung mit der Vernachlässigung der Unterschiede verbunden ist. Das Bundesverwaltungsgericht ist in seinem Urteil vom 16. September 1981 - 8 C 48.81 - davon ausgegangen, dass bis zu 10% Gebührenmehrbelastung im Rahmen der Typengerechtigkeit unbedenklich wäre.
34Vgl. zur sog. Typsierungsschwelle auch OVG Nds, Urteil vom 12.11.1991 - 9 L 20/90 -, juris Rn. 26; VG Cottbus, Urteil vom 05.02.2009 – 6 K 24/08 –, juris Rn. 56; Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760 (Stand: März 2014).
35Für die Annahme einer so hohen Gebührenmehrbelastung spricht nichts.
36Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass bei Einführung eines Starkverschmutzerzuschlags, wie ihn das Forschungsinstitut für Wasser- und Abfallwirtschaft an der S. B1. in einem Gutachten konzipiert hat, sich die Schmutzwassergebühr für einen "Normalverschmutzer" im Jahre 2015 statt auf 4,38 € auf 4,21 € belaufen hätte, mithin gerade einmal um 3,88 % niedriger ausgefallen wäre. Da das Gutachten im Klageverfahren allerdings nicht vorgelegt worden ist, muss auch unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungsspielraums der Kommune zur Bestimmung des Grenzwertes, der "normal" und "stark" verschmutztes Abwasser trennt,
37vgl. hierzu Lichtenfeld, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 760 (Stand: März 2014),
38offen bleiben, ob bereits diese Argumentation tragfähig ist. Entscheidend ist aber, dass sich der Kläger mit dem Aspekt der Gebührenmehrbelastung in Höhe von 10% nicht substantiiert auseinandergesetzt hat, obwohl er bereits in dem Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13. Juli 2016, auf den sie zur Klagebegründung Bezug genommen hat, angesprochen worden ist.
39Solange ein Kläger aber seiner Pflicht nicht nachkommt, überprüfbare und einem Beweis zugängliche Tatsachen vorzutragen, braucht das Gericht der bloßen Möglichkeit fehlerhaft bestimmter Gebührensätze nicht nachzugehen.
40Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.08.1980 - 4 B 88/80 -, juris Rn. 3; BayVGH, Beschluss vom 10.08.2005 - 23 ZB 05.1236 -, juris Rn. 6 m.w.N.; Urteil vom 19.08.2004 - 23 B 04.200; VG Ansbach, Urteil vom 01.04.2014 - AN 1 K 12.01430 -, juris Rn. 31; VG B1. , Beschluss vom 26.09.2005 - 4 L 334/05 -, juris Rn. 22.
41Es ist einem Kläger auch zumutbar, sich mit Hilfe der bei der Gemeinde vorhandenen Unterlagen ausreichende tatsächliche Erkenntnisse zu verschaffen, die es ihm gegebenenfalls ermöglichen, substantiiert darzulegen, dass der satzungsrechtlich bestimmte Gebührensatz eine unzulässige Aufwandsüberdeckung zur Folge habe. Ihm steht insoweit ein umfängliches Einsichtsrecht in alle Kalkulationsunterlagen zu. Wird ihm die Einsicht verwehrt, so steht ihm hiergegen Rechtsschutz zu. Falls notwendig, muss er sich der Mithilfe einer sachkundigen Person bedienen, z.B. eines von ihm beauftragten Sachverständigen, dessen Kosten erstattungsfähig sein können.
42Vgl. BayVGH, Beschluss vom 10.08.2005 - 23 ZB 05.1236 -, juris Rn. 6 m.w.N.; VG Ansbach, Urteil vom 01.04.2014 - AN 1 K 12.01430 -, juris Rn. 31.
43Begnügt sich die klagende Partei stattdessen – wie hier – mit schlichtem Bestreiten der jeweiligen Kostenansätze oder Spekulationen oder rügt sie pauschal die mangelnde Nachvollziehbarkeit des Aufwandes und ergibt sich auch aus den Unterlagen im Sinne einer Plausibilitätskontrolle kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit mit Blick auf die oben dargelegten rechtlichen Bindungen des Einrichtungsträgers sein Bewenden.
44Vgl. VG Cottbus, Urteil vom 17.09.2015 - 6 K 257/15 -, juris Rn. 48 m.N.; ferner VG Düsseldorf, Urteil vom 03.08.2015 – 17 K 1654/15 –, juris Rn. 18.
452.) Der Kläger vermag schließlich nicht damit durchzudringen, dass zu Unrecht ein Betrag von 50.000 € als Kosten für die Analyse industrieller Einleitungen einkalkuliert worden sei. Die in Rede stehenden Aufwendungen für Abwasseruntersuchungen sind Kosten der Einrichtung i.S.d. § 6 KAG NRW. Die Untersuchung des Abwassers nach § 17 Abs. 1 EntwS ist notwendiger Teil des Betriebs der Abwasserbeseitigungsanlage. Für die Stadt als Betreiberin der Abwasserbeseitigung ist von essentieller Bedeutung, dass die in ihre Anlage eingeleiteten Abwässer die Einleitungsbedingungen der Entwässerungssatzung, namentlich die Schadstoffgrenzwerte, einhalten. Andernfalls ist ein störungsfreier Betrieb der Abwasserbehandlungsanlagen nicht gewährleistet. Zudem liefe die Stadt auch Gefahr, ihrerseits Grenzwerte für die Einleitung der durch sie gesammelten und behandelten Abwässer in den Vorfluter zu verletzen und eine entsprechend höhere Abwasserabgabe entrichten zu müssen. Insbesondere die gewerblichen und industriellen Abwässer, bei denen ein erhöhtes Risiko von Schadstoffbelastungen besteht, gelegentlichen Untersuchungen zu unterziehen, ist daher eine nachvollziehbare Vorsichtsmaßnahme. Sie betrifft nach den unwidersprochen gebliebenen Ausführungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch nicht allein die in X. ansässige Lederfabrik. Sind demnach die Abwasseruntersuchungen notwendiger Teil der Abwasserbeseitigungseinrichtung, so sind die Kosten der durch den Beklagten durchgeführten Untersuchungen notwendiger Teil des gesamten Aufwandes der Abwasserbeseitigungsanlage, also Kosten der Einrichtung, welche die Gemeinde nach § 6 KAG NW durch Gebühren zu decken berechtigt ist,
46Vgl. HessVGH, Beschluss vom 23.06.1986 - 5 TH 29/85 -, juris Rn.3; VG Köln, Urteil vom 22.01.2002 - 14 K 791/99 -, juris Rn. 21; Queitsch, in: Hamacher/Lenz et al., Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, § 6 Rn. 150 b; Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 381 m.w.N. (Stand: März 2008)
47Ob die Beklagte berechtigt wäre, diese Untersuchungskosten ganz den Einleitern aufzubürden, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass sie hierzu verpflichtet wäre. Immerhin sieht § 17 Abs. 2 EntwS vor, dass die Kosten für die Untersuchung der Anschlussnehmer trägt, falls sich herausstellt, dass ein Verstoß gegen die Benutzungsbestimmungen der Entwässerungssatzung vorliegt.
48Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Aachen Urteil, 07. Okt. 2016 - 7 K 1721/16
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(1) Der Vorsitzende hat die Streitsache mit den Beteiligten tatsächlich und rechtlich zu erörtern.
(2) Der Vorsitzende hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen zu stellen. Wird eine Frage beanstandet, so entscheidet das Gericht.
(3) Nach Erörterung der Streitsache erklärt der Vorsitzende die mündliche Verhandlung für geschlossen. Das Gericht kann die Wiedereröffnung beschließen.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
Tenor
Gründe
I.
- 1
Die Beteiligten streiten um die Berechtigung des Antragsgegners zur Erhebung von Starkverschmutzergebühren.
- 2
Die Antragstellerin betreibt auf ihrem Grundstück in C-Stadt, OT A-Stadt, ... ein Unternehmen für Tankreinigung. Wegen der in der Vergangenheit angefallenen Starkverschmutzergebühren betreibt sie seit 2008 auf dem Grundstück eine Abwasseranlage zur Vorklärung des von ihr in die öffentliche Abwassereinrichtung eingeleiteten Abwassers. Die durchschnittlichen CSB- Werte betrugen im Jahre 2009 1.480 mg/l, im Jahre 2010 1.502 mg/l und 2011 731 mg/l.
- 3
Die im hier maßgeblichen Erhebungszeitraum 2012 erfolgten Beprobungen des Abwassers ergaben folgende CSB-Werte:
- 4
14.03.2012: 1.314 mg/l,
26.06.2012: 8.1600 mg/l,
12.09.2012: 5.290 mg/l und
17.09.2012: 2.830 mg/l.
- 5
Über die vorstehend bezeichneten Untersuchungsergebnisse setzte der Antragsgegner die Antragstellerin jeweils unverzüglich in Kenntnis. Mit Schreiben vom 06.11.2012 wies er sie auf die Möglichkeit hin, weitere Proben zu beantragen; davon machte die Antragstellerin keinen Gebrauch.
- 6
Mit Bescheid vom 07.02.2013 setzte der Antragsgegner unter Berücksichtigung einer Abwassermenge von 12.333 m³ und eines aus einem aus einem Mittelwert-CSB von 4.399 mg/l resultierenden Starkverschmutzergebührensatzes von 3,78 € (Allgemeiner Schmutzwassergebührensatz: 1,78 €/m³; Starkverschmutzerzuschlag: 2,00 €/m³) sowie einer Grundgebühr in Höhe von 49,08 € einen Schmutzwassergebühr in Höhe von insgesamt 46.667,82 € fest. Über den dagegen von der Antragstellerin eingelegten Widerspruch vom 07.03.2013 ist noch nicht entschieden; den zugleich gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Schreiben vom 18.04.2013 ab.
- 7
Am 25.04.2013 hat die Antragsgegnerin beim Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie macht unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von Herrn ... geltend, der der Ermittlung der Gebühr zugrunde gelegte Mittelwert CSB von 4.399 mg/l sei nicht repräsentativ. Denn die Messwerte vom 26.06., 12.09. und 17.09.2013 seien „Ausreißer“, da sie infolge besonderer Umstände hervorgerufen worden seien. So sei am 25.06.2012 ein Defekt an der Druckrohrleitung zur Prozesspumpe festgestellt worden, was aus technischen Gründen Einfluss auf den Vorklärprozess habe. Darüber sei der Antragsgegner telefonisch in Kenntnis gesetzt worden; die Reparatur sei sodann am 27.06.2012 erfolgt. Am 10. bzw. 11.09.2012 sei ein Defekt an der Pumpe für die Filterpresse ebenfalls mit Folgen für die Vorklärung festgestellt worden. Einige Tage nach der Reparatur am 14.09.2012 habe dann die Vorklärung wieder die volle Leistung erzielt. Der Mittelwert für das Jahr 2012 sei anders als es der Antragsgegner meint, auch nicht auf eine Änderung der Produktionsvielfalt zurückzuführen. Jedenfalls gehe nicht zwangsläufig mit dem unstreitig gestiegenen Frischwasserverbrauch auch eine erhöhte CSB-Belastung des Abwassers einher. Eine Anpassung der Vorkläranlage sei deshalb nicht erforderlich.
- 8
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
- 9
die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 07.03.2013 gegen den Abwassergebührenbescheid des Antragsgegners vom 07.02.2013 insoweit anzuordnen, als Schmutzwassergebühren als Starkverschmutzerzuschläge in Höhe von 24.666,00 € festgesetzt sind.
- 10
Der Antragsgegner beantragt,
- 11
den Antrag abzulehnen.
- 12
Sie verteidigt den Bescheid unter Bezugnahme auf die Rechtswirksamkeit ihrer Regelungen zur Bestimmung des Starkverschmutzerzuschlages sowie die Ergebnisse der Beprobungen des vorgeklärten Abwassers auf dem Grundstück der Antragstellerin. Die stark voneinander abweichenden Messwerte ließen sich auch mit der Produktionsvielfalt und mit den gestiegenen Bezugsmengen für Frischwasser erklären. In Anbetracht der rechtlichen Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin habe am 04.04.2013 erneut eine Beprobung stattgefunden, bei der ein CSB-Wert von 3.470 mg/l festgestellt worden sei. Die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages sei deshalb vor dem Hintergrund des in der Abwasserbeseitigungssatzung festgesetzten CSB-Grenzwertes von 1.000 mg/l rechtmäßig.
- 13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners verwiesen, die bei der Entscheidung Berücksichtigung gefunden haben.
II.
- 14
Der statthafte Antrag hat Erfolg.
- 15
a) Bei dem angefochtenen Benutzungsgebührenbescheid handelt es sich um eine Anforderung von öffentlichen Abgaben im Sinne von § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Hiergegen haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung. Nach § 80 Abs. 4 Satz 3, Abs. 5 VwGO soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten die aufschiebende Wirkung einer Klage angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung für den Abgabenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel bestehen nicht schon dann, wenn der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist; sie liegen erst dann vor, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides derart überwiegen, dass ein Erfolg des Rechtsbehelfsführers wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Die von der Behörde der Entscheidung zugrunde gelegten Rechtsauffassungen und Tatsachen müssen mithin als derart erschüttert angesehen werden, dass sich ihre Bestätigung als eher fern liegende Möglichkeit darstellt (dazu OVG LSA, B. v. 21.01.2009, 4 M 355/08).
- 16
Grundsätzlich sind im Rahmen eines Eilverfahrens lediglich die Einwände zu berücksichtigen, die von dem Rechtsschutzsuchenden selbst vorgebracht werden, es sei denn, dass sich andere Fehler bei summarischer Prüfung offensichtlich aufdrängen. Diese können sich dabei im Einzelfall auch aus Mängeln der zugrunde liegenden Abgabensatzung ergeben, die jedoch im Eilverfahren so offensichtlich und eindeutig sein müssen, dass im Hauptsacheverfahren eine andere rechtliche Beurteilung nicht zu erwarten ist (OVG LSA, Beschluss vom 03.02.2000, 1 M 20/00). Gleiches gilt in Bezug auf die Überprüfung einer Beitragskalkulation. Diese muss in der Regel dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben und kann nicht Gegenstand der nur summarischen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sein. Anderes gilt nur dann, wenn der Antragsteller solche Einwendungen geltend macht, die ohne Weiteres geeignet sind, daraus einen Verstoß des Beitragssatzes gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot herzuleiten (zur sog. Ergebnisrechtsprechung vgl. OVG LSA, U. v. 27.07.2006, 4 K 253/05 m. w. N.).
- 17
Die summarische Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Abgabenbescheides hat aus diesen Gründen im Wesentlichen zum Gegenstand, ob der mit einem Rechtsbehelf angefochtene Bescheid auf einer wirksamen Rechtsgrundlage beruht, ob eine gebührenpflichtige Handlung vorliegt, die Gebühr (noch) gefordert werden kann und ob sich die Höhe des geforderten Betrages nach den konkreten Umständen des Einzelfalls in etwa der Größenordnung bewegt, die auch bei einer näheren und abschließenden Prüfung im Hauptsacheverfahren erwartet werden kann.
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b) In Anwendung dieser Maßstäbe begegnet die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Antragsgegners vom 07.02.2013 im streitgegenständlichen und tenorierten Umfang ernstlichen Zweifeln.
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Der Bescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA i. V. m. der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes „B...“ (ZGS) vom 18.01.2011. Danach wird für Einleitungen von Abwässern, die einen CSB-Wert höher 1.000 mg/l aufweisen, neben der Mengengebühr nach § 4 Abs. 1 ZGS ein Starkverschmutzerzuschlag nach der darin bestimmten Formel erhoben. Die Formel lässt sich wie folgt beschreiben:
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Mengengebühr x ([Schmutzfrachtabhängiger Gebührenanteil x Verhältnis des festgestellten CSB-Wertes zu 1.000] + mengenabhängiger Gebührenanteil) – Mengengebühr.
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Diese Formel auf die Antragsstellerin angewandt ergibt:
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1,78 €/m³ x ([0,33 x 4.399 mg/l 1.000] + 0,67) – 1,78 €/m³ = 2,00 €/m³.
- 23
Sowohl die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages als auch die hier vorgenommene konkrete Bestimmung desselben begründen bei summarischer Prüfung jedenfalls keine ernstlichen Zweifel im oben angeführten Sinne (vgl. Lichtenfeld in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, § 6 Rn. 760a m. w. N.).
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Nach § 5 Abs. 2 ZGS werden zur Bestimmung des grundstücksbezogenen CSB-Wertes vier Proben pro Jahr aus dem Probenentnahmeschacht (Einleitstelle) als 24-Stundengemische über automatisch schöpfende Probenahmegeräte entnommen, die sodann in einem von der Oberen Wasserbehörde anerkannten chemischen Labor gemessen (Absatz 4) werden, um daraus einen Mittelwert zu bilden (Absatz 5).
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Weder hat die Antragstellerin Bedenken gegen die so vorzunehmende Bestimmung des grundstücksbezogenen CSB-Wertes bzw. gegen deren Anwendung im vorliegenden Fall geltend gemacht noch sind solche ersichtlich (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 26.09.1996, 2 S 3310/94, juris). Das Gericht geht insoweit davon aus, dass der sich aus den Ergebnissen der Beprobungen ergebende Mittelwert eine hinreichende Berechnungsgrundlage für die (Starkverschmutzer-)Gebühr im Lichte von § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2 KAG LSA sein dürfte. Denn danach darf die Bemessung der Gebühr auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab erfolgen, dessen Anwendung nur nicht dazu führen darf, dass die Gebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht.
- 26
Ist die vom Antragsgegner angewandte Methode und auch das Verfahren grundsätzlich geeignet, die Schadstofffracht für den maßgeblichen Erhebungszeitraum zu dokumentieren und damit als Berechnungsgrundlage für die Gebühr zu dienen, so ist jedoch für den Einzelfall nicht auszuschließen, dass es bereits auf der Heranziehungsebene eines notwendigen Korrektivs bedarf, um Vorstehendem Rechnung zu tragen. Denn auch die gebührenrechtliche Belastung von Starkverschmutzern muss im Vergleich zu den „Normal“verschmutzern zur Gewährleistung des Äquivalenzprinzips verhältnismäßig sein (vgl. Köhler/ Meyer, Abwasserabgabenrecht, Kommentar, 2. Aufl., § 4 Rn 275 ff.).
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Dies vorausgesetzt, ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, dass die bei den jeweiligen Beprobungen festgestellte Schmutzfracht der Berechnung des Mittelwertes mit der Folge zugrunde gelegt werden darf, dass zeitlich nachfolgende Einwendungen dagegen ohne Erfolg bleiben dürften. Dem Ergebnis aus den Beprobungen kommt in aller Regel damit ein hoher Beweiswert für die Ermittlung der Schmutzfracht zu. Lediglich besondere Umstände können deshalb im Einzelfall geeignet sein, diesen Beweiswert zu entkräften, wobei es bei dem Grundsatz verbleibt, dass der Abgabengläubiger auch für das Vorliegen der Berechnungsgrundlagen für den Starkverschmutzerzuschlag nachweispflichtig ist (vgl. VG Magdeburg, Urt. v. 28.06.2012, 9 A 116/11 MD sowie VG Halle Urt. v. 28.10.211, 4 A 93/11 [Wasserzähler]).
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Vorliegend sieht das Gericht jedoch derartig gewichtige Umstände des Einzelfalles als gegeben an. Aus der Sicht der hier allein gebotenen summarischen Prüfung dürfte von der Verwertbarkeit der vom Antragsgegner der Berechnung des Starkverschmutzerzuschlages zugrunde gelegten Ergebnisse der Beprobungen für die Mittelwertbildung eher nicht auszugehen sein. Zwar ist nicht allein der Verweis der Antragstellerin auf die Mittelwerte der Jahre 2009 bis 2011 hinreichender Grund, um die aus den Beprobungen gewonnenen Ergebnisse hinreichend in Zweifel zu ziehen, da aufgrund der Art und Weise der unternehmerischen Tätigkeit der Tankreinigung auf dem Grundstück der Antragstellerin derartige Schmutzfrachten ohne Weiteres auftreten können. So reinigt sie Tankfahrzeuge von Biodiesel, Granulat, Parafin, Zucker u. ä., die zweifelfrei zu so solchen CSB-Werten führen können, was die Antragstellerin auch nicht in Abrede stellt. Insbesondere aber das Ergebnis der Beprobung vom 26.06.2012 weicht nicht nur überaus beachtlich von den Vorjahreswerten ab, sondern ist nach den glaubhaft gemachten Tatsachen auf Umstände zurückzuführen, die die daraus gewonnenen Ergebnisse als nicht repräsentativ für die jährlichen CSB-Werte des Abwassers auf dem Grundstück der Antragsteller erscheinen lassen. Denn der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass er am 26.06.2012 ein Schaden an der Rohrleitung zur Prozesspumpe festgestellt hat. Dieses Ereignis hat nach dem glaubhaft gemachten und im vorläufigen Rechtsschutzverfahren unwidersprochen gebliebenen Erklärungen der Antragstellerin Einfluss auf die Qualität der Vorklärung, woraus sich mithin ein Ursache-Wirkung-Zusammenhang ergibt. Vergleichbares gilt für den am 10. bzw. 11.09.2012 festgestellten Defekt an der Pumpe für die Filterpresse.
- 29
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die - glaubhaft gemachten - Defekte an der Vorklärung (lediglich) zum Zeitpunkt der Beprobungen festgestellt wurden, was Rückschlüsse auf ihre Dauer in keiner Weise zulässt. Ob diese Defekte ggf. ein Indiz für die Instabilität der Vorklärung oder für andere als die zum Zeitpunkt der Beprobung festgestellte CSB-Belastungen sind, ist für die Frage der Verwertbarkeit der Beprobungsergebnisse jedoch unbeachtlich.
- 30
Völlig frei von rechtlichen Bedenken dürfte auch die Berücksichtigung der Beprobung vom 17.09.2012 für die Berechnung des Mittelwertes nicht sein. Zwar schreibt § 5 Abs. 2 ZSG nicht vor, wann und in welchen Abständen die Proben zu nehmen sind. Es sind jedoch keine Gründe dafür ersichtlich, warum die ersten drei Proben jeweils in etwa zum Quartalsende erfolgt sind, die Probe am 17.09.2012 jedoch nur fünf Tage nach der dritten Probe (12.09.2012). Sollte sich der Antragsgegner dazu durch den wiederum hohen CSB-Wert am 12.09.2012 veranlasst gesehen haben, hätte er jedoch zumindest in Erwägung ziehen müssen, dass die Antragstellerin am 12.09.2012 einen Defekt an der Vorklärung angezeigt hatte. Dies hätte jedenfalls Veranlassung zur Klärung der Frage geben können, ob die volle Funktionsfähigkeit der Vorklärung unverzüglich gewährleistet ist.
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Dagegen überzeugt der Einwand des Antragsgegners, die Produktionsvielfalt habe sich 2012 erheblich geändert, nicht. Ungeachtet des Umstandes, ob der vorgelegte Auszug über die Reinigungsleistungen der Antragstellerin vom 21.08. und 15.09.2008 für den hier maßgeblichen Erhebungszeitraum überhaupt repräsentiv ist, lässt auch die Tatsache, dass die Antragstellerin im Jahre 2012 5.300 m³ Frischwasser mehr als 2008 bezogen hat, insbesondere deshalb zwingende Rückschlüsse weder auf eine Änderung der Produktionsvielfalt noch auf erhöhte Schmutzfrachten mit der Folge zu, die Vorklärung genüge nicht mehr den durch das Produktionsprofil gestellten Anforderungen, weil die Vorklärung in den Jahren 2009 bis 2011 offensichtlich zu deutlich geringeren CSB-Werten geführt hat.
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Aus der Sicht des Gerichts wäre der Antragsgegner jedenfalls bei derart festgestellten Abweichungen von Vorjahreswerten gehalten, weitere Beprobungen des Abwassers durchzuführen (vgl. §§ 13 Abs. 1 Ziffer 3 lit. a KAG LSA, 88 AO). Dies ungeachtet der in § 5 Abs. 2 ZSG vorgesehenen vier Proben pro Jahr. Denn dabei handelt es sich nur um die „Mindestanzahl“ von Proben, die keine Rechtfertigung dafür ist, von weiteren Ermittlungen im Einzelfall abzusehen. Dass die Antragstellerin die mit Schreiben des Antragsgegners vom 06.11.2012 angebotenen Beprobungen nicht wahrgenommen hat, ist unbeachtlich, da sie weder an der Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung des Antragsgegnerin etwas ändert noch geeignet ist, die Ergebnisse der vorausgegangenen Erprobungen zu revidieren bzw. in ein anderes Licht treten zu lassen.
- 33
Lassen die vom Antragsgegner der Festsetzung der Gebühr zugrunde gelegten Berechnungsgrundlagen auch für das Hauptsacheverfahren ihre Annahme eher nicht erwarten, ist die Erhebung eines Starkverschmutzerzuschlages rechtswidrig, weshalb die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 07.03.2013 gegen den Bescheid vom 07.02.2013 in dem beantragten Umfang deshalb anzuordnen ist, weil in der Hauptsache der Bescheid insoweit aufzuheben wäre. Der Bescheid kann vom Gericht auch nicht in einem „gewissen“ Umfang aufrechterhalten, die aufschiebende Wirkung mithin nur teilweise angeordnet werden, wenn und weil es davon ausgehen darf, die CSB-Werte liegen jedenfalls über dem satzungsrechtlichen Grenzwert von 1.000 mg/l. Denn welcher Grenzwert der Gebühr zugrunde zu legen ist, hat der Antragsgegner nunmehr zu schätzen (§§ 13 Abs. 1 Ziffer 4 lit. b) KAG LSA, 162 AO); das Gericht ist hingegen zur Schätzung nicht befugt. Im Rahmen der Schätzung der Berechnungsgrundlagen dürfte dann auch die vorstehend bezeichneten Umstände Berücksichtigung finden können.
III.
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Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner als Unterlegener (§ 154 Abs. 1 VwGO).
- 35
Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für die die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, S. 1327) war von einem Viertel des festgesetzten Starkverschmutzerzuschlages auszugehen.
Tenor
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 15. November 2006 - 1 K 2708/04 - zuzulassen, wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 638,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten, im Gebiet der Stadt L. gelegenen Grundstücks mit der postalischen Bezeichnung M.------straße 00 (Flur 32, Flurstücke 198, 218).
3Laut Straßenverzeichnis der Beklagten soll die Reinigung der Fahrbahn der M.------straße im Rahmen der Straßenreinigung- und Winterwartung durch die Beklagte in einem zwei wöchigen Rhythmus (regelmäßig Freitag, ungerade Wochen, ca. 9.00 Uhr) erfolgen.
4Mit Bescheid über Steuern und sonstige Abgaben vom 30. Januar 2015 zog die Beklagte die Kläger zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren (im Folgenden: Straßenreinigungsgebühren) in Höhe von 21,12 Euro für die M.------straße 00 heran.
5Die Kläger haben dagegen am 2. März 2015 beschränkt auf einen Teilbetrag Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, der Bescheid sei bereits aus formalen Gründen rechtswidrig, da der Bescheidersteller nicht eindeutig benannt werde. Es sei nicht erkennbar, wer die Straßenreinigungsgebühren festsetzende Behörde sei. Ungeachtet dessen sei die Festsetzung der Straßenreinigungsgebühren unangemessen, denn es gebe allein in Streit stehende erhebliche Reinigungsmängel für das Jahr 2015, so dass lediglich eine Festsetzung in Höhe von 20% der derzeit festgesetzten Gebühren -4,23 Euro- beanstandungsfrei sei. Die örtlichen Verhältnisse an der fraglichen Straße führten dazu, dass an allen Tagen der Woche und zu jeder Tageszeit der Straßenrand der Fahrbahn nahezu ständig mit -teilweise unmittelbar gegenüber- parkenden Fahrzeugen belegt sei. Häufig würde sogar ihre Grundstücksein- und -ausfahrt durch hineinragende Fahrzeuge teilweise blockiert. Der Kehrwagen könne diese Stellen dann nicht reinigen. Dies belegten diverse Lichtbilder. Turnusgemäße Reinigungen seien nicht durchgeführt worden, die Übrigen Reinigungen schlecht. Es wäre ohne Weiteres möglich, diese Nicht- oder Minderleistung durch eine straßenverkehrsrechtliche Beschränkung des derzeit freien Parkens zu beheben. Dies wolle die Beklagte bzw. die Stadt L. indes nicht, obwohl ein freier Verkehrsfluss zu gewährleisten sei.
6Die Kläger beantragen sinngemäß,
7den Bescheid der Beklagten über Steuern und sonstige Abgaben vom 30. Januar 2015 insoweit aufzuheben, als Straßenreinigungsgebühren in Höhe von mehr als 4,23 Euro festgesetzt werden.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Sie trägt vor, der Bescheid leide an keinen formalen Mängeln. Es sei Eingangs des Bescheides ausdrücklich darauf hingewiesen und damit erkennbar, welcher öffentlich-rechtliche Träger die jeweiligen Gebühren erhebe. Dies sei für die in Rede stehenden Straßenreinigungsgebühren die Beklagte. Inhaltlich führten am Fahrbahnrand parkende PKW nicht zu einer rechtlich relevanten Minderleistung der Reinigung. Selbst bei einer Vielzahl am Fahrbahnrand parkender Fahrzeuge werde der größte Teil der Straße gereinigt, nämlich die Fahrbahn an sich sowie die nicht beparkten Bereiche. Eine Reinigung der Fahrbahn sei auch stets in regelmäßigen Abständen satzungsgemäß durchgeführt worden. Straßenverunreinigungen in den aufgrund parkender Fahrzeuge nicht gereinigten Teilbereichen hätten unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit und der Hygiene keinesfalls ein nicht mehr hinzunehmendes Maß erreicht. Die teilweise zugeparkte Einfahrt der Kläger führe ebenfalls zu keinem beachtlichen Reinigungsmangel, da Straßenreinigungsgebühren nicht für die Reinigung des Abschnittes konkret vor dem klägerischen Grundstück, sondern für die erschließende Straße insgesamt erhoben würden. Unvollkommenheiten müssten als situationsbezogen hingenommen werden.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen.
12Entscheidungsgründe:
13A. Das Gericht konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung ‑ VwGO ‑).
14B. Die zulässige Klage ist unbegründet.
15Der streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
16I. Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu Straßenreinigungs- und Winterdienstgebühren ist die Satzung der Beklagten über die Straßenreinigung und die Erhebung von Straßenreinigungsgebühren (StrS) vom 15. Dezember 2011. Nach § 5 Satz 1 StrS erhebt die Beklagte für die von ihr durchgeführte Reinigung der öffentlichen Straßen, zu denen ausweislich des Straßenverzeichnisses auch die M.------straße im hier maßgeblichen Abschnitt gehört, Benutzungsgebühren. Gebührenpflichtig sind die Buchgrundstückseigentümer der von der zu reinigenden Straße erschlossenen Grundstücke (§ 7 Abs. 1 StrS).
17II. Formelle Bedenken gegen den Bescheid bestehen nicht, insbesondere ist unschädlich, dass der Bescheidkopf neben der Beklagten (AöR) auch die Stadt L. aufweist. Der von den Klägern der Sache nach angesprochene und gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) Kommunalabgabengesetz NRW -KAG NRW- auf die Festsetzung von Kommunalabgaben anwendbare Nichtigkeitsgrund gemäß § 125 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- greift nicht durch. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt nichtig, der schriftlich erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt. Die Kläger können unter Zuhilfenahme des Fließtextes Eingangs des Bescheides eindeutig ersehen und bestimmbar zuordnen, ob der lediglich formal mehrere Regelungen zweier unterschiedlicher öffentlich-rechtlicher Körperschaften zusammenfassende Bescheid von der AöR (u.a. Straßenreinigungsgebühren) oder der Stadt L. (Grundsteuer) erlassen wurde,
18vgl. Seer, in: Tipke-Kruse, Abgabenordnung, Std.: März 2015, § 125, Rn. 26, § 119, Rn. 19.
19Anderweitige Gründe für eine Nichtigkeit im Sinne der Generalklausel des § 12 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b) KAG NRW i.V.m. § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO, also besonders schwerwiegende offenkundige Fehler, sind nicht ansatzweise erkennbar.
20Weitere Einwendungen gegen die formelle Rechtsmäßigkeit des Bescheides werden nicht vorgebracht, so dass das Gericht auch nicht gehalten war, die Untersuchungsmaxime hier weiter zu bemühen. Diese ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe schon die klagebegründenden Tatsachen finden,
21vgl. zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 18. Juni 2014 - 9 A 534/12, UA S. 4ff.
22III. Der Bescheid ist materiell rechtmäßig. Die Gebührenerhebung ist im angefochtenen Umfange nicht zu beanstanden. Zwar mindert oder erhöht sich die Benutzungsgebühr nach § 8 Abs. 2 StrS vom Beginn des auf die Änderung folgenden Monats, wenn sich die Grundlagen für die Berechnung der Gebühr ändern. Ein derartiger zur Gebührenreduzierung führender Sachverhalt liegt indes nicht vor. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden ausführlichen Erwägungen des Gerichts in der Verfügung an die Kläger vom 11. Juni 2015 Bezug genommen, die sich das erkennende Gericht zu eigen macht. Beachtliche Einwendungen hiergegen haben die Kläger nicht mehr vorgebracht. Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
231. Soweit die Kläger ausführen, eine Reinigung würde überhaupt nicht stattfinden weil das Reinigungsfahrzeug wegen „häufig“ am Fahrbahnrand, einseitig oder beidseitig, parkender Fahrzeuge nicht die Fahrbahn befahren könne, kann dem nicht gefolgt werden. Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts vom 26. Juni 2015 hat die Beklagte mitgeteilt, sie reinige die streitgegenständliche M.------straße 14-tägig. Dies entspricht der im Straßenverzeichnis zu § 2 Abs. 1 StrS festgelegten Reinigungshäufigkeit und ergibt sich auch aus dem Kehrplan der die Reinigung vornehmenden Kehrmaschine (regelmäßig Freitag -ungerade Wochen-, ca. 9.00 Uhr). Ferner gäbe es für das Jahr 2015 keine dokumentierten Reinigungsausfälle. In der Vergangenheit hätte stets die Möglichkeit bestanden, zwischen den parkenden PKW durchzufahren. Diesen Ausführungen treten die Kläger nicht substantiiert entgegen. Zum einen räumen sie selbst von vornherein ein, nicht alle -vermeintlichen- Reinigungsausfälle dokumentiert zu haben (Schriftsatz vom 25. Juni 2015, S. 2), zum anderen sind die von ihnen im Schriftsatz vom 25. Juni 2015, S. 2f. bzw. 30. Juli 2015 dokumentierten Fälle nicht geeignet, die Darlegungen der Beklagten zu erschüttern. Wie bereits in der gerichtlichen Verfügung vom 11. Juni 2015 dargelegt, ist es rechtlich unbeachtlich, dass der Bereich vor der Grundstücksein- und -ausfahrt der Kläger aufgrund dort teilweise parkender PKW nicht gereinigt werden konnte. Dies kann vielmehr als gegeben unterstellt werden. Es kommt allein auf die Reinigung der erschließenden Straße insgesamt an. Ungeachtet dessen belegen von den Klägern gefertigte Lichtbilder (Bl. 110, 123 GA), dass die auf der M.------straße eingesetzte Kehrmaschine (MFH) die Straße trotz dort geparkter Fahrzeuge befahren kann (vgl. auch die entsprechenden Ausführungen in ihrem Schriftsatz vom 13. Juli 2015, S. 2f. und vom 30. Juli 2015). Schließlich sprechen die Kläger im Rahmen ihrer Aufzählung von vermuteten Reinigungsausfällen selbst davon, bei am Fahrbahnrand parkenden Kfz könne noch ein weiterer PKW -wenn auch ihrer Ansicht nach „kaum“- durchfahren. Woraus dann die Folgerung gezogen wird, eine Kehrmaschine könne „erst recht“ nicht mehr durchfahren, erschließt sich nicht. Die die M.------straße regelmäßig befahrende Kompaktkehrmaschine weist laut Zulassungsbescheinigung Teil 1 (Ziff. 19) eine Breite von 1,90m auf. Damit ist sie nicht wesentlich breiter (ca. 10 cm) als gerichtsbekannte handelsüblich PKW der Kompakt-/Mittelklasse (z.B. VW Golf). Abgesehen davon hat die Beklagte mitgeteilt -was die Kläger hier nicht substantiiert bestreiten-, das Kehrfahrzeug könne zusätzlich noch von der jeweils anderen Seite der M.------straße an ein Durchfahrtshindernis heranfahren, wenn in einem Einzelfall ein einfaches Durchfahren der Straße nicht möglich wäre. Dadurch würde auch der überwiegende Teil bis zu dem Hindernis gereinigt. Nur am Rande wird angemerkt, dass die Daten der Lichtbildaufnahmen der Kläger ebenso wie die in den vorzitierten Schriftsätzen angeführten Daten von vermeintlichen Reinigungsausfällen im Jahre 2015 ohnehin bis auf den 3. und 17. Juli 2015 nicht auf den Reinigungstag nach dem Kehrplan (ungerade Freitage) bezüglich sind und schon daher nicht aussagekräftig hierfür wären. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen gibt es auch keine Notwendigkeit -wie die Klägern meinen- von Amts wegen bei der Stadt L. zu eruieren, in welchem Umfange in der M.------straße eine Überprüfung der geparkten Fahrzeuge auf verkehrsbehinderndes Parken stattgefunden habe und welche Verstoßanzahl im Jahre 2015 dabei festgestellt wurde. Denn wie oft unter Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung oder sonstige Regelungen dort geparkt worden ist, ist nicht entscheidungserheblich, da daraus kein Rückschluss auf den behaupteten Reinigungsausfall oder sonstige Mängel gezogen werden kann.
242. Ebenso sind keine beachtlichen Reinigungsmängel erkennbar. Die Reinigung der Hauptverkehrsfläche ist regelmäßig hinreichend zur Wahrung des vollen Gebührenanspruches, weil sie die Fahrbahn wie hier in einen sauberen und der Verkehrssicherheit entsprechenden Zustand versetzt. Auch werden nur der gegebenen Situation entsprechende Reinigungsbemühungen geschuldet, so dass Unzulänglichkeiten der Reinigung, die auf die bestehenden Verkehrsverhältnisse zurückzuführen sind, als grundsätzlich situationsbedingt hingenommen werden müssen. Diese Betrachtungsweise trägt dem Umstand Rechnung, dass vor allem in Städten häufig parkende Autos oder andere Hindernisse die Reinigungsbemühungen erschweren und eine umfassende Straßenreinigung aller Teilbereiche daher schon aus tatsächlichen Gründen nicht erfolgen kann,
25vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 13. Januar 2010 – 9 LA 205/08 –, juris Rn. 6.
26Ungeachtet dessen sind aber auch bei den im gesamten Verfahren von den Klägern vorgelegten Lichtbildern betreffend die M.------straße nicht im Ansatz erhebliche Verschmutzungen und damit Reinigungsmängel auf größeren und beachtlichen Teilbereichen der Fahrbahn erkennbar. Bei Betrachtung der eingereichten Lichtbilder ergeben sich keinerlei gravierende, gar unter dem hier maßgeblichen Aspekt der Verkehrssicherheit und Hygiene -insoweit ist eine reine Betrachtung nach dem Umfang der gereinigten Fahrbahnfläche nur ein zusätzliches Kriterium bei der Würdigung- ein nicht mehr hinzunehmendes Maß erreichende, Mängel (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 StrS). Dies gilt einmal abgesehen davon, dass lediglich die Aufnahmen vom 3. und 17. Juli 2015 (Bl. 109, 123 GA) unmittelbar nach der Straßenreinigung gefertigt wurden und eine offenkundig nicht zu beanstandende Reinigungsleistung zeigen, erst recht bei Betrachtung der entsprechenden elektronischen Datei des dann farbigen Lichtbildes Bl. 109 GA. Sofern überhaupt Verunreinigungen auszumachen sind, handelt es sich um im Rahmen des verkehrsüblichen hinzunehmende. Dies schließt auch den -partiell dokumentierten- unstreitig sichtbaren Grünbewuchs im Rinnstein zwischen den jeweiligen Fugen ein. Dieser hat, selbst wenn er an der konkreten Stelle kausal auf eine nicht ordnungsgemäße Reinigung zurückzuführen wäre, jedenfalls kein nach den vorgelegten Lichtbildern der Kläger derart flächiges Ausmaß erreicht, welches nach dem obigen Maßstab beachtlich zu nennen wäre. Zustände, die eine das Äquivalenzprinzip missachtende Störung der satzungsgemäßen Reinigung der M.------straße darstellen würden, haben die Kläger daher nicht vorgetragen und sie sind schlussendlich auch nicht ersichtlich.
27Einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des Mitarbeiters der Beklagten, der die Kehrmaschine am 3. Juli 2015 (Fotodokumentation der Kläger, Bl. 110 GA) fuhr, bedurfte es nicht, denn die im Schriftsatz vom 13. Juli 2015 (dort Ziff. 1, S. 1f.) insoweit unter Beweis gestellten Angaben können -soweit sie nicht ohnehin bereits durch die Fotodokumentation der Kläger als erwiesen gelten- als wahr unterstellt werden, da sie aus den zuvor dargelegten Gründen zu keiner anderen Beurteilung führen würden. Eine weitere Beweisaufnahme war ebenso nicht geboten. Insbesondere nicht -entgegen der Ansicht der Kläger im vorzitierten Schriftsatz (dort Ziff. 3, S. 3)- darüber, was die Fahrer der Kehrmaschinen unter einem Reinigungsmangel verstünden. Denn zum einen haben die Kläger schon keinen tauglichen Beweisantrag formuliert indem sie keine hinreichend bestimmte Beweistatsache zur Klärung gestellt haben (vgl. § 98 VwGO i.V.m. § 373 Zivilprozessordnung -ZPO-), zum anderen handelt es sich bei der Frage, ob eine (beachtliche) Schlecht- oder Minderleistung der Straßenreinigung vorliegt, um eine nicht dem Beweis zugängliche Rechts- und nicht eine Tatfrage. Im Verfahren steht nicht in Streit, dass -wie von den Klägern selbst unstreitig mit Lichtbildern belegt- Fahrzeuge in der M.------straße parken. Lediglich streitgegenständlich ist, ob hieraus rechtlich hinreichend beachtliche Mängel der Reinigung folgen, die den Gebührenanspruch teilweise entfallen ließen. Die Auslegung von Rechtsbegriffen ist aber ureigenste Aufgabe des Gerichts.
28C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2, 711 ZPO.
29Die Berufung war nicht von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO nicht vorliegen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.