Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 26. Jan. 2015 - 6a L 2118/14.A
Tenor
Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens,für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage (6a K 5945/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 3. November 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.
5Die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 3. November 2014 hat gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 AsylVfG grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des Bescheides vorläufig verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheides überwiegt. Bei der insoweit vorzunehmenden Interessenabwägung sind vor allem die Erfolgsaussichten der Klage zu berücksichtigen. Stellt sich bei summarischer Betrachtung heraus, dass die Klage aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, hat das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Vollziehungsinteresse zurückzustehen.
6Dies ist hier der Fall. Der Bescheid vom 3. November 2014, mit dem das Bundesamt das Asylverfahren für unzulässig erklärt und die Abschiebung des Antragstellers in die Schweiz angeordnet hat, wird sich im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen.
7Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
8Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 die Schweizerische Eidgenossenschaft der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da der Antragsteller nach eigenen Angaben und ausweislich der EURODAC-Datenbank in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt hat und aus der Schweiz in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 den Antragsteller wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit Schreiben an das Bundesamt vom 29. Oktober 2014 auch anerkannt. Der Antragsteller hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
9Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
10Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris.
11Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte.
12Ebenso in jüngerer Zeit VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle bei Juris abrufbar.
13Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt. Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Antragsteller besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet.
14Sonstige Umstände, aufgrund derer die Antragsgegnerin zu Gunsten des Antragstellers ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Der am 22. Dezember 1986 geborene Kläger ist georgischer Staatsangehöriger armenischer Volkszugehörigkeit. Er ist ledig.
3Im August 2013 verließ der Kläger nach eigenen Angaben Georgien. Ausweislich der EURODAC-Datenbank stellte er am 12. August 2013 in der Schweiz einen Asylantrag. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Am 22. September 2014 reiste er in die Bundesrepublik ein und stellte hier am 17. Oktober 2014 einen weiteren Asylantrag.
4Bei der – auf die Frage der Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats beschränkten – Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 17 Oktober 2014 gab der Kläger an, er habe noch in keinem anderen Staat Asyl beantragt oder zuerkannt bekommen; es gebe aber keine Gründe, warum sein Antrag nicht in einem anderen „Dublin-Mitgliedstaat“ geprüft werden solle.
5Am 28. Oktober 2014 wandte die Beklagte sich an die schweizerischen Behörden und ersuchte um die Übernahme des Klägers auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 („Dublin III“). Mit Schreiben vom 29. Oktober 2014 stimmte die schweizerische Eidgenossenschaft der Rücküberstellung zu.
6Mit Bescheid vom 3. November 2014 lehnte die Beklagte den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers in die Schweiz an. Zur Begründung wies die Beklagte auf die Regelungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 hin, aufgrund derer die Schweiz für das Asylverfahren zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die Veranlassung zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts geben könnten, seien nicht erkennbar. Der Bescheid wurde dem Kläger frühestens am 23. Dezember 2014 zugestellt.
7Am 30. Dezember 2014 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er ausführt: Er befürchte bei einer Rückkehr in die Schweiz Nachteile. Zudem hat er eine ärztliche Bescheinigung des Universitätsklinikums F. vom 17. Dezember 2014 vorgelegt, der zufolge er an einer HIV-Infektion im Stadium A3 sowie an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Aufgrund des fortgeschrittenen HIV-Infekts und der Komplexität der HIV- sowie Begleittherapie sei eine suffiziente und erfolgreiche Weiterbehandlung nur im Universitätsklinikum oder einem vergleichbar spezialisierten Zentrum möglich. Darüber hinaus hat der Kläger eine Bescheinigung der „League of Young Voluntary Georgians“ vom 9. Juli 2013 vorgelegt, der zufolge er schwul ist und im Mai 2013 von unbekannten Männern missbraucht und vergewaltigt worden ist. Er habe – so die Bescheinigung weiter – mehrmals versucht sich das Leben zu nehmen. In weiteren von dem Kläger vorgelegten Bescheinigungen wird bestätigt, dass der Kläger wegen seiner sexuellen Orientierung die Arbeitsstelle sowie seine Wohnung verloren habe.
8Der Kläger beantragt,
9den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt (schriftsätzlich),
11die Klage abzuweisen.
12Sie bezieht sich zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid.
13Die Kammer hat einen Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Beschluss vom 26. Januar 2015 (6a L 2118/14.A) abgelehnt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
17Der Bescheid des Bundesamtes vom 3. November 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt.
18Ein Asylantrag ist gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Falle ist gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG durch das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat anzuordnen; einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht.
19Vorliegend ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, (sog. „Dublin III-Verordnung“) vom 26. Juni 2013 die Schweizerische Eidgenossenschaft der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständige Staat. Da der Kläger ausweislich der EURODAC-Datenbank in der Schweiz den ersten Asylantrag gestellt hat und aus der Schweiz in das Bundesgebiet eingereist sind, ist gem. Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 7 Abs. 1 und Art. 13 der VO (EU) Nr. 604/2013 dieser Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig und hat gemäß Art. 18 der VO (EU) Nr. 604/2013 den Kläger wieder aufzunehmen. Diese Verpflichtung hat die Schweizerische Eidgenossenschaft mit Schreiben an das Bundesamt vom 29. Oktober 2014 auch anerkannt. Der Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die diese Einschätzung in Frage stellen könnten.
20Die Beklagte ist auch nicht etwa gemäß Art. 3 Abs. 2 VO (EU) Nr. 604/2013 verpflichtet, den Antrag selbst zu prüfen, weil Flüchtlingen in der Schweiz in verfahrens- oder materiellrechtlicher Hinsicht kein hinreichender Schutz gewährt würde oder sonstige „systemische Schwachstellen“ bei der Behandlung von Asylbewerbern bestünden.
21Allgemein zur Frage der systemischen Mängel EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 -, NVwZ 2012, 417, und BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 10 B 6.14 -, juris.
22Für entsprechende Mängel in Bezug auf die Schweizerische Eidgenossenschaft sieht das Gericht nach Recherche in den einschlägigen Datenbanken letztlich keine hinreichenden Anhaltspunkte.
23Ebenso in jüngerer Zeit VG Augsburg, Beschluss vom 21. Oktober 2014 - Au 7 S 14.50253 -; VG Magdeburg, Beschluss vom 5. Dezember 2014 - 9 B 418/14 -; VG Düsseldorf, Beschluss vom 30. September 2014 - 23 L 2111/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. April 2014 - 7a L 462/14.A - und Urteil vom 13. Januar 2015 - 6a K 2712/14.A -; VG Stuttgart, Beschluss vom 4. April 2014 - A 12 K 4814/13 -, und VG Schwerin, Beschluss vom 10. März 2014 - 3 B 215/14 As -, alle bei Juris abrufbar.
24Eingehende und aktuelle Informationen über das schweizerische Asylsystem und die dortigen Unterbringungs- und Versorgungsbedingungen finden sich etwa im Internetangebot der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (www.fluechtlingshilfe.ch). Der Länderbericht Schweiz 2013 von Amnesty International und der Human Rights Report 2013 des US-Department of State (Bureau of Democracy, Human Rights and Labor) berichten über Verschärfungen der Rechtslage in der Schweiz und (pauschal) über vereinzelte Probleme bei der Behandlung von Flüchtlingen; grundlegende Schwächen des Asylsystems werden indessen nicht aufgezeigt. Das Gericht hat auch keine Erkenntnisse dahingehend, dass die für den Kläger besonders bedeutsame medizinische Versorgung in der Schweiz nicht gewährleistet ist. Dass in der Schweiz ein hoch entwickeltes System der medizinischen Versorgung besteht, steht außer Zweifel. Nach Art. 5 der einschlägigen Verordnung des EJPD (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement) über den Betrieb von Unterkünften des Bundes im Asylbereich vom 24. November 2007 (abrufbar mit Stand vom 1. Oktober 2013 auf www.unhcr.de) wird der Zugang zur medizinischen Grund- und Notversorgung gewährleistet. Dem entsprechend führt die Schweizerische Flüchtlingshilfe in ihrem Internetangebot (hier: Asylrecht/Rechtlicher Status/Asylsuchende) aus: „Asylsuchende müssen gegen Krankheit versichert sein (Art. 3 KVG). Allerdings können die Kantone die Wahl der Krankenkasse sowie der Ärzte und Spitäler für Asylsuchende einschränken (Art. 82a Abs. 2 bis 5 AsylG)“.
25Sonstige Umstände, aufgrund derer die Beklagte zu Gunsten des Klägers ihr Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 der VO (EU) Nr. 604/2013 hätte ausüben müssen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
26Dass der Kläger wegen seiner Erkrankungen nicht reisefähig wäre, ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
27Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der sinngemäß gestellte Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 7a K 1469/14.A gegen die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers unter Ziffer 2 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 10. März 2014 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – ist zulässig, aber unbegründet, weil die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfällt. Die Abschiebungsanordnung in die Schweiz ist offensichtlich rechtmäßig.
6Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Asylverfahrensgesetz ‑ AsylVfG ‑ Danach ordnet das Bundesamt, wenn die Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 AsylVfG) erfolgen soll, die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Vorliegend geht es um die Abschiebung des Antragstellers in die Schweiz, die kraft verfassungsrechtlicher Bestimmung ein sicherer Drittstaat (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes – GG –; § 26a Abs. 2 i.V.m. Anlage I zum AsylVfG) ist. Darüber hinaus ergibt sich die Zuständigkeit der Schweiz aus § 27a AsylVfG i. V. m. den Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO). Nach § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags vom 26. Oktober 2004 (Amtsblatt der Europäischen Union vom 27. Februar 2008, L 53, S. 5) werden die Bestimmungen der Dublin II-VO durch die Schweiz umgesetzt und angewendet. Die Zuständigkeit der Schweiz für die Durchführung des Asylverfahrens ist vorliegend gemäß Art. 16 Abs. 1 Buchst. e Dublin II-VO begründet worden, denn die Schweiz hat mit Schreiben vom 27. Dezember 2013, eingegangen am 30. Dezember 2013, ihre Zuständigkeit bezüglich des Antragstellers anerkannt.
7Der zuständige Mitgliedstaat bestimmt sich im Fall des Antragstellers nach der Dublin II-VO, nicht nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO). Deren Zuständigkeitskriterien sind nach Art. 49 Dublin III-VO auf alle Anträge auf internationalen Schutz, die ab dem 1. Januar 2014 gestellt werden, anwendbar. Der Asylantrag des Antragstellers ist am 3. Januar 2014 bei der Antragsgegnerin eingegangen. Art. 49 der Dublin III-VO bezieht sich jedoch nicht auf bereits vor diesem Stichtag gestellt und beantwortete Wiederaufnahmegesuche. Für sie gilt weiterhin die Dublin II-VO,
8vgl. VG Hannover, Beschluss vom 9. Januar 2014 – 1 B 7895/13 –, juris.
9Die Schweiz stimmte dem Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin am 27. Dezember 2013, eingegangen am 30. Dezember 2013, zu. Das Wiederaufnahmegesuch war daher bereits vor Inkrafttreten der Dublin III-VO beantwortet.
10Die Zuständigkeit der Antragsgegnerin für die Prüfung des Asylfolgeantrages des Antragstellers ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO. Nach dieser Vorschrift kann jeder Mitgliedsstaat einen von einem Drittstaatsangehörigen eingereichten Asylantrag prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist, und wird dadurch zum zuständigen Mitgliedsstaat im Sinne der Verordnung.
11Ob ein Mitgliedsstaat vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch macht, steht grundsätzlich in seinem Ermessen, dessen Ausübung integraler Bestandteil des im EU-Vertrag vorgesehenen und vom Unionsgesetzgeber ausgearbeiteten gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist.
12Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, juris.
13Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gilt grundsätzlich die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat im Einklang mit den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Dies gilt entsprechend für Staaten, welche wie die Schweiz die Dublin II-VO kraft völkerrechtlichen Vertrags anwenden. Nicht jede Verletzung eines Grundrechts oder jeder geringfügige Verstoß gegen die europäischen Asylrichtlinien durch den zuständigen Staat kann angesichts dessen dazu führen, dass der überstellende Mitgliedstaat nicht mehr an die Bestimmungen der Dublin II-VO gebunden wäre. Vielmehr muss ein Mitgliedstaat die Überstellung eines Asylbewerbers an den zuständigen Staat im Sinne der Dublin II-VO nur unterlassen, wenn ihm nicht unbekannt sein kann, dass das Asylverfahren in diesem Staat systemische Mängel aufweist, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Staat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union implizieren.
14Vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 ‑ C-411/10 ‑, a.a.O.
15Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verweisung eines Asylbewerbers auf einen sicheren Drittstaat (vgl. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG) ‑ die nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG ausschließt, sondern entsprechend seiner inhaltlichen Reichweite auch die materiellen Rechtspositionen erfasst, auf die ein Ausländer sich sonst gegen seine Abschiebung stützen kann ‑ grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Schutz hat die Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen nur dann zu gewähren, wenn bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. Es obliegt insoweit dem Antragsteller unter Anlegung eines strengen Maßstabes, die Umstände darzulegen, aus denen sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem solchen im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfall betroffen ist.
16Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 ‑, juris.
17Eine Verdichtung des Selbsteintrittsrechts eines Mitgliedsstaates zu einer entsprechenden Pflicht kommt daher nur in Betracht, wenn ein vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangener Sonderfall offensichtlich vorliegt.
18Ausgehend von den vorstehend dargestellten Maßstäben bestehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen in der Schweiz an systematischen Mängeln leiden. Nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen sowie der hierzu ergangenen Rechtsprechung ist nicht davon auszugehen, dass dem Antragsteller im Falle seiner Rücküberstellung in die Schweiz im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht.
19Dabei kann offen bleiben, ob sich der Antragsteller im Hinblick darauf, dass sein Asylverfahren in der Schweiz offenbar bereits durch einen ablehnenden Bescheid abgeschlossen ist, überhaupt auf Mängel des Asylverfahrens berufen kann.
20Vgl. hierzu u. a. VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 ‑ 6 L 787/13.A ‑; VG Oldenburg, 24. Januar 2014 ‑ 3 B 6802/13 ‑; jeweils unter juris.
21Denn den dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln lässt sich entnehmen, dass das schweizerische Asylsystem die unionsrechtlichen Standards erfüllt. Den Erkenntnismitteln sind vereinzelte Beanstandungen des asylrechtlichen Verfahrens zu entnehmen,
22vgl. etwa amnesty international, Annual Reports 2012 and 2013; United States Department of State, 2013 Country Report on Human Rights Practices – Switzerland.
23Systemische Mängel sind dagegen nicht zu erkennen. Dies gilt auch nach Einführung der Änderungen im schweizerischen Asylrecht im Juni 2013. Die Empfehlungen des UNHCR,
24Empfehlungen von UNHCR im Rahmen der Vernehmlassung zur Änderung des Schweizer Asylgesetzes (AsylG), Oktober 2013, www.unhcr.org,
25enthalten zwar verschiedene Kritikpunkte (u.a. zur Verkürzung der Beschwerdefrist, vgl. S. 27, 28). Ihnen ist aber nicht zu entnehmen, dass Asylbewerbern in der Schweiz aus strukturellen Gründen eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im zuvor dargestellten Sinne droht.
26Soweit der Antragsteller weiter behauptet, strukturelle Mängel des schweizerischen Asylsystems zeigten sich darin, dass ihm der zunächst zugebilligte Flüchtlingsstatus wieder entzogen wurde, ist dem nicht zu folgen. Zum einen sieht auch das Unionsrecht vor, dass ein zuerkannter Flüchtlingsstatus sowie ein gewährter subsidiärer Schutz unter bestimmten Voraussetzungen wieder aberkannt werden können (vgl. Art 14 und 17 der Richtlinie 2011/95/EU – Qualifikationsrichtlinie –). Wird von diesen Möglichkeiten Gebrauch gemacht, ist dies kein struktureller Mangel. Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller ein bereits gewährter Schutzstatus aus anderen Gründen entzogen wurde, hat er nicht vorgetragen. Insbesondere hat er den entsprechenden Bescheid der Schweizer Behörden nicht vorgelegt. Zum anderen trägt der Antragsteller erstmals in seinem gerichtlichen Eilantrag vor, ihm sei ein zunächst gewährter Status wieder entzogen worden. Bei seiner Anhörung durch die Antragsgegnerin am 24. Januar 2014 hat er entsprechendes nicht geäußert, sondern nur erklärt, in der Schweiz Asyl beantragt zu haben.
27Auch der Einwand des Antragstellers, dass Flüchtlinge, die den zugewiesenen Aufenthaltsort verließen, sofort mit Gefängnisstrafen belegt würden, zeigt keinen systemischen Mangel des schweizerischen Asylsystems. Zum einen ist in den unionsrechtlichen Vorgaben grundsätzlich angelegt, dass der Aufenthaltsort von Schutzsuchenden aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder zur Bearbeitung und Überwachung des Antrags staatlich bestimmt werden kann (vgl. Art. 7 der Richtlinie 2013/33/EU – Aufnahmerichtlinie). Zum anderen ist den vorliegenden Erkenntnisquellen, darunter auch den Informationen der Schweizerischen Flüchtlingshilfe – SFH –,
28Fluchtland Schweiz, Informationen über das Asylrecht und Menschen im Asylverfahren, 1. März 2013,
29eine derartige Strafe nicht zu entnehmen.
30Soweit der Antragsteller schließlich die fehlende medizinische Versorgung in der Gemeinschaftsunterkunft und den fehlenden Zugang zu Ärzten außerhalb der Einrichtung beanstandet, liegt ebenfalls kein systemischer Mangel vor. Grundsätzlich haben Asylsuchende in der Schweiz das Recht auf medizinische Basisversorgung. Eine freie Arztwahl gibt es nicht; wenn kein Notfall vorliegt, müssen Behandlungen vorab beantragt und bewilligt werden,
31SFH, Fluchtland Schweiz, Informationen über das Asylrecht und Menschen im Asylverfahren, 1. März 2013, S. 19.
32Dass es dadurch mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlungen im zuvor dargestellten Sinne kommt, lässt sich den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Individuelle Besonderheiten im Sinne einer besonderen Verletzlichkeit oder medizinischen Behandlungsbedürftigkeit des Klägers bestehen im Übrigen nicht.
33Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.