Verwaltungsgericht München Urteil, 03. Juli 2015 - M 23 K 15.50041

bei uns veröffentlicht am03.07.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger, der unter anderem über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Kosovo, Serbien und Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland gelangte und am 24. November 2014 Asylantrag stellte.

Nach der Feststellung eines „EURODAC-1“-Ergebnisses am 26. November 2014 ersuchte die Beklagte die zuständige ungarische Behörde mit Schreiben vom 18. Dezember 2014 um Wiederaufnahme. Die zuständige ungarische Behörde erklärte mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages, nachdem der Kläger dort bereits am 28. Oktober 2014 Asylantrag gestellt hatte.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Januar 2015 erklärte die Beklagte den Asylantrag des Klägers für unzulässig (Nr. 1). Die Abschiebung nach Ungarn wurde angeordnet (Nr. 2).

Durch Schriftsatz vom 22. Januar 2014, eingegangen am selben Tag, erhob der Klägerbevollmächtigte Anfechtungsklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamtes vom ... Januar 2015, zugestellt frühestens am 17. Januar 2015, aufzuheben.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in Ungarn systemische Mängel bei der Durchführung der Asylverfahren und bei der Unterbringung bestünden.

Dem mit Klageerhebung gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gab das Gericht durch Beschluss vom 26. Februar 2015 statt und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage an (M 23 S 15.50042).

Durch Beschluss vom 20. April 2015 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Das Gericht hatte in sämtlichen älteren bei dem Berichterstatter anhängigen Parallelverfahren mittels Beschluss vom 7. August 2014 Beweis erhoben durch Einholung von Auskünften des Auswärtigen Amtes und von „Pro Asyl“, die vom 21. November 2014 und 2. März 2015 (Auswärtiges Amt) bzw. vom 31. Oktober 2014 (Pro Asyl) datieren. Das Gericht hat diese Erkenntnisse in das vorliegende Verfahren eingebracht und den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Klägerbevollmächtigte äußerte sich schriftsätzlich am 16. Juni 2015.

Am 1. Juli 2015 hat die mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter der 23. Kammer stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger demzufolge nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

Die Bestimmung des zuständigen Staates richtet sich nach der VO Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrag auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl L 180/31) - Dublin-III-VO -, da sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch das an Ungarn gerichtete Gesuch um Wiederaufnahme des Klägers nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO).

Die Voraussetzungen für eine Feststellung nach § 27 a AsylVfG (Nr. 1 des angefochtenen Bescheides) sind gegeben. Der Kläger hat bereits in Ungarn einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Ungarn ist somit gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO verpflichtet, den Kläger nach Maßgabe der Art. 23, 24, 25 und 29 Dublin-III-VO wieder aufzunehmen. Das Bundesamt hat das Wiederaufnahmegesuch am 18. Dezember 2014, also innerhalb von 2 Monaten nach der EURODAC-Treffermeldung vom 26. November 2014 und damit innerhalb der Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin-III-VO gestellt. Die ungarische Behörde hat am 23. Dezember 2014 der Wiederaufnahme zugestimmt, was gemäß Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person spätestens innerhalb einer Frist von 6 Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs bzw. der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Erst nach Fristablauf geht die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte über. Diese Frist ist aufgrund der durch Beschluss vom 26. Februar 2015 angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage (M 23 S 15.50042) noch nicht abgelaufen.

Ferner hat die Beklagte einen Selbsteintritt gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO ermessensfehlerfrei abgelehnt. Insbesondere ist derzeit (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) nicht ersichtlich, dass eine Überstellung nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO unmöglich ist. Das wäre dann der Fall, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gäbe, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller im zuständigen Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union - EUGRCh - mit sich bringen. Nach der zur Rechtslage unter der Dublin-II-VO ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 417/419 Rn. 80) gilt eine widerlegbare Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat mit den Erfordernissen der EUGRCh sowie der Genfer Flüchtlings-konvention - GF - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - in Einklang steht. Die Vermutung ist dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsmängel regelhaft so defizitär sind, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 - S. 7). An diese Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen (OVG Lüneburg v. 18.03.2014 - 13 LA 75/13 - juris Rn. 14). Einzelne Missstände stellen noch keine systemischen Schwachstellen dar. Diese liegen vielmehr erst dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedsstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn der Mitgliedsstaat während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (OVG NW v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 126). Es besteht allerdings keine allgemeine Verpflichtung, jedermann mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (OVG NW, a. a. O., Rn. 118 f. m. w. N.).

Es liegen nach den aktuellen Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Dublin-Rückkehrer unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot ohne eine Entscheidung über ihren Asyl(folge)antrag in ihr Herkunftsland abgeschoben werden, wenn über ihren Asylantrag sachlich noch nicht entschieden worden ist (EGMR v. 03.07.2014 - 71932/12, Rn. 72, 73; VG Düsseldorf v. 20.03.2015 - 13 K 501/14.A, Rn. 133 bei juris; VG Düsseldorf v. 15.04.2015 - 13 L 1259/15.A, Rn. 120 bei juris; VG Düsseldorf v. 11.05.2015 - 22 L 1329/15.A, Rn. 110 bei juris). Das Verfahren wird in Ungarn nach Rückkehr fortgeführt bzw. wiederaufgegriffen. Das neue Asylbegehren wird dann wie ein Erstverfahren behandelt, d. h. der Antragsteller kann insbesondere seine im Erstverfahren dargelegten Fluchtgründe erneut vorbringen und erhält ein Aufenthaltsrecht in Ungarn während der Dauer des Asylverfahrens (Auskunft Auswärtiges Amt (AA) an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 2; Auskunft von Pro Asyl an die erkennende Kammer v. 31.10.2014, zu Frage 2.; Auskunft AA an VG München v. 04.07.2014, zu Frage 4; Auskunft des AA an VG München v. 19.11.2014, zu Frage b.; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2014, S. 20; vgl. auch bereits Auskunft AA an VG Augsburg v. 23.05.2013, zu Frage 1; vgl. auch VG Regensburg v. 10.04.2015 - RO 1 S 15.50123, Rn. 30 bei juris). Soweit in Ungarn Überlegungen im Raume stehen, wonach der Regierung die Befugnis eingeräumt werden könnte, eigenmächtig bestimmte Länder zu „sicheren Drittstaaten“ zu erklären, wodurch nach den Befürchtungen von Medien-berichten eine Grundlage zur Zurückweisung von Flüchtlingen geschaffen werden könnte, die über das Nachbarland Serbien nach Ungarn gelangt seien, handelt es sich nicht um derzeit gültiges Recht, so dass sich nach dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens die Berücksichtigung eines potentiell zukünftigen kritischen Rechtszustands derzeit verbietet.

Asylbewerber haben in Ungarn im Rahmen der materiellen Aufnahmeleistungen Zugang auch zur medizinischen Versorgung. Dadurch werden notwendige medizinische Behandlungen abgedeckt; der Umfang entspricht der medizinischen Gratis-versorgung für legal im Land lebende ausländische Staatsangehörige. Asylbewerber haben ein Recht darauf, von Allgemeinärzten untersucht und behandelt zu werden. Die ungarische Gesetzeslage sieht vor, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen medizinische Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, ambulante und stationäre psychologische Versorgung oder psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen können, die gesundheitlich geboten sind (Auskunft AA an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 4; AIDA Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, Reception Conditions /C. Health Care, S. 49 f.; insbesondere zur Behandlung psychisch kranker Asylbewerber in Ungarn resp. „Dublin-Rückkehrer“: Auskunft AA an VG München v. 04.07.2014, zu Fragen 1 - 3). Die Versorgungslage in Aufnahmeeinrichtungen im Übrigen gibt keinen Anlass zur Annahme systemischer Mängel am Maßstab von Art. 4 EU-Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK (vgl. auch Auskunft AA an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 3). Asylbewerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, erhalten Unterkunft und Verpflegung sowie einen monatlichen Geldbetrag für Körperpflegeprodukte und Taschengeld (AIDA Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, Reception Conditions /A. 2. Forms and levels of material reception conditions, S. 41).

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stand in jüngster Zeit im Wesentlichen noch die ungarische Praxis der Inhaftierung Asylsuchender im Blickpunkt der rechtlichen Bewertung. Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EUGRCh legen dem Staat die Verpflichtung auf, sich zu vergewissern, dass ein Gefangener unter Bedingungen festgehalten wird, die mit der Achtung seiner Menschenwürde vereinbar sind, dass die Haftbedingungen ihm nicht Leiden oder Härten auferlegen, die das mit der Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteigen und dass seine Gesundheit und sein Wohlbefinden unter Berücksichtigung der praktischen Erfordernisse der Haft angemessen sichergestellt werden. Zu den zu berücksichtigenden Umständen zählen beispielsweise die räumliche Unterbringung, eine mögliche Überbelegung, die Möglichkeit, den Raum zeitweise verlassen zu können, Kontaktmöglichkeiten zu Angehörigen, eine hinreichende Ernährung, die hygienischen Verhältnisse, das Vorhandensein sanitärer Einrichtungen und eine angemessene Versorgung bei Erkrankungen (zum Ganzen: EGMR v. 22.07.2010 - 12186/08, Rn. 55 ff., NVwZ 2011, 418; EGMR v. 21.01.2011 - 30696/09, Rn. 220, NVwZ 2011, 413; VG Magdeburg v. 24.02.2015 - 9 B 144/15; Rn. 14 bei juris; VG Aachen v. 26.02.2015 - 5 L 54/15.A, Rn. 27 ff. bei juris, m. w. N.). Sind die Mitgliedstaaten aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, kommt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-Grundrechte-Charta ein besonderes Gewicht zu (vgl. z. B.: VG Magdeburg v. 24.02.2015 a. a. O., Rn. 14 bei juris; VG Düsseldorf v. 16.06.2014 - 13 L 141/14, Rn. 59 bei juris unter Bezugnahme u. a. auf EGMR v. 21.01.2011 - 30696/09, Rn. 250, 265, NVwZ 2011, 413 ff.).

Das Auswärtige Amt hat sich insofern bereits im Jahr 2013 in zwei Stellungnahmen zur ungarischen Asylgesetzgebung und -praxis geäußert (Auskunft an VG Augsburg v. 23.05.2013 und an den BayVGH v. 09.07.2013), wonach sich die Situation in Ungarn erheblich verbessert habe. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte kommt bereits in seiner Entscheidung vom 6. Juni 2013 (Mohammed gegen Österreich, Nr. 2283/12, InfAuslR 2014, 197 ff.) zu dem Ergebnis, dass der dortige Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-Regelungen nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliegen würde, einer den Art. 3 EMRK verletzenden unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein. Der Gerichtshof hat hierzu umfangreich Stellungnahmen von UNHCR und anderer Stellen ausgewertet. Gestützt wird dieses Ergebnis auch durch die Erkenntnis des Österreichischen Asylgerichtshofes vom 9. Juli 2013 (S 21 436096-1/2013 - RIS; abrufbar unter www.ris.bka.gv.at). Dieser hat ausdrücklich festgestellt, dass in Ungarn am 1. Januar 2013 ein überarbeitetes Asylgesetz in Kraft getreten ist, das die nötigen Verbesserungen gebracht habe, weshalb nicht erkannt werden könne, „dass im Hinblick auf Asylbewerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, so dass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinne einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde“. In seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (Rs C-394/12) problematisiert im Übrigen auch der Europäische Gerichtshof die Aufnahme-bedingungen in Ungarn nicht näher, obwohl es in dem dort entschiedenen Fall um Rückführungen von Asylbewerbern nach Ungarn im Dublin-Verfahren ging (vgl. insbes. dort Rn. 60, 61).

An diesen Erkenntnissen und Bewertungen aus dem Jahr 2013 hat sich zwischenzeitlich auch nichts geändert (wie hier, z.T. bereits zur Dublin-III-VO, exemplarisch aus der neueren Rechtsprechung: BayVGH v. 12.06.2015 - 13a ZB 15.50097; VG München v. 20.05.2015 - M 1 S 14.50568 u. a.; VG München v. 30.03.2015 - M 12 S 15.50022, Rn. 33 ff. bei juris; VG München v. 18.03.2015 - M 12 S 15.50040, Rn. 37 ff. bei juris; VG München v. 15.01.2015 - M 12 14.30500; VG Augsburg v. 10.04.2015 - Au 2 S 15.50197, Rn. 23 ff. bei juris; VG Augsburg v.01.04.2015 - Au 2 S 15.50171, Rn. 21 ff. bei juris, VG Würzburg v. 21.03.2014 - W 1 S 14.30147, Rn. 19 - 21 bei juris; VG Regensburg v. 10.04.2015 - RO 1 S 15.50123, Rn. 28 ff. bei juris; VG Regensburg v. 19.05.2015 - RO 4 K 14.50346, Rn. 33, 34 bei juris; VG Regensburg v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264, Rn. 33 ff. bei juris; VG Ansbach v. 06.02.2015 - AN 14 K 14.50206. Rn. 25 ff. bei juris; VG Düsseldorf v. 13.04.2015 - 8 L 94/15.A, Rn. 17 ff. bei juris; VG Düsseldorf v. 01.04.2015 - 13 L 1031/15.A, Rn. 21 ff. bei juris; VG Düsseldorf v. 20.03.2015 - 13 K 501/14.A, Rn. 50 ff. bei juris; a.A. exemplarisch: VG Bremen v. 02.04.2015 - 3 V 123/15, juris). Dass insbesondere aufgrund der zum 1. Juli 2013 in Kraft getretenen Neuregelungen und ihrer Umsetzung das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist nach zwischenzeitlich zweijähriger Geltungszeit der Neuregelungen zur ungarischen Asylhaft und ihrer praktischer Anwendung nicht ersichtlich.

In seiner Entscheidung vom 3. Juli 2014 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Vorliegen systemischer Mängel in Ungarn unter Berücksichtigung der zum 1. Juli 2013 in Kraft getretenen neuen Rechtslage (§§ 31/A, 31 /B und 31/C Asylum Act Hungary) verneint (vgl. insbesondere Rn. 68 bis 70). Zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung unterliege ein Asylsuchender nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr, bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-VO einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die Art. 3 EMRK verletzen würde (vgl. hierzu auch BayVGH v. 12.06.2015 - 13a ZB 15.50097; Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, Report „Following his visit to Hungary from 1 to 4 July 2014“ v. 16.12.2015, Rn. 153). An der schon im Urteil vom 6. Juni 2013 (a. a. O.) getroffenen Bewertung werde festgehalten. Seither seien keine neuen Umstände bekannt geworden, die nunmehr zu dem Schluss führen könnten, dass das ungarische Asyl- und Asylhaftsystem systemische Mängel aufweise und dass für den Antragsteller die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung bestehe (Rn. 74 f.). Zwar zeigten Länderberichte, dass es noch eine Praxis der Inhaftierung von Asylbewerbern gebe und auch Dublin-Rückkehrer davon betroffen wären. Auch seien die Haftgründe vage formuliert und es gebe kein spezielles Rechtsmittel gegen Asylhaft. Aus den Berichten würde sich allerdings auch ergeben, dass es keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr gebe und jetzt im Gesetz Alternativen zur Haft vorgesehen seien. Die Höchstdauer des Gewahrsams sei auf sechs Monate beschränkt. Hinsichtlich der Haftbedingungen sei anzumerken, dass es zwar immer noch Berichte über Mängel gebe, in einer Gesamtschau aber von Verbesserungen auszugehen sei (Rn. 68). Erneut weist der Gerichtshof darauf hin, dass sich auch der UNHCR bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (Rn. 69). Zudem verweist er in seiner Entscheidung im Übrigen ausdrücklich auf die Stellungnahmen von AIDA und des Ungarischen Helsinki Committees (Rn. 33 ff.).

(Auch) unter Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des EGMR hat nunmehr der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 12. Juni 2015 (13a ZB 15.50097 - juris) die Bewertung der Vorinstanz (VG München v. 15.01.2015 - M 12 K 14.30500) geteilt, wonach in Ungarn am (hier einschlägigen) Maßstab von Art. 4 EU-Grundrechte-Charta keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufenthaltsbedingungen für Asylsuchende bestehen.

Weiter kommt dem Umstand, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen, eine besondere Indizbedeutung zu. Denn die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH v. 30.05.2013, Rs. C-528/11; VG München v. 20.05.2015 - M 1 S 14.50568 u. a., Rn. 15 bei juris).

Auch der Umstand, dass das ungarische Asylrecht seit der erneuten Rechtsänderung zum 1. Juli 2013 wieder Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält (§§ 31/A ff. Asylum Act Hungary) und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehrer häufig bis regelmäßig inhaftiert werden (Auskunft des UNHCR an das VG Düsseldorf v. 30.09.2014 zu Frage 3, S. 2; Auskunft von Pro Asyl an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014 zu Frage 3 b, S. 2; AIDA Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, Detention of Asylum Seekers /B. Ground for detention, S. 52 ff.; s. auch Hungarian Helsinki Committee, Briefing paper of the Hungarian Helsinki Committee für the Working Group on Arbitrary Detention, 8. October 2013, S. 17 f.), begründet noch keinen Anhalt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems mit Blick auf Art. 4 EU-Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Durch die Änderungen des ungarischen Asylsystems zum 1. Juli 2013 wurden umfassende Gründe für die Inhaftierung von Asylbewerbern, sog. asylum detention, in das ungarische Asylrecht aufgenommen. Solange Asylhaft nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt - vgl. Art. 8 Abs. 1 der RL 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (AufnahmeRL) sowie im Einklang hiermit § 31/B Abs. 1 Asylum Act Hungary -, stellt diese dem Grunde nach keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK dar. Eine - für maximal sechs Monate zulässige - Inhaftierung ist gemäß § 31/A Abs. 1 Asylum Act Hungary u. a. möglich zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers, nach dessen Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Antragsteller seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat (zu den Haftgründen für die sog. Aslyhaft vgl. auch Auskunft von Pro Asyl an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014 zu Frage 4). Die Haftgründe des ungarischen Rechts entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 AufnahmeRL und sind damit dem Grunde nach zulässig (vgl. VG München v. 20.05.2015 - M 1 S 14.50568, Rn. 14 bei juris, unter Bezugnahme auf EuGH v. 30.05.2013, Rs. C-534/11, NVwZ 2013, 1142 ff.; VG Düsseldorf v. 20.03.2015 - 13 K 501/14.A, Rn. 83 ff. bei juris; v. 01.04.2015 - 13 L 1031/15.A, Rn. 57 ff. bei juris; v. 11.05.2015 - 22 L 1329/15.A, Rn. 60 ff. bei juris). Entsprechend den Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 AufnahmeRL darf nach § 31/A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen und nur, wenn nicht durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, dass der Asylbewerber sich dem Asylverfahren nicht entzieht. Nach weiteren Regelungen des § 31/A Asylum Act Hungary ist die Haft u. a. zu beenden, wenn der Haftgrund entfallen ist, soll die Asylhaft nur in speziellen Einrichtungen vollzogen werden (gem. § 31/F Asylum Act Hungary unter Trennung von Männern und Frauen sowie von Familien mit Minderjährigen von sonstigen Bewohnern) und wird die zulässige Höchstdauer von Asylhaft begrenzt (zunächst 72 Stunden mit Verlängerungs-möglichkeiten, maximal auf insgesamt 6 Monate), woraus folgt, dass eine Über-prüfung der Inhaftierung von Amts wegen nach 72 Stunden und anschließend nach 60 Tagen erfolgt (vgl. auch Auskunft von Pro Asyl an VG Düsseldorf v. 31.10.2014, zu Frage 11; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2015, S. 13). Familien mit Minderjährigen dürfen gemäß § 31/B Abs. 2 Asylum Act Hungary nur als ultima ratio inhaftiert werden, wobei das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist. Darüber hinaus besteht gemäß § 31/C Abs. 3 Asylum Act Hungary die begrenzte Möglichkeit, gegen die Inhaftierung Einspruch einzulegen (hierzu und zu weiteren Einzelheiten exemplarisch VG Düsseldorf v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 85 bei juris). Die Haftanordnung ergeht in Ungarn gegenüber den betroffenen Asylsuchenden in Übereinstimmung mit Art. 9 Abs. 2 AufnahmeRL schriftlich unter Angabe der sachlichen und rechtlichen Haftgründe und unter verbaler Übersetzung (Auskunft von Pro Asyl an VG München v. 30.10.2010, zu Frage 1; zur Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 2 EMRK: VG Düsseldorf v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 112 ff. bei juris, m. w. N.).

Es gibt auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die ungarischen Behörden die gesetzlichen Vorgaben bei ihrer Entscheidung über die Inhaftierung von Asylbewerbern - speziell Dublin-Rückkehrern - nicht nur in Einzelfällen, sondern systemisch /systematisch nicht beachten (ebenso VG Düsseldorf v. 20.03.2015 - 13 K 501/14.A; VG München v. 18.03.2015 - M 12 S 15.50040; VG München v. 20.05.2015 - M 1 S 14.50568). Es erscheint angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich dem Asylverfahren in Ungarn entziehen und in anderen Staaten der Europäischen Union entgegen den Regelungen der Dublin-II oder Dublin-III-Verordnung einen weiteren Asylantrag stellen, nicht ausgeschlossen, dass bei der tatsächlichen Zahl der inhaftierten Asylantragsteller in Ungarn tatsächlich Fluchtgefahr gem. Art. 8 Abs. 3 b) AufnahmeRL besteht (s.o. VG München v. 18.03.2015 - M 12 S 15.50040, Rn. 41 bei juris).

Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, dass die Inhaftierung speziell von Dublin-Rückkehrern in der Praxis unter systematischem Verstoß gegen das Einzelfallprüfungsgebot (Art. 8 Absatz 2 AufnahmeRL, § 31/A Asylum Act Hungary) angeordnet wird. Auch wenn die Haftanordnung regelmäßig schematisch erfolgt (Auskunft von Pro Asyl an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014, zu Frage 9, S. 8; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2015, S. 6), lässt sich daraus nicht bereits ableiten, dass eine Einzelfallprüfung auch tatsächlich nicht stattgefunden hat. Vielmehr erscheint es dem Gericht - in Übereinstimmung mit dem VG Düsseldorf (exemplarisch Urt. v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 99 ff. bei juris) - speziell bei Dublin-Rückkehrern nachvollziehbar, dass die Haftanordnungen größtenteils inhaltlich identisch aussehen und von einer individuellen Begründung absehen, da dann regelmäßig auf den Haftgrund der Fluchtgefahr rekurriert werden kann, was vor dem Hintergrund, dass die Dublin-Rückkehr sich bereits einmal dem Asylverfahren in Ungarn entzogen haben, nicht willkürlich erscheint. Zudem sind auch einige Fälle belegt, in denen die Haftanordnung individuelle Besonderheiten berücksichtigt und in denen Haftalternativen ausdrücklich eruiert worden sind (Auskunft von Pro Asyl an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014, zu Frage 10; speziell für Familien und besonders schutzbedürftige Personen, die in der Regel nicht inhaftiert werden: Auskunft des UNHCR an das VG Düsseldorf v. 30.09.2014, zu Frage 6). Daraus geht hervor, dass die gesetzlich vorgesehenen Haftalter-nativen in der Praxis - wenn auch in Ausnahmefällen - tatsächlich angewendet werden. Die geringe Anzahl von Fällen, in denen eine Kaution angeordnet wurde, überrascht dabei nicht, da Asylsuchende in der Regel nicht über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, um eine Kaution bezahlen zu können (VG Düsseldorf v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 109, 110; vgl. auch: Auskunft von Pro Asyl an das VG Düsseldorf v. 31.10.2014 a. a. O.; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2015, S. 11).

Soweit in der ungarischen Haftpraxis über die ausdrücklich in § 31/A Abs. 1 Asylum Act Hungary geregelten Tatbestandsvoraussetzungen hinaus auf weitere Haftgründe zurückgegriffen wird, die nicht unter die im Asylum Act genannten Haftgründe fallen, wie z. B. „unrechtmäßiger Aufenthalt“, „irreguläre Einreise“, „Fehlen ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts“, „Fehlen von Verbindungen nach Ungarn“ (vgl. Auskunft von Pro Asyl an VG Düsseldorf v. 31.10.2014, zu Frage 9; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2014, S. 6 ff.), ist - unabhängig von der Frage, inwieweit diese Haftgründe tatsächlich bei Dublin-Rückkehrern angewendet werden - insofern zu berücksichtigen, dass jedenfalls bei Dublin-Rückkehrern tragfähige Anhaltspunkte dafür bestehen, die die dann häufige bis regelmäßige Einschlägigkeit und Heranziehung des auch in der AufnahmeRL aufgeführten Haftgrunds der Fluchtgefahr belegen. Im Übrigen lässt sich nicht allein aus einer etwaigen europarechtswidrigen Annahme eines Haftgrundes ohne Weiteres auf das Vorliegen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 EUGRCh schließen. Entscheidend ist vielmehr, dass das ungarische Recht den Asylbewerbern in solchen Fällen ermöglicht, sich gegen eine unrechtmäßige Inhaftierung zu wehren. (Auch) insofern bezieht sich das Gericht auf die Ausführungen des VG Düsseldorf v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 91 ff. (Rechtsbehelfe Inhaftierung), die es sich zu Eigen macht.

Ferner sind den vorliegenden Auskünften (vgl. z. B. Auskunft von Pro Asyl an VG Düsseldorf v. 31.10.2014, zu Frage 5 b bis f; Auskunft des UNHCR an VG Düsseldorf v. 30.09.2014, zu Frage 5 b bis f; Auskunft des AA an VG München v. 19.11.2014, zu Frage b; Hungarian Helsinki Committee, Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary, Mai 2015, S. 15 ff.) auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Bedingungen inhaftierter Asylbewerber in Ungarn zu einer systematischen unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten (vgl. auch insofern BayVGH v. 12.06.2015 - 13a ZB 15.50097, Rn. 5 der Beschlussausfertigung). In den vorzitierten Erkenntnisquellen wird vielmehr ausgeführt, dass die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme, Hygienebedürfnisse, medizinische Versorgung) in Ungarn auch während der Asylhaft in einer noch zumutbaren Weise erfüllt werden (zum Ganzen auch: VG Düsseldorf v. 20.03.2015 a. a. O., Rn. 121 ff. bei juris; VG Aachen v. 26.02.2015 - 5 L 54/15.A, Rn. 60 ff. bei juris, VG München v. 20.05.2015 a. a. O.; VG München v. 30.03.2015 - M 2 K 15.50224; VG Augsburg v. 02.02.2015 - Au 2 S 15.50041, Rn. 28 bei juris). So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet. Dass die hygienischen Einrichtungen in Teilbereichen defizitär sein mögen und die Art der Ernährung wenig befriedigend sein mag, wie dies im Übrigen auch bei einem nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass die Haftbedingungen generell nicht menschenwürdig sind. Solange die hygienischen Standards keine Gefahren für die Gesundheit begründen und die Qualität der Ernährung keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, können die Haftbedingungen nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenrechtsgemäße Schlechterbehandlung angesehen werden. Es mag zwar im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Asylsuchenden in Ungarn - wie in anderen Ländern auch - in Einzelfällen Verstöße gegen die entsprechenden rechtlichen Vorgaben geben. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass diese systemisch bedingt sind. Einzelfälle von Misshandlungen, wie sie etwa von Pro Asyl (in der Auskunft an die erkennende Kammer v. 31.10.2014, zu Frage 1) und im Bericht des Hungarian Helsinki Comitees („Information Note on Asylum-Seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary“, May 2014, S. 18) genannt werden, lassen daher keine Rückschlüsse auf systemische Mängel zu. Mehr als eine Einzelfallimpression kann hierdurch nicht belegt werden (VG Regensburg v. 20.02.2015 - RN 3 K 14.50264, Rn. 49 bei juris).

Sollte der Kläger bei Rückkehr nach Ungarn nicht in Asylhaft genommen werden, sind auch keine Anhaltspunkte für systemische Mängel mit Blick auf Art. 4 EU-Grundrechte-Charta wegen drohender Obdachlosigkeit ersichtlich. Es ist im gesamten vergangenen Jahr 2014 kein Fall bekannt, in dem einem Asylsuchenden - etwa wegen Überbesetzung der Unterbringungseinrichtungen - in Ungarn kein Obdach gewährt worden ist (AIDA Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, Reception Conditions /A. 3. Types of accommodation, S. 43; vgl. bereits den vorangegangenen AIDA-Report, Stand: 30. April 2014, S. 40; VG Gelsenkirchen v. 10.04.2015 - 18a L 453/15.A, Rn. 61 ff. bei juris).

Auch für den Fall, dass der Kläger in Ungarn nach dem dortigen Abschluss des Verfahrens Flüchtlingsschutz bzw. einen subsidiären Schutzstatus erhalten sollte, bestehen gegen eine Rückführung dorthin keine Bedenken. Das Gericht geht zwar davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Asylbewerber und subsidiär Schutzberechtigte schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonotoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, S. 16 ff.). Diese stellen sich aber - auch unter Berücksichtigung von gesetzlichen Integrationsleistungen (Auskunft AA an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 3) - als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGRCh zur Folge hätten (VG Münchenv. 30.03.2015 - M 12 S 15.50022, Rn. 43, 44 bei juris; VG München v. 30.03.2015 - M 12 S 15.50038, Rn. 44, 45 bei juris). Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Speziell im Fall des Klägers als alleinstehendem, gesundem und arbeitsfähigem jungen Mann sind keine besonderen Umstände ersichtlich, die eine besondere Bewertung erforderten.

Sollte der Asylantrag des Klägers in Ungarn in der Sache abgelehnt werden, wäre der Kläger noch bis zur Unanfechtbarkeit der gerichtlichen Entscheidung berechtigt, in offenen Unterbringungseinrichtungen Aufenthalt zu nehmen; nach unanfechtbarer Ablehnung bestünde noch zwei Monate Anspruch auf Unterkunft und Basis-versorgung nach den Regelungen des ungarischen Asylgesetzes. Es verbleibt dann nur die Berechtigung, in den öffentlichen Notunterkunftsplätzen des jeweiligen Komitats Aufenthalt zu nehmen und zur kostenfreien Notfallversorgung der öffentlichen Gesundheitszentren (vgl. Auskunft AA an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 3). Entsprechendes gilt für den Fall eines Folgeantrags. Es ist nicht ersichtlich, dass der ungarische Staat Asylsuchende im Folgeverfahren generell oder regelmäßig über einen unabsehbar langen Zeitraum sich selbst überlässt und sie - ohne Aussicht auf Verbesserung ihrer Lage - im Sinne eines systemischen Mangels mit Blick auf Art. 4 EUGRCh /Art. 3 EMRK hoffnungsloser, extremer materieller Armut aussetzen würde (VG Gelsenkirchen v. 10.04.2015 - 18a L 453/15.A, Rn. 69 ff. bei juris). Zudem folgt aus der bestandskräftigen Ablehnung die Ausreisepflicht in den Herkunftsstaat. Dass in der Situation einer vollziehbaren Ausreisepflicht nach bestandskräftiger Ablehnung des Asylantrags in Ungarn oder bei Folgeantragsstellern, deren Antrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgelehnt wurde, unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. Auskunft AA an die erkennende Kammer v. 02.03.2015, zu Frage 1; Auskunft AA an VG Augsburg v. 23.05.2013, zu Frage 2) auch Abschiebehaft in Betracht kommt (AIDA Country Report Hungary, Stand: 17.02.2015, Detention of Asylum Seekers /B. Grounds for detention, S. 52 f.; vgl. auch VG München v. 18.03.2015 - M 12 S 15.50040, Rn. 52 f.; VG Regensburg v. 10.04.2015 - RO 1 S 15.50123, Rn. 32 ff. bei juris), begründet für sich keine „systemischen Mängel“ des Asylverfahrens bzw. der Unterbringungsbedingungen am Maßstab von Art. 4 EUGRCh, da Haft in dieser Situation typischerweise der Sicherung der sich abzeichnenden Abschiebung des Betroffenen in seinen Herkunftsstaat dient.

Eine abweichende Bewertung erfordert auch nicht die Auswertung der übrigen Erkenntnisse der Beweiserhebung des erkennenden Gerichts durch Auswärtiges Amt und Pro Asyl im Hinblick auf die im jeweiligen Anschreiben vom 8. August 2014 genannten und über die Beweisthemen des VG Düsseldorf hinausgehenden Fragestellungen, die für sämtliche Verfahren einheitlich erfolgte. Insbesondere weisen die von Pro Asyl erteilten weiteren Auskünfte zu Frage 2 (Lage bei Dublin-Rückkehrern: negative Entscheidung über Asylantrag in Abwesenheit) und 4 (Belange schutzbedürftiger Personen) weisen in der vorzufindenden Fallkonstellation geringe eigene Relevanz auf, so dass eine Abweichung von oben getroffener Bewertung nicht veranlasst ist. Die Auskunft zu Frage 1 (Abschiebungshaftpraxis/Inhaftierung von Familien und Kindern) enthält im Ergebnis eine rechtliche Bewertung (vgl. hierzu im Übrigen oben).

Schließlich hält die oben getroffene Bewertung auch der gemäß § 77 Abs. 2 AsylVfG zu beachtenden aktuellen Entwicklung in Ungarn Stand:

Den am 23. Juni 2015 verlautbarten Aufnahmestopp im Rahmen der Dublin-Verfahren hat die ungarische Regierung schon am 24. Juni 2015 revidiert und klargestellt, die EU-Regelungen zur Dublin-III-Verordnung nicht zu suspendieren (vgl. etwa Süddeutsche Zeitung unter http://www.sueddeutsche.de/politik/nach-kritik-aus-bruessel-ungarn-rudert-bei-aufnahmestopp-fuer-asylsuchende-zurueck-1.2536039). Im Übrigen ist im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen, dass es in Bezug auf den Kläger um ein „Alt-Verfahren“ geht, bezüglich dessen sich Ungarn im Dublin-Verfahren ausdrücklich gegenüber der Beklagten zur Wiederaufnahme einverstanden erklärt hat. Selbst wenn Ungarn weiterhin vertreten sollte, dass die Rücknahmepflicht nach den Dublin - Regularien nicht Personen betreffe, die andere EU-Staaten irrtümlich nach Ungarn abschieben wollten, weil diese bei ihrer Flucht als erstes EU-Land Griechenland betreten hätten und deswegen nach der Dublin-III-Verordnung nur dort einen Asylantrag stellen dürften, ist insbesondere unter Berücksichtigung des EU-Prinzips des gegenseitigen Vertrauens sowie mit Blick auf den jüngst ausdrücklich erklärten Willen Ungarns, den Verpflichtungen aus den EU-Regelungen zum Dublin-System auch zukünftig gerecht zu werden, nicht ersichtlich, dass Asylsuchende, deren Wiederaufnahme aufgrund schriftlicher und verbindlicher Erklärung Ungarns gegenüber der Bundesrepublik Deutschland längst ausdrücklich akzeptiert wurde, nicht mehr nach Ungarn zurücküberstellt werden könnten. Eine Abschiebungsanordnung gem. § 34a Abs. 1 AsylVfG i.V. mit § 26a AsylVfG darf nämlich dann ergehen, wenn der Zielstaat der Abschiebung einer Übernahme des Betroffenen zugestimmt hat (vgl. BVerfG v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2315/93, Rn. 156 bei juris).

Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO abzuweisen.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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Verwaltungsgericht München Urteil, 03. Juli 2015 - M 23 K 15.50041 zitiert oder wird zitiert von 22 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 20. Mai 2015 - M 1 S 14.50568

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Tenor I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt. II. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt. III. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfa

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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Januar 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... Januar 2015 wird angeordnet. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründ

Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 19. Mai 2015 - RO 4 K 14.50346

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Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 10. Apr. 2015 - RO 1 S 15.50123

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 18. März 2015 - M 12 S 15.50040

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 20. Feb. 2015 - RN 3 K 14.50264

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Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden. 1Gründe: 2Der am 23. März 2015 bei Gericht gestellte Antrag, 3die aufschiebende Wirkung der Klage 13 K 2268/15.A gegen

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 20. März 2015 - 13 K 501/14.A

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 26. Feb. 2015 - 5 L 54/15.A

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Gründe 1 Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage - am 17.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.01.2015, mit welchem der Asylan

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil, 07. März 2014 - 1 A 21/12.A

bei uns veröffentlicht am 07.03.2014

Tenor Das angefochtene Urteil wird geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläg

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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Januar 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... Januar 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger, der unter anderem über die T., G., M., K., S. und U. in die Bundesrepublik Deutschland gelangte und am ... November 2014 Asylantrag stellte.

Nach Feststellung eines entsprechenden EURODAC-Ergebnisses erklärte auf Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom ... Dezember 2014 die zuständige ungarische Behörde mit Schreiben vom ... Dezember 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags, nachdem der Antragsteller dort bereits am ... Oktober 2014 Asylantrag gestellt hatte.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Januar 2015 erklärte die Antragsgegnerin den Asylantrag für unzulässig (Nr. 1). Die Abschiebung nach U. wurde angeordnet (Nr. 2).

Durch Schriftsatz vom 22. Januar 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tage, erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hiergegen Klage (M 23 K 15.50041) und beantragte für das vorliegende Verfahren, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in U. systemische Mängel bei der Durchführung der Asylverfahren und der Unterbringung bestünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, § 34a Abs. 2 AsylVfG. Er wurde innerhalb der nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG maßgeblichen Frist von einer Woche nach Bekanntgabe gestellt.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage lassen sich die Erfolgsaussichten der Klage vorliegend nicht abschließend bewerten.

Zwar bezweifelt das Gericht die grundsätzliche Zuständigkeit U.s für die Prüfung des Asylantrags nicht, nachdem der Kläger dort Asylantrag gestellt hatte. U. ist als Mitgliedsstaat der Europäischen Union kraft Gesetzes sicherer Drittstaat und haben die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit anerkannt (Art. 18 Abs. 1 b VO (EU) Nr. 604/2013 - „Dublin-III“).

Die Frage des Vorliegens systemischer Mängel der Asylverfahren in U., die entgegen dieser Annahme ggf. zu einem Selbsteintritt der Antragsgegnerin führen könnten, ist derzeit offen und wird von den Verwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt (vgl. bejaht z. B. VG München, U. v. 12.11.2014 - M 18 K 13.31120; U. v. 26.9.2014 - M 24 K 14.50320; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14; a. A. VG München, U. v. 25.9.2014 - M 17 K 14.30490; VG Würzburg, U. v. 23.9.14 - W 1 K 14.50050). Vielfach wird in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes diese Frage vor dem Hintergrund der neueren Erkenntnismittel als zumindest offen angesehen (vgl. z. B. VG München B. v. 30.10.2014 - M 16 S 14.50546; VG Berlin, B. v. 15.1.15 - 23 L 899.14 A; VG Köln B. v.19.12.14 - 20 L 2345/14 A; VG Magdeburg, B. v. 11.12.14 - 9 B 449/14; VG Düsseldorf B. v. 28.5.2014 - 13 L 172/14.A - jeweils juris). Auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat im Hinblick auf die divergierende erstinstanzliche Rechtsprechung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dem Antrag im Rahmen einer zugelassenen Berufung stattgegeben (vgl. B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris).

Weitere obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bislang, soweit ersichtlich, nur mit den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 2013 (4 L 169/12 - juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. August 2013 (12 S 675/13 - juris) vor, in denen das Vorliegen „systemischer Mängel“ jeweils verneint wurde. Nicht bzw. nur teilweise berücksichtigt werden konnten dabei allerdings die zwischenzeitlich vorliegenden neueren Erkenntnisse, wonach in U. insbesondere zum 1. Juli 2013 eine erneute Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, bei der Inhaftierungen von Asylbewerbern für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vorgesehen sind.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Entscheidung Mohammadi vs. Österreich (U. v. 3.7.2014 - 71932/12) feststellt, dass in U. keine systemischen Mängel vorlägen. Es gäbe keine systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden mehr und seien Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen (Rn. 68). In Bezug auf die Haftbedingungen sei festzustellen, dass es Verbesserungen gäbe. Der UNHCR habe bislang noch keine systemischen Mängel explizit festgestellt (Rn. 69). Diese Bewertung durch den EGMR beruht jedoch überwiegend auf Stellungnahmen, insbesondere des UNHCR sowie des Helsinki Komitees, die vor der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 bzw. kurz danach erfolgten.

Zwischenzeitlich liegen zur Rechtsanwendungspraxis in U. u. a. aktuelle Berichte sowohl des UNHCR vom 9. Mai 2014 (Schreiben vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), von PRO ASYL (Schreiben vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf und VG München, hier zu den anhängigen Parallelverfahren M 23 K 14.30073 u. a., abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), des ungarische Helsinki Komitees vom Mai 2014 („Information Note“ - abrufbar unter: http://...hu), des Menschenrechtskommissars des Europarats vom Mai 2014 (abrufbar unter: https://...int) sowie der U.-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database, Stand: 30.4.2014; abrufbar unter: http://www...org) vor, die die Befürchtungen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft in U. grundsätzlich ohne Angabe von Gründen und ohne Prüfung ihrer individuellen Umstände inhaftiert werden und mangels wirksamer Rechtsschutzmöglichkeiten die Haft bzw. die unter Umständen mehrere Monate währende Haftfortdauer nicht wirklich überprüfen lassen können, bestätigen.

Insbesondere im Hinblick auf diese neuen Erkenntnisquellen sind die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung derzeit nicht hinreichend abschätzbar. Wesentlich zu berücksichtigen ist weiter, dass der erkennende Einzelrichter in sämtlichen anhängigen Klageverfahren zur vorrangigen Asylantragstellung in U. Beweis erhoben hat (Az. M 23 K 14.30073 u. a., vgl. oben) und die Beweiserhebung derzeit noch nicht abgeschlossen ist.

Das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage - die die genannte Beweiserhebung mit einzubeziehen hat - nicht zwangsweise nach U. rücküberstellt zu werden, ist höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer möglichst umgehenden Rückführung des Antragstellers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22. Januar 2015 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom ... Januar 2015 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge syrischer Staatsangehöriger, der unter anderem über die T., G., M., K., S. und U. in die Bundesrepublik Deutschland gelangte und am ... November 2014 Asylantrag stellte.

Nach Feststellung eines entsprechenden EURODAC-Ergebnisses erklärte auf Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom ... Dezember 2014 die zuständige ungarische Behörde mit Schreiben vom ... Dezember 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags, nachdem der Antragsteller dort bereits am ... Oktober 2014 Asylantrag gestellt hatte.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom ... Januar 2015 erklärte die Antragsgegnerin den Asylantrag für unzulässig (Nr. 1). Die Abschiebung nach U. wurde angeordnet (Nr. 2).

Durch Schriftsatz vom 22. Januar 2015, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am selben Tage, erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hiergegen Klage (M 23 K 15.50041) und beantragte für das vorliegende Verfahren, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in U. systemische Mängel bei der Durchführung der Asylverfahren und der Unterbringung bestünden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist statthaft, § 34a Abs. 2 AsylVfG. Er wurde innerhalb der nach § 34a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG maßgeblichen Frist von einer Woche nach Bekanntgabe gestellt.

Nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage lassen sich die Erfolgsaussichten der Klage vorliegend nicht abschließend bewerten.

Zwar bezweifelt das Gericht die grundsätzliche Zuständigkeit U.s für die Prüfung des Asylantrags nicht, nachdem der Kläger dort Asylantrag gestellt hatte. U. ist als Mitgliedsstaat der Europäischen Union kraft Gesetzes sicherer Drittstaat und haben die ungarischen Behörden ihre Zuständigkeit anerkannt (Art. 18 Abs. 1 b VO (EU) Nr. 604/2013 - „Dublin-III“).

Die Frage des Vorliegens systemischer Mängel der Asylverfahren in U., die entgegen dieser Annahme ggf. zu einem Selbsteintritt der Antragsgegnerin führen könnten, ist derzeit offen und wird von den Verwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt (vgl. bejaht z. B. VG München, U. v. 12.11.2014 - M 18 K 13.31120; U. v. 26.9.2014 - M 24 K 14.50320; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14; a. A. VG München, U. v. 25.9.2014 - M 17 K 14.30490; VG Würzburg, U. v. 23.9.14 - W 1 K 14.50050). Vielfach wird in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes diese Frage vor dem Hintergrund der neueren Erkenntnismittel als zumindest offen angesehen (vgl. z. B. VG München B. v. 30.10.2014 - M 16 S 14.50546; VG Berlin, B. v. 15.1.15 - 23 L 899.14 A; VG Köln B. v.19.12.14 - 20 L 2345/14 A; VG Magdeburg, B. v. 11.12.14 - 9 B 449/14; VG Düsseldorf B. v. 28.5.2014 - 13 L 172/14.A - jeweils juris). Auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat im Hinblick auf die divergierende erstinstanzliche Rechtsprechung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO dem Antrag im Rahmen einer zugelassenen Berufung stattgegeben (vgl. B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris).

Weitere obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage liegt bislang, soweit ersichtlich, nur mit den Beschlüssen des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 31. Mai 2013 (4 L 169/12 - juris) und des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 6. August 2013 (12 S 675/13 - juris) vor, in denen das Vorliegen „systemischer Mängel“ jeweils verneint wurde. Nicht bzw. nur teilweise berücksichtigt werden konnten dabei allerdings die zwischenzeitlich vorliegenden neueren Erkenntnisse, wonach in U. insbesondere zum 1. Juli 2013 eine erneute Gesetzesänderung in Kraft getreten ist, bei der Inhaftierungen von Asylbewerbern für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten vorgesehen sind.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in seiner Entscheidung Mohammadi vs. Österreich (U. v. 3.7.2014 - 71932/12) feststellt, dass in U. keine systemischen Mängel vorlägen. Es gäbe keine systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden mehr und seien Alternativen zur Inhaftierung gesetzlich vorgesehen (Rn. 68). In Bezug auf die Haftbedingungen sei festzustellen, dass es Verbesserungen gäbe. Der UNHCR habe bislang noch keine systemischen Mängel explizit festgestellt (Rn. 69). Diese Bewertung durch den EGMR beruht jedoch überwiegend auf Stellungnahmen, insbesondere des UNHCR sowie des Helsinki Komitees, die vor der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 bzw. kurz danach erfolgten.

Zwischenzeitlich liegen zur Rechtsanwendungspraxis in U. u. a. aktuelle Berichte sowohl des UNHCR vom 9. Mai 2014 (Schreiben vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), von PRO ASYL (Schreiben vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf und VG München, hier zu den anhängigen Parallelverfahren M 23 K 14.30073 u. a., abrufbar in der Datenbank MILO des BAMF), des ungarische Helsinki Komitees vom Mai 2014 („Information Note“ - abrufbar unter: http://...hu), des Menschenrechtskommissars des Europarats vom Mai 2014 (abrufbar unter: https://...int) sowie der U.-Länder-Bericht des AIDA (Asylum Information Database, Stand: 30.4.2014; abrufbar unter: http://www...org) vor, die die Befürchtungen, dass Dublin-Rückkehrer nach ihrer Ankunft in U. grundsätzlich ohne Angabe von Gründen und ohne Prüfung ihrer individuellen Umstände inhaftiert werden und mangels wirksamer Rechtsschutzmöglichkeiten die Haft bzw. die unter Umständen mehrere Monate währende Haftfortdauer nicht wirklich überprüfen lassen können, bestätigen.

Insbesondere im Hinblick auf diese neuen Erkenntnisquellen sind die Erfolgsaussichten der Klage nach summarischer Prüfung derzeit nicht hinreichend abschätzbar. Wesentlich zu berücksichtigen ist weiter, dass der erkennende Einzelrichter in sämtlichen anhängigen Klageverfahren zur vorrangigen Asylantragstellung in U. Beweis erhoben hat (Az. M 23 K 14.30073 u. a., vgl. oben) und die Beweiserhebung derzeit noch nicht abgeschlossen ist.

Das Interesse des Antragstellers, bis zur Entscheidung über seine Klage - die die genannte Beweiserhebung mit einzubeziehen hat - nicht zwangsweise nach U. rücküberstellt zu werden, ist höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer möglichst umgehenden Rückführung des Antragstellers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

Das angefochtene Urteil wird geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, in beiden Rechtszügen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.


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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag wird einschließlich des Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin will mit ihrem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach U. erreichen.

Bei der Asylantragstellung am 13.1.2015 (bei der Angabe auf Blatt 3 der Behördenakten handelt es sich offenbar um einen Schreibfehler) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab die am ... 1985 geborene Antragstellerin an, syrische Staatsangehörige, sunnitischen Glaubens und arabische Volkszugehörige zu sein.

Bei ihrer vorbereitenden Anhörung für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 22.1.2015 erklärte sie, etwa am 15.7.2014 über L. in die T. gereist zu sein. Über Griechenland, Mazedonien und Serbien sei sie nach U. gekommen. Mit einem Pkw sei sie über Österreich nach Deutschland gereist.

Auf die Frage, ob Gründe gegen eine Prüfung ihres Asylantrages in einem andern Dublin Mitgliedstaat sprächen, gab sie kein Land an. Sie wolle aber, dass der Asylantrag in Deutschland überprüft werde, da es in Deutschland mehr Sicherheit und Unterstützungen gebe.

Auf Anfrage erklärten sich die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 10.2.2015 zur Übernahme der Antragstellerin nach Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO bereit. Diese habe am 6.1.2015 einen Asylantrag gestellt und sei kurz darauf verschwunden.

Nicht angegeben ist, dass das Asylverfahren daraufhin eingestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 23.2.2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach U. an (Nr. 2).

Für das Verfahren sei U. zuständig. Humanitäre Gründe für einen Selbsteintritt Deutschlands lägen nicht vor.

Der Bescheid wurde am 5.3.2015 zur Übergabe an den Antragsteller an die Aufnahmeeinrichtung Deggendorf gesandt.

Mit Telefax ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.3.2015 ließ die Antragstellerin Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 23.2.2015 erheben (RN 1 K 15.50124). Gleichzeitig beantragte sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.2.2015 anzuordnen.

Zur Begründung erklärte die Antragstellerin, sie sei an der serbisch-ungarischen Grenze festgenommen und ca. 10 Stunden festgehalten worden. Ihre Kleidung sei durchnässt gewesen. Sie habe sich nicht umziehen dürfen und habe stark gefroren. Sie habe weder etwas zu essen bekommen, noch ihr eigenes Essen verzehren dürfen. Auch auf die Toilette habe sie nicht gehen dürfen. Mit physischer Gewalt habe sie etwas unterschreiben müssen, was sie nicht verstanden habe. Ihr seien gewaltsam die Fingerabdrücke abgenommen worden. Eine Polizistin und ein Polizist hätten sie gegen die Brust geschlagen.

Das Asylverfahren in U. leide unter systemischen Mängeln. Die Unterbringung sei mangelhaft. Bei Rückschiebung drohe die Inhaftierung. Asylbewerber, die nicht untergebracht würden, drohe die Obdachlosigkeit. Das Schlafen auf Plätzen und Wegen sei aber untersagt.

Die Antragsgegnerin beantragte unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann keinen Erfolg haben.

Grundsätzlich kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Nach § 75 Satz 1 AsylVfG gilt dies auch für die vorliegende Entscheidung nach dem AsylVfG.

Die Abschiebungsanordnung ist dem Grundsatz nach rechtmäßig. U. ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und es sind keine außergewöhnlichen Gründe ersichtlich, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gebieten.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, wenn der Ausländer dorthin abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor.

Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei U. um den für das Asylverfahren zuständigen Staat im Sinne des § 27a AsylVfG handelt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. U. erklärte mit Schreiben vom 10.2.2015 das Einverständnis mit einer Rückübernahme der Antragstellerin, weil sie in U. bereits einen Asylantrag gestellt hatte, Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe in U. nur irgendetwas unterschrieben und damit keinen Asylantrag gestellt, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen, da sich die Zuständigkeit U. für das jetzige Asylverfahren dann zumindest aus dem illegalen Grenzübertritt nach U. ergibt, Art. 13 Dublin III-VO.

Sinn der Regelungen der Dublin III-VO ist es, Verfahrensverzögerungen durch Fragen zu vermeiden, wann in welchem Mitgliedstaat (Land der Europäischen Union sowie N., I., S. und Li.) ein Asylantrag gestellt wurde. Der Zuständigkeit U. steht damit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO auch nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin zuvor in G. aufhielt.

Der Regelung des § 34a Abs. 1 AsylVfG, nach dem die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Es gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10). Abweichend hiervon hat Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts berücksichtigt werden können und damit außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93).

Die Rechtsprechung lässt in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von dem Konzept der normativen Vergewisserung zu. Das Konzept wird danach insbesondere dann mit der Folge durchbrochen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, verbundene Rechtssachen C 411/10 und C 493/10, NVwZ 2012, 417). Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur erreicht werden, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass einer der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG v. 14.05.1996 a. a. O.).

Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitglied- oder Vertragstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin III-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO Gebrauch machen muss. Nur dann muss in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedstaat ist unzulässig.

Zur Widerlegung der Vermutung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens und zumutbarer Bedingungen für Asylbewerber muss sich nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (v. 19.3.2014, 10 B 6/14, zitiert nach juris) der Tatrichter „die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m. w. N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.“ Diese Überzeugung konnte das Gericht hinsichtlich U. nicht gewinnen.

Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Zwar waren die Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in der Vergangenheit beanstandenswert und teilweise unzureichend. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Unregelmäßigkeiten traten auch vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin (II)-III-VO Verordnung nach U. rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete daher bereits in einem Bericht vom April 2012 den Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer als problematisch (UNHCR, U. als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in U., April 2012, S. 9). Diese Lage hat sich zwischenzeitlich mit Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzesänderungen im ungarischen Parlament vom November 2012 erheblich gebessert. Nach der Fortschreibung der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland U. vom Dezember 2012 werden nunmehr die Asylgründe von Asylsuchenden auch inhaltlich geprüft, selbst wenn es sich um Asylsuchende handelt, die über Serbien oder die Ukraine oder im Wege der Rückführung nach U. gelangen.

Nach der Änderung der ungarischen Gesetzgebung zum 1.7.2013 wurde die Haft für Asylantragsteller wieder eingeführt. In der Praxis sind hiervon zwar Familien und schutzbedürftige Personen ausgeschlossen (UNHCR an VG Düsseldorf v. 30.9.2014), andere Asylbewerber, insbesondere auch Alleinstehende, die nach der Dublin-Verordnung überstellt werden, müssen aber mit einer Inhaftierung rechnen.

Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database -“aida“ vom 3.3.2015, mit Berichtsstand zum 27.2.2015 (das Update entspricht in großen Teilen dem Bericht vom 30.4.2014, für den eine deutsche Übersetzung für die Teile B Verfahren 3. Dublin; Aufnahmebedingungen und Inhaftierung von Asylbewerbern vorliegt; bei gleichem Text der Fassungen von 2015 und 2014 wird die deutsche Übersetzung zitiert), erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerbern, wenn das Asylverfahren noch nicht entschieden wurde, wovon nach den Angaben der ungarischen Behörden ausgegangen werden kann. Im Jahr 2014 wurden 5991 von 6857 Anträgen syrischer Asylbewerber nicht durch eine Sachentscheidung sondern in sonstiger Weise -“otherwise closed/discontinued“- erledigt (aida v 3.3.2015, Statistic). Soweit Asylbewerber ihren Asylantrag nicht schriftlich zurücknehmen, eine Ablehnung der Behörde erhalten und keinen gerichtlichen Rechtsschutz beantragt bzw. eine negative Entscheidung des Gerichts erhalten haben, wird nach Abschiebung im Rahmen eines Dublin-Verfahrens das Asylverfahren fortgeführt, ohne dass ein Asylfolgeverfahren beantragt werden muss (aida v. 3.3.2015, D subsequent applications).

Asylbewerber werden in einem Aufnahmezentrum untergebracht und erhalten drei Mahlzeiten pro Tag, teilweise auch Nahrungsmittelzuteilungen, wenn sie selbst kochen wollen (aida v. 3.3.2015, Reception Conditions A Access and forms of reception conditions 2. Form and levels of material reception conditions). Asylbewerber haben eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie können sich um Stellen bewerben, die nicht mit ungarischen Staatsbürgern oder Bürgern aus dem Europäischen Wirtschaftsraum besetzt sind. Syrische Asylbewerber erhalten nach Prüfung ihres Asylverfahrens mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit internationalen Schutz (aida v 3.3.2015, Statistic). Sie können dann noch zwei Monate im Aufnahmezentrum bleiben. Es besteht damit genügend Zeit, um eine Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Nicht ausgeschlossen werden kann nach der Gesetzesänderung zum 1.7.2013, dass Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrages in Einwanderungshaft genommen werden (aida v. 3.3.2015, Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragstellern, deren Antrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen der Asylhaft, die gegenüber der Einwanderungshaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (z. B. tagsüber freien Zugang zu frischer Luft statt nur einer Stunde Bewegung an der frischen Luft, aida a. a. O. Inhaftierung von Asylbewerbern, C Haftbedingungen) verbunden sind.

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe in § 31/A des ungarischen Asylgesetzes entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.

Asylsuchende aus typischen Flüchtlingsherkunftsländern wie Afghanistan, Somalia oder S. sind im Allgemeinen in U. nicht von Inhaftierung bedroht (UNHCR Auskunft vom 9.5.2014 an VG Düsseldorf). Diese Einschätzung ist nachvollziehbar, da bei der Antragstellerin auch kein Haftgrund ersichtlich ist. Haftgründe liegen insbesondere bei ungeklärter Identität oder ungeklärten Asylgründen vor. Im Dublin-Verfahren ist die Identität regelmäßig geklärt. Bei Asylbewerbern aus S. sind Gründe für internationalen Schutz allgemein anerkannt.

Selbst wenn nicht nach den Herkunftsländern der Asylbewerber unterschieden wird, hätte die Antragstellerin keine Einwanderungshaft sondern allenfalls Asylhaft zu erwarten (aida v. 3.3.2015, Inhaftierung von Asylbewerbern B Haftgründe). Auch in diesem Fall droht der Antragstellerin nicht die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 3.7.2014, 71932/122) und der überwiegenden deutschen Rechtsprechung (VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, W 1 S 14.50120; VG Regensburg, B. v. 17.12.2013, RN 5 S 13.30749, B. v. 24.2.2014, RN 6 S 14.30141; VG Augsburg, B. v. 12.2013, Au 7 S 13.30454, m. w. N., B. v. 28.10.2013, Au 6 E 13.30399; VG Ansbach, B. v. 3.12.2013, AN 11 S 13.31074; VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013, 12 S 675/13; a. A. z. B. VG München, B. v. 11.11.2013, M 18 S 13.31119; VG Berlin, B. v. 23.1.2015, 23 L 717.14 A).

Eine andere Beurteilung kann auch nicht aufgrund der Angaben der Antragstellerin erfolgen, sie sei geschlagen und schlecht behandelt worden. Auch bei der im vorliegenden Verfahren möglichen Unterstellung der Angaben als wahr führt dies nicht zu einem systemischen Fehler im ungarischen Asylverfahren. Die Angaben entsprechen nicht der allgemeinen Lage von Asylbewerbern in U.. Es würde sich insoweit nur um Exzesshandlungen einzelner Staatsbediensteter handeln, die der Zuständigkeit U. für das Asylverfahren nicht entgegenstehen. Selbst wenn zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen wird, dass wegen der stark gestiegenen Zahl von Asylbewerbern in U. seit dem Jahr 2014 die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, zusammen mit einer größeren Zahl von anderen Asylantragstellern nach dem Grenzübertritt in zu kleinen Räumen festgehalten zu werden, handelt es sich nur um vorübergehende Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte. Dementsprechende Berichte werden in Verfahren der vorliegenden Art zwar häufig aber keineswegs überwiegend abgegeben. In den Auskünften (aida v. 3.3.2015, UNHCR an VG Düsseldorf v. 9.5.2014, Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014) wird auf eine entsprechende Verfahrensweise nicht hingewiesen, so dass auch hieraus darauf geschlossen werden kann, dass nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit mit derartigen Einschränkungen der Persönlichkeits- und Freiheitsrechte nach illegalem Grenzübertritt gerechnet werden muss. Insbesondere liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Dublin-Rückkehrer entsprechende Maßnahmen erwarten müssten.

Die Antragstellerin kann damit auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO geltend machen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin III-VO begründen - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - keine subjektiven Rechte der Asylbewerber. Sie dienen nämlich alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten. Auch wenn man einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung annimmt, bestehen hier keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sich dieser zu einem Anspruch auf Selbsteintritt reduziert hätte („Ermessensreduzierung auf Null“).

Die Antragstellerin hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Gründe

1

Der Antragsteller wendet sich mit seinem - gleichzeitig mit der Klage - am 17.02.2015 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 06.01.2015, mit welchem der Asylantrag gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung des Antragstellers in dieSchweiz angeordnet wurde.

2

Der zulässige Antrag,

3

die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid vom 06.02.2015 anzuordnen,

4

ist unbegründet.

5

1.) Gemäß § 34 a Abs. 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt, sofern ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.

6

Wegen §§ 27 a, 34 a AsylVfG ist im Rahmen einer Interessenabwägung vorrangig zu beurteilen, ob das Land, auf welches die Abschiebungsanordnung lautet für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist bzw. ob diese Zuständigkeit ausnahmsweise wegen systemischer Mängel im Asyl- oder Aufnahmeverfahren in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen sein könnte.

7

Die Klage gegen die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrages sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat keine aufschiebende Wirkung (§ 75 Abs. 1 AsylVfG). Die aufschiebende Wirkung kann jedoch gemäß § 34 a Abs. 2 i. V. m. § 80 Abs. 2 Ziffer 3, Abs. 5 VwGO durch das Gericht angeordnet werden. Die Antragsfrist von einer Woche (§ 34 a Abs. 2 AsylVfG) ist eingehalten.

8

2.) Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005.04, juris); § 36 Abs. 4 AsylVfG findet keine Anwendung.

9

Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die - wie hier - nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, B. v. 14.07.2014, A 1 K 254/14). Dies ist der Fall, wenn ernst zu nehmende, hinsichtlich der Schwere und Offensichtlichkeit aber noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für eine mit Artikel 3 EMRK bzw. Artikel 4 GrCh nicht in Einklang stehende Umstände bestehen. Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, B. v. 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).

10

3.) Diese Anforderungen an die gerichtliche Eilentscheidung gestellt, kann vorliegend nicht mit der für das Eilverfahren notwendigen Gewissheit ausgeschlossen werden, dass die so von der Antragsgegnerin angenommene Zuständigkeit der Schweiz wegen des Bestehens systemischer Mängel entfallen ist. Anders gewendet: Die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Entscheidung über den Asylantrag im Wege des Selbsteintritts (Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO) ist vielmehr auszuschließen. Das Hauptsacheverfahren ist insoweit gerade nicht als offen im oben erörterten Sinne anzusehen.

11

a.) Dem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 83/389 vom 30. März 2010), des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S. 559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S. 685, ber. S. 953, in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Oktober 2010 (BGBl. II S. 1198)) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt. Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, Urt. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 u. C-493/10 -; ders.: Urt. v. 14. November 2013 - C-4/11 -, beide juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, Urt. v. 14.05. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. 2315/93 -, BVerfGE 94, S. 49, juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem zuständigen Mitgliedstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urt. v. 14.11. 2013, a.a.O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedstaat als für die Prüfung des Asylantrages zuständig bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedstaat den Asylantrag selbst prüfen (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a.a.O.; ders.: Urteil vom 14.11. 2013, a.a.O.).

12

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Platz, Urt. v. 21.02.2014, 10 A 10656/13, juris), wobei nicht jede Verletzung eines Grundrechts und jeder geringe Verstoß gegen gemeinsame Vorschriften geeignet ist, das Dublin-System in Frage zu stellen (vgl. VG Oldenburg, B. v. 21.01.2014, 3 B 6802/13, juris). Beurteilungsgrundlage bilden die Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichter der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, a. a. O., Rn.90 ff.). Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse geboten, wobei bei der unterschiedlichen Behandlung von bestimmten Personengruppen vorrangig auf die Verhältnisse für diejenige Gruppe abzustellen ist, der der Asylbewerber angehört; gleichwohl sind auch die Umstände, die andere Gruppenangehörige betreffen, mittelbar für die Beurteilung systemischer Mängel geeignet (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, 1 A 21/12, juris).

13

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 S. 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABL. C 303/17 vom 14. Dezember 207) i. V.m. Art. 6 Abs. 1 S. 3 EUV vom 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (ABl. C 306, S. 1, ber. ABl. 2008 C 111 S. 56 u. ABl. 2009 C 290 S. 1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urt. v. 21.01.2011 - 30696/09 - (M.S.S.), EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann erniedrigend, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt und fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu brechen. Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insbesondere von der Dauer der Behandlung und ihren physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers.

14

Werden Dublin-Rückkehrer - ebenso wie Asylbewerber - regelmäßig in Haft genommen, so sind die den zugrunde liegenden Umstände in den Blick zu nehmen. In seinem Urteil vom 21. Januar 2011 (- 30696/10) hat der EGMR eine Überstellung nach Griechenland als nicht mit Artikel 3 EMRK vereinbar angesehen, da die systematische Inhaftierung von Asylbewerbern, gerade auch solcher in Haftzentren ohne Angabe von Gründen, eine weit verbreitete Praxis der griechischen Behörden darstellte. Unter Berücksichtigung der zudem vorhandenen übereinstimmenden Zeugenaussagen zu den völlig unzureichenden Haftbedingungen sah der Gerichtshof bereits die vergleichsweise kurze Haftdauer im entschiedenen Fall von einmal vier Tagen und einmal einer Woche als nicht unbedeutend an. Die Gefühle der Willkür und die oft damit verbundenen Gefühle der Unterlegenheit und Angst sowie die tiefgreifenden Wirkungen auf die Würde einer Person, die solche Inhaftierungsumstände zweifellos hätten, bewertete er zusammengenommen als eine gegen Artikel 3 EMRK verstoßende erniedrigende Behandlung deshalb, weil Artikel 3 EMRK die Staaten verpflichte, sich zu vergewissern, dass die Haftbedingungen mit der Achtung der Menschenwürde vereinbar seien und dass Art und Methode des Vollzugs der Maßnahme den Gefangenen nicht Leid und Härten unterwerfe, die das mit einer Haft unvermeidbar verbundene Maß an Leiden übersteige. Sind die Mitgliedstaaten noch dazu aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben zur Einhaltung bestimmter Mindeststandards der Aufnahmebedingungen verpflichtet, sind die konkreten Anforderungen an die Schwere der Schlechtbehandlung im Sinne der EMRK niedriger anzusetzen bzw. kommt umgekehrt einem Verstoß gegen diese unionsrechtlichen Verpflichtungen oder ihrer Umsetzung im nationalen Recht für die Annahme einer relevanten Grundrechtsverletzung nach Artikel 3 EMRK bzw. Art. 4 GrCH ein besonderes Gewicht zu (zitiert nach VG Düsseldorf, B. v. 16.06.2014, 13 L 141/14, juris).

15

Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19.03.2014, 10 B 6.14, juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. OVG Münster, Urt. v. 07.03.2014, a.a.O.; OVG Sachsen Anhalt, B. v. 14.03.2013. 4 L 44/13, juris; BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, 10 C 23/12, alle juris; OVG Rheinland-Pfalz, a.a.O.).

16

b.) In Ansehung dessen folgt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, dass bezüglich der Schweiz zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 2 AsylVfG [analog]) keine ernst zu nehmenden oder hinsichtlich ihrer Schwere noch weiter aufklärungsbedürftige Anhaltspunkte für das Bestehen systemischer Mängel bestehen. Dabei ist das EU-Flüchtlingsrecht und das Dublin-Abkommen wegen des Abkommens zischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Überprüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellt Asylantrag vom 26.10.2004 anwendbar.

17

Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte. Ebenso in jüngerer Zeit VG Gelesenkirchen, Beschluss v. 26.01.2015, 6a L 2118/14.A; VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle juris).

18

Dabei ist zunächst festzustellen, dass es Internet nahezu keine verwertbaren Informationen zu den Begrifflichkeiten „Schweiz, systemische Mängel, Dublin“ auffindbar sind. Weder vom UNHCR noch von Amnesty International oder sonstigen Flüchtlingshilfeorganisationen sind überhaupt Dokumente auffindbar. Bereits diese Tatsache der fehlenden Veröffentlichungen im Internet, lässt den Schluss zu, dass die „systemischen Mängel“ gerade nicht zu verzeichnen sind. Denn ansonsten wären mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Informationen erhältlich. Für diesen Rückschluss spricht, dass Informationen und Dokumente zu den Ländern in denen „systemische Mängel“ zu verzeichnen sind oder waren, wie Griechenland, Italien, Bulgarien und Ungarn, massig im Netz auffindbar sind und die Rechsprechung darauf reagiert hat. Seitens der Rechtsprechung sind ausnahmslos Entscheidungen auffindbar, die die EU-Konformität der Schweiz annehmen und das Selbsteintrittsrecht Deutschlands verneinen, wenngleich diese Entscheidungen eine tiefere Begründung vermissen lassen, was wegen der Offensichtlichkeit aber auch nicht notwendig ist (vgl.: oben angegebene Rechtsprechung).

19

Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt.

20

Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Antragsteller besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet.

21

Schließlich trägt der Antragsteller selbst nichts vor.


Tenor

1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

2. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, in dem Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 15. Januar 2015 ist unbegründet, weil die geltend gemachten Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG nicht vorliegen.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger wirft als grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn im Hinblick auf die seit 1. Juni 2013 bestehenden Regelungen zur Asylhaft systemische Mängel aufweisen. Zwar habe der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. Dezember 2013 systemische Mängel im Hinblick auf Ungarn verneint. Es gebe aber zwischenzeitlich neue Erkenntnismittel, die systembedingte Mängel belegen würden, nämlich Schreiben des UNHCR vom 9. Mai 2014 und vom 30. September 2014 sowie von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 jeweils an das Verwaltungsgericht Düsseldorf und Berichte von AIDA und des Ungarischen Helsinki Committees vom April bzw. Mai 2014. Auch das Verwaltungsgericht Berlin sowie eine andere Kammer des Verwaltungsgerichts München würden die Auffassung vertreten, die exzessive Anwendung der sog. Asylhaft in Ungarn, die regelmäßig alle Dublin-Rückkehrer betreffe, verstoße gegen Art. 6 GR-Charta und Art. 5 EMRK.

Dieser Vortrag rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Mit dem Hinweis auf abweichende Entscheidungen einzelner erstinstanzlicher Verwaltungsgerichte wird bereits kein grundsätzlicher Klärungsbedarf aufgezeigt (OVG NW, B. v. 8. 9. 2014 -13 A 1347/14.A - AuAS 2014, 237 Rn. 21). Abgesehen davon gehen sowohl das Verwaltungsgericht Berlin (B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - Asylmagazin 2015, 80 = juris) wie das Verwaltungsgericht München (B. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris) nicht von einem systemischen Verstoß gegen Art. 4 EU-Grundrechtecharta aus, wie in Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), bestimmt ist. Bei beiden erstinstanzlichen Gerichten gilt, dass sie offenbar einen anderen als den in Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 der Dublin III-VO festgelegten Prüfungsmaßstab („Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta“) zugrunde gelegt haben (vgl. auch OVG SH, B. v. 13.4.2015 - 2 LA 39/15 - juris). Diesen Maßstab hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits für die Dublin II-VO verbindlich festgelegt, indem er ausgeführt hat, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat genügt, um die Annahme systemischen Versagens zu tragen (EuGH, U. v. 21.12.2011 - N.S. u. a., C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 Rn. 82; vgl. auch BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677). Im Übrigen verneint auch der Großteil der nationalen Verwaltungsgerichte systemische Mängel bzw. Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn.

Soweit der Kläger auf die neueren Auskünfte von UNHCR und Pro Asyl verweist ergibt sich hieraus nichts anderes. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf, auf dessen Veranlassung diese eingeholt wurden, ist nach Auswertung der Stellungnahmen zu dem Ergebnis gelangt, dass sich nicht feststellen ließe, dass ein Kläger Gefahr liefe, nach seiner Rücküberstellung nach Ungarn einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK zu unterfallen (VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris Rn. 50). Die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehr inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems (VG Düsseldorf a. a. O. Rn. 81). Auch der Kläger zeigt nicht weiter auf, welche Verstöße gegen Art. 4 EU-GR-Charta sich aus den neueren Erkenntnismitteln ergeben sollen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist ebenfalls zu der Einschätzung gelangt, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ein Asylsuchender nicht mehr einer tatsächlichen und persönlichen Gefahr unterliege, bei einer Überstellung nach Ungarn im Rahmen der Dublin-VO einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die Art. 3 EMRK verletzen würde (U. v. 6.6.2013 - Mohammed ./. Österreich, Nr. 2283/12 - InfAuslR 2014, 197, und U. v. 3.7.2014 - Mohammadi ./. Österreich, Nr. 71932/12 - NLMR - Newsletter Menschenrechte - 2014, 282). In dem Urteil vom 3. Juli 2014 hält der EGMR an seiner Bewertung im Urteil vom 6. Juni 2013 fest. Seither seien keine neuen Umstände bekannt geworden, die nunmehr zu dem Schluss führen könnten, dass das ungarische Asyl- und Asylhaftsystem systemische Mängel aufweise und für den Antragsteller die reale Gefahr einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung bestehe (Rn. 74 f.). Zwar zeigten Länderberichte, dass es noch eine Praxis der Inhaftierung von Asylbewerbern gebe und auch Dublin-Rückkehrer davon betroffen wären. Auch seien die Haftgründe vage formuliert und es gebe kein Rechtsmittel gegen Asylhaft. Aus den Berichten würde sich allerdings auch ergeben, dass es keine systematische Inhaftierung von Asylsuchenden mehr gebe und jetzt im Gesetz Alternativen zur Haft vorgesehen seien. Die Höchstdauer des Gewahrsams sei auf sechs Monate beschränkt. Hinsichtlich der Haftbedingungen sei anzumerken, dass es zwar immer noch Berichte über Mängel gebe, in einer Gesamtschau aber von Verbesserungen auszugehen sei (Rn. 68). Erneut weist der Gerichtshof darauf hin, dass sich auch der UNHCR bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (Rn. 69). Zudem verweist er in seiner Entscheidung im Übrigen ausdrücklich auf die Stellungnahmen von AIDA und dem Ungarischen Helsinki Committee (Rn. 33 ff.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt.

II.

Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe werden abgelehnt.

III.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge afghanischer Staatsangehöriger und reiste am 20. Juni 2014 in das Bundesgebiet ein. Er beantragte hier am 17. Juli 2014 seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Bei seiner Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 17. Juli 2014 gab er an, in sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Ungarn aufgehalten zu haben. Das Wiederaufnahmegesuch des Bundesamts gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) wurde durch die ungarischen Behörden am 4. Juli 2014 positiv beantwortet. Der Antragsteller habe am 22. Mai 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt.

Mit Bescheid vom 22. September 2014, zugestellt am 24. September 2014, wurde der Asylantrag des Antragstellers für unzulässig erklärt (Nr. 1) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Nr. 2). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, weil Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG.

Am .... September 2014 erhob der Antragsteller Klage gegen den Bescheid des Bundesamts vom 22. September 2014 (M 1 K 14.50567) und beantragte, festzustellen, dass bei ihm die Voraussetzungen betreffend Abschiebungsschutz gemäß § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG vorliegen, dass ihm subsidiärer Schutz zusteht sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Am selben Tag hat er beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. September 2014 anzuordnen. Ferner wurde beantragt, dem Antragsteller und Kläger Prozesskostenhilfe für Klage- und Antragsverfahren zu bewilligen.

Zur Begründung trägt der Antragsteller vor, er sei vor seiner Ausreise etwa 2 Jahre, nämlich 2012 und 2013, für eine afghanische Firma als Fahrer tätig gewesen, die beauftragt gewesen sei, amerikanische Staatsangehörige und Militärangehörige „in den verschiedenen Provinzen nach Afghanistan“ zu fahren. Die Taliban hätten davon erfahren, ihn aufgefordert, sofort damit aufzuhören, damit gedroht, ihn zu töten und seine Mutter, Schwester und Bruder zu verfolgen. Zur Frage der Rückkehr nach Ungarn zur Durchführung des Asylverfahrens, zur Zulässigkeit des Asylverfahrens und zur Abschiebungsanordnung hat sich der Antragsteller nicht geäußert.

Das Bundesamt legte mit Schreiben vom 29. September 2014 die Behördenakte vor. Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der gemäß § 34a Abs. 2 S. 1 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet, denn die Hauptsacheklage hat keine Erfolgsaussicht.

1. Der Bescheid der Beklagten vom 22. September 2014 erweist sich als rechtmäßig.

Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag als unzulässig abzulehnen, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Die ungarischen Behörden haben ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags des Antragstellers nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. c Dublin III-VO erklärt. Hat ein Mitgliedstaat der Wiederaufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe eines in der Dublin-VO niedergelegten Kriteriums zugestimmt, kann der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums - unionsrechtlich - grundsätzlich nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (EuGH, U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - NVwZ 2014, 208 ff. - juris Rn. 60; BVerwG, B. v. 14.7.2014 - 1 B 9/14 - juris Rn. 4).

Systemische Mängel sind zu bejahen, wenn in dem Zielstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Asylbewerber dort tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Grundrechte-Charta (GR-Charta) und Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ausgesetzt zu sein (BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff. - juris Rn. 6) oder dass in dem Mitgliedstaat in verfahrens- oder materiell-rechtlicher Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird. Die Grundrechtsverletzungen dürfen nicht nur in Einzelfällen vorkommen, sondern müssen strukturell bedingt sein.

Nach Überzeugung des Gerichts liegen - jedenfalls soweit es sich wie bei dem Antragsteller nicht um besonders verletzliche Personengruppen, etwa Familien mit kleinen Kindern, handelt - hinsichtlich Ungarn aus derzeitiger Sicht keine systemischen Mängel vor, was auch der jüngsten Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie diverser Verwaltungsgerichte bundesweit entspricht (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - abrufbar unter http://www.echr.coe.int; z. B. VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; AG Aachen, B. v. 26.2.2015 - 5 L 54/15.A - juris; VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; VG München, B. v. 13.1.2015 - M 17 S 14.50704; VG Hamburg, B. v. 18.2.2015 - 2 AE 354/15 - juris; a. A.: z. B. VG München, B. v. 20.2.2015 - M 24 S 15.50091 - juris; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; offene Erfolgsaussichten für die Hauptsacheverfahren werden angenommen u. a. v. VG München, B. v. 4.2.2015 - M 23 S 15.50049 - juris; VG Stuttgart, B. v. 10.2.2015 - A 13 K 444/15 - juris). Eine die aktuelle Auskunftslage berücksichtigende, gefestigte Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist nicht erkennbar.

Auch wenn nach aktueller Erkenntnislage die Lebensbedingungen von Asylsuchenden in Ungarn schwierig sind und insbesondere die Inhaftierungspraxis bedenklich ist, sind die Missstände nicht so gravierend bzw. erreichen sie nicht ein solches Ausmaß, dass sie systemische Mängel begründen könnten. Dies gilt auch in Anbetracht des im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretenen Gesetzes, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist. Eine Inhaftierung ist danach u. a. möglich zur Überprüfung der Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers, nach dessen Untertauchen oder anderweitiger Behinderung der Durchführung des Asylverfahrens oder wenn dies aus gewichtigen Gründen zu befürchten ist oder wenn der Antragsteller seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, an Verfahrenshandlungen teilzunehmen, und damit die Durchführung eines Dublin-Verfahrens behindert hat. Diese Gründe für die Verhängung von sogenannter Asylhaft dürften jedoch überwiegend mit der EU-Aufnahmerichtlinie und wohl auch der Dublin-VO selbst übereinstimmen (vgl. auch EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-534/11 - NVwZ 2013, 1142 ff. - juris). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist nicht ersichtlich (VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris; VG München, U. v. 30.3.2015 - M 2 K 15.50224).

Auch der UNHCR hat bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt besondere Bedeutung zu. Denn die vom UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtenden - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Ferner sind den vorliegenden Auskünften (Auswärtiges Amt v. 21.11.2014 an das VG München; Pro Asyl v. 31.10.2014 an das VG Düsseldorf; UNHCR v. 9.5.2014 ebenfalls an das VG Düsseldorf) auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Asylbewerber in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterzogen werden, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich die Asylsuchenden tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet (VG Augsburg, B. v. 2.2.2015 - Au 2 S 15.50041 - juris Rn. 28; VG Düsseldorf, U. v. 20.3.2015 - 13 K 501/14.A - juris Rn. 125 ff.).

Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO rechtfertigen würden, sind nicht dargelegt und nicht ersichtlich.Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn stehen schließlich auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylVfG)

2. Die Anträge auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Klageverfahren bleiben ohne Erfolg.

Gemäß § 166 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Abs. 1 S.1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Klage und Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO bieten hier keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Bezogen auf den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz wegen des Bescheids der Beklagten vom 22. September 2014 ergibt sich das aus den Ausführungen oben unter 1. Die Verpflichtungsanträge, mit denen die Anerkennung als Asylberechtigter, die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach „§ 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)“, richtig: § 3 ff. AsylVfG, und hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach „§ 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG“, richtig: § 4 AsylVfG sowie § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG, und eine Entscheidung über den Asylantrag des Klägers begehrt wird, sind bereits unzulässig und deshalb ebenfalls ohne Erfolgsaussicht. Gegen Bescheide, mit denen - wie hier - ein Asylantrag auf der Grundlage des § 27a des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) wegen der Zuständigkeit eines anderen Staates abgelehnt wird, ist ausreichender Rechtsschutz durch eine Anfechtungsklage gegen diese Ablehnungsentscheidung gewährleistet (vgl. VGH B.-W., U. v. 16.4.2014 - A 11 S 1721/13 - juris; OVG NRW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80b AsylVfG)

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge ein am ... in Damaskus geborener Palästinenser mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben am 2. Oktober 2014 ins Bundesgebiet ein (Bl. 33 der Behördenakte) und stellte am 1. Dezember 2014 einen Asylantrag (Bl. 3 der Behördenakte). Er gab bei der Anhörung des Bundesamtes an, er habe sein Herkunftsland am 14. August 2014 verlassen und habe sich auf der Flucht 12 Tage in der Türkei, 18 Tage in Griechenland, eine Woche in Mazedonien, eine Woche in Serbien und zwei Tage in Ungarn aufgehalten (Bl. 21 der Behördenakte). In Ungarn seien ihm am 1. Oktober 2014 Fingerabdrücke abgenommen worden (Bl. 21 der Behördenakte). Der Antragsteller hat auch angegeben, dass sein Neffe, der vom Jugendamt in ... betreut wird, auf seine Unterstützung angewiesen sei (Bl. 22 der Behördenakte).

Es ergaben sich Eurodac-Treffer für Griechenland (...; Bl. 40 der Behördenakte) und für Ungarn (...; Bl. 41 der Behördenakte).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 18. Dezember 2014 (Bl. 45 der Behördenakte) hat Ungarn am 5. Januar 2015 der Übernahme des Antragstellers zugestimmt. Darin ist ausgeführt, dass der Antragsteller in Ungarn am 1. Oktober 2014 einen Asylantrag gestellt hat (Bl. 55 der Behördenakte).

Mit Bescheid vom 13. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt wird (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages für die Bearbeitung gem. Art. 18 Abs. 1 b zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin II VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am ... Januar 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid vom 13. Januar 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 12 K 15.50021) und stellte gleichzeitig einen

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Antragsteller sei staatenloser Palästinenser aus Syrien. Er sei zusammen mit seinem minderjährigen Neffen ... (... Jahre) ins Bundesgebiet eingereist. Der Neffe sei in Obhut genommen worden; das Jugendamt ... ... sei zum Vormund bestellt worden. Beim Bundesamt sei für ihn ein Asylverfahren anhängig. Der Antragsteller habe einen Anspruch auf Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO. Dies ergäbe sich daraus, dass der Antragsteller bei seiner Anhörung selbst darauf hingewiesen habe, dass der Neffe auf seine Unterstützung angewiesen sei. Dies bestätige auch das Jugendamt. Dieses habe mitgeteilt, der Antragsteller sei die einzige Bezugsperson des Neffen. Anzuwenden sei Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO, zumindest analog. Das Asylverfahren weise in Ungarn systemische Mängel auf, wie auch schon von verschiedenen Gerichten entschieden worden sei. Beigelegt wurden die Stellungnahmen des Landratsamtes ... vom 20. Januar 2015 und zwar des Amtes für Kinder, Jugend und Familien sowie des Vormunds des Neffen.

Mit Schreiben vom ... März 2015 teilte der Prozessbevollmächtigte mit, bei einem Landsmann des Antragstellers sei vom VG München die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet worden (M 23 S 15.50047).

Die Antragsgegnerin stellte

keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zwar zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG), jedoch nicht begründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18. 9. 2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9. 12. 2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31; Dublin-III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung. Der Antragsteller hat am 1. Dezember 2014 in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt (Bl. 3 der Behördenakte).

Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im Oktober 2014 nach Ungarn eingereist (Bl. 21 der Behördenakte) und hat dort - nach Angaben der ungarischen Behörden - am 1. Oktober 2014 einen Asylantrag gestellt. Dies ergibt sich zum Einen aus dem Schreiben der ungarischen Behörden vom 5. Januar 2015 (Bl. 55 der Behördenakte) und zum Anderen aus den festgestellten Eurodac-Treffern. Danach hat der Antragsteller in Griechenland illegal die Grenze überschritten (Eurodac-Treffer beginnt mit Ziffer „2“: Art. 14 Abs.1 i. V. m. Art. 24 Abs. 4 Sätze 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac; im Folgenden: Eurodac-VO) und hat in Ungarn einen Asylantrag gestellt (Eurodac-Treffer beginnt mit Ziffer „1“: Art. 9 Abs. 1 i. V. m. Art. 24 Abs. 4 Sätze 1 und 2 Eurodac-VO).

Die nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständige ungarische Behörde hat dem Wiederaufnahmegesuch ausdrücklich gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO zugestimmt (Bl. 55 der Behördenakte).

Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Ungarns in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.

Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S.1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt.

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10, NVwZ 2012, S.417 und juris; U. v. 14. November 2013 - C - 4/11, NVwZ 2014, S.129 und juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2315/93, BverfGE 94, Seite 49 = NJW 1996, S,1665 und juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013,a. a. O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedsstaat als für die Prüfung des Asylantrags bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedsstaat selbst prüfen (EuGH, U. v. 21: Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.).

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 EUV v. 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Abl. C 306, S.1, ber. Abl. 2008 C 111, S. 56 und Abl.2009 C 290, S.1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil v. 21. Januar 2011 - 30696/09, EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder seelische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt oder fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu treffen.

Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10 -Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S.336 und juris).

Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach den Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art. 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. 3. 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).

Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.14. November 2013 - 4 L 44/13 - juris; BVerwG, U v. 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 - juris).

Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.

Gründe, die der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn entgegenstehen, sind nicht anzunehmen.

Es liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll, hier die Republik Ungarn, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 EuGrdRch) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllt bzw. es durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlicher Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse ein Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch für die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden.

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3. 7. 2014 - 71932/12 - UA Rn.68 ff.; U. v. 6. 6. 2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6. 8. 2013 - 12 S 675/13 - juris Rn.4; OVG LSA, B. v. 31. 5. 2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2. 1. 2015 - W 1 S 14.50120 - juris, Rn.28 ff., VG Düsseldorf, B. v. 2. 9. 2014 - 6 L 1235/14.A - juris, Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 26. 6. 2014 - M 24 S 14. 50325 - juris Rn.31 ff., VG Düsseldorf, B. v. 27. 8. 2014 - 14 L 1786/14.A - juris, Rn. 24 ff; VG Augsburg, B. v. 21. 1. 2015, Au 2 S 14.50360 - juris, Rn. 19 ff.; VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014, RN 6 K 14.50089 - juris, Rn. 24 ff.; VG Bayreuth, B. v. 13. 1. 2015 - B 3 S 14.50129 - juris, Rn. 14 ff.; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015 - juris, Rn. 21 ff.; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris, Rn. 24 ff.; u. viele andere).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief Information note on the main asylum-related legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate möglich ist (z. B. VG Frankfurt/Oder, B. v. 24. 7. 2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4. 10. 2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand begründet nach Auffassung des Gerichts keine systemischen Mängel. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes befindet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migration-related legislative acts für the purpose of legal harmonisation, Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Bemängelt wurde diesbezüglich, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2; UNHCR comments and recommendations, S.9).

Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge in Ungarn vom 30. September 2014 (Auskunft an das VG Düsseldorf in englischer Sprache) hat ergeben, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2014 mehr als 40% der erwachsenen Dublin-Rückkehrer inhaftiert worden sind. Doch wird nach der „Informationsschrift für Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin-Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 1. 1. 2014 aufgrund von Änderungen zum Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt (VG Bayreuth, B. v. 13. 1. 2015, B 3 S 14.50128 - juris; Asylum Information Database (aida), dt. Übersetzung). Allein die Zahl von 40% der inhaftierten Asylbewerber stellt noch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dar. Es erscheint nämlich angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich dem Asylverfahren in Ungarn entziehen und beispielsweise in Deutschland entgegen den Regelungen der Dublin II - oder III -Verordnung einen weiteren Asylantrag stellen, nicht ausgeschlossen, dass bei 40% aller Asylantragsteller in Ungarn tatsächlich Fluchtgefahr gem. Art. 8 Abs. 3 b) der (Ri) 2013/33/EU besteht.

Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database (aida) mit Berichtsstand zum 30. April 2014 mit deutscher Übersetzung erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerber, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrags in Einwanderungshaft genommen wird (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B. Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragsstellern, deren Antrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen von Asylhaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (aida, a. a. O., C Haftbedingungen; vgl. VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris).

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.

Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt, hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden wäre. Von Ausnahmen abgesehen, erhalten Asylbewerber aus Syrien in Ungarn die Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz (96% nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in englischer Fassung -). Es bestehen damit keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylerstantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde. Für den Antragsteller ist daher keine Einwanderungshaft sondern nur Asylhaft zu erwarten.

Die Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Aufgrund der vorhandenen Zahlen kann aber insbesondere für Asylbewerber aus Syrien mit der hohen Anerkennungsquote nicht von einer so langen Haft ausgegangen werden. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5. März 2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A. Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden. Die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß, da sich nach der in Ungarn herrschenden Praxis der Grund der Haftanordnung wegen der Herkunft des Antragstellers aus Syrien durch Gewährung internationalen Schutzes erledigen wird (VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris).

Im Ergebnis hält das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3. 7. 2013, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (vgl. oben).

Schließlich geht das Gericht auch davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Asylbewerber und subsidiär Schutzberechtigte zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonotoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, S. 16 ff). Diese stellen sich aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten.

Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Asylbewerber haben in Ungarn im Rahmen der materiellen Aufnahmeleistungen Zugang zur medizinischen Versorgung (§ 26 des ungarischen Asylgesetzes; aida, dt. Übersetzung, C. Medizinische Versorgung). Dadurch werden notwendige medizinische Behandlungen abgedeckt; der Umfang entspricht der medizinischen Gratisversorgung für legal im Land lebende ausländische Staatsangehörige. Asylbewerber haben ein Recht darauf, von Allgemeinärzten untersucht und behandelt zu werden. Das Gesetz (§ 34 des staatlichen Dekrets 301/2007) sieht vor, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen medizinische Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, ambulante und stationäre psychologische Versorgung oder psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen können, die gesundheitlich geboten sind. In der Praxis gibt es keine Richtlinie, anhand derer besonders schutzwürdige Asylbewerber identifiziert werden, und es mangelt an einer spezialisierten medizinischen Versorgung. Asylbewerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, erhalten Unterkunft und Verpflegung sowie einen monatlichen Geldbetrag für Körperpflegeprodukte und Taschengeld (aida, dt. Übersetzung, A. Aufnahmebedingungen).

Der Vortrag des Antragstellers, er habe einen Neffen im Bundesgebiet, der ebenfalls einen Asylantrag gestellt hat, führt nicht zum Ergebnis, dass die Bundesrepublik von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müsste.

Das Selbsteintrittsrecht ergibt sich nicht aus Art. 16 Dublin III-VO, weil der Neffe des Antragstellers nicht ein Angehöriger im Sinne dieser Vorschrift ist (Kind, Geschwister, Eltern).

Die Pflicht zum Selbsteintritt der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich auch nicht aus den vom Klägerbevollmächtigten zitierten Vorschriften des Art. 17 Abs. 1 und 2 Dublin III-VO.

Danach kann jeder Mitgliedstaat abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz selbst zu prüfen, auch wenn er nicht für die Prüfung zuständig ist (§ 17 Abs. 1 Dublin III-VO). Damit wird der Mitgliedsstaat zum zuständigen Mitgliedsstaat, Art. 17 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO. Ob der Mitgliedsstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten europäischen Asylsystems ist (vgl. EuGH, U. v. 21. 12. 2011 - C-411/10; C-493/10). Diese in das Ermessen des Mitgliedsstaats gestellte Entscheidung setzt ein Verhalten des Mitgliedsstaats voraus, das zweifelsfrei den Entschluss des Mitgliedsstaats verdeutlicht, das Asylverfahren abweichend vom Regelfallsystem des Art. 3 Abs. 1 Dublin III-VO in eigener Verantwortung durchzuführen (vgl. zur Dublin II-VO: BayVGH, B. v. 3. 3. 2010 -15 ZB 10.30005 - juris). Bestimmte Förmlichkeiten werden dazu von der Dublin III-VO nicht vorgegeben. Maßgeblich kann daher nur sein, dass die zuständige Stelle (in der Bundesrepublik Deutschland das Bundesamt) ihre Entschließung in irgendeiner verlässlichen Art und Weise nach außen erkennbar werden lässt (VG Düsseldorf, B. v. 20. 2. 2015 - 10 L 3022/14.A - juris). Auch eine „konkludente“ Ausübung des Rechts gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ist denkbar. Dabei darf nicht aus dem Blick geraten, dass der Selbsteintritt keine dem Asylbewerber gegenüber abzugebende Erklärung ist und das „Verhalten“ des Bundesamts folglich auch nicht aus dessen Horizont zu beurteilen ist (BayVGH, B. v. 3. 3. 2010, a. a. O.). Eine bloß routinemäßige Befragung zu Herkunft, Modalitäten der Einreise sowie des Reiseweges bringt nicht zum Ausdruck, dass die Bundesrepublik Deutschland den Entschluss gefasst hat, das Asylverfahren abweichend vom Regelfall in eigener Verantwortung durchzuführen.

Gemessen an diesen Vorgaben hat die Antragsgegnerin ihr Selbsteintrittsrecht nicht ausgeübt. Sie hat an keiner Stelle des Verwaltungsverfahrens zweifelsfrei erkennen lassen, dass sie das Verfahren in eigener Zuständigkeit durchführen will; im Gegenteil hat das Bundesamt von Anfang an das Dublin-Verfahren eröffnet und durchgeführt und im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochen, von ihrem Selbsteintrittsrecht keinen Gebrauch zu machen. Im Übrigen begründet die Selbsteintrittskompetenz des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO kein subjektives Recht des Asylbewerbers. Die Vorschrift dient - wie die übrigen Vorschriften der Dublin-Verordnungen in der Regel auch - der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedsstaaten (vgl. VG Berlin v. 7. 10. 2013 -33 L 403.13A -juris).

Das Selbsteintrittsrecht des Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO hat sich auch nicht zu einer Selbsteintrittspflicht verdichtet.

Die Voraussetzungen für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind in der Dublin III-VO nicht geregelt und bleiben daher dem innerstaatlichen Recht überlassen. Art. 17 Dublin III-VO wird als eine Generalklausel für die Zuständigkeitsübernahme angesehen in den Fällen, in denen außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach Maßgabe der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO; vgl. VG Bremen, B. v. 4. 9. 2013 - 4 V 1037/13.A - juris zu Dublin II-VO).

Außergewöhnliche humanitäre (familiäre oder krankheitsbedingte) Gründe, die nach der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt fordern und ausnahmsweise eine Ermessensreduktion auf Null zugunsten eines Selbsteintritts erzeugen könnten, hat der Antragsteller nicht substantiiert vorgetragen. Zwar ergibt sich aus der Stellungnahme des Amtes für Kinder, Jugend und Familie des Landratsamtes ... vom 20. Januar 2015, dass der ... Neffe nur den Antragsteller als Bezugsperson hat, dass dieser als Mittelsmann zwischen dem Kind und den Eltern fungiert und dass eine innige Beziehung zwischen dem Antragsteller und dem Neffen besteht. Diese Stellungnahme wird auch vom Vormund des Neffen unterstützt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um solche außergewöhnlichen Umstände, die zu einer Ermessensreduzierung auf Null führen müssen. Es ist zu berücksichtigen, dass der Neffe vom Jugendamt versorgt wird und nicht zwingend auf den Onkel angewiesen ist.

Der Hinweis, dass in einem Verfahren eines Landsmannes des Antragstellers beim VG München einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben wurde, hat auf dieses Verfahren keine Auswirkung, da jedes Verfahren individuell zu prüfen ist.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihm drohende Überstellung nach Ungarn im Rahmen des so genannten „Dublin-Verfahrens“.

Der Antragsteller ist eigenen Angaben zufolge sierraleonischer Staatsangehöriger. Er wurde am ... September 2014 von der Bundespolizei im Zug von Budapest nach Salzburg Richtung München am Bahnhof ... aufgegriffen; er stellte am 12. November 2014 im Bundesgebiet einen Asylantrag. Er gab bei der Anhörung der Bundespolizei und des Bundesamtes an, Sierra Leone im Jahr 2011 verlassen zu haben (Bl. 42 der Behördenakte). Er sei über Guinea (1 Woche), die Türkei (9 Tage), Griechenland (3 Jahre und 6 Monate), Mazedonien (5 Tage), Serbien (2 Tage) und Ungarn (1 Monat) nach Deutschland gereist (Bl. 21 der Behördenakte). In Griechenland (2013/2014) und in Ungarn (September 2014) seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden (Bl. 21 der Behördenakte).

Es ergaben sich EURODAC-Treffer für Griechenland (...) und für Ungarn (...; Bl. 48 der Behördenakte).

Auf ein Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 27. November 2014 (Bl. 58 der Behördenakte), angemahnt am 18. Dezember 2014 (Bl. 67 der Behördenakte), hat Ungarn nicht geantwortet.

Mit Bescheid vom 13. Januar 2014 stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag des Antragstellers als unzulässig abgelehnt wird (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Der Asylantrag sei gemäß § 27 a AsylVfG unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages für die Bearbeitung gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am ... Januar 2015 erhob der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid vom 13. Januar 2014 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage (M 12 K 15.50039) und stellte gleichzeitig

Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Die Klage und der Eilantrag wurden im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Bescheid sei bislang dem Antragsteller nicht zugestellt worden. Am 19. Januar 2015 habe der Bevollmächtigte einen Abdruck der Asylakte erhalten. Der Kläger habe vom Bescheid Kenntnis am 19. Januar 2015 erhalten. Unabhängig von systemischen Mängeln in Ungarn habe die Beklagte „sämtliche Fristen verstreichen lassen“. Der Kläger sei nicht am 21. Oktober 2014 eingereist, sondern bereits am 21. September 2014. Seite 53 der Behördenakte sei zu entnehmen, dass der EURODAC-Treffer am 21. September 2014 vorgelegen habe. Es sei unbeachtlich, dass am 27. November 2014 derselbe EURODAC-Treffer festgestellt worden sei. Die Zwei-Monats-Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO sei abgelaufen.

Die Antragsgegnerin stellte

keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich der Abschiebungsanordnung in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids anzuordnen, ist zulässig (§ 34a Abs. 2 AsylVfG. Insbesondere ist die Ein-Wochen-Frist des § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG mit seinem Eingang bei Gericht am 22. Januar 2015 gewahrt, da sich ein Zustellnachweis des Bescheides nicht in der Akte befindet und der Prozessbevollmächtigte vorgetragen hat, der Antragsteller habe einen Abdruck des Bescheides erst am 19. Januar 2015 erhalten.

Der Antrag ist aber unbegründet.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem sich aus § 75 AsylVfG ergebenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO allein erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung; nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylVfG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG Trier, B. v. 18. 9. 2013 - 5 L 1234/13.TR - juris; VG Göttingen, B. v. 9. 12. 2013 - 2 B 869/13 - juris, Rn. 16). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessenabwägung.

Nach der hier gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Klage des Antragstellers nach derzeitiger Einschätzung aller Voraussicht nach erfolglos bleiben wird, denn der streitgegenständliche Bescheid begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Damit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das persönliche Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt in einem solchen Fall die Abschiebung in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.

Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens richtet sich vorliegend nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaates, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedsstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Abl. L 180 v. 19. Juni 2013, S.31; Dublin III-VO). Die Zuständigkeitskriterien der Dublin III-VO finden nach Art. 49 Abs. 2 dieser Verordnung auf Asylanträge, die - wie hier - nach dem 1. Januar 2014 gestellt worden sind, Anwendung. Der Antragsteller hat am 12. November 2014 in der Bundesrepublik einen Asylantrag gestellt (Bl. 19 der Behördenakte).

Die Ziffer „1“ im EURODAC-Treffer steht für Personen, die einen Asylantrag in einem europäischen Land gestellt haben, Art. 9 Abs. 1, Art. 24 Abs. 4 Satz 2 der Verordnung (EU) Nr. 603 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung Nr. 604/2013 (EURODAC-VO). Das Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin wurde am 27. November 2014 gestellt (Bl. 58 der Behördenakte).

Für die Prüfung des Asylantrags des Antragstellers ist gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO Ungarn zuständig. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im September 2014 nach Ungarn eingereist (Bl. 21 der Behördenakte).

Die nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständige ungarische Behörde hat auf das Wiederaufnahmegesuch gem. Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO innerhalb der Frist des § 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO von zwei Wochen nicht geantwortet, so dass davon auszugehen ist, dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben worden ist mit der Folge, dass Ungarn den Antragsteller wieder aufnehmen muss und angemessene Vorkehrungen für dessen Ankunft treffen muss, § 25 Abs. 2 Dublin III-VO.

Die Überstellung des Antragstellers nach Ungarn ist auch rechtlich möglich.

Da eine Überstellung des Antragstellers nach Griechenland, den gem. Art. 7 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO primär zuständigen Mitgliedsstaat wegen der dort vorhandenen systemischen Mängel des Asylverfahrens nicht in Betracht kommt, ist die Antragsgegnerin verpflichtet, die Prüfung der Zuständigkeitskriterien des Kapitels III. der Dublin III-VO fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedsstaat nach einem dieser Kriterien oder ggf. nach Art. 13 Abs. 2 Dublin III-VO als zuständig bestimmt werden kann (EuGH, U. v. 14. 11. 2013 - C 4/11). Zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts ist die Antragsgegnerin in diesem Fall zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet. Die Antragsgegnerin hat sich entschieden, eine Rücküberstellung nach Ungarn, als bereits früher mit dem Asylantrag des Antragstellers befasstem Mitgliedsstaat, zu versuchen. Ist der ersuchte Mitgliedsstaat mit der Aufnahme des Antragstellers einverstanden, kann dieser einer Überstellung dorthin nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 10. 12. 2013 - C-394/12). Dasselbe gilt, wenn der Mitgliedsstaat auf das Wiederaufnahmeersuchen nicht reagiert, da dann die Fiktion des Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO eintritt. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass die Behörde im Einzelnen überprüft, welcher Mitgliedsstaat nach den Kriterien des Kapitels III. der Dublin III-VO ursprünglich zuständig war bzw. ihr Selbsteintrittsrecht ausübt, wenn der gem. Art. 13 der Dublin III-VO zuständige Mitgliedsstaat wegen systemischer Mängel im Asylverfahren für eine Rücküberstellung nicht in Betracht kommt. Denn die Bestimmungen der Dublin III-VO enthalten (nur) organisatorische Vorschriften für die Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats, die die Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten regeln (EuGH, U. v.10. 12. 2013, a. a. O.), keine subjektiven Ansprüche des Antragstellers.

Es liegen auch keine Umstände vor, die die Zuständigkeit Ungarns in Durchbrechung des Systems der Bestimmungen der Dublin-Verordnungen entfallen ließen.

Unerheblich ist, ob die vom Bevollmächtigten des Antragstellers zitierte Frist des Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO überschritten ist. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Dublin II-VO (U. v. vom 10. Dezember 2013 - C-394/12 - Abdullahi - NVwZ 2014,207 - juris; U. v. 21. 12. 2011 - C-411/10 - juris, u. a.) ist auch bei der Dublin III-VO davon auszugehen, dass der Antragsteller sich nicht auf die Versäumung von Fristen berufen kann. Denn die Dublin III-VO gewährt dem Antragsteller keinen subjektiven Rechtsanspruch darauf, dass sein Asylantrag in einem bestimmten Mitgliedsstaat geprüft wird, den er für zuständig hält. Die jeweiligen Fristbestimmungen der Dublin III-VO dienen allein einer zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und einer zeitnahen Überstellung in diesen Staat im Verhältnis der Dublin-Staaten untereinander, ohne aber den Antragstellern (mittelbar) einen Anspruch auf Prüfung des Asylantrags durch einen bestimmten Mitgliedsstaat zu gewähren (vgl. Niedersächsisches OVG, B. v. 6. 11. 2014 -13 LA 66/14 - juris; VGH Baden - Württemberg, U. v. 27. 8. 2014 - A 11 S 1285/14 -juris; u. a.). Es handelt sich dabei um Organisationsvorschriften, die dem Antragsteller keine subjektiven Rechte vermitteln; bei ihnen steht das Interesse im Vordergrund, die Zuständigkeit zeitnah festzustellen und den Asylantrag durch den zuständigen Mitgliedsstaat prüfen zu lassen, nicht aber, die Prüfung einem ganz bestimmten Mitgliedsstaat zuzusprechen, in dem der Antragsteller einen (weiteren) Asylantrag gestellt hat. Dementsprechend führt der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 10. Dezember 2013 (a. a. O.) aus, dass der Unionsgesetzgeber diese Vorschriften erlassen hat, um die Behandlung der Asylanträge zu rationalisieren und zu verhindern, dass das System dadurch stockt, dass die staatlichen Behörden mehrere Asylanträge desselben Antragstellers bearbeiten müssen, und um die Rechtssicherheit hinsichtlich der Bestimmung des für die Behandlung des Asylantrags zuständigen Staates zu erhöhen und damit dem „forum shopping“ zuvorzukommen, wobei all dies hauptsächlich bezweckt, die Bearbeitung der Anträge im Interesse der Asylbewerber zu beschleunigen. Ein Asylbewerber kann der Überstellung in den nach der Dublin III-VO für ihn zuständigen Mitgliedsstaat daher nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegen treten (BVerwG, Beschlüsse v. 14. 7. 2014 - 1 B 9.14 u. a.; v. 6. 6. 2014 - 10 B 35.14; OVG für das Land Schleswig - Holstein, B. v. 24. 2. 2015 - 2 LA 1515 - jeweils juris). Auch nach dem Verständnis der Rechtsprechung des BVerwG kann eine Berufung auf eine Verletzung von Verfahrens- und Fristenregelungen der Dublin II- VO (und damit auch der Dublin III-VO) der Klage oder dem Eilantrag eines Asylbewerbers demnach grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen.

Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaatgemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S.1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt.

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10, NVwZ 2012, S.417 und juris; U. v. 14. November 2013 - C - 4/11, NVwZ 2014, S.129 und juris) bzw. dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2315/93, BVerfGE 94, Seite 49 = NJW 1996, S,1665 und juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013,a. a. O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedsstaat als für die Prüfung des Asylantrags bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der angegangene Mitgliedsstaat selbst prüfen (EuGH, U. v. 21: Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.).

Als systemische Mängel sind solche Störungen anzusehen, die entweder im System eines nationalen Asylverfahrens angelegt sind und deswegen Asylbewerber oder bestimmte Gruppen von ihnen nicht vereinzelt oder zufällig, sondern in einer Vielzahl von Fällen objektiv vorhersehbar treffen oder die dieses System aufgrund einer empirisch feststellbaren Umsetzung in der Praxis in Teilen funktionslos werden lassen (vgl. Bank/Hruschka, Die EuGH-Entscheidung zu Überstellungen nach Griechenland und ihre Folgen für Dublin-Verfahren (nicht nur) in Deutschland, ZAR 2012, S. 182; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 21. Februar 2014 - 10 A 10656 - juris).

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR- Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 EUV v. 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Abl. C 306, S.1, ber. Abl. 2008 C 111, S. 56 und Abl.2009 C 290, S.1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil v. 21. Januar 2011 - 30696/09, EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder seelische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt oder fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu treffen.

Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10 -Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S.336 und juris).

Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach den Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art. 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A, juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).

Prognosemaßstab für das Vorliegen derart relevanter Mängel ist eine beachtliche Wahrscheinlichkeit. Die Annahme systemischer Mängel setzt somit voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylsuchenden im konkret zu entscheidenden Fall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B. v. 19. März 2014 - 10 B 6.14 - juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten - nicht rein quantitativen - Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss ihnen ein größeres Gewicht als den dagegen sprechenden Tatsachen zukommen, d. h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH Bad.-Württ., U. v. 16. April 2014, a. a. O.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014, a. a. O., OVG Sachsen-Anhalt, B. v.14. November 2013 - 4 L 44/13 - juris; BVerwG, U v. 20. Februar 2013 - 10 C 23/12 - juris).

Der Mitgliedsstaat, der die Überstellung des Asylsuchenden vornehmen muss, ist im Fall der Widerlegung der Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat im Einklang mit den Erfordernissen der GFK und der EMRK steht, verpflichtet, den Asylantrag selbst zu prüfen, sofern nicht ein anderer Mitgliedsstaat für die Prüfung des Asylantrags zuständig bestimmt werden kann.

Gründe, die der Überstellung des Antragstellers nach Ungarn entgegenstehen, sind nicht anzunehmen.

Es liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll, hier die Republik Ungarn, die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 EuGrdRch) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllt bzw. es durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlicher Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse ein Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch für die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Asylsuchenden.

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3. 7. 2014 - 71932/12 - UA Rn.68 ff.; U. v. 6. 6. 2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6. 8. 2013 - 12 S 675/13 - juris Rn.4; OVG LSA, B. v. 31. 5. 2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Würzburg, B. v. 2. 1. 2015 - W 1 S 14.50120 - juris, Rn.28 ff., VG Düsseldorf, B. v. 2. 9. 2014 - 6 L 1235/14.A - juris, Rn. 8 ff.; VG München, B. v. 26. 6. 2014 - M 24 S 14. 50325 - juris Rn.31 ff., VG Düsseldorf, B. v. 27. 8. 2014 - 14 L 1786/14.A - juris, Rn. 24 ff; VG Augsburg, B. v. 21. 1. 2015, Au 2 S 14.50360 - juris, Rn. 19 ff.; VG Regensburg, U. v. 5. 12. 2014, RN 6 K 14.50089 - juris, Rn. 24 ff.; VG Bayreuth, B. v. 13.1.2015 - B 3 S 14.50129 - juris, Rn. 14 ff.; VG Augsburg, B. v. 26. 1. 2015 - Au 7 S 15.50015 - juris, Rn. 21 ff.; VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris, Rn. 24 ff.; u. viele andere).

Nach der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland Ungarn vom Dezember 2012 hat das ungarische Parlament im November 2012 umfassende Gesetzesänderungen verabschiedet. Danach werden Asylsuchende nicht mehr ohne sachliche Prüfung ihres Asylantrags zurückgeschoben und nicht inhaftiert, wenn sie den Asylantrag unverzüglich nach der Einreise einreichen. „Dublin-Rückkehrer“ werden nicht automatisch inhaftiert und erhalten die Möglichkeit, ein noch nicht in der Sache geprüftes Asylverfahren zu Ende zu bringen. Bestätigt werden diese Verbesserungen durch das Hungarian Helsinki Committee (HHC, Brief Information note on the main asylumrelated legal changes in Hungary as of 1 July 2013, Seite 1; in englischer Sprache im Internet abrufbar).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems werden in jüngerer Zeit primär auf die im Juli 2013 in Ungarn in Kraft getretene Gesetzesnovelle gestützt, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate möglich ist (z. B. VG Frankfurt/Oder, B. v. 24. 7. 2013 - VG 1 L 213/13.A; VG München, B. v. 4. 10. 2013 - M 23 S 13.30926). Auch dieser Umstand begründet nach Auffassung des Gerichts keine systemischen Mängel. So entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Gesetzes (eine englische Version dieses Gesetzes befindet sich in dem in englischer Sprache verfassten Bericht: UNHCR comments and recommendations on the draft modification of certain migrationrelated legislative acts für the purpose of legal harmonisation, Internet) genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU. Entsprechend den Vorgaben der Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil der Antragsteller einen Asylantrag gestellt hat (Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zur Folge hätten, ist damit nicht ersichtlich. Bemängelt wurde diesbezüglich, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr der missbräuchlichen Verwendung bestünde (so HHC, Brief Information Note, S. 2; UNHCR comments and recommendations, S.9).

Die Evaluation des UNHCR „Zur Situation der Flüchtlinge in Ungarn vom 30. September 2014 (Auskunft an das VG Düsseldorf in englischer Sprache) hat ergeben, dass in der ersten Hälfte des Jahres 2014 mehr als 40% der erwachsenen Dublin-Rückkehrer inhaftiert worden sind. Doch wird nach der „Informationsschrift für Asylsuchende in Gewahrsam (und) die dem Dublin-Verfahren unterliegen“ des Hungarian Helsinki committees (HHC) vom Mai 2014 seit dem 1. 1. 2014 aufgrund von Änderungen zum Asylgesetz (Ergänzung zum Asylgesetz by Act CXCVIII of 2013) Dublin-Rückkehrern jetzt in der Regel Zugang zum Asylverfahren und eine volle Untersuchung ihres Asylantrags gewährt (VG Bayreuth, B. v. 13. 1. 2015, B 3 S 14.50128 - juris; Asylum Information Database (aida), dt. Übersetzung). Allein die Zahl von 40% der inhaftierten Asylbewerber stellt noch keine systemischen Mängel des Asylverfahrens dar. Es erscheint nämlich angesichts der hohen Zahl an Asylbewerbern, die sich dem Asylverfahren in Ungarn entziehen und beispielsweise in Deutschland entgegen den Regelungen der Dublin II - oder III -Verordnung einen weiteren Asylantrag stellen, nicht ausgeschlossen, dass bei 40% aller Asylantragsteller in Ungarn tatsächlich Fluchtgefahr gem. Art. 8 Abs. 3 b) der (Ri) 2013/33/EU besteht.

Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database (aida) mit Berichtsstand zum 30. April 2014 mit deutscher Übersetzung erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerber, wenn das Asylverfahren ablehnend beschieden wurde. Zu rechnen war nach der Gesetzesänderung zum 1. Juli 2013 damit, dass der Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrags in Einwanderungshaft genommen wird (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B. Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragsstellern, deren Antrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen von Asylhaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (aida, a. a. O., C Haftbedingungen; vgl. VG Regensburg, B. v. 4. 2. 2015 - RO 1 S 15.50021 - juris).

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.

Die zu erwartende Haft ist auch nicht nach der Haftdauer und den Haftbedingungen unmenschlich oder erniedrigend. Wie ausgeführt, hätte der Antragsteller nur dann Einwanderungshaft für den Asylfolgeantrag zu befürchten, wenn sein erster Asylantrag als offensichtlich unzulässig oder unbegründet abgewiesen worden wäre. Zwar erhalten afrikanische Asylbewerber nach der Tabelle Nr. 1, aida - nur in englischer Fassung - in Ungarn regelmäßig keine Anerkennung als Flüchtling oder subsidiären Schutz. Es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wird oder wurde.

Die Asylhaft beträgt zunächst maximal 72 Stunden und kann verlängert werden. Häufig wird die Haftanordnung nicht mit hinreichend individueller Prüfung verlängert (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe), so dass maximal zulässige Haft von sechs Monaten nicht ausgeschlossen werden kann. Die durchschnittliche Haftdauer betrug zwar in den Jahren 2010 bis Ende 2012 vier bis fünf Monate. Nach Wiedereinführung der Haft waren von Juli 2013 bis Dezember 2013 bei 532 Plätzen in Asylhaftanstalten und 268 Plätzen in Einwanderungshaftanstalten 1762 Asylbewerber in Haft, am 5. März 2014 waren es 369 Asylbewerber (aida, a. a. O., Inhaftierung von Asylbewerbern, A. Allgemeines). Aus diesen Zahlen kann zwar keine durchschnittliche Haftdauer errechnet werden, auch können keine konkreten Folgerungen für die erwartete Haftdauer eines einzelnen Asylbewerbers gezogen werden; die Wahrscheinlichkeit einer nur kurzen Inhaftierung ist aber groß.

Im Ergebnis hält das Gericht nach summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung trotz einer zu erwartenden Asylhaft nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass dem Antragsteller die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des EuGH (U. v. 3. 7. 2013, 71932/122) sowie der überwiegenden Rechtsprechung (vgl. oben).

Schließlich geht das Gericht auch davon aus, dass nach derzeitiger Erkenntnislage die Lebensbedingungen insbesondere für anerkannte Asylbewerber und subsidiär Schutzberechtigte zwar schwierig sind (vgl. hierzu den Bericht von bordermonotoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Oktober 2013, S. 16 ff). Diese stellen sich aber als nicht so gravierend dar, dass diese entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge hätten.

Von einem schwierigen Arbeitsmarkt sind die ungarischen Staatsangehörigen gleichermaßen betroffen. Asylbewerber haben in Ungarn im Rahmen der materiellen Aufnahmeleistungen Zugang zur medizinischen Versorgung (§ 26 des ungarischen Asylgesetzes; aida, dt. Übersetzung, C. Medizinische Versorgung). Dadurch werden notwendige medizinische Behandlungen abgedeckt; der Umfang entspricht der medizinischen Gratisversorgung für legal im Land lebende ausländische Staatsangehörige. Asylbewerber haben ein Recht darauf, von Allgemeinärzten untersucht und behandelt zu werden. Das Gesetz (§ 34 des staatlichen Dekrets 301/2007) sieht vor, dass Asylbewerber mit besonderen Bedürfnissen medizinische Versorgung, Rehabilitationsmaßnahmen, ambulante und stationäre psychologische Versorgung oder psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen können, die gesundheitlich geboten sind. In der Praxis gibt es keine Richtlinie, anhand derer besonders schutzwürdige Asylbewerber identifiziert werden, und es mangelt an einer spezialisierten medizinischen Versorgung. Asylbewerber, die in Aufnahmezentren untergebracht sind, erhalten Unterkunft und Verpflegung sowie einen monatlichen Geldbetrag für Körperpflegeprodukte und Taschengeld (aida, dt. Übersetzung, A. Aufnahmebedingungen).

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der am ... 1995 in ... (Syrien) geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger arabischer Volkszugehörigkeit. Nach seinen Angaben ist er über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn am 1. Oktober 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Am 3. Dezember 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.

Der Antragsteller wurde vom Bundesamt zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG und zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates für die Durchführung des Asylverfahrens am3. Dezember 2014 befragt und gab unter anderem an, dass er bisher in keinem anderen Land Asyl beantragt habe. In Ungarn seien ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden. Die Frage, ob es Gründe gäbe, die dagegen sprechen, seinen Antrag in einem anderen Dublin Mitgliedstaat zu prüfen, verneinte er. Wegen des weiteren Ergebnisses der Befragung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Das Bundesamt richtete am 28. Januar 2015 ein Übernahmeersuchen an Ungarn nach der Dublin III-VO. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 9. Februar 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Der Antragsteller habe am 30. September 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt, sei dann aber verschwunden, woraufhin das Verfahren am 30. Oktober 2014 eingestellt worden sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 19. Februar 2015 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Ziffer 2.). Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. März 2015 zugestellt.

Zur Begründung wurde dargelegt, dass der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für dessen Behandlung zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lägen in Ungarn nicht vor. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Hiergegen ließ der Antragsteller am 9. März 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erheben; gleichzeitig begehrte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2. des Bescheids der Antragsgegnerin anzuordnen.

Das Verwaltungsgericht München verwies die Verfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit mit Beschluss vom 7. April 2015 an das Verwaltungsgericht Augsburg. Über das Klageverfahren (Au 2 K 15.50196) ist noch nicht entschieden worden.

Zur Begründung ließ der Antragsteller vortragen, dass sein Interesse daran, bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zwangsweise nach Ungarn rücküberstellt zu werden, das öffentliche Interesse an seiner alsbaldigen Rückführung überwiege, da ihm in Ungarn wegen der dort gegebenen systemischen Mängel des Asylverfahrens eine Inhaftierung sowie eine unmenschliche und entwürdigende Behandlung durch die Polizei und die Verletzung seiner Rechte drohe. Es bestehe dort auch kein ausreichender Rechtsschutz. Auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München und anderer Verwaltungsgerichte werde verwiesen.

Das Bundesamt legte am 30. März 2015 die dort geführten Behördenakten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der am9. März 2015 erhobenen Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 19. Februar 2015 enthaltene Abschiebungsverfügung anzuordnen, ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) gestellt worden, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.

Das Gericht nimmt dabei eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor. Hierbei trifft es eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.).

Maßgeblich ist die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 Rn. 147). Ein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig erweisen wird, denn an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kann ein öffentliches Interesse nicht anerkannt werden. Andererseits ist regelmäßig von einem überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse auszugehen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich als rechtmäßig zu betrachten sein wird. Sind die Erfolgsaussichten als offen einzuschätzen, führt dies zu einer von den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs unabhängigen Interessenabwägung (vgl. zum Prüfungsmaßstab insbesondere VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris Rn. 5 ff.; VG Lüneburg, B. v. 10.10.2013 - 2 B 47/13 - juris Rn. 4).

Da sich der angegriffene Bescheid des Bundesamts nach summarischer Prüfung als vorrausichtlich rechtmäßig erweist, führt die vorzunehmende Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. § 34a Abs. 1 AsylVfG erlegt dem Bundesamt die Verpflichtung auf, die Abschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat im Sinn von § 26a AsylVfG oder in den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebungsanordnung vollzogen werden kann. An diesen Rechtsvorschriften gemessen, hat das Bundesamt im Bescheid vom 19. Februar 2015 zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig ist und die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet.

Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft kraft Verfassungsrechts als sichere Drittstaaten (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) gelten, während sonstige sichere Drittstaaten durch Gesetz bestimmt werden. Wer sich in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat, bedarf grundsätzlich nicht des Schutzes eines anderen Staates. Bei Ungarn handelt es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 2 AsylVfG). Die Einreise aus einem dieser Staaten schließt die Berufung auf ein Asylrecht aus (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).

Die Zuständigkeit des ungarischen Staates zur Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ergibt sich nach den Erklärungen der ungarischen Behörden im Schreiben vom 9. Februar 2015 aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Damit waren die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids des Bundesamts vom 19. Februar 2015 gegeben.

Rechtliche Gründe, die eine Überstellung des Antragstellers nach Ungarn hindern könnten, liegen nicht vor.

Insbesondere liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll (hier Ungarn), die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 GRCh) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllte bzw. es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gäbe, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Schutzsuchenden, insbesondere mit Blick auf die nach dem ungarischen Asylgesetz vorgesehene Möglichkeit der Verhängung von Asylhaft („asylum detention“).

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 4; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Regensburg, B. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 28 ff.; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 - 6 L 1235/14.A - juris Rn. 30 ff.; B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; andere Ansicht: SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - VG 23 L 899.14 - juris).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems wurden zuletzt primär in der im Juli 2013 dort in Kraft getretene Gesetzesnovelle gesehen, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A - juris; VG München, U. v. 23.9.2014 - M 24 K 13.31329 - juris m. w. N.). Dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen.

Zum einen entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist nicht ersichtlich (vgl. VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, a. a. O. Rn. 33).

Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde. Diesbezüglich finden sich in den vorliegenden, der Inhaftierungspraxis Ungarns teilweise sehr kritisch gegenüberstehenden Berichten keine Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich zu einer systematischen missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsregelungen komme oder bereits gekommen sei (vgl. Bericht des HHC - Hungarian Helsinki Commitee - Stand Mai 2014, abrufbar unter: http://h...hu/en; Länderbericht zu Ungarn von aida - Asylum Information Database, Stand 30.4.2014, abrufbar unter: www.a...org/.../.../...).

Gegenteiliges ist auch dem Bericht von „b...eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, von Oktober 2013 nicht zu entnehmen. Dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Erkenntnisse, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich und lassen sich auch aus den von anderen Verwaltungsgerichten eingeholten Auskünften (Auswärtiges Amt vom 21.11.2014 an das Verwaltungsgericht München im Verfahren M 23 K 13.31389 u. a.; UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF; Pro Asyl vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF) sowie aus dem Bericht des HHC, in dem explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss, nicht ableiten. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Das Gericht verkennt dabei nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, insbesondere der Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Dagegen spricht zum einen, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Zum anderen ist auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in Ungarn, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohamadi vs. Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in Ungarn auszugehen. Auch nach der die Lage in Ungarn entgegen der oben genannten Entscheidung des EGMR anders bewertenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in Ungarn und deren Anwendung für sich genommen noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber - wie vorliegend - bereits einmal illegal Ungarn verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend den Auskünften des UNHCR vom 9. Mai 2014 bzw. von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden sollten (anders: Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21.11.2014 an das VG München), weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt. Schließlich betont das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 21. November 2014, dass die Asylbehörde, bevor Asylhaft angeordnet wird, zu prüfen hat, ob der Zweck durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, die die Verfügbarkeit des Asylsuchenden sichern (Sicherungsmaßnahmen). Die Asylhaft sei folglich subsidiär und könne nur nach Einzelfallprüfung angeordnet werden, sofern mildere Mittel nicht zur Verfügung stünden. Sie komme insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen der im ungarischen Asylrecht normierten Haftgründe in Betracht, welche aber - wie oben dargelegt - grundsätzlich mit den Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie im Einklang stehen.

Ferner sind den vorgenannten Auskünften auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Schutzsuchenden in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich diese tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet.

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigten, dass gegen eine drohende Inhaftierung des Antragstellers spricht, dass Asylsuchende aus sogenannten „anerkennungsträchtigen“ Herkunftsländern, wozu auch Syrien zählt, grundsätzlich weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen bzw. von dort zeitnah nach Abschluss der Verfahren entlassen werden (vgl. VG Regensburg, B. v. 4.2.2015 - RO 1 S 15.50021 - juris Rn. 31; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014, a. a. O. juris Rn. 70; Auskunft des UNHCR vom 9.5.2014, S. 3).

Der Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn steht schließlich auch nach den eigenen Angaben des Antragstellers beim Bundesamt nichts entgegen; bei seiner Anhörung hatte er die Frage, ob es Gründe gebe, die gegen die Prüfung seines Asylbegehrens in einem anderen Dublin - Mitgliedsstaat sprechen, verneint. Staaten, in die er nicht überstellt werden wolle, hat er dabei nicht genannt. Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn als den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat stehen auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

I.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ..., ..., wird abgelehnt.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 30. Januar 2015 unter Nr. 2 enthaltene Abschiebungsanordnung wird abgelehnt.

III.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nach seinen Angaben am ...1990 in ... (Syrien) geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger arabischer oder kurdischer Volkszugehörigkeit. Nach Aufenthalten in der ..., in ..., ..., ... und Ungarn sei er am 17. November 2014 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Am 12. Dezember 2014 stellte er beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.

Der Antragsteller wurde vom Bundesamt zur Vorbereitung der Anhörung gemäß § 25 AsylVfG und zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates für die Durchführung des Asylverfahrens am12. Dezember 2014 befragt und gab unter anderem an, dass er bisher in keinem anderen Land Asyl beantragt habe. In Ungarn seien ihm die Fingerabdrücke abgenommen worden. Auf die Frage, ob es Gründe gäbe, die dagegen sprechen, seinen Antrag in einem anderen Dublin Mitgliedstaat zu prüfen, gab er an, dass er an keinen anderen Staat überstellt werden möchte; er habe Verwandte in Deutschland und fühle sich hier sicher. Wegen des weiteren Ergebnisses der Befragung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift Bezug genommen.

Das Bundesamt richtete am 14. Januar 2015 ein Übernahmeersuchen an Ungarn nach der Dublin III-VO. Die ungarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 22. Januar 2015 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Der Antragsteller habe am 7. November 2014 in Ungarn einen Asylantrag gestellt, sei aber danach verschwunden, woraufhin das Verfahren am 8. Dezember 2014 eingestellt worden sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 30. Januar 2015 wurde der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Ziffer 1.) und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet (Ziffer 2.). Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 14. März 2015 zugestellt.

Zur Begründung wurde dargelegt, dass der in der Bundesrepublik Deutschland gestellte Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO für dessen Behandlung zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lägen in Ungarn nicht vor. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Hiergegen ließ der Antragsteller am 20. März 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg Klage erheben, über die noch nicht entschieden ist (Az. Au 2 K 15.50170). Gleichzeitig begehrte er die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit dem Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2. des Bescheids der Antragsgegnerin anzuordnen sowie dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwalt ..., ..., beizuordnen.

Zur Begründung ließ er vortragen, dass er über Ungarn eingereist sei. Dort sei er festgenommen und für 24 Stunden inhaftiert worden. Medizinische Versorgung sei ihm verwehrt worden. Einen Asylantrag habe er in Ungarn nicht gestellt. Sein Interesse daran, bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht zwangsweise nach Ungarn rücküberstellt zu werden, überwiege das öffentliche Interesse an seiner alsbaldigen Rückführung, da ihm in Ungarn eine Inhaftierung sowie gegebenenfalls eine menschenunwürdige Behandlung durch die Polizei und die Verletzung seiner Rechte drohe. Außerdem habe er in Deutschland Verwandte, die ihm bei der Integration helfen könnten.

Das Bundesamt legte am 19. März 2015 die dort geführten Behördenakten vor, äußerte sich aber nicht zur Sache.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der am20. März 2015 erhobenen Klage gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 30. Januar 2015 enthaltene Abschiebungsverfügung anzuordnen, ist zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) gestellt worden, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.

Das Gericht nimmt dabei eine summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage vor. Hierbei trifft es eine eigene Ermessensentscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind - die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 146). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 72 ff.).

Maßgeblich ist die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 80 Rn. 147). Ein überwiegendes privates Aussetzungsinteresse ist grundsätzlich dann zu bejahen, wenn sich der angegriffene Verwaltungsakt im Hauptsacheverfahren aller Wahrscheinlichkeit nach als rechtswidrig erweisen wird, denn an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kann ein öffentliches Interesse nicht anerkannt werden. Andererseits ist regelmäßig von einem überwiegenden öffentlichen Vollzugsinteresse auszugehen, wenn der angefochtene Verwaltungsakt voraussichtlich als rechtmäßig zu betrachten sein wird. Sind die Erfolgsaussichten als offen einzuschätzen, führt dies zu einer von den Erfolgsaussichten des in der Hauptsache erhobenen Rechtsbehelfs unabhängigen Interessenabwägung (vgl. zum Prüfungsmaßstab insbesondere VG Trier, B. v. 18.9.2013 - 5 L 1234/13.TR - juris Rn. 5 ff.; VG Lüneburg, B. v. 10.10.2013 - 2 B 47/13 - juris Rn. 4).

Da sich der angegriffene Bescheid des Bundesamts nach summarischer Prüfung als vorrausichtlich rechtmäßig erweist, führt die vorzunehmende Interessenabwägung zu einem Überwiegen des öffentlichen Vollzugsinteresses.

Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. § 34a Abs. 1 AsylVfG erlegt dem Bundesamt die Verpflichtung auf, die Abschiebung eines Ausländers in einen sicheren Drittstaat im Sinn von § 26a AsylVfG oder in den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anzuordnen, sobald feststeht, dass die Abschiebungsanordnung vollzogen werden kann. An diesen Rechtsvorschriften gemessen, hat das Bundesamt im Bescheid vom 30. Januar 2015 zu Recht festgestellt, dass der Asylantrag unzulässig ist und die Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn angeordnet.

Hintergrund dieser Bestimmung ist, dass Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft kraft Verfassungsrechts als sichere Drittstaaten (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) gelten, während sonstige sichere Drittstaaten durch Gesetz bestimmt werden. Wer sich in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hat, bedarf grundsätzlich nicht des Schutzes eines anderen Staates. Bei Ungarn handelt es sich um einen Mitgliedstaat der Europäischen Union und damit um einen sicheren Drittstaat (§ 26a Abs. 2 AsylVfG). Die Einreise aus einem dieser Staaten schließt die Berufung auf ein Asylrecht aus (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG).

Die Zuständigkeit des ungarischen Staates zur Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers ergibt sich nach den Erklärungen der ungarischen Behörden im Schreiben vom 22. Januar 2015 aus Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin III-VO. Damit waren die Voraussetzungen für den Erlass des Bescheids des Bundesamts vom 30. Januar 2015 gegeben.

Rechtliche Gründe, die eine Überstellung des Antragstellers nach Ungarn hindern könnten, liegen nicht vor.

Insbesondere liegt kein - der Rückführung entgegenstehender - Fall vor, in dem der zuständige Drittstaat, in den der Schutzsuchende zurückgeführt werden soll (hier Ungarn), die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention (vgl. Art. 4 GRCh) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (vgl. Art. 3 EMRK) nicht erfüllte bzw. es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gäbe, dass in diesem Mitgliedsstaat in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz vor Verfolgung gewährt wird.

Systemische Mängel sind zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Ungarn nicht anzunehmen. Dies gilt auch im Hinblick auf die vom Antragsteller thematisierten Aufnahmebedingungen von Schutzsuchenden, insbesondere mit Blick auf die nach dem ungarischen Asylgesetz vorgesehene Möglichkeit der Verhängung von Asylhaft („asylum detention“).

Das Gericht teilt insoweit die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.; U. v. 6.6.2013 - 2283/12 - Asylmagazin 2013, 342 ff.) sowie anderer deutscher Verwaltungsgerichte, die systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn verneinen (VGH BW, B. v. 6.8.2013 - 12 S 675/13 - juris Rn. 4; OVG LSA, B. v. 31.5.2013 - 4 L 169/12 - juris Rn. 23; VG Regensburg, B. v. 20.2.2015 - RN 3 K 14.50264 - juris Rn. 28 ff.; VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 - juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014 - 6 L 1235/14.A - juris Rn. 30 ff.; B. v. 8.9.2014 - 9 L 1506/14.A - juris Rn. 8 ff.; VG Stade, B. v. 14.7.2014 - 1 B 862/14 - juris Rn. 7 ff.; VG Hannover, B. v. 27.5.2014 - 5 B 634/14 - juris Rn. 8 ff.; andere Ansicht: SächsOVG, B. v. 24.7.2014 - A 1 B 131/14 - juris Rn. 4 m. w. N.; VG München, B. v. 26.6.2014 - M 24 S 14.50325 - juris Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 26.6.2014 - A 11 K 387/14 - juris Rn. 16 ff.; VG Düsseldorf, B. v. 27.8.2014 - 14 L 1786/14.A - juris Rn. 24 ff.; B. v. 16.6.2014 - 13 L 141/14.A - juris Rn. 24 ff.; VG Oldenburg, B. v. 18.6.2014 - 12 B 1238/14 - juris Rn. 18 ff.; VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - VG 23 L 899.14 - juris).

Mögliche systemische Mängel des ungarischen Asylsystems wurden zuletzt primär in der im Juli 2013 dort in Kraft getretene Gesetzesnovelle gesehen, wonach die Inhaftierung von Asylsuchenden für bis zu sechs Monate zulässig ist (vgl. hierzu etwa VG Frankfurt/Oder, B. v. 24.7.2013 - VG 1 L 213/13.A - juris; VG München, U. v. 23.9.2014 - M 24 K 13.31329 - juris m. w. N.). Dieser Umstand vermag nach Auffassung des Gerichts - jedenfalls derzeit - systematische Mängel nicht zu begründen.

Zum einen entsprechen die in Art. 31 A Abs. 1 des ungarischen Asylgesetzes genannten Haftgründe ganz überwiegend denen des Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie (RL) 2013/33/EU, die am 19. Juli 2013 in Kraft getreten ist. Entsprechend den Vorgaben dieser Richtlinie darf nach Art. 31 A Abs. 3 des ungarischen Gesetzes eine solche Inhaftierung nur aufgrund einer individuellen Ermessensentscheidung erfolgen (vgl. insoweit Art. 8 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Auch darf eine solche Inhaftierung nach Art. 31 B Abs. 1 des ungarischen Gesetzes nicht alleine deswegen erfolgen, weil die Antragsteller einen Asylantrag gestellt haben (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU). Dass allein aufgrund dieser Neuregelungen das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Asylsuchenden zur Folge hätten, ist nicht ersichtlich (vgl. VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, a. a. O. Rn. 33).

Kritisiert wurde diesbezüglich nur, dass die ungarischen Regelungen zum Teil zu unbestimmt gefasst seien und damit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung bestünde. Diesbezüglich finden sich in den vorliegenden, der Inhaftierungspraxis Ungarns teilweise sehr kritisch gegenüberstehenden Berichten keine Anhaltspunkte dafür, dass es tatsächlich zu einer systematischen missbräuchlichen Anwendung der Inhaftierungsregelungen komme oder bereits gekommen sei (vgl. Bericht des HHC - Hungarian Helsinki Commitee - Stand Mai 2014, abrufbar unter: http://helsinki.hu/en; Länderbericht zu Ungarn von aida - Asylum Information Database, Stand 30.4.2014, abrufbar unter: www.asylumineurope.org/reports/country/hungary).

Gegenteiliges ist auch nicht dem Bericht von „bordermonitoring.eu, Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit“, von Oktober 2013 zu entnehmen. Dort wird insoweit nur kritisiert, dass die entsprechenden Normen weit gefasst seien (vgl. S. 35 des genannten Berichts). Erkenntnisse, die insoweit bereits bestehende systemische Mängel festgestellt hätten, sind aber bislang weder vorgetragen noch ersichtlich und lassen sich auch aus den von anderen Verwaltungsgerichten eingeholten Auskünften (Auswärtiges Amt vom 21.11.2014 an das Verwaltungsgericht München im Verfahren M 23 K 13.31389 u. a.; UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF; Pro Asyl vom 31.10.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 K 501/14.A, abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILo des BAMF) sowie aus dem Bericht des HHC, in dem explizit darauf hingewiesen wird, dass die zukünftige Umsetzung und Anwendung dieser Gesetzesnovelle beobachtet werden muss, nicht ableiten. Soweit und solange sich aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte ergeben, ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 u. a. - NVwZ 2012, 417 ff.) davon auszugehen, dass auch für Ungarn die Vermutung besteht, dass Asylsuchende in Einklang mit den Vorgaben der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK behandelt werden.

Das Gericht verkennt dabei nicht das Bestehen der in den vorliegenden Berichten dargestellten Missstände, insbesondere der Inhaftierungspraxis in Ungarn. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Dagegen spricht zum einen, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in Ungarn explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Zum anderen ist auch unter Einbeziehung der neuesten Berichte zur tatsächlichen Situation in Ungarn, insbesondere im Hinblick auf die mögliche Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern, festzustellen, dass die dort genannten Missstände nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht die Qualität systemischer Mängel erreichen. Nach den Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Sache Mohamadi vs. Österreich (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 - UA Rn. 68 ff.) ist nicht von systematischen Inhaftierungen von Asylsuchenden in Ungarn auszugehen. Auch nach der die Lage in Ungarn entgegen der oben genannten Entscheidung des EGMR anders bewertenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung belegen die Inhaftierungsvorschriften in Ungarn und deren Anwendung für sich genommen noch keinen Anhaltspunkt für systemische Mängel. Denn die ungarischen Inhaftierungsvorschriften entsprechen bei summarischer Betrachtung den Vorgaben des Europäischen Rechts, insbesondere den in Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2013/33/EU - Aufnahmerichtlinie - genannten Haftgründen. Danach darf ein Antragsteller nur in Haft genommen werden, um u. a. Beweise zu sichern, auf die sich sein Antrag auf internationalen Schutz stützt und die ohne Haft unter Umständen nicht zu erhalten wären, insbesondere, wenn Fluchtgefahr besteht, was naheliegend ist, wenn ein Asylbewerber - wie vorliegend - bereits einmal illegal Ungarn verlassen hat, um in einem anderen Mitgliedstaat einen weiteren Asylantrag zu stellen. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, dass die ungarische Asylhaftpraxis die Grenzen des europäischen Rechts systematisch überschreitet, selbst wenn entsprechend den Auskünften des UNHCR vom 9. Mai 2014 bzw. von Pro Asyl vom 31. Oktober 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden sollten (anders: Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21.11.2014 an das VG München), weil und soweit die ungarischen Behörden einen Haftgrund im Einklang mit dem europäischen Unionsrecht annehmen. Aus den vorliegenden Erkenntnissen ergibt sich, dass im Einzelfall auch von einer Asylhaft abgesehen werden kann und auch abgesehen wird, mithin die tatsächlichen Umstände des Einzelfalles bei einer Haftanordnung berücksichtigt werden. Auch die Dauer der Asylhaft ist nach dem ungarischen System an das Fortbestehen eines Haftgrundes gekoppelt. Schließlich betont das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 21. November 2014, dass die Asylbehörde, bevor Asylhaft angeordnet wird, zu prüfen hat, ob der Zweck durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann, die die Verfügbarkeit des Asylsuchenden sichern (Sicherungsmaßnahmen). Die Asylhaft sei folglich subsidiär und könne nur nach Einzelfallprüfung angeordnet werden, sofern mildere Mittel nicht zur Verfügung stünden. Sie komme insbesondere bei Vorliegen der Voraussetzungen der im ungarischen Asylrecht normierten Haftgründe in Betracht, welche aber - wie oben dargelegt - grundsätzlich mit den Vorgaben der EU-Aufnahmerichtlinie im Einklang stehen.

Ferner sind den vorgenannten Auskünften auch keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die inhaftierten Schutzsuchenden in Ungarn systematisch einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterliegen, auch wenn bisweilen Defizite in den Haftbedingungen festgestellt werden konnten. So können sich diese tagsüber frei bewegen, eine ausreichende medizinische und sonstige Versorgung ist gewährleistet, Freizeiteinrichtungen sind vorhanden. Rechtlicher Beistand wird ebenfalls gewährleistet.

Darüber hinaus ist vorliegend zu berücksichtigten, dass gegen eine drohende Inhaftierung des Antragstellers spricht, dass Asylsuchende aus sogenannten „anerkennungsträchtigen“ Herkunftsländern, wozu auch Syrien zählt, grundsätzlich weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen bzw. von dort zeitnah nach Abschluss der Verfahren entlassen werden (vgl. VG Regensburg, B. v. 4.2.2015 - RO 1 S 15.50021 - juris Rn. 31; VG Düsseldorf, B. v. 2.9.2014, a. a. O. juris Rn. 70; Auskunft des UNHCR vom 9.5.2014, S. 3).

Der Abschiebung des Antragstellers nach Ungarn steht schließlich auch der Umstand nicht entgegen, dass in der Bundesrepublik Verwandte leben (Onkel, Tante, Cousinen). Einer Rückführung des Antragstellers nach Ungarn als den nach § 27a AsylVfG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat stehen somit auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG entgegen.

Nachdem die beabsichtigte Rechtsverfolgung somit keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet, scheiden auch die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten aus (§ 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylVfG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

...

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin will mit ihrem Antrag die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen eine Abschiebungsanordnung nach U. erreichen.

Bei der Asylantragstellung am 13.1.2015 (bei der Angabe auf Blatt 3 der Behördenakten handelt es sich offenbar um einen Schreibfehler) beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) gab die am ... 1985 geborene Antragstellerin an, syrische Staatsangehörige, sunnitischen Glaubens und arabische Volkszugehörige zu sein.

Bei ihrer vorbereitenden Anhörung für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates am 22.1.2015 erklärte sie, etwa am 15.7.2014 über L. in die T. gereist zu sein. Über Griechenland, Mazedonien und Serbien sei sie nach U. gekommen. Mit einem Pkw sei sie über Österreich nach Deutschland gereist.

Auf die Frage, ob Gründe gegen eine Prüfung ihres Asylantrages in einem andern Dublin Mitgliedstaat sprächen, gab sie kein Land an. Sie wolle aber, dass der Asylantrag in Deutschland überprüft werde, da es in Deutschland mehr Sicherheit und Unterstützungen gebe.

Auf Anfrage erklärten sich die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 10.2.2015 zur Übernahme der Antragstellerin nach Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO bereit. Diese habe am 6.1.2015 einen Asylantrag gestellt und sei kurz darauf verschwunden.

Nicht angegeben ist, dass das Asylverfahren daraufhin eingestellt worden sei.

Mit Bescheid vom 23.2.2015 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach U. an (Nr. 2).

Für das Verfahren sei U. zuständig. Humanitäre Gründe für einen Selbsteintritt Deutschlands lägen nicht vor.

Der Bescheid wurde am 5.3.2015 zur Übergabe an den Antragsteller an die Aufnahmeeinrichtung Deggendorf gesandt.

Mit Telefax ihres Prozessbevollmächtigten vom 11.3.2015 ließ die Antragstellerin Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 23.2.2015 erheben (RN 1 K 15.50124). Gleichzeitig beantragte sie,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung in dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 23.2.2015 anzuordnen.

Zur Begründung erklärte die Antragstellerin, sie sei an der serbisch-ungarischen Grenze festgenommen und ca. 10 Stunden festgehalten worden. Ihre Kleidung sei durchnässt gewesen. Sie habe sich nicht umziehen dürfen und habe stark gefroren. Sie habe weder etwas zu essen bekommen, noch ihr eigenes Essen verzehren dürfen. Auch auf die Toilette habe sie nicht gehen dürfen. Mit physischer Gewalt habe sie etwas unterschreiben müssen, was sie nicht verstanden habe. Ihr seien gewaltsam die Fingerabdrücke abgenommen worden. Eine Polizistin und ein Polizist hätten sie gegen die Brust geschlagen.

Das Asylverfahren in U. leide unter systemischen Mängeln. Die Unterbringung sei mangelhaft. Bei Rückschiebung drohe die Inhaftierung. Asylbewerber, die nicht untergebracht würden, drohe die Obdachlosigkeit. Das Schlafen auf Plätzen und Wegen sei aber untersagt.

Die Antragsgegnerin beantragte unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,

den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann keinen Erfolg haben.

Grundsätzlich kann das Verwaltungsgericht nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes durch Gesetz angeordnet ist, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Nach § 75 Satz 1 AsylVfG gilt dies auch für die vorliegende Entscheidung nach dem AsylVfG.

Die Abschiebungsanordnung ist dem Grundsatz nach rechtmäßig. U. ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und es sind keine außergewöhnlichen Gründe ersichtlich, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gebieten.

Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, wenn der Ausländer dorthin abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor.

Die Antragsgegnerin ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei U. um den für das Asylverfahren zuständigen Staat im Sinne des § 27a AsylVfG handelt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. U. erklärte mit Schreiben vom 10.2.2015 das Einverständnis mit einer Rückübernahme der Antragstellerin, weil sie in U. bereits einen Asylantrag gestellt hatte, Art. 18 Abs. 1 b Dublin III-VO.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie habe in U. nur irgendetwas unterschrieben und damit keinen Asylantrag gestellt, kann die Richtigkeit dieser Behauptung dahinstehen, da sich die Zuständigkeit U. für das jetzige Asylverfahren dann zumindest aus dem illegalen Grenzübertritt nach U. ergibt, Art. 13 Dublin III-VO.

Sinn der Regelungen der Dublin III-VO ist es, Verfahrensverzögerungen durch Fragen zu vermeiden, wann in welchem Mitgliedstaat (Land der Europäischen Union sowie N., I., S. und Li.) ein Asylantrag gestellt wurde. Der Zuständigkeit U. steht damit nach Art. 3 Abs. 2 Dublin III-VO auch nicht entgegen, dass sich die Antragstellerin zuvor in G. aufhielt.

Der Regelung des § 34a Abs. 1 AsylVfG, nach dem die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Es gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, C-411/10). Abweichend hiervon hat Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts berücksichtigt werden können und damit außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind (BVerfG, Urt. v. 14.5.1996, 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93).

Die Rechtsprechung lässt in eng begrenzten Ausnahmefällen Abweichungen von dem Konzept der normativen Vergewisserung zu. Das Konzept wird danach insbesondere dann mit der Folge durchbrochen, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO erfolgreich ist, wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im Zielstaat der Abschiebung systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechts-Charta) implizieren (EuGH, Urt. v. 21.12.2011, verbundene Rechtssachen C 411/10 und C 493/10, NVwZ 2012, 417). Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur erreicht werden, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass einer der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG v. 14.05.1996 a. a. O.).

Zu prüfen ist demnach, ob die Mindeststandards bei der Behandlung von Asylbewerbern im Allgemeinen eingehalten werden. Fehlleistungen im Einzelfall stellen das Konzept der normativen Vergewisserung nicht in Frage. Erst wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im nach der Dublin III-VO für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitglied- oder Vertragstaat grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen, ist ein Abweichen von den Bestimmungen der Dublin III-VO mit der Folge geboten, dass die Bundesrepublik Deutschland von ihrem Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO Gebrauch machen muss. Nur dann muss in der Bundesrepublik Deutschland ein Asylverfahren durchgeführt werden und die Abschiebung in den die Mindeststandards nicht einhaltenden Mitgliedstaat ist unzulässig.

Zur Widerlegung der Vermutung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens und zumutbarer Bedingungen für Asylbewerber muss sich nach einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (v. 19.3.2014, 10 B 6/14, zitiert nach juris) der Tatrichter „die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27.4.2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m. w. N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird.“ Diese Überzeugung konnte das Gericht hinsichtlich U. nicht gewinnen.

Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Zwar waren die Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in der Vergangenheit beanstandenswert und teilweise unzureichend. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Unregelmäßigkeiten traten auch vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der Dublin (II)-III-VO Verordnung nach U. rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete daher bereits in einem Bericht vom April 2012 den Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer als problematisch (UNHCR, U. als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in U., April 2012, S. 9). Diese Lage hat sich zwischenzeitlich mit Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzesänderungen im ungarischen Parlament vom November 2012 erheblich gebessert. Nach der Fortschreibung der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland U. vom Dezember 2012 werden nunmehr die Asylgründe von Asylsuchenden auch inhaltlich geprüft, selbst wenn es sich um Asylsuchende handelt, die über Serbien oder die Ukraine oder im Wege der Rückführung nach U. gelangen.

Nach der Änderung der ungarischen Gesetzgebung zum 1.7.2013 wurde die Haft für Asylantragsteller wieder eingeführt. In der Praxis sind hiervon zwar Familien und schutzbedürftige Personen ausgeschlossen (UNHCR an VG Düsseldorf v. 30.9.2014), andere Asylbewerber, insbesondere auch Alleinstehende, die nach der Dublin-Verordnung überstellt werden, müssen aber mit einer Inhaftierung rechnen.

Nach dem neuesten Bericht der Asylum Information Database -“aida“ vom 3.3.2015, mit Berichtsstand zum 27.2.2015 (das Update entspricht in großen Teilen dem Bericht vom 30.4.2014, für den eine deutsche Übersetzung für die Teile B Verfahren 3. Dublin; Aufnahmebedingungen und Inhaftierung von Asylbewerbern vorliegt; bei gleichem Text der Fassungen von 2015 und 2014 wird die deutsche Übersetzung zitiert), erfolgt keine Inhaftierung von nach der Dublin-Verordnung überstellten Asylbewerbern, wenn das Asylverfahren noch nicht entschieden wurde, wovon nach den Angaben der ungarischen Behörden ausgegangen werden kann. Im Jahr 2014 wurden 5991 von 6857 Anträgen syrischer Asylbewerber nicht durch eine Sachentscheidung sondern in sonstiger Weise -“otherwise closed/discontinued“- erledigt (aida v 3.3.2015, Statistic). Soweit Asylbewerber ihren Asylantrag nicht schriftlich zurücknehmen, eine Ablehnung der Behörde erhalten und keinen gerichtlichen Rechtsschutz beantragt bzw. eine negative Entscheidung des Gerichts erhalten haben, wird nach Abschiebung im Rahmen eines Dublin-Verfahrens das Asylverfahren fortgeführt, ohne dass ein Asylfolgeverfahren beantragt werden muss (aida v. 3.3.2015, D subsequent applications).

Asylbewerber werden in einem Aufnahmezentrum untergebracht und erhalten drei Mahlzeiten pro Tag, teilweise auch Nahrungsmittelzuteilungen, wenn sie selbst kochen wollen (aida v. 3.3.2015, Reception Conditions A Access and forms of reception conditions 2. Form and levels of material reception conditions). Asylbewerber haben eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Sie können sich um Stellen bewerben, die nicht mit ungarischen Staatsbürgern oder Bürgern aus dem Europäischen Wirtschaftsraum besetzt sind. Syrische Asylbewerber erhalten nach Prüfung ihres Asylverfahrens mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit internationalen Schutz (aida v 3.3.2015, Statistic). Sie können dann noch zwei Monate im Aufnahmezentrum bleiben. Es besteht damit genügend Zeit, um eine Obdachlosigkeit zu vermeiden.

Nicht ausgeschlossen werden kann nach der Gesetzesänderung zum 1.7.2013, dass Asylbewerber bei Stellung eines Asylfolgeantrages in Einwanderungshaft genommen werden (aida v. 3.3.2015, Inhaftierung von Asylbewerbern, B Haftgründe). Nunmehr erfolgt dies aber nur noch bei den Folgeantragstellern, deren Antrag als offensichtlich unbegründet oder unzulässig abgelehnt wurde. Alle anderen Inhaftierungen erfolgen nur noch im Rahmen der Asylhaft, die gegenüber der Einwanderungshaft mit wesentlich moderateren Bedingungen (z. B. tagsüber freien Zugang zu frischer Luft statt nur einer Stunde Bewegung an der frischen Luft, aida a. a. O. Inhaftierung von Asylbewerbern, C Haftbedingungen) verbunden sind.

Grundsätzlich stellt die Möglichkeit der Haft keinen systemischen Mangel des Asylverfahrens dar. Dies könnte nur dann angenommen werden, wenn die Haft eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung nach Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK wäre. Dies ist dem Grunde nach nicht der Fall, wenn sie nicht nur wegen der Durchführung des Asylverfahrens erfolgt, Art. 8 Abs. 1 RL 2013/33/EU. Die Haftgründe in § 31/A des ungarischen Asylgesetzes entsprechen im Wesentlichen den in der Europäischen Union zulässigen Haftgründen in Art. 8 Abs. 3 RL 2013/33/EU und sind damit dem Grunde nach zulässig.

Asylsuchende aus typischen Flüchtlingsherkunftsländern wie Afghanistan, Somalia oder S. sind im Allgemeinen in U. nicht von Inhaftierung bedroht (UNHCR Auskunft vom 9.5.2014 an VG Düsseldorf). Diese Einschätzung ist nachvollziehbar, da bei der Antragstellerin auch kein Haftgrund ersichtlich ist. Haftgründe liegen insbesondere bei ungeklärter Identität oder ungeklärten Asylgründen vor. Im Dublin-Verfahren ist die Identität regelmäßig geklärt. Bei Asylbewerbern aus S. sind Gründe für internationalen Schutz allgemein anerkannt.

Selbst wenn nicht nach den Herkunftsländern der Asylbewerber unterschieden wird, hätte die Antragstellerin keine Einwanderungshaft sondern allenfalls Asylhaft zu erwarten (aida v. 3.3.2015, Inhaftierung von Asylbewerbern B Haftgründe). Auch in diesem Fall droht der Antragstellerin nicht die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 3.7.2014, 71932/122) und der überwiegenden deutschen Rechtsprechung (VG Würzburg, B. v. 2.1.2015, W 1 S 14.50120; VG Regensburg, B. v. 17.12.2013, RN 5 S 13.30749, B. v. 24.2.2014, RN 6 S 14.30141; VG Augsburg, B. v. 12.2013, Au 7 S 13.30454, m. w. N., B. v. 28.10.2013, Au 6 E 13.30399; VG Ansbach, B. v. 3.12.2013, AN 11 S 13.31074; VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013, 12 S 675/13; a. A. z. B. VG München, B. v. 11.11.2013, M 18 S 13.31119; VG Berlin, B. v. 23.1.2015, 23 L 717.14 A).

Eine andere Beurteilung kann auch nicht aufgrund der Angaben der Antragstellerin erfolgen, sie sei geschlagen und schlecht behandelt worden. Auch bei der im vorliegenden Verfahren möglichen Unterstellung der Angaben als wahr führt dies nicht zu einem systemischen Fehler im ungarischen Asylverfahren. Die Angaben entsprechen nicht der allgemeinen Lage von Asylbewerbern in U.. Es würde sich insoweit nur um Exzesshandlungen einzelner Staatsbediensteter handeln, die der Zuständigkeit U. für das Asylverfahren nicht entgegenstehen. Selbst wenn zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen wird, dass wegen der stark gestiegenen Zahl von Asylbewerbern in U. seit dem Jahr 2014 die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, zusammen mit einer größeren Zahl von anderen Asylantragstellern nach dem Grenzübertritt in zu kleinen Räumen festgehalten zu werden, handelt es sich nur um vorübergehende Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte. Dementsprechende Berichte werden in Verfahren der vorliegenden Art zwar häufig aber keineswegs überwiegend abgegeben. In den Auskünften (aida v. 3.3.2015, UNHCR an VG Düsseldorf v. 9.5.2014, Hungarian Helsinki Committee vom Mai 2014) wird auf eine entsprechende Verfahrensweise nicht hingewiesen, so dass auch hieraus darauf geschlossen werden kann, dass nicht mit erheblicher Wahrscheinlichkeit mit derartigen Einschränkungen der Persönlichkeits- und Freiheitsrechte nach illegalem Grenzübertritt gerechnet werden muss. Insbesondere liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass Dublin-Rückkehrer entsprechende Maßnahmen erwarten müssten.

Die Antragstellerin kann damit auch keinen Anspruch auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 2 Dublin III-VO geltend machen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in der Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin III-VO begründen - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz - keine subjektiven Rechte der Asylbewerber. Sie dienen nämlich alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den Mitgliedstaaten. Auch wenn man einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung annimmt, bestehen hier keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sich dieser zu einem Anspruch auf Selbsteintritt reduziert hätte („Ermessensreduzierung auf Null“).

Die Antragstellerin hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83 b AsylVfG.

Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Tenor

I.

Der Bescheid vom 8. Dezember 2014 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Gegenstand des Verfahrens ist ein Bescheid, mit welchem der Asylantrag der Klägerin als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Ungarn angeordnet wurde.

Die Klägerin meldete sich am 17. Juni 2014 in M. als asylsuchend. Am 18. Juli 2014 stellte sie in Z. einen Asylantrag. Sie gab dabei an, eine am ... 1976 geborene, geschiedene iranische Staatsangehörige mit persischer Volkszugehörigkeit zu sein.

Bei ihrer Befragung durch die Regierung von ... am 2. Juli 2014 gab sie an, ihren Heimatort am 14. April 2014 verlassen zu haben und über die Türkei, Griechenland, Mazedonien und Serbien nach Ungarn gekommen zu sein. Dort habe sie sich unter dem Namen ..., geb. 1984, afghanische Staatsangehörige, als Asylsuchende gemeldet. Am 13. Juni 2014 sei sie mit dem Zug von B. nach M. gefahren. Für ihre Schleusung habe sie insgesamt 9.000.- $ bezahlt. Am 14. Juni 2014 habe sie sich bei der Polizei in M. gemeldet.

Die Eurodac-Abfrage am 2. September 2014 ergab zwei Treffer (GR2MYT... und HU...).

Auf Ersuchen vom 14. Oktober 2014 stimmte Ungarn am 20. Oktober 2014 der Rückführung der Klägerin zu (Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin-III-VO), weil die Klägerin dort am22. Mai 2014 Asyl beantragt hatte, im Juni verschwunden ist und das Verfahren am 12. Juni 2014 beendet wurde.

Mit Bescheid vom 8. Dezember 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2).

Gegen diesen am 22. Dezember 2014 zugestellten Bescheid ließ die Klägerin mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2014, eingegangen am 30. Dezember 2014, Klage erheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Klägerin habe geheiratet und der Ehemann sei wegen Zuerkennung subsidiären Schutzes in Deutschland aufenthaltsberechtigt. Beide Eheleute wünschten, dass der Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes in Deutschland geprüft werde.

Vorgelegt wurden:

- Kopie einer undatierten „HEIRATESURKUNDE“ des ... D. e. V.

- Kopie der bis zum 10. Februar 2015 geltenden Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 AufenthG des Herrn...

Die Klägerin beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 8. Dezember 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Rechtsstreit wurde am 4. Februar 2015 auf den Einzelrichter übertragen.

Ausweislich eines Schreibens der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde G-stadt, 97340 M.-G-stadt, vom 26. März 2015 wird der Klägerin dort seit dem 26. März 2015, 16.00 Uhr, Kirchenasyl gewährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Die Anfechtungsklage ist die zutreffende Klageart gegen einen Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass ein Asylverfahren unzulässig ist, und die Abschiebung angeordnet wird. Eine Klage auf Verpflichtung zur Durchführung eines Asylverfahrens bzw. auf Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft etc. ist insofern unzulässig, da mit der Aufhebung des Bescheids die Beklagte kraft Gesetzes verpflichtet ist, ein Asylverfahren durchzuführen (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BayVGH vom 28. Februar 2014, 13a B 13.30295, juris, Rz. 22; VG Regensburg vom 29. April 2014, RO 4 K 14.50022, juris, Rz. 25 f.).

Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) gegen den Bescheid, welcher eine Überstellungsentscheidung im Sinne des Art. 26 Abs. 1 Dublin-III-VO ist, ergibt sich zum einen daraus, dass der Kläger Adressat desselben ist und zum anderen daraus, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin-III-VO vorschreibt, dass ein Antragsteller ein Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung hat.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung des Asylantrags stellt sich als rechtswidrig dar und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Abschiebungsanordnung erfolgte zu Unrecht.

1. Die Ablehnung des Asylantrags durch das Bundesamt gemäß den §§ 27 a, 31 Abs. 6 AsylVfG erfolgte ursprünglich zu Recht, weil ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig war. Dieser andere Staat war U.

In Ungarn gilt, da es Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, auch die Dublin-III-VO. Diese am 19. Juli 2013 in Kraft getretene Verordnung (vgl. Art. 49 Satz 1 Dublin-III-VO) ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Satz 2, 1. Alt. Dublin-III-VO). Ohne Rücksicht darauf, wann ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, gilt die Dublin-III-VO für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Satz 2, 2. Alt. Dublin-III-VO).

Anträge auf internationalen Schutz im Sinne der Dublin-III-VO sind nach der Legaldefinition in Art. 2 Buchstabe b Dublin-III-VO, die insoweit auf die Legaldefinition in Art. 2 Buchstabe h QRL verweist, - vereinfacht ausgedrückt - regelmäßig Anträge, denen entnommen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt. Derartige Anträge hat die Klägerin am 22. Mai 2014 in Ungarn und am 18. Juli 2014 in Deutschland gestellt.

a) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaats ist nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem ein Antragsteller zum ersten Mal einen Antrag auf internationalen Schutz in einem Mitgliedstaat stellt. Abzustellen ist demnach auf den 22. Mai 2014. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin in Deutschland keinen Familienangehörigen im Sinne des Art. 9 Dublin-III-VO.

Erster Mitgliedstaat, in den die Klägerin illegal eingereist ist, ist Griechenland. Dort herrschen aber systemische Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO. Deshalb hatte die Beklagte die Prüfung der Zuständigkeit nach dieser Vorschrift anhand der Kriterien des Kapitels III der Dublin-III-VO fortzusetzen.

b) Nächster Mitgliedstaat, in welchen die Klägerin illegal eingereist ist, ist Ungarn. Dort hat sie einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Die Wiederaufnahmepflicht Ungarns bestimmt sich nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe b Dublin-III-VO. Ungarn hat der Wiederaufnahme der Klägerin am 20. Oktober 2014 zugestimmt.

In Ungarn bestehen derzeit keine systemischen Schwachstellen im Sinne des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO, welche es unmöglich machen würden, die Klägerin an Ungarn zu überstellen.

In Umsetzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2014 die Vorschrift des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO in Kraft gesetzt. Nach dieser Vorschrift hat der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der Bestimmungskriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, welche die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der GR-Charta bzw. des Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) mit sich bringen.

Mit „Asylverfahren und Aufnahmebedingungen“ ist der Gesamtkomplex des Asylsystems in dem Mitgliedstaat gemeint und es genügt, wenn in irgendeinem Bereich dieses Gesamtsystems Mängel auftreten. Das Gesamtsystem umfasst den Zugang zum Asylverfahren, das Asylverfahren selbst, die Behandlung während des Verfahrens, die Handhabung der Anerkennungsvoraussetzungen, das Rechtsschutzsystem und auch die in der Genfer Flüchtlingskonvention und der Qualifikationsrichtlinie geregelte Behandlung nach der Anerkennung (vgl. Lübbe, „Systemische Mängel“ in Dublin-Verfahren, ZAR 2014, 105, 108). Unerlässlich ist aber, dass diese Mängel aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG vom 19. März 2014, 10 B 6/14, juris, Rz. 9). Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, kommt es im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO nicht an (vgl. BVerwG vom 6. Juni 2014, 10 B 35/14, juris, Rz. 6).

Eine derartige Gefahr kann derzeit aufgrund von systemischen Schwachstellen in Ungarn nicht festgestellt werden.

Das erkennende Gericht hat bereits in seiner Entscheidung vom 7. April 2014, RO 4 S 14.50030, juris, Rz. 28, das Fehlen systemischer Schwachstellen festgestellt und sich den Ausführungen des VG Würzburg in seiner Entscheidung vom 21. März 2014, W 1 S 14.30147, Juris, Rz. 19 bis 21, des VG Regensburg vom 12. März 2014, RN 5 S 14.30240, S. 9 des Urteilsabdrucks, des VG Regensburg vom 19. März 2014, RN 3 S 14.30283, S. 6 des Urteilsabdrucks, und des VG Regensburg vom 20. März 2014, RN 8 S 14.30268, S. 5 des Urteilsabdrucks, angeschlossen. Das VG Würzburg hatte dargelegt, dass die am 1. Juli 2013 in Kraft getretenen ungarischen Regelungen zur Inhaftierung den Vorgaben einer im Juli 2013 in Kraft getretenen EU-Richtlinie entsprechen. Für eine Rückkehr zu der in früheren Jahren praktizierten, systematischen und missbräuchlichen Anwendung von Inhaftierungsvorschriften gebe es keine Belege. Diese ergaben sich, wie das VG Regensburg in seiner Entscheidung vom 20. März 2014 betonte, auch nicht aus dem vorläufigen englisch-sprachigen Bericht der UNHCR-Arbeitsgruppe über den Besuch in Ungarn vom 23. September bis 2. Oktober 2013, und - so das VG Regensburg am 12. März 2014 - dem Bericht von Marion Bayer und Marc Speer, den bordermonitoring.eu e. V. und der Förderverein Pro Asyl e. V. im Oktober 2013 unter dem Titel „Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit, Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012“, herausgegeben haben. Nach Einschätzung des VG Regensburg vom 19. März 2014 erfolgten Inhaftierungen lediglich in Einzelfällen. Mehr als eine Einzelfallimpression konnte auch durch den Bericht Marc Speer vom 10. März 2014 von bordermonitoring.eu e. V. nicht belegt werden. Grundrechtswidrige allgemeine Haftbedingungen und ein in der Praxis nahezu nicht bestehender Zugang zu einem fairen Asylverfahren konnten daraus nicht abgeleitet werden.

Daran hat sich nichts geändert. Das Gericht schließt sich den Ausführungen und den Bewertungen des VG Düsseldorf vom 1. April 2015, 13 L 1031/15.A, juris, Rz. 38 bis 106, sowie des VG Gelsenkirchen vom 10. April 2015, 18a L 453/15.A, juris, Rz. 26 bis 73, an, welche auf einer Auswertung der in den beiden Entscheidungen benannten Erkenntnisquellen beruhen. Es mag zwar im Zusammenhang mit der Inhaftierung von Asylsuchenden in Ungarn - wie in anderen Ländern auch - in Einzelfällen Verstöße gegen die entsprechenden rechtlichen Vorgaben geben. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass diese systematisch sind.

c) Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ging auch nicht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte über, denn sie hat nicht von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch gemacht. Gründe für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts sind nicht ersichtlich.

Da die geltend gemachte Eheschließung nach deutschem Recht wohl nicht anerkannt ist, stellt sich die Frage, ob als Folge der Eheschließung eine schützenswerte eheliche Lebensgemeinschaft besteht, nicht. Somit besteht auch kein Anlass für eine weitergehende Prüfung eines Selbsteintritts.

d) Maßgeblich für die gerichtliche Entscheidung ist jedoch die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner eigenen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Die ursprünglich rechtmäßige Ablehnung stellt sich nunmehr als rechtswidrig dar, weil Ungarn nicht mehr der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat ist. Die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Dublin-III-VO ist abgelaufen.

Diese Frist beträgt grundsätzlich sechs Monate nach der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch Ungarn. Diese Annahme erfolgte am 20. Oktober 2014 und endete demnach am 20. April 2015. Anhaltspunkte für eine Verlängerung dieser Frist finden sich nicht.

Wird die Überstellung nicht innerhalb dieser Frist ausgeführt, dann ist der zuständige Mitgliedstaat (Ungarn) nicht mehr zur Wiederaufnahme verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat (Deutschland) über (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO).

Da die Überstellung bislang nicht erfolgt ist, ist die Beklagte für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden (vgl. insoweit auch BayVGH vom 15. April 2015, 13 a ZB 15.50066, Rz. 3 der Entscheidung).

2. Die Klägerin ist durch die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig auch in ihren Rechten beeinträchtigt.

a) Die Dublin-III-VO begründet grundsätzlich nur subjektive Rechte der Mitgliedstaaten, nicht aber der einzelnen Antragsteller (vgl. Günther, in Beck-OK AuslR, Stand: 1. Januar 2015, § 27 a AsylVfG, Rz. 29). So sind insbesondere aus dem Ablauf von Fristen keine subjektiven Rechte abzuleiten (vgl. Günther, in Beck-OK AuslR, Stand: 1. Januar 2015, § 27 a AsylVfG, Rz. 30).

Die europäische Regelung zur Bestimmung des für die Durchführung eines „Asylantrags“ zuständigen Mitgliedstaats und die darin genannten Fristen dienen lediglich dem Zweck, zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten Klarheit darüber zu schaffen, welcher von ihnen über den Asylantrag materiell zu entscheiden hat. So hat das VG Regensburg am 10. Oktober 2012 (RN 9 E 12.30323, juris, Rz. 27) entschieden, dass sich ein Asylbewerber nicht auf die Dreimonatsfrist des Art. 17 Abs. 1 Dublin-II-VO berufen kann. Bei deren Nichteinhaltung ist er nicht in seinen Rechten verletzt. Lediglich der andere Mitgliedstaat könnte sich auf die Einhaltung dieser Frist berufen. Die Dublin-II-VO diente dazu, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen (vgl. Erwägungsgrund 3). An dieser Ausgangslage hat sich durch die Dublin-III-VO nichts geändert. Die Zielsetzung der Dublin-III-VO ist ebenfalls, eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats zu schaffen (vgl. Erwägungsgrund 4). Bestimmte humanitäre Gesichtspunkte sind in den Kriterienkatalog zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats eingearbeitet (z. B. Einheit der Familie, Minderjährigkeit) und aus (wohl) anderen humanitären Gründen kann sich ein Mitgliedstaat nach wie vor nach Ermessen für zuständig erklären (vgl. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO). Eine mögliche Verletzung eigener Rechte eines Asylbewerbers scheidet somit aus, soweit er nicht eine Betroffenheit in materiellen Rechten, d. h. im Zusammenhang mit humanitären Gründen, geltend machen kann. Dies ist bei in der Verordnung vorgesehenen Fristen, in denen die Mitgliedstaaten irgendwelche Handlungen vornehmen sollen, nicht der Fall (vgl. hierzu z. B. VG Hannover vom 10. November 2014, 1 B 12764/14, juris, Rz. 9, mit weiteren Nachweisen).

Subjektive Rechte des Einzelnen sind aber aus Unionsgrundrechten und darauf beruhend z. B. bei einer unangemessen langen Verfahrensdauer ableitbar (vgl. Günther, in Beck-OK AuslR, Stand: 1. Januar 2015, § 27 a AsylVfG, Rz. 62).

Zum Schutz der Grundrechte der einzelnen Asylbewerber ist es der Beklagten aufgrund einer unangemessen langen Verfahrensdauer verwehrt, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats zu berufen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der an sich unzuständige Mitgliedstaat darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird. Erforderlichenfalls muss er den Antrag nach den Modalitäten des Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO (jetzt: Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) selbst prüfen (EuGH vom 21. Dezember 2011, C-411/10 u. a., Rz. 108). Diese Vorgabe ist auch bei Anwendung der Dublin-III-VO zu beachten, weil die grundrechtliche Belastung, welche durch die unangemessen lange Verfahrensdauer entsteht, sich allein durch das Auswechseln der Rechtsgrundlage für die Zuständigkeitsbestimmung nicht verändert hat (vgl. VG Düsseldorf vom 23. September 2014, 8 K 4481/14.A, juris, Rz. 34, mit weiteren Nachweisen).

Anhaltspunkte dafür, ab wann von einer unangemessen langen Verfahrensdauer auszugehen ist, hat der Europäische Gerichtshof nicht gegeben. In der Rechtsprechung werden verschiedene Ansätze vertreten, deren Wiedergabe den Rahmen dieser Entscheidung sprengen würde.

Ausgangspunkt der Überlegungen des erkennenden Gerichts ist, dass die Dublin-III-VO selbst mehrere Fristenregelungen enthält, welche den Mitgliedstaaten bei der Durchführung der Dublin-III-VO einen zeitlichen Rahmen setzen. Soweit sich das Verfahren im Rahmen der von der Dublin-III-VO maximal für zulässig erklärten Zeiträume bewegt, kann nicht von einer unangemessen langen Verfahrensdauer gesprochen werden.

Ausgangspunkt ist die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz in Deutschland. Auf diesen Antrag stellen die Fristenregelungen der Dublin-III-VO hinsichtlich des Aufnahme-/Wiederaufnahmegesuchs ab.

Ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung hat ein Mitgliedstaat z. B. für die Prüfung der Kriterien nach Kapitel III und die Prüfung systemischer Schwachstellen nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO maximal drei Monate für die Stellung des Aufnahme-/Wiederaufnahmegesuchs (vgl. Art. 21 Abs. 1 Unterabsatz 1; 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 und 24 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO). Der ersuchte Mitgliedstaat hat dann maximal zwei Monate Zeit über das Gesuch zu entscheiden (vgl. Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO für das Aufnahmegesuch). Dass bei einem Wiederaufnahmegesuch die Antwortfrist nach Art. 25 Abs. 1 Dublin-III-VO deutlich kürzer ist, ist unerheblich, denn abzustellen ist auf die maximal zulässige Frist.

Wird das Gesuch vom ersuchten Mitgliedstaat abgelehnt, dann ist nach Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 1 Dublin-III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen materielle Prüfung zuständig. Auch für diesen ersten (aber als zweiten zu prüfenden) Mitgliedstaat beträgt die maximale Gesamtfrist für Gesuch und Entscheidung über dieses Gesuch fünf Monate.

Mit anderen Worten ergibt sich aus Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO, dass die zeitliche Maximaldauer von Prüfung mit Gesuch und Antwort für zwei Mitgliedstaaten vom Gesetzgeber als angemessen angesehen wird. Diese beträgt demnach zwei Mal fünf Monate, d. h. zehn Monate. Ist die Überstellung in den zweiten Mitgliedstaat möglich, dann wird auch die Dauer der Überstellung von mindestens sechs Monaten noch als angemessen angesehen. Dass der Gesetzgeber diese Zeiträume als angemessen betrachtet, ergibt sich daraus, dass er sie angesichts der Ziele der Dublin-III-VO, eine rasche Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zu ermöglichen, um den effektiven Zugang zum Schutzverfahren zu gewährleisten und eine zügige Bearbeitung der Schutzanträge nicht zu gefährden (vgl. Erwägungsgrund 5), selbst festgelegt hat. Eine Verfahrensdauer von 16 Monaten (ggf. verlängerbar bei Inhaftierung oder Flucht) ist demnach nicht unangemessen lang (Zu diesem Ergebnis gelangt - ohne Nennung eines konkreten Zeitraums - auch Günther, in Beck-OK AuslR, Stand: 1. Januar 2015, § 27 a AsylVfG, Rz. 39).

Die Klägerin hat ihren Asylantrag am 20. Oktober 2014 gestellt. Der Zeitraum von 16 Monaten ist noch lange nicht abgelaufen.

b) Die Verletzung eines Rechts der Klägerin ergibt sich aber aus nationalem Recht.

Nach deutschem Recht beinhaltet der Asylantrag (vgl. § 13 Abs. 2 AsylVfG) regelmäßig neben dem Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes auch den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und ist damit von seinem Inhalt umfassender als der Antrag auf internationalen Schutz nach europäischem Recht (vgl. Art. 2 Buchstabe b Dublin-III-VO). Dies steht im konkreten Fall einer Ablehnung des Asylantrags als unzulässig entgegen.

Ungarn ist Mitgliedstaat der EU und damit ein sicherer Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26 a Abs. 2 AsylVfG. Ein Ausländer, der aus einem derartigen Staat in das Bundesgebiet einreist, kann sich nicht auf das Asylgrundrecht berufen und er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt. In diesen Fällen enthält das Asylverfahrensgesetz keine Regelung darüber, dass das Bundesamt hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter eine Entscheidung zu treffen hat. Der Gesetzgeber toleriert in diesen Fällen die Nichtentscheidung des Bundesamtes. Nur für den Fall, dass Deutschland z. B. nach der Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist, gestattet § 26 a Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 AsylVfG dem Ausländer eine Berufung auf das Asylgrundrecht. Da die Beklagte aber zwischenzeitlich nach europäischem Recht für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist, hat die Klägerin ein Recht darauf, dass die Beklagte ihren Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG prüft und darüber entscheidet. Da diese Entscheidung bislang nicht erfolgt ist, ist die Ablehnung des Asylantrags gemäß § 27 a AsylVfG als unzulässig aufzuheben.

II.

Die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG ist demnach ebenfalls aufzuheben.

Rechtsgrundlage für die Abschiebungsanordnung ist § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers, der in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll, an, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.

Die Ablehnung des Asylantrags nach § 27 a AsylVfG bildet die Grundlage für die Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG (vgl. BayVGH vom 15. April 2015, 13 a ZB 15.50066, Rz. 5 der Entscheidung). Beide stehen im Verhältnis von zu vollstreckender Verwaltungsakt zu Vollstreckungsmaßnahme. Die Abschiebungsanordnung teilt folglich das Schicksal der Ablehnung des Asylantrags.

III.

Kosten: §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylVfG.

Tenor

I.

Es wird festgestellt, dass die Klage nicht als zurückgenommen gilt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit der Einstellung seines Klageverfahrens wegen Nichtbetreibens und wendet sich gegen die Feststellung der Unzulässigkeit seines Asylantrags und die Anordnung der Abschiebung nach U..

Der nach seinen Angaben am ... 1989 in K... geborene Kläger gibt an, pakistanischer Staatsangehöriger punjabischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit zu sein. Er verließ Pakistan nach seinen Angaben in der Befragung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am 16. Januar 2014 im September oder Oktober 2009 und reiste am 24. Dezember 2013 auf dem Landweg in Deutschland ein. Er stellte am 16. Januar 2014 einen Asylantrag in Deutschland. Das Bundesamt ersuchte U. am 24. Februar 2014 um die Übernahme des Verfahrens. U. erklärte mit Schreiben vom 6. März 2014 sein Einverständnis mit einer Rückführung gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d Dublin III-VO.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 14. März 2014 stellte das Bundesamt die Unzulässigkeit des Asylantrags fest (Nr. 1) und ordnete die Abschiebung nach U. an (Nr. 2). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 24. März 2014, eingegangen beim Verwaltungsgericht Regensburg am selben Tag, ließ der Kläger Klage erheben (Az. RN 3 K 14.50033), sowie Anträge auf die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und am 27. März 2014 auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten stellen. Diese Anträge lehnte das Gericht mit Beschluss vom 1. April 2014 ab (Az. RN 3 S 14.50032).

Das Landratsamt D. teilte der Beklagten am 28. Juli 2014 mit, dass der Kläger untergetaucht und die Ausschreibung zur Fahndung veranlasst worden sei. Das Gericht forderte den Bevollmächtigten des Klägers unter Hinweis auf § 81 AsylVfG mit Schreiben vom 6. August 2014, zugestellt am 8. August 2014, auf, eine ladungsfähige Anschrift des Klägers mitzuteilen. Der Berichterstatter stellte das Verfahren mit Beschluss vom 15. Oktober 2014 wegen Nichtbetreibens ein. Der anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers beantragte mit Schriftsatz vom 4. November 2014, insbesondere unter Hinweis auf seine Schreiben vom 5. und 14. September 2014, das Verfahren fortzusetzen.

Die Klage wird hinsichtlich der Fortsetzung damit begründet, dass der anwaltliche Bevollmächtigte innerhalb der mit Schreiben des Gerichts vom 6. August 2014 gesetzten Frist mitgeteilt habe, dass der Kläger nach einer Auskunft des Ausländeramts den Schutz der Kirche in Anspruch genommen habe und das Pfarramt H. als aktuelle Adresse anzusehen sei. Vorsorglich habe der Bevollmächtigte am 5. September 2014 beantragt, innerhalb einer Woche ergänzend die konkrete Adresse nachreichen zu dürfen. Die Aufforderung vom 6. August 2014 sei am 8. August 2014 eingegangen, so dass die Frist am 8. September 2014 abgelaufen sei. Mangels anderweitiger Mitteilung des Gerichts sei davon auszugehen gewesen, dass die Nachreichung der Adresse innerhalb einer weiteren Woche akzeptiert werde. Die Vermutung des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses sei entkräftet worden. Innerhalb der Nachfrist sei die Angabe der konkreten Anschrift des Klägers erfolgt. Auf den Antrag auf Verlängerung der Frist zur Mitteilung der genauen Anschrift sei keine Entscheidung ergangen. Im Falle einer Ablehnung der Fristverlängerung hätte die Möglichkeit bestanden, die Adresse über Telefonate zu konkretisieren. Sodann hätte bereits am 8. September 2014 die Adresse benannt werden können.

Hinsichtlich des Bescheids wird die Klage im Wesentlichen damit begründet, dass dieser unzutreffend davon ausgehe, dass U. zuständig sei. Tatsächlich habe sich der Kläger zunächst in Griechenland aufgehalten und sei dort als Asylsuchender erfasst worden. Die Übernahmeerklärung U.s lasse sich nicht im Sinne einer Ausübung des Selbsteintrittsrechts des eigentlich unzuständigen Mitgliedsstaates auslegen. Eine solche Erklärung im Zusammenhang mit einem Wiederaufnahmeersuchen setze voraus, dass sich der Erklärende der Umstände des Falles bewusst sei. In dem Wiederaufnahmegesuch sei kein Hinweis auf ein in Griechenland durchgeführtes Asylverfahren enthalten. Es wäre erforderlich gewesen, U. darüber aufzuklären. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in Griechenland einen Asylantrag gestellt habe, wodurch es zum zuständigen Mitgliedsstaat geworden sei. Die Zuständigkeit werde auch nicht dadurch irrelevant, dass Überstellungen nach Griechenland regelmäßig nicht zulässig seien. Die Wiederaufnahme setze die ordnungsgemäßen und zutreffenden Informationen voraus, ob und ggf. welche sonstigen Asylanträge gestellt worden seien. Die Angaben aus Griechenland seien in krasser Weise unzuverlässig und die Zahlen der Meldedaten differierten von Jahr zu Jahr.

Bei einer Abschiebung nach U. drohten dem Kläger die Kettenabschiebung über Serbien und der Verlust der Rechte im Asylverfahren, sowie eine langandauernde Haft in U. und in Serbien. Es lägen systemische Mängel des Asylverfahrens in U. vor. Zum 1. Juli 2013 sei eine erneute Gesetzesänderung in Kraft getreten, wonach Inhaftierungen von Asylbewerbern für einen Zeitraum bis zu sechs Monaten vorgesehen seien. Die Voraussetzungen für die Haft und Haftdauer seien erweitert, die Möglichkeiten einer rechtlichen Überprüfung ab Juli 2013 zugleich beschränkt worden. Die Haftgründe seien insbesondere im Fall des Klägers einschlägig, da die ablehnende Entscheidung vom 21. Februar 2014 auf sein Asylbegehren mitgeteilt wurde, ohne dass eine materielle Prüfung oder die Zustellung der Entscheidung an ihn erfolgt wäre. Die Situation in U. speziell für Rückkehrer auf der Grundlage der Dublin-Verordnung entspreche nicht den Voraussetzungen, die gemäß Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu gewährleisten seien. Angesichts der bereits jetzt bestehenden Überfüllung der Camps und katastrophaler hygienischer Zustände würde eine Zwangsrückführung nach U. erkennbar dem Gebot einer menschenwürdigen Unterbringung widersprechen.

Aus aktuellen Auskünften des Auswärtigen Amtes und von Pro Asyl gegenüber dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und dem Verwaltungsgericht München ergäben sich konkrete Bedenken gegen die Situation in U., insbesondere unter Berücksichtigung der dortigen Handhabung von Asylhaft. Deren durchschnittliche Dauer betrage nach Auskunft der ungarischen Migrationsbehörde 32 Tage. Diese Angaben würden den Erkenntnissen des ungarischen Helsinki Komites aus der Analyse von insgesamt 107 Entscheidungen und auch den Informationen von Pro Asyl widersprechen. Rechnerisch ergäbe sich eine korrigierte durchschnittliche Haftdauer von 80 Tagen. Außerdem führe die Begrenzung der in letzter Zeit massiv ausgeweiteten Inhaftierung von Familien auf 30 Tage zu einer Reduktion des allgemeinen Durchschnittswerts. Dublin-Rückkehrer würden häufig für die gesamte zulässige Dauer der Asylhaft sechs Monate eingesperrt. Ein Rechtsmittel hiergegen sei nicht zulässig. Es finde lediglich eine Anhörung statt, die sich auf die formellen Voraussetzungen der Anordnung von Asylhaft beschränke. Diese Voraussetzungen dürften auf alle Dublin-Rückkehrer anwendbar sein. Auf den Kläger treffe dies insbesondere deshalb zu, weil sein Asylantrag am 21. Februar 2014 in seiner Abwesenheit abgelehnt worden sei. Er werde als Person geführt, „die sich den Feststellungen der Behörde entzogen oder das Asylverfahren anderweitig behindert hat“. Haftanordnungen enthielten darüber hinaus Begründungen, die gesetzlich nicht vorgesehen seien. Die Haftgründe würden über die gesetzlichen Voraussetzungen hinaus konturlos erweitert. Im Anschluss an die Asylhaft sei bei einer Ablehnung des Asylantrags mit Abschiebungshaft zu rechnen. Es bestehe keine Möglichkeit effektiven Rechtsschutzes. Die Haftbedingungen würden sowohl in den Auskünften von Pro Asyl als auch des Auswärtigen Amtes kritisiert. Eine expansive Anwendung sedierender Medikamente sei festzustellen. Der UNHCR habe bereits 2012 gewarnt, dass ungarische Asylwächter Migranten mit Drogen ruhig stellen. Die Gründe für die Verhaftungen seien willkürlich und undurchsichtig. Die Haftbedingungen seien bereits deshalb problematisch, weil sog. „armed security guards“ eingesetzt würden, von denen häufig körperliche Übergriffe geschildert würden. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn Räume nicht durch Kameras überwacht würden. Die Betroffenen seien rechtlos gestellt, da sie im Falle einer Beschwerde bestenfalls mit wiederholten Schikanen rechnen dürften.

Die Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO sei jedenfalls am1. Oktober 2014 abgelaufen. Hinreichende Gründe für eine Verlängerung seien nicht ersichtlich. Eine vorübergehende Abwesenheit des Klägers in der Unterkunft könne nicht als Flucht im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO gewertet werden. Die Verlängerung stelle einen Ausnahmefall zum Regelfall der Selbsteintrittspflicht dar, weshalb es der Beklagten obliege, die Voraussetzungen hierfür nachvollziehbar darzulegen.

Der Kläger lässt beantragen,

das Klageverfahren fortzusetzen und den Bescheid der Beklagten vom 14. März 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der Asylakten, die Gerichtsakten in den Verfahren Az. RN 3 S 14.50032 und RN 3RN 3 K 14.50033, sowie die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage gilt nicht als zurückgenommen. Die auf Aufhebung des Bescheids vom 14. März 2014 gerichtete Klage ist zulässig aber unbegründet, da dieser Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

1. Der mit Schriftsatz vom 4. November 2014 gestellte Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens hat Erfolg. Die am 24. März 2014 bei Gericht eingegangene Klage (damaliges Az. RN 3 K 14.50033) gilt nicht als zurückgenommen, weil das Verfahren fristgerecht betrieben wurde. Das Klageverfahren wird daher antragsgemäß fortgesetzt.

Falls über die Wirksamkeit einer ausgesprochenen Klagerücknahme oder über das Vorliegen der Voraussetzungen der gesetzlichen Rücknahmefiktion Streit entsteht, hat das Gericht das Verfahren fortzusetzen und über die Frage der Beendigung durch Urteil zu entscheiden, wenn dies beantragt wird (vgl. Kopp, VwGO, § 92, Rdnr. 28 m. w. N.). Verneint das Gericht die Wirksamkeit der Klagerücknahme bzw. das Vorliegen der Voraussetzungen der Rücknahmefiktion, so entscheidet es nach Verhandlung der Sache im Rahmen des Endurteils (vgl. Kopp a. a. O. Rdnr. 29 m. w. N.).

Gemäß § 81 Satz 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) gilt die Klage als zurückgenommen, wenn ein Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als einen Monate nicht betreibt. Der Kläger wurde in dem Aufforderungsschreiben vom 6. August 2014 auf die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen hingewiesen, vgl. § 81 Satz 3 AsylVfG.

Der gerichtliche Einstellungsbeschluss vom 15. Oktober 2014 erging zu Unrecht, da das Klageverfahren mit am 5. September 2014 bei Gericht eingegangenen Schreiben, also innerhalb der Monatsfrist, betrieben wurde. In diesem teilte der Klägervertreter mit, dass sich der Kläger im „Kirchenasyl in H. „ befinde. Mit einem weiteren am 14. September 2014 bei Gericht eingegangenen Schreiben gab er die (damals) aktuelle Adresse des Klägers bekannt. Wäre das erste Schreiben dem Gericht bereits damals bekannt gewesen, hätte Veranlassung bestanden, den Klägervertreter zur Mitteilung der genauen Adresse aufzufordern. Von einem Wegfall des Rechtsschutzinteresses des Klägers wäre nicht mehr auszugehen gewesen. Das Klageverfahren wäre nicht wegen Nichtbetreibens eingestellt worden, zumal mit dem zweiten Schreiben die genaue Adresse mitgeteilt wurde. Die Schreiben des Klägervertreters wurden dem damaligen Berichterstatter und jetzigen Einzelrichter jedoch erst am 5. November 2014 nach Eingang des Antrags auf Fortführung des Verfahrens vorgelegt.

2. Die Klage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids ist zulässig, aber unbegründet.

a. Statthaft ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 AltVwGOVwGO.

Rechtsgrundlagen für den angefochtenen Bescheid sind § 27a und § 34a AsylVfG. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt u. a. die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an. Hierbei handelt es sich um belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 VwVfG, deren isolierte Aufhebung zulässig ist, weil diese zur formellen und materiellen Prüfung des gestellten Asylantrages führt (vgl. VG Düsseldorf vom 23.09.2014 Az. 8 K 4481/14.A). Die Beklagte ist nach Aufhebung des Bescheids nämlich von Gesetzes wegen verpflichtet, ein Asylverfahren durchzuführen (vgl. BayVGH vom 23.1.2015 Az. 13a ZB 14.50071, vom 28.2.2014 Az. 13a B 13.30295).

Verpflichtungsklagen, die entweder auf die Asyl- und Flüchtlingsanerkennung und die Folgeentscheidungen oder auf das Ausüben des Selbsteintrittsrechts durch die Beklagte gerichtet sind, wären in der hier gegebenen Situation dagegen nicht statthaft. In den Fällen der Einstellung des Asylverfahrens steht die - auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete - Ausgestaltung des Verfahrens einer Verpflichtungsklage, bei der das Verwaltungsgericht „durchzuentscheiden“ hätte, entgegen (vgl. BayVGH vom 23.1.2015 a. a. O.; BVerwG vom 7.3.1995 Az. 9 C 264/94). Eine hiermit vergleichbare Situation besteht auch hier. Da das Asylbegehren in der Sache - in dem durch § 71a AsylVfG gezogenen Rahmen - noch nicht geprüft wurde, würde dem Kläger bei einem „Spruchreifmachen“ eine Tatsacheninstanz verloren gehen, die mit umfassenden Verfahrensgarantien ausgestattet ist (vgl. BayVGH vom 28.2.2014 a. a. O. m. w. N.). Das gilt etwa für die Verpflichtung der Behörde zur persönlichen Anhörung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 AsylVfG, zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Erhebung der erforderlichen Beweise gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ohne die einmonatige Präklusionsfrist, wie sie für das Gerichtsverfahren in § 74 Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 87b Abs. 3 VwGO vorgesehen ist.

Ferner würde ein „Durchentscheiden“ des Gerichts im Ergebnis dazu führen, dass es nicht eine Entscheidung der Beklagten kontrollieren, sondern sich erstmals mit dem Antrag sachlich auseinandersetzen und entscheiden würde. Dies wäre im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und den Wortlaut des Gesetzes in § 71a Abs. 1 a. E. AsylVfG bedenklich, da der Gesetzgeber die Prüfung dem Bundesamt zugewiesen hat (vgl. VG Regensburg vom 21.10.2014 Az. RO 9 K 14.30217 m. w. N.). Ein (zusätzlicher) Verpflichtungsantrag auf Ausübung des Selbsteintrittsrechts wäre überflüssig, da die Durchführung des Verfahrens Folge der Aufhebung des auf § 27a, § 34a AsylVfG gestützten Bescheids ist (s. o.).

b. Die Klage auf Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids ist unbegründet, da dieser rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. U. ist für die Durchführung seines Asylverfahrens zuständig und es sind keine außergewöhnlichen Gründe ersichtlich, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gebieten. Die Abschiebungsanordnung ist zu Recht ergangen.

aa. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, wenn der Ausländer dorthin abgeschoben werden soll und feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Die Voraussetzungen des § 27a AsylVfG liegen hier vor.

Maßgeblich für die Beurteilung der Zuständigkeit ist die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO). Deren Zuständigkeitskriterien finden gemäß Art. 49 Satz 2 Dublin III-VO auf Asylanträge, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden, Anwendung. Das Gericht hat gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Übernahmezusage bzw. den darauf basierenden Bescheid an den Vorschriften der Dublin III-VO zu messen.

Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei U. um den für das Asylverfahren zuständigen Staat im Sinne des § 27a AsylVfG handelt. Nach dieser Vorschrift ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. U. erklärte mit Schreiben vom 6. März 2014 sein Einverständnis mit einer Rückübernahme des Klägers gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d Dublin III-VO, da dieser am 21. August 2013 in U. einen Asylantrag gestellt hatte, der am 21. Februar 2014 abgelehnt wurde. Zur Prüfung des Antrags ist damit nicht die Beklagte, sondern U. zuständig. Dessen Zuständigkeit umfasst gemäß Art. 2 Buchstabe d Dublin III-VO die Gesamtheit der Prüfungsvorgänge, der Entscheidungen oder Urteile der zuständigen Stellen in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Zuständigkeit U.s steht nicht entgegen, dass nach der Auffassung des Klägers eigentlich Griechenland für die Behandlung des Asylantrags zuständig gewesen wäre und das Bundesamt U. hierauf hätte hinweisen müssen. Dem Behördenakt lässt sich bereits nicht entnehmen, dass der Kläger einen Asylantrag in Griechenland gestellt hatte. In der Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats vom 16. Januar 2014 gab er zwar an, dass er sich drei Jahre in Griechenland aufgehalten habe. Auf die Frage, ob er bereits in einem anderen Staat Asyl beantragt habe, nannte er jedoch nur U.. Es bestand für das Bundesamt daher keine Veranlassung, auf ein angebliches Asylverfahren in Griechenland hinzuweisen. Im Übrigen hätte U. selbst gemäß Art. 22 Dublin III-VO Gelegenheit gehabt, in dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats die erforderlichen Überprüfungen, z. B. durch eine EURODAC-Abfrage, vorzunehmen, um eine vorrangige Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates feststellen zu können. U. ist aber erkennbar von der eigenen Zuständigkeit ausgegangen.

Außerdem kann gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin III-VO jeder Mitgliedstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen gestellten Antrag auf internationalen Schutz prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Selbst wenn U. nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig wäre, würde es dadurch gemäß Art. 17 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO zum zuständigen Mitgliedstaat werden. Ob der Mitgliedstaat von dieser Befugnis Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen europäischen Asylsystems ist (vgl. EuGH vom 21.12.2011 Az. C-411/10, C-493/10). Da U. von dem ihm zustehenden Ermessen mit dem Übernahmeschreiben vom 6. März 2014 Gebrauch machte, ist es zumindest deshalb zuständiger Mitgliedsstaat im Sinne der Dublin III-VO. Schließlich kann ein Asylbewerber der Situation, dass ein Mitgliedsstaat seiner Aufnahme zustimmt, nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht (vgl. EuGH vom 10.12.2013 Az. C-394/12). Ein subjektives gerichtlich durchsetzbares Recht auf Durchführung des Asylverfahrens in einem konkreten Mitgliedsstaat gibt es nicht.

§ 34a Abs. 1 AsylVfG, nach dem die Abschiebung ohne materielle Prüfung des in Deutschland gestellten Asylantrags erfolgen soll, liegt das sogenannte Konzept der normativen Vergewisserung zugrunde. Abweichend hiervon hat Deutschland dann Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen dieses Konzepts berücksichtigt werden können und damit außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind (vgl. BVerfG vom 14.5.1996 Az. 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93). Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO bestimmt, dass der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortsetzt, wenn es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen.

Es gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht (vgl. EuGH vom 21.12.2011 Az. C-411/10). Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur erreicht werden, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass einer der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG vom 14.5.1996 a. a. O.). Das Gericht muss sich die Überzeugung verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem zuständigen Mitgliedsstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird (vgl. BVerwG vom 19.3.2014 Az. 10 B 6.14).

Für das Gericht ist im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht erkennbar, dass das Asylverfahren in U. oder die Betreuung von Asylbewerbern systemische Mängel aufweist, die eine Durchbrechung des Konzepts der normativen Vergewisserung gebieten würden. Dabei ist zu beachten, dass nicht jede Verletzung eines Grundrechts durch den zuständigen Mitgliedstaat die Beachtung der Bestimmungen der Dublin III-VO hinfällig werden lässt. Vielmehr ist dies erst dann der Fall, wenn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber grundlegende, systembedingte Mängel aufweisen, die gleichsam zwangsläufig eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der in diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber befürchten lassen (vgl. OVG Lüneburg vom 2.8.2012 Az. 4 MC 133/12). Solche Defizite müssen im Rechtssystem des jeweiligen Staats angelegt sein oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen müssen aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sein, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG vom 19.3.2014 a. a. O.). Das Gericht geht nicht davon aus, dass dem Kläger im Falle seiner Rücküberstellung nach U. eine solche Gefahr droht.

Das ungarische Asylrecht steht im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards und enthält die wichtigsten Garantien. Zwar waren die Aufnahme- und Lebensbedingungen sowie die Unterbringungsbedingungen in der Vergangenheit beanstandenswert und teilweise unzureichend. Ebenso wurden in der Vergangenheit regelmäßige Inhaftierungen von Asylbewerbern geschildert. Unregelmäßigkeiten traten auch vermehrt bei Flüchtlingen auf, die im Rahmen der früheren Dublin II-VO Verordnung nach U. rücküberstellt wurden. Der UNHCR bewertete daher in einem Bericht vom April 2012 den Zugang zum Asylverfahren für Dublin-Rückkehrer als problematisch (vgl. UNHCR, U. als Asylland, Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in U., April 2012, Seite 9). Diese Lage hat sich aber gebessert. Das Gericht schließt sich insoweit der folgenden Einschätzung des Verwaltungsgerichts Ansbach in seinem Beschluss vom 3. Dezember 2013 (Az. AN 11 S 13.31074) an:

„Allerdings sind aus Sicht des erkennenden Gerichts diese Mängel der ungarischen Ausländer- und Asylverfahrenspraxis mit Verabschiedung und Umsetzung von Gesetzesänderungen im ungarischen Parlament vom November 2012 erheblich entschärft worden. Nach der Fortschreibung der Berichterstattung des UNHCR zum Asylland U. vom Dezember 2012 werden nunmehr die Asylgründe von Asylsuchenden auch inhaltlich geprüft, selbst wenn es sich um Asylsuchende handelt, die über Serbien oder die Ukraine oder im Wege der Rückführung nach U. gelangen. Auch die vormals verbreitete Praxis, Asylsuchende in Haft zu nehmen, ist nach diesem Bericht des UNHCR stark rückläufig und wird im Rahmen einer stärkeren Kontrolle durch die Polizeihauptquartiere und Staatsanwaltschaften sowie ergänzend durch eine Arbeitsgruppe von Richtern flankiert (vgl. UN High Commissioner for Refugees, Note on Dublin transfers to Hungary of people who have transited through Serbia - update, December 2012, http://www...org/...html). Die von der Antragstellerseite angeführte Änderung der ungarischen Gesetzgebung, wonach seit 1. Juli 2013 in U. wieder die Haft für Asylantragsteller eingeführt worden sei, ist nicht geeignet, die vorstehenden Ausführungen in Frage zu stellen. Wie sich der aktuellen Lageeinschätzung des Vereins „bordermonitoring.eu“ vom 20. August 2013 entnehmen lässt, erfolgen Inhaftierungen von Asylbewerbern in U. lediglich in Einzelfällen.“

Im Ergebnis hält es das Gericht nach summarischer Prüfung im entscheidenden Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht für wahrscheinlich, dass dem Kläger in U. als sog. Dublin-Rückkehrer die Gefahr einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung droht (vgl. statt vieler: VG Augsburg vom 21.1.2015 Az. Au 2 S 14.50360; VG Würzburg vom 2.1.2015 Az. W 1 S 14.50120; VG Regensburg vom 12.12.2014 Az. RN 5 S 14.50306; VG Stade vom 18.2.2014 Az. 1 B 862/14; VG Ansbach vom 18.2.2014 Az. AN 1 S 14.30183; VG München vom 6.2.2014 Az. M 4 S 14.30161; VG Regensburg vom 17.12.2013 Az. RN 5 S 13.30749; VG Augsburg vom 5.12.2013 Az. Au 7 S 13.30454 m. w. N., vom 28.10.2013 Az. Au 6 E 13.30399; VG Ansbach vom 3.12.2013 Az. AN 11 S 13.31074; VGH Baden-Württemberg vom 6.8.2013 Az. 12 S 675/13; a. A. z. B.: VG Berlin vom 15.1.2015 Az. 23 L 899.14 A; VG München vom 26.6.2014 Az. M 24 S 14.50325, vom 11.11.2013 Az. M 18 S 13.31119; VG Düsseldorf vom 28.5.2014 Az. 13 L 172/14.A).

Das Gericht sieht auch im Hinblick auf neuere Erkenntnisquellen gegenwärtig keine Veranlassung von dieser Einschätzung abzugehen und schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen der überzeugenden Auffassung des Verwaltungsgerichts Stade in seinem Beschluss vom 14. Juli 2014 (Az. 1 B 862/14) an:

„Systemische Schwachstellen im Asylverfahren in U. für Dublin-Rückkehrer lassen sich auch den von der Antragstellerin benannten aktuellen Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Weder die Auskünfte des UNHCR vom 09. Mai 2014 auf eine Anfrage des VG Düsseldorf (hierzu: Beschl. v. 16. Juni 2014 - 13 L 141/14.A -, juris) noch die „Information Note“ des Hungarian Helsinki Committee aus dem Mai 2014 (abrufbar unter: http://helsinki.hu/en/information-note-on-asylum-seekers-in-detention-and-in-dublin-pro cedures-in-hungary) oder der National Country Report Hungary der Asylum Information Database („aida“), Stand 30. April 2014 (abrufbar unter: http://www...org/files/...pdf), bieten nach Auffassung der Einzelrichterin belastbare Anhaltspunkte für solche Schwachstellen. Das Gericht folgt der auf Grundlage dieser Auskünfte ergangenen Entscheidung des VG Düsseldorf (Beschl. v. 16. Juni 2014, a. a. O.) und der sich anschließenden Entscheidung des VG München (Beschl. v. 26. Juni 2014 - M 24 S 14.50325 -, juris) nicht.

Die in den genannten Erkenntnisquellen beschriebene Umsetzung der ungarischen Gesetzgebungslage, nach der seit dem 1. Juli 2013 die Haft für Asylantragsteller wieder zulässig ist, lässt nicht auf systemische Schwachstellen des Asylsystems für Dublin-Rückkehrer schließen. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - wie das VG Düsseldorf zu Recht anmerkt -

„(…) der Umstand, dass das ungarische Asylrecht seit der erneuten Rechtsänderung zum 1. Juli 2013 - wieder - Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthält und U. diese neuen Inhaftierungsvorschriften auch tatsächlich anwendet, für sich genommen noch keinen begründeten Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems dar[stellt]. Denn auch das unionsrechtliche Regelungssystem geht seinerseits davon aus, dass eine Inhaftierung von Asylbewerbern - wenn auch unter engen Voraussetzungen - im Einzelfall möglich ist. Artikel 8 und 9 der Richtlinie 2013/33 EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragten (Neufassung) - im Folgenden: AufnahmeRL, geben den Mitgliedstaaten hierfür ausdrücklich einen rechtlichen Rahmen vor. Auch macht U. ersichtlich nicht mehr in einem so umfassenden Umfang von den neuen Haftregelungen Gebrauch wie noch im Zeitraum bis zum 1. Januar 2013 nach der früheren Rechtslage.“, VG Düsseldorf, a. a. O., Rn. 68.

Gem. Art. 28 Abs. 1, 4 Dublin III-VO i. V. m. Art. 8 f. der Richtlinie 2013/33 EU („AufnahmeRL“) nehmen die Mitgliedstaaten eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt. Art. 8 Abs. 3 Buchst. b AufnahmeRL regelt jedoch, dass ein Antragsteller insbesondere dann ausnahmsweise in Haft genommen werden darf, wenn Fluchtgefahr besteht.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann das Gericht nicht erkennen, dass die ungarische Asylhaftpraxis systematisch die Grenzen des europäischen Rechts überschreitet, wenn - entsprechend der Auskunft des UNHCR - Dublin-Rückkehrer regelmäßig inhaftiert werden, weil die Behörden davon ausgehen, dass sie die Bescheidung ihres Asylantrages nicht in U. abwarten, sondern sich durch erneute Ausreise dem ungarischen Asylverfahren entziehen werden. Dass die ungarischen Behörden für Dublin-Rückkehrer, die bereits einmal aus U. geflohen sind, eine Fluchtgefahr annehmen, erscheint nicht willkürlich, sondern naheliegend. Das Gericht kann auch nicht erkennen, dass die Behörden insoweit Gebrauch von den im ungarischen nationalen Recht geregelten „überschießenden“ Haftgründen - deren Europarechtskonformität durchaus angezweifelt werden kann - machen, wonach eine Inhaftierung schon bei einem „Verzögern“ oder „Behindern“ des Asylverfahrens angeordnet werden kann (vgl. Art. 31/A Buchst. c des ungarischen Asylgesetzes, vgl. VG Düsseldorf a. a. O., Rn. 106).

Dass für Dublin-Rückkehrer regelmäßig ein Fluchtgrund angenommen wird, lässt nicht darauf schließen, dass die gem. Art. 8 Abs. 2 AufnahmeRL erforderliche Einzelfallprüfung der Haftanordnung grundsätzlich nicht erfolgt. Im oben genannten National Country Report Hungary (aida) wird vielmehr ausgeführt, dass alleinstehende Frauen und Familien mit Kindern tatsächlich nicht in Asylhaft genommen würden, obwohl dies rechtlich möglich sei (a. a. O., S. 9). Eine solche Differenzierung belegt, dass tatsächlich Umstände des Einzelfalls bei der Haftanordnung berücksichtigt werden. Die Anforderungen, die an eine solche Einzelfallprüfung zu stellen sind, müssen auch dem Umstand Rechnung tragen, dass die Wiederaufnahme der Dublin-Rückkehrer rein zahlenmäßig ein Massengeschäft ist, welches für die Verwaltung handhabbar bleiben muss. So ist es zwar aus rechtsstaatlichen Gründen wünschenswert, dass sich eine vorangegangene Einzelfallprüfung auch in der schriftlichen Haftanordnung konkret niederschlägt, vom europäischen Recht ist dies jedoch nicht eindeutig gefordert. Art. 9 Abs. 2 Satz 2 AufnahmeRL sieht lediglich vor, dass die sachlichen und rechtlichen Gründe in der Haftanordnung angegeben werden. Dass die Haftanordnung den Haftgrund „Fluchtgefahr“ nicht - auch nicht in standardisierter Form - benennt, kann das Gericht der Auskunft des UNHCR nicht klar entnehmen (vgl. dort Antwort auf Frage 3, erster Spiegelstrich:

„Der Begründungsteil [der Haftanordnung] führt keine konkreten Gründe aus, aus denen es im Falle des konkreten Asylbewerbers nötig und sachgerecht ist, Asylhaft anzuordnen. Auch fehlen Informationen dazu, warum genau im konkreten Falle die Haft erforderliches Mittel ist, um die Verfügbarkeit des Asylbewerbers während des Verfahrens sicherzustellen.“).

Der Umstand, dass bei Dublin-Rückkehrern regelmäßig eine standardisierte Verlängerung der Haftzeit um 60 Tage erfolgt und dies im Ergebnis häufig zu einer Haftdauer von insgesamt vier bis fünf Monaten führt (vgl. National Country Report Hungary, aida, a. a. O., S. 51 u. 49), steht nicht in klarem Widerspruch zu den europäischen Vorgaben, namentlich zu Art. 9 Abs. 1 AufnahmeRL. Hiernach wird ein Antragsteller für den kürzest möglichen Zeitraum und nur so lange in Haft genommen, wie ein Haftgrund vorliegt. Es erscheint nicht grundsätzlich unvertretbar, bei Dublin-Rückkehrern anzunehmen, dass der Haftgrund der Fluchtgefahr fortlaufend gegeben ist.

Auch dafür, dass in U. der in Art. 9 Abs. 3 AufnahmeRL ausgeformte europäische Mindeststandard eines effektiven Rechtsschutzes gegen die Haftanordnung unterschritten wird, bestehen keine belastbaren Anhaltspunkte. Das VG Düsseldorf führt hierzu aus:

„Die Überprüfung der Haftanordnungen erfolgt vielmehr im Rahmen einer automatischen gerichtlichen Haftüberprüfung erstmals nach 72 Stunden, anschließend dann - weil die Behörden regelmäßig die Verlängerung der Haft um jeweils weitere 60 Tage beantragen - in einem 60-Tage-Rhythmus. Die zuständigen Gerichte setzen dabei die Überprüfungstermine im Halbstundentakt und regelmäßig für Gruppen von 5 bis 15 Inhaftierte gleichzeitig an, so dass für jeden Fall nur wenige Minuten zur Verfügung stehen, vgl. auch aida-report, a. a. O., S. 57; Auskunft des UNHCR an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 9. Mai 2014 zu Frage 7, S. 7.“, VG Düsseldorf, a. a. O., Rn. 68.

Zudem steht dem Asylbewerber zumindest formal der Rechtsbehelf der objection zu Verfügung (vgl. Auskunft des UNHCR an VG Düsseldorf vom 09. Mai 2014 zu Frage 7). Das Gericht verkennt nicht, dass die Erfolgsquote dieser Rechtsbehelfe nach den vorliegenden Auskünften minimal ist und dass das Verfahren - auch hinsichtlich der verwendeten Sprache - dringend rechtsstaatlicher Verbesserungen bedarf. Hieraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass das ungarische Verfahren den europäischen Asylstandards generell nicht genügt.

Ebenso wenig kann das Gericht den aktuellen Auskünften entnehmen, dass die Haftbedingungen in U. systemisch eine unmenschliche, erniedrigende Behandlung der Dublin-Rückkehrer darstellen. Die im Bericht des Helsinki Komitees genannten Einzelfälle („Information Note“, Hungarian Helsinki Committee, a. a. O., S. 18) ebenso wie der von der Antragstellerin angeführte „Bericht über den Besuch in der Haftanstalt in Nyírbátor (U.)“ von Marc Speer (Bericht vom 10. März 2014, abrufbar unter http://...eu/files/2012/03/Besuch-Nyirbator.pdf), in dem das Einzelschicksal eines pakistanischen Asylbewerbers geschildert wird, lassen insoweit keine Rückschlüsse zu. Der Auskunft des UNHCR lässt sich entnehmen, dass die Behandlung der Inhaftierten durch die Aufsichtskräfte problematisch bleibt, dies jedoch in einem geringeren Ausmaß als zuvor (Auskunft des UNHCR an VG Düsseldorf vom 09. Mai 2014 zu Frage 4, S. 5). Gegenüber der Situation, die der Entscheidung des EuGH vom 10. Dezember 2013 (a. a. O.) zugrunde lag, dürfte sich die Situation demnach eher verbessert haben, auch wenn insbesondere die fehlende klare Abgrenzung der Asyl- zur Strafhaft weiter kritikwürdig bleibt.“

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen von Missständen insbesondere der Inhaftierungspraxis in U.. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Der UNHCR hat bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in U. festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach U. zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Denn die vom Amt des UNHCR herausgegebenen Dokumente sind im Rahmen der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in einem Mitgliedstaat angesichts der Rolle, die dem UNHCR durch die - bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrensrechts zu beachtende - Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden ist, besonders relevant (vgl. EuGH vom 30.5.2013 Az. C-528/11).

Damit ist nach derzeitigem Kenntnisstand und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH vom 21.12.2011 Az. C-411/10 u. a.) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR vom 3.7.2014 Az. 71932/12) nicht davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem an systemischen Mängeln leidet, aufgrund derer die dorthin rücküberstellten Asylsuchenden einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bzw. des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

bb. Der Kläger kann auch keinen Anspruch auf die Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO geltend machen. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen Antrag auf internationalen Schutz prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Die Bestimmungen der Dublin III-VO begründen - wie die der Dublin II-VO - auch hinsichtlich der Selbsteintrittskompetenz keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden. Sie dienen nämlich alleine der internen Verteilung der Lasten und Verantwortung unter den EU-Mitgliedstaaten (vgl. VG Berlin vom 7.10.2013 Az. 33 L 403.13 A; VG München vom 17.8.2011 Az. M 16 E 11.30637 m. w. N.).

Selbst wenn man jedoch einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensausübung annehmen würde, bestehen hier keine Anhaltspunkte dahingehend, dass sich dieser zu einem Anspruch auf Selbsteintritt reduziert hat („Ermessensreduzierung auf Null“). Da es sich bei dem Selbsteintritt um einen Ausnahmefall handelt, müssten außergewöhnliche Gründe vorliegen, die Deutschland verpflichten könnten, das Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO auszuüben. Solche sind allenfalls dann gegeben, wenn außergewöhnliche humanitäre, familiäre oder krankheitsbedingte Gründe vorliegen, die nach der Werteordnung der Grundrechte einen Selbsteintritt erfordern (vgl. VG Bremen vom 4.9.2013 Az. 4 V 1037/13.A). Der Kläger hat jedoch nicht substantiiert belegt, dass er in U. einer unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen war und er im Falle einer Überstellung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit in eine vergleichbare Situation geraten würde. Hierzu genügen seine - nicht belegten - Angaben zu den Mängeln der Unterbringung in U. nicht. Dass er möglicherweise in U. in Haft genommen werden wird, stellt keinen systemischen Mangel dar (s. o.). Es ist auch nicht erkennbar, dass der Gebrauch von Beruhigungsmitteln in einem solchen Umfang erfolgt, dass von einem solchen systembedingten Mangel gesprochen werden könnte.

cc. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Frist des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO abgelaufen ist. Die Überstellungsfrist wird nämlich gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO auf (höchstens) 18 Monate verlängert, also hier bis 1. Oktober 2015, da der Kläger flüchtig im Sinne dieser Vorschrift ist. Ein Asylbewerber ist bereits dann „flüchtig“, wenn er sich seiner Überstellung durch sein Nichterscheinen entzieht. Erforderlich ist nicht, dass er seine Wohnung (dauerhaft) verlässt, den Ort wechselt bzw. untertaucht und sich dadurch den Zugriff der Behörden entzieht. Die Formulierung „flüchtig ist“ knüpft nämlich an die „Überstellung“ an. In einem solchen Fall hat nicht der Mitgliedstaat, sondern der Asylbewerber den Ablauf der Frist zu vertreten (vgl. VG Magdeburg vom 11.12.2014 Az. 1 B 1196/14 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sollte der Kläger am 14. Juli 2014 vom Flughafen M. nach Budapest abgeschoben werden. Dieser Überstellung entzog er sich durch sein zeitweises Untertauchen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem Kläger die bevorstehende Abschiebung bekannt war oder nicht. Spätestens mit Erhalt des Beschlusses vom 1. April 2014 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Az. RN 3 S 14.50032 musste er nämlich mit einer Rückführung nach U. rechnen. Eine Abschiebung ist nach der gerichtlichen Entscheidung in diesem Verfahren zulässig, vgl. § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG.

Im Übrigen kann von einer nur „vorübergehenden Abwesenheit“ nicht die Rede sein, so dass der Kläger auch insoweit „flüchtig“ war und noch ist. Nach den vorliegenden Unterlagen war der Kläger zumindest ab dem 14. Juli 2014 nicht mehr in der ihm zugewiesenen Unterkunft. Sein anwaltlicher Bevollmächtigter teilte erst mit Schriftsatz vom 5. September 2014 mit, dass er sich im „Kirchenasyl in H.“ befinde. Eine nahezu zweimonatige Abwesenheit ohne Meldung der Adresse an die Beklagte führt ebenfalls dazu, dass der Kläger als „flüchtig“ anzusehen war. Außerdem befindet sich der Kläger nach einer telefonischen Auskunft des Landratsamts ... vom 19. Februar 2015 nach wie vor in H. im „Kirchenasyl“. Auch der Versuch sich mittels eines - hier längeren - „Kirchenasyls“ der Überstellung zu entziehen führt dazu, dass der Kläger flüchtig im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin III-VO ist, da dieses „Überstellungshindernis“ auf einem von ihm zu verantwortenden Verhalten beruht.

dd. Die Abschiebungsanordnung ist rechtmäßig ergangen.

Nach dem Wortlaut des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG darf eine Abschiebungsanordnung erst dann erfolgen, wenn feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Während bei der Abschiebungsandrohung die Prüfung inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse regelmäßig durch die Ausländerbehörde zu erfolgen hat, ist dies bei der Abschiebungsanordnung anders. Eine Abschiebung darf nur dann erfolgen, wenn diese rechtlich und tatsächlich möglich ist. Andernfalls ist die Abschiebung auszusetzen (Duldung). Liegen somit Duldungsgründe im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG vor, dann ist die Abschiebung unmöglich und kann auch im Sinne des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG nicht durchgeführt werden. Abweichend von der üblichen Aufgabenverteilung zwischen Bundesamt und Ausländerbehörde hat das Bundesamt bei der Abschiebungsanordnung auch die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse vorliegen (vgl. BayVGH vom 12.3.2014 Az. 10 CE 14.427; VG Regensburg vom 7.10.2013 Az. RN 8 S 13.30403). Es sind hier jedoch weder relevante Vollstreckungshindernisse substantiiert geltend gemacht noch für das Gericht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, § 83b AsylVfG. Die Beklagte ist nur zu einem geringen Teil unterlegen, da sich die Klage hauptsächlich gegen den Bescheid vom 14. März 2014 richtete. Insoweit hatte sie keinen Erfolg.

Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 RVG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Tatbestand

Der 1978 geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger und wendet sich gegen eine Abschiebungsanordnung nach U.

Der Kläger reiste illegal in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 31. Oktober 2014 Asylantrag.

Ein Abgleich der Fingerabdrücke im Rahmen einer EURODAC-Anfrage ergab am 21. September 2014 einen Treffer der Kategorie 1 für U., d. h. eine vorangegangene Asylantragstellung in U. Am 21. Oktober 2014 richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) ein Wiederaufnahmeersuchen nach der Verordnung (EU) Nummer 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin III-VO) an U., auf das die ungarischen Behörden mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gemäß Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO erklärten (vgl. Behördenakte S. 62).

Mit Bescheid vom 17. November 2014, zugestellt am 19. November 2014,hat das Bundesamt mit Verweis auf die Zuständigkeit des Mitgliedstaates U. den Asylantrag als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach U. angeordnet. Zur Begründung wird ausgeführt, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die gegen eine Überstellung nach U. sprechen könnten, seien nicht ersichtlich.

Dagegen hat der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. November 2014 am 25. November 2014 Klage erhoben und Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz sowie Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Zur Begründung wird ausgeführt, es gebe zahlreiche Hinweise, wonach in U. systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22. Dezember 2014 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Einzelrichterin übertragen. Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat durch Beschluss vom 15. Januar 2015 (Az. AN 14 S 14.50205) den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2015 trägt die Klägerbevollmächtigte ergänzend vor, die Beklagte sei aufgrund unhaltbarer Zustände in U. verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Unter Verweis auf mehrere Gerichtsentscheidungen sei in U. kein ordnungsgemäßes Asylverfahren gewährleistet, so dass von systemischen Mängeln auszugehen sei. Die Klägerbevollmächtigte regt an, die Ergebnisse des Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2015 (Az. 2 K 6465/14.A) zur Situation in U. im vorliegenden Verfahren abzuwarten.

Der Kläger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 2015 an, er sei von vornherein aus Syrien mit der Absicht geflüchtet, nach Deutschland zu gelangen. In U. sei er zwei Tage inhaftiert und zur Abnahme seiner Fingerabdrücke gezwungen worden. In der Haft seien 50 Personen in einem Raum gewesen, und es habe nur einmal täglich eine Mahlzeit gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf die Behördenakte sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2015 Bezug genommen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist.

Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der Frist nach § 74 Abs. 1 AsylVfG erhoben und als isolierte Anfechtungsklage statthaft (vgl. OVG NW, U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A; VG München, Gerichtsbescheid v. 28.4.2014 - M 21 K 13.31396 - juris). Bezüglich des Anfechtungsbegehrens ist der Kläger klagebefugt, da sich der Kläger auf ihn betreffende systemische Mängel im ungarischen Asylverfahren beruft, so dass insoweit die Verletzung eigener Rechte aus Art. 4 EU-Grundrechtecharta möglich erscheint.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 17. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht nach § 27 a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und auf der Grundlage des § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung des Klägers nach U. angeordnet.

Nach § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Der Asylantrag des Klägers wurde gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt, da der Kläger bereits in U. einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, so dass die Republik U. gemäß Art. 3 Abs. 2 i. V. m. Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO verpflichtet ist, den Kläger nach Maßgabe des Art. 23 Dublin III-VO wieder aufzunehmen. Dem vom Bundesamt am 21. Oktober 2014 gestellten Wiederaufnahmeersuchen stimmte die Republik U. mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 zu. Somit obliegen der Republik U. die Verpflichtungen aus Art. 18 ff. der Dublin III-VO. Die Republik U. ist gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat, bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Die Überstellung kann insoweit noch erfolgen.

Besondere Umstände, die zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO durch die Bundesrepublik Deutschland führen würden, sind vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich.

Bei der Republik U. handelt es sich um einen Mitgliedsstaat der Europäischen Union und somit um einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG bzw. § 26 a AsylVfG, so dass aufgrund des vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen ist, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) sichergestellt ist.

Die Dublin III-VO ist das grundlegende Regelwerk auf dem Weg zu einem Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (vgl. Erwägungsgründe Nr. 2, 4 ff der Dublin III-VO), mit dem eine klare und praktikable Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedsstaats bezweckt wird, um letztendlich einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zur gewährleisten (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6/14 - m. w. N., juris). Dieses Gemeinsame Europäische Asylsystem fußt auf dem Grundsatz, dass ein Schutzsuchender im ersten sicheren Mitgliedsstaat um Schutz nachsuchen muss und eine freie, selbstbestimmte Wahl des Zufluchtslandes nicht besteht. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens dahingehend, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und in der EMRK finden (so grundsätzlich EUGH (große Kammer), U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - NVwZ 2012, 414 ff.). Davon kann nur dann abgesehen werden, wenn der zuständige Mitgliedsstaat sogenannte „systemische Mängel“ des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber aufweist, so dass die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gefahr für Asylbewerber bestünde, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH (große Kammer), U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - Abdullahi, NVwZ 2014, 208 ff.). Dies wiederum hat zur Folge, dass der Asylbewerber der Überstellung in den zuständigen Mitgliedsstaat nur mit dem Einwand sogenannter systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (vgl. EUGH a. a. O.).

Diese Rechtsprechung mündete nunmehr in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 der Dublin III-VO, wonach der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat zum zuständigen Mitgliedstaat wird, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtecharta mit sich bringen und auch eine alternative Überstellung in einen weiteren Mitgliedstaat anhand nachrangiger Zuständigkeitskriterien ausscheidet.

An diesen in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO normierten Ausnahmefall sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - DVBl 2014, 790 ff.). Von systemischen Mängeln des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber kann nur bei strukturellen landesweiten Missständen ausgegangen werden, die eine individuelle und konkrete Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung eines jeden Einzelnen oder einer nennenswerten Anzahl von Asylbewerbern begründen und die von den nationalen Behörden tatenlos hingenommen werden. Eine umfassende Prüfung des Asylverfahrens, der Aufnahme- und Lebensbedingungen in anderen EU-Mitgliedsstaaten und die dortige Einhaltung des Unionsrechts kann nicht Aufgabe deutscher Verwaltungsgerichte sein. Vielmehr gebietet der Respekt vor dem verfassungsändernden Gesetzgeber, der die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG im Hinblick auf das Asylgrundrecht zu sicheren Drittstaaten erklärt hat, und die Verwirklichung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems innerhalb der Europäischen Union als „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ die Überprüfung systemischer Mängel auf eine Evidenzkontrolle, auf Sonderfälle ähnlich der verfassungsgerichtlichen Ausnahmen vom Konzept normativer Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 u. a. -, juris, Rdnr. 189), zu beschränken (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 1.4.2014 - 13 LA 22/14 -, juris). Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK muss im Sinne einer Selbstbetroffenheit speziell auch gerade für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Situation bestehen. Sie liegt maßgeblich dann vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und das Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass der Betroffene in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet, oder dass er während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln die elementaren Grundbedürfnisse des Menschen nicht mehr in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NRW a. a. O.).

Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat besondere Relevanz zu (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C 528/11 - NVwZ-RR 2013, 660).

Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in U. (vgl. Council of Europe - Commissioner for Human Rights: Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Hungary, from 1 to 4 July 2014, vom 16. Dezember 2014, abrufbar unter https://www...net; Auswärtiges Amt, Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in U., Stand Mai 2014; Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A; U. Länderbericht des AIDA (Asylum Information Database), Stand 30.4.2014; Bericht von bordermonitoring.eu, Stand Oktober 2013,) für den Kläger derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in U. das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten.

Das Gericht folgt insoweit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend, dass in U. derzeit derartige systemische Mängel nicht bestehen (EGMR, U. v. 3.7.2014 - 71932/12 „Mohamadi“ - abrufbar unter www.dejure.org; VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.8.2013, - 12 S 675/13 -, juris). Hierbei kommt es, wie dargelegt, nicht darauf an, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann (vgl. BVerwG, B. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 -, juris). Das Gericht folgt nicht der Rechtsprechung einzelner Verwaltungsgerichte (vgl. zuletzt: VG Berlin, B. v. 15.1.2015 - 23 L 899.14 A - juris; VG München, B. v. 30.10.2014, - M 16 S 14.50546 - juris), wonach systemische Mängel im Wesentlichen damit begründet werden, dass Asylbewerber der Gefahr begegnen würden, bei einer Rückkehr nach den U. mit Inhaftierungen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten überzogen zu werden, und die Aufnahmebedingungen sehr defizitär seien.

Das Gericht geht nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung durch eine ungerechtfertigte, schematische Inhaftierung von bis zu sechs Monaten bei einer Rückkehr nach U. aus. Nach dem Bericht des Menschenrechtskommissars des Europarats vom 16. Dezember 2014 befanden sich zum Zeitpunkt des Besuchs vom Juli 2014 386 Asylbewerber, mithin 25% aller Asylsuchenden in Haft (vgl. Council of Europe - Commissioner for Human Rights: Report by Nils Muižnieks, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Hungary, from 1 to 4 July 2014, vom 16. Dezember 2014, S. 37). Die vergleichsweise hohe Quote an Inhaftierungen von Asylsuchenden in U. mag auch aus den in U. verstärkt festzustellenden Weiterwanderungsbemühungen der dortigen Asylsuchenden resultieren. Anhand der Inhaftierungsquote von 25% lässt sich nicht eine schematische, nicht einzelfallbezogene Inhaftierungspraxis feststellen. Eine Inhaftierung allein wegen der Stellung eines Asylantrages erfolgt nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Wenngleich die Wahrscheinlichkeit einer Inhaftierung bei alleinstehenden Männern, insbesondere Dublin-Rückkehrern höher zu veranschlagen ist als beispielsweise bei Familien oder Frauen, die regelmäßig nicht inhaftiert werden, ist vorliegend nicht von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer drohenden Inhaftierung des Klägers auszugehen. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 19. November 2014 könne nicht bestätigt werden, dass rücküberstellte Dublin-Rückkehrer immer, somit regelhaft in Haft genommen würden. Dublin-Rückkehrer, deren Verfahren wegen Verzugs ins Ausland eingestellt wurden, erhalten bei einer Rücküberstellung nach U. erneut ein Erstverfahren und werden nicht wie Folgeantragsteller behandelt (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014, S. 2). Nach einer Stellungnahme des UNHCR vom 9. Mai 2014 an das VG Düsseldorf kommen syrische Flüchtlinge selten in Haft (vgl. Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A, Nr. 3). Hauptherkunftsländer der Inhaftierten sind Afghanistan, Pakistan, Mali, Iran und Elfenbeinküste, wobei die Haft im Wesentlichen auf illegale Einreise, fehlende Identitätsnachweise oder Fluchtgefahr gestützt wird (vgl. Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in U., Stand Mai 2014). Die Inhaftierung von Dublin-Rückkehrern lässt sich in der Praxis wohl häufig auf die Annahme von Fluchtgefahr nach Artikel 31/A Absatz 1 b) des ungarischen Gesetzes LXXX über das Asyl, einem nach Artikel 8 Abs. 3 b) der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (EU-Aufnahmerichtlinie) unionsrechtlich anerkannten Haftgrund zurückführen. Die im ungarischen Asylgesetz vorgesehenen Inhaftierungsgründe entsprechen im Wesentlichen den in Art. 8 Abs. 3 der EU-Aufnahmerichtlinie aufgeführten Haftgründen. Der in Art. 31/A des ungarischen Asylgesetzes genannte, relativ weit gefasste Grund der Verfahrensvereitelung oder -behinderung lässt sich mit dem in Art. 8 Abs. 3 b) EU-Aufnahmerichtlinie genannten Grund der Beweissicherung im Asylverfahren in Einklang bringen. Im Übrigen ist eine Inhaftierung an bestimmte konkrete Voraussetzungen geknüpft und durch unabhängige Gerichte überprüfbar. Eine im Einklang mit der EU-Aufnahmerichtlinie mögliche Inhaftierung vermag nach Auffassung des Gerichts indes nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zu begründen. Allein die geäußerte Kritik, dass die ungarischen Regelungen zur Inhaftierung zum Teil zu unbestimmt gefasst worden seien und somit die Gefahr einer missbräuchlichen Anwendung, einer Pönalisierung des Ersuchens von Flüchtlingsschutz bestehe, stellt sich nicht als eine regelhafte Funktionsstörung von solcher Gravität dar, die die Annahme systemischer Mängel rechtfertigen würde (vgl. ebenso VG Würzburg, B. v. 2.1.2015 - W 1 S 14.50120 -; VG Augsburg, B. v. 26.1.2015 - Au 7 S 15.50015 -; VG Regensburg, U. v. 5.12.2014 - RN 6 K14.50089 -; jeweils juris).

Eine weitere Sachverhaltsaufklärung oder ein Abwarten der Ergebnisse des Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2015 (Az. 2 K 6465/14.A) drängt sich nach Auffassung des Gerichts nicht auf. Ziffer 1 des Beweisbeschlusses zur absoluten Zahl der bislang in Haft genommenen Asylbewerber seit der Änderung der ungarischen Rechtslage zum 1. Juli 2013 wurde bereits durch das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme vom 19. November 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit der Angabe von 3137 Fällen beantwortet. Ziffer 2 des Beweisbeschlusses hinsichtlich der Haftdauer wurde durch die Stellungnahme seitens Pro Asyl e. V. an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014 mit der Angabe von durchschnittlich 32 Tagen Haftdauer bereits beantwortet. Hinsichtlich der Inhaftierung von Dublin Rückkehrern (Ziff. 4 des Beweisbeschlusses) liegen ebenfalls bereits hinlänglich belastbare Angaben seitens des Auswärtigen Amtes und Pro Asyl e. V. vor, wonach Dublin Rückkehrer häufig, jedoch nicht in jedem Fall inhaftiert werden (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014, S. 2; Stellungnahme von Pro Asyl e. V in Zusammenarbeit mit dem ungarischen Helsinki Komitee an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014, S. 2). Als Haftgründe (Ziff. 4 des Beweisbeschlusses) finden nach den vorliegenden Erkenntnissen vor allem die Gründe „risk of absconding“, „establishment of identity“ oder „previous absconding“ Anwendung (vgl. Stellungnahme von Pro Asyl e. V in Zusammenarbeit mit dem ungarischen Helsinki Komitee an das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 31. Oktober 2014, S. 3). Auch hinsichtlich der Haftbedingungen, der Regelungen für von der Haft ausgenommenen Personen oder besonders schutzbedürftigen Personen, der Rechtsschutzmöglichkeiten und der Aufnahmebedingungen in U. liegen hinlängliche Erkenntnisse aufgrund der bestehenden Auskünfte und Stellungnahmen vor. Wegen der erforderlichen Gravität und Regelhaftigkeit der Mängel im Asylsystem oder der Aufnahmebedingungen kommt es im Übrigen auf Details der Haftbedingungen wie beispielsweise Sportangebote in der Haft nach Auffassung des Gerichts nicht maßgeblich an. Ein Abwarten der Ergebnisse des Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts Köln vom 26. Januar 2015 ließe damit nur einen begrenzten zusätzlichen Erkenntnisgewinn erwarten und ist daher mit dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung im Asylrecht (vgl. BT-Drs. 11/6321, S. 48 ff.) nicht vereinbar.

Auch hinsichtlich der Aufnahme- und Haftbedingungen vermag das Gericht keine systemischen Mängel zu erkennen. Nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes ist nach Engpässen in der Unterbringung im ersten Halbjahr 2013 nach Kapazitätserweiterungen keine aktuelle Kritik hinsichtlich der Unterbringung bekannt geworden. Inhaftierte könnten sich tagsüber frei bewegen; Freizeitmöglichkeiten, Sprechstunden der Rechtsberatung und eine medizinische Grundversorgung seien gewährleistet (vgl. Auswärtiges Amt, Stellungnahme an das VG Düsseldorf vom 19. November 2014, S. 3). Wenngleich sich im Einzelfall die Behandlung von inhaftierten Asylbewerbern als problematisch darstellen mag, stellen Fehlleistungen im Einzelfall das Konzept der normativen Vergewisserung bzw. das unionsrechtliche Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht grundlegend in Frage. Individuelle negative Erfahrungen sind in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers vorliegen, und führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (vgl. BVerwG, U. v. 6.6.2014 - 10 B 35/14 - NVwZ 2014, 1677 ff.).

Das Gericht verkennt nicht das Bestehen von mitunter schwierigen Lebensbedingungen und einer relativ weitgehenden Inhaftierungspraxis in U. Diese begründen jedoch für sich keine systemischen Mängel. Denn weiterhin ist festzuhalten, dass der UNHCR bislang keine systemischen Mängel des Asylverfahrens oder Aufnahmebedingungen in U. explizit festgestellt und keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach U. zu überstellen. Dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR kommt im Hinblick auf die dem UNHCR übertragene Rolle eine besondere Bedeutung zu (vgl. EuGH, U. v. 30.5.2013 - C-528/11 - NVwZ-RR 2013, 660; ebenso VG Augsburg, B. v. 26.1.2015 - Au 7 S 15.50015 -, juris).

Das Gericht folgt damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Entscheidung vom 3.7.2014, a. a. O.), der sich ausführlich nicht nur mit den theoretischen Grundlagen des Asylverfahrens und Aufnahmebedingungen in U. auseinandergesetzt hat, sondern der auch entsprechende Unterlagen des UNHCR sowie des ungarischen Helsinki Komitees und der „Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierung der Vereinten Nationen“ ausgewertet hat und zu dem Ergebnis gekommen ist, dass ein Verstoß gegen Art. 3 EMRK in U. nicht zu befürchten sei.

Der Kläger kann einer Überstellung nach U. somit nicht damit entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedstaat systemische Mängel bzw. Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-Grundrechtscharta bzw. Art. 3 EMRK mit sich bringen würde.

Die Anordnung der Abschiebung nach § 34 a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ist nicht zu beanstanden. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Die Republik U. hat vorliegend die Bereitschaft zur Übernahme des Klägers mit seiner Zustimmung zum Wiederaufnahmeersuchen des Bundesamtes vom 31. Oktober 2014 ausdrücklich bekundet. Die Abschiebung ist somit rechtlich zulässig und tatsächlich möglich. Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen liegen nicht vor.

Die Klage ist daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylVfG.

Tenor

Die Verfahren 8 L 93/15.A und 8 L 94/15.A werden gemäß § 93 Satz 1 VwGO zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und unter dem Aktenzeichen 8 L 94/15.A fortgeführt.

Der Antrag wird – einschließlich des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe – abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.


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