Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 24. Feb. 2015 - 9 B 144/15
Gründe
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Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage - am 17.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.01.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung des Antragstellers in dieSchweiz angeordnet wurde.
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Der zulässige Antrag,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 06.02.2015 anzuordnen,
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ist unbegründet.
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1.) Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
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Wegen §§ 27 a, 34 a AsylVfG ist im Rahmen einer Interessenabwägung vorrangig zu beurteilen, ob das Land, auf welches die Abschiebungsanordnung lautet für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist bzw. ob diese Zuständigkeit ausnahmsweise wegen systemischer Mängel im Asyl- oder Aufnahmeverfahren in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen sein könnte.
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Die Klage gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrages sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylVfG). Die aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 34 a Abs. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Ziffer 3, Abs. 5 VwGO durch das Gericht angeordnet werden. Die Antragsfrist von einer Woche (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) ist eingehalten.
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2.) Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005.04, juris); § 36 Abs. 4 AsylVfG findet keine Anwendung.
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Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, B. v. 14.07.2014, A 1 K 254/14). Dies ist der Fall, wenn ernst zu nehmende, hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Umstände bestehen. Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).
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3.) Diese Anforderungen an die gerichtliche Eilentscheidung gestellt, kann vorliegend nicht mit der für das Eilverfahren notwendigen Gewissheit ausgeschlossen werden, dass die so von der Antragsgegnerin angenommene Zuständigkeit der Schweiz wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Anders gewendet: Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des Selbsteintritts (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) ist vielmehr auszuschließen. Das Hauptsacheverfahren ist insoweit gerade nicht als offen im oben erörterten Sinne anzusehen.
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a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).
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Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014, 10 A 10656/13, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014, 3 B 6802/13, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichter der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, der der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, 1 A 21/12, juris).
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Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.
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Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die den zugrunde liegenden Umstände in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, B. v. 16.06.2014, 13 L 141/14, juris).
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Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014, 10 B 6.14, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, B. v. 14.03.2013. 4 L 44/13, juris; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, alle juris; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).
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b.) In Ansehung dessen folgt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, dass bezüglich der Schweiz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylVfG [analog]) keine ernst zu nehmenden oder hinsichtlich ihrer Schwere noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel bestehen. Dabei ist das EU-Flüchtlingsrecht und das Dublin-Abkommen wegen des Abkommens zischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Überprüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellt Asylantrag vom 26.10.2004 anwendbar.
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Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ebenso in jüngerer Zeit VG Gelesenkirchen, Beschluss v. 26.01.2015, 6a L 2118/14.A; VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle juris).
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Dabei ist zunächst festzustellen, dass es Internet nahezu keine verwertbaren Informationen zu den Begrifflichkeiten „Schweiz, systemische Mängel, Dublin“ auffindbar sind. Weder vom UNHCR noch von Amnesty International oder sonstigen Flüchtlingshilfeorganisationen sind überhaupt Dokumente auffindbar. Bereits diese Tatsache der fehlenden Veröffentlichungen im Internet, lässt den Schluss zu, dass die „systemischen Mängel“ gerade nicht zu verzeichnen sind. Denn ansonsten wären mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Informationen erhältlich. Für diesen Rückschluss spricht, dass Informationen und Dokumente zu den Ländern in denen „systemische Mängel“ zu verzeichnen sind oder waren, wie Griechenland, Italien, Bulgarien und Ungarn, massig im Netz auffindbar sind und die Rechsprechung darauf reagiert hat. Seitens der Rechtsprechung sind ausnahmslos Entscheidungen auffindbar, die die EU-Konformität der Schweiz annehmen und das Selbsteintrittsrecht Deutschlands verneinen, wenngleich diese Entscheidungen eine tiefere Begründung vermissen lassen, was wegen der Offensichtlichkeit aber auch nicht notwendig ist (vgl.: oben angegebene Rechtsprechung).
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Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt.
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Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Antragsteller besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet.
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Schließlich trägt der Antragsteller selbst nichts vor.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 24. Feb. 2015 - 9 B 144/15
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 24. Feb. 2015 - 9 B 144/15 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
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G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage (6a K 5945/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 3. November 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. November 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 3. November 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung des Antragstellers in die Schweiz angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 die Schweizerische Eidgenossenschaft der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da der Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt hat und aus der Schweiz in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 den Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit Schreiben an das Bundesamt vom 29. Oktober 2014 auch anerkannt. Der Antragsteller hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
9Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
10Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris.
11Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte.
12Ebenso in jüngerer Zeit VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle bei Juris abrufbar.
13Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt. Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Antragsteller besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet.
14Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten des Antragstellers ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 1469/14.A gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10. März 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist zulässig, aber unbegründet, weil die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfällt. Die Abschiebungsanordnung in die Schweiz ist offensichtlich rechtmäßig.
6Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz ‑ AsylVfG ‑ Danach ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend geht es um die Abschiebung des Antragstellers in die Schweiz, die kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung ein sicherer Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes – GG –; § 26a Abs. 2 i.V.m. Anlage I zum AsylVfG) ist. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit der Schweiz aus § 27a AsylVfG i. V. m. den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO). Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags vom 26. Oktober 2004 (Amtsblatt der Europäischen Union vom 27. Februar 2008, L 53, S. 5) werden die Bestimmungen der Dublin II-VO durch die Schweiz umgesetzt und angewendet. Die Zuständigkeit der Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens ist vorliegend gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO begründet worden, denn die Schweiz hat mit Schreiben vom 27. Dezember 2013, eingegangen am 30. Dezember 2013, ihre Zuständigkeit bezüglich des Antragstellers anerkannt.
7Der zuständige Mitgliedstaat bestimmt sich im Fall des Antragstellers nach der Dublin II-VO, nicht nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO). Deren Zuständigkeitskriterien sind nach Art. 49 Dublin III-VO auf alle Anträge auf internationalen Schutz, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar. Der Asylantrag des Antragstellers ist am 3. Januar 2014 bei der Antragsgegnerin eingegangen. Art. 49 der Dublin III-VO bezieht sich jedoch nicht auf bereits vor diesem Stichtag gestellt und beantwortete Wiederaufnahmegesuche. Für sie gilt weiterhin die Dublin II-VO,
8vgl. VG Hannover, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 1 B 7895/13 –, juris.
9Die Schweiz stimmte dem Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin am 27. Dezember 2013, eingegangen am 30. Dezember 2013, zu. Das Wiederaufnahmegesuch war daher bereits vor Inkrafttreten der Dublin III-VO beantwortet.
10Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des Asylfolgeantrages des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung.
11Ob ein Mitgliedsstaat vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist.
12Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, juris.
13Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Dies gilt entsprechend für Staaten, welche wie die Schweiz die Dublin II-VO kraft völkerrechtlichen Vertrags anwenden. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts oder jeder geringfügige Verstoß gegen die europäischen Asylrichtlinien durch den zuständigen Staat kann angesichts dessen dazu führen, dass der überstellende Mitgliedstaat nicht mehr an die Bestimmungen der Dublin II-VO gebunden wäre. Vielmehr muss ein Mitgliedstaat die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Staat im Sinne der Dublin II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Staat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Staat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, a.a.O.
15Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verweisung eines Asylbewerbers auf einen sicheren Drittstaat (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) ‑ die nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG ausschließt, sondern entsprechend seiner inhaltlichen Reichweite auch die materiellen Rechtspositionen erfasst, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann ‑ grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Schutz hat die Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen nur dann zu gewähren, wenn bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Es obliegt insoweit dem Antragsteller unter Anlegung eines strengen Maßstabes, die Umstände darzulegen, aus denen sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem solchen im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen ist.
16Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 ‑, juris.
17Eine Verdichtung des Selbsteintrittsrechts eines Mitgliedsstaates zu einer entsprechenden Pflicht kommt daher nur in Betracht, wenn ein vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangener Sonderfall offensichtlich vorliegt.
18Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in der Schweiz an systematischen Mängeln leiden. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung in die Schweiz im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht.
19Dabei kann offen bleiben, ob sich der Antragsteller im Hinblick darauf, dass sein Asylverfahren in der Schweiz offenbar bereits durch einen ablehnenden Bescheid abgeschlossen ist, überhaupt auf Mängel des Asylverfahrens berufen kann.
20Vgl. hierzu u. a. VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 ‑ 6 L 787/13.A ‑; VG Oldenburg, 24. Januar 2014 ‑ 3 B 6802/13 ‑; jeweils unter juris.
21Denn den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln lässt sich entnehmen, dass das schweizerische Asylsystem die unionsrechtlichen Standards erfüllt. Den Erkenntnismitteln sind vereinzelte Beanstandungen des asylrechtlichen Verfahrens zu entnehmen,
22vgl. etwa amnesty international, Annual Reports 2012 and 2013; United States Department of State, 2013 Country Report on Human Rights Practices – Switzerland.
23Systemische Mängel sind dagegen nicht zu erkennen. Dies gilt auch nach Einführung der Änderungen im schweizerischen Asylrecht im Juni 2013. Die Empfehlungen des UNHCR,
24Empfehlungen von UNHCR im Rahmen der Vernehmlassung zur Änderung des Schweizer Asylgesetzes (AsylG), Oktober 2013, www.unhcr.org,
25enthalten zwar verschiedene Kritikpunkte (u.a. zur Verkürzung der Beschwerdefrist, vgl. S. 27, 28). Ihnen ist aber nicht zu entnehmen, dass Asylbewerbern in der Schweiz aus strukturellen Gründen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht.
26Soweit der Antragsteller weiter behauptet, strukturelle Mängel des schweizerischen Asylsystems zeigten sich darin, dass ihm der zunächst zugebilligte Flüchtlingsstatus wieder entzogen wurde, ist dem nicht zu folgen. Zum einen sieht auch das Unionsrecht vor, dass ein zuerkannter Flüchtlingsstatus sowie ein gewährter subsidiärer Schutz unter bestimmten Voraussetzungen wieder aberkannt werden können (vgl. Art 14 und 17 der Richtlinie 2011/95/EU – Qualifikationsrichtlinie –). Wird von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, ist dies kein struktureller Mangel. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller ein bereits gewährter Schutzstatus aus anderen Gründen entzogen wurde, hat er nicht vorgetragen. Insbesondere hat er den entsprechenden Bescheid der Schweizer Behörden nicht vorgelegt. Zum anderen trägt der Antragsteller erstmals in seinem gerichtlichen Eilantrag vor, ihm sei ein zunächst gewährter Status wieder entzogen worden. Bei seiner Anhörung durch die Antragsgegnerin am 24. Januar 2014 hat er entsprechendes nicht geäußert, sondern nur erklärt, in der Schweiz Asyl beantragt zu haben.
27Auch der Einwand des Antragstellers, dass Flüchtlinge, die den zugewiesenen Aufenthaltsort verließen, sofort mit Gefängnisstrafen belegt würden, zeigt keinen systemischen Mangel des schweizerischen Asylsystems. Zum einen ist in den unionsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich angelegt, dass der Aufenthaltsort von Schutzsuchenden aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder zur Bearbeitung und Überwachung des Antrags staatlich bestimmt werden kann (vgl. Art. 7 der Richtlinie 2013/33/EU – Aufnahmerichtlinie). Zum anderen ist den vorliegenden Erkenntnisquellen, darunter auch den Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – SFH –,
28Fluchtland Schweiz, Informationen über das Asylrecht und Menschen im Asylverfahren, 1. März 2013,
29eine derartige Strafe nicht zu entnehmen.
30Soweit der Antragsteller schließlich die fehlende medizinische Versorgung in der Gemeinschaftsunterkunft und den fehlenden Zugang zu Ärzten außerhalb der Einrichtung beanstandet, liegt ebenfalls kein systemischer Mangel vor. Grundsätzlich haben Asylsuchende in der Schweiz das Recht auf medizinische Basisversorgung. Eine freie Arztwahl gibt es nicht; wenn kein Notfall vorliegt, müssen Behandlungen vorab beantragt und bewilligt werden,
31SFH, Fluchtland Schweiz, Informationen über das Asylrecht und Menschen im Asylverfahren, 1. März 2013, S. 19.
32Dass es dadurch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen im zuvor dargestellten Sinne kommt, lässt sich den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Individuelle Besonderheiten im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit oder medizinischen Behandlungsbedürftigkeit des Klägers bestehen im Übrigen nicht.
33Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.