Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 14. Apr. 2015 - 9 B 147/15
Gründe
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Die Antragsteller wenden sich mit ihrem - gleichzeitig mit der Klage - am 17.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 29.01.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung des Antragstellers nachPolen angeordnet wurde.
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Der zulässige Antrag,
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die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 29.01.2015 anzuordnen,
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ist unbegründet.
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1.) Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
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Wegen §§ 27 a, 34 a AsylVfG ist im Rahmen einer Interessenabwägung vorrangig zu beurteilen, ob das Land, auf welches die Abschiebungsanordnung lautet für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist bzw. ob diese Zuständigkeit ausnahmsweise wegen systemischer Mängel im Asyl- oder Aufnahmeverfahren in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen sein könnte.
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Die Klage gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrages sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylVfG). Die aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 34 a Abs. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Ziffer 3, Abs. 5 VwGO durch das Gericht angeordnet werden. Die Antragsfrist von einer Woche (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) ist eingehalten.
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2.) Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005.04, juris); § 36 Abs. 4 AsylVfG findet keine Anwendung.
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Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, B. v. 14.07.2014, A 1 K 254/14). Dies ist der Fall, wenn ernst zu nehmende, hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Umstände bestehen. Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).
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3.) Diese Anforderungen an die gerichtliche Eilentscheidung gestellt, kann vorliegend nicht mit der für das Eilverfahren notwendigen Gewissheit ausgeschlossen werden, dass die so von der Antragsgegnerin angenommene Zuständigkeit Polens wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Anders gewendet: Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des Selbsteintritts (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) ist vielmehr auszuschließen. Das Hauptsacheverfahren ist insoweit gerade nicht als offen im oben erörterten Sinne anzusehen.
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a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).
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Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014, 10 A 10656/13, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014, 3 B 6802/13, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichter der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, der der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, 1 A 21/12, juris).
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Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.
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Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die dem zugrunde liegende Umstände in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, B. v. 16.06.2014, 13 L 141/14, juris).
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Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014, 10 B 6.14, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, B. v. 14.03.2013. 4 L 44/13, juris; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, alle juris; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
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b.) In Ansehung dessen folgt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, dass bezüglich Polens zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylVfG [analog]) keine ernst zu nehmenden oder hinsichtlich ihrer Schwere noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel bestehen. Dies ergibt die Recherche in den einschlägigen Datenbanken. Ebenso in jüngerer Zeit: VG Düsseldorf, Beschluss v, 02.03.2015, 17 L 2510/14.A; VG Aachen, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 6 L 895/14.A -, juris Rn. 14ff.; VG München, Beschluss vom 29. Dezember 2014 - M 16 S 14.50532 -, juris Rn. 13; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -, juris Rn. 11ff., alle m.w.N.
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Dabei ist zunächst festzustellen, dass es Internet nahezu keine verwertbaren Informationen zu den Begrifflichkeiten „Polen systemische Mängel, Dublin“ auffindbar sind. Weder vom UNHCR noch von Amnesty International oder sonstigen Flüchtlingshilfeorganisationen sind überhaupt Dokumente auffindbar. Bereits diese Tatsache der fehlenden Veröffentlichungen im Internet, lässt den Schluss zu, dass die „systemischen Mängel“ gerade nicht zu verzeichnen sind. Denn ansonsten wären mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Informationen erhältlich. Für diesen Rückschluss spricht, dass Informationen und Dokumente zu den Ländern in denen „systemische Mängel“ zu verzeichnen sind oder waren, wie Griechenland, Italien, Bulgarien und Ungarn, massig im Netz auffindbar sind und die Rechsprechung darauf reagiert hat. Seitens der Rechtsprechung sind ausnahmslos Entscheidungen auffindbar, die die EU-Konformität Polens annehmen und das Selbsteintrittsrecht Deutschlands verneinen, wenngleich diese Entscheidungen eine tiefere Begründung vermissen lassen, was wegen der Offensichtlichkeit aber auch nicht notwendig ist (vgl.: oben angegebene Rechtsprechung).
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Schließlich besteht das Selbsteintrittsrecht auch nicht aufgrund sonstiger humanitärer Gründe oder aufgrund nationaler Abschiebungsverbote. Soweit sich die Antragsteller auf die notwendige Unterstützung ihrer in Deutschland im Asylverfahren befindlichen alten und kranken Eltern berufen, gilt nichts anderes. Eine entsprechende Zuständigkeit ergibt sich nicht aus Art. 16 Abs. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 3 Dublin-III-VO. Denn die Antragsteller haben erstmals und damit verspätet im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens dazu vorgetragen.
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Nichts anderes ergibt sich aus Art. 6 GG. Danach hat die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind. Bei der erforderlichen Abwägung aller für und gegen den weiteren Aufenthalt sprechenden Gesichtspunkte kommt es unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes maßgeblich darauf an, ob die Folgen der Beendigung des Aufenthalts im Hinblick auf die schutzwürdigen familiären Belange nicht mehr hinnehmbar sind (Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. Mai 2011 - 2 BvR 2625/10 -, juris, Rn. 13 ff., vom 27. August 2010 - 2 BvR 130/10 -, NVwZ 2011, 35 = juris, Rn. 40 ff., und vom 4. Dezember 2007 2 BvR 2341/06 -, Inf-AuslR 2008, 239 = juris, Rn. 6 ff).
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Art. 8 EMRK vermittelt ebenfalls keinen unmittelbaren Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht. Jeder Staat hat nach dem Völkerrecht und gemäß seinen vertraglichen Verpflichtungen die Befugnis, Einreise und Aufenthalt von Fremden in seinem Territorium zu regeln. Die Konvention garantiert Fremden nicht das Recht, in ein bestimmtes Land einzureisen oder sich dort aufzuhalten. Allerdings muss der Vertragsstaat bei Maßnahmen, die einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK darstellen, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Der Staat muss ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Immigration betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab (Vgl. EGMR, Urteile vom 31. Juli 2008 - 265/07 - (Omoregie), InfAuslR 2008, 421, und vom 28. Juni 2011 - 55597/09 - (Nunez).
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Ausgehend von diesen - im Wesentlichen gleiche Anforderungen stellenden - Maßstäben erweist sich die Abschiebung der Antragsteller nicht als rechtlich unmöglich. Denn es ist bereits nicht nachgewiesen, dass die Eltern als anerkannte Flüchtlinge ein (dauerhaftes) Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet besitzen. Die vorgelegten Bescheide beziehen sich nicht auf die Eltern sondern auf weitere Familienmitglieder, um die es vorliegend nicht geht. Weiter sind den vorgelegten Unterlagen sicherlich Erkrankungen der Eltern zu entnehmen. Eine zwingende Versorgung durch die Antragsteller und dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden könnte, sodass ihnen das Verlassen Deutschlands nicht zumutbar wäre, ergibt sich daraus nicht (Vgl. hierzu: BVerfG, Beschlüsse vom 17. Mai 201 - 2 BvR 2625/10 -, juris, Rn. 15, und vom 18. April 1989 - 2 BvR 1169/84 -, BVerfGE 80, 81 = juris, Rn. 44).
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4.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG. Der Prozesskostenhilfeantrag war mangels Erfolgsaussichten abzulehnen.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 14. Apr. 2015 - 9 B 147/15 zitiert oder wird zitiert von 14 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C. aus E. wird abgelehnt.
1
Gründe:
2Der am 29. Oktober 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 7067/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 22. Oktober 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2 des Bescheides die Abschiebung nach Polen angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 17 L 1194/14.A –, juris Rn. 5; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 4548/12.A –, juris Rn. 15 ff.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 7067/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 29. Oktober 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe -hier: Zustellung am 24. Oktober 2014- erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Polen ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ‑ hier: Polen ‑ die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
16vgl. angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2897/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 ‑ 17 L 1194/14.A –, juris Rn. 14; so auch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit. f Dublin III VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft – wie hier die Antragsteller in Polen mit Entscheidung vom 4. Oktober 2013 – oder den subsidiären Schutzstatus erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Der Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller auf Art. 9 Dublin III VO geht aufgrund der Unanwendbarkeit der Verordnung ebenso ins Leere. Für die begehrte Analogie dieser Norm ist gleichfalls kein Raum, da es jedenfalls an einer vergleichbaren Interessenlage dieser geregelten mit der nicht entsprechend geregelten hiesigen Fallgestaltung fehlt. Denn die Dublin Verordnung bestimmt von ihrem Normzweck her (allein) Kriterien und Verfahren für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates für die noch bevorstehende Prüfung des Asylantrages (zu der auch die Regelung des Art. 9 Dublin III VO zählt), während nach erfolgter Flüchtlingsanerkennung -wie hier- die Grundsätze der Inländergleichbehandlung mit entsprechend anderen Regelungsregimen gelten. In letzterem Falle ist nur noch maßgeblich, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird, was keine im Wesentlichen gleiche oder gar überhaupt vergleichbare Interessenlage des zu entscheidenden Falles mit dem in Art. 9 Dublin III VO geregelten zu begründen vermag. Weshalb im Übrigen der zugesprochene Schutzstatus als anerkannter Flüchtling eine Schlechterstellung -in welcher Art und Weise auch immer- gegenüber noch nicht einen gesicherten Aufenthaltsstatus genießenden Asylbewerbern mit sich bringen soll, erschließt sich auch nicht. Sollte der gegebene Fall noch nach dem Regime der Dublin II VO (vgl. Art. 49 Abs. 2 der Dublin III VO) zu beurteilen sein, folgte nichts anderes, denn jedenfalls auf Personen mit einem -wie hier- anerkannten Flüchtlingsstatus wäre die Vorgängerverordnung aus denselben dargelegten Erwägungen nicht anwendbar,
18vgl. zu den entsprechenden Normen VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. November 2014 ‑ 17 L 2404/14.A, n.V.; VG Düsseldorf, Urteil vom 17. Februar 2015 - 17 K 6764/14.A, n.V. jew. zum subsidiären Schutz.
19b. Polen ist nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union jedenfalls für die Fälle des Antragstellern gewährten internationalen Schutzes ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
20aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
21vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris Rn. 181.
22Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die ‑ freilich widerlegbare ‑Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
23vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
24Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
25vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
26Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
27Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
28vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
29Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
30Dass die Verhältnisse in Polen diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
31Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist nach den aktuellen Erkenntnissen gegeben. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
32Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
33Danach ist im Hinblick auf Polen zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen verbesserungswürdig sind und es zu den vom Prozessbevollmächtigten in der Antragsschrift vom 29. Oktober 2014 beschriebenen einzelnen Missständen bei der Gewährung etwa von Sozialhilfeleistungen kommen mag. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Polen derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten, denn nicht jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften der europäischen Gemeinschaft stellt gleichsam schon eine relevante Verletzung der EMRK dar,
34vgl. OVG NRW, Beschluss vom 29. Januar 2015 - 14 A 134/15, juris, Rn. 15, zu Bulgarien.
35Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Polen ausgesetzt sind, derzeit nicht. Etwas anderes haben die Antragsteller auch nicht glaubhaft dargelegt, ihr Prozessbevollmächtigter benennt keine objektivierbaren Erkenntnisse oder tatsachengestützte Informationen, aus denen sich für anerkannte Flüchtlinge in Polen solche ergeben sollen.
36Erkenntnisse darüber, dass anerkannte Flüchtlinge nicht die gleichen Rechte wie polnische Staatsbürger, insbesondere einen Anspruch auf Sozialleistungen, hätten, sind aber auch nicht ersichtlich,
37vgl. Entwurf eines Berichts des Ausschusses des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Besuch [April 2008] in Polen, S. 9.
38Die Gesellschaft für bedrohte Völker schildert in ihrem -allerdings vorwiegend die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen betreffenden- zusammenfassenden Bericht, es gebe individuelle Integrationsprogramme für Flüchtlinge. Zahlreiche Beobachter wiesen darauf hin, die Umsetzung der Programme funktioniere nur mängelbehaftet, vor allem weil deren Mitarbeiter wenig geschult im Umgang mit anderen Kulturen seien. Ferner gebe es einen Mangel an Wohnraum,
39vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen. Menschenrechtlicher Aspekt, Januar 2011, S. 9,
40Diesen konstatiert auch der UNHCR in seinem Bericht aus dem Jahr 2013 für Schutztitelinhaber. Günstigen Wohnraum zu finden sei äußerst schwierig, es gebe auch nur knappe finanzielle Leistungen,
41vgl. UNHCR “Where is my home?” - Poland, 2013, S. 8ff.
42Die recht hohe Arbeitslosigkeit in Polen, gerade in den ländlichen Gebieten, ließe zudem Ausländern keine Chance, sich schnell und erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, wodurch die Menschen in eine prekäre Lage versetzt würden,
43vgl. Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen. Menschenrechtlicher Aspekt, Januar 2011, S. 9f.
44Inhaber des Flüchtlingsschutzes hätten aber ohne Weiteres, trotz der geschilderten Schwierigkeiten eine Beschäftigung zu finden, das Recht zu arbeiten,
45vgl. United States Department of State: „Country Reports on Human Rights Practices for 2012” - Poland, S. 13; ebenso der entsprechende Bericht 2013, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, country report poland, aufger. am 27. Februar 2015.
46Nach polnischem Recht hätten Ausländer auch den gleichen Anspruch auf medizinische Hilfe, selbst bei psychischen Problemen, wie die polnischen Staatsbürger und zwar auf der gleichen Grundlage und im gleichen Umfange. In der praktischen Handhabung möge es indes so sein, dass sie seltener an einen Facharzt überwiesen würden, was indes auch auf den allgemeinen Mangel an solchen Ärzten zurückgeführt werden könne,
47vgl. Entwurf eines Berichts des Ausschusses des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Besuch [April 2008] in Polen, S. 10.
48Neuere Erkenntnisse, die von einer in Bezug auf die vorigen Ausführungen relevanten Verschlechterung der Lage anerkannter Flüchtlinge in Polen ausgingen, sind nicht ersichtlich.
49In den vorbezeichneten Defiziten ist eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nicht zu erkennen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
50vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249.
51Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
52vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
53Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
54vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
55Die Antragsteller müssen sich daher auf den in Polen für alle polnischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
56vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
57Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Polen ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Pro Asyl oder der Gesellschaft für bedrohte Völker nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes,
58vgl. einen systemischen Mangel aufgrund der Auswertung der diesbezüglichen Erkenntnisse für Asylsuchende in Polen verneinend etwa: VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. August 2013 ‑ 17 L 1406/13.A ‑, juris; VG Aachen, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 6 L 895/14.A -, juris Rn. 14ff.; VG München, Beschluss vom 29. Dezember 2014 - M 16 S 14.50532 -, juris Rn. 13; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -, juris Rn. 11ff., alle m.w.N.
59bb. Die Antragsteller gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
60Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der jeweiligen Antragsteller liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob es sich bei den Antragstellern um Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU handelt und sie gemäß Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurden.
61Beachtliche, in der Person der Antragsteller liegende Gründe von einer Überstellung nach Polen abzusehen, wo sie sich nach eigenen Angaben bereits etwa eineinhalb Jahre vor der Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland aufgehalten haben, liegen nicht vor. Bei ihnen handelt es sich um eine Familie, bestehend aus einem erwachsenen etwa 31 Jahre alten Mann, seiner 29 jährigen Ehefrau, den Antragstellern zu 1. und 2., und ihren zwei minderjährigen, fast fünf sowie drei Jahre alten Kindern, den Antragstellern zu 3. bis 4. Aktuelle Erkrankungen oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen hinsichtlich der Antragsteller zu 1., 3. und 4. sind weder vorgetragen noch aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich. Die Antragstellerin zu 2. gab bei ihrer Anhörung am 22. September 2014 lediglich an, sie habe „zuletzt eine Nervenkrankheit und Probleme mit Händen und Füßen“ gehabt. Trotz Ankündigung des Prozessbevollmächtigten in der Antragsschrift vom 29. Oktober 2014, für sie in Kürze ein Attest über Erkrankungen vorzulegen, ist ein solches bislang nicht dargebracht worden und ein entsprechendes auch aus den beigezogenen Akten nicht ersichtlich. Eine Erkrankung -welcher Art und Schwere auch immer- ist daher schon nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht weist jedoch vorsorglich darauf hin, sollte mit der „Nervenkrankheit“ etwa eine psychische Erkrankung, beispielsweise in Form einer depressiven Symptomatik oder einer posttraumatischen Belastungsstörung gemeint sein und würde diese als gegeben unterstellt, auch nicht nachvollziehbar vorgetragen ist, sie wäre in Polen nicht behandelbar. Entsprechendes wäre nach der derzeitigen Erkenntnislage aber zudem nicht ersichtlich. Mangels gegenteiliger durchgreifender Erkenntnisse ist der Zugang zur Gesundheitsversorgung in Polen für Inhaber internationalen Schutzes, trotz der zumutbaren praktischen Erschwernisse bezüglich des ‑ auch die polnische Staatsangehörigen gleichermaßen betreffenden ‑ Behandlungs- und Medikamentationsstandards grundsätzlich hinreichend gewährleistet,
62vgl. Entwurf eines Berichts des Ausschusses des Europäischen Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres über den Besuch [April 2008] in Polen, S. 10; BT-Drs. 17/14795, S. 5f. (Auskunft der Liaisonbeamtin in Polen); siehe im Übrigen zur grundsätzlich bereits hinreichenden medizinischen Versorgung schon im Asylverfahren VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. August 2013 ‑ 17 L 1406/13.A ‑, juris; VG Aachen, Beschluss vom 30. Januar 2015 - 6 L 895/14.A -, juris Rn. 14ff.
63Im Übrigen lassen die Ausführungen der Antragsteller eine sonstige besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen.
64Im Hinblick auf die beiden minderjährigen Antragsteller zu 3. und 4. kann den bei der Durchführung von Überstellungen in sichere Drittstaaten vor dem Hintergrund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkten des Kindeswohls und der Familieneinheit,
65vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
66durch die Aufnahme eines Maßgabevorbehaltes (siehe A. II. 2. b.) in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden.
67cc. Schließlich liegt auch keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
68vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
69Weder drohte den Antragstellern in Polen die Todesstrafe, noch bestünde die erhebliche konkrete Gefahr, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach dort Opfer eines Verbrechens würden, welches zu verhindern nicht in der Macht Polens stünde. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Polen selbst zum Verfolgerstaat werden würde.
702. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung – unter Berücksichtigung des unter b. ausgesprochenen Maßgabevorbehaltes – durchgeführt werden kann.
71a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Antragsteller besteht in Polen keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
72Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
73vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.5 –, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 ‑ 9 C 58.96 –, juris Rn. 13.
74Eine solche Verschlechterung kann zwar grundsätzlich infolge einer schweren psychischen Erkrankung eintreten, diese hat die Antragstellerin zu 2. aber nicht dargelegt. Abgesehen davon liegen derzeit – wie bereits ausgeführt – auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, eine gegebenenfalls erforderliche Behandlung von psychischen Störungen oder einer weiteren Erkrankung der Antragstellerin -diese einmal als gegeben unterstellt- sei in Polen nicht hinreichend gewährleistet.
75Im Übrigen müssen sich die Asylbewerber bzw. -hier- anerkannt Schutzberechtigten grundsätzlich auf den Behandlungs- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
76vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris.
77b. Im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hat das Bundesamt neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch zu prüfen, ob der Abschiebung inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegenstehen,
78vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4.
79Ein solches in Form einer Reiseunfähigkeit liegt vor, wenn krankheitsbedingt schon keine Transportfähigkeit besteht oder wenn mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten ist, dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge ihrer wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern werde,
80vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris; vgl. ausf. OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 B 910/10, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2008 - 18 B 538/08, juris; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2006 ‑ 18 A 916/05, juris, jew. m.w.N.
81Dies ist indes nicht der Fall. Mangels vorgelegtem Attest über eine Erkrankung der Antragstellerin zu 2., verbleibt es für die vorgetragene Reiseunfähigkeit bei einer bloßen Behauptung. Ungeachtet dessen gibt es keinerlei Anhaltspunkte, den vorbezeichneten Gefahren könnte nicht im Rahmen der Rückführungsmaßnahme jedenfalls durch Begleitmaßnahmen wirksam begegnet werden,
82vgl. dazu ausf. VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 - 17 K 2897/14.A -, juris.
83Für sonstige Abschiebungshindernisse ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84Es kann allerdings in Einzelfällen geboten sein, notwendige Vorkehrungen zu treffen, damit eine grundsätzlich zulässige Abschiebung verantwortet werden kann. Insbesondere im gegebenen Fall der Rückführung in sichere Drittstaaten können die betroffenen Ausländer – anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Existieren belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer in dem sicheren Drittstaat, hat die für die Abschiebung zuständige Behörde dem daher angemessen Rechnung zu tragen,
85vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris, zur Rückführung von Inhabern internationalen Schutzes nach Italien.
86Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter bestehen in Anbetracht eines Mangels an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum gegenwärtig auch für Polen,
87vgl. UNHCR “Where is my home?” - Poland, 2013, S. 8ff.
88Demgemäß hat die Antragsgegnerin in Ansehung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
89vgl. -zu Italien- BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
90bei Rücküberstellungen nach Polen eingedenk der grundrechtlichen Verbürgungen des Kindeswohls und der Familieneinheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 GG) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den polnischen Behörden sicherzustellen, dass der Übergang in eine gemeinsame gesicherte Unterkunft gewährleistet ist und die Familie nicht getrennt wird, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen. Diese Rechtsprechung ist auf Kinder, die jedenfalls noch nicht das sechste Lebensjahr vollendet und damit in der Regel hiesig das schulpflichtige Alter noch nicht erreicht haben, zu übertragen, denn auch solche Kinder sind grundsätzlich ebenso noch in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesen und damit gleichermaßen schutzbedürftig,
91vgl. insoweit auch undifferenzierter für Minderjährige, die älter als drei Jahre sind, jüngst EGMR, Urteil vom 4. November 2014 - Az.: 29217/12 -, betreffend Italien.
92Bei der Rückführung der Antragsteller zu 1. und 2. sowie ihrer zwei minderjährigen, fast fünf sowie drei Jahre alten Kinder, der Antragsteller zu 3. bis 4., hat die Antragsgegnerin daher die Maßgabe zu beachten, vor einer Abschiebung nach Polen in Abstimmung mit den dortigen Behörden sicherzustellen, dass für die Antragsteller unmittelbar nach Ankunft in Polen der Übergang in eine gemeinsame gesicherte Unterkunft gewährleistet ist und die Familie nicht getrennt wird.
93B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
94C. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten im Verfahren der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung.
95Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage gleichen Rubrums 6 K 2553/14.A gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 18. Dezember 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber nicht begründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Dezember 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 75 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bedeutsam sind für die vorzunehmende Interessenabwägung in erster Linie die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren. Das Interesse des Antragstellers überwiegt regelmäßig, sofern der angegriffene Bescheid offensichtlich rechtswidrig ist. Ist er offensichtlich rechtmäßig, überwiegt dem gegenüber das Interesse der Allgemeinheit an seiner Vollziehung. Wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen sind, hat eine weitere Interessenabwägung im Sinne einer Folgenbetrachtung stattzufinden.
6Vorliegend überwiegt das Vollziehungsinteresse der Allgemeinheit. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) vom 18. Dezember 2014, mit dem das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung des Antragstellers nach Polen angeordnet hat (Ziffer 2.), erweist sich bei der der gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Durchführung seines Asylverfahrens in der Bundesrepublik Deutschland.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht (§ 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG).
8Nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, vom 26. Juni 2013 (sog. "Dublin III-Verordnung") ist die Republik Polen der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat.
9Zuständig für ein Asylbegehren, das von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird (Art. 3 Abs. 3 Dublin III-VO), ist grundsätzlich der Mitgliedstaat, in dem nach Einreise in die Europäische Union erstmalig ein Antrag gestellt worden ist. Sucht ein Antragsteller von dort aus einen weiteren Mitgliedstaat auf und stellt dort einen weiteren Antrag, so ist bzw. bleibt grundsätzlich der Mitgliedstaat der ersten Antragstellung zuständig (Art. 13 Dublin III-VO).
10Diese Verpflichtung hat die Republik Polen hinsichtlich der Person des Antragstellers, der eigenen Angaben zufolge über Polen in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist, mit Schreiben vom 11. Dezember 2014 ausdrücklich anerkannt.
11Ein Mitgliedstaat kann sich gegenüber dem Asylsuchenden nur dann nicht auf die dargelegten Zuständigkeitsregelungen berufen, wenn hinsichtlich des (erst‑)zuständigen Mitgliedstaats nicht unbekannt sein kann, dass er die Beachtung und Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK - vom 28. Juli 1951 (BGBl. 1953 II S. 560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II S. 953) sowie der Richtlinien 2003/09, 2004/83 und 2005/85 nicht sicherstellt, wobei allerdings nicht bereits der geringste Verstoß hiergegen zur Unvereinbarkeit mit den Regelungen der Dublin III-Verordnung führen kann, sondern es sich um einen systemischen Mangel handeln muss.
12Vgl. Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10, C-411/10, C-493/10 -, zur Vorgängerregelung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-Verordnung), juris.
13Solche Mängel, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen, treffen den Einzelnen nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Annahme systemischer Mängel setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Ist diese Annahme begründet, scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus.
14Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris Rn. 9.
15Durchgreifende Anhaltspunkte für mögliche erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Polen sieht das Gericht in Übereinstimmung mit der in der Rechtsprechung weit überwiegend vertretenen Auffassung nicht.
16Vgl. Verwaltungsgericht (VG) Aachen, u.a. Beschlüsse vom 12. Dezember 2014 - 8 L 752/14.A - und vom 18. Juni 2014 - 8 L 357/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -; VG Göttingen, Beschlüsse vom 8. Mai 2014 ‑ 2 B 145/14 und vom 7. März 2014 ‑ 2 B 55/14 ‑; VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Februar 2014 ‑ 5 K 651/13.WI.A ‑; VG Leipzig, Beschluss vom 17. Februar 2014 - A 6 L 26/14 -; VG Köln, Urteil vom 23. Januar 2014 ‑ 1 K 4245/13.A ‑, alle eingestellt in die Rechtsprechungs-Datenbank NRWE (abrufbar unter http://www.nrwe.de).
17Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die Kammer insoweit auf die Gründe des angefochtenen Bescheides, die sie auch im Hinblick auf den vom Antragsteller - allerdings ohne nähere Begründung - zitierten "Bericht des UNHCR aus dem Jahre 2013" (gemeint wohl: Bericht des UNHCR "Where is my home? Homelessness and Access to Housing among Asylum-seekers, Refugees and Persons with International Protection in Poland" - Warschau 2013) für zutreffend hält (§ 77 Abs. 2 AsylVfG).
18Die vom Antragsteller zusätzlich angeführten gesundheitlichen Einschränkungen (Tachykardie und Depression bzw. posttraumatische Belastungsstörung) führen zu keiner anderen Einschätzung. Dass und ggf. warum dem Antragsteller aus den angeführten gesundheitlichen Gründen eine Rückkehr nach Polen, wo er zuvor seinen Asylantrag gestellt hat, unzumutbar sein soll, ist den vorgelegten Attesten bzw. Arztberichten nicht zu entnehmen.
19Es ist nicht zu befürchten, dass der Antragsteller, was die Behandlung der depressiven Episoden und einer etwaigen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) angeht, die nach dem Arztbericht vom 7. Januar 2015 wohl auch ursächlich für die Herzbeschwerden des Antragstellers sein dürfte ("Sinustachykardie i.R. einer Panikattacke dd posttraumatischer Belastungsreaktion"), auch in Polen nicht hinreichend betreut wird. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Bescheid des Bundesamts Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Weiterhin ist Folgendes festzustellen:
20Die Asylsuchenden in Polen werden in den verschiedenen Verfahrensschritten, wenn nötig, durch Sozialarbeiter begleitet.
21Vgl. Länderreport 2013 des State Department (USA) zur Menschenrechtspraxis in Polen, 19. April 2013.
22Sie erhalten schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische in Anspruch zu nehmen. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es - wie auch in deutschen Unterkünften - Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann.
23Vgl. Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) "Migration is not a crime", 2013.
24Auch nach dem Bericht "Migration is not a crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners" ist die medizinische Versorgung Asylsuchender in Polen gewährleistet, einschließlich der Möglichkeit, ärztliche Behandlung außerhalb der Asylzentren zu finden.
25Vgl. auch VG Saarlouis, Beschluss vom 24. Juni 2013 - 6 L 839/13 -, juris Rn. 5; VG Schleswig, Beschluss vom 27. August 2013 - 1 B 43/13 -, juris Rn. 32 f.
26Nach der Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes in Polen von April 2013 (wiedergegeben in BT-Drucks. 17/14795, S. 5 ff.) sind die medizinische Versorgung und die psychologische Betreuung kostenlos und durch qualifiziertes Personal sichergestellt. Die medizinische Versorgung gleicht derjenigen, die polnischen Staatsangehörigen zukommt, und steht für alle Asylsuchenden offen, unabhängig davon, in welcher Art von Einrichtung sie leben. Erklärt ein Betroffener, er sei Opfer von psychischer oder physischer Gewalt geworden, wird er vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieser begutachtet ihn im Beisein eines Dolmetschers und verfasst eine Stellungnahme, ob der Betroffene unter einer PTBS leidet. Der Psychologe kann je nach dem Ergebnis der Stellungnahme auch an der folgenden Anhörung im Flüchtlingsverfahren teilnehmen. Nach Feststellung einer PTBS informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Einrichtung. Der Zugang zu dem Psychologen ist kostenlos und es gibt keine festgelegte Anzahl an Gesprächen. Auch eine Überweisung an einen Psychiater ist möglich. Alle Informationen zum Zugang zu Psychologen erhalten Asylsuchende in den Aufnahmeeinrichtungen.
27Diese Einschätzung der Liaisonbeamtin des Bundesamtes stimmt mit anderen verfügbaren Stellungnahmen überein. Der Bericht des U.S. Department "Poland 2013, Human Rights Report" vom 22. April 2014 beschreibt eine zufriedenstellende medizinische Basisversorgung, auch wenn teilweise von langen Wartezeiten für die Konsultierung von Spezialisten berichtet werde (S. 13 des Reports). Auch der aktuelle Bericht von "aida - Asylum Information Database, National Country Report Poland" von der Helsinki Foundation for Human Rights und der Bericht des European Council on Refugees and Exiles von Juni 2014 beschreiben den generellen Zugang zu medizinischer und psychologischer Hilfe inklusive der Überweisung zu einem Spezialisten (S. 49 f. und 56 ff. des Berichts). Sofern das größte Problem in der sprachlichen Verständigung liegt, so wird auch dies nicht als systemischer Mangel dargestellt, sondern als Problem im Einzelfall, und tritt in dieser Form sicher nicht nur in Polen, sondern auch in anderen Mitgliedstaaten und insbesondere auch in Deutschland auf.
28Vgl. VG Aachen, u.a. Beschlüsse vom 12. Dezember 2014 - 8 L 752/14.A - und vom 18. Juni 2014 - 8 L 357/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 26. August 2014 - 6a L 1234/14.A -, juris Rn. 13.
29Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 18. Dezember 2014 erweist sich mithin bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, weshalb das Vollziehungsinteresse der Allgemeinheit überwiegt und der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erfolglos bleibt.
30Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG.
31Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
I.
Die Anträge werden abgelehnt.
II.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Staatsangehörige der Ukraine. Sie reisten nach eigenen Angaben am
Auf das Ersuchen des Bundesamts vom
Mit Bescheid vom ... August 2014, zugestellt am
Am
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Im Wesentlichen wurde vorgetragen, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Das polnische Asylsystem und das Aufnahmeverfahren wiesen systemische Mängel auf und entsprächen nicht europarechtlichen Standards. Hinzu komme, dass die Antragstellerin zu 2 durch ihre deutsche Abstammung Spätaussiedlerin sei, weshalb sie beim Bundesverwaltungsamt in ... einen Antrag auf Aufnahme nach dem Bundesvertriebenengesetz gestellt habe. Außerdem sei sie schwanger.
Das Bundesamt legte die Behördenakte vor. Eine Äußerung erfolgte nicht.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Die nach § 34a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässigen Anträgen bleiben in der Sache ohne Erfolg.
An der Rechtsmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Da die Antragsteller auf Grundlage der von Polen erteilten Visa nach Polen eingereist sind, ist Polen für die Durchführung der Asylverfahren zuständig (Art. 12 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 der Verordnung (EG) 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-VO). Dementsprechend haben die polnischen Behörden auch ihre Bereitschaft zur Rückübernahme der Antragsteller erklärt.
Gründe, die die Antragsgegnerin zum Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO verpflichten könnten, sind nicht ersichtlich. Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93
Ausgehend von diesen Maßstäben ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht anzunehmen, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Augsburg, U. v. 24.7.2014 - Au 5 K 14.50069 - juris, m. w. N.; VG München, B. v. 14.4.2014 - M 16 S 14.30395 - juris, m. w. N.). Diese Einschätzung wird auch nicht durch den von der Antragstellerseite in Bezug genommenen Bericht der Association for Legal Intervention und der Helsinki Foundation für Human Rights mit dem Titel „Migration Is not a Crime“ aus dem Jahr 2013 erschüttert (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 - juris, Rn. 11). Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen vielmehr, dass die Aufnahmebedingungen in Polen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen (vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 26.8.2014 - 6a L 1234/14.A - juris, Rn. 13).
Der Abschiebung der Antragsteller stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris). Insbesondere ergibt sich aus der Schwangerschaft der Antragstellerin zu 2 keine Reiseunfähigkeit. Das Vorliegen einer Risikoschwangerschaft ist weder vorgetragen noch fachärztlich bescheinigt. Das Gericht geht allerdings davon aus, dass eine Abschiebung der Antragsteller nicht unmittelbar vor bzw. nach der Entbindung erfolgen wird.
Die Antragsteller können sich auch nicht mit Erfolg auf das von der Antragstellerin zu 2 betriebene Aufnahmeverfahren nach dem Bundesvertriebenengesetz berufen. Ein solches Verfahren ist grundsätzlich vom Ausland aus zu betreiben und kann deshalb einer Rückführung nach Polen nicht entgegenstehen.
Die Anträge waren daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO abzulehnen. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
Tenor
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskosten-hilfe für das Eilverfahren wird abgelehnt.
2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
21.
3Der Antrag der Antragsteller auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist abzulehnen, weil die Rechtsverfolgung aus den nachfolgend dargelegten Gründen von Beginn an nicht die nach § 166 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat.
42.
5Der Antrag der Antragsteller,
6die aufschiebende Wirkung ihrer Klage (6a K 3687/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10. Juli 2014 anzuordnen,
7hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
8Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 10. Juli 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
9Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 10. Juli 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung der Antragsteller nach Polen angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
10Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
11Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, vom 26. Juni 2013 (sog. „Dublin III-Verordnung“) die Republik Polen der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da die Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in Polen den ersten Asylantrag gestellt haben und aus Polen in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 die Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Republik Polen mit Schreiben an das Bundesamt vom 30. Mai 2014 auch anerkannt. Die Antragsteller haben keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
12Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in Polen in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde. Auszugehen ist insoweit von der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht. Diese Vermutung ist nur widerlegt, wenn „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestehen, also Defizite, die im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus.
13Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, NVwZ 2014, 1039 f., unter Bezugnahme (insbesondere) auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417.
14Nach der Rechtsprechung der Kammer und der meisten anderen Verwaltungsgerichte bestehen derzeit keine hinreichenden Anhaltspunkte für entsprechende „systemische Mängel“ bei der Behandlung von Asylbewerbern in Polen.
15Vgl. (aus der Vielzahl einschlägiger Entscheidungen) nur VG Düsseldorf, Beschlüsse vom 6. August 2013 - 17 L 1406/13.A - und vom 19. November 2013 - 25 L 2154/13.A -; VG Köln, Gerichtsbescheid vom 27. März 2014 - 1 K 8004/13.A -, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 1. April 2014 - 13 LA 22/14 -, juris, jeweils mit weiteren Nachweisen.
16Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen insgesamt, dass die Aufnahmebedingungen in Polen im Allgemeinen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen. Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung. So wird etwa in der von der Association for Legal Intervention und von der Helsinki Foundation for Human Rights im Jahre 2013 publizierten Studie “Migration Is Not a Crime - Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners“ ausgeführt, dass in den polnischen Aufnahmeeinrichtungen die regelmäßige Anwesenheit eines Arztes sichergestellt ist und dass bei gesundheitlichen Problemen, die eine fachärztliche Versorgung notwendig machen, auch das Aufsuchen eines Facharztes außerhalb der Einrichtung gewährleistet wird (Seite 23 ff. der Studie). Auch dem „National Country Report: Poland“ von 2013 der vom Europäischen Flüchtlingsrat getragenen „aida“-Datenbank ist zu entnehmen, dass eine kostenlose medizinische Versorgung Asylsuchender grundsätzlich gewährleistet ist (dort Seite 38 f.). Dass die medizinische Versorgung nicht in allen Aufnahmeeinrichtungen von gleicher Qualität ist und es im Einzelfall Schwierigkeiten bei der zeitnahen fachärztlichen Versorgung geben kann, führt nicht dazu, dass „systemische Bedenken“ im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung anzunehmen wären. Die in beiden Studien hervorgehobenen Probleme bei der sprachlichen Verständigung zwischen Ärzten und Asylbewerbern dürften in Deutschland in ähnlicher Weise bestehen. Den in den genannten Quellen niedergelegten Erkenntnissen entsprechen schließlich auch die Angaben in der Auskunft des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 6. Dezember 2013 betreffend die Rücküberstellung nach Polen im Rahmen des Dublin II-Verfahrens und in der Antwort der Bundesregierung vom 25. September 2013 auf eine Kleine Anfrage mehrerer Bundestagsabgeordneter zur asylrelevanten Lage in Tschetschenien, die sich auf den Seiten 5 ff. mit der Behandlung von Asylbewerbern in Polen, namentlich mit deren medizinischer Behandlung, befasst (Bundestags-Drucksache 17/14795).
17Soweit die Antragsteller sich auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 26. April 2013 (8 E 20075/13 Me) beziehen, ist festzustellen, dass die Frage systemischer Mängel in Bezug auf das polnische Asylsystem in diesem Beschluss lediglich als „offen“ bezeichnet worden ist. Auch das Verwaltungsgericht Meiningen hat sich im Übrigen zur Begründung in erster Linie auf die oben erwähnte Studie „Migration is not a crime“ der Helsinki Foundation berufen, also offenbar nicht über andere Anhaltspunkte für systemische Schwachstellen verfügt.
18Hinsichtlich des von den Antragstellern angeführten Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 10. September 2013 (5 L 652/13.WI.A), in dem die aufschiebende Wirkung einer entsprechenden Klage wegen der Notwendigkeit der näheren Beschäftigung mit der Frage der systemischen Mängel angeordnet worden ist, ist festzustellen, dass die betreffende Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden inzwischen im zugehörigen Hauptsacheverfahren – nach Einholung der oben angeführten Auskunft des Auswärtigen Amtes – die Klage mit der Begründung abgewiesen hat, systemische Mängel seien nicht festzustellen.
19Vgl. VG Wiesbaden, Urteil vom 19. Februar 2014 - 5 K 651/13.WI.A -, juris.
20Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten der Antragsteller ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
21Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.
(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.
Gründe
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I.
- 1
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
- 2
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1. Die 34jährige Beschwerdeführerin ist bosnische Staatsangehörige. Seit Mai 2010 ist sie mit dem in Deutschland lebenden bosnischen Staatsangehörigen S. verheiratet. Ihr Ehemann verfügt über eine Daueraufenthaltserlaubnis-EG; er ist wegen verschiedener körperlicher und psychischer Erkrankungen betreuungsbedürftig und als schwerbehindert anerkannt. Nachdem die Beschwerdeführerin im Mai 2010 mit einem Schengen-Visum in das Bundesgebiet eingereist war, beantragte sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
- 3
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2. Die Ausländerbehörde lehnte den Antrag mit Bescheid vom 25. August 2010 ab, wobei sie ausführte, dass die Beschwerdeführerin bei der Einreise nicht im Besitz des notwendigen Visums für den von Anfang an beabsichtigten Daueraufenthalt gewesen sei und von der Einhaltung des Visumerfordernisses nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG abgesehen werden könne.
- 4
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3. Die Beschwerdeführerin erhob Klage und beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Die Nachholung des Visumverfahrens sei ihr wegen der schweren Behinderung ihres Ehemannes unzumutbar. Vom Erfordernis der Lebensunterhaltssicherung sei wegen einer atypischen Fallkonstellation abzusehen; der Ehemann sei aufgrund der Behinderung gesundheitlich nicht in der Lage, den Lebensunterhalt zu sichern. Die Beschwerdeführerin könne auch nicht darauf verwiesen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft im Ausland zu führen, da ihrem Ehemann ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar sei.
- 5
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4. Mit Beschluss vom 28. September 2010 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab, da die Ausländerbehörde die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG in nicht zu beanstandender Weise verneint habe. Die Erkrankungen des Ehemannes hätten bereits vor der Eheschließung bestanden; es sei nicht dargelegt und ersichtlich, weshalb eine Betreuung nunmehr ausschließlich durch die Beschwerdeführerin erfolgen müsse.
- 6
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5. Mit ihrer Beschwerde gegen diese Entscheidung machte die Beschwerde-führerin geltend, dass es nicht darauf ankomme, ob Betreuungsleistungen ausschließlich durch den Ehepartner erbracht würden oder diesbezüglich Alternativen bestünden. Bestehende Erkrankungen des Ehepartners seien von den Behörden und Gerichten nach Art. 6 GG zu berücksichtigen. Aus den vorgelegten Attesten ergebe sich, dass die Nachholung des Visumverfahrens, auch im Hinblick auf die zu erwartende Dauer eines solchen Verfahrens, die Grenze der Zumutbarkeit offensichtlich übersteige. Das Verwaltungsgericht habe sich mit dieser Sach- und Rechtslage schon nicht auseinandergesetzt. Zudem habe es keinerlei Ausführungen dazu gemacht, mit welcher Verfahrensdauer es konkret rechne.
- 7
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6. Der Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde mit Beschluss vom 18. November 2010 zurück: Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis stehe nach § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG entgegen, dass die Beschwerdeführerin ohne das nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG erforderliche Visum eingereist sei. Es sei nicht nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Ermessenswege von der Einhaltung der Visumpflicht abzusehen, da keine besonderen Umstände vorlägen, die die Nachholung des Visumverfahrens unzumutbar machten. Die Beschwerdeführerin habe nicht dargelegt, in welcher Weise genau eine vorübergehende Abwesenheit ihren Ehemann oder die eheliche Lebensgemeinschaft in der behaupteten gravierenden Weise beeinträchtigen würde, obwohl sie habe erkennen können, dass in diesem Punkt die Notwendigkeit weiteren Vortrags bestanden habe. Dies bedeute nicht, dass sich nur eine Ehefrau, die die Funktionen einer Pflegekraft einnehme, auf die Unzumutbarkeit einer vorübergehenden Trennung berufen könne. Entscheidend sei, ob eine auch nur vorübergehende Trennung im Hinblick auf die konkrete eheliche Verbundenheit für den die Aufenthaltserlaubnis begehrenden Ausländer eine unzumutbare Belastung darstelle. Ein Ausländer in der Situation der Beschwerdeführerin könne grundsätzlich in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG betroffen sein, ohne dass es letztlich darauf ankomme, ob etwaige Pflegeleistungen nicht auch durch Dritte ersetzt werden könnten. Berufe er sich jedoch auf die krankheitsbedingte Unzumutbarkeit einer Trennung oder die Notwendigkeit einer Betreuung des schon im Inland lebenden Ehegatten, müsse er zumindest erklären, wie das eheliche Zusammenleben auch durch eine nur vorübergehende Trennung unzumutbar gestört werden würde, wofür auch der Umfang etwaiger Betreuungsleistungen einen Anhaltspunkt biete. Hierfür bestehe einmal mehr Anlass, wenn der im Inland lebende Ehegatte schon seit längerem an den Folgen einer Krankheit leide und bislang ohne die eheliche Lebensgemeinschaft sein Schicksal habe bewältigen können. Soweit die Beschwerdeführerin schließlich eine voraussichtliche Dauer des Visumverfahrens von 15 Monaten vortrage, handele es sich um eine unbelegte Behauptung.
- 8
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7. Die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin, mit der sie weitere ärztliche Stellungnahmen sowie eine eidesstattliche Versicherung des Ehepaares zu konkreten Beistandsleistungen vorlegte, wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. November 2010 zurück.
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8. Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen eine Verletzung in Art. 6 Abs. 1 GG. Hieraus folge, dass das Ermessen der Ausländerbehörde nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG auf Null reduziert sei. Die schwere Erkrankung des Ehemannes der Beschwerdeführerin und die voraussichtlich unabsehbar lange Dauer des Visumverfahrens ließen keine andere Beurteilung zu. Der Verwaltungsgerichtshof entwerte die Ehe und die eheliche Lebensgemeinschaft, indem er diese auf eine Stufe mit Betreuungs- und Beistandsleistungen beliebiger sonstiger Verwandter stelle und den Ehepartner zum beliebig austauschbaren Gesellschafter degradiere. Auch verkenne er die Notwendigkeit festzustellen, welcher Trennungszeitraum den Eheleuten unter den gegebenen Umständen überhaupt zuzumuten sei.
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9. Das Bundesverfassungsgericht untersagte im Wege der einstweiligen Anordnung der Ausländerbehörde, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde die angedrohte Abschiebung zu vollziehen (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 2010 - 2 BvR 2625/10 -).
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).
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Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Versagung von verwaltungsgerichtlichem Eilrechtsschutz ist mit Art. 6 Abs. 1 und 2 GG vereinbar.
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1. Die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren, die bestehenden familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen (vgl. BVerfGE 76, 1 <49 ff.>; 80, 81 <93>; BVerfGK 2, 190 <193 f.>). Der Betroffene braucht es nicht hinzunehmen, unter unverhältnismäßiger Vernachlässigung dieser Gesichtspunkte daran gehindert zu werden, bei seinem im Bundesgebiet lebenden Ehepartner ständigen Aufenthalt zu nehmen. Eingriffe in seine diesbezügliche Freiheit sind nur dann und insoweit zulässig, als sie unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich sind (vgl. BVerfGK 13, 26 <27> m.w.N.).
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Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG ist es grundsätzlich vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen (vgl. BVerfGK 13, 26 <27 f.>). Das Visumverfahren bietet Gelegenheit, die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen zu überprüfen. Das Aufenthaltsgesetz trägt dabei dem Gebot der Verhältnismäßigkeit Rechnung, indem es unter den Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG im Einzelfall erlaubt, von dem grundsätzlichen Erfordernis einer Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) abzusehen. Der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (vgl. BVerfGK 13, 562 <567>).
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Erfüllt die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist, und kann dieser Beistand nur in Deutschland erbracht werden, weil einem beteiligten Familienmitglied ein Verlassen Deutschlands nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, regelmäßig einwanderungspolitische Belange zurück (vgl. BVerfGE 80, 81 <95> zur Erwachsenenadoption). Dies kann selbst dann gelten, wenn der Ausländer vor Entstehung der zu schützenden Lebensgemeinschaft gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen hat (vgl. BVerfGK 13, 562 <567> m.w.N.). Es kommt in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob die Beistandsgemeinschaft als Hausgemeinschaft gelebt wird oder ob die von einem Familienmitglied tatsächlich erbrachte Lebenshilfe von anderen Personen erbracht werden kann (vgl. BVerfGK 7, 49 <56> m.w.N.).
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2. Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Versagung von Eilrechtsschutz der verfassungsrechtlichen Prüfung stand. Jedenfalls der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs trägt den aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen einer ehelichen Beistandsgemeinschaft hinreichend Rechnung.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ablehnung von Eilrechtsschutz darauf gestützt, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis die Einreise der Beschwerdeführerin ohne das nach § 6 Abs. 4 Satz 1 AufenthG für Daueraufenthalte erforderliche nationale Visum entgegenstehe und die Entscheidung der Ausländerbehörde, von diesem Erfordernis nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht abzusehen, nicht zu beanstanden sei. Der herangezogene Maßstab, eine Trennung wegen Erkrankung oder Betreuungsbedürftigkeit des Ehegatten, zu dem der Ausländer nachziehen wolle, könne den Ausländer grundsätzlich in seinen Rechten aus Art. 6 Abs. 1 GG betreffen, ohne dass es darauf ankomme, ob etwaige Pflegeleistungen nicht auch durch Dritte erbracht werden könnten, steht mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang. Die entscheidungstragende Feststellung, es sei nicht erkennbar, wie das eheliche Zusammenleben auch durch eine nur vorübergehende Trennung unzumutbar gestört werden würde, lässt einen verfassungsrechtlich erheblichen Fehler (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>) bei der Anwendung dieses Maßstabs, insbesondere bei der Ermittlung und Bewertung des Sachverhalts, nicht erkennen.
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Ausschlaggebend für den Verwaltungsgerichtshof war, dass er im Zeitpunkt seiner Entscheidung aufgrund der Darlegungen der Beschwerdeführerin ein im Rahmen der Ermessensentscheidung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu berücksichtigendes Angewiesensein ihres Ehemannes auf ihre Lebenshilfe nicht erkennen konnte. Die hierfür gegebene Begründung, es fehle an Sachvortrag zu Art und Umfang der Betreuungsbedürftigkeit des Ehemanns sowie dazu, wie sich dessen körperliche Erkrankungen auf die Lebensführung der Eheleute konkret auswirkten, lässt sich anhand der im fachgerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen nachvollziehen. Die Beschwerdeführerin hatte gegenüber der Ausländerbehörde zwar unter Vorlage von Belegen angegeben, ihr Ehemann sei schwerbehindert, schwer psychisch erkrankt und pflegebedürftig; zudem hatte sie im gerichtlichen Eilverfahren ein ärztliches Attest vorgelegt, das die Aussage enthält, ihr Ehemann sei in hohem Maße betreuungsbedürftig. Indes fehlte es an Vorbringen dazu, worin genau diese Betreuungsbedürftigkeit bestehe, und dass die Beschwerdeführerin überhaupt Unterstützungsleistungen zugunsten ihres Ehemannes erbringe. Aussagen hierzu finden sich erstmals in der nach Ergehen des angegriffenen Beschlusses beim Verwaltungsgerichtshof eingereichten eidesstattlichen Versicherung der Eheleute.
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Die im Entscheidungszeitpunkt vorgenommene Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs, mangels hinreichender Darlegung sei nicht feststellbar, dass krankheitsbedingt eine auch nur vorübergehende Trennung der Eheleute unzumutbar sei, ist danach nicht zu beanstanden. Da es auch an hinreichenden Anhaltspunkten für eine unverhältnismäßig lange, die übliche Dauer eines Visumverfahrens übersteigende Trennung der Eheleute fehlte, konnte die Beschwerdeführerin ohne Verfassungsverstoß auf die Nachholung des Visumverfahrens verwiesen werden.
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Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.