Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 29. Okt. 2012 - 1 A 156/11

ECLI:ECLI:DE:VGMAGDE:2012:1029.1A156.11.0A
29.10.2012

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen eine Anordnung, seine Hündin im öffentlichen Verkehrsraum nur an der Leine und mit einem Maulkorb zu führen.

2

Der Kläger ist Halter der schwarz-grauen Terriermischlingshündin „P.“. Am 16.12.2010 teilt die Polizei der Beklagten mit, dass es am 11.12.2010 gegen 15.00 Uhr am Einkaufszentrum in H. zu einem Beißvorfall gekommen war. Die Hündin des Klägers hat Frau M. H. angesprungen und ihr in den linken Oberschenkel gebissen, als die Geschädigte gerade aus einem Einkaufsmarkt kam. Am 16.12.2010 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten die Wohnung des Klägers auf. Er traf dort nur die Ehefrau des Klägers an, die ihm gegenüber mitteilte, dass die Hündin bereits 15 Jahre alt sei und schlecht höre und sehe. Zum Einkaufen nehme sie die Hündin selten mit. Der Vorfall selbst habe sie nicht beobachtet, weil sie einkaufen gewesen sei. Sie hätte die Hündin am „Hundeparkplatz“ angebunden. Die Leine sei ca. 40 cm lang gewesen. Im Sommer sei an der gleichen Stelle schon einmal etwas Ähnliches passiert: Die Hündin habe einen Mann angesprungen, als dieser gerade aus dem Laden gekommen sei. Sonst sei aber nichts passiert.

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Am 28.12.2010 vernahm die Beklagte die Geschädigte zum Beißvorfall. Sie erklärte, ihr Sohn habe sie zu EDEKA gefahren und habe im Auto gewartet. Als sie gegen 15.00 Uhr den Markt wieder verlassen habe, habe sie die Hündin gesehen und einen großen Bogen um sie gemacht. Es sei keine große Hündin gewesen. Sie habe aber eine lange Leine gehabt. Sie habe die Hündin weder angesprochen noch geärgert. Sie habe weder einen Einkaufswagen noch einen Beutel bei sich gehabt. Sie habe nur einen Artikel eingekauft, den sie unter dem Arm getragen habe. Plötzlich habe die Hündin sie angesprungen und ihr in die Hose gebissen. Sie habe ihre Hose geschickt weggezogen, so dass die Hündin nicht so sehr in ihr Bein habe beißen können. Dadurch sei aber ein Loch in die Hose gekommen. So sei zur Information gegangen, als Frau A., die Frau des Klägers, und ihre Tochter gekommen seien. Als Frau A. den Hund angesprochen habe, habe dieser geknurrt. Die Tochter habe vorgeschlagen, ihr (Frau H.) Geld zu geben. Sie (die Geschädigte) wäre mit 60,00 € einverstanden gewesen. Frau A. habe aber kein Geld bei sich gehabt und gesagt, dass die Hündin versichert sei. Sie hätten deshalb die Adressen ausgetauscht. Als der Kläger sich am Abend bei ihr gemeldet habe, habe er sie beschimpft. Das habe sie bewogen zur Polizei zu gehen. Frau H. legte der Beklagten ein ärztliches Attest vor. Weil sie gegen alles geimpft sei, habe der Arzt nichts weiter unternehmen müssen. Wegen des Hundebisses werde sie nicht behandelt.

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Die Beklagte hörte den Sohn der Geschädigten, Herr S. H., am 17.01.2011 zum Beißvorfall telefonisch an. Er berichtete, er habe im Auto gewartet, während seine Mutter eingekauft habe. Vom Auto habe er den Eingang des Marktes gut im Blick gehabt. Die Hündin des Klägers sei am „Hundeparkplatz“ angeleint gewesen. Die Leine sei mindestens 1 m lang gewesen. Die Hündin habe fast die ganze Zeit gebellt und sei an der Leine hin und her gelaufen. Sie sei den Kunden – soweit es die Leine zugelassen habe – hinterher gerannt und habe gebellt. Ihm sei es so vorgekommen, als ob auch ein anderer Mann von der Hündin auch angegangen worden sei. Dieser Mann sei jedoch weitergegangen. Ob der Mann einen Schaden erlitten habe, könne er nicht sagen. Im Eingangsbereich des Einkaufscenters habe ein Werbeschild gestanden, das für herauskommende Kunden die Sicht auf die Hündin verdeckt habe. Beim Hineingehen habe man die Hündin gut sehen und einen entsprechenden Bogen machen können. Die Hündin habe seiner Mutter in die Hose gebissen. Zwischenzeitlich habe sich herausgestellt, dass die Hündin weder geimpft noch versichert sei.

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Am 05.01.2011 hörte die Beklagte den Kläger mündlich an. Er gab folgendes an: Er selbst könne zum Beißvorfall nichts sagen, weil er nicht dabei gewesen sei. Die Hündin werde im Mai 16 Jahre alt. Sie könne kaum etwas hören. Sie sei eigentlich so gut wie taub. Auch das Sehvermögen sei nicht so gut. Sobald die Hündin alleine gelassen werde, fange sie an zu bellen. Er habe seiner Frau gesagt, sie solle die Hündin nicht mehr mit zum einkaufen nehmen. Seine Frau habe die Hündin am „Hundeparkplatz“ angeleint. Die Leine sei ca. 40 cm lang gewesen. Den Bogen, den Frau H. um die Hündin gemacht habe, könne daher nicht so groß gewesen sein. Sie müsse sehr dicht an der Hündin vorbeigegangen sein. Frau H. treffe daher eine Mitschuld. Seine Hündin habe so etwas noch nie gemacht. Frau H. müsse sie mit dem Fuß getreten haben. Vielleicht habe sie die Hündin auch nur streicheln wollen. Auf den Vorhalt der Angabe seiner Frau, bereits im Sommer 2010 habe die Hündin an der gleichen Stelle einen Mann angesprungen, der aus dem Laden gekommen sei, erklärte der Kläger der Mann müsse die Hündin getreten haben.

6

Mit Bescheid vom 18.01.2011 ordnete die Beklagte gegenüber dem Kläger an, er habe seine Hündin im öffentlichen Verkehrsraum nur an der Leine und mit Maulkorb zu führen (Ziffer 1). Gleichzeitig ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung von Ziffer 1 des Bescheides (Ziffer 2) und drohte für den Fall, dass der Kläger gegen in Ziffer 1 des Bescheides angeordneten Leinen- und Maulkorbzwang verstoßen sollte, ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro an. Falls das Zwangsgeld uneinbringlich sei, könne an dessen Stelle Zwangshaft treten (Ziffer 3). Der Bescheid wurde dem Kläger am 21.01.2011 zugestellt. Am 21.02.2011 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 18.01.2011 Widerspruch ein. Zur Begründung seines Widerspruchs führte er aus, sein Hund sei knapp 16 Jahre alt und höre kaum noch etwas. Er und seine Frau führten die Hündin ausnahmslos an der Leine mit sich. In der Vergangenheit sei es bislang noch zu keinem Beißvorfall gekommen. Dass die Hündin im Sommer 2010 einen Mann angesprungen habe, sei vorliegend nicht relevant, weil so etwas bei Hunden häufig vorkomme. Seine Ehefrau habe den Hund am Hundeparkplatz ordnungsgemäß angeleint. Mehr habe man von ihr nicht verlangen können. Der Geschädigten treffe ein Eigenverschulden, weil sei sehr nah an die Hündin vorbeigegangen sei und sie sich dadurch in einen Gefahrenbereich begeben habe. Es sei falsch, dass die Geschädigte einen Bogen um die Hündin gemacht habe. Denn dann habe es den Vorfall nicht geben dürfen. Es sei unklar, ob die Geschädigte die Hündin doch geärgert oder gar getreten habe, bevor es zu dem Vorfall gekommen sei. Die Hündin sei alles andere als aggressiv. Ansonsten wären ggf. weitere Fälle aktenkundig. Es hab sich auch um keine gravierende Beißattacke gehandelt. Der angeordnete Leinenzwang könne schon deshalb nicht greifen, weil der Kläger und seine Ehefrau die Hündin ohnehin stets an der Leine führten. Wegen des einmaligen Vorfalls läge keine gegenwärtige Gefahr vor und er rechtfertige schon gar nicht den Maulkorbzwang. Der Maulkorbzwang sei unverhältnismäßig. Denn es reiche völlig aus, wenn die Hündin im öffentlichen Verkehrsraum nicht unbeaufsichtigt angeleint bleiben dürfe. In ihrem Vorlagebericht an die Widerspruchsbehörde vom 22.02.2011 führte die Beklagte u. a. aus, sie habe wegen der geringen Schäden des Beißvorfalls und des hohen Alters der Hündin von einer Feststellung ihrer Gefährlichkeit abgesehen und den Maulkorb- und Leinenzwang angeordnet. Den Widerspruch wies der Landkreis Börde mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2011, zugestellt am 15.04.2011, als unbegründet zurück.

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Am Montag, den 16.05.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung seines Begehrens wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im behördlichen Verfahren und trägt ergänzend vor: Dass die Hündin schlecht höre, schließe nicht aus, dass sie die ihr gegebenen Kommandos noch befolge. Die Annahme, das Erschrecken der Hündin sei wegen ihrer Schwerhörigkeit vorprogrammiert, sei rein spekulativ.

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Der Kläger beantragt sinngemäß,

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1. den Bescheid der Beklagten vom 18.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2011 aufzuheben.

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2. die Zuziehung eines Bevollmächtigten im behördlichen Vorverfahren für notwendig zu erklären.

11

Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Bescheides,

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die Klage abzuweisen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgang verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist nur im Umfange der Tenorierung begründet. Denn nur die in Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides verfügte Zwangsgeldandrohung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Im Übrigen ist der Bescheid der Beklagten vom 18.01.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2011 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

15

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei für das erkennende Gericht derjenige der mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung. Denn die Anordnung des Leinen- und Maulkorbzwangs stellt sich als Dauerverwaltungsakt dar, der solange gilt, bis er von der Behörde aufgehoben wird, mit der Folge, dass sich die angegriffene Verfügung als rechtmäßig erweisen muss zu dem Zeitpunkt, in dem sie auf ihre Rechtmäßigkeit durch das Verwaltungsgericht geprüft wird.

16

Rechtsgrundlage für den in der Verfügung der Beklagten angeordneten Maulkorb- und Leinenzwang ist § 13 SOG LSA. Die Anwendung des § 13 SOG LSA ist bei der Anordnung des Maulkorb- und Leinenzwanges nicht durch die besonderen Vorschriften des GefHuG LSA ausgeschlossen. Gemäß § 14 Abs. 1 GefHuG LSA kann die Behörde unbeschadet der Vorschriften des GefHuG LSA nach Maßgabe des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt die erforderlichen Maßnahmen treffen, um eine von einem Hund oder der Haltung und Führung eines Hundes ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Weil das GefHuG LSA keine speziellere Rechtsgrundlage für die Anordnung des Maulkorb- und Leinenzwanges vorsieht, kann eine solche Anordnung auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel des § 13 SOG LSA getroffen werden. Die Anordnung des Maulkorb- und Leinenzwanges auf der Grundlage dieser Bestimmung setzt nicht voraus, dass zuvor die Gefährlichkeit des Hundes nach § 4 Abs. 4 Satz 2 GefHuG LSA festgestellt worden ist. Weder die Generalklausel selbst noch die Verweisungsvorschrift des § 14 Abs. 1 GefHuG LSA noch irgendeine andere gesetzliche Regelung macht die Anordnung einer Maßnahme zur Gefahrenabwehr von einer solchen Feststellung abhängig.

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Nach § 13 SOG LSA können die Verwaltungsbehörden im pflichtgemäßen Ermessen die Maßnahmen treffen, die geeignet sind, eine Gefahr abzuwenden. Hiernach kann die Verwaltungsbehörde auch hundebezogene Anordnungen treffen, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen der zuständigen Behörde eine entsprechende Gefahrenabwehrmaßnahme erforderlich ist (VG Magdeburg, B. v. 03.07.2007 – 1 B 208/07 MD – n. v.).

18

Der Tatbestand des § 13 SOG LSA erfordert das Vorliegen einer konkreten Gefahr, also eine Sachlage, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit der abzuwehrende Schaden eintritt. Dabei ist die Gefahrenabwehrmaßnahme erst recht gerechtfertigt, wenn die konkrete Gefahr i. S. d. § 3 a SOG LSA sich bereits durch einen Schaden realisiert hat, der als Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit auch einen Verstoß gegen die Rechtsordnung darstellen kann. Das ist hier der Fall.

19

Nach § 5 Abs. 1 der Gefahrenabwehrverordnung der Stadt A-Stadt (v. 08.12.2005 in der jeweils gültigen Fassung - GVO -) sind Haustiere und andere Tiere so zu halten, zu führen oder zu beaufsichtigen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht und nach § 5 Abs. 2 GVO haben Tierhalter bzw. die mit der Führung von Tieren Beauftragten zu verhüten, dass ihr Tier Personen oder Tiere anspringt oder anfällt. Gegen diese Tatbestände hat der Kläger bei dem Vorfall am 11.12.2010 verstoßen, als seine mit der Führung der Hündin beauftragte Frau die Hündin unbeaufsichtigt gelassen lassen hat, wodurch es zu einem Beißvorfall gekommen ist. Dabei rechtfertigt bereits die durch den Vorfall bewirkte Körperverletzung für sich allein die Maßnahme nach § 13 SOG.

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Zur Überzeugung des Gerichts hat die Hündin des Klägers am 11.12.2010 einen Menschen gebissen. Allein dieser Beißvorfall belegt, dass von der Hündin des Klägers eine konkrete Gefahr i. S. d. § 3 a SOG LSA ausgeht. Dass die Hündin des Klägers Frau H. gebissen hat, wird von der Geschädigten selbst und ihrem Sohn bezeugt. Es sind keine Gründe ersichtlich, dass die Geschädigte und ihr Sohn den Kläger mit ihrer Anzeige bzw. ihren Angaben zu Unrecht belasten wollten. Auch hat der Kläger den Beißvorfall vom 11.12.2010 nicht abgestritten, er bewertet ihn nur anders als die Beklagte. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits im Rahmen seiner behördlichen Anhörung eingestanden hat, zum Vorfall selbst nichts sagen zu können, weil er nicht dabei gewesen ist. Dass die Geschädigte die Hündin getreten, provoziert oder sich ihr zu sehr genähert haben könnte, ist eine reine Spekulation des Klägers, für die keine greifbaren Anhaltspunkte bestehen. Derartige Verhaltensweisen der Geschädigten hat kein einziger von der Beklagten im behördlichen Verfahren vernommene oder angehörte Zeuge bestätigt oder auch nur angedeutet. Auch Kläger hat keinerlei Zeugen benannt, die bezeugen könnten, dass die Geschädigte seine Hündin getreten, provoziert oder sich ihr zu sehr genähert haben könnte.

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Nicht erheblich ist, dass die Verletzung der Geschädigten am rechten Oberschenkel von den Beteiligten und auch von der Geschädigten selbst als nicht gravierend angesehen wird. Denn eine „Bissverletzung“ durch einen Hund ist nicht erst dann zu bejahen, wenn durch Zubeißen eine (größere) Fleischwunde entstanden ist, Bissverletzung ist jede Verletzung, die durch die Zähne eine Hundes verursacht werden, so auch „bloße“ Kratzer. Auf dem Grad der Verletzung kommt es mithin nicht an. Soweit aber § 13 SOG LSA eine „konkrete“ Gefahr erfordert, ist weiter zu berücksichtigen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts um so geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer der zu erwartende Schaden ist. Zu (Beiß-) Zwischenfällen muss es deshalb vor dem Erlass einer entsprechenden ordnungsbehördlichen Anordnung noch nicht notwendig gekommen sein. Eine konkrete Gefahr kann deshalb nicht nur dann angenommen werden, wenn ein Hund bereits öfter und gegenüber verschiedenen Personen oder Hunden „auffällig“ geworden ist. Ein Anlass zum Einschreiten der Sicherheitsbehörden liegt jedenfalls dann vor, wenn es bereits zu einem Angriff des Hundes auf einen Menschen – wie hier am 11.12.2010 – gekommen ist. In einem solchen Fall besteht grundsätzlich Veranlassung für Maßnahmen nach § 13 SOG LSA. Insofern hat der Kläger keine besonderen Umstände benannt, die den Beißvorfall vom 11.12.2010 als einen einmaligen Ausnahmefall begründen könnten. Er hat nicht dargelegt, was gegen eine Wiederholungsgefahr sprechen könnte.

22

Im Gegenteil drängt sich die Annahme auf, dass sich die Gefahrenlage jederzeit wieder ergeben kann, wenn die unangeleinte und ohne Maulkorb versehene Hündin des Klägers auf eine ihm nicht bekannte Person trifft. Denn nach seinen eigenen Angaben kann die Hündin aufgrund ihres Alters kaum noch hören. Auch räumt er ein, dass seine Hündin sehr schlecht sieht. Diese Umstände begründen entgegen der Ansicht des Klägers die Gefahr, dass seine Hündin das Verhalten von ihr unbekannten Personen nicht richtig wahrnimmt und fehlerhaft deutet. Die mit diesen körperlichen Schwächen seiner Hündin einhergehenden Gefahren für Personen und auch andere Tiere werden vom Kläger insofern unterschätzt.

23

Die aufgrund des Vorfalls angeordneten Maßnahmen des Leinen- und Maulkorbzwanges verstoßen entgegen der Ansicht des Klägers nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Sie regeln im Grunde lediglich das, was ein verantwortungsvoller Hundehalter vor dem Hintergrund des aktenkundigen Beißvorfalls von sich aus jederzeit beachten würde und sind auch geeignet, den Zweck der Gefahrenabwehr zu fördern und die Gefahr im Sinne der §§ 13, 3 Nr. 3 a SOG LSA zu beseitigen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Tier beim Anlegen eines artgerechten Maulkorbes die Fähigkeit zum ausreichenden Hecheln abgeschnitten würde, sind weder vorgetragen noch ist die sonst ersichtlich. Gegebenenfalls obliegt es dem Kläger als Tierhalter, dem Bewegungsbedürfnis seines Tieres z. B. durch den Besuch eines Hundesportplatzes zu entsprechen. Eine Notwendigkeit zur Duldung einer Gefährdung der Allgemeinheit lässt sich daraus jedenfalls nicht herleiten (vgl. OVG LSA, U. v. 08.07.2004 - 2 L 101/03 -).

24

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Anordnung des Leinenzwanges nicht bereits deshalb überflüssig, weil er und seine Ehefrau die Hündin entsprechend der Bestimmung in § 5 Abs. 4 GVO der Beklagten ohnehin stets an der Leine führen. Zwar besteht nach der genannten Vorschrift auf Verkehrsflächen und in den Anlagen ohnehin ein Leinenzwang. Hiervon sind aber die Hundeauslaufwiesen ausgenommen. Die GVO der Beklagten gilt auch nicht außerhalb der geschlossenen Bebauung. Für diesen Bereich ist die Regelung des § 10 Abs. 2 FFGO einschlägig. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 FFGO sind in Feld und Wald einschließlich angrenzender öffentlicher Straßen Hunde nur in der Zeit vom 01.03. bis zum 15.07. anzuleinen. Außerhalb dieser Zeit besteht keine Leinenpflicht. Darüber hinaus kann es auch Kommunen geben, in denen keine generelle Leinenpflicht besteht.

25

Die angeordneten Maßnahmen sind auch erforderlich, weil mildere Maßnahmen mit gleichem Erfolg nicht erkennbar sind. Auch für den Maulkorbzwang ist kein milderes und ebenso geeignetes Mittel ersichtlich. Entgegen der Ansicht des Klägers wäre eine Anordnung, die angeleinte Hündin stets zu beaufsichtigen, nicht ebenso geeignet. Denn ohne Maulkorb kann auch unter Beaufsichtigung der Hündin nicht ausgeschlossen werden, dass sie Personen oder auch andere Tiere beißt. Denn es kann passieren, dass die Aufsichtsperson trotz Eintritts einer Gefahrensituation kurzfristig unaufmerksam ist und die angeleinte Hündin zubeißt. Diese Gefahr kann nur durch die Anlegung eines Maulkorbes deutlich gesenkt werden.

26

Die Maßnahmen sind dem Kläger auch zumutbar im Hinblick auf das zu schützende Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit und Gesundheit. Ermessensfehler der Beklagten, welche im Rahmen des § 114 VwGO beachtlich wären, sind von dem Kläger nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt der vorgelegenen Akten hat sich die Beklagte mit den relevanten Belangen, die zu ihren Entscheidungen geführt haben, auseinandergesetzt und diese rechtlich bedenkenfrei gewichtet.

27

Darüber hinaus ist rechtlich nichts dagegen zu erinnern, dass die Beklagte den streitbefangenen Bescheid nicht befristet hat. Was den Leinenzwang anbelangt, ist dieser als ständige Maßnahme bereits unter den dort genannten Voraussetzungen durch § 5 Abs. 4 GVO gedeckt, der seinerseits rechtlich nicht zu beanstanden ist. Bezüglich des Maulkorbzwanges ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der angefochtenen Ordnungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der von der Behörde „überwachend“ zu begleiten ist. Dass die Hündin des Klägers sich im Hinblick auf den Vorfall vom 11.12.2011 in seinem Wesen geändert haben könnte, hat der Kläger selbst nicht vorgetragen, so dass nicht ersichtlich ist, dass die Gründe für den Erlass der Ordnungsverfügung im Hinblick auf den Maulkorbzwang nachträglich entfallen sein könnten. Soweit der Kläger diesbezüglich im Rahmen der Anhörung im Vorverfahren erklärt hat, der geschilderte Vorfall rechtfertige keinen Maulkorbzwang, da das Verhalten seiner Hündin in der Situation seines Erachtens nach kein aggressives Verhalten gegen Menschen gezeigt habe, ist dem entgegen zu halten, dass der Kläger selbst erklärt hat, den tatsächlichen Vorfall nicht gesehen zu haben, seine vorgenannte Äußerung insofern nur auf Spekulationen beruht. Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, bei seinem Hund einen Wesenstest durchführen zu lassen.

28

Die Zwangsgeldandrohung ist hingegen rechtswidrig. Denn sie genügt nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 5 SOG LSA und des § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V. m. § 37 Abs. 1 VwVfG. Der Regelung in Ziff. 3 des angefochtenen Bescheides fehlt es an der erforderlichen Bestimmtheit der Androhung des Zwangsgelds. Nach § 59 Abs. 1 Satz 1 SOG LSA sind Zwangsmittel - so auch das Zwangsgeld - vor ihrer Anwendung von der Vollstreckungsbehörde anzudrohen. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift soll die Androhung schriftlich erfolgen. § 59 Abs. 5 SOG LSA verlangt, dass die Androhung eines Zwangsgelds "in bestimmter Höhe" erfolgt. Dies dient dem Zweck, dem Antragsteller (Vollstreckungsschuldner) zu erkennen zu geben, für welchen Fall der Nichterfüllung einer Anordnung aus dem streitgegenständlichen Bescheid ihr ein Zwangsgeld in welcher Höhe droht. Das entspricht rechtsstaatlichen Anforderungen, wie es der Gesetzgeber in § 59 Abs. 5 SOG LSA eindeutig zum Ausdruck gebracht hat (vgl. zum insoweit inhaltsgleichen dortigen Landesrecht: VG Augsburg, B. v. 10.06.2008 - Au 5 S 08.519 -, zitiert nach juris, Rdnr. 25 m. w. N.) Diesen Bestimmtheitsanforderungen genügt die Zwangsgeldandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Antraggegners nicht. Denn im angefochtenen Bescheid wird ohne weitergehende Differenzierung "ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro" angedroht, wenn gegen die unter Ziff. 1 des Bescheides getroffenen Anordnungen verstoßen wird. Unter Ziff. 1 des streitigen Bescheides hat die Antragsgegnerin die Anleinung der Hündin und die Anlegung eines Maulkorbes bei der Führung der Hündin im öffentlichen Verkehrsraum angeordnet.

29

Eine Androhung zur Durchsetzung mehrerer Verpflichtungen muss aber eindeutig erkennen lassen, ob sie sich auf Verstöße gegen jede einzelne Verpflichtung bezieht oder nur auf Verstöße gegen alle Verpflichtungen zugleich. Sie muss also sozusagen "pflichtenscharf" ausgestaltet werden. Ansonsten genügt sie nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz. Entscheidend ist, dass eindeutig erkennbar sein muss, für welche Anordnungen welches Zwangsgeld angedroht ist. Hier ist schon nicht eindeutig, wie viele Zwangsgeldandrohungen vorliegen. Es sind hier mehrere Auslegungen denkbar. Einerseits, dass es sich hier um zwei voneinander unabhängige Zwangsgeldanordnungen handelt. Andererseits, dass es sich nur um eine Zwangsgeldanordnung handelt, also dass die Zwangsgeldsandrohung bereits dann "verbraucht" ist, wenn die Antragstellerin gegen eine (beliebige) der beiden Anordnungen unter Ziff. 1 des Bescheides verstößt (vgl. VG Augsburg, B. v. 10.06.2008 - a. a. O., Rdnr. 28 f. m. w. N.). Denkbar ist auch, dass die Festsetzung des angedrohten Zwangsgeldes nur in Betracht kommen soll, wenn gegen alle in Ziff. 1 des Bescheides auferlegten Pflichten verstoßen wird.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Das Gericht hat dem Kläger die Kosten des Verfahrens zur Gänze auferlegt, weil die Beklagte nur zu einem geringen Teil – hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung – unterliegt. Wenn nur die Zwangsgeldandrohung Gegenstand der Klage wäre, wäre unter Berücksichtigung der Empfehlung in Ziffer II.1.6.1 des Streitwertkataloges das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Verfolgung seines Begehrens mit 250,- € zu bemessen. Dieser Wert ist bei der Kostenentscheidung zu vernachlässigen, weil er weniger als 10 % des vorliegend festzusetzenden Streitwertes beträgt.

31

Der Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist abzulehnen. Für einen solchen Antrag hat der Kläger kein Rechtschutzbedürfnis, weil zu seinen Gunsten keine Kostenentscheidung ergeht.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen in Ziffern II.35.2 und II.1.6.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht das Interesse des Klägers an der Verfolgung seines Begehrens mit 5.000,00 Euro.


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Für die Rücknahme und den Widerruf der Genehmigung gelten die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Erteilung der Genehmigung erfolgen. Die Rücknahme oder der Widerruf dürfen nicht dara

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Für die Rücknahme und den Widerruf der Genehmigung gelten die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Erteilung der Genehmigung erfolgen. Die Rücknahme oder der Widerruf dürfen nicht darauf gestützt werden, daß dem Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung ein Antrag nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes bekannt wird, der vor der Entscheidung bei dieser Stelle nicht eingegangen war oder über den dort keine Mitteilung vorlag. Ergehen die Rücknahme oder der Widerruf in elektronischer Form, so sind sie mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu versehen.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

Für die Rücknahme und den Widerruf der Genehmigung gelten die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Der Widerruf kann nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Erteilung der Genehmigung erfolgen. Die Rücknahme oder der Widerruf dürfen nicht darauf gestützt werden, daß dem Amt oder Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, nach Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung ein Antrag nach § 30 Abs. 1 des Vermögensgesetzes bekannt wird, der vor der Entscheidung bei dieser Stelle nicht eingegangen war oder über den dort keine Mitteilung vorlag. Ergehen die Rücknahme oder der Widerruf in elektronischer Form, so sind sie mit einer dauerhaft überprüfbaren Signatur nach § 37 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu versehen.

(1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden

1.
des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts,
2.
der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie Bundesrecht im Auftrag des Bundes ausführen,
soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten.

(2) Dieses Gesetz gilt auch für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Behörden, wenn die Länder Bundesrecht, das Gegenstände der ausschließlichen oder konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, als eigene Angelegenheit ausführen, soweit nicht Rechtsvorschriften des Bundes inhaltsgleiche oder entgegenstehende Bestimmungen enthalten. Für die Ausführung von Bundesgesetzen, die nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erlassen werden, gilt dies nur, soweit die Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates dieses Gesetz für anwendbar erklären.

(3) Für die Ausführung von Bundesrecht durch die Länder gilt dieses Gesetz nicht, soweit die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(4) Behörde im Sinne dieses Gesetzes ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.