Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 29. Juni 2017 - 8 A 759/16

bei uns veröffentlicht am29.06.2017

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich als Rechtsnachfolgerin nach Dr. Karl B. gegen den Bescheid des Beklagten vom 23.11.2016, mit welchem Ausgleichsleistungen für die entschädigungslose Enteignung des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens „Gut B…? wegen Versäumung der Antragsfrist abgelehnt wurden.

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Der Bescheid führt aus, dass eine fristgerechte Antragstellung nach §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 Satz 1 und 3 Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) nicht gegeben sei. Ansprüche auf Ausgleichsleistungen seien beim Amt für offene Vermögensfragen geltend zu machen gewesen. Dabei gelte nach § 6 Abs. 1 Satz 3 AusglLeistG die Ausschlussfrist ab dem 31.05.1995. Der klägerische Vortrag, bereits am 24.08.1990 gegenüber dem Kreis W… einen entsprechenden Antrag gestellt zu haben, sei nicht nachgewiesen. Unbestritten sei dem Rat des Kreises W…, wie im Rückschein des Einschreibens dokumentiert, am 29.08.1990 ein Brief der Klägerin zugegangen. Der Nachweis, dass es sich bei dem Inhalt dieses Briefes um den in Kopie vorgelegten Antrag auf Ausgleichsleistungen hinsichtlich des ehemaligen landwirtschaftlichen Unternehmens „Gut B..? handele, sei dadurch nicht geführt. Ein Anscheinsbeweis, dass bei einem mittels Einschreiben mit Rückschein versendeten Briefes, dieser den vom Absender behaupteten Inhalt habe, sei nicht anerkannt. Vielmehr wohne einem derartigen Geschehensablauf gerade keine derartige Typizität inne, dass vom Zugang einer verkörperten Erklärung zwingend auf dessen Inhalt geschlossen werden könne. Auch die dazu geführten Ermittlungen hätten nicht ergeben, dass die Klägerin bei anderen Ämtern einen entsprechenden Antrag gestellt habe.

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Eine vom Bundesverwaltungsgericht zum Vermögensrecht entwickelte sogenannte „Nachsichtgewährung? sei nicht möglich. Denn dies erfordere jedenfalls ein staatliches Fehlverhalten bei der Anwendung von Rechtsvorschriften, wodurch der Antragsteller nicht in der Lage gewesen sei, seine Rechte innerhalb der Ausschlussfrist zu wahren. Derartiges staatliches Fehlverhalten sei vorliegend nicht ersichtlich.

4

Mit der dagegen fristgerecht erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiter Ausgleichsleistungen und führt aus, dass sie den entsprechenden vermögensrechtlichen Antrag vom 24.08.1990 fristgerecht am 27.08.1990 mittels Einschreiben durch Rückschreiben an den damaligen Rat des Kreises W… geschickt habe. Dass dieser vermögensrechtliche Antrag nicht bei der Behörde auffindbar sei, sei ihr nicht zuzurechnen. Sie habe alles getan, was sie tun konnte. Dass ein Schriftstück dem damaligen Rat des Kreises W... eingegangen sei, belege der Rückschein. Bei der Behörde ist jedoch keinerlei Aktenbestandteil angefertigt worden. Auch unter Berücksichtigung des Vorhalts, dass es sich um einen leeren Briefumschlag oder einen anderen Inhalt als den vermögensrechtlichen Antrag gehandelt habe, müsste zumindest dieser Briefumschlag und oder der vermeintlich andere Inhalt bei der Behörde auffindbar sein. Dafür trage die Behörde und damit der Beklagte als Rechtsnachfolger die Beweislast.

5

Die Klägerin beantragt,

6

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 23.11.2016 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom 24.08.1990 (Eingang 27.08.1990) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes erneut zu entscheiden.

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Der Beklagte beantragt,

8

die Klage abzuweisen

9

und verteidigt die in dem Bescheid und den Schriftsätzen geäußerte Rechtsansicht zum nichtbewiesenen fristgerechten Antrag durch die Klägerin.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Denn der Beklagte geht zu Unrecht von einer verfristeten Antragstellung auf Ausgleichsleistungen aus.

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Allein streitig und entscheidungserheblich zwischen den Beteiligten ist, ob ein fristgerecht gestellter Antrag der Klägerin bezüglich der vermögensrechtlichen Ansprüche aus der entschädigungslosen Enteignung des „Gutes B..? gestellt wurde. Ein fristgemäßer Antrag nach §§ 1 Abs. 1, 6 Abs. 1 AusglLeistG musste bis zum 31.05.1995 gestellt werden, wobei bereits nach dem Vermögensgesetz (VermG) gestellte Anträge fortwirken. Dabei handelt es sich um eine materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht möglich ist (BVerwG, Urt. v. 28.03.1996, 7 C 28.95; juris).

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Vorliegend ist das Gericht nach dem Studium der Verwaltungsvorgänge und der Abwägung der Argumente der Beteiligten und letztendlich aufgrund der durch die allgemeine Lebenserfahrung anzunehmenden Auslegung des Lebenssachverhalts der Überzeugung, dass die Klägerin unter dem 24.08.1990 den formularmäßigen Antrag hinsichtlich der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche hinsichtlich des „Gutes B…? gestellt hat und diesen mittels Einschreiben durch Rückschein am 27.08.1990 bei der Deutschen Bundespost in B-Stadt aufgegeben hat, welcher sodann am 29.08.1990 in W… beim Rat des Kreises - Landratsamt - eingegangen ist. Dies belegen die in Kopie eingereichten und der Akte zu entnehmenden Unterlagen des Einlieferungsscheins „R 604 c?. Der Einlieferungsschein ist ordnungsgemäß amtlich gestempelt und auch die Zustellung in W… am 29.08.1990 ist vom Postbevollmächtigten unterschrieben und gestempelt. Schließlich ist die Adresse mit „Rat des Kreises - Landratsamt - in DDR - 3120 W… angegeben.

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Der "Rat des Kreises W..." war seiner Zeit zuständige untere Landesbehörde für vermögensrechtliche Anträge (§ 24 VermG). Somit ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass ein ordnungsgemäß adressierter Brief, welcher mit dem Aufwand der Wahl einer bestimmten postalischen Zustellart befördert wird, nämlich durch "Einschreiben mit Rückschein", auch den entscheidenden Inhalt, nämlich den vermögensrechtlichen Antrag, beinhaltet. Für die entgegenstehende Annahme, dass der zweifelsfrei zugestellte Briefumschlag einen anderen oder gar keinen Inhalt als den Antrag enthielt, gibt es keine Anhaltspunkte. Vielmehr - und das ist wieder entscheidend - müsste dann zumindest der bei der Behörde eingegangene Briefumschlag ohne oder mit dem anderen Inhalt als dem vermögensrechtlichen Antrag in einer entsprechenden Akte abgelegt worden sein. Aber gerade eine solche angelegte Akte ist nicht auffindbar, wie die Nachforschungen des Beklagten ergaben. Demnach bleibt allein die logische Schlussfolgerung, dass der - nachgewiesene - Posteingang bei der damals zuständigen Behörde nicht ordnungsgemäß bearbeitet wurde. Die Klägerin hat alles getan, was sie tun konnte um von dem Eingang und der ordnungsgemäßen Bearbeitung ihres Antrages auszugehen. Denn sie verfügte über den Einlieferungs- und Rückschein der Postsendung. Im Übrigen spricht neben der besonderen Beförderungsart auch die Aufbewahrung dieser Unterlagen dafür, dass sich die Klägerin der Wichtigkeit dieser Postsendung bewusst war.

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Der Klägerin kam auch keine Verpflichtung zu, sich bis zur Ausschussfrist am 31.12.1992 bzw. 31.05.1995 nach dem Eingang des Antrages zu erkundigen. Denn zum einen war sie sich ja des Rückscheines gewiss und zum anderen muss auch auf die damalige Situation bei den Behörden abgestellt werden. Aufgrund der in der Öffentlichkeit durch die Medienberichterstattung bekannten Vielzahl der vermögensrechtlichen Anträge waren die Behörden selbst darum bemüht, keine Nachfragen oder Eingangsbestätigungen bearbeiten zu müssen. Soweit die Klägerin in dem anderen von ihr betriebenen vermögensrechtlichen Verfahren, das hier relevante Verfahren verschwiegen hat, kann dies viele Gründe haben. Das auch damals bereits höhere Lebensalter der Klägerin, die Unübersichtlichkeit der Vermögensverhältnisse und auch die dortige Vertretung durch einen Rechtsanwalt vermögen dies zu rechtfertigen. Jedenfalls kann dieses Indiz nicht die objektiv feststehende Tatsache der fehlenden Aktenführung erschüttern. Der Beklagte muss somit die Nichtaufklärbarkeit des Verbleibs des - eigegangenen - Antrages gegen sich gelten lassen.

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Nachdem eine fristgerechte Antragstellung nunmehr vorliegt, kommt es auf eine Nachsichtgewährung nicht an. Der Beklagte wird sich der weiteren Prüfung des Anspruchs auf Ausgleichsleistungen widmen und den Antrag bescheiden müssen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, wobei das Gericht wegen der hier zunächst zu endscheidenden Vorfrage der Zulässigkeit des Antrages vom Auffangstreitwert ausgeht.

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Diese Entscheidung ist nach § 6 Abs. 2 AusglLeistG, § 37 Abs. 2 VermG nicht mit der Berufung oder Beschwerde anfechtbar. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Grund nach § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegt.


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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 29. Juni 2017 - 8 A 759/16 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG | § 1 Anspruch auf Ausgleichsleistung


(1) Natürliche Personen, die Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage in dem in Ar

Vermögensgesetz - VermG | § 37 Gerichtliches Verfahren


(1) Für das gerichtliche Verfahren gilt § 36 Abs. 1 Satz 1 entsprechend. (2) Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Gerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung

Ausgleichsleistungsgesetz - AusglLeistG | § 6 Zuständigkeit und Verfahren


(1) Ansprüche auf Ausgleichsleistungen sind bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen, soweit für die Rückgabe des entzogenen Vermögenswertes das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen oder die Landesämter zur Regelung of

Vermögensgesetz - VermG | § 24 Untere Landesbehörden


Für jeden Landkreis, jede kreisfreie Stadt und für Berlin wird ein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen als untere Landesbehörde eingerichtet. Ein solches Amt kann auch für mehrere Kreise, kreisfreie Städte oder mit landesweiter Zuständigkeit geb

Referenzen

(1) Ansprüche auf Ausgleichsleistungen sind bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen, soweit für die Rückgabe des entzogenen Vermögenswertes das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen oder die Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen zuständig wären, bei diesen geltend zu machen. Bereits gestellte, noch anhängige Anträge nach dem Vermögensgesetz, die nach § 1 Abs. 8 Buchstabe a des Vermögensgesetzes ausgeschlossen sind, werden als Anträge nach diesem Gesetz gewertet. Die Antragsfrist endet mit Ablauf des sechsten Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes (Ausschlussfrist).

(2) Für die Durchführung der §§ 1, 2 und 5 dieses Gesetzes gelten die Bestimmungen des Vermögensgesetzes und des § 12 Abs. 1 Satz 2 des Entschädigungsgesetzes entsprechend.

(3) Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der §§ 3, 3a und der auf Grund von § 4 Abs. 3 ergangenen Verordnung sind die ordentlichen Gerichte zuständig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Natürliche Personen, die Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verloren haben, oder ihre Erben oder weiteren Erben (Erbeserben) erhalten eine Ausgleichsleistung nach Maßgabe dieses Gesetzes. § 1 Abs. 7 des Vermögensgesetzes bleibt unberührt.

(1a) Ein Anspruch auf Ausgleichsleistung besteht im Fall der Einziehung von im Beitrittsgebiet belegenen Vermögenswerten durch Entscheidung eines ausländischen Gerichts auch, wenn hinsichtlich der mit der Entscheidung verbundenen Freiheitsentziehung eine Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes erteilt worden ist. § 1 Abs. 7 des Vermögensgesetzes bleibt unberührt.

(2) Ein Eingriff auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage liegt bei der Enteignung von Vermögen einer Gesellschaft oder einer Genossenschaft vor, wenn diese zu einer Minderung des Wertes der Anteile an der Gesellschaft oder der Geschäftsguthaben der Mitglieder der Genossenschaft geführt hat. Das Gleiche gilt für Begünstigte (§ 18b Abs. 1 Satz 1 des Vermögensgesetzes) früherer dinglicher Rechte an Grundstücken, die auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet wurden. § 1 Abs. 2 Satz 3 und 4 des Entschädigungsgesetzes gilt entsprechend. Ist das Vermögen einer Familienstiftung oder eines Familienvereins mit Sitz im Beitrittsgebiet enteignet worden, sind den daran Beteiligten Ausgleichsleistungen so zu gewähren, als wären sie an dem Vermögen der Familienstiftung oder des Familienvereins zur gesamten Hand berechtigt gewesen; die Achtzehnte Verordnung zur Durchführung des Feststellungsgesetzes vom 11. November 1964 (BGBl. I S. 855) gilt entsprechend.

(3) Ausgleichsleistungen werden nicht gewährt für

1.
Schäden, die durch Wegnahme von Wirtschaftsgütern auf Veranlassung der Besatzungsmacht entstanden sind, sofern diese Wirtschaftsgüter der Volkswirtschaft eines fremden Staates zugeführt wurden oder bei der Wegnahme eine dahingehende Absicht bestand (Reparationsschäden im Sinne des § 2 Abs. 1 bis 4 und 6 bis 7 des Reparationsschädengesetzes),
2.
Schäden, die dadurch entstanden sind, dass Wirtschaftsgüter, die tatsächlich oder angeblich während des Zweiten Weltkrieges aus den von deutschen Truppen besetzten oder unmittelbar oder mittelbar kontrollierten Gebieten beschafft oder fortgeführt worden sind, durch Maßnahmen oder auf Veranlassung der Besatzungsmacht in der Absicht oder mit der Begründung weggenommen worden sind, sie in diese Gebiete zu bringen oder zurückzuführen (Restitutionsschäden im Sinne des § 3 des Reparationsschädengesetzes),
3.
Schäden, die dadurch entstanden sind, dass Wirtschaftsgüter zum Zwecke der Beseitigung deutschen Wirtschaftspotentials zerstört, beschädigt oder, ohne dass die sonstigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Reparationsschädengesetzes vorliegen, weggenommen worden sind (Zerstörungsschäden im Sinne des § 4 des Reparationsschädengesetzes),
4.
Verluste an den im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 653-1, veröffentlichten bereinigten Fassung genannten Vermögenswerten,
5.
Gläubigerverluste, die im Zusammenhang mit der Neuordnung des Geldwesens im Beitrittsgebiet stehen,
6.
verbriefte Rechte, die der Wertpapierbereinigung unterlagen oder unterliegen,
7.
auf ausländische Währung lautende Wertpapiere,
8.
Schuldverschreibungen von Gebietskörperschaften und
9.
Ansprüche, die in § 1 Abs. 8 Buchstabe c und d des Vermögensgesetzes genannt sind.

(4) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht gewährt, wenn der nach den Absätzen 1 und 2 Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, oder das enteignete Unternehmen gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen, in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht oder dem nationalsozialistischen oder dem kommunistischen System in der sowjetisch besetzten Zone oder in der Deutschen Demokratischen Republik erheblichen Vorschub geleistet hat.

Für jeden Landkreis, jede kreisfreie Stadt und für Berlin wird ein Amt zur Regelung offener Vermögensfragen als untere Landesbehörde eingerichtet. Ein solches Amt kann auch für mehrere Kreise, kreisfreie Städte oder mit landesweiter Zuständigkeit gebildet werden. Die gilt auch dann, wenn die Aufgaben der unteren Landesbehörden nach § 28 Abs. 2 auf die Landkreise oder kreisfreien Städte übertragen wurden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Ansprüche auf Ausgleichsleistungen sind bei den Ämtern zur Regelung offener Vermögensfragen, soweit für die Rückgabe des entzogenen Vermögenswertes das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen oder die Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen zuständig wären, bei diesen geltend zu machen. Bereits gestellte, noch anhängige Anträge nach dem Vermögensgesetz, die nach § 1 Abs. 8 Buchstabe a des Vermögensgesetzes ausgeschlossen sind, werden als Anträge nach diesem Gesetz gewertet. Die Antragsfrist endet mit Ablauf des sechsten Monats nach Inkrafttreten dieses Gesetzes (Ausschlussfrist).

(2) Für die Durchführung der §§ 1, 2 und 5 dieses Gesetzes gelten die Bestimmungen des Vermögensgesetzes und des § 12 Abs. 1 Satz 2 des Entschädigungsgesetzes entsprechend.

(3) Für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung der §§ 3, 3a und der auf Grund von § 4 Abs. 3 ergangenen Verordnung sind die ordentlichen Gerichte zuständig.

(1) Für das gerichtliche Verfahren gilt § 36 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

(2) Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Gerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 in Verbindung mit § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung, die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes und die Beschwerde gegen Beschlüsse nach § 80 Abs. 5 und 7 sowie § 80a der Verwaltungsgerichtsordnung. Auf die Beschwerde gegen die Beschlüsse über den Rechtsweg findet § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.