Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 09. Nov. 2015 - 4 B 292/15

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2015:1109.4B292.15.0A
bei uns veröffentlicht am09.11.2015

Gründe

1

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Nebenbestimmung Nr. III 1 in der Baugenehmigung vom 07.01.2015 wiederherzustellen (§ 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO), hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Nebenbestimmung, mit der die Baugenehmigung von der aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht wurde, der Bauaufsichtsbehörde ein geeignetes Sicherungsmittel in Höhe von 170.000 € zur Finanzierung der Rückbaukosten nach dauerhafter Aufgabe der Nutzung anzubieten, sind nicht erfüllt. Bei der gebotenen Güter- und Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung der Nebenbestimmung gegenüber dem Interesse der Antragstellerin, vom Sofortvollzug verschont zu bleiben.

2

Der Antrag ist zulässig. Die Nebenbestimmung in einer Baugenehmigung, mit der die Bauaufsichtsbehörde von dem Bauherrn eine Rückbausicherheit verlangt, ist isoliert anfechtbar (vgl. OVG LSA, Urteil vom 12.05.2011 – 2 L 239/09 -, juris). Dementsprechend hat der Widerspruch gegen eine solche Nebenbestimmung aufschiebende Wirkung (OVG LSA, Beschluss vom 17.09.2008 – 2 M 153/08 -, NVwZ-RR 2009, 239), so dass bei einer von der Bauaufsichtsbehörde erlassenen Anordnung der sofortigen Vollziehung ein Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1, 2. Alt. VwGO statthaft ist.

3

Der Antrag hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil sich die angefochtene Nebenbestimmung in der Baugenehmigung nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage als offensichtlich rechtmäßig erweist, die Anordnung der sofortigen Vollziehung den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht und auch ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.

4

Rechtsgrundlage für die Nebenbestimmung ist § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA. Nach dieser Bestimmung hat die Bauaufsichtsbehörde bei Anlagen, die ausschließlich einem Zweck dienen und bei denen üblicherweise anzunehmen ist, dass wirtschaftliche Interessen an einer Folgenutzung nicht bestehen, wie Behelfsbauten, Einzelhandelsmärkte, Windkraftanlagen, Freiflächenphotovoltaikanlagen oder vorübergehend aufzustellende Anlagen, die Erteilung der Baugenehmigung von der Leistung eines geeigneten Sicherungsmittels abhängig zu machen, durch das die Finanzierung der Kosten des Rückbaus bei dauerhafter Aufgabe der Nutzung gesichert wird.

5

Die gesetzliche Regelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Wie das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in seinem Urteil vom 12.05.2011 (a. a. O.) zutreffend und unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 23.11.2010 (4 A 43/10, juris) ausgeführt hat, besteht die Gesetzgebungskompetenz des Landes, weil die Regelung dem Bauordnungsrecht und nicht der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Bodenrecht zuzuordnen ist. Die Regelung dient der Gefahrenabwehr. Zweck der Vorschrift ist es, die Träger der unteren Bauaufsichtsbehörden von dem finanziellen Risiko des Rückbaus baulicher Anlagen, die nur für begrenzte Zeiträume konzipiert werden, nach Aufgabe der Nutzung freizustellen, wenn der Bauherr oder sein Rechtsnachfolger für eine Kostenübernahme nicht zur Verfügung stehen und der Rückbau im Wege der Ersatzvornahme durchgeführt werden muss. Die Regelung dient damit der finanziellen Absicherung der Durchsetzung einer auf § 79 BauO LSA gestützten Beseitigungsanordnung wegen formeller und materieller Illegalität einer baulichen Anlage nach Aufgabe ihrer Nutzung im Wege der Ersatzvornahme bei Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen. § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB entfaltet auch keine Sperrwirkung für eine landesrechtliche Regelung. Dies ergibt sich aus der unterschiedlichen Zielrichtung der gesetzlichen Regelungen sowie aus dem Umstand, dass der Bundesgesetzgeber den Anwendungsvorrang des § 35 Abs. 5 Satz 2 und 3 BauGB selbst eingeschränkt hat. Mit Blick darauf, dass es bauordnungsrechtliche Regelungen nach Landesrecht gibt, die zum Erlass von Maßnahmen zur Durchsetzung der Beseitigungspflicht nach Nutzungsaufgabe ermächtigen, ist dort ausdrücklich festgehalten, dass die „vorgeschlagene Verpflichtung zum Rückbau sonstige Verpflichtungen auf Grund anderer Regelungen unberührt lässt“ (BT-Drucks 15/2250, S. 94). Damit hat der Bundesgesetzgeber dem Landesgesetzgeber („soweit“) Raum gelassen für landesrechtliche Vorschriften, die die Bauaufsichtsbehörde aus Gründen der Gefahrenabwehr zur Auferlegung einer Rückbausicherheit ermächtigen (BVerwG, Urteil vom 17.10.2012 - 4 C 5.11 -, BVerwGE 144, 341; OVG LSA, Urteil vom 12.05.2011, a. a. O.).

6

Die gesetzliche Regelung ist, auch soweit Einzelhandelsmärkte in den Katalog der Anlagen aufgenommen sind, hinreichend bestimmt. Unter Einzelhandelsmärkten sind Handelsgeschäfte zu verstehen, in denen Waren verschiedener Hersteller an nicht-gewerbliche Kunden, also Endverbraucher und Letzt-Anwender verkauft werden. Der Begriff unterscheidet sich von demjenigen der großflächigen Einzelhandelsbetriebe i. S. des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO, die für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Großflächigkeit eine Verkaufsfläche von 800 m2 überschreiten müssen (BVerwG, Urteil vom 24.11.2015 – 4 C 10.04 -, BVerwGE 124, 364). Aus dem Umstand, dass die gesetzliche Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA nicht den Begriff „Einzelhandelsbetrieb“, sondern „Einzelhandelsmarkt“ verwendet, lässt sich nichts gegen die Eindeutigkeit und Bestimmtheit des Begriffs ableiten. Aus der fehlenden Übernahme des Begriffs „großflächig“ ergibt sich, dass eine bestimmte Größe der Verkaufsfläche gerade nicht zu verlangen ist. Der Einwand der Antragstellerin, mit dieser Auslegung würden auch kleine Geschäfte wie Kioske, Bäcker- oder Fleischläden von der Regelung erfasst, und zwar auch dann, wenn sie in ein Büro- oder Geschäftshaus integriert sind, greift nicht durch. Es spricht schon viel dafür, dass die in § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA mit der Formulierung „wie“ beispielhaft aufgelisteten Arten baulicher Anlagen nur als Regelbeispiele zu verstehen sind, so dass bei diesen Anlagen (nur) im Regelfall von fehlenden wirtschaftlichen Interessen an einer Folgenutzung auszugehen ist, also in Ausnahmefällen eine Sicherheitsleistung nicht erbracht werden muss. Jedenfalls wird bei kleineren Geschäften, die in ein anderes Gebäude integriert sind und bei denen nach der Aufgabe der Nutzung ohne weiteres von einer rechtskonformen Folgenutzung auszugehen ist, im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine Auslegung geboten sein, die es ermöglicht, von einer Sicherheitsleistung abzusehen. Die Einzelheiten zur Auslegung des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA brauchen im vorliegenden Verfahren, in dem es im Übrigen nur um vorläufigen Rechtsschutz geht, nicht geklärt werden. Jedenfalls sind keine unüberwindlichen Auslegungsschwierigkeiten ersichtlich, die die Annahme nahe legen könnten, dass der Begriff der „Einzelhandelsmärkte“ bereits den Bestimmtheitsgrundsatz nicht wahrt.

7

Die Einbeziehung von Einzelhandelsmärkten in die Regelung über die Rückbausicherheit nach § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

8

Die Ungleichbehandlung mit anderen Anlagen wie Tankstellen, Spielstätten, Wellnessanlagen und Saunaparks ist durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat sich bei der Einbeziehung der Einzelhandelsmärkte ersichtlich davon leiten lassen, dass diese Art baulicher Anlagen typischerweise ausschließlich zu diesem Zweck errichtet werden und in besonderem Maße nach der Nutzungsaufgabe von Leerstand, Verfall und damit verbundener Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bedroht sind. Wenn er aufgrund von Erfahrungen und seiner Prognose davon ausgegangen ist, dass bei den im Katalog der gesetzlichen Regelung genannten Anlagen Gefahren besonderer Intensität oder Häufigkeit vorliegen, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber ist befugt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen (BVerfG, Beschluss vom 28.03.2002 – 2 BvL 2/01 -, juris). Ein solcher Beurteilungsspielraum ist dem Gesetzgeber insbesondere einzuräumen, wenn es – wie hier – um die Abwehr von Gefahren für die Allgemeinheit geht (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.03.2004 – 1 BvR 1778/01 –, BVerfGE 110, 141). Über den ihm ohnehin zustehenden Gestaltungsspielraum hinaus ist dem Gesetzgeber zudem gerade bei Neuregelungen ein angemessener Zeitraum zur Sammlung von Erfahrungen zuzubilligen. In diesem Anfangsstadium darf er sich mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen, die unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität schon deshalb gerechtfertigt sein können, weil eine feinere Ausdifferenzierung des gesamten neu geschaffenen Regelungskonstrukts die erkennbare Gefahr mangelnder Wirksamkeit mit sich bringen kann (vgl. Burghart, in: Leipholz/Rink, GG, Art. 3 Rdnr. 85; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 15.10.2012 – 12 A 1054/11 -, juris, Rdnr. 181, m. w. N.). Der Umstand, dass die Landesregierung den Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes, Einzelhandelsbetriebe in den Katalog der Anlagen nach § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA aufzunehmen, abgelehnt hatte (LT-Drucks. 6/1805, S. 30), führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Landesregierung hatte ihre ablehnende Haltung damit begründet, dass bei Einzelhandelsbetrieben üblicherweise nicht davon auszugehen sei, dass wirtschaftliche Interessen an der Folgenutzung nicht bestünden. Aus der hiervon abweichenden Einschätzung des Gesetzgebers lässt sich ein Verstoß gegen den Einschätzungs- und Prognosespielraum nicht folgern. Der Gesetzgeber mag zwar gehalten sein, die weitere Entwicklung zu beobachten und die Norm zu überprüfen und zu revidieren, falls sich erweist, dass die ihr zugrunde liegenden Annahmen nicht zutreffen (BVerfG, Urteil vom 16.03.2004, a. a O.). Jedenfalls ist die Einschätzung des Gesetzgebers zum aktuellen Zeitpunkt nicht zu beanstanden, zumal die Aufnahme der Einzelhandelsmärkte in die gesetzliche Regelung erst im Jahr 2013 erfolgt ist. Im Übrigen spricht gegen eine willkürliche Ungleichbehandlung mit anderen Arten baulicher Anlagen auch der Umstand, dass die in der Regelung aufgeführten Anlagetypen lediglich als Beispiele genannt sind. Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass auch für Anlagen der von der Antragstellerin angesprochenen Art eine Sicherheitsleistung zu erbringen ist. Der Katalog der von § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA erfassten Anlagen ist nicht abschießend. So hat etwa die beschließende Kammer bei einer Biogasanlage angenommen, dass der Tatbestand des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA erfüllt ist (Urteil vom 19.08.2015 - 4 A 260/14 MD -).

9

Das Erfordernis einer Rückbausicherung für Einzelhandelsmärkte erweist sich auch als zur Verfolgung des Regelungszwecks geeignet, erforderlich und angemessen. Die gesetzliche Regelung hat, wie ausgeführt, das Ziel, die Durchsetzung einer auf § 79 BauO LSA gestützten Beseitigungsanordnung nach der Nutzungsaufgabe im Wege der Ersatzvornahme bei Zahlungsunfähigkeit des Pflichtigen zu sichern. Damit ist es nicht Regelungszweck, aus städtebaulichen Gesichtspunkten den Leerstand von Einzelhandelsmärkten zu verhindern. Die Annahme der Antragstellerin, es gebe praktisch keine Fälle, in denen von der Rückbausicherheit Gebrauch gemacht werden könne, weil jeder Eigentümer schon aus wirtschaftlichen Gründen bemüht sei, das Grundstück zu nutzen und das Grundstück in der Regel mehr Wert sei als die Kosten des Abbruchs ausmachten, entspricht jedenfalls nicht den Erfahrungen, die der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 3 Satz 2 BauO LSA zugrunde liegen. In der (ursprünglichen) Gesetzesbegründung (LT-Drucks. 4/1362, S. 6) heißt es:

10

„Immer häufiger ist festzustellen, dass bauliche Anlagen von Bauherren nur für begrenzte Zeiträume konzipiert werden und nach kurzen Zeiträumen wirtschaftlich abgeschrieben sind oder aufgrund wirtschaftlicher Rahmenbedingungen aufgegeben werden, bevor sie wirtschaftlich abgeschrieben sind“.

11

Auch wenn sich diese Ausführungen nicht speziell auf Einzelhandelsmärkte beziehen, ist es durchaus nachvollziehbar, dass auch bei Einzelhandelsmärkten Situationen auftreten können, in denen der Bauherr oder sein Rechtsnachfolger für eine Erstattung notwendig gewordener Rückbaukosten nicht zur Verfügung stehen. Es ist gerichtsbekannt, dass Grundstückseigentümer in vielen Fällen nicht bereit oder in der Lage sind, ein Grundstück dauerhaft einer Nutzung zuzuführen und dadurch Gefahren entstehen, die einen Abriss erforderlich machen. Selbst wenn die Bauaufsichtsbehörden in der Lage sind, notfalls die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu veranlassen, ist damit nicht sichergestellt, dass die Vollstreckung zu einer vollständigen Befriedigung des Anspruchs auf Erstattung der Kosten für einen im Wege der Ersatzvornahme erfolgten Rückbau führt.

12

Das Erfordernis einer Rückbausicherheit ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die Sicherheit schon bei der Genehmigungserteilung fällig ist und das Risiko einer Ersatzvornahme sich möglicherweise erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt realisieren wird. Auch wenn die Sicherheit nur in möglicherweise seltenen Fällen eines hartnäckig rechtswidrigen Verhaltens und einer Zahlungsunfähigkeit benötigt wird, ist eine möglichst frühzeitige Anforderung der Rückbausicherheit geboten. Könnte eine Sicherheitsleistung erst verlangt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Liquiditätsschwäche des Betreibers bestünden, könnte die Anordnung regelmäßig erst ergehen, wenn der Betreiber im Hinblick auf seine angespannte wirtschaftliche Lage nicht mehr kreditwürdig und daher außerstande wäre, die Sicherheitsleistung zu erbringen (vgl. OVG LSA, Urteil vom 12.05.2011, a. a O.).

13

Der vorliegende Betrieb der Klägerin – der Neubau eines Lidl-Markes mit einer Verkaufsfläche von 799,45 m2 - erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BauO LSA. Es handelt sich um einen Einzelhandelsmarkt und damit um einen Anlagetyp, der ausschließlich einem Zweck dient und bei dem üblicherweise anzunehmen ist, dass wirtschaftliche Interessen an einer Folgenutzung nicht bestehen. Auch wenn man die in der gesetzlichen Regelung genannten Arten baulicher Anlagen nur als Regelbeispiele versteht, gibt es keinen Grund, den vorliegenden Markt von dem Erfordernis einer Sicherheitsleistung auszunehmen.

14

Die geforderte Sicherheitsleistung entspricht auch im konkreten Fall dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es gibt keinen Grund für die Annahme, im vorliegenden Fall könnte das Risiko eines vom Antragsgegner im Wege der Ersatzvornahme veranlassen Rückbaus und eines Ausfalls der Kostentragung durch den Eigentümer oder sonst Verantwortlichen ausgeschlossen sein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt keine Einzelfallprüfung, bei der in jedem konkreten Fall das Liquiditätsrisiko des Herangezogenen untersucht werden müsste. Wie bereits ausgeführt, muss die Rückbausicherheit zu einem Zeitpunkt verlangt werden, in dem der Anlagenbetreiber mit Sicherheit noch zahlungsfähig ist.

15

Die Rückbausicherheit ist auch in der Höhe rechtlich nicht zu beanstanden. Den Betrag von 170.000 € hat der Antragsgegner in dem Bescheid vom 07.01.2015 mit einer plausiblen Schätzung der voraussichtlichen Kosten des vollständigen Rückbaus einschließlich der Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustands des Grundstücks begründet. Dabei hat der Antragsgegner zu Recht berücksichtigt, dass die Bauaufsichtsbehörde dem Verantwortlichen regelmäßig auch die Beseitigung des beim Abbruch anfallenden Bauschutts aufgeben darf (vgl. OVG LSA, Beschluss vom 22.07.2013 – 2 M 82/13 -, BauR 2014, 819).

16

Die angefochtene Nebenbestimmung ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil ihr - wie die Antragstellerin meint - der Bauvorbescheid vom 13.02.2014 entgegenstehe. Der Bauvorbescheid enthält keine Aussage zur Frage, ob die Baugenehmigung mit einer Nebenbestimmung zur Rückbausicherheit versehen werden kann. Vielmehr beschränkt sich der Regelungsgehalt, dem Umfang der Bauvoranfrage entsprechend (§ 74 BauO LSA), auf die Frage, ob das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig ist.

17

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat die Anordnung im Wesentlichen damit begründet, dass das Sicherungsmittel in der Zeit vor dem Baubeginn geleistet werden soll, um das Risiko zu vermeiden, dass nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens die Sicherheit nicht mehr geleistet werden kann. Es trifft zwar zu, dass diese Begründung allgemein gehalten ist und letztlich auch den Erlass der hier fraglichen Nebenbestimmung selbst rechtfertigt. Eines Eingehens auf den konkreten Einzelfall bedarf es jedoch nicht, wenn sich das besondere öffentliche Interesse unabhängig vom Einzelfall aus der Art der getroffenen Maßnahme und ihrem generellen Zweck ergibt. Es ist anerkannt, dass nicht in allen Fällen ein über den Gesetzeszweck hinausgehendes zusätzliches Vollzugsinteresse erforderlich ist, so dass das besondere Vollzugsinteresse mit dem Vollzugsinteresse einer Vorschrift zusammenfallen kann und nur noch die Prüfung erforderlich ist, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich ist als im Normalfall (OVG LSA, Beschluss vom 08.02.2006 – 2 M 210/05 –, juris; OVG Berlin-Brandenb., Beschluss vom 16.09.2008 – OVG 11 S 70.08 -, juris).

18

Eine solche Fallkonstellation liegt hier vor. Wie bereits ausgeführt, ist die frühzeitige Sicherheitsleistung nach der Intention der gesetzlichen Regelung geboten, weil andernfalls die Sicherheitsleistung ihren Zweck verfehlen würde. Würde die Anordnung der Sicherheitsleistung und des Sofortvollzugs voraussetzen, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Liquiditätsschwäche des Anlagenbetreibers bestünden, wäre dieser im Zeitpunkt der Anordnung nicht mehr kreditwürdig und könnte daher außerstande sein, die Sicherheitsleistung zu erbringen. Zudem müsste die Bauaufsichtsbehörde die finanzielle Lage des Betreibers ständig überwachen, was rechtlich unmöglich ist, weil sie nicht verlangen kann, dass Betreiber ihnen regelmäßig eine von einem Wirtschaftsprüfer überprüfte Unternehmensbilanz vorlegen (OVG LSA, Urteil vom 12.05.2011, a. a. O.).

19

Aus diesem Grunde ist auch das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nebenbestimmung anzunehmen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. Die Kammer hat die Bedeutung der Sache für die Antragstellerin unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 1.5) auf ein Viertel der Höhe der geforderten Sicherheitsleistung geschätzt.


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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 22. Juli 2013 - 2 M 82/13

bei uns veröffentlicht am 22.07.2013

Gründe I. 1 Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Antragsgegners vom 09.01.2013 zur Beseitigung eines Nebengebäudes auf dem Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 38/60 und 38/61 (B

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Antragsgegners vom 09.01.2013 zur Beseitigung eines Nebengebäudes auf dem Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Flur A, Flurstücke 38/60 und 38/61 (Breiteweg 63) und zur Entsorgung des dadurch anfallenden Bauschutts. Der Antragsgegner begründete die Anordnung u.a. damit, dass das grenzständige Gebäude einsturzgefährdet sei. Eigentümer dieses Grundstücks ist Herr T., der das Grundstück mit notariellem Kaufvertrag vom 19.06.2012 an Herrn D. veräußerte. Dieser wiederum verkaufte das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 06.07.2012 an den Antragsteller weiter. Nach beiden Kaufverträgen geht der Besitz am Kaufgegenstand jeweils Zug um Zug mit der Kaufpreiszahlung auf den Käufer über. Der Antragsgegner hatte inhaltsgleiche Beseitigungsanordnungen mit Bescheid vom 09.11.2012 an den Eigentümer und mit Bescheid vom 08.01.2013 an den Zwischenerwerber gerichtet, die dagegen jeweils Widerspruch erhoben.

2

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs wiederhergestellt und zur Begründung ausgeführt:

3

Der Antragsteller sei für den Zustand des in Rede stehenden Gebäudes voraussichtlich nicht verantwortlich. Nach summarischer Prüfung scheide insbesondere eine Inanspruchnahme als Inhaber der tatsächlichen Gewalt aus. Vom Inhaber der tatsächlichen Gewalt dürfe keine Einwirkung auf die Sache gefordert werden, zu der er dem Eigentümer gegenüber nicht berechtigt sei. Da der Antragsteller den Kaufpreis noch nicht gezahlt habe, sei der Besitz an dem Grundstück nach dem Inhalt des Kaufvertrages noch nicht auf ihn übergegangen. Es bestünden auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass er unabhängig vom Kaufvertrag Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft über das fragliche Gebäude geworden sei. Er sei lediglich Mieter eines Raumes in einem Nebengebäude. Der Umstand, dass er auf dem Grundstück zeitweise ein Wohnmobil abgestellt habe und über einen Schlüssel verfüge, der ihm einen Zugang zum Grundstück ermögliche, genüge nicht. Selbst wenn der Verkäufer dem Antragsteller das Recht eingeräumt haben sollte, das Grundstück bereits vor dem vertraglich geregelten Besitzübergang zu betreten, sei damit nicht das Recht verbunden, in die Gebäudesubstanz einzugreifen oder das Gebäude vollständig abzureißen.

II.

4

A. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet. Die von ihm dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, gebieten die Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

5

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Beseitigungsanordnung wiederhergestellt. Anders als die Vorinstanz hält der Senat die Anordnung nach summarischer Prüfung nicht für offensichtlich rechtswidrig; vielmehr ist offen, ob sich die Anordnung im Widerspruchs- und in einem ggf. nachfolgenden verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren als rechtsmäßig erweisen wird (1.). Die danach vorzunehmende Abwägungsentscheidung fällt zulasten des Antragstellers aus (2.).

6

1. Der Widerspruch des Antragstellers und eine ggf. nachfolgende Anfechtungsklage werden aller Voraussicht nach nicht schon deshalb Erfolg haben, weil der Antragsgegner den Antragsteller vor Erlass der angefochtenen Verfügung voraussichtlich nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG entsprechend anhörte. Ein solcher Mangel kann gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 VwVfG bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Die nachgeholte Anhörung besteht darin, dass der Adressat durch die angefochtene Verfügung von den entscheidungserheblichen Tatsachen Kenntnis erlangt und zugleich durch die Belehrung darüber, dass gegen die Verfügung Widerspruch erhoben werden kann, Gelegenheit erhalten hat, sich zu diesen Tatsachen zu äußern; ein besonderer Hinweis der Behörde auf die Äußerungsmöglichkeit ist dabei nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.07.1986 – 7 B 6.86 –, NJW 1987, 143, RdNr. 3 in Juris, m.w.N.)

7

Ob die Beseitigungsanordnung materiell rechtmäßig ist, lässt sich hingegen im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung nicht zuverlässig beurteilen.

8

Nach § 57 Abs. 2 BauO LSA haben die Bauaufsichtsbehörden u.a. bei der Instandhaltung von Anlagen darüber zu wachen, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften und die aufgrund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen eingehalten werden, soweit nicht andere Behörden zuständig sind. Sie können in Wahrnehmung dieser Aufgaben die erforderlichen Maßnahmen treffen. Gemäß § 3 Abs. 1 BauO LSA sind Anlagen so instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet werden. Voraussetzung für einen bauaufsichtlichen Eingriff nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA ist das Vorliegen einer konkreten Gefahr im Sinne der Reglungen des allgemeinen Polizei und Ordnungsrechts (vgl. Jäde, in: Jäde/Dirnberger, Bauordnungsrecht Sachsen-Anhalt, § 3 RdNr. 4, mw.N.). Eine konkrete Gefahr im ordnungsrechtlichen Sinne wird in § 3 Nr. 3 a) SOG LSA definiert als eine Sachlage, bei der im einzelnen Falle die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eintreten wird. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

9

Insbesondere entspricht das in Rede stehende Nebengebäude nicht mehr den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA, wodurch eine konkrete Gefahrenlage entstanden ist. Nach der vom Antragsgegner eingeholten gutachterlichen Stellungnahme vom 17.11.2012 ist nach dem Einsturz der Dachkonstruktion, von Teilen der der Wand im Dachgeschoss und der Geschossdecken die Standsicherheit des Gebäudes nicht mehr gegeben. Eine Sanierung sei nicht möglich, so dass empfohlen werde, das Gebäude sofort abzureißen.

10

Die Gefahr des (weiteren) Einsturzes des Gebäudes bzw. von Gebäudeteilen und die damit einhergehende Gefahr für Leben und Gesundheit der sich auf dem Grundstück und dem Nachbargrundstück aufhaltenden Menschen sowie die Gefährdung auf dem Nachbargrundstück errichteter Anlagen dürfte auch nicht dadurch entfallen sein, dass der Antragsgegner Ende November 2012 im Wege der unmittelbaren Ausführung einen Teil der zum Nachbargrundstück zeigenden einsturzgefährdeten Außenwand abtragen ließ. Mit dieser Maßnahme sollte damit nur die seinerzeit unmittelbar drohende Gefahr, dass Teile dieser Wand auf den auf dem Nachbargrundstück vorhandenen Wintergarten herabstürzen, abgewendet werden. Nach der Aktennotiz vom 19.11.2012 (Bl. 133 des Verwaltungsvorgangs) wurde in Absprache mit dem Statiker entschieden, den akut einsturzgefährdeten Teil der Außenwand und ggf. weitere Teile des Gebäudes abzubrechen. Da die gutachterliche Stellungnahme das gesamte Gebäude als nicht mehr standsicher einschätze, ist davon auszugehen, dass auch nach dem Teilabtrag weiterhin eine Einsturzgefahr für das gesamte Gebäude besteht. Wie bereits erörtert, genügt für ein bauaufsichtliches Einschreiten nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA eine konkrete Gefahr. Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne von § 3 Nr. 3 c) SOG LSA, bei der das schädigende Ereignis bereits begonnen hat oder unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht, muss nicht bestehen.

11

Ob der Antragsgegner den Antragsteller gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SOG LSA zu Recht als Inhaber der tatsächlichen Gewalt herangezogen hat, ist indes nach gegenwärtigem Sach- und Streitstand offen.

12

Tatsächliche Gewalt über eine Sache umfasst den unmittelbaren Besitz im Sinne des § 854 BGB einschließlich der Gewalthabe des Besitzdieners nach § 855 BGB. Ein Besitzerwerbswille ist nicht erforderlich. Tatsächliche Gewalt an einer Sache setzt eine gewisse Dauer der Beziehung, räumliche Zugänglichkeit und die Möglichkeit voraus, zu jeder Zeit und beliebig auf die Sache einzuwirken. Maßgeblich sind die Verkehrsauffassung und eine zusammenfassende Würdigung aller Umstände (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, Beschl. v. 26.02.2008 – 1 ME 4/08 –, Juris, RdNr. 15, m.w.N.). Daher kommt es nicht (allein) auf die Rechtsbeziehungen an, sondern maßgeblich auf die tatsächliche Beziehung einer Person zu einer Sache (vgl. OVG NW, Urt. v. 13.05.1976 – X A 1076/74 –, OVGE MüLü 32, 44).

13

Ob der Antragsteller zu dem abzubrechenden Gebäude eine die tatsächliche Sachherrschaft begründende Beziehung hat, lässt sich nach Aktenlage nicht zuverlässig einschätzen.

14

Dem Verwaltungsgericht dürfte darin beizupflichten sein, dass allein der Besitz von Schlüsseln zu dem zum Grundstück führenden Tor nicht ausreichen dürfte. Anders läge der Fall, wenn der Grundstückseigentümer dem Antragsteller die Schlüssel zu dem Zweck übergeben haben sollte, das Grundstück bereits vor dem im Kaufvertrag bestimmten Zeitpunkt in Besitz zu nehmen. Dafür bestehen aber bislang keine genügenden Anhaltpunkte. Der Antragsteller hat vielmehr erstinstanzlich vorgetragen, dass ihm die Nachbarin die Schlüssel übergeben habe, um Erschließungsarbeiten an dem von ihm genutzten Gebäudeteil durchführen zu können.

15

Eine tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück könnte sich allerdings aus weiteren Umständen ergeben, etwa wenn der Antragsteller über einen längeren Zeitraum nach außen als derjenige aufgetreten sein sollte, der die Sachherrschaft über das Grundstück insgesamt ausübt (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 26.02.2008, a.a.O., RdNr. 16). Zwar hat der Antragsgegner vorgetragen, dass der Antragsteller während mehrerer Ortstermine Bediensteten der Bauaufsichtsbehörde und Mitarbeitern von Baufirmen sowie Statikern Zutritt zum Grundstück verschafft und ein Kamerateam der Sendung „Escher – Der MDR-Ratgeber“ auf das Grundstück geleitet habe. Zudem habe er Mitarbeitern der mit dem Teilabbruch beauftragen Baufirma die umfassende Nutzung des Hofbereichs zum Abstellen von Geräten nicht gestattet. Den vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgängen lässt sich aber nur entnehmen, dass der Antragsteller an dem Ortstermin vom 01.10.2012 teilnahm. Auch hat der Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren bestritten, der vom Antragsgegner beauftragten Baufirma das Abstellen von Geräten untersagt zu haben. All diese Umstände bedürfen der näheren Aufklärung im Hauptsacheverfahren, ggf. durch Befragen der beteiligten Personen als Zeugen.

16

Seiner Inanspruchnahme als Inhaber der tatsächlichen Gewalt wird der Antragsteller voraussichtlich nicht entgegenhalten können, ihm werde mit der Beseitigung der Bausubstanz etwas rechtlich Unmögliches abverlangt, weil er dazu dem Eigentümer gegenüber nicht berechtigt sei.

17

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 24.07.1998 – 4 B 69.98 –, NVwZ-RR 1999, 147 [148], RdNr. 3 in Juris; Beschl. v. 25.01.2000 – 3 B 1.00 –, Buchholz 451.221 § 36 KrW/AbfG Nr. 2, RdNr. 9 in Juris; Urt. v. 28.04.1972 – IV C 42.69 –, BVerwGE 40, 101 [103), RdNr. 31 in Juris), dass Miteigentum oder die sonstige Nebenberechtigung eines Dritten nicht die Rechtmäßigkeit der nicht auch an ihn gerichteten Beseitigungs- oder Ordnungsverfügung berührt, sondern nur ein Vollzugshindernis bildet, das nachträglich durch eine gegen den Dritten gerichtete Verfügung ausgeräumt werden kann, wenn dieser mit der angeordneten Maßnahme nicht einverstanden ist. Nichts anderes gilt, wenn der Inhaber der tatsächlichen Gewalt in Anspruch genommen wird (vgl. OVG RP, Beschl. v. 19.05.2010 – 8 A 10162/10 –, Juris). Dafür spricht insbesondere auch, dass nach der systematischen Anordnung der Absätze 1 und 2 des § 8 SOG LSA und nach seinem Wortlaut eine vorrangige Verantwortlichkeit des Inhabers der tatsächlichen Gewalt gegenüber dem Eigentümer nahe liegt (vgl. Beschl. d. Senats v. 11.02.2008 – 2 M 4/08 –, NVwZ-RR 2008, 615, RdNr. 9 in Juris). Eine Inanspruchnahme des Inhabers der tatsächlichen Gewalt und eine damit verbundene effektive Gefahrenabwehr würden in vielen Fällen scheitern, wenn Voraussetzung dafür wäre, dass dem Ordnungspflichtigen mit der Beseitigungs- oder Ordnungsverfügung keine Maßnahmen aufgegeben werden dürfen, die in Rechte des Eigentümers eingreifen. Diese Rechte sind dadurch geschützt, dass auch eine solche Anordnung nur vollzogen werden kann, wenn der Eigentümer sein Einverständnis zu dem beabsichtigten Eingriff erklärt hat oder ihm gegenüber eine Duldungsanordnung ergangen ist. Dabei reicht es aus, wenn sich das Einverständnis aus den Umständen ergibt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 14.08.2003 – 22 ZB 03.1661 –, Juris, RdNr. 27 f.). Im konkreten Fall dürfte genügen, dass der Antragsgegner auch gegenüber dem Eigentümer als nach § 8 Abs. 2 SOG LSA Verantwortlichem eine für sofort vollziehbar erklärte Beseitigungsanordnung erließ, die dieser im Wesentlichen mit der Begründung angefochten hat, es sei ihm aufgrund des Verkaufs rechtlich verwehrt, der Verfügung nachzukommen (vgl. den Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 20.12.2012, Bl. 272 f. des Verwaltungsvorgangs). Entsprechendes gilt für mögliche Eingriffe in Rechte des Zwischenerwerbers. Auch bestehen gegen die Inanspruchnahme sowohl des Eigentümers als auch des Inhabers der tatsächlichen Gewalt keine durchgreifenden Bedenken (vgl. hierzu Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, S. 303).

18

Die Beseitigungsanordnung dürfte entgegen dem Vorbringen des Antragstellers im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht deshalb (ermessens-)fehlerhaft sein, weil der Antragsgegner im Wege der unmittelbaren Ausführung lediglich einen Teil der zum Nachbargrundstück zeigenden Außenwand, nicht aber das Gebäude insgesamt beseitigen ließ. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SOG LSA können die Sicherheitsbehörden eine Maßnahme selbst oder durch einen beauftragten Dritten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den §§ 7 oder 8 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Mit dem Teilabriss sollte – wie bereits dargelegt – die akute, also seinerzeit gegenwärtige Gefahr des Herabstürzens von Gebäudeteilen auf das Nachbargrundstück beseitigt werden. Dieser Zweck konnte durch eine Inanspruchnahme des oder der Verantwortlichen nicht rechtzeitig erreicht werden. Dagegen war zumindest zweifelhaft, ob die Voraussetzungen einer unmittelbaren Ausführung bezüglich des Gebäudeabrisses insgesamt vorlagen. Für die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme ohne vorherigen Erlass einer – ggf. für sofort vollziehbar erklärten – Grundverfügung muss aufgrund eines akuten Gefahrenzustands bzw. einer unmittelbar bevorstehenden Gefahr eine sofortige Abhilfe derart geboten sein, dass mit der Anordnung und Durchführung von Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im gestreckten Vollzug nicht zugewartet werden kann; dabei ist insbesondere eine sofort vollziehbare Verfügung in Betracht zu ziehen, die je nach Gefahrenintensität und Eilbedürftigkeit inhaltlich entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit abzustufen ist (vgl. OVG RP, Urt. v. 25.03.2009 – 1 A 10632/08 –, NVwZ-RR 2009, 746 [747], RdNr. 24 in Juris). Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen, durfte deshalb der Antragsgegner die unmittelbare Ausführung auf die oberen Wandteile beschränken, von denen eine gegenwärtige (akute) Gefahr ausging, und die Beseitigung des insgesamt nicht mehr standsicheren Gebäudes im Übrigen dem bzw. den Zustandsverantwortlichen aufgeben.

19

Der Antragsgegner war voraussichtlich auch nicht gehalten, die Verpflichtung zur Beseitigung des Gebäudes dergestalt zu beschränken, dass die Mauer bis auf eine Höhe von 2 m als Grenzmauer bestehen bleiben kann. Schlüssig erscheint der diesbezügliche Vortrag des Antragsgegners, dass wegen des Gebäudezustands ein geordneter Abtrag nicht möglich wäre, ein Stehenlassen der Außenwand in Höhe von 2 m aufgrund des technologisch notwendigen Vorgehens mit einem erhöhten Aufwand verbunden wäre und die Beseitigung der gesamten Wand, verbunden mit der Errichtung einer neuen Einfriedung, wesentlich kostengünstiger wäre.

20

Schließlich dürfte nicht zu beanstanden sein, dass der Antragsgegner dem Antragsteller auch die Beseitigung der beim Abbruch anfallenden Schuttmassen aufgab. Es spricht Überwiegendes dafür, dass auch diese Maßnahme nach § 57 Abs. 2 Satz 2 BauO LSA erforderlich ist, weil der Zustand eines Grundstücks nach Abbruch eines Gebäudes regelmäßig gegen die Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO LSA verstößt, der für die Beseitigung baulicher Anlagen nach § 3 Abs. 4 BauO LSA sinngemäß gilt (vgl. Beschl. d. Senats v. 20.10.2004 – 2 M 483/04 –, JMBl LSA 2006, 366; vgl. auch OVG NW, Urt. v. 03.02.1994 – 10 A 1149/91 –, NVwZ-RR 1995, 247 [249]; SächsOVG, Urt. v. 20.08.2008 – 1 B 186/07 –, BauR 2009, 970, RdNr. 28 in Juris). Damit soll verhindert werden, dass im Rahmen der Befolgung des Abbruchgebots ein neuer ordnungswidriger Zustand entsteht (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 22.03.2000 – 4 TG 4287/99 –, DÖV 2001, 565, RdNr. 14 in Juris; OVG Bremen, Beschl. v. 13.01.1995 – 1 B 140/94 –, Juris; VG Dessau, Beschl. v. 29.07.2005 – 1 B 163/05 –, Juris, RdNr. 18). Dem kann der Antragsteller wiederum nicht entgegenhalten, er sei nicht Eigentümer des anfallenden Bauschutts und damit zivilrechtlich nicht befugt, die Materialien zu entsorgen. Wie oben bereits dargelegt, können Rechte des Grundstückseigentümers lediglich ein Vollzugshindernis darstellen, das die Rechtmäßigkeit der an den Inhaber der tatsächlichen Gewalt gerichteten Beseitigungsanordnung nicht in Frage stellt.

21

2. Bei der danach gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Abwägung überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung das private Interesse des Antragstellers, die Anordnung bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht befolgen zu müssen. Die Gefahr, dass weitere Gebäudeteile einstürzen und möglicherweise auf das Nachbargrundstück fallen, kann nicht bis zu einer Klärung der Verantwortlichkeit für das Gebäude in einer (rechtskräftigen) Entscheidung in der Hauptsache hingenommen werden. Dem kann der Antragsteller nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass durch den Teilabriss einer Außenwand die Gefahr für Leib und Leben Dritter bis auf weiteres beseitigt sei, so dass auch die Anordnung des Sofortvollzuges nicht erforderlich gewesen sei. Wie oben bereits erörtert, ist das Gebäude nach der gutachterlichen Stellungnahme vom 17.11.2012 insgesamt nicht mehr standsicher. Angesichts des instabilen Zustands des Gebäudes insgesamt kann vom Antragsgegner nicht verlangt werden, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten oder mit dem Sofortvollzug zuzuwarten, bis die festgestellte konkrete Gefahr erneut in eine gegenwärtige (akute) Gefahr umschlägt.

22

Auch ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller oder der bisherige Eigentümer das einsturzgefährdete Gebäude erhalten möchten, um es später ggf. zu sanieren. Es geht ihnen in erster Linie oder sogar ausschließlich darum, nicht als Verantwortliche in Anspruch genommen zu werden.

23

Angesichts der konkreten Gefahrenlage und des fehlenden Erhaltungsinteresses des Antragstellers und des Eigentümers steht der hier vorgenommenen Interessenabwägung auch nicht entgegen, dass mit der dem Antragsteller aufgegebenen Beseitigung vollendete Tatsachen geschaffen werden, die im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

24

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.