Verwaltungsgericht Köln Urteil, 14. Juli 2016 - 20 K 1282/16

Gericht
Tenor
Es wird festgestellt, dass die Polizeiverfügung vom 28.01.2016 (Aufenthalts- und Betretungsverbot) aus heutiger Sicht rechtswidrig ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
T a t b e s t a n d
2Mit Verfügung vom 28.01.2016 wurde gegen den Kläger gem. § 34 Abs. 2 PolG NRW ein Aufenthalts- und Betretungsverbot für die Stadtgebiete Köln und Leverkusen für den Zeitraum von Donnerstag, den 04.02.2016 (Weiberfastnacht), 0:00 Uhr, bis Mittwoch, den 10.02.2016 (Aschermittwoch), 6:00 Uhr, angeordnet. Die sofortige Vollziehung dieser Maßnahme wurde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet. Zugleich wurde für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 Euro angedroht.
3Am 29.02.2016 hat der Kläger hiergegen die vorliegende Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Verfügung sei rechtswidrig, da sie in Bezug auf die sachlichen Feststellungen unzutreffend und auch nicht verhältnismäßig sei. Er habe weder Personen angegriffen, noch zu strafbaren Handlungen aufgerufen. In der Vergangenheit sei er - vor mehreren Jahren - wegen nur eines Gewaltdeliktes verurteilt worden. Diese Verurteilung stehe in einem anderen Kontext und könne ein Betretungsverbot an Karneval nicht rechtfertigen. Zudem sei die Verfügung in zeitlicher und räumlicher Hinsicht zu weit gefasst.
4Die Kammer hat mit Schreiben vom 19.05.2016 darauf hingewiesen, dass die in der Verfügung genannten Gründen nicht geeignet seien, die Ermessensentscheidung zu tragen und dass ein Nachschieben von Gründen bei erledigten Verwaltungsakten nicht in Betracht komme.
5Der Beklagte hat sodann mit Schriftsatz vom 27.05.2016 den Feststellungsanspruch des Klägers anerkannt und erklärt, dass die angefochtene Verfügung vom 28.01.2016 aus heutiger Sicht rechtswidrig sei.
6Der Kläger beantragt nunmehr,
7im Wege des Anerkenntnisurteils festzustellen, dass die Polizeiverfügung vom 28.01.2016 (Aufenthalts- und Betretungsverbot) aus heutiger Sicht rechtswidrig ist.
8Der Beklagte hat keine Einwände gegen den Erlass eines Anerkenntnisurteils erhoben.
9Mit Beschluss vom 06.07.2016 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen (§ 6 Abs. 1 VwGO).
10Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
11E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
12Das Gericht kann aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
13Der Antrag auf Erlass eines Anerkenntnisurteils ist zulässig und begründet.
14Ein Anerkenntnisurteil ist im Verwaltungsprozess zulässig. Es ist dem Beklagten grundsätzlich unbenommen, den gegen ihn mit der Klage geltend gemachten Anspruch anzuerkennen. § 307 ZPO ist Ausdruck der Dispositionsmaxime, die die Befugnis der Beteiligten sichert, über den Streitgegenstand zu verfügen. Dieser Grundsatz gilt auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Das Anerkenntnis stellt in diesem Zusammenhang ein geeignetes Mittel dar, den Kläger ganz oder teilweise klaglos zu stellen.
15Der Beklagte ist auch berechtigt, über den geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des von ihm erlassenen Aufenthalts- und Betretungsverbots zu verfügen.
16Dem Antrag des Klägers auf Erlass eines Anerkenntnisurteils nach den §§ 173 S. 1 S. 1 VwGO, 307 S. 1 ZPO war demnach zu entsprechen. Einer materiellen Prüfung des geltend gemachten Begehrens bedarf es nicht mehr.
17Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1VwGO.
18Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Erkennt eine Partei den gegen sie geltend gemachten Anspruch ganz oder zum Teil an, so ist sie dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Einer mündlichen Verhandlung bedarf es insoweit nicht.
Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.