Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Juni 2012 - 9 A 111/10

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:0606.9A111.10.0A
bei uns veröffentlicht am06.06.2012

Tatbestand

1

Der Kläger führt als Einwohner des Ortsteils A-Stadt der Gemeinde H.-K. ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009.

2

Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur zur Verbandsgemeinderatswahl nicht ordnungsgemäß, weil fehlerhaft zu hoch angegeben, bekannt gemacht worden. Es wurden 83 Unterstützungsunterschriften, anstatt der notwendigen 40 für den Wahlbereich I und 42 für den Wahlbereich II bekannt gegeben. Der Wahlbereich I umfasste die heutigen Gemeinden B., B-Stadt, I., R. und H. W.; der Wahlbereich II die heutigen Gemeinden B., E., H., H.-K., L. und Stadt A.. Der Kläger wohnt im Wahlbereich II. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2009 wie folgt festgestellt:

3

Partei

Stimmen

Stimmenanteil

Sitzanteil

Sitze 

CDU     

2815   

23,25 %

4,65   

5       

DIE LINKE

939     

7,76 %

1,55   

2       

SPD     

573     

4,73 %

0.95   

1       

Bürgerliste

1581   

13,06 %

2,61   

3       

EB - Trösken

194     

1,60 %

0,32   

0       

Initiative für Bürgernähe

716     

5,91 %

1,18   

1       

Unabhängige Wählergemeinschaft Goldb.

958     

7,91 %

1,58   

2       

Unabhängige Wählergemeinschaft Werb.

892     

7,37 %

1,47   

1       

Wählergemeinschaft Rochau

1055   

8,72 %

1,74   

2       

Bündnis 90/ Die Grünen

192     

1,59 %

0,32   

0       

Bürgerinitiative Ameburg-Für unsere

466     

3,85 %

0,77   

1       

EB – Gärtner

35    

0,29 %

0,06   

0       

Unabhängige Wählergemeinschaft Hinde

212     

1,75 %

0,35   

0       

Wählergemeinschaft Eichstedt

1477   

12,20 %

2,44   

2       

4

In seinem Wahleinspruch vom 10./15.12.2009 bemängelt der Kläger die zu hohe Anzahl der Unterstützerunterschriften. Es sei anzunehmen, dass mögliche Bewerber aufgrund dieses Aufwandes von einer Kandidatur Abstand genommen hätten. Auch er habe deswegen auf eine Einzelkandidatur verzichtet und sich als parteiloser Kandidat auf der Liste von Bündnis 90/Die Grünen aufstellen lassen. Dies bedeute gegenüber einer politisch-neutralen Einzelkandidatur ein ganz anderes Wählerpotential. Nach Kenntniserlangung von der zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften hätte er seine Nominierung bei Bündnis 90/Die Grünen widerrufen müssen. Dafür sowie für die Sammlung der notwendigen Unterstützerunterschriften habe die Zeit nicht mehr gereicht. Viele seiner Bekannten hätten Unterstützerunterschriften schon anderweitig vergeben. Dabei sei auch entscheidend, dass aufgrund der fehlerhaften Bekanntmachung, die doppelte Anzahl von Unterschriften verlangt und diese wegen der nur einmal möglichen Unterstützerunterschrift zudem bereits vergeben gewesen seien. Weiter fehle in der öffentlichen Bekanntmachung ein Hinweis darauf, dass jeder Wahlberechtigte nur einen Wahlvorschlag durch seine Unterschrift unterstützen dürfe. Diese Wahlfehler der unsorgfältigen Wahlvorbereitung seien auch erheblich und schwerwiegend. Bei Gemeinderatswahlen würden mehr als die Hälfte der Mandate von Einzelbewerbern und freien Wählergruppen errungen. Bei der Wahl am 29.11.2009 zum Verbandsgemeinderat hätten die bekannten Parteien nur 36,1 % der Kandidaten gestellt und erreichten mit 37.3 %der Stimmen auch nur 40 % der Sitze.

5

Bei den Wählergruppen „Bürgerliste“ und „Initiative für Bürgernähe“ fehle es zudem an den nach dem Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) erforderlichen Kennwörtern. Aus den Kennwörtern müsse hervorgehen, dass es sich um eine Wählergruppe aus dem Wahlgebiet handele. Beide Wählergruppen hätten so nicht zur Wahl zugelassen werden dürfen. Weiter bestehe eine große Verwechselungsgefahr mit der zurzeit der Wahl sehr aktuellen und aktiven „Bürgerinitiative gegen Steinkohlekraftwerk-A.“.

6

Unter dem 18.12.2009 ergänzte er seinen Wahleinspruch dahingehend, dass die Kandidatur von Herrn E. T. aus Hohenberg-Krusemark nicht zulässig sei. Herr T. habe auf der CDU-Liste für den Wahlbereich I kandidiert. Gleichzeitig sei er verbeamteter Verwaltungsmitarbeiter (Verwaltungsleiter) der Verwaltungsgemeinschaft A.-B-Stadt. Als verbeamteter Mitarbeiter der Verwaltung könne er nicht für den Gemeinderat kandidieren.

7

Der Wahleinspruch wurde mit Bescheid vom 26.02.2010 zurückgewiesen. Der fristgerecht eingereichte Wahleinspruch sei hinsichtlich der fehlerhaft bekanntgemachten zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften begründet. Es liege ein Verstoß gegen § 21 Abs. 9 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) vor. Dieser Verstoß sei jedoch nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 KWG LSA nicht so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Dies wird mit der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Ein Einfluss auf die Sitzverteilung sei ausgeschlossen. Um einen Sitz im Verbandsgemeinderat zu erhalten, seien mindestens 466 Stimmen erforderlich gewesen. Ein Einzelbewerber hätte also mindestens 467 Stimmen erhalten müssen, damit sich die Sitzverteilung im Rat verändert hätte. Die Mehrheitsverhältnisse bei der Verbandsgemeinderatswahl seien recht eindeutig. Kein Einzelbewerber habe auch nur annähernd diese Stimmenzahl erreicht.

8

Eine fiktive Berechnung der Sitzverteilung unter Einbeziehung des Einspruchsführers führe zu keinem anderen Wahlergebnis. Bei der Verbandsgemeinderatswahl habe es 83 Bewerber gegeben. Zur Wahl seien12.105 gültige Stimmen abgegeben worden. Dies entspreche einem durchschnittlichen Stimmenanteil von 145,8 Stimmen/Bewerber. Sofern die beiden weiteren Beschwerdeführer T. als Bewerber angetreten wären, hätte sich die Anzahl der Bewerber auf 85 erhöht. Der durchschnittliche Stimmenanteil würde dann bei 142,4 Stimmen/Bewerber liegen. Wenn nunmehr diese 142 Stimmen ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gesetzt werden würden, umfassten diese 142 Stimmen 1,17 % der gültigen Stimmen. Um eine fiktive Stimmverteilung/Sitzverteilung vornehmen zu können, würden die Stimmen mit zwei multipliziert und ergeben einen prozentualen Anteil von 2,34 % der Gesamtstimmen. Von jedem Wahlvorschlag würden 2,34 % der Stimmen errechnet und von der erhaltenen Stimme abgezogen. Unter Berücksichtigung dieses Rechenergebnisses würden sich keine Änderungen in der Sitzverteilung ergeben. Auf die dementsprechende Berechnung (Bl. 32 GA) wird verwiesen.

9

Die Bewerbung des Klägers sei von der fehlerhaften Bekanntmachung nicht berührt gewesen. Denn er habe über die Liste des Wahlvorschlages Bündnis 90/Die Grünen für die Verbandsgemeinderatswahl kandidiert. Eine Beibringung von Unterstützerunterschriften sei deshalb nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass er als Einzelbewerber mehr Stimmen erhalten hätte.

10

Die anderen gerügten Wahlfehler seien nicht gegeben und nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 KWG LSA zurückzuweisen. Die Bezeichnung der Wahlvorschläge habe zu keinen Beanstandungen oder Bedenken wegen einer möglichen Verwechselungsgefahr geführt. Bis auf „Bürgerliste“ handele es sich bei allen anderen Wählergemeinschaften um solche, die schon seit mehr als einer Legislaturperiode bestünden und aus diesem Grund in den Gemeinden bekannt seien.

11

Herr E. T. erfülle die Wählbarkeitsvoraussetzungen nach § 39 Abs. 1 Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt (GO LSA). Hinderungsgründe entsprechend § 40 GO LSA zur Annahme oder Ausführung eines Mandates seien erst nach der Wahl zu prüfen.

12

Nach § 15 KWG LSA seien die Mindestangaben zur Bekanntmachung der Wahl und zu den Terminen sei durch den Hinweis darauf, dass jeder Wahlberechtigte nur einen Wahlvorschlag unterzeichnen dürfe, eingehalten worden. Dieser Hinweis finde sich in der Bekanntmachung vom 28.08.2009.

13

Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter vertiefter Begründung seiner Wahleinsprüche weiter und beantragt,

14

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 26.02.2010 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Verbandsgemeinderatswahl A.-B-Stadt am 29.11.2009 begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre und die Wahl für ungültig zu erklären.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen

17

und verteidigt aus den Gründen des Bescheides das Wahlergebnis.

18

Es sei zwar zutreffend, dass die Wählergruppe „Bürgerliste“ sowie die „Initiative für Bürgernähe“ entgegen § 21 Abs. 6 Nr. 3 KWG LSA nicht mit einem Kennwort der Gestalt verknüpft worden seien, aus dem hervorgehe, dass es sich um eine Wählergruppe im Wahlgebiet handele. Gleichwohl sei dieser Fehler nicht im Sinne des § 52 Abs. 1 Nr. 4 KWG LSA als so schwerwiegend anzusehen, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre. Dies ergebe sich bereits aus dem Zweck des § 21 Abs. 6 Nr. 3 KWG LSA. Danach solle eine Verwechselungsgefahr ausgeschlossen werden. Die Wählergruppe solle eindeutig identifizierbar sein. Eine Verwechselung zur aktuellen und aktiven Bürgerinitiative gegen das „Steinkohlekraftwerk-A.“ bestehe nicht. Diese Bürgerinitiative agiere bereits außerhalb der Wahlliste. Auch sei dem Wähler bewusst, dass es sich bei der „Initiative für Bürgernähe“ um eine Wahlgruppe handele, die sich besonders der Interessenlage der Gemeinde I. verpflichtet fühle. Die Kandidaten seien alle in der Gemeinde I. wohnhaft. Die „Initiative für Bürgernähe“ habe auch dort die Stimmen geholt. Die Anzahl von 46 Stimmen aus den anderen Gemeinden habe keinen Einfluss auf die Sitzverteilung gehabt. Gleiches gelte für die „Bürgerliste“.

19

Dem Kläger sei ein Wahleinspruchsrecht sowie ein Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen. Denn er sei zu Unrecht in das Wahlverzeichnis eingetragen worden. Nach § 15 Abs. 1 KWO LSA seien in das Wahlverzeichnis alle Wahlberechtigten einzutragen, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Wohnung, bei mehreren Wohnungen für die Hauptwohnung, in dem jeweiligen Wahlbezirk nach dem Meldegesetz des Landes Sachsen-Anhalt bei der Gemeinde angemeldet seien. Der Kläger habe sich seit dem Jahr 2009 nur noch selten an seinem bisherigen Hauptwohnsitz in A-Stadt aufgehalten. Er selbst arbeite offenbar in D-Stadt (Land Brandenburg). Eine Nachfrage beim zuständigen Einwohnermeldeamt habe ergeben, dass der Kläger seit dem 08.09.2009 in D-Stadt in der Bahnhofstraße 130 eine Nebenwohnung besitze. Er sei verheiratet, nicht getrennt lebend und seine Ehefrau habe ihren Hauptwohnsitz unter derselben Anschrift seines Nebenwohnsitzes. Das Einwohnermeldeamt habe am 17.03.2012 eine Befragung in der Gemeinde A-Stadt dahingehend durchgeführt, wann und wo Bürger des Ortes den Kläger zuletzt gesehen hätten. Neun Bürger seien befragt worden. Im Ergebnis der Befragung habe sich herausgestellt, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt nicht im Ortsteil A-Stadt habe. Dies sei besonders durch die Befragung des Herrn H. M. aus A-Stadt deutlich. Herr M. sei als Pensionär täglich zu Fuß im Ort unterwegs. Er habe bestätigt, dass er den Kläger zum letzten Mal anlässlich einer Beerdigung in der 7. bzw. 8. Kalenderwoche des Jahres 2012 vor Ort gesehen habe. Die Schwiegermutter des Klägers, Frau I. K., habe bestätigt, dass der Kläger unter der Anschrift A-Straße wohne. Sie könne jedoch nicht sagen, wann der Kläger dort anzutreffen sei. Nach alledem sei festzustellen, dass der Kläger seinen Lebensmittelpunkt nicht mehr im Ortsteil A-Stadt habe.

20

Das Gericht hat vor dem zuständigen Richter am 02.02.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird verwiesen. Die gerichtliche Aufforderung nach § 87 b VwGO zu seinem tatsächlichen Wohnsitz Angaben zu machen, erfüllt der Kläger umfassend. Er sei bei seinen Schwiegereltern, der Familie K., in der Breiten Straße 23 in A-Stadt wohnhaft. 2005 habe seine Ehefrau eine Praxis für Ergotherapie in D-Stadt eröffnet und dort 2009 aus steuerlichen Gründen eine Hauptwohnung begründet. Seit Mai 2009 wohne der Kläger wieder in der Breiten Straße bei den Schwiegereltern. Der Familienlebensmittelpunkt sei bereits aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen unzweifelhaft in A-Stadt. Zudem sei der Kläger von 1994 bis 2008 ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde A-Stadt gewesen und dort in Vereinen, Verbänden etc. gesellschaftlich engagiert.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die der anderen Verfahren (9 A 107/10 und 9 A 112/10) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

22

Die Wahlprüfungsklage hat Erfolg.

23

1.) Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt – unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist – aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung und der an die Ablehnung des Einspruchs anknüpfenden Eröffnung der Möglichkeit, unmittelbar Klage zu erheben (§ 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit den genannten Vorschriften von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung für die Wahlprüfungsklage – die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber eine individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll – bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, wirksam Gebrauch gemacht (ausführlich: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005, 9 A 360/04 MD; bestätigt durch OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, 4 L 138/05; beide juris).

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Dem Kläger ist entgegen der Auffassung des Beklagten auch das Rechtsschutzbedürfnis an der Klage nicht abzusprechen. Denn er war nach § 50 Abs. 1 KWG LSA als Besitzer des aktiven und passiven Wahlrechts „Wahlberechtigter des Wahlgebietes“ und damit wahleinspruchsberechtigt. Der Kläger war nicht fehlerhaft, weil zu Unrecht, in das Wählerverzeichnis eingetragen gewesen. Nach § 15 Abs. 1 KWO LSA sind in das Wahlverzeichnis alle Wahlberechtigten einzutragen, die am 35. Tag vor der Wahl für eine Wohnung, bei mehreren Wohnungen für die Hauptwohnung, in dem jeweiligen Wahlbezirk nach dem Meldegesetz des Landes Sachsen-Anhalt bei der Gemeinde angemeldet sind. Dabei bestimmt sich der Begriff des Wohnens im Sinne des Kommunalwahlrechts maßgeblich nach objektiven Kriterien und hängt vom Familienwohnsitz ab. Die formelle melderechtliche Situation ist dabei nicht zwangsläufig entscheidend. Die Anknüpfung des Wahlrechts an den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen rechtfertigt sich unter dem Gesichtspunkt, dass dort eine entsprechende Bindung an die Gemeinde besteht, die für die Selbstverwaltung bedeutsam ist (VG Augsburg, Urteil v. 30.10.2008, Au 3 K 08.1127; juris). Treten ernstliche Zweifel daran auf, ob der melderechtliche Wohnsitz tatsächlich den Schwerpunkt der Lebensbeziehungen bildet, so muss dem auch im gerichtlichen Verfahren nachgegangen werden (vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschluss v. 25.08.2009, 15 A 1372/09; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 26.05.2006, 1 S 78/06; VG München, Urteil v. 12.10.2009, M 7 K 08.3929; VG Augsburg, Urteil v. 30.10.2008, Au 3 K 08.1127; VG Stade, Urteil v. 11.04.2007, 1 A 2692/06; alle juris).

25

Das Gericht ist aufgrund der umfangreichen, substantiierten, ausführlichen und in sich stimmigen Ausführungen des Klägers zu seinem tatsächlichen Wohnsitz davon überzeugt, dass der Scherpunkt seiner Lebensbeziehungen zum entscheidungserheblichen Zeitraum im Jahre 2009 tatsächlich in A-Stadt begründet war. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte er die diesbezüglichen Fragen des Gerichts widerspruchsfrei beantworten. Zudem belegen die vom Beklagten im Schriftsatz vom 16.03.2012 angegeben Umstände anlässlich der Befragung einzelner Bürger der Gemeinde allenfalls Hinweise darauf, dass sich der Kläger zum Zeitpunkt der Befragung - also im Jahre 2012 - nicht in A-Stadt aufhielt bzw. nicht gesehen wurde. Rückschlüsse auf den maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich 35 Tage vor der Wahl im Jahre 2009, sind daraus nicht zu ziehen. Die Umstände hinsichtlich der unterschiedlichen melderechtlichen Wohnsitze des Klägers und seiner Ehefrau konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung ebenso nachvollziehbar mit Verweis auf steuerliche Gründe erläutern. Zudem ist – wie ausgeführt – die melderechtliche Situation kommunalwahlrechtlich nicht allein entscheidend. Nicht zuletzt deshalb ist das Gericht von dem Vorliegen des tatsächlichen Lebensmittelpunktes des Klägers in A-Stadt und seiner gemeindlichen Verwurzelung überzeugt, weil er von 1994 bis 2008 langjähriger ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde war. Seine Angaben, dass er sich nach der Zusammenlegung der Gemeinden zu Großgemeinden und Bildung von Verbandsgemeinden weiterhin kommunalpolitisch auf dieser Ebene bewegen möchte, sind für das Gericht absolut nachvollziehbar und verständlich. In diesem Sinne hinterließ der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung und in dem zuvor durchgeführten Erörterungstermin den Eindruck eines politisch engagierten – ehrenamtlich tätigen – Bürgers.

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2,) Die Klage ist begründet. Der streitbefangenen Verbandsgemeinderatswahl lagen Wahlfehler zugrunde, die nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA zu ihrer Aufhebung und Feststellung im Sinne des Tenors führen. Die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände sind so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre.

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Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch unter anderem mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet und durchgeführt worden sei.

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§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA ist dahingehend auszulegen, dass es auch schon ausreichen kann, wenn nachhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine nach dem Wortlaut nahe liegende Beschränkung auf Fälle, in denen die Kausalität der Rechtsverletzung feststeht, würde eine erhebliche Zahl von Wahlfehlern, bei denen eine solche Feststellung von vornherein ausgeschlossen ist, unberücksichtigt lassen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Diese Auslegung entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 03.07.2008, 2 BvC 1/07 und 7/07; Beschl. v. 23.11.1993, 2 BvC 15/91; OVG Thüringen, Urt. v. 20.06.1996, 2 KO 229/96; OVG NRW, Urt. v. 22.02.1991, 15 A 1518/90; OVG Brandenburg, Urt. v. 18.10.2001, 1 A 200/00; OVG Niedersachsen, Urt. v. 26.03.2008, 10 LC 203/07; OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009, 4 L 364/08; OVG LSA, Urt. v. 20.11.1996, 2 L 375/95; alle juris; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl., § 49 S. 617 m. w. N.). Dabei bestimmt nicht zuletzt die „Art des Wahlfehlers“ - mithin die ihm zugrunde liegenden Tatbestände – seinen Einfluss auf das Wahlergebnis und damit die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen.

29

Gerade im Kommunalwahlbereich spielen die zu wählenden Personen eine stärkere und bedeutsame Rolle als bei Landes-, Bundes- und Europawahlen. Es geht bei der „Wesentlichkeitsfrage“ nicht nur darum, ob sich die Mehrheiten in der Kommunalvertretung verändern würden, sondern um die Teilhabe am Entscheidungsprozess in der jeweiligen gewählten Kommunalvertretung und damit um die konkrete Repräsentation des Wählerwillens. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Wahlfehler immer dann schon die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn sich bei seiner Vermeidung eine andere Zusammensetzung des Kommunalparlaments ergeben hätte (vgl. zur Wahl zum Kreistag: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

30

Bei einem Wahlfehler hinsichtlich der Wahlorganisation muss genügen, festzustellen, dass er sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Denn es ist gerade hier der Natur nach ausgeschlossen, zu ermitteln, wie sich der Wähler bei Eliminierung des Fehlers konkret nachweisbar verhalten hätte (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

31

So ist bei Zulassung eines Wahlvorschlages der mangels Unterschriften ungültig ist aber etwa die Hälfte der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielt eine wesentliche Auswirkung auf das Wahlergebnis offensichtlich (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

32

Der Entscheidung des OVG LSA vom 26.02.2009 (4 L 364/08; juris) lag ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zugrunde, welche die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge sichern sollte, nämlich Regelungen zur Öffentlichkeit der Wahl. Der Wahlleiter hatte zwischenzeitlich die Verfügungsgewalt über die Wahlunterlagen verloren. Ein derartiger Fehler hat offensichtliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

33

Das OVG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2001 (1 A 200/00; juris) entschieden, dass die fehlende zweite Unterschrift auf einem Wahlvorschlag ein schwerwiegender Wahlfehler sei, wonach bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre und die Wahl demnach für ungültig zu erklären ist. Das Gericht führt aus, dass die Bestimmungen der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht in erster Linie der Verwirklichung (subjektiver) materieller Rechtspositionen dienen, sondern vielmehr objektiven Belangen, nämlich einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Ablauf der Wahl. Die gesetzlichen Wahlbestimmungen über das hauptsächlich von Amts wegen zu betreibende Wahlverfahren – angefangen von der amtlichen Wahlvorbereitung bis hin zum amtlichen Wahlergebnis – verhielten sich in erster Linie zu (vermeidbaren) amtlichen Verstößen. Beachtlich sei von daher die amtliche Handlung – dort die Zulassung des fehlerhaften Vorschlages. Der für die Betrachtung der Folgenuntersuchung maßgebliche Wahlverstoß liege also nicht schon in der etwaigen mangelhaften (privaten) Wahlvorbereitung, sondern in der nachfolgenden (amtlichen) Zulassung des Wahlvorschlages (mit Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 30.07.1956, V OVG A 22/56; OVG NRW, Urt. v. 12.02.1964, III A 660/63; juris sowie Schmiemann, Wahlprüfung im Kommunalwahlrecht, 1972, S. 84 m. w. N.). Das OVG Brandenburg sieht auch einen schwerwiegenden auf die Sitzverteilung durchschlagenden Fehler. Denn aufgrund des fehlerhaft zugelassenen Wahlvorschlages haben die Bewerber Sitze in der Vertretung der Gemeinde erlangt.

34

Ein zur Wahlanfechtung führender Verstoß ist grundsätzlich dann als erheblich zu qualifizieren, wenn er sich auf solche Vorschriften bezieht, die entweder der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, wie sie in Art. 28 Abs. 1 GG festgeschrieben sind oder der Durchsetzung des vom Gesetzgeber bestimmten Wahlsystems sowie einem gesicherten und geordneten Ablauf des Wahlverfahrens – um den Wählerwillen objektiv zu erfassen – dienen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil v. 12.02.1980; 7 A 100/79, DÖV 1981, 146; juris nur Leitsatz). Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lag ein Fall zugrunde, wo in der Wahlbekanntmachung die nach dem dortigen Landesrecht notwendigen Hinweise auf Ort und Zeit der Leistung der Unterstützerunterschriften fehlten. Der Wahlleiter sei wegen des Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen der ihm obliegenden Sorge für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht nachgekommen. Sinn einer Wahlbekanntmachung sei es, die Wahlbeteiligten über die wesentlichen Wahlvorschriften zu unterrichten, insbesondere über die einzureichenden Wahlvorschläge, die dabei notwendigen Formerfordernisse und nicht zuletzt auch darüber, wann und wo die erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag geleistet werden können. Ohne Einhaltung dieser Erfordernisse in der Wahlbekanntmachung würde der Sinn und Zweck, insbesondere der Wirkungsgrad der öffentlichen Auslegung verloren gehen.

35

a.) Ein ähnlicher Wahlfehler vergleichbar des Wirkungsgrades der öffentlichen Bekanntmachung ist auch vorliegend aufgrund der fehlerhaften, weil doppelt so hohen Angabe der Anzahl der Unterstützerunterschriften in der öffentlichen Wahlbekanntmachung gegeben. Denn bedenkt man, dass die verfassungsrechtlich zulässige (hohe) Hürde des Quorums der Unterstützerunterschriften das passive Wahlrecht bereits einschränkt (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit nur: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2011, LVG 1/01; VerfGH Berlin, Beschl. v. 24.01.2003, 155/01; Thüringer OVG, Urt. v. 26.09.2000, 2 KO 289/00 mit zusammenfassendem Verweis auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung; VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; alle juris), muss jedenfalls gefordert werden, dass die Wahlorganisation diesbezüglich einwandfrei ist (ähnlich: VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; juris).

36

b.) Das Gericht hält diesen offensichtlichen und auch von dem Beklagten festgestellten Wahlfehler demnach für so schwerwiegend, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass nach der zugrunde zulegenden allgemeinen Lebenserfahrung nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt hat. Denn aufgrund der viel zu hohen Angabe der notwendigen Unterstützerunterschriften hat sich jedenfalls der Kläger von der Einzelkandidatur abhalten lassen. An der Ernsthaftigkeit seiner Kandidatur hat die Kammer keine Zweifel (vgl. zur Ernsthaftigkeit einer Kandidatur: Parallelverfahren 9 A 107/10). Ob dies auch für weitere potentielle Bewerber gilt, welche Anforderungen an eine ernstgemeinte Kandidatur zu stellen sind und ob sich der Kläger auf die Abhaltung anderer Bewerber überhaupt berufen darf, muss hier nicht geprüft werden. Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger, wenn er dann als Einzelbewerber kandidiert hätte und nicht auf die Liste von Bündnis 90/Die Grünen hätte ausweichen müssen, eine hinreichende Anzahl von Wahlerstimmen mit Auswirkung auf die Sitzverteilung erlangt hätte. Dem Kläger ist darin Recht zu geben, dass die Listenkandidatur ein anderes Wählerpotential eröffnet als die Einzelkandidatur. Der Kläger führt richtig und nachvollziehbar aus, dass gerade im Kommunalwahlbereich parteilose Einzelbewerber oder freie Wählervereinigungen ein großes, ja überwiegendes Wählerpotential bieten.

37

Entscheidend für die Beurteilung des Wahlfehlers ist zudem, dass aufgrund der viel zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften viele Unterstützer ihre Unterschrift an andere Bewerber vergeben haben. Da jeder Wähler nur eine Unterstützerunterschrift leisten darf, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass das Spektrum der potentiellen Unterstützer maßgeblich verkleinert wurde und nicht mehr zur Verfügung stand. So ist dem Gericht aufgrund des Parallelverfahrens W. T. (9 A 112/10) bekannt, dass dieser tatsächlich 53 Unterstützerunterschriften und damit 13 mehr als die geforderten 40 erlangte. Diese 13 unnötigen und damit für andere potentielle Bewerber „verbrannten“ Unterstützerunterschriften verdeutlichen anschaulich die Schwere des Wahlfehlers. Auch deswegen konnte der Kläger nach Bekanntwerden der fehlerhaften Anzahl der Unterstützerunterschriften und zudem wegen der durch Parteibeschluss vorgenommenen Listensetzung nicht ohne Weiteres von der Liste wieder Abstand nehmen und sich doch noch als Einzelkandidat aufstellen lassen.

38

Dabei verbietet sich die vom Beklagten vorgenommene fiktive Berechnung möglicher Sitzverteilungen von vornherein. Denn diese Berechnung legt gerade das aufgrund des Wahlfehlers festgestellte Wahlergebnis zugrunde und berücksichtigt nicht die mögliche Abhaltung weiterer Bewerber.

39

c.) Zudem liegt ein weiterer auf das Wahlergebnis durchschlagender schwerwiegender Wahlfehler nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA in der Wahlvorbereitung. Bei den zur Wahl zugelassenen Wählergruppen „Bürgerliste“ und „Initiative für Bürgernähe“ fehlt es an den nach § 21 Abs. 6 Nr. 3 KWG LSA erforderlichen Kennwörtern. Aus den Kennwörtern muss hervorgehen, dass es sich um eine Wählergruppe aus dem Wahlgebiet handelt. Beide Wählergruppen hätten so nicht zur Wahl zugelassen werden dürfen. § 35 Abs. 6 KWO LSA bestimmt, dass wenn der Wahlvorschlag einer Wählergruppe mit einem Kennwort eingereicht wurde, aus dem nicht hervorgeht, dass es sich um eine Wahlgruppe im Wahlgebiet handelt, der Wahlausschuss, das Kennwort durch einen Zusatz erweitert, der dieser Anforderung entspricht.

40

Die hinreichende Kennzeichnung einer Wählervereinigung mit einem Kennwort dient dazu, dem Wähler eine hinreichende Abgrenzungsmöglichkeit zu anderen Wählerlisten und damit einer eventuell unzulässigen Zweitliste zu ermöglichen (vgl. dazu nur: Bayr. VerfGH, Entscheidungen v. 19.08.1993, Vf. 4-VI-93, Vf. 26-VI-93; juris). Der Rechtsprechung sind überwiegend Fälle zu entnehmen, wo es um irreführende Kennwörter ging. Denn derartige Kennwörter können zu einer Verwechselungsgefahr führen und stellen damit eine sittenwidrige Wahlbeeinflussung dar (vgl. nur: Hess. VGH, Beschl. v. 24.02.2005, 22 TL 2583/04; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 19.03.1979, I 915/78; beide juris). Die Notwendigkeit eines Kennwortes bezweckt neben der bloß formalen Unterscheidbarkeit der Wahlvorschläge aber auch die Verhinderung bewusster oder ungewollter Verwechselungsursachen, weil auch sie eine Verfälschung des Wählerwillens herbeiführen können.

41

In der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt standen insgesamt acht verschiedene Wählergruppen in 2 Wahlbereichen zur Wahl. Bis auf die „Bürgerliste“ und die „Initiative für Bürgernähe“ sind alle Wahlgruppen bzw. Wählergemeinschaften mit Kennwörtern, wie Ortszusätzen bezeichnet.

42

Hingegen lassen die Wählergruppe „Bürgerliste“ (Wahlbereich I und II) sowie die „Initiative für Bürgernähe“ (Wahlbereich I) nicht erkennen, dass es sich „um eine Wählergruppe im Wahlgebiet“ handelt. Zudem ist die vom Kläger vorgetragene Verwechselungsgefahr – auch zu der damals bestehenden und aktiven Bürgerinitiative „Bürgerinitiative gegen Steinkohlekraftwerk-A.“ – nicht von der Hand zu weisen. Die dazu im Wahleinspruchsbescheid gegebene Begründung geht auf die Problematik „Wahlgebiet“ überhaupt nicht ein und behauptet nur, dass keine Verwechselungsgefahr bestünde, zudem die Wählergemeinschaft bis auf „Bürgerliste“ bereits seit mehr als Legislaturperiode bekannt seien. Letzteres wird auch unerheblich sein, da es sich um die erste Verbandsgemeinderatswahl handelt.

43

Auch der Hinweis darauf, dass dem Wähler bei der Wählergruppe „Initiative für Bürgernähe“ bewusst gewesen sei, dass es sich dabei um eine Wählergruppe handele, die besonders die Interessen der Gemeinde I. wahre, greift nicht und ist zudem spekulativ. Die Wählergruppe habe ihre wesentlichen Stimmen aus der Gemeinde I. erhalten, nämlich von den 716 entfielen 670 Stimmen aus der Gemeinde. Die 46 Stimmen aus anderen Gemeinden hätten keinen Einfluss auf das Wahlergebnis. Diese Argumentation beweist genau das Gegenteil. Denn 46 Wähler aus anderen Gemeinden haben sich bei der Abgabe ihrer Stimme wohl „verirrt“ und die „gebietsfremde“ Wählergruppierung gewählt. Gerade dies beweist die mögliche Verwechselungsgefahr, die durch die weitere Kennzeichnung – wie „I.“ – hätte vermieden werden können. Schließlich befinden sich bei den anderen Wahlgruppen die Ortszusätze.

44

Da die „Bürgerliste“ 3 Stimmen und die „Initiative für Bürgernähe“ 1 Stimme erhalten haben, ist offensichtlich, dass sich der Fehler auch auf die Sitzverteilung ausgewirkt hat. Denn bei ordnungsgemäßer Handhabung hätte der Wahlvorschlag vom Wahlvorstand zurückgewiesen werden müssen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass der gerichtliche Prüfungsumfang bei derartigen Mängeln der Wahlvorbereitung begrenzt (so Nds. OVG, Beschluss v. 16.02.1999, 10 L 4498/97; juris) und nur dann erheblich sei, wenn dieser Fehler bereits bei der Entscheidung des Wahlausschusses über die Zulassung des Wahlvorschlages zu dessen Zurückweisung führen müsste (Nds. OVG, Urteil v. 02.10.1991, 10 L 50/89; juris), ist dies gegeben. Denn die Zurückweisung bestimmt § 53 Abs. 6 KWO LSA (vgl zum fehlerhaften Wahlvorschlag auch: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; VG Dessau, Urteil v. 20.01.2000, 1 A 425/99.DE; beide juris).

45

d.) Schließlich führt der Kläger mit seiner Klage die bereits im Wahleinspruchsverfahren von ihm erhobenen Rügen fort, so dass keine Präklusion besteht (vgl. dazu nur: BVerwG, Beschluss v. 12.01.1989, 7 B 202.88; OVG LSA, Urteil v. 20.11.1996, 2 L 375/95; juris).

46

e.) Auf die anderen vom Kläger gerügten Wahlfehler kommt es nicht an, zumal sie aus den Gründen des Wahleinspruchsbescheides auch nicht vorliegen. Die Amtsträgerschaft des Kandidaten T. ist eine nach der Wahl zu prüfende Frage (§ 40 GO LSA) und berührt dessen passives Wahlrecht nicht (vgl. nur: BVerfG, Beschluss v. 04.04.1978, 2 BvR 1108/77; VGH Bad.-Württ., Urteil v. 09.11.1992, 1 S 65/92; beide juris).

47

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Juni 2012 - 9 A 111/10 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Gesetz über das Kreditwesen


Kreditwesengesetz - KWG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Kreditwesengesetz - KredWG | § 53 Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz im Ausland


(1) Unterhält ein Unternehmen mit Sitz im Ausland eine Zweigstelle im Inland, die Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, gilt die Zweigstelle als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut. Unterhält das Unternehmen mehre

Kreditwesengesetz - KredWG | § 15 Organkredite


(1) Kredite an1.Geschäftsleiter des Instituts,2.nicht zu den Geschäftsleitern gehörende Gesellschafter des Instituts, wenn dieses in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird, sowie

Kreditwesengesetz - KredWG | § 21 Begriff des Kredits für die §§ 15 bis 18


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Kreditwesengesetz - KredWG | § 52 Sonderaufsicht


Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Juni 2012 - 9 A 107/10

bei uns veröffentlicht am 06.06.2012

Tatbestand 1 Der Kläger führt als Einwohner der Gemeinde A-Stadt ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009. 2 Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die

Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 06. Juni 2012 - 9 A 112/10

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Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

(1) Kredite an

1.
Geschäftsleiter des Instituts,
2.
nicht zu den Geschäftsleitern gehörende Gesellschafter des Instituts, wenn dieses in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung betrieben wird, sowie an persönlich haftende Gesellschafter eines in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien betriebenen Instituts, die nicht Geschäftsleiter sind,
3.
Mitglieder eines zur Überwachung der Geschäftsführung bestellten Organs des Instituts, wenn die Überwachungsbefugnisse des Organs durch Gesetz geregelt sind (Aufsichtsorgan),
4.
Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte des Instituts,
5.
Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Eltern der in den Nummern 1 bis 4 genannten Personen,
6.
stille Gesellschafter des Instituts,
7.
Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein Geschäftsleiter, ein Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter des Instituts oder dessen Ehegatte, Lebenspartner, Kind oder Elternteil gesetzlicher Vertreter oder Mitglied des Aufsichtsorgans der juristischen Person oder Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft ist,
8.
Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein gesetzlicher Vertreter der juristischen Person, ein Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft, ein Prokurist oder ein zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigter Handlungsbevollmächtigter dieses Unternehmens dem Aufsichtsorgan des Instituts angehört,
9.
Unternehmen, an denen das Institut oder eine der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen eine bedeutende Beteiligung hält oder bei denen das Institut oder eine der in den Nummern 1 bis 5 genannten Personen persönlich haftender Gesellschafter ist,
10.
Unternehmen, die an dem Institut mit mehr als 10 vom Hundert des Kapitals des Instituts beteiligt sind,
11.
Unternehmen in der Rechtsform einer juristischen Person oder einer Personenhandelsgesellschaft, wenn ein gesetzlicher Vertreter der juristischen Person oder ein Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft an dem Institut mit mehr als 10 vom Hundert des Kapitals beteiligt ist und
12.
persönlich haftende Gesellschafter, Geschäftsführer, Mitglieder des Vorstands oder des Aufsichtsorgans, Prokuristen und an zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte eines von dem Institut abhängigen Unternehmens oder das Institut beherrschenden Unternehmens sowie ihre Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Eltern,
(Organkredite) dürfen nur auf Grund eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Geschäftsleiter des Instituts und außer im Rahmen von Mitarbeiterprogrammen nur zu marktmäßigen Bedingungen und nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Aufsichtsorgans, im Falle der Nummer 12 des Aufsichtsorgans des das Institut beherrschenden Unternehmens, gewährt werden; die vorstehenden Bestimmungen für Personenhandelsgesellschaften sind auf Partnerschaften entsprechend anzuwenden. Geschäftsleiter und Mitglieder des Aufsichtsorgans, bei denen ein Interessenkonflikt besteht, dürfen an der Fassung der Beschlüsse nach Satz 1 und deren Vorbereitung nicht mitwirken. Auf einen einstimmigen Beschluss sämtlicher Geschäftsleiter sowie die ausdrückliche Zustimmung des Aufsichtsorgans kann verzichtet werden, wenn für einen Kredit an ein Unternehmen nach Satz 1 Nr. 9 und 10 gemäß Artikel 113 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 ein KSA-Risikogewicht von null vom Hundert verwendet werden kann. Als Beteiligung im Sinne des Satzes 1 Nummer 10 und 11 gilt jeder Besitz von Aktien oder Geschäftsanteilen des Unternehmens, wenn er mindestens ein Viertel des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) erreicht, ohne daß es auf die Dauer des Besitzes ankommt. Der Gewährung eines Kredits steht die Gestattung von Entnahmen gleich, die über die einem Geschäftsleiter oder einem Mitglied des Aufsichtsorgans zustehenden Vergütungen hinausgehen, insbesondere auch die Gestattung der Entnahme von Vorschüssen auf Vergütungen. Organkredite, die nicht zu marktmäßigen Bedingungen gewährt werden, sind auf Anordnung der Bundesanstalt mit hartem Kernkapital nach Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung zu unterlegen.

(2) Die Bundesanstalt kann für die Gewährung von Organkrediten im Einzelfall Obergrenzen anordnen; dieses Recht besteht auch, nachdem der Organkredit gewährt worden ist. Organkredite, die die von der Bundesanstalt angeordneten Obergrenzen überschreiten, sind auf weitere Anordnung der Bundesanstalt auf die angeordneten Obergrenzen zurückzuführen; in der Zwischenzeit sind sie mit hartem Kernkapital nach Artikel 26 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung zu unterlegen.

(3) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Kredite an Prokuristen und zum gesamten Geschäftsbetrieb ermächtigte Handlungsbevollmächtigte sowie an ihre Ehegatten, Lebenspartner, Kinder und Eltern, wenn der Kredit ein Jahresgehalt des Prokuristen oder des Handlungsbevollmächtigten nicht übersteigt,
2.
für Kredite an in Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 genannte Personen oder Unternehmen, wenn der Kredit weniger als 1 vom Hundert der nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anrechenbaren Eigenmittel des Instituts oder weniger als 50 000 Euro beträgt, und
3.
für Kredite, die um nicht mehr als 10 vom Hundert des nach Absatz 1 Satz 1 beschlossenen Betrages erhöht werden.

(4) Der Beschluß der Geschäftsleiter und der Beschluß über die Zustimmung sind vor der Gewährung des Kredits zu fassen. Die Beschlüsse müssen Bestimmungen über die Verzinsung und Rückzahlung des Kredits enthalten. Sie sind aktenkundig zu machen. Ist die Gewährung eines Kredits nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 eilbedürftig, genügt es, daß sämtliche Geschäftsleiter sowie das Aufsichtsorgan der Kreditgewährung unverzüglich nachträglich zustimmen. Ist der Beschluß der Geschäftsleiter nicht innerhalb von zwei Monaten oder der Beschluß des Aufsichtsorgans nicht innerhalb von vier Monaten, jeweils vom Tage der Kreditgewährung an gerechnet, nachgeholt, hat das Institut dies der Bundesanstalt unverzüglich anzuzeigen. Der Beschluß der Geschäftsleiter und der Beschluß über die Zustimmung zu Krediten an die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 12 genannten Personen können für bestimmte Kreditgeschäfte und Arten von Kreditgeschäften im voraus, jedoch nicht für länger als ein Jahr gefaßt werden.

(5) Wird entgegen Absatz 1 oder 4 ein Kredit an eine in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 und 12 genannte Person gewährt, so ist dieser Kredit ohne Rücksicht auf entgegenstehende Vereinbarungen sofort zurückzuzahlen, wenn nicht sämtliche Geschäftsleiter sowie das Aufsichtsorgan der Kreditgewährung unverzüglich nachträglich zustimmen.

(6) Für Geschäfte des Instituts, die keine Kredite im Sinne von § 21 Absatz 1 sind, mit Personen oder Unternehmen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 12 und für Ausbuchungen von Forderungen an diese Personen oder Unternehmen gelten Absatz 1 Satz 1 bis 4, die Absätze 3 und 4, § 19 Absatz 3 sowie § 21 Absatz 2 Nummer 1 entsprechend.

(1) Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 sind

1.
Gelddarlehen aller Art, entgeltlich erworbene Geldforderungen, Akzeptkredite sowie Forderungen aus Namensschuldverschreibungen mit Ausnahme der auf den Namen lautenden Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen;
2.
die Diskontierung von Wechseln und Schecks;
3.
Geldforderungen aus sonstigen Handelsgeschäften eines Instituts, ausgenommen die Forderungen aus Warengeschäften der Kreditgenossenschaften, sofern diese nicht über die handelsübliche Frist hinaus gestundet werden;
4.
Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen eines Instituts sowie die Haftung eines Instituts aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten;
5.
die Verpflichtung, für die Erfüllung entgeltlich übertragener Geldforderungen einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben;
6.
der Besitz eines Instituts an Aktien oder Geschäftsanteilen eines anderen Unternehmens, der mindestens ein Viertel des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Beteiligungsunternehmens erreicht, ohne daß es auf die Dauer des Besitzes ankommt;
7.
Gegenstände, über die ein Institut als Leasinggeber Leasingverträge abgeschlossen hat, abzüglich bis zum Buchwert des ihm zugehörigen Leasinggegenstandes solcher Posten, die wegen der Erfüllung oder der Veräußerung von Forderungen aus diesen Leasingverträgen gebildet werden.
Zugunsten des Instituts bestehende Sicherheiten sowie Guthaben des Kreditnehmers bei dem Institut bleiben außer Betracht.

(2) Als Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 gelten nicht

1.
Kredite an den Bund, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes oder eines Landes, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband;
2.
ungesicherte Forderungen an andere Institute aus bei diesen unterhaltenen, nur der Geldanlage dienenden Guthaben, die spätestens in drei Monaten fällig sind; Forderungen eingetragener Genossenschaften an ihre Zentralbanken, von Sparkassen an ihre Girozentralen sowie von Zentralbanken und Girozentralen an ihre Zentralkreditinstitute können später fällig gestellt sein;
3.
von anderen Instituten angekaufte Wechsel, die von einem Institut angenommen, indossiert oder als eigene Wechsel ausgestellt sind, eine Laufzeit von höchstens drei Monaten haben und am Geldmarkt üblicherweise gehandelt werden;
4.
abgeschriebene Kredite.
(3) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 und § 18 gelten nicht für
1.
Kredite, soweit sie den Erfordernissen des § 14 und des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes entsprechen (Realkredite);
2.
Kredite mit Laufzeiten von höchstens 15 Jahren gegen Bestellung von Schiffshypotheken, soweit sie den Erfordernissen des § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3, des § 23 Abs. 1 und 4 sowie des § 24 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 des Pfandbriefgesetzes entsprechen;
3.
Kredite an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in Absatz 2 Nr. 1 genannt ist, die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft oder die Europäische Investitionsbank;
4.
Kredite, soweit sie vom Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband verbürgt oder in anderer Weise gesichert sind (öffentlich verbürgte Kredite).

(4) Als Kredite im Sinne des § 18 gelten nicht

1.
Kredite auf Grund des entgeltlichen Erwerbs einer Forderung aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften, wenn
a)
Forderungen aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften gegen den jeweiligen Schuldner laufend erworben werden,
b)
der Veräußerer der Forderung nicht für deren Erfüllung einzustehen hat und
c)
die Forderung innerhalb von drei Monaten, vom Tage des Ankaufs an gerechnet, fällig ist;
2.
Kredite, soweit sie gedeckt sind durch Sicherheiten in Form von
a)
Bareinlagen bei dem kreditgewährenden Institut oder bei einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, oder Barmitteln, die das Institut im Rahmen der Emission einer Credit Linked Note erhält, oder
b)
Einlagenzertifikaten oder ähnlichen Papieren, die von dem kreditgewährenden Institut oder einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, ausgegeben wurden und bei diesen hinterlegt sind und die näheren Bestimmungen der Artikel 192 bis 241 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Kreditrisikominderung erfüllt werden.

Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

(1) Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 sind

1.
Gelddarlehen aller Art, entgeltlich erworbene Geldforderungen, Akzeptkredite sowie Forderungen aus Namensschuldverschreibungen mit Ausnahme der auf den Namen lautenden Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen;
2.
die Diskontierung von Wechseln und Schecks;
3.
Geldforderungen aus sonstigen Handelsgeschäften eines Instituts, ausgenommen die Forderungen aus Warengeschäften der Kreditgenossenschaften, sofern diese nicht über die handelsübliche Frist hinaus gestundet werden;
4.
Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen eines Instituts sowie die Haftung eines Instituts aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten;
5.
die Verpflichtung, für die Erfüllung entgeltlich übertragener Geldforderungen einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben;
6.
der Besitz eines Instituts an Aktien oder Geschäftsanteilen eines anderen Unternehmens, der mindestens ein Viertel des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Beteiligungsunternehmens erreicht, ohne daß es auf die Dauer des Besitzes ankommt;
7.
Gegenstände, über die ein Institut als Leasinggeber Leasingverträge abgeschlossen hat, abzüglich bis zum Buchwert des ihm zugehörigen Leasinggegenstandes solcher Posten, die wegen der Erfüllung oder der Veräußerung von Forderungen aus diesen Leasingverträgen gebildet werden.
Zugunsten des Instituts bestehende Sicherheiten sowie Guthaben des Kreditnehmers bei dem Institut bleiben außer Betracht.

(2) Als Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 gelten nicht

1.
Kredite an den Bund, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes oder eines Landes, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband;
2.
ungesicherte Forderungen an andere Institute aus bei diesen unterhaltenen, nur der Geldanlage dienenden Guthaben, die spätestens in drei Monaten fällig sind; Forderungen eingetragener Genossenschaften an ihre Zentralbanken, von Sparkassen an ihre Girozentralen sowie von Zentralbanken und Girozentralen an ihre Zentralkreditinstitute können später fällig gestellt sein;
3.
von anderen Instituten angekaufte Wechsel, die von einem Institut angenommen, indossiert oder als eigene Wechsel ausgestellt sind, eine Laufzeit von höchstens drei Monaten haben und am Geldmarkt üblicherweise gehandelt werden;
4.
abgeschriebene Kredite.
(3) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 und § 18 gelten nicht für
1.
Kredite, soweit sie den Erfordernissen des § 14 und des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes entsprechen (Realkredite);
2.
Kredite mit Laufzeiten von höchstens 15 Jahren gegen Bestellung von Schiffshypotheken, soweit sie den Erfordernissen des § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3, des § 23 Abs. 1 und 4 sowie des § 24 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 des Pfandbriefgesetzes entsprechen;
3.
Kredite an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in Absatz 2 Nr. 1 genannt ist, die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft oder die Europäische Investitionsbank;
4.
Kredite, soweit sie vom Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband verbürgt oder in anderer Weise gesichert sind (öffentlich verbürgte Kredite).

(4) Als Kredite im Sinne des § 18 gelten nicht

1.
Kredite auf Grund des entgeltlichen Erwerbs einer Forderung aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften, wenn
a)
Forderungen aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften gegen den jeweiligen Schuldner laufend erworben werden,
b)
der Veräußerer der Forderung nicht für deren Erfüllung einzustehen hat und
c)
die Forderung innerhalb von drei Monaten, vom Tage des Ankaufs an gerechnet, fällig ist;
2.
Kredite, soweit sie gedeckt sind durch Sicherheiten in Form von
a)
Bareinlagen bei dem kreditgewährenden Institut oder bei einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, oder Barmitteln, die das Institut im Rahmen der Emission einer Credit Linked Note erhält, oder
b)
Einlagenzertifikaten oder ähnlichen Papieren, die von dem kreditgewährenden Institut oder einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, ausgegeben wurden und bei diesen hinterlegt sind und die näheren Bestimmungen der Artikel 192 bis 241 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Kreditrisikominderung erfüllt werden.

Tatbestand

1

Der Kläger führt als Einwohner der Gemeinde A-Stadt ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009.

2

Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur zur Verbandsgemeinderatswahl nicht ordnungsgemäß, weil fehlerhaft zu hoch angegeben, bekannt gemacht worden. Es wurden 83 Unterstützungsunterschriften, anstatt der notwendigen 40 für den Wahlbereich I und 42 für den Wahlbereich II bekannt gegeben. Der Wahlbereich I umfasste die heutigen Gemeinden A-Stadt, B-Stadt, I., R. und H. W.; der Wahlbereich II die heutigen Gemeinden B., E., H., H.-K., L. und Stadt A.. Der Kläger wohnt im Wahlbereich II. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2009 wie folgt festgestellt:

3

Partei

Stimmen

Stimmenanteil

Sitzanteil

Sitze 

CDU     

2815   

23,25 %

4,65   

5       

DIE LINKE

939     

7,76 %

1,55   

2       

SPD     

573     

4,73 %

0.95   

1       

Bürgerliste

1581   

13,06 %

2,61   

3       

EB - A.

194     

1,60 %

0,32   

0       

Initiative für Bürgernähe

716     

5,91 %

1,18   

1       

Unabhängige Wählergemeinschaft Goldb.

958     

7,91 %

1,58   

2       

Unabhängige Wählergemeinschaft Werb.

892     

7,37 %

1,47   

1       

Wählergemeinschaft Rochau

1055   

8,72 %

1,74   

2       

Bündnis 90/ Die Grünen

192     

1,59 %

0,32   

0       

Bürgerinitiative Ameburg-Für unsere

466     

3,85 %

0,77   

1       

EB – Gärtner

35    

0,29 %

0,06   

0       

Unabhängige Wählergemeinschaft Hinde

212     

1,75 %

0,35   

0       

Wählergemeinschaft Eichstedt

1477   

12,20 %

2,44   

2       

4

Der Kläger bemängelte mit Faxschreiben vom 02.10.2009 an den Gemeindewahlleiter die zu hohe Zahl der Unterstützerunterschriften und führte aus:

5

„…wie ich glaube erfahren zu haben, ist Ihre öffentliche Bekanntmachung zur Verbandsgemeinderatswahl grob fehlerhaft.

6

Sollten tatsächlich weniger Unterstützungsunterschriften benötigt werden, als angegeben, so bitte ich Sie darum, mir die genaue Anzahl mitzuteilen.

7

Die hohe Anzahl hat mich bisher von einer möglichen Kandidatur abgehalten.

8

Leider ist es mir in dem nunmehr verbleibenden Zeitraum aber unmöglich, die dann möglicherweise geforderten Unterschriften beizubringen.

9

Ich bitte Sie daher um eine auskömmliche Fristverlängerung entsprechend der Vorgaben zum Wahlverfahren.“

10

Mit Antwortschreiben vom gleichen Tage wurde der Kläger auf die tatsächliche Anzahl der Unterstützerunterschriften hingewiesen. Eine Fristverlängerung für die Bewerbungen sei nicht möglich. In der Anlage wurden die notwendigen Unterlagen für die Kandidatur beigefügt. Der Kläger bewarb sich bis zum Ende der Einreichungsfrist am 05.10.2009 nicht.

11

Den Wahleinspruch vom 13.12.2009 begründete der damit, dass er wegen der fehlerhaften und zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften von der Kandidatur abgehalten worden sei. Die fehlerhafte Angabe der Unterstützerunterschriften sei öffentlich nicht korrigiert worden. Erst von seinem Vater habe er kurz vor seinem Schreiben vom 02.10.2009 die tatsächlich notwendige Anzahl der Unterstützerunterschriften erfahren. Wegen des kurzen noch verbliebenen Zeitraums von Freitag, den 02.10.2009 bis zum Fristende, Montag, den 05.10.2009, 18.00 Uhr, habe er nicht genügend Zeit für die Beibringung der notwendigen Unterstützerunterschriften gehabt.

12

Mit Bescheid vom 26.02.2010 wurde der Wahleinspruch zurückgewiesen. Es liege ein Verstoß gegen § 21 Abs. 9 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) vor. Denn die Anzahl der Unterstützerunterschriften sei fehlerhaft bekannt gegeben worden. Dieser Verstoß sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Dies wird mit der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Ein Einfluss auf die Sitzverteilung sei ausgeschlossen. Um einen Sitz im Verbandsgemeinderat zu erhalten, seien mindestens 466 Stimmen erforderlich gewesen. Ein Einzelbewerber hätte also mindestens 467 Stimmen erhalten müssen, damit sich die Sitzverteilung im Rat verändert hätte. Die Mehrheitsverhältnisse bei der Verbandsgemeinderatswahl seien recht eindeutig. Kein Einzelbewerber habe auch nur annähernd diese Stimmenzahl erreicht.

13

Eine fiktive Berechnung der Sitzverteilung unter Einbeziehung des Einspruchsführers führe zu keinem anderen Wahlergebnis. Bei der Verbandsgemeinderatswahl habe es 83 Bewerber gegeben. Zur Wahl seien 12.105 gültige Stimmen abgegeben worden. Dies entspreche einem durchschnittlichen Stimmenanteil von 145,8 Stimmen/Bewerber. Sofern die beiden Beschwerdeführer A. als Bewerber angetreten wären, hätte sich die Anzahl der Bewerber auf 85 erhöht. Der durchschnittliche Stimmenanteil würde dann bei 142,4 Stimmen/Bewerber liegen. Wenn nunmehr diese 142 Stimmen ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gesetzt werden würden, umfassten diese 142 Stimmen 1,17 % der gültigen Stimmen. Um eine fiktive Stimmverteilung/Sitzverteilung vornehmen zu können, würden die Stimmen mit zwei multipliziert und ergeben einen prozentualen Anteil von 2,34 % der Gesamtstimmen. Von jedem Wahlvorschlag würden 2,34 % der Stimmen errechnet und von der erhaltenen Stimme abgezogen. Unter Berücksichtigung dieses Rechenergebnisses würden sich keine Änderungen in der Sitzverteilung ergeben. Auf die dementsprechende Berechnung (Bl. 32 GA) wird verwiesen.

14

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und beantragt,

15

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 26.02.2010 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Verbandsgemeinderatswahl A.-B-Stadt am 29.11.2009 begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre und die Wahl für ungültig zu erklären.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen

18

und verteidigt aus den Gründen des Bescheides das Wahlergebnis.

19

Der Kläger habe sich bereits nicht ernsthaft um eine Kandidatur bemüht. Dies beweise der Vergleich zu seinem Vater Wolfgang A., der Kläger im Verfahren 9 A 112/10. Während dieser sich von der fehlerhaften Bekanntmachung nicht abhalten gelassen und unter Aushändigung der Wahlunterlagen die Unterstützerunterschriften zu sammeln begonnen habe, habe der Kläger dies nicht getan und auch sonst nichts unternommen, aus dem seine ernsthafte Kandidatur abzuleiten sei.

20

Das Gericht hat vor dem zuständigen Richter am 02.02.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird verwiesen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die der anderen Verfahren (9 A 111/10 und 9 A 112/10) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

22

Die Wahlprüfungsklage hat keinen Erfolg.

23

1.) Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt – unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist – aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung und der an die Ablehnung des Einspruchs anknüpfenden Eröffnung der Möglichkeit, unmittelbar Klage zu erheben (§ 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit den genannten Vorschriften von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung für die Wahlprüfungsklage – die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber eine individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll – bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, wirksam Gebrauch gemacht (ausführlich: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005, 9 A 360/04 MD; bestätigt durch OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, 4 L 138/05; beide juris).

24

2,) Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der streitbefangenen Verbandsgemeinderatswahl Wahlfehler zugrunde lagen, die im Falle des Klägers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KWG LSA das Wahlergebnis nicht oder nur unwesentlich beeinflusst haben. Ein Fall des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA liegt nicht vor.

25

Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch unter anderem mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet und durchgeführt worden sei.

26

a.) Zur Beachtlichkeit von Wahlfehler hat das Gericht in den Urteilen vom 06.06.2012 in den Parallelverfahren 9 A 111/10 und 9 A 112/10 ausgeführt:

27

§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA ist dahingehend auszulegen, dass es auch schon ausreichen kann, wenn nachhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine nach dem Wortlaut nahe liegende Beschränkung auf Fälle, in denen die Kausalität der Rechtsverletzung feststeht, würde eine erhebliche Zahl von Wahlfehlern, bei denen eine solche Feststellung von vornherein ausgeschlossen ist, unberücksichtigt lassen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Diese Auslegung entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 03.07.2008, 2 BvC 1/07 und 7/07; Beschl. v. 23.11.1993, 2 BvC 15/91; OVG Thüringen, Urt. v. 20.06.1996, 2 KO 229/96; OVG NRW, Urt. v. 22.02.1991, 15 A 1518/90; OVG Brandenburg, Urt. v. 18.10.2001, 1 A 200/00; OVG Niedersachsen, Urt. v. 26.03.2008, 10 LC 203/07; OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009, 4 L 364/08; OVG LSA, Urt. v. 20.11.1996, 2 L 375/95; alle juris; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl., § 49 S. 617 m. w. N.). Dabei bestimmt nicht zuletzt die „Art des Wahlfehlers“ - mithin die ihm zugrunde liegenden Tatbestände – seinen Einfluss auf das Wahlergebnis und damit die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen.

28

Gerade im Kommunalwahlbereich spielen die zu wählenden Personen eine stärkere und bedeutsame Rolle als bei Landes-, Bundes- und Europawahlen. Es geht bei der „Wesentlichkeitsfrage“ nicht nur darum, ob sich die Mehrheiten in der Kommunalvertretung verändern würden, sondern um die Teilhabe am Entscheidungsprozess in der jeweiligen gewählten Kommunalvertretung und damit um die konkrete Repräsentation des Wählerwillens. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Wahlfehler immer dann schon die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn sich bei seiner Vermeidung eine andere Zusammensetzung des Kommunalparlaments ergeben hätte (vgl. zur Wahl zum Kreistag: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

29

Bei einem Wahlfehler hinsichtlich der Wahlorganisation muss genügen, festzustellen, dass er sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Denn es ist gerade hier der Natur nach ausgeschlossen, zu ermitteln, wie sich der Wähler bei Eliminierung des Fehlers konkret nachweisbar verhalten hätte (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

30

So ist bei Zulassung eines Wahlvorschlages der mangels Unterschriften ungültig ist aber etwa die Hälfte der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielt eine wesentliche Auswirkung auf das Wahlergebnis offensichtlich (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

31

Der Entscheidung des OVG LSA vom 26.02.2009 (4 L 364/08; juris) lag ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zugrunde, welche die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge sichern sollte, nämlich Regelungen zur Öffentlichkeit der Wahl. Der Wahlleiter hatte zwischenzeitlich die Verfügungsgewalt über die Wahlunterlagen verloren. Ein derartiger Fehler hat offensichtliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

32

Das OVG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2001 (1 A 200/00; juris) entschieden, dass die fehlende zweite Unterschrift auf einem Wahlvorschlag ein schwerwiegender Wahlfehler sei, wonach bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre und die Wahl demnach für ungültig zu erklären ist. Das Gericht führt aus, dass die Bestimmungen der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht in erster Linie der Verwirklichung (subjektiver) materieller Rechtspositionen dienen, sondern vielmehr objektiven Belangen, nämlich einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Ablauf der Wahl. Die gesetzlichen Wahlbestimmungen über das hauptsächlich von Amts wegen zu betreibende Wahlverfahren – angefangen von der amtlichen Wahlvorbereitung bis hin zum amtlichen Wahlergebnis – verhielten sich in erster Linie zu (vermeidbaren) amtlichen Verstößen. Beachtlich sei von daher die amtliche Handlung – dort die Zulassung des fehlerhaften Vorschlages. Der für die Betrachtung der Folgenuntersuchung maßgebliche Wahlverstoß liege also nicht schon in der etwaigen mangelhaften (privaten) Wahlvorbereitung, sondern in der nachfolgenden (amtlichen) Zulassung des Wahlvorschlages (mit Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 30.07.1956, V OVG A 22/56; OVG NRW, Urt. v. 12.02.1964, III A 660/63; juris sowie Schmiemann, Wahlprüfung im Kommunalwahlrecht, 1972, S. 84 m. w. N.). Das OVG Brandenburg sieht auch einen schwerwiegenden auf die Sitzverteilung durchschlagenden Fehler. Denn aufgrund des fehlerhaft zugelassenen Wahlvorschlages haben die Bewerber Sitze in der Vertretung der Gemeinde erlangt.

33

Ein zur Wahlanfechtung führender Verstoß ist grundsätzlich dann als erheblich zu qualifizieren, wenn er sich auf solche Vorschriften bezieht, die entweder der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, wie sie in Art. 28 Abs. 1 GG festgeschrieben sind oder der Durchsetzung des vom Gesetzgeber bestimmten Wahlsystems sowie einem gesicherten und geordneten Ablauf des Wahlverfahrens – um den Wählerwillen objektiv zu erfassen – dienen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil v. 12.02.1980; 7 A 100/79, DÖV 1981, 146; juris nur Leitsatz). Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lag ein Fall zugrunde, wo in der Wahlbekanntmachung die nach dem dortigen Landesrecht notwendigen Hinweise auf Ort und Zeit der Leistung der Unterstützerunterschriften fehlten. Der Wahlleiter sei wegen des Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen der ihm obliegenden Sorge für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht nachgekommen. Sinn einer Wahlbekanntmachung sei es, die Wahlbeteiligten über die wesentlichen Wahlvorschriften zu unterrichten, insbesondere über die einzureichenden Wahlvorschläge, die dabei notwendigen Formerfordernisse und nicht zuletzt auch darüber, wann und wo die erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag geleistet werden können. Ohne Einhaltung dieser Erfordernisse in der Wahlbekanntmachung würde der Sinn und Zweck, insbesondere der Wirkungsgrad der öffentlichen Auslegung verloren gehen.

34

a.) Ein ähnlicher Wahlfehler vergleichbar des Wirkungsgrades der öffentlichen Bekanntmachung ist auch vorliegend aufgrund der fehlerhaften, weil doppelt so hohen Angabe der Anzahl der Unterstützerunterschriften in der öffentlichen Wahlbekanntmachung gegeben. Denn bedenkt man, dass die verfassungsrechtlich zulässige (hohe) Hürde des Quorums der Unterstützerunterschriften das passive Wahlrecht bereits einschränkt (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit nur: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2011, LVG 1/01; VerfGH Berlin, Beschl. v. 24.01.2003, 155/01; Thüringer OVG, Urt. v. 26.09.2000, 2 KO 289/00 mit zusammenfassendem Verweis auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung; VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; alle juris), muss jedenfalls gefordert werden, dass die Wahlorganisation diesbezüglich einwandfrei ist (ähnlich: VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; juris).“

35

b.) Gleichwohl ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger durch diesen offensichtlichen und auch von dem Beklagten festgestellten Wahlfehler nicht entscheidend von seiner Bewerbung zur Wahl hat abhalten lassen, sodass sein passives Wahlrecht nicht verletzt ist. In diesem Fall streitet das passive Wahlrecht des Klägers mit den Anforderungen an die Sicherheit und Gültigkeit des festgestellten Wahlergebnisses. Wie die in § 52 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KWG LSA gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten belegen, führen in einem Wahlprüfungsverfahren festgestellte Wahlfehler nicht in jedem Fall zur Aufhebung der Wahl.

36

Bei einem Wahlfehler der vorliegenden Art, der maßgeblich in der Wahlvorbereitung begründet liegt und Grundlage für die rein subjektive Ausübung des passiven Wahlrechts ist, muss zur Überzeugung des Gerichts hinreichend feststehen, dass sich der Wahlbewerber gerade durch diesen Organisationakt - hier die fehlerhafte Bekanntmachung, weil zu hohe Anzahl der Unterstützerunterschriften – von seiner Bewerbung hat abhalten lassen. Das Wahlprüfungsrecht geht auch insoweit von der Notwendigkeit einer Ernsthaftigkeit der Kandidatur aus. Gerade diese Ernsthaftigkeit der Kandidatur ist der Grund für die verfassungsrechtlich als unbedenklich angesehene Beibringung notwendiger Unterstützerunterschriften als Vorschaltung für die Kandidatur. Der Wähler soll sich auf „wirklich ernsthafte“ Bewerber konzentrieren können (BVerfG, Beschl. v. 13.06.1956, 1 BvR 315; BVerfGE 5, 77; ausführlich: LVerfG LSA, Urteil v. 27.03.2001, LVG 1/01; juris).

37

Eine ernsthafte Kandidatur wird zur Überzeugung des Gerichts etwa dadurch ausgedrückt, dass sich der Bewerber frühzeitig über die notwendigen Modalitäten seiner Bewerbung informiert und dann die jeweiligen Schritte einleitet. Dazu gehört zunächst, sich die notwendigen Wahlunterlagen und Formulare bei dem Beklagten zu besorgen, um dann eine Art frühzeitigen „Wahlkampf“ zu führen, um überhaupt die Chance zu haben, eine bestimmte Anzahl von Wählern auf sich zu vereinigen. Dies auch deswegen, weil jeder Wähler nur einen Bewerber mit seiner Unterschrift unterstützen darf. Dies bedingt gerade in kleineren Gemeinden, dass die rein tatsächliche Anzahl möglicher Unterstützer bereits beschränkt ist und diese frühzeitig für sich gewonnen werden müssen, weil sie anderenfalls durch andere Bewerber „verbraucht“ sind. An diesem Vorgehen hat es der Kläger fehlen lassen. Zur Überzeugung des Gerichts ist diese Untätigkeit nicht entscheidend durch die zu hohe Angabe der Unterstützerunterschriften bedingt gewesen. Anders als vielleicht in größeren Kommunen hängt die Unterstützung und damit der Rückhalt in der Bevölkerung in kleineren Gemeinden auch entscheidend von dem Bekanntheitsgrad des Bewerbers ab. Kann man nach der allgemeinen Lebenserfahrung daher darauf schließen, dass ortsbekannte Honoratioren aufgrund ihres Bekanntheitsgrades leichter die notwendigen Unterstützer finden, ist dies bei dem Kläger auch aufgrund seines Lebensalters und seiner politischen Unerfahrenheit nicht mit der notwendigen Sicherheit anzunehmen. Gerade er hätte somit, um überhaupt die Chance der Beibringung der Unterstützerunterschriften zu haben, ungeachtet des Wahlfehlers frühzeitig mit der Sammlung beginnen müssen. Denn unter den genannten Umständen stellt auch die bereinigte und richtige Anzahl von 40 Unterstützerunterschriften eine hohe Hürde dar, die ohne ein gewisses „Wahlkampfmanagement“ nicht zu erreichen sein wird. Dies beweist zur Überzeugung des Gerichts das Vorgehen des Vaters, des Klägers in dem Verfahren 9 A 112/10. Denn dieser hat sich von der fehlerhaften Bekanntmachung der Anzahl der Unterstützer nicht abhalten lassen und tatsächlich 53 Unterschriften, also 13 mehr als erforderlich abgegeben. Ein derartiges striktes und konsequentes Vorgehen belegt die Ernsthaftigkeit der Kandidatur. Im Gegensatz dazu, gelang es dem Kläger nicht, das Gericht von der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung zu überzeugen. Er war weder in der Lage kommunalpolitische Beweggründe für seine Kandidatur vorzubringen, noch auf ein diesbezügliches bisheriges Engagement zu verweisen. Nichts anders ergibt sich im Übrigen auch aus seinem Wahleinspruch. Er beschränkt sich auf den pauschalen Vortrag, dass er durch die hohe Anzahl von der Kandidatur abgehalten worden sei und im verbleibenden Zeitraum die Unterschriften unmöglich mehr beibringen konnte. Dies genügt nach dem Vorstehenden eben nicht. Es fehlt der substantiierte Vortrag zu seiner ernsthaften Kandidatur. Zu einem solchen Vortrag gehört etwa, wie er sich überhaupt die Möglichkeit der Beschaffung der Unterschriften vorgestellt und welchen Bekanntheitsgrad er hat, welche potentiellen Unterstützer er gehabt hätte und welche „Wahlkampfvorbereitungen“ etc. er vorzuweisen hatte.

38

Zur Überzeugung des Gerichts hat sich der Wahlfehler daher im Fall des Klägers nach der im Wahlprüfungsrecht zugrunde zulegenden allgemeinen Lebenserfahrung nicht ausgewirkt.

39

c.) Richtig hat der Beklagte die Verlängerung der Einreichungsfrist für die Unterschriften abgelehnt. § 68 a KWG LSA setzt eine absolute Ausschlussfrist. Weitere Wahlfehler trägt der Kläger in seinem Wahleinspruch nicht vor und wäre damit im gerichtlichen Verfahren auch materiell-rechtlich präkludiert.

40

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


Tatbestand

1

Der Kläger führt als Einwohner der Gemeinde A-Stadt ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009.

2

Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur zur Verbandsgemeinderatswahl nicht ordnungsgemäß, weil fehlerhaft zu hoch angegeben, bekannt gemacht worden. Es wurden 83 Unterstützungsunterschriften, anstatt der notwendigen 40 für den Wahlbereich I und 42 für den Wahlbereich II bekannt gegeben. Der Wahlbereich I umfasste die heutigen Gemeinden A-Stadt, B-Stadt, I., R. und H. W.; der Wahlbereich II die heutigen Gemeinden B., E., H., H.-K., L. und Stadt A.. Der Kläger wohnt im Wahlbereich II. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2009 wie folgt festgestellt:

3

Partei

Stimmen

Stimmenanteil

Sitzanteil

Sitze 

CDU     

2815   

23,25 %

4,65   

5       

DIE LINKE

939     

7,76 %

1,55   

2       

SPD     

573     

4,73 %

0.95   

1       

Bürgerliste

1581   

13,06 %

2,61   

3       

EB - A.

194     

1,60 %

0,32   

0       

Initiative für Bürgernähe

716     

5,91 %

1,18   

1       

Unabhängige Wählergemeinschaft Goldb.

958     

7,91 %

1,58   

2       

Unabhängige Wählergemeinschaft Werb.

892     

7,37 %

1,47   

1       

Wählergemeinschaft Rochau

1055   

8,72 %

1,74   

2       

Bündnis 90/ Die Grünen

192     

1,59 %

0,32   

0       

Bürgerinitiative Ameburg-Für unsere

466     

3,85 %

0,77   

1       

EB – Gärtner

35    

0,29 %

0,06   

0       

Unabhängige Wählergemeinschaft Hinde

212     

1,75 %

0,35   

0       

Wählergemeinschaft Eichstedt

1477   

12,20 %

2,44   

2       

4

In seinem Wahleinspruch vom 10.12.2009 bemängelt der Kläger die zu hohe Anzahl der Unterstützerunterschriften. Es sei anzunehmen, dass mögliche Bewerber aufgrund dieses Aufwandes von einer Kandidatur Abstand genommen hätten. Dieser Wahlfehler der unsorgfältigen Wahlvorbereitung sei auch erheblich und schwerwiegend.

5

Der Wahleinspruch wurde mit Bescheid vom 26.02.2010 zurückgewiesen. Der fristgerecht eingereichte Wahleinspruch sei hinsichtlich der fehlerhaft bekanntgemachten zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften begründet. Es liege ein Verstoß gegen § 21 Abs. 9 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) vor. Dieser Verstoß sei jedoch nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 KWG LSA nicht so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Dies wird mit der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Ein Einfluss auf die Sitzverteilung sei ausgeschlossen. Um einen Sitz im Verbandsgemeinderat zu erhalten, seien mindestens 466 Stimmen erforderlich gewesen. Ein Einzelbewerber hätte also mindestens 467 Stimmen erhalten müssen, damit sich die Sitzverteilung im Rat verändert hätte. Die Mehrheitsverhältnisse bei der Verbandsgemeinderatswahl seien recht eindeutig. Kein Einzelbewerber habe auch nur annähernd diese Stimmenzahl erreicht.

6

Eine fiktive Berechnung der Sitzverteilung unter Einbeziehung des Einspruchsführers führe zu keinem anderen Wahlergebnis. Bei der Verbandsgemeinderatswahl habe es 83 Bewerber gegeben. Zur Wahl seien12.105 gültige Stimmen abgegeben worden. Dies entspreche einem durchschnittlichen Stimmenanteil von 145,8 Stimmen/Bewerber. Sofern die beiden Beschwerdeführer A. als Bewerber angetreten wären, hätte sich die Anzahl der Bewerber auf 85 erhöht. Der durchschnittliche Stimmenanteil würde dann bei 142,4 Stimmen/Bewerber liegen. Wenn nunmehr diese 142 Stimmen ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gesetzt werden würden, umfassten diese 142 Stimmen 1,17 % der gültigen Stimmen. Um eine fiktive Stimmverteilung/Sitzverteilung vornehmen zu können, würden die Stimmen mit zwei multipliziert und ergeben einen prozentualen Anteil von 2,34 % der Gesamtstimmen. Von jedem Wahlvorschlag würden 2,34 % der Stimmen errechnet und von der erhaltenen Stimme abgezogen. Unter Berücksichtigung dieses Rechenergebnisses würden sich keine Änderungen in der Sitzverteilung ergeben. Auf die dementsprechende Berechnung (Bl. 32 GA) wird verwiesen.

7

Die Bewerbung des Klägers sei von der fehlerhaften Bekanntmachung nicht berührt gewesen. Denn er habe mit tatsächlich 53 Unterstützerunterschriften die geforderten 40 weit übertroffen und sei zur Wahl zugelassen worden.

8

Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter vertiefter Begründung seiner Wahleinsprüche weiter. Ergänzend trägt er vor, dass er eine Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag geplant habe und dies handschriftlich auf seinem Wahlvorschlag vermerkt habe.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 26.02.2010 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Verbandsgemeinderatswahl A.-B-Stadt am 29.11.2009 begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre und die Wahl für ungültig zu erklären.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen

13

und verteidigt aus den Gründen des Bescheides das Wahlergebnis.

14

Die handschriftliche Bemerkung auf dem Wahlvorschlag zur geplanten Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag reiche nach § 21 Abs. 1 Satz 2 KWG LSA nicht aus. Entsprechende Erklärungen seien bis zum Ablauf der Frist der Wahlvorschläge dem Wahlleiter schriftlich und übereinstimmend abzugeben. Wegen der fehlenden Namensangabe und dem Gegenpart fehle es bereits an der notwendigen „Übereinstimmung“ der Wahlvorschläge.

15

Das Gericht hat vor dem zuständigen Richter am 02.02.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird verwiesen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die der anderen Verfahren (9 A 107/10 und 9 A 112/10) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

17

Die Wahlprüfungsklage hat Erfolg.

18

1.) Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt – unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist – aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung und der an die Ablehnung des Einspruchs anknüpfenden Eröffnung der Möglichkeit, unmittelbar Klage zu erheben (§ 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit den genannten Vorschriften von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung für die Wahlprüfungsklage – die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber eine individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll – bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, wirksam Gebrauch gemacht (ausführlich: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005, 9 A 360/04 MD; bestätigt durch OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, 4 L 138/05; beide juris).

19

2.) Die Klage ist begründet. Der streitbefangenen Verbandsgemeinderatswahl lagen Wahlfehler zugrunde, die nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA zu ihrer Aufhebung und Feststellung im Sinne des Tenors führen. Die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände sind so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre.

20

Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch unter anderem mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet und durchgeführt worden sei.

21

§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA ist dahingehend auszulegen, dass es auch schon ausreichen kann, wenn nachhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine nach dem Wortlaut nahe liegende Beschränkung auf Fälle, in denen die Kausalität der Rechtsverletzung feststeht, würde eine erhebliche Zahl von Wahlfehlern, bei denen eine solche Feststellung von vornherein ausgeschlossen ist, unberücksichtigt lassen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Diese Auslegung entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 03.07.2008, 2 BvC 1/07 und 7/07; Beschl. v. 23.11.1993, 2 BvC 15/91; OVG Thüringen, Urt. v. 20.06.1996, 2 KO 229/96; OVG NRW, Urt. v. 22.02.1991, 15 A 1518/90; OVG Brandenburg, Urt. v. 18.10.2001, 1 A 200/00; OVG Niedersachsen, Urt. v. 26.03.2008, 10 LC 203/07; OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009, 4 L 364/08; OVG LSA, Urt. v. 20.11.1996, 2 L 375/95; alle juris; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl., § 49 S. 617 m. w. N.). Dabei bestimmt nicht zuletzt die „Art des Wahlfehlers“ - mithin die ihm zugrunde liegenden Tatbestände – seinen Einfluss auf das Wahlergebnis und damit die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen.

22

Gerade im Kommunalwahlbereich spielen die zu wählenden Personen eine stärkere und bedeutsame Rolle als bei Landes-, Bundes- und Europawahlen. Es geht bei der „Wesentlichkeitsfrage“ nicht nur darum, ob sich die Mehrheiten in der Kommunalvertretung verändern würden, sondern um die Teilhabe am Entscheidungsprozess in der jeweiligen gewählten Kommunalvertretung und damit um die konkrete Repräsentation des Wählerwillens. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Wahlfehler immer dann schon die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn sich bei seiner Vermeidung eine andere Zusammensetzung des Kommunalparlaments ergeben hätte (vgl. zur Wahl zum Kreistag: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

23

Bei einem Wahlfehler hinsichtlich der Wahlorganisation muss genügen, festzustellen, dass er sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Denn es ist gerade hier der Natur nach ausgeschlossen, zu ermitteln, wie sich der Wähler bei Eliminierung des Fehlers konkret nachweisbar verhalten hätte (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

24

So ist bei Zulassung eines Wahlvorschlages der mangels Unterschriften ungültig ist aber etwa die Hälfte der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielt eine wesentliche Auswirkung auf das Wahlergebnis offensichtlich (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

25

Der Entscheidung des OVG LSA vom 26.02.2009 (4 L 364/08; juris) lag ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zugrunde, welche die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge sichern sollte, nämlich Regelungen zur Öffentlichkeit der Wahl. Der Wahlleiter hatte zwischenzeitlich die Verfügungsgewalt über die Wahlunterlagen verloren. Ein derartiger Fehler hat offensichtliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

26

Das OVG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2001 (1 A 200/00; juris) entschieden, dass die fehlende zweite Unterschrift auf einem Wahlvorschlag ein schwerwiegender Wahlfehler sei, wonach bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre und die Wahl demnach für ungültig zu erklären ist. Das Gericht führt aus, dass die Bestimmungen der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht in erster Linie der Verwirklichung (subjektiver) materieller Rechtspositionen dienen, sondern vielmehr objektiven Belangen, nämlich einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Ablauf der Wahl. Die gesetzlichen Wahlbestimmungen über das hauptsächlich von Amts wegen zu betreibende Wahlverfahren – angefangen von der amtlichen Wahlvorbereitung bis hin zum amtlichen Wahlergebnis – verhielten sich in erster Linie zu (vermeidbaren) amtlichen Verstößen. Beachtlich sei von daher die amtliche Handlung – dort die Zulassung des fehlerhaften Vorschlages. Der für die Betrachtung der Folgenuntersuchung maßgebliche Wahlverstoß liege also nicht schon in der etwaigen mangelhaften (privaten) Wahlvorbereitung, sondern in der nachfolgenden (amtlichen) Zulassung des Wahlvorschlages (mit Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 30.07.1956, V OVG A 22/56; OVG NRW, Urt. v. 12.02.1964, III A 660/63; juris sowie Schmiemann, Wahlprüfung im Kommunalwahlrecht, 1972, S. 84 m. w. N.). Das OVG Brandenburg sieht auch einen schwerwiegenden auf die Sitzverteilung durchschlagenden Fehler. Denn aufgrund des fehlerhaft zugelassenen Wahlvorschlages haben die Bewerber Sitze in der Vertretung der Gemeinde erlangt.

27

Ein zur Wahlanfechtung führender Verstoß ist grundsätzlich dann als erheblich zu qualifizieren, wenn er sich auf solche Vorschriften bezieht, die entweder der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, wie sie in Art. 28 Abs. 1 GG festgeschrieben sind oder der Durchsetzung des vom Gesetzgeber bestimmten Wahlsystems sowie einem gesicherten und geordneten Ablauf des Wahlverfahrens – um den Wählerwillen objektiv zu erfassen – dienen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil v. 12.02.1980; 7 A 100/79, DÖV 1981, 146; juris nur Leitsatz). Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lag ein Fall zugrunde, wo in der Wahlbekanntmachung die nach dem dortigen Landesrecht notwendigen Hinweise auf Ort und Zeit der Leistung der Unterstützerunterschriften fehlten. Der Wahlleiter sei wegen des Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen der ihm obliegenden Sorge für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht nachgekommen. Sinn einer Wahlbekanntmachung sei es, die Wahlbeteiligten über die wesentlichen Wahlvorschriften zu unterrichten, insbesondere über die einzureichenden Wahlvorschläge, die dabei notwendigen Formerfordernisse und nicht zuletzt auch darüber, wann und wo die erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag geleistet werden können. Ohne Einhaltung dieser Erfordernisse in der Wahlbekanntmachung würde der Sinn und Zweck, insbesondere der Wirkungsgrad der öffentlichen Auslegung verloren gehen.

28

a.) Ein ähnlicher Wahlfehler vergleichbar des Wirkungsgrades der öffentlichen Bekanntmachung ist auch vorliegend aufgrund der fehlerhaften, weil doppelt so hohen Angabe der Anzahl der Unterstützerunterschriften in der öffentlichen Wahlbekanntmachung gegeben. Denn bedenkt man, dass die verfassungsrechtlich zulässige (hohe) Hürde des Quorums der Unterstützerunterschriften das passive Wahlrecht bereits einschränkt (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit nur: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2011, LVG 1/01; VerfGH Berlin, Beschl. v. 24.01.2003, 155/01; Thüringer OVG, Urt. v. 26.09.2000, 2 KO 289/00 mit zusammenfassendem Verweis auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung; VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; alle juris), muss jedenfalls gefordert werden, dass die Wahlorganisation diesbezüglich einwandfrei ist (ähnlich: VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; juris).

29

b.) Das Gericht hält diesen offensichtlichen und auch von dem Beklagten festgestellten Wahlfehler für so schwerwiegend, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass nach der zugrunde zulegenden allgemeinen Lebenserfahrung nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt hat. Dabei ist nicht entscheidend, dass sich der Kläger trotz der fehlerhaften Angabe der Unterstützerunterschriften insoweit nicht von der Wahl hat abhalten lassen und mit 53 Unterschriften die bereinigte Anzahl von 40 weit übertroffen hat. Dies beweist jedenfalls seine ernsthafte Kandidatur (vgl. zur Ernsthaftigkeit der Kandidatur Parallelverfahren 9 A 107/10). Ob dies auch für weitere potentielle Bewerber gilt, welche Anforderungen an eine ernstgemeinte Kandidatur zu stellen sind und ob sich der Kläger auf die mögliche Abhaltung anderer Bewerber überhaupt berufen darf, muss hier nicht geprüft werden.

30

Entscheidend ist vielmehr, dass der Kläger aufgrund der zu hohen Unterstützerunterschriften gehindert war, den von ihm geplanten Zusammenschluss mit einem anderen Wahlvorschlag einzugehen. Insoweit kann ihm nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass er dies auch auf seinem Wahlvorschlag gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 KWG LSA verbindlich hätte angeben müssen und nach § 21 Abs. 1 Satz 3 KWG LSA entsprechende Erklärungen bis zum Ablauf der Frist der Wahlvorschläge dem Wahlleiter schriftlich und übereinstimmend abzugeben gewesen wären. Der vorgenannte Wahlfehler der zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften hat im Fall des Klägers in dem Sinne fortgewirkt, dass er keine diesbezüglichen Angaben machen konnte. Denn insoweit fehlte ihm der potenzielle Gegenpart, weil nicht auszuschließen ist, dass sich andere für ihn zur Wahlverbindung geeignete Bewerber von der Kandidatur haben abhalten lassen. So führte der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft aus, dass dies z. B. der im Verfahren 9 A 111/10 auftretende Kläger M. sein sollte. Dieser hat sich jedoch wegen der zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften von der Kandidatur als Einzelbewerber abhalten lassen und hat sich stattdessen auf die Liste Bündnis90/Die Grünen aufstellen lassen (vgl. dazu: Urteil vom 06.06.2012, 9 A 111/10).

31

Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger, wenn er dann mit einem anderen Wahlvorschlag eine Verbindung eingegangen wäre, eine hinreichende Anzahl von Wahlerstimmen mit Auswirkung auf die Sitzverteilung erlangt hätte. Dies ist gerade in Kommunalwahlbereich nicht auszuschließen. Die Kammer hat in dem Urteil vom 06.06.2012 in dem Parallelverfahren M. (9 A 111/10) ausgeführt, dass gerade im Kommunalwahlbereich parteilose Einzelbewerber oder freie Wählervereinigungen ein großes, ja überwiegendes Wählerpotential bieten und Kommunalwahlen „Personenwahlen“ sind (so schon: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005 9 A 360/04; juris).

32

Entscheidend für die Beurteilung des Wahlfehlers ist zudem, dass aufgrund der viel zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften viele Unterstützer ihre Unterschrift an andere Bewerber vergeben haben. Da jeder Wähler nur eine Unterstützerunterschrift leisten darf, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass das Spektrum der potentiellen Unterstützer maßgeblich verkleinert wurde und nicht mehr zur Verfügung stand. So hat der Kläger mit tatsächlich 53 Unterstützerunterschriften 13 mehr als die geforderten 40 erlangt. Diese 13 unnötigen und damit für andere potentielle Bewerber „verbrannten“ Unterstützerunterschriften verdeutlichen anschaulich die Schwere des Wahlfehlers.

33

Dabei verbietet sich die vom Beklagten vorgenommene fiktive Berechnung möglicher Sitzverteilungen von vornherein. Denn diese Berechnung legt gerade das aufgrund des Wahlfehlers festgestellte Wahlergebnis zugrunde und berücksichtigt nicht die mögliche Abhaltung weiterer Bewerber.

34

c.) Schließlich führt der Kläger mit seiner Klage die bereits im Wahleinspruchsverfahren von ihm erhobene Rüge fort, so dass keine Präklusion besteht (vgl. dazu nur: BVerwG, Beschluss v. 12.01.1989, 7 B 202.88; OVG LSA, Urteil v. 20.11.1996, 2 L 375/95; juris). Denn - wie aufgeführt - stellt sich die zwar erst im gerichtlichen Verfahren vorgetragene Rüge der nicht möglichen Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag als bloße Fortwirkung der im Wahleinspruchsverfahren erhobenen Beschwer der fehlerhaften Anzahl der Unterstützerunterschriften dar.

35

Dementsprechend beruft sich der Kläger auch nicht auf die von dem im Parallelverfahren M. (9 A 111/10) vorgetragenen weiteren – und dort einschlägigen – Wahlfehler. Denn damit wäre er materiell-rechtlich präkludiert.

36

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Unterhält ein Unternehmen mit Sitz im Ausland eine Zweigstelle im Inland, die Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, gilt die Zweigstelle als Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut. Unterhält das Unternehmen mehrere Zweigstellen im Inland, gelten sie als ein Institut.

(2) Auf die in Absatz 1 bezeichneten Institute ist dieses Gesetz mit folgender Maßgabe anzuwenden:

1.
Das Unternehmen hat mindestens zwei natürliche Personen mit Wohnsitz im Inland zu bestellen, die für den Geschäftsbereich des Instituts zur Geschäftsführung und zur Vertretung des Unternehmens befugt sind, sofern das Institut Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt und befugt ist, sich bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen Eigentum oder Besitz an Geldern oder Wertpapieren von Kunden zu verschaffen. Solche Personen gelten als Geschäftsleiter. Sie sind zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
2.
Das Institut ist verpflichtet, über die von ihm betriebenen Geschäfte und über das seinem Geschäftsbetrieb dienende Vermögen des Unternehmens gesondert Buch zu führen und gegenüber der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank Rechnung zu legen. Die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über Handelsbücher gelten insoweit entsprechend. Auf der Passivseite der jährlichen Vermögensübersicht ist der Betrag des dem Institut von dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Betriebskapitals und der Betrag der dem Institut zur Verstärkung der eigenen Mittel belassenen Betriebsüberschüsse gesondert auszuweisen. Der Überschuß der Passivposten über die Aktivposten oder der Überschuß der Aktivposten über die Passivposten ist am Schluß der Vermögensübersicht ungeteilt und gesondert auszuweisen.
3.
Die nach Nummer 2 für den Schluß eines jeden Geschäftsjahres aufzustellende Vermögensübersicht mit einer Aufwands- und Ertragsrechnung und einem Anhang gilt als Jahresabschluß (§ 26). Für die Prüfung des Jahresabschlusses gilt § 340k des Handelsgesetzbuchs entsprechend mit der Maßgabe, daß der Prüfer von den Geschäftsleitern gewählt und bestellt wird. Mit dem Jahresabschluß des Instituts ist der Jahresabschluß des Unternehmens für das gleiche Geschäftsjahr einzureichen.
4.
Für Zweigstellen, die sowohl das Einlagen- als auch das Kreditgeschäft betreiben, gilt § 33 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe d entsprechend. Als Eigenmittel des Instituts gilt die Summe der Beträge, die in den Finanzinformationen nach § 25 als dem Institut von dem Unternehmen zur Verfügung gestelltes Betriebskapital und ihm zur Verstärkung der eigenen Mittel belassene Betriebsüberschüsse ausgewiesen wird, abzüglich des Betrags eines etwaigen aktiven Verrechnungssaldos. Außerdem ist dem Institut Kapital nach den Artikeln 61 und 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in der jeweils geltenden Fassung zuzurechnen; die Artikel 25 bis 91 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in ihrer jeweils geltenden Fassung gelten mit der Maßgabe, dass die Eigenmittel nach Satz 2 als hartes Kernkapital gelten.
5.
Die Erlaubnis kann auch dann versagt werden, wenn die Gegenseitigkeit nicht auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen gewährleistet ist. Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn und soweit dem Unternehmen die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder Erbringen von Finanzdienstleistungen von der für die Aufsicht über das Unternehmen im Ausland zuständigen Stelle entzogen worden ist.
6.
Für die Anwendung des § 36 Abs. 1 gilt das Institut als juristische Person.
7.
Die Eröffnung neuer Zweigstellen sowie die Schließung von Zweigstellen im Inland hat das Institut der Bundesanstalt und der Deutschen Bundesbank unverzüglich anzuzeigen.

(2a) Für die Bestimmungen dieses Gesetzes, die daran anknüpfen, daß ein Institut das Tochterunternehmen eines Unternehmens mit Sitz im Ausland ist, gilt die Zweigstelle als hundertprozentiges Tochterunternehmen der Institutszentrale mit Sitz im Ausland.

(3) Für Klagen, die auf den Geschäftsbetrieb einer Zweigstelle im Sinne des Absatzes 1 Bezug haben, darf der Gerichtsstand der Niederlassung nach § 21 der Zivilprozeßordnung nicht durch Vertrag ausgeschlossen werden.

(4) Die Absätze 2 bis 3 sind nicht anzuwenden, soweit zwischenstaatliche Vereinbarungen entgegenstehen, denen die gesetzgebenden Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes zugestimmt haben.

(5) Ist ein Beschluss über die Auflösung der Zweigstelle gefasst worden, so ist dieser zur Eintragung in das Handelsregister des Gerichts der Zweigstelle anzumelden und der Vermerk 'in Abwicklung' im Rechtsverkehr zu führen. Die erteilte Erlaubnis ist an die Bundesanstalt zurückzugeben.

(6) Die ebenfalls eintragungspflichtige Aufhebung der Zweigstelle darf nur mit Zustimmung der Bundesanstalt erfolgen. Die Zustimmung ist in der Regel zu verweigern, wenn nicht nachgewiesen ist, dass sämtliche Geschäfte der Zweigstelle abgewickelt worden sind.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2 wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. April 2005 - 7 K 3365/04 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. Der Beigeladene zu 1 trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Wahl des Beigeladenen zu 1 in den Gemeinderat der Beigeladenen zu 2.
Für die Gemeinderatswahl am 13.06.2004 kandidierte der Beigeladene zu 1 auf der Liste der CDU in Neresheim, wo in der Hauptsatzung die unechte Teilortswahl eingeführt worden ist. Der Beigeladene zu 1 war für den Wohnbezirk ... benannt - dort bewarb er sich auch um einen Sitz im Ortschaftsrat - und gab als Anschrift der Hauptwohnung die dort gelegene ... ... an, wo er seit seiner Geburt gemeldet war. Auf dem dortigen Grundstück, auf dem es jedenfalls seit Ende der 90er Jahre kein Wohngebäude mehr gibt, führte der Beigeladene zu 1 damals zusammen mit seinem im Nachbarhaus wohnhaften Sohn eine Reparaturwerkstatt für Kfz und landwirtschaftliche Maschinen, während seine Ehefrau und seine erwachsene Tochter im Ortsteil ... wohnten, wo die Ehefrau einen landwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftet.
Am 29.04.2004 ließ der Gemeindewahlausschuss den Wahlvorschlag zu. Bereits zuvor hatte die Gemeindeverwaltung aufgrund von Hinweisen aus der Bevölkerung die melderechtliche Situation des Beigeladenen zu 1 überprüft. Sie war dabei zum Ergebnis gelangt, dass aufgrund einer Altfallregelung weiterhin davon auszugehen sei, dass der Beigeladene zu 1 - ungeachtet des Familienwohnsitzes - seinen alleinigen Wohnsitz weiterhin in ... habe. Das Kommunalamt des Ostalbkreises kam Mitte Mai nach einer neuerlichen Bewertung der melderechtlichen Verhältnisse zum Schluss, dass der Beigeladene zu 1 seine Hauptwohnung in ... habe; denn bei einem verheirateten Einwohner, der nicht dauernd getrennt von seiner Familie lebe, sei Hauptwohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie; in ... sei allenfalls ein Nebenwohnsitz gegeben. Daraufhin meldete sich der Beigeladene zu 1 am 17.05.2004 rückwirkend zum 10.05.2004 in die ...-... ... in ... - das Anwesen seines Sohnes - um und legte zugleich eine Erklärung vor, wonach er seit dem 10.05.2004 von seiner Ehefrau dauernd getrennt lebe.
Bei der Wahl am 13.06.2004 errang der Beigeladene zu 1 einen Sitz in Gemeinderat.
Am 24.06.2004 erhob der Kläger unter Beitritt von 73 weiteren Wahlberechtigten Einspruch gegen die Wahl und machte geltend, dass der Beigeladene zu 1 in ... nicht über einen Wohnsitz verfüge.
Mit Bescheid vom 16.07.2004 wies das Landratsamt Ostalbkreis den Einspruch zurück und führte zur Begründung aus: Der Beigeladene zu 1 habe zu den maßgeblichen Zeitpunkten - bei der Zulassung des Wahlvorschlags durch den Gemeindewahlausschuss und am Wahltag - in Wohnbezirk ... i.S.v. § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO gewohnt, wobei auch eine Nebenwohnung ausreiche. Der Beigeladene zu 1 verfüge über einen Hauptwohnsitz in Neresheim und im Gebäude ... in ... seit Ende 2003 zumindest über einen Nebenwohnsitz; dies sei auf Nachfrage von verschiedenen ... Einwohnern bestätigt worden.
Auf die Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 13.04.2005 den Beklagten unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des Landratsamts Ostalbkreis vom 16.07.2004 verpflichtet, die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat der Beigeladenen zu 2 an den Beigeladenen zu 1 für ungültig zu erklären. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Einspruch sei zulässig und begründet. Der Beigeladene zu 1 sei nicht wählbar gewesen, weil er entgegen der Bestimmung des § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO im Wohnbezirk... nicht gewohnt habe. Der hier zugrunde zu legende öffentlich-rechtliche Begriff des Wohnens stelle auf den äußeren Tatbestand des Innehabens einer Wohnung ab, bei dem die Umstände darauf schließen ließen, dass die Wohnung beibehalten und benutzt werde; es sei die tatsächliche Gestaltung der Verhältnisse entscheidend, nicht dagegen die formelle melderechtliche Situation. Aus den eigenen Angaben des Beigeladenen zu 1 in der mündlichen Verhandlung ergebe sich nicht, dass er zu den maßgeblichen Zeitpunkten einen Nebenwohnsitz im Haus seines Sohnes innegehabt habe. Vielmehr sei bei einer Würdigung der gesamten Umstände von lediglich besuchsweisen Aufenthalten des Beigeladenen zu 1 bei seinem Sohn auszugehen. So sei die Wohnung nicht übergeben worden, der Beigeladene zu 1 habe erst spät einen eigenen Schlüssel erhalten; er habe außer Kleidung zum Wechseln keine persönlichen Gegenständen in die Wohnung gebracht, wo er unentgeltlich wohne, für die Reinigung nicht zuständig sei und bei seinem Sohn das Frühstück einnehme.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 10.01.2006 - 1 S 1337/05 - wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache zugelassenen Berufung trägt die Beigeladene zu 2 vor: Für den Begriff des Wohnens im Sinne des Kommunalwahlrechts komme es entscheidend auf objektive Kriterien wie die Verfügbarkeit der Wohnung und die (formelle) melderechtliche Situation an. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne auf letztlich „subjektive“ Momente nicht abgestellt werden; die „innere“ Beziehung zwischen dem Eigentümer der Einliegerwohnung und dem Beigeladenen zu 1 sei unerheblich.
Die Beigeladene zu 2 beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. April 2005 - 7 K 3365/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und betont die Gefahr von Manipulationen, wenn allein auf das Melderecht abgestellt werde. Es sei vielmehr auch auf einen Domizilwillen abzuheben. Einen solchen habe der Beigeladene zu 1 bezogen auf die Wohnung im Hause seines Sohnes nie gehabt. Schließlich sei nach der Entscheidung über die Zulassung des Wahlvorschlags eine Beseitigung von Mängeln nicht mehr möglich.
14 
Der Beklagte stellt ebenso wenig wie der Beigeladene zu 1 einen Antrag.
15 
Der Beklagte teilt die Auffassung der Beigeladenen zu 2, dass der Beigeladene zu 1 einen Nebenwohnsitz in ... gehabt habe. Für den Begriff des „Wohnens“ könnten nur objektive Kriterien herangezogen werden. Hier sei allein die Frage der „Benutzung“ der Wohnung von Bedeutung, die von bloß besuchsweisen Aufenthalten abzugrenzen sei. Für eine Benutzung der Wohnung sei die Anmeldung nach dem Meldegesetz ein starkes Indiz. Schließlich müssten bei der Prüfungsdichte die praktischen Möglichkeiten und Grenzen einer Wahl- bzw. Wahlprüfungsbehörde beachtet werden; von einem Wahlbewerber könne nicht der Nachweis verlangt werden, dass sein von der Meldebehörde formal anerkannter Wohnsitz auch wahlrechtlich zu berücksichtigen sei.
16 
Der Beigeladene zu 1 betont ebenfalls, dass der Begriff des Wohnens nach objektiven Elementen zu bestimmen sei.
17 
Die Wahl des Beigeladenen zu 1 zum Ortschaftsrat der Ortschaft ... wurde mit Einspruchsentscheidung des Landratsamts Ostalbkreiskreis vom 19.07.2004 mit der Begründung für ungültig erklärt, dass der Beigeladene zu 1 zu den maßgeblichen Zeitpunkten seine Hauptwohnung nicht in ... gehabt habe und daher gem. § 69 Abs. 1 Satz 3 GemO für den Ortschaftsrat nicht wählbar gewesen sein. Seine hiergegen erhobene Klage hat der Beigeladene zu 1 zurückgenommen.
18 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze im Zulassungs- und Berufungsverfahren Bezug genommen. Dem Senat liegen die Behörden- und Gerichtsakten aus dem Klageverfahren vor; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger kann nicht verlangen, dass der Beklagte die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat der Beigeladenen zu 2 an den Beigeladenen
20 
zu 1 für ungültig erklärt. Der Einspruchsbescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 16.07.2004 ist rechtmäßig.
21 
Der zulässige Einspruch des Klägers hat keinen Erfolg. Der bereits im Einspruchsschreiben gerügte Wahlanfechtungsgrund liegt nicht vor. Gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 KomWG ist die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat für ungültig zu erklären, wenn der Bewerber zur Zeit der Wahl nicht wählbar war. Der Beigeladene zu 1 war indessen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Zulassung des Wahlvorschlags und des Wahltags (vgl. hierzu Kunze/Merk/Quecke, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1989, § 8 Rn. 6) zum Gemeinderat der Beigeladenen zu 2 wählbar.
22 
Neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 28 i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 1 GemO für die Wählbarkeit müssen im Fall der unechten Teilortswahl gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO die Bewerber im Wohnbezirk, für den sie im Wahlvorschlag aufgestellt sind, wohnen. Dabei genügt insoweit eine Nebenwohnung, wenn der Bewerber in der Gemeinde seine Hauptwohnung hat (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, GemO, § 27 Rn. 9; VwV zu § 27 GemO, Nr. 3 Satz 2).
23 
Der Rechtsbegriff des Wohnens ist in der Gemeindeordnung nicht näher definiert. Folglich ist auch hier vom öffentlich-rechtlichen Begriff des Wohnens auszugehen, wie er beispielhaft im Steuerrecht in § 8 AO und im Sozialrecht in § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB 1 normiert ist (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, GemO, § 27 Rn. 9, § 10 Rn. 2). Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (so auch VwV zu § 10 GemO, Nr. 1 Satz 2). Mit diesen Tatbestandsmerkmalen knüpft der öffentlich-rechtliche Wohnsitzbegriff an objektive Umstände, nämlich die tatsächliche Gestaltung, an, während - anders als beim Wohnsitzbegriff des Bürgerlichen Rechts - ein Domizilwille als Rechtsfolgewille unbeachtlich ist (vgl. Tipke/Kruse, AO, § 8 Rn. 2; Pahlke/Koenig, AO, 2004, § 8 Rn. 4, jeweils m.w.N.); er spiegelt mit dieser Objektivierung die Rechtslage im Melderecht wider, wo sich der Begriff der Wohnung (§ 11 Abs. 4 MRRG, § 16 MG) und die Bestimmung der Hauptwohnung (§ 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG, § 17 Abs. 2 Satz 1 MG) ebenfalls nach objektiven Kriterien richten (vgl. Belz, Meldegesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. 1987, § 16 Rn. 5, 8, § 17 Rn. 16). Mit dieser an äußere und folglich nachprüfbare Umstände anknüpfenden „ Verortung “ sowohl des aktiven als auch des passiven Wahlrechts sollen im Interesse der Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV) Manipulationen verhindert werden; die Bewertung einer inneren Verbindung und besonderen Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen, die für den für einen bestimmten Wohnbezirk antretenden Kandidaten von Bedeutung sein mag, bleibt demgegenüber dem Wähler überlassen.
24 
Eine Wohnung in diesem Sinne setzt zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten voraus; eine bloße Übernachtungsgelegenheit, insbesondere bei Verwandten oder Bekannten, genügt hingegen nicht (vgl. BFH, Urteil vom 25.01.1989 - I R 205/82 -, BFHE 158, 210 <212>; Pahlke/Koenig, a.a.O., § 8 Rn. 9, m.w.N.). Eine Wohnung hat inne, wer tatsächlich über sie verfügen kann, wobei es auf die zivilrechtlichen Verhältnisse wie etwa eine Mietzahlung nicht ankommt (vgl. BFH, Urteil vom 28.01.2004 - I R 56/02 -, BFH/NV 2004, 917). Darüber hinaus muss die Wohnung als Bleibe dienen, was grundsätzlich jedenfalls dann der Fall ist, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt wird. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume macht eine Wohnung indessen nicht zur Bleibe; dies gilt insbesondere dann, wenn der Aufenthalt lediglich Besuchs- oder Erholungszwecken dient (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2000 - VI R 165/99 -, BFHE 193, 569 <574>; vom 12.01.2001 - VI R 64/98 -, BFH/NV 2001, 1231; Nds. FG, Beschluss vom 09.09.2004 - 10 V 302/04 -, m.w.N.), der sich letztlich nicht grundsätzlich von einem zur Begründung eines Wohnsitzes - von Ausnahmefällen abgesehen - untauglichen Hotelaufenthalt unterscheidet (siehe hierzu BFH, Urteil vom 24.10.1969 - IV 290/64 -, BFHE 97, 272 <274 f.>). Eine subjektive Komponente hat der öffentlich-rechtliche Wohnsitzbegriff nur insoweit, als die tatsächlichen Verhältnisse dann den Schluss auf eine auch zukünftige Nutzung der Wohnung erlauben, weil ein - objektiv realisierbarer - Wille vorhanden ist (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2000 - VI R 165/99 -, BFHE 193, 569 <574>; BSG, Urteil vom 25.08.1994 - 2 RU 14/93 -; siehe zum Ganzen auch Bock, a.a.O., § 10 Rn. 3 ff.).
25 
Bei der hiernach erforderlichen Bewertung der äußeren Umstände kommt der formellen melderechtlichen Situation wegen der Vergleichbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen eine gewisse Indizwirkung zu. Zwar enthält das Kommunalwahlrecht - anders als die Vorschriften über die Wahl des Bundestags und des Landtags in § 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO, § 2 Abs. 2 Nr. 1 MRRG bzw. § 11 Abs. 1 LWO - in § 3 Abs. 1 KomWO keine ausdrückliche Festlegung, wonach die Eintragung ins Wählerverzeichnis ausgehend vom Melderegister erfolgt. Es entspricht aber einem praktischen Bedürfnis, dass die Gemeinde, der in der Regel keiner anderen Erkenntnisse zu Gebote stehen, sowohl bei der Aufstellung des Wählerverzeichnisses als auch bei der Prüfung der Wahlvorschläge das Melderegister zugrunde legt (siehe Bock, a.a.O., § 10 Rn. 5; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag - Kommentar zum BWG, 7. Aufl. 2002, § 12 Rn. 15, S. 269). Eine Tatbestandswirkung, wie sie teilweise in Zweitwohnungssteuerrecht durch den Verweis auf die formellen melderechtlichen Verhältnisse angeordnet ist (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 05.03.1997 - II R 41/95 -, BFHE 182, 249; Beschluss vom 28.02.2003 - II B 9/02 -, BFH/NV 2003, 837), entfaltet die Eintragung ins Melderegister indessen mangels öffentlichen Glaubens nicht; vielmehr steht sie gem. § 4a MRRG, § 12 Abs. 1 MG unter dem Vorbehalt der Änderung von Amts wegen, wenn sie dem materiellen Melderecht nicht entspricht (vgl. auch Schreiber, a.a.O., § 12 Rn. 16, S. 272). Auch wenn der Wohnsitz demnach im Ansatz unabhängig vom Inhalt des Melderegisters zu bestimmen ist (siehe BFH, Urteil vom 14.11.1969 - II R 95/68 -, BFHE 97, 425 <428>), so bleibt eine abweichende Beurteilung gleichwohl die Ausnahme. Das Melderegister beruht in aller Regel allein auf den Angaben des Meldepflichtigen, da die Behörde keinen näheren Einblick in dessen persönliche Lebensumstände hat und die Meldebehörde sich nicht zuletzt angesichts der Möglichkeiten einer Massenverwaltung auf eine bloße Plausibilitätskontrolle beschränken kann. Nur dann, wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Angaben nicht zutreffen, bedarf es weiterer Ermittlungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1991 - 1 C 24.90 -, BVerwGE 89, 110 <114 f.>; siehe auch Hess. VGH, Urteil vom 13.11.1990 - 11 UE 4950/88 -, NVwZ-RR 1991, 357 <358>; zum Wahlrecht OVG Bremen, Beschluss vom 19.05.1979 - WP 1/79 -, DÖV 1980, 57 <58 f.>; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 03.06.1975 - 2 BvC 1/74 -, BVerfGE 40, 11 <33 f.>).
26 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1 die Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllte; denn zu den maßgeblichen Zeitpunkten wohnte er i.S.v. § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO in..., weil er dort über eine Nebenwohnung verfügte.
27 
Allerdings bestand hier Anlass, die Eintragung im Melderegister nicht unbesehen der Beurteilung der wahlrechtlichen Fragen zugrunde zu legen; eine Überprüfung der diesbezüglichen Sach- und Rechtslage durch die Wahlbehörde war schon deswegen angezeigt, weil die Wohnmöglichkeit auf dem Betriebsgrundstück in ... entfallen war. Die Gemeindeverwaltung selbst hat dies letztlich nicht verkannt und hat - wenn auch auf der Grundlage einer überholten Rechtsauffassung (vgl. § 37 Abs. 2 MG a.F. sowie Kunze/Merk/Quecke, a.a.O., § 6 Rn. 7) - die Frage der melderechtlichen Hauptwohnung des Beigeladenen zu 1 untersucht. Nach der Klarstellung der Rechtslage durch die Rechtsaufsichtsbehörde war gerade die darauf folgende Reaktion des Beigeladenen zu 1 dazu angetan, Bedenken gegen die Verlässlichkeit seiner Angaben zu wecken. Die behauptete Trennung von seiner Ehefrau gerade zu diesem Zeitpunkt hätte zwar eine rein zufällige zeitliche Koinzidenz darstellen können; die mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Behörden haben den Wahrheitsgehalt der Getrenntlebenserklärung ausweislich verschiedener Aktenvermerke indessen angezweifelt; die Aussage des Beigeladenen zu 1 vor dem Verwaltungsgericht hat diese Einschätzung bestätigt. Ob der Wahlbehörde eine Nachfrage nach den ehelichen Lebensverhältnissen des Beigeladenen zu 1 versagt war, weil damit ein unantastbarer Bereich privater Lebensführung betroffen war, bedarf keiner Prüfung. Denn von rechtlichem Interesse war hier - auch ausgehend von den Angaben des Beigeladenen zu 1 zum Zeitpunkt des Getrenntlebens - das Vorliegen eines Nebenwohnsitzes in .... Die Befragung von Nachbarn mag dabei ein durchaus taugliches Mittel sein und verwertbare Erkenntnisse erbringen; die Übersendung vorformulierter und letztlich wenig aussagekräftiger Erklärungen kann diesen Zweck indessen nur unvollständig erfüllen.
28 
Aufgrund der insoweit glaubhaften Einlassungen des Beigeladenen zu 1 ist davon auszugehen, dass dieser jedenfalls schon seit Anfang 2004 im Haus seines Sohnes über eine Wohnmöglichkeit verfügte. Dabei kann dahinstehen, bis zu welchem Zeitpunkt er das Gästezimmer benutzt und wann er die Ende 2003 fertig gestellte Einliegerwohnung übernommen hat. Mit der Überlassung eines Gästebettes an einen gelegentlichen Logiergast werden die Anforderungen an eine Wohnung im genannten Sinne zwar nicht erfüllt. Anders stellt sich die Rechtslage aber dar, wenn wie hier der Nutzer eines Gästezimmer - letztlich aufgrund familiärer Verbundenheit - darauf ständig und nach eigenem Belieben zurückgreifen kann. Dann besteht insoweit kein Unterschied zur - abgeschlossenen - Einliegerwohnung, denn beide Räumlichkeiten sind in gleicher Weise grundsätzlich zur Schaffung eines Lebensmittelpunkts geeignet; unbeachtlich ist, dass sie - der Eigenart der Nebenwohnung entsprechend - dazu nicht werden. Auf die dieser Nutzungsmöglichkeit zugrunde liegenden zivilrechtlichen Verhältnisse kommt es dabei nicht an; deswegen bedarf es keiner Prüfung, ob das vom Beigeladenen zu 1 behauptete „Tauschgeschäft“ zwischen Vater und Sohn - kostenfreies Wohnen gegen kostenlose Überlassung des Geschäftsbetriebes - plausibel erscheint. Das Gästezimmer und später die Wohnung hat der Beigeladene zu 1 auch immer wieder genutzt, wenn er sich, insbesondere im Anschluss an seine damalige Tätigkeit als Ortsvorsteher oder nach einem sehr langen Arbeitstag, den Heimweg nach ... ersparen wollte. Auch dieser Hintergrund spricht gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Einstufung einer bloß besuchsweisen Übernachtungsmöglichkeit. Die Rechtsprechung verneint das Vorliegen eines Wohnsitzes nämlich insbesondere dann, wenn Besuchs- und Erholungszwecke im Mittelpunkt stehen (vgl. BFH, Beschluss vom 27.09.1999 - I B 83/98 -, BFH/NV 2000, 673); das ist hier aber ersichtlich nicht der Fall. Schließlich sind die Modalitäten der Nutzung wie etwa die Reinigung oder das gemeinsame Frühstück, auf die das Verwaltungsgericht ebenfalls abgestellt hat, für die rechtliche Bewertung unerheblich.
29 
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren schließlich vorträgt, die unrichtige Angabe des Hauptwohnsitzes im Wahlvorschlag habe nach § 17 Abs. 3 KomWO nach der Zulassungsentscheidung nicht mehr korrigiert werden dürfen, so macht er damit wohl einen Anfechtungsgrund nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 KomWG (Mangel in der Wahlvorbereitung) geltend. Ungeachtet der Frage, wie dieser Einwand in der Sache zu bewerten ist, kann er damit aber schon deswegen nicht durchdringen, weil er dies nicht fristgerecht im Einspruch vorgetragen hat.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
31 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
32 
Beschluss
vom 24. Mai 2006
33 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
19 
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Verpflichtungsklage ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger kann nicht verlangen, dass der Beklagte die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat der Beigeladenen zu 2 an den Beigeladenen
20 
zu 1 für ungültig erklärt. Der Einspruchsbescheid des Landratsamts Ostalbkreis vom 16.07.2004 ist rechtmäßig.
21 
Der zulässige Einspruch des Klägers hat keinen Erfolg. Der bereits im Einspruchsschreiben gerügte Wahlanfechtungsgrund liegt nicht vor. Gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 KomWG ist die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat für ungültig zu erklären, wenn der Bewerber zur Zeit der Wahl nicht wählbar war. Der Beigeladene zu 1 war indessen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den maßgeblichen Zeitpunkten der Zulassung des Wahlvorschlags und des Wahltags (vgl. hierzu Kunze/Merk/Quecke, Das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl. 1989, § 8 Rn. 6) zum Gemeinderat der Beigeladenen zu 2 wählbar.
22 
Neben den allgemeinen Voraussetzungen des § 28 i.V.m. § 12 Abs. 2 Satz 1 GemO für die Wählbarkeit müssen im Fall der unechten Teilortswahl gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO die Bewerber im Wohnbezirk, für den sie im Wahlvorschlag aufgestellt sind, wohnen. Dabei genügt insoweit eine Nebenwohnung, wenn der Bewerber in der Gemeinde seine Hauptwohnung hat (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, GemO, § 27 Rn. 9; VwV zu § 27 GemO, Nr. 3 Satz 2).
23 
Der Rechtsbegriff des Wohnens ist in der Gemeindeordnung nicht näher definiert. Folglich ist auch hier vom öffentlich-rechtlichen Begriff des Wohnens auszugehen, wie er beispielhaft im Steuerrecht in § 8 AO und im Sozialrecht in § 30 Abs. 3 Satz 1 SGB 1 normiert ist (vgl. Bock in: Kunze/Bronner/Katz, GemO, § 27 Rn. 9, § 10 Rn. 2). Danach hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird (so auch VwV zu § 10 GemO, Nr. 1 Satz 2). Mit diesen Tatbestandsmerkmalen knüpft der öffentlich-rechtliche Wohnsitzbegriff an objektive Umstände, nämlich die tatsächliche Gestaltung, an, während - anders als beim Wohnsitzbegriff des Bürgerlichen Rechts - ein Domizilwille als Rechtsfolgewille unbeachtlich ist (vgl. Tipke/Kruse, AO, § 8 Rn. 2; Pahlke/Koenig, AO, 2004, § 8 Rn. 4, jeweils m.w.N.); er spiegelt mit dieser Objektivierung die Rechtslage im Melderecht wider, wo sich der Begriff der Wohnung (§ 11 Abs. 4 MRRG, § 16 MG) und die Bestimmung der Hauptwohnung (§ 12 Abs. 2 Satz 1 MRRG, § 17 Abs. 2 Satz 1 MG) ebenfalls nach objektiven Kriterien richten (vgl. Belz, Meldegesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. 1987, § 16 Rn. 5, 8, § 17 Rn. 16). Mit dieser an äußere und folglich nachprüfbare Umstände anknüpfenden „ Verortung “ sowohl des aktiven als auch des passiven Wahlrechts sollen im Interesse der Grundsätze der Allgemeinheit und der Gleichheit der Wahl (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 72 Abs. 1 Satz 1 LV) Manipulationen verhindert werden; die Bewertung einer inneren Verbindung und besonderen Vertrautheit mit den örtlichen Verhältnissen, die für den für einen bestimmten Wohnbezirk antretenden Kandidaten von Bedeutung sein mag, bleibt demgegenüber dem Wähler überlassen.
24 
Eine Wohnung in diesem Sinne setzt zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten voraus; eine bloße Übernachtungsgelegenheit, insbesondere bei Verwandten oder Bekannten, genügt hingegen nicht (vgl. BFH, Urteil vom 25.01.1989 - I R 205/82 -, BFHE 158, 210 <212>; Pahlke/Koenig, a.a.O., § 8 Rn. 9, m.w.N.). Eine Wohnung hat inne, wer tatsächlich über sie verfügen kann, wobei es auf die zivilrechtlichen Verhältnisse wie etwa eine Mietzahlung nicht ankommt (vgl. BFH, Urteil vom 28.01.2004 - I R 56/02 -, BFH/NV 2004, 917). Darüber hinaus muss die Wohnung als Bleibe dienen, was grundsätzlich jedenfalls dann der Fall ist, wenn sie mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt wird. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume macht eine Wohnung indessen nicht zur Bleibe; dies gilt insbesondere dann, wenn der Aufenthalt lediglich Besuchs- oder Erholungszwecken dient (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2000 - VI R 165/99 -, BFHE 193, 569 <574>; vom 12.01.2001 - VI R 64/98 -, BFH/NV 2001, 1231; Nds. FG, Beschluss vom 09.09.2004 - 10 V 302/04 -, m.w.N.), der sich letztlich nicht grundsätzlich von einem zur Begründung eines Wohnsitzes - von Ausnahmefällen abgesehen - untauglichen Hotelaufenthalt unterscheidet (siehe hierzu BFH, Urteil vom 24.10.1969 - IV 290/64 -, BFHE 97, 272 <274 f.>). Eine subjektive Komponente hat der öffentlich-rechtliche Wohnsitzbegriff nur insoweit, als die tatsächlichen Verhältnisse dann den Schluss auf eine auch zukünftige Nutzung der Wohnung erlauben, weil ein - objektiv realisierbarer - Wille vorhanden ist (vgl. BFH, Urteil vom 23.11.2000 - VI R 165/99 -, BFHE 193, 569 <574>; BSG, Urteil vom 25.08.1994 - 2 RU 14/93 -; siehe zum Ganzen auch Bock, a.a.O., § 10 Rn. 3 ff.).
25 
Bei der hiernach erforderlichen Bewertung der äußeren Umstände kommt der formellen melderechtlichen Situation wegen der Vergleichbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen eine gewisse Indizwirkung zu. Zwar enthält das Kommunalwahlrecht - anders als die Vorschriften über die Wahl des Bundestags und des Landtags in § 16 Abs. 1 Nr. 1 BWO, § 2 Abs. 2 Nr. 1 MRRG bzw. § 11 Abs. 1 LWO - in § 3 Abs. 1 KomWO keine ausdrückliche Festlegung, wonach die Eintragung ins Wählerverzeichnis ausgehend vom Melderegister erfolgt. Es entspricht aber einem praktischen Bedürfnis, dass die Gemeinde, der in der Regel keiner anderen Erkenntnisse zu Gebote stehen, sowohl bei der Aufstellung des Wählerverzeichnisses als auch bei der Prüfung der Wahlvorschläge das Melderegister zugrunde legt (siehe Bock, a.a.O., § 10 Rn. 5; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag - Kommentar zum BWG, 7. Aufl. 2002, § 12 Rn. 15, S. 269). Eine Tatbestandswirkung, wie sie teilweise in Zweitwohnungssteuerrecht durch den Verweis auf die formellen melderechtlichen Verhältnisse angeordnet ist (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 05.03.1997 - II R 41/95 -, BFHE 182, 249; Beschluss vom 28.02.2003 - II B 9/02 -, BFH/NV 2003, 837), entfaltet die Eintragung ins Melderegister indessen mangels öffentlichen Glaubens nicht; vielmehr steht sie gem. § 4a MRRG, § 12 Abs. 1 MG unter dem Vorbehalt der Änderung von Amts wegen, wenn sie dem materiellen Melderecht nicht entspricht (vgl. auch Schreiber, a.a.O., § 12 Rn. 16, S. 272). Auch wenn der Wohnsitz demnach im Ansatz unabhängig vom Inhalt des Melderegisters zu bestimmen ist (siehe BFH, Urteil vom 14.11.1969 - II R 95/68 -, BFHE 97, 425 <428>), so bleibt eine abweichende Beurteilung gleichwohl die Ausnahme. Das Melderegister beruht in aller Regel allein auf den Angaben des Meldepflichtigen, da die Behörde keinen näheren Einblick in dessen persönliche Lebensumstände hat und die Meldebehörde sich nicht zuletzt angesichts der Möglichkeiten einer Massenverwaltung auf eine bloße Plausibilitätskontrolle beschränken kann. Nur dann, wenn es Hinweise darauf gibt, dass die Angaben nicht zutreffen, bedarf es weiterer Ermittlungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.10.1991 - 1 C 24.90 -, BVerwGE 89, 110 <114 f.>; siehe auch Hess. VGH, Urteil vom 13.11.1990 - 11 UE 4950/88 -, NVwZ-RR 1991, 357 <358>; zum Wahlrecht OVG Bremen, Beschluss vom 19.05.1979 - WP 1/79 -, DÖV 1980, 57 <58 f.>; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 03.06.1975 - 2 BvC 1/74 -, BVerfGE 40, 11 <33 f.>).
26 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist davon auszugehen, dass der Beigeladene zu 1 die Wählbarkeitsvoraussetzungen erfüllte; denn zu den maßgeblichen Zeitpunkten wohnte er i.S.v. § 27 Abs. 2 Satz 2 GemO in..., weil er dort über eine Nebenwohnung verfügte.
27 
Allerdings bestand hier Anlass, die Eintragung im Melderegister nicht unbesehen der Beurteilung der wahlrechtlichen Fragen zugrunde zu legen; eine Überprüfung der diesbezüglichen Sach- und Rechtslage durch die Wahlbehörde war schon deswegen angezeigt, weil die Wohnmöglichkeit auf dem Betriebsgrundstück in ... entfallen war. Die Gemeindeverwaltung selbst hat dies letztlich nicht verkannt und hat - wenn auch auf der Grundlage einer überholten Rechtsauffassung (vgl. § 37 Abs. 2 MG a.F. sowie Kunze/Merk/Quecke, a.a.O., § 6 Rn. 7) - die Frage der melderechtlichen Hauptwohnung des Beigeladenen zu 1 untersucht. Nach der Klarstellung der Rechtslage durch die Rechtsaufsichtsbehörde war gerade die darauf folgende Reaktion des Beigeladenen zu 1 dazu angetan, Bedenken gegen die Verlässlichkeit seiner Angaben zu wecken. Die behauptete Trennung von seiner Ehefrau gerade zu diesem Zeitpunkt hätte zwar eine rein zufällige zeitliche Koinzidenz darstellen können; die mit den örtlichen Verhältnissen vertrauten Behörden haben den Wahrheitsgehalt der Getrenntlebenserklärung ausweislich verschiedener Aktenvermerke indessen angezweifelt; die Aussage des Beigeladenen zu 1 vor dem Verwaltungsgericht hat diese Einschätzung bestätigt. Ob der Wahlbehörde eine Nachfrage nach den ehelichen Lebensverhältnissen des Beigeladenen zu 1 versagt war, weil damit ein unantastbarer Bereich privater Lebensführung betroffen war, bedarf keiner Prüfung. Denn von rechtlichem Interesse war hier - auch ausgehend von den Angaben des Beigeladenen zu 1 zum Zeitpunkt des Getrenntlebens - das Vorliegen eines Nebenwohnsitzes in .... Die Befragung von Nachbarn mag dabei ein durchaus taugliches Mittel sein und verwertbare Erkenntnisse erbringen; die Übersendung vorformulierter und letztlich wenig aussagekräftiger Erklärungen kann diesen Zweck indessen nur unvollständig erfüllen.
28 
Aufgrund der insoweit glaubhaften Einlassungen des Beigeladenen zu 1 ist davon auszugehen, dass dieser jedenfalls schon seit Anfang 2004 im Haus seines Sohnes über eine Wohnmöglichkeit verfügte. Dabei kann dahinstehen, bis zu welchem Zeitpunkt er das Gästezimmer benutzt und wann er die Ende 2003 fertig gestellte Einliegerwohnung übernommen hat. Mit der Überlassung eines Gästebettes an einen gelegentlichen Logiergast werden die Anforderungen an eine Wohnung im genannten Sinne zwar nicht erfüllt. Anders stellt sich die Rechtslage aber dar, wenn wie hier der Nutzer eines Gästezimmer - letztlich aufgrund familiärer Verbundenheit - darauf ständig und nach eigenem Belieben zurückgreifen kann. Dann besteht insoweit kein Unterschied zur - abgeschlossenen - Einliegerwohnung, denn beide Räumlichkeiten sind in gleicher Weise grundsätzlich zur Schaffung eines Lebensmittelpunkts geeignet; unbeachtlich ist, dass sie - der Eigenart der Nebenwohnung entsprechend - dazu nicht werden. Auf die dieser Nutzungsmöglichkeit zugrunde liegenden zivilrechtlichen Verhältnisse kommt es dabei nicht an; deswegen bedarf es keiner Prüfung, ob das vom Beigeladenen zu 1 behauptete „Tauschgeschäft“ zwischen Vater und Sohn - kostenfreies Wohnen gegen kostenlose Überlassung des Geschäftsbetriebes - plausibel erscheint. Das Gästezimmer und später die Wohnung hat der Beigeladene zu 1 auch immer wieder genutzt, wenn er sich, insbesondere im Anschluss an seine damalige Tätigkeit als Ortsvorsteher oder nach einem sehr langen Arbeitstag, den Heimweg nach ... ersparen wollte. Auch dieser Hintergrund spricht gegen die vom Verwaltungsgericht angenommene Einstufung einer bloß besuchsweisen Übernachtungsmöglichkeit. Die Rechtsprechung verneint das Vorliegen eines Wohnsitzes nämlich insbesondere dann, wenn Besuchs- und Erholungszwecke im Mittelpunkt stehen (vgl. BFH, Beschluss vom 27.09.1999 - I B 83/98 -, BFH/NV 2000, 673); das ist hier aber ersichtlich nicht der Fall. Schließlich sind die Modalitäten der Nutzung wie etwa die Reinigung oder das gemeinsame Frühstück, auf die das Verwaltungsgericht ebenfalls abgestellt hat, für die rechtliche Bewertung unerheblich.
29 
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren schließlich vorträgt, die unrichtige Angabe des Hauptwohnsitzes im Wahlvorschlag habe nach § 17 Abs. 3 KomWO nach der Zulassungsentscheidung nicht mehr korrigiert werden dürfen, so macht er damit wohl einen Anfechtungsgrund nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 KomWG (Mangel in der Wahlvorbereitung) geltend. Ungeachtet der Frage, wie dieser Einwand in der Sache zu bewerten ist, kann er damit aber schon deswegen nicht durchdringen, weil er dies nicht fristgerecht im Einspruch vorgetragen hat.
30 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
31 
Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
32 
Beschluss
vom 24. Mai 2006
33 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 GKG).

Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tatbestand

1

Der Kläger führt als Einwohner der Gemeinde A-Stadt ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009.

2

Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur zur Verbandsgemeinderatswahl nicht ordnungsgemäß, weil fehlerhaft zu hoch angegeben, bekannt gemacht worden. Es wurden 83 Unterstützungsunterschriften, anstatt der notwendigen 40 für den Wahlbereich I und 42 für den Wahlbereich II bekannt gegeben. Der Wahlbereich I umfasste die heutigen Gemeinden A-Stadt, B-Stadt, I., R. und H. W.; der Wahlbereich II die heutigen Gemeinden B., E., H., H.-K., L. und Stadt A.. Der Kläger wohnt im Wahlbereich II. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2009 wie folgt festgestellt:

3

Partei

Stimmen

Stimmenanteil

Sitzanteil

Sitze 

CDU     

2815   

23,25 %

4,65   

5       

DIE LINKE

939     

7,76 %

1,55   

2       

SPD     

573     

4,73 %

0.95   

1       

Bürgerliste

1581   

13,06 %

2,61   

3       

EB - A.

194     

1,60 %

0,32   

0       

Initiative für Bürgernähe

716     

5,91 %

1,18   

1       

Unabhängige Wählergemeinschaft Goldb.

958     

7,91 %

1,58   

2       

Unabhängige Wählergemeinschaft Werb.

892     

7,37 %

1,47   

1       

Wählergemeinschaft Rochau

1055   

8,72 %

1,74   

2       

Bündnis 90/ Die Grünen

192     

1,59 %

0,32   

0       

Bürgerinitiative Ameburg-Für unsere

466     

3,85 %

0,77   

1       

EB – Gärtner

35    

0,29 %

0,06   

0       

Unabhängige Wählergemeinschaft Hinde

212     

1,75 %

0,35   

0       

Wählergemeinschaft Eichstedt

1477   

12,20 %

2,44   

2       

4

Der Kläger bemängelte mit Faxschreiben vom 02.10.2009 an den Gemeindewahlleiter die zu hohe Zahl der Unterstützerunterschriften und führte aus:

5

„…wie ich glaube erfahren zu haben, ist Ihre öffentliche Bekanntmachung zur Verbandsgemeinderatswahl grob fehlerhaft.

6

Sollten tatsächlich weniger Unterstützungsunterschriften benötigt werden, als angegeben, so bitte ich Sie darum, mir die genaue Anzahl mitzuteilen.

7

Die hohe Anzahl hat mich bisher von einer möglichen Kandidatur abgehalten.

8

Leider ist es mir in dem nunmehr verbleibenden Zeitraum aber unmöglich, die dann möglicherweise geforderten Unterschriften beizubringen.

9

Ich bitte Sie daher um eine auskömmliche Fristverlängerung entsprechend der Vorgaben zum Wahlverfahren.“

10

Mit Antwortschreiben vom gleichen Tage wurde der Kläger auf die tatsächliche Anzahl der Unterstützerunterschriften hingewiesen. Eine Fristverlängerung für die Bewerbungen sei nicht möglich. In der Anlage wurden die notwendigen Unterlagen für die Kandidatur beigefügt. Der Kläger bewarb sich bis zum Ende der Einreichungsfrist am 05.10.2009 nicht.

11

Den Wahleinspruch vom 13.12.2009 begründete der damit, dass er wegen der fehlerhaften und zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften von der Kandidatur abgehalten worden sei. Die fehlerhafte Angabe der Unterstützerunterschriften sei öffentlich nicht korrigiert worden. Erst von seinem Vater habe er kurz vor seinem Schreiben vom 02.10.2009 die tatsächlich notwendige Anzahl der Unterstützerunterschriften erfahren. Wegen des kurzen noch verbliebenen Zeitraums von Freitag, den 02.10.2009 bis zum Fristende, Montag, den 05.10.2009, 18.00 Uhr, habe er nicht genügend Zeit für die Beibringung der notwendigen Unterstützerunterschriften gehabt.

12

Mit Bescheid vom 26.02.2010 wurde der Wahleinspruch zurückgewiesen. Es liege ein Verstoß gegen § 21 Abs. 9 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) vor. Denn die Anzahl der Unterstützerunterschriften sei fehlerhaft bekannt gegeben worden. Dieser Verstoß sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Dies wird mit der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Ein Einfluss auf die Sitzverteilung sei ausgeschlossen. Um einen Sitz im Verbandsgemeinderat zu erhalten, seien mindestens 466 Stimmen erforderlich gewesen. Ein Einzelbewerber hätte also mindestens 467 Stimmen erhalten müssen, damit sich die Sitzverteilung im Rat verändert hätte. Die Mehrheitsverhältnisse bei der Verbandsgemeinderatswahl seien recht eindeutig. Kein Einzelbewerber habe auch nur annähernd diese Stimmenzahl erreicht.

13

Eine fiktive Berechnung der Sitzverteilung unter Einbeziehung des Einspruchsführers führe zu keinem anderen Wahlergebnis. Bei der Verbandsgemeinderatswahl habe es 83 Bewerber gegeben. Zur Wahl seien 12.105 gültige Stimmen abgegeben worden. Dies entspreche einem durchschnittlichen Stimmenanteil von 145,8 Stimmen/Bewerber. Sofern die beiden Beschwerdeführer A. als Bewerber angetreten wären, hätte sich die Anzahl der Bewerber auf 85 erhöht. Der durchschnittliche Stimmenanteil würde dann bei 142,4 Stimmen/Bewerber liegen. Wenn nunmehr diese 142 Stimmen ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gesetzt werden würden, umfassten diese 142 Stimmen 1,17 % der gültigen Stimmen. Um eine fiktive Stimmverteilung/Sitzverteilung vornehmen zu können, würden die Stimmen mit zwei multipliziert und ergeben einen prozentualen Anteil von 2,34 % der Gesamtstimmen. Von jedem Wahlvorschlag würden 2,34 % der Stimmen errechnet und von der erhaltenen Stimme abgezogen. Unter Berücksichtigung dieses Rechenergebnisses würden sich keine Änderungen in der Sitzverteilung ergeben. Auf die dementsprechende Berechnung (Bl. 32 GA) wird verwiesen.

14

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und beantragt,

15

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 26.02.2010 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Verbandsgemeinderatswahl A.-B-Stadt am 29.11.2009 begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre und die Wahl für ungültig zu erklären.

16

Der Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen

18

und verteidigt aus den Gründen des Bescheides das Wahlergebnis.

19

Der Kläger habe sich bereits nicht ernsthaft um eine Kandidatur bemüht. Dies beweise der Vergleich zu seinem Vater Wolfgang A., der Kläger im Verfahren 9 A 112/10. Während dieser sich von der fehlerhaften Bekanntmachung nicht abhalten gelassen und unter Aushändigung der Wahlunterlagen die Unterstützerunterschriften zu sammeln begonnen habe, habe der Kläger dies nicht getan und auch sonst nichts unternommen, aus dem seine ernsthafte Kandidatur abzuleiten sei.

20

Das Gericht hat vor dem zuständigen Richter am 02.02.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird verwiesen.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die der anderen Verfahren (9 A 111/10 und 9 A 112/10) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

22

Die Wahlprüfungsklage hat keinen Erfolg.

23

1.) Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt – unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist – aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung und der an die Ablehnung des Einspruchs anknüpfenden Eröffnung der Möglichkeit, unmittelbar Klage zu erheben (§ 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit den genannten Vorschriften von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung für die Wahlprüfungsklage – die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber eine individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll – bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, wirksam Gebrauch gemacht (ausführlich: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005, 9 A 360/04 MD; bestätigt durch OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, 4 L 138/05; beide juris).

24

2,) Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat zu Recht festgestellt, dass der streitbefangenen Verbandsgemeinderatswahl Wahlfehler zugrunde lagen, die im Falle des Klägers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KWG LSA das Wahlergebnis nicht oder nur unwesentlich beeinflusst haben. Ein Fall des § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA liegt nicht vor.

25

Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch unter anderem mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet und durchgeführt worden sei.

26

a.) Zur Beachtlichkeit von Wahlfehler hat das Gericht in den Urteilen vom 06.06.2012 in den Parallelverfahren 9 A 111/10 und 9 A 112/10 ausgeführt:

27

§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA ist dahingehend auszulegen, dass es auch schon ausreichen kann, wenn nachhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine nach dem Wortlaut nahe liegende Beschränkung auf Fälle, in denen die Kausalität der Rechtsverletzung feststeht, würde eine erhebliche Zahl von Wahlfehlern, bei denen eine solche Feststellung von vornherein ausgeschlossen ist, unberücksichtigt lassen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Diese Auslegung entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 03.07.2008, 2 BvC 1/07 und 7/07; Beschl. v. 23.11.1993, 2 BvC 15/91; OVG Thüringen, Urt. v. 20.06.1996, 2 KO 229/96; OVG NRW, Urt. v. 22.02.1991, 15 A 1518/90; OVG Brandenburg, Urt. v. 18.10.2001, 1 A 200/00; OVG Niedersachsen, Urt. v. 26.03.2008, 10 LC 203/07; OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009, 4 L 364/08; OVG LSA, Urt. v. 20.11.1996, 2 L 375/95; alle juris; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl., § 49 S. 617 m. w. N.). Dabei bestimmt nicht zuletzt die „Art des Wahlfehlers“ - mithin die ihm zugrunde liegenden Tatbestände – seinen Einfluss auf das Wahlergebnis und damit die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen.

28

Gerade im Kommunalwahlbereich spielen die zu wählenden Personen eine stärkere und bedeutsame Rolle als bei Landes-, Bundes- und Europawahlen. Es geht bei der „Wesentlichkeitsfrage“ nicht nur darum, ob sich die Mehrheiten in der Kommunalvertretung verändern würden, sondern um die Teilhabe am Entscheidungsprozess in der jeweiligen gewählten Kommunalvertretung und damit um die konkrete Repräsentation des Wählerwillens. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Wahlfehler immer dann schon die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn sich bei seiner Vermeidung eine andere Zusammensetzung des Kommunalparlaments ergeben hätte (vgl. zur Wahl zum Kreistag: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

29

Bei einem Wahlfehler hinsichtlich der Wahlorganisation muss genügen, festzustellen, dass er sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Denn es ist gerade hier der Natur nach ausgeschlossen, zu ermitteln, wie sich der Wähler bei Eliminierung des Fehlers konkret nachweisbar verhalten hätte (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

30

So ist bei Zulassung eines Wahlvorschlages der mangels Unterschriften ungültig ist aber etwa die Hälfte der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielt eine wesentliche Auswirkung auf das Wahlergebnis offensichtlich (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

31

Der Entscheidung des OVG LSA vom 26.02.2009 (4 L 364/08; juris) lag ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zugrunde, welche die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge sichern sollte, nämlich Regelungen zur Öffentlichkeit der Wahl. Der Wahlleiter hatte zwischenzeitlich die Verfügungsgewalt über die Wahlunterlagen verloren. Ein derartiger Fehler hat offensichtliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

32

Das OVG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2001 (1 A 200/00; juris) entschieden, dass die fehlende zweite Unterschrift auf einem Wahlvorschlag ein schwerwiegender Wahlfehler sei, wonach bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre und die Wahl demnach für ungültig zu erklären ist. Das Gericht führt aus, dass die Bestimmungen der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht in erster Linie der Verwirklichung (subjektiver) materieller Rechtspositionen dienen, sondern vielmehr objektiven Belangen, nämlich einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Ablauf der Wahl. Die gesetzlichen Wahlbestimmungen über das hauptsächlich von Amts wegen zu betreibende Wahlverfahren – angefangen von der amtlichen Wahlvorbereitung bis hin zum amtlichen Wahlergebnis – verhielten sich in erster Linie zu (vermeidbaren) amtlichen Verstößen. Beachtlich sei von daher die amtliche Handlung – dort die Zulassung des fehlerhaften Vorschlages. Der für die Betrachtung der Folgenuntersuchung maßgebliche Wahlverstoß liege also nicht schon in der etwaigen mangelhaften (privaten) Wahlvorbereitung, sondern in der nachfolgenden (amtlichen) Zulassung des Wahlvorschlages (mit Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 30.07.1956, V OVG A 22/56; OVG NRW, Urt. v. 12.02.1964, III A 660/63; juris sowie Schmiemann, Wahlprüfung im Kommunalwahlrecht, 1972, S. 84 m. w. N.). Das OVG Brandenburg sieht auch einen schwerwiegenden auf die Sitzverteilung durchschlagenden Fehler. Denn aufgrund des fehlerhaft zugelassenen Wahlvorschlages haben die Bewerber Sitze in der Vertretung der Gemeinde erlangt.

33

Ein zur Wahlanfechtung führender Verstoß ist grundsätzlich dann als erheblich zu qualifizieren, wenn er sich auf solche Vorschriften bezieht, die entweder der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, wie sie in Art. 28 Abs. 1 GG festgeschrieben sind oder der Durchsetzung des vom Gesetzgeber bestimmten Wahlsystems sowie einem gesicherten und geordneten Ablauf des Wahlverfahrens – um den Wählerwillen objektiv zu erfassen – dienen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil v. 12.02.1980; 7 A 100/79, DÖV 1981, 146; juris nur Leitsatz). Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lag ein Fall zugrunde, wo in der Wahlbekanntmachung die nach dem dortigen Landesrecht notwendigen Hinweise auf Ort und Zeit der Leistung der Unterstützerunterschriften fehlten. Der Wahlleiter sei wegen des Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen der ihm obliegenden Sorge für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht nachgekommen. Sinn einer Wahlbekanntmachung sei es, die Wahlbeteiligten über die wesentlichen Wahlvorschriften zu unterrichten, insbesondere über die einzureichenden Wahlvorschläge, die dabei notwendigen Formerfordernisse und nicht zuletzt auch darüber, wann und wo die erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag geleistet werden können. Ohne Einhaltung dieser Erfordernisse in der Wahlbekanntmachung würde der Sinn und Zweck, insbesondere der Wirkungsgrad der öffentlichen Auslegung verloren gehen.

34

a.) Ein ähnlicher Wahlfehler vergleichbar des Wirkungsgrades der öffentlichen Bekanntmachung ist auch vorliegend aufgrund der fehlerhaften, weil doppelt so hohen Angabe der Anzahl der Unterstützerunterschriften in der öffentlichen Wahlbekanntmachung gegeben. Denn bedenkt man, dass die verfassungsrechtlich zulässige (hohe) Hürde des Quorums der Unterstützerunterschriften das passive Wahlrecht bereits einschränkt (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit nur: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2011, LVG 1/01; VerfGH Berlin, Beschl. v. 24.01.2003, 155/01; Thüringer OVG, Urt. v. 26.09.2000, 2 KO 289/00 mit zusammenfassendem Verweis auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung; VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; alle juris), muss jedenfalls gefordert werden, dass die Wahlorganisation diesbezüglich einwandfrei ist (ähnlich: VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; juris).“

35

b.) Gleichwohl ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger durch diesen offensichtlichen und auch von dem Beklagten festgestellten Wahlfehler nicht entscheidend von seiner Bewerbung zur Wahl hat abhalten lassen, sodass sein passives Wahlrecht nicht verletzt ist. In diesem Fall streitet das passive Wahlrecht des Klägers mit den Anforderungen an die Sicherheit und Gültigkeit des festgestellten Wahlergebnisses. Wie die in § 52 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 KWG LSA gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten belegen, führen in einem Wahlprüfungsverfahren festgestellte Wahlfehler nicht in jedem Fall zur Aufhebung der Wahl.

36

Bei einem Wahlfehler der vorliegenden Art, der maßgeblich in der Wahlvorbereitung begründet liegt und Grundlage für die rein subjektive Ausübung des passiven Wahlrechts ist, muss zur Überzeugung des Gerichts hinreichend feststehen, dass sich der Wahlbewerber gerade durch diesen Organisationakt - hier die fehlerhafte Bekanntmachung, weil zu hohe Anzahl der Unterstützerunterschriften – von seiner Bewerbung hat abhalten lassen. Das Wahlprüfungsrecht geht auch insoweit von der Notwendigkeit einer Ernsthaftigkeit der Kandidatur aus. Gerade diese Ernsthaftigkeit der Kandidatur ist der Grund für die verfassungsrechtlich als unbedenklich angesehene Beibringung notwendiger Unterstützerunterschriften als Vorschaltung für die Kandidatur. Der Wähler soll sich auf „wirklich ernsthafte“ Bewerber konzentrieren können (BVerfG, Beschl. v. 13.06.1956, 1 BvR 315; BVerfGE 5, 77; ausführlich: LVerfG LSA, Urteil v. 27.03.2001, LVG 1/01; juris).

37

Eine ernsthafte Kandidatur wird zur Überzeugung des Gerichts etwa dadurch ausgedrückt, dass sich der Bewerber frühzeitig über die notwendigen Modalitäten seiner Bewerbung informiert und dann die jeweiligen Schritte einleitet. Dazu gehört zunächst, sich die notwendigen Wahlunterlagen und Formulare bei dem Beklagten zu besorgen, um dann eine Art frühzeitigen „Wahlkampf“ zu führen, um überhaupt die Chance zu haben, eine bestimmte Anzahl von Wählern auf sich zu vereinigen. Dies auch deswegen, weil jeder Wähler nur einen Bewerber mit seiner Unterschrift unterstützen darf. Dies bedingt gerade in kleineren Gemeinden, dass die rein tatsächliche Anzahl möglicher Unterstützer bereits beschränkt ist und diese frühzeitig für sich gewonnen werden müssen, weil sie anderenfalls durch andere Bewerber „verbraucht“ sind. An diesem Vorgehen hat es der Kläger fehlen lassen. Zur Überzeugung des Gerichts ist diese Untätigkeit nicht entscheidend durch die zu hohe Angabe der Unterstützerunterschriften bedingt gewesen. Anders als vielleicht in größeren Kommunen hängt die Unterstützung und damit der Rückhalt in der Bevölkerung in kleineren Gemeinden auch entscheidend von dem Bekanntheitsgrad des Bewerbers ab. Kann man nach der allgemeinen Lebenserfahrung daher darauf schließen, dass ortsbekannte Honoratioren aufgrund ihres Bekanntheitsgrades leichter die notwendigen Unterstützer finden, ist dies bei dem Kläger auch aufgrund seines Lebensalters und seiner politischen Unerfahrenheit nicht mit der notwendigen Sicherheit anzunehmen. Gerade er hätte somit, um überhaupt die Chance der Beibringung der Unterstützerunterschriften zu haben, ungeachtet des Wahlfehlers frühzeitig mit der Sammlung beginnen müssen. Denn unter den genannten Umständen stellt auch die bereinigte und richtige Anzahl von 40 Unterstützerunterschriften eine hohe Hürde dar, die ohne ein gewisses „Wahlkampfmanagement“ nicht zu erreichen sein wird. Dies beweist zur Überzeugung des Gerichts das Vorgehen des Vaters, des Klägers in dem Verfahren 9 A 112/10. Denn dieser hat sich von der fehlerhaften Bekanntmachung der Anzahl der Unterstützer nicht abhalten lassen und tatsächlich 53 Unterschriften, also 13 mehr als erforderlich abgegeben. Ein derartiges striktes und konsequentes Vorgehen belegt die Ernsthaftigkeit der Kandidatur. Im Gegensatz dazu, gelang es dem Kläger nicht, das Gericht von der Ernsthaftigkeit seiner Bewerbung zu überzeugen. Er war weder in der Lage kommunalpolitische Beweggründe für seine Kandidatur vorzubringen, noch auf ein diesbezügliches bisheriges Engagement zu verweisen. Nichts anders ergibt sich im Übrigen auch aus seinem Wahleinspruch. Er beschränkt sich auf den pauschalen Vortrag, dass er durch die hohe Anzahl von der Kandidatur abgehalten worden sei und im verbleibenden Zeitraum die Unterschriften unmöglich mehr beibringen konnte. Dies genügt nach dem Vorstehenden eben nicht. Es fehlt der substantiierte Vortrag zu seiner ernsthaften Kandidatur. Zu einem solchen Vortrag gehört etwa, wie er sich überhaupt die Möglichkeit der Beschaffung der Unterschriften vorgestellt und welchen Bekanntheitsgrad er hat, welche potentiellen Unterstützer er gehabt hätte und welche „Wahlkampfvorbereitungen“ etc. er vorzuweisen hatte.

38

Zur Überzeugung des Gerichts hat sich der Wahlfehler daher im Fall des Klägers nach der im Wahlprüfungsrecht zugrunde zulegenden allgemeinen Lebenserfahrung nicht ausgewirkt.

39

c.) Richtig hat der Beklagte die Verlängerung der Einreichungsfrist für die Unterschriften abgelehnt. § 68 a KWG LSA setzt eine absolute Ausschlussfrist. Weitere Wahlfehler trägt der Kläger in seinem Wahleinspruch nicht vor und wäre damit im gerichtlichen Verfahren auch materiell-rechtlich präkludiert.

40

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


Tatbestand

1

Der Kläger führt als Einwohner der Gemeinde A-Stadt ein Wahleinspruchsverfahren gegen die Verbandsgemeinderatswahl in der Verbandsgemeinde A.-B-Stadt am 29.11.2009.

2

Im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung vom 28.08.2009 ist die Anzahl der notwendigen Unterstützungsunterschriften für eine Kandidatur zur Verbandsgemeinderatswahl nicht ordnungsgemäß, weil fehlerhaft zu hoch angegeben, bekannt gemacht worden. Es wurden 83 Unterstützungsunterschriften, anstatt der notwendigen 40 für den Wahlbereich I und 42 für den Wahlbereich II bekannt gegeben. Der Wahlbereich I umfasste die heutigen Gemeinden A-Stadt, B-Stadt, I., R. und H. W.; der Wahlbereich II die heutigen Gemeinden B., E., H., H.-K., L. und Stadt A.. Der Kläger wohnt im Wahlbereich II. Das Wahlergebnis wurde am 30.11.2009 wie folgt festgestellt:

3

Partei

Stimmen

Stimmenanteil

Sitzanteil

Sitze 

CDU     

2815   

23,25 %

4,65   

5       

DIE LINKE

939     

7,76 %

1,55   

2       

SPD     

573     

4,73 %

0.95   

1       

Bürgerliste

1581   

13,06 %

2,61   

3       

EB - A.

194     

1,60 %

0,32   

0       

Initiative für Bürgernähe

716     

5,91 %

1,18   

1       

Unabhängige Wählergemeinschaft Goldb.

958     

7,91 %

1,58   

2       

Unabhängige Wählergemeinschaft Werb.

892     

7,37 %

1,47   

1       

Wählergemeinschaft Rochau

1055   

8,72 %

1,74   

2       

Bündnis 90/ Die Grünen

192     

1,59 %

0,32   

0       

Bürgerinitiative Ameburg-Für unsere

466     

3,85 %

0,77   

1       

EB – Gärtner

35    

0,29 %

0,06   

0       

Unabhängige Wählergemeinschaft Hinde

212     

1,75 %

0,35   

0       

Wählergemeinschaft Eichstedt

1477   

12,20 %

2,44   

2       

4

In seinem Wahleinspruch vom 10.12.2009 bemängelt der Kläger die zu hohe Anzahl der Unterstützerunterschriften. Es sei anzunehmen, dass mögliche Bewerber aufgrund dieses Aufwandes von einer Kandidatur Abstand genommen hätten. Dieser Wahlfehler der unsorgfältigen Wahlvorbereitung sei auch erheblich und schwerwiegend.

5

Der Wahleinspruch wurde mit Bescheid vom 26.02.2010 zurückgewiesen. Der fristgerecht eingereichte Wahleinspruch sei hinsichtlich der fehlerhaft bekanntgemachten zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften begründet. Es liege ein Verstoß gegen § 21 Abs. 9 Kommunalwahlgesetz Sachsen-Anhalt (KWG LSA) vor. Dieser Verstoß sei jedoch nach § 52 Abs. 1 Nr. 3 KWG LSA nicht so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre. Dies wird mit der einschlägigen Rechtsprechung begründet. Ein Einfluss auf die Sitzverteilung sei ausgeschlossen. Um einen Sitz im Verbandsgemeinderat zu erhalten, seien mindestens 466 Stimmen erforderlich gewesen. Ein Einzelbewerber hätte also mindestens 467 Stimmen erhalten müssen, damit sich die Sitzverteilung im Rat verändert hätte. Die Mehrheitsverhältnisse bei der Verbandsgemeinderatswahl seien recht eindeutig. Kein Einzelbewerber habe auch nur annähernd diese Stimmenzahl erreicht.

6

Eine fiktive Berechnung der Sitzverteilung unter Einbeziehung des Einspruchsführers führe zu keinem anderen Wahlergebnis. Bei der Verbandsgemeinderatswahl habe es 83 Bewerber gegeben. Zur Wahl seien12.105 gültige Stimmen abgegeben worden. Dies entspreche einem durchschnittlichen Stimmenanteil von 145,8 Stimmen/Bewerber. Sofern die beiden Beschwerdeführer A. als Bewerber angetreten wären, hätte sich die Anzahl der Bewerber auf 85 erhöht. Der durchschnittliche Stimmenanteil würde dann bei 142,4 Stimmen/Bewerber liegen. Wenn nunmehr diese 142 Stimmen ins Verhältnis zur Gesamtstimmenzahl gesetzt werden würden, umfassten diese 142 Stimmen 1,17 % der gültigen Stimmen. Um eine fiktive Stimmverteilung/Sitzverteilung vornehmen zu können, würden die Stimmen mit zwei multipliziert und ergeben einen prozentualen Anteil von 2,34 % der Gesamtstimmen. Von jedem Wahlvorschlag würden 2,34 % der Stimmen errechnet und von der erhaltenen Stimme abgezogen. Unter Berücksichtigung dieses Rechenergebnisses würden sich keine Änderungen in der Sitzverteilung ergeben. Auf die dementsprechende Berechnung (Bl. 32 GA) wird verwiesen.

7

Die Bewerbung des Klägers sei von der fehlerhaften Bekanntmachung nicht berührt gewesen. Denn er habe mit tatsächlich 53 Unterstützerunterschriften die geforderten 40 weit übertroffen und sei zur Wahl zugelassen worden.

8

Mit seiner fristgerecht erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter vertiefter Begründung seiner Wahleinsprüche weiter. Ergänzend trägt er vor, dass er eine Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag geplant habe und dies handschriftlich auf seinem Wahlvorschlag vermerkt habe.

9

Der Kläger beantragt,

10

den Beklagten unter Aufhebung des insoweit entgegenstehenden Bescheides vom 26.02.2010 zu verpflichten, festzustellen, dass die Einwendungen gegen die Verbandsgemeinderatswahl A.-B-Stadt am 29.11.2009 begründet sind und die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände so schwerwiegend sind, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Ergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre und die Wahl für ungültig zu erklären.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen

13

und verteidigt aus den Gründen des Bescheides das Wahlergebnis.

14

Die handschriftliche Bemerkung auf dem Wahlvorschlag zur geplanten Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag reiche nach § 21 Abs. 1 Satz 2 KWG LSA nicht aus. Entsprechende Erklärungen seien bis zum Ablauf der Frist der Wahlvorschläge dem Wahlleiter schriftlich und übereinstimmend abzugeben. Wegen der fehlenden Namensangabe und dem Gegenpart fehle es bereits an der notwendigen „Übereinstimmung“ der Wahlvorschläge.

15

Das Gericht hat vor dem zuständigen Richter am 02.02.2012 einen Erörterungstermin durchgeführt. Auf das Protokoll wird verwiesen.

16

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die der anderen Verfahren (9 A 107/10 und 9 A 112/10) und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

17

Die Wahlprüfungsklage hat Erfolg.

18

1.) Die Klage ist als Verpflichtungsklage zulässig. Die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO für die Verpflichtungsklage erforderliche Klagebefugnis des Klägers folgt – unabhängig davon, ob er durch die Ablehnung der begehrten Maßnahme in eigenen Rechten verletzt ist – aus seiner in § 50 Abs. 1 KWG LSA geregelten Einspruchsberechtigung und der an die Ablehnung des Einspruchs anknüpfenden Eröffnung der Möglichkeit, unmittelbar Klage zu erheben (§ 53 Abs. 2 Satz 1 KWG LSA). Der Landesgesetzgeber hat insoweit mit den genannten Vorschriften von der ihm nach § 42 Abs. 2 VwGO eingeräumten Ermächtigung für die Wahlprüfungsklage – die in erster Linie die gesetzmäßige Zusammensetzung der gewählten Vertretungskörperschaft, nicht aber eine individuellen Rechtsschutz sicherstellen soll – bei der Klagebefugnis von dem Erfordernis einer individuellen Rechtsverletzung abzusehen, wirksam Gebrauch gemacht (ausführlich: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005, 9 A 360/04 MD; bestätigt durch OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, 4 L 138/05; beide juris).

19

2.) Die Klage ist begründet. Der streitbefangenen Verbandsgemeinderatswahl lagen Wahlfehler zugrunde, die nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA zu ihrer Aufhebung und Feststellung im Sinne des Tenors führen. Die den begründeten Einwendungen zugrunde liegenden Tatbestände sind so schwerwiegend, dass bei einwandfreier Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen oder festgestellt worden wäre.

20

Gemäß § 50 Abs. 1 KWG LSA kann die Gültigkeit der Wahl durch Wahleinspruch unter anderem mit der Begründung angefochten werden, dass die Wahl nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechend vorbereitet und durchgeführt worden sei.

21

§ 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 KWG LSA ist dahingehend auszulegen, dass es auch schon ausreichen kann, wenn nachhinreichender Wahrscheinlichkeit durch die geltend gemachte Rechtsverletzung die gesetzmäßige Zusammensetzung der zu wählenden Körperschaft bzw. das Ergebnis einer Einzelwahl berührt sein kann. Eine nach dem Wortlaut nahe liegende Beschränkung auf Fälle, in denen die Kausalität der Rechtsverletzung feststeht, würde eine erhebliche Zahl von Wahlfehlern, bei denen eine solche Feststellung von vornherein ausgeschlossen ist, unberücksichtigt lassen. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit liegt grundsätzlich vor, wenn eine nach der allgemeinen Lebenserfahrung konkrete und nicht ganz fernliegende, also nicht nur theoretische, Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Diese Auslegung entspricht auch der herrschenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und anderer Obergerichte zur Erheblichkeit von Wahlfehlern (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Urt. v. 03.07.2008, 2 BvC 1/07 und 7/07; Beschl. v. 23.11.1993, 2 BvC 15/91; OVG Thüringen, Urt. v. 20.06.1996, 2 KO 229/96; OVG NRW, Urt. v. 22.02.1991, 15 A 1518/90; OVG Brandenburg, Urt. v. 18.10.2001, 1 A 200/00; OVG Niedersachsen, Urt. v. 26.03.2008, 10 LC 203/07; OVG LSA, Beschl. v. 26.02.2009, 4 L 364/08; OVG LSA, Urt. v. 20.11.1996, 2 L 375/95; alle juris; Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag, 7. Aufl., § 49 S. 617 m. w. N.). Dabei bestimmt nicht zuletzt die „Art des Wahlfehlers“ - mithin die ihm zugrunde liegenden Tatbestände – seinen Einfluss auf das Wahlergebnis und damit die an die Wahrscheinlichkeit zu stellenden Anforderungen.

22

Gerade im Kommunalwahlbereich spielen die zu wählenden Personen eine stärkere und bedeutsame Rolle als bei Landes-, Bundes- und Europawahlen. Es geht bei der „Wesentlichkeitsfrage“ nicht nur darum, ob sich die Mehrheiten in der Kommunalvertretung verändern würden, sondern um die Teilhabe am Entscheidungsprozess in der jeweiligen gewählten Kommunalvertretung und damit um die konkrete Repräsentation des Wählerwillens. Deshalb ist davon auszugehen, dass ein Wahlfehler immer dann schon die Wesentlichkeitsschwelle überschreitet, wenn sich bei seiner Vermeidung eine andere Zusammensetzung des Kommunalparlaments ergeben hätte (vgl. zur Wahl zum Kreistag: OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

23

Bei einem Wahlfehler hinsichtlich der Wahlorganisation muss genügen, festzustellen, dass er sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben kann. Denn es ist gerade hier der Natur nach ausgeschlossen, zu ermitteln, wie sich der Wähler bei Eliminierung des Fehlers konkret nachweisbar verhalten hätte (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

24

So ist bei Zulassung eines Wahlvorschlages der mangels Unterschriften ungültig ist aber etwa die Hälfte der insgesamt abgegebenen Stimmen erhielt eine wesentliche Auswirkung auf das Wahlergebnis offensichtlich (OVG LSA, Beschl. v. 14.06.2005, 4 L 125/05; juris).

25

Der Entscheidung des OVG LSA vom 26.02.2009 (4 L 364/08; juris) lag ein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften zugrunde, welche die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge sichern sollte, nämlich Regelungen zur Öffentlichkeit der Wahl. Der Wahlleiter hatte zwischenzeitlich die Verfügungsgewalt über die Wahlunterlagen verloren. Ein derartiger Fehler hat offensichtliche Auswirkungen auf das Wahlergebnis.

26

Das OVG Brandenburg hat mit Urteil vom 18.10.2001 (1 A 200/00; juris) entschieden, dass die fehlende zweite Unterschrift auf einem Wahlvorschlag ein schwerwiegender Wahlfehler sei, wonach bei einer einwandfreien Durchführung der Wahl ein wesentlich anderes Wahlergebnis zustande gekommen wäre und die Wahl demnach für ungültig zu erklären ist. Das Gericht führt aus, dass die Bestimmungen der Brandenburgischen Kommunalwahlverordnung nicht in erster Linie der Verwirklichung (subjektiver) materieller Rechtspositionen dienen, sondern vielmehr objektiven Belangen, nämlich einem ordnungsgemäßen und fehlerfreien Ablauf der Wahl. Die gesetzlichen Wahlbestimmungen über das hauptsächlich von Amts wegen zu betreibende Wahlverfahren – angefangen von der amtlichen Wahlvorbereitung bis hin zum amtlichen Wahlergebnis – verhielten sich in erster Linie zu (vermeidbaren) amtlichen Verstößen. Beachtlich sei von daher die amtliche Handlung – dort die Zulassung des fehlerhaften Vorschlages. Der für die Betrachtung der Folgenuntersuchung maßgebliche Wahlverstoß liege also nicht schon in der etwaigen mangelhaften (privaten) Wahlvorbereitung, sondern in der nachfolgenden (amtlichen) Zulassung des Wahlvorschlages (mit Verweis auf OVG Lüneburg, Urt. v. 30.07.1956, V OVG A 22/56; OVG NRW, Urt. v. 12.02.1964, III A 660/63; juris sowie Schmiemann, Wahlprüfung im Kommunalwahlrecht, 1972, S. 84 m. w. N.). Das OVG Brandenburg sieht auch einen schwerwiegenden auf die Sitzverteilung durchschlagenden Fehler. Denn aufgrund des fehlerhaft zugelassenen Wahlvorschlages haben die Bewerber Sitze in der Vertretung der Gemeinde erlangt.

27

Ein zur Wahlanfechtung führender Verstoß ist grundsätzlich dann als erheblich zu qualifizieren, wenn er sich auf solche Vorschriften bezieht, die entweder der Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze, wie sie in Art. 28 Abs. 1 GG festgeschrieben sind oder der Durchsetzung des vom Gesetzgeber bestimmten Wahlsystems sowie einem gesicherten und geordneten Ablauf des Wahlverfahrens – um den Wählerwillen objektiv zu erfassen – dienen (OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil v. 12.02.1980; 7 A 100/79, DÖV 1981, 146; juris nur Leitsatz). Der Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz lag ein Fall zugrunde, wo in der Wahlbekanntmachung die nach dem dortigen Landesrecht notwendigen Hinweise auf Ort und Zeit der Leistung der Unterstützerunterschriften fehlten. Der Wahlleiter sei wegen des Verstoßes gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanforderungen der ihm obliegenden Sorge für eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl nicht nachgekommen. Sinn einer Wahlbekanntmachung sei es, die Wahlbeteiligten über die wesentlichen Wahlvorschriften zu unterrichten, insbesondere über die einzureichenden Wahlvorschläge, die dabei notwendigen Formerfordernisse und nicht zuletzt auch darüber, wann und wo die erforderlichen Unterschriften für einen Wahlvorschlag geleistet werden können. Ohne Einhaltung dieser Erfordernisse in der Wahlbekanntmachung würde der Sinn und Zweck, insbesondere der Wirkungsgrad der öffentlichen Auslegung verloren gehen.

28

a.) Ein ähnlicher Wahlfehler vergleichbar des Wirkungsgrades der öffentlichen Bekanntmachung ist auch vorliegend aufgrund der fehlerhaften, weil doppelt so hohen Angabe der Anzahl der Unterstützerunterschriften in der öffentlichen Wahlbekanntmachung gegeben. Denn bedenkt man, dass die verfassungsrechtlich zulässige (hohe) Hürde des Quorums der Unterstützerunterschriften das passive Wahlrecht bereits einschränkt (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit nur: LVerfG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 27.03.2011, LVG 1/01; VerfGH Berlin, Beschl. v. 24.01.2003, 155/01; Thüringer OVG, Urt. v. 26.09.2000, 2 KO 289/00 mit zusammenfassendem Verweis auf die verfassungsrechtliche Rechtsprechung; VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; alle juris), muss jedenfalls gefordert werden, dass die Wahlorganisation diesbezüglich einwandfrei ist (ähnlich: VG Freiburg, Urteil v. 02.10.2001, 4 K 2348/00; juris).

29

b.) Das Gericht hält diesen offensichtlichen und auch von dem Beklagten festgestellten Wahlfehler für so schwerwiegend, dass die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass nach der zugrunde zulegenden allgemeinen Lebenserfahrung nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, dass sich der Wahlfehler auf das konkrete Wahlergebnis ausgewirkt hat. Dabei ist nicht entscheidend, dass sich der Kläger trotz der fehlerhaften Angabe der Unterstützerunterschriften insoweit nicht von der Wahl hat abhalten lassen und mit 53 Unterschriften die bereinigte Anzahl von 40 weit übertroffen hat. Dies beweist jedenfalls seine ernsthafte Kandidatur (vgl. zur Ernsthaftigkeit der Kandidatur Parallelverfahren 9 A 107/10). Ob dies auch für weitere potentielle Bewerber gilt, welche Anforderungen an eine ernstgemeinte Kandidatur zu stellen sind und ob sich der Kläger auf die mögliche Abhaltung anderer Bewerber überhaupt berufen darf, muss hier nicht geprüft werden.

30

Entscheidend ist vielmehr, dass der Kläger aufgrund der zu hohen Unterstützerunterschriften gehindert war, den von ihm geplanten Zusammenschluss mit einem anderen Wahlvorschlag einzugehen. Insoweit kann ihm nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden, dass er dies auch auf seinem Wahlvorschlag gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 KWG LSA verbindlich hätte angeben müssen und nach § 21 Abs. 1 Satz 3 KWG LSA entsprechende Erklärungen bis zum Ablauf der Frist der Wahlvorschläge dem Wahlleiter schriftlich und übereinstimmend abzugeben gewesen wären. Der vorgenannte Wahlfehler der zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften hat im Fall des Klägers in dem Sinne fortgewirkt, dass er keine diesbezüglichen Angaben machen konnte. Denn insoweit fehlte ihm der potenzielle Gegenpart, weil nicht auszuschließen ist, dass sich andere für ihn zur Wahlverbindung geeignete Bewerber von der Kandidatur haben abhalten lassen. So führte der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft aus, dass dies z. B. der im Verfahren 9 A 111/10 auftretende Kläger M. sein sollte. Dieser hat sich jedoch wegen der zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften von der Kandidatur als Einzelbewerber abhalten lassen und hat sich stattdessen auf die Liste Bündnis90/Die Grünen aufstellen lassen (vgl. dazu: Urteil vom 06.06.2012, 9 A 111/10).

31

Es ist nicht auszuschließen, dass der Kläger, wenn er dann mit einem anderen Wahlvorschlag eine Verbindung eingegangen wäre, eine hinreichende Anzahl von Wahlerstimmen mit Auswirkung auf die Sitzverteilung erlangt hätte. Dies ist gerade in Kommunalwahlbereich nicht auszuschließen. Die Kammer hat in dem Urteil vom 06.06.2012 in dem Parallelverfahren M. (9 A 111/10) ausgeführt, dass gerade im Kommunalwahlbereich parteilose Einzelbewerber oder freie Wählervereinigungen ein großes, ja überwiegendes Wählerpotential bieten und Kommunalwahlen „Personenwahlen“ sind (so schon: VG Magdeburg, Urteil v. 20.04.2005 9 A 360/04; juris).

32

Entscheidend für die Beurteilung des Wahlfehlers ist zudem, dass aufgrund der viel zu hohen Anzahl der Unterstützerunterschriften viele Unterstützer ihre Unterschrift an andere Bewerber vergeben haben. Da jeder Wähler nur eine Unterstützerunterschrift leisten darf, hat dies zwangsläufig zur Folge, dass das Spektrum der potentiellen Unterstützer maßgeblich verkleinert wurde und nicht mehr zur Verfügung stand. So hat der Kläger mit tatsächlich 53 Unterstützerunterschriften 13 mehr als die geforderten 40 erlangt. Diese 13 unnötigen und damit für andere potentielle Bewerber „verbrannten“ Unterstützerunterschriften verdeutlichen anschaulich die Schwere des Wahlfehlers.

33

Dabei verbietet sich die vom Beklagten vorgenommene fiktive Berechnung möglicher Sitzverteilungen von vornherein. Denn diese Berechnung legt gerade das aufgrund des Wahlfehlers festgestellte Wahlergebnis zugrunde und berücksichtigt nicht die mögliche Abhaltung weiterer Bewerber.

34

c.) Schließlich führt der Kläger mit seiner Klage die bereits im Wahleinspruchsverfahren von ihm erhobene Rüge fort, so dass keine Präklusion besteht (vgl. dazu nur: BVerwG, Beschluss v. 12.01.1989, 7 B 202.88; OVG LSA, Urteil v. 20.11.1996, 2 L 375/95; juris). Denn - wie aufgeführt - stellt sich die zwar erst im gerichtlichen Verfahren vorgetragene Rüge der nicht möglichen Verbindung mit einem anderen Wahlvorschlag als bloße Fortwirkung der im Wahleinspruchsverfahren erhobenen Beschwer der fehlerhaften Anzahl der Unterstützerunterschriften dar.

35

Dementsprechend beruft sich der Kläger auch nicht auf die von dem im Parallelverfahren M. (9 A 111/10) vorgetragenen weiteren – und dort einschlägigen – Wahlfehler. Denn damit wäre er materiell-rechtlich präkludiert.

36

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. d. Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Höhe der vorläufigen Festsetzung.


Soweit Institute einer anderen staatlichen Aufsicht unterliegen, bleibt diese neben der Aufsicht der Bundesanstalt bestehen.

(1) Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 sind

1.
Gelddarlehen aller Art, entgeltlich erworbene Geldforderungen, Akzeptkredite sowie Forderungen aus Namensschuldverschreibungen mit Ausnahme der auf den Namen lautenden Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen;
2.
die Diskontierung von Wechseln und Schecks;
3.
Geldforderungen aus sonstigen Handelsgeschäften eines Instituts, ausgenommen die Forderungen aus Warengeschäften der Kreditgenossenschaften, sofern diese nicht über die handelsübliche Frist hinaus gestundet werden;
4.
Bürgschaften, Garantien und sonstige Gewährleistungen eines Instituts sowie die Haftung eines Instituts aus der Bestellung von Sicherheiten für fremde Verbindlichkeiten;
5.
die Verpflichtung, für die Erfüllung entgeltlich übertragener Geldforderungen einzustehen oder sie auf Verlangen des Erwerbers zurückzuerwerben;
6.
der Besitz eines Instituts an Aktien oder Geschäftsanteilen eines anderen Unternehmens, der mindestens ein Viertel des Kapitals (Nennkapital, Summe der Kapitalanteile) des Beteiligungsunternehmens erreicht, ohne daß es auf die Dauer des Besitzes ankommt;
7.
Gegenstände, über die ein Institut als Leasinggeber Leasingverträge abgeschlossen hat, abzüglich bis zum Buchwert des ihm zugehörigen Leasinggegenstandes solcher Posten, die wegen der Erfüllung oder der Veräußerung von Forderungen aus diesen Leasingverträgen gebildet werden.
Zugunsten des Instituts bestehende Sicherheiten sowie Guthaben des Kreditnehmers bei dem Institut bleiben außer Betracht.

(2) Als Kredite im Sinne der §§ 15 bis 18 gelten nicht

1.
Kredite an den Bund, ein rechtlich unselbständiges Sondervermögen des Bundes oder eines Landes, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband;
2.
ungesicherte Forderungen an andere Institute aus bei diesen unterhaltenen, nur der Geldanlage dienenden Guthaben, die spätestens in drei Monaten fällig sind; Forderungen eingetragener Genossenschaften an ihre Zentralbanken, von Sparkassen an ihre Girozentralen sowie von Zentralbanken und Girozentralen an ihre Zentralkreditinstitute können später fällig gestellt sein;
3.
von anderen Instituten angekaufte Wechsel, die von einem Institut angenommen, indossiert oder als eigene Wechsel ausgestellt sind, eine Laufzeit von höchstens drei Monaten haben und am Geldmarkt üblicherweise gehandelt werden;
4.
abgeschriebene Kredite.
(3) § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 bis 11 und § 18 gelten nicht für
1.
Kredite, soweit sie den Erfordernissen des § 14 und des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes entsprechen (Realkredite);
2.
Kredite mit Laufzeiten von höchstens 15 Jahren gegen Bestellung von Schiffshypotheken, soweit sie den Erfordernissen des § 22 Abs. 1, 2 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3, des § 23 Abs. 1 und 4 sowie des § 24 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 des Pfandbriefgesetzes entsprechen;
3.
Kredite an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, die nicht in Absatz 2 Nr. 1 genannt ist, die Europäische Union, die Europäische Atomgemeinschaft oder die Europäische Investitionsbank;
4.
Kredite, soweit sie vom Bund, einem Sondervermögen des Bundes, einem Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband verbürgt oder in anderer Weise gesichert sind (öffentlich verbürgte Kredite).

(4) Als Kredite im Sinne des § 18 gelten nicht

1.
Kredite auf Grund des entgeltlichen Erwerbs einer Forderung aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften, wenn
a)
Forderungen aus nicht bankmäßigen Handelsgeschäften gegen den jeweiligen Schuldner laufend erworben werden,
b)
der Veräußerer der Forderung nicht für deren Erfüllung einzustehen hat und
c)
die Forderung innerhalb von drei Monaten, vom Tage des Ankaufs an gerechnet, fällig ist;
2.
Kredite, soweit sie gedeckt sind durch Sicherheiten in Form von
a)
Bareinlagen bei dem kreditgewährenden Institut oder bei einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, oder Barmitteln, die das Institut im Rahmen der Emission einer Credit Linked Note erhält, oder
b)
Einlagenzertifikaten oder ähnlichen Papieren, die von dem kreditgewährenden Institut oder einem Drittinstitut, das Mutter- oder Tochterunternehmen des kreditgewährenden Instituts ist, ausgegeben wurden und bei diesen hinterlegt sind und die näheren Bestimmungen der Artikel 192 bis 241 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 zur Kreditrisikominderung erfüllt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.