Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 05. Aug. 2015 - 2 L 1845/15
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5183,75 Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Das vorläufige Rechtschutzbegehren des Antragstellers richtet sich bei verständiger Würdigung (§ 88 VwGO analog) gegen die an die E. Q. AG adressierte Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2015. Diese Verfügung beinhaltet eine Maßnahme einer Vollstreckungsbehörde, gegen die ein Rechtsbehelf nach § 112 Satz 1 JustG NRW keine aufschiebende Wirkung entfaltet. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die Verfügung kann vom Verwaltungsgericht allerdings auf Antrag angeordnet werden (§ 112 Satz 2 JustG NRW i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
3Der danach sachdienliche Antrag des Antragstellers,
4die aufschiebende Wirkung seiner Klage 2 K 4219/15 gegen die an die E. Q. AG adressierte Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2015 (Az: 00.0000000.0000.0.0000) anzuordnen,
5ist zulässig, aber nicht begründet. Die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht zu treffende Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin geht zu Lasten des Antragstellers aus.
6Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Antragsgegnerin vom 14. Juli 2015 ist mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig, mit der Folge, dass die Klage 2 K 4219/15 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
7Die Verfügung entspricht den gesetzlichen Anforderungen aus § 40 VwVG NRW. Sie ist insbesondere schriftlich ergangen, bezeichnet die gepfändete Forderung hinreichend genau, nennt den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe und ist der Drittschuldnerin am 16. Juli 2015 ordnungsgemäß zugestellt worden.
8Die allgemeinen Voraussetzungen für die Vollstreckung einer Geldforderung nach § 6 VwVG NRW sind hier ebenfalls gegeben.
9Gegen den Antragsteller ist durch Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2014 ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro festgesetzt worden; diese Festsetzung ist im Übrigen nach erfolgter Klagerücknahme im Verfahren 2 K 4748/14 am 23. Dezember 2014 inzwischen unanfechtbar. Dieses Zwangsgeld kann nach § 6 Abs. 4 VwVG NRW ohne Einhaltung einer Schonfrist und auch ohne Mahnung beigetrieben werden.
10Ein Anspruch auf Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach § 6 a VwVG NRW steht dem Antragsteller mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu. Keine der in dieser Bestimmung genannten Fallalternativen ist hier einschlägig, insbesondere liegt keine Entscheidung der Antragsgegnerin nach § 26 VwVG NRW (vgl. § 6 a Abs. 1 lit. e VwVG NRW) vor. Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Einstellung der Zwangsvollstreckung auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 Satz 1 VwVG NRW. Die Vollstreckung des unanfechtbar festgesetzten Zwangsgeldes bedeutet für ihn nicht wegen der ganz besonderen Umstände des Falles eine Härte, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Insoweit kann offen bleiben, ob der Antragsteller, wie er geltend macht, seit Januar 2015 kein Tantra-Studio mehr betreibt. Wie sich aus der von ihm vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 22. Juli 2015 und im Übrigen auch aus seinen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung vom 23. Dezember 2014 im Verfahren 2 K 4748/14 eindeutig ergibt, hat er ein solches Studio, in dem regelmäßig sexuelle Handlungen vorgenommen worden sind, jedenfalls bis Ende Dezember 2014 betrieben. Damit hat er bis zu diesem Zeitpunkt fortwährend gegen das Unterlassungsgebot aus Ziffer I. der rechtskräftigen Ordnungsverfügung vom 15. Mai 2013 verstoßen. Insoweit greift zu seinen Lasten das Beitreibungsgebot gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 2. Halbsatz VwVG NRW. Danach ist ein Zwangsgeld beizutreiben, wenn der Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht werden sollte. Gerade so liegt der Fall hier. Denn mit der Zwangsmittelandrohung vom 15. Mai 2013 (vgl. Ziffer II. des Bescheides vom 15. Mai 2013) wollte die Antragsgegnerin den notwendigen Druck auf den Antragsteller ausüben, um diesem bewusst zu machen, dass jede Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot ohne Weiteres die Festsetzung und Beitreibung des Zwangsgeldes in Höhe von 10.000 Euro zur Folge hat.
11Die Beitreibung von Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 367,50 Euro durch die Antragsgegnerin ist ebenfalls sehr wahrscheinlich nicht zu beanstanden. Nach § 20 Abs. 1 VwVG NRW fallen die Kosten der Zwangsvollstreckung dem Schuldner zur Last und sind mit dem Anspruch beizutreiben. Die konkreten Kostenpositionen hat die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 4. August 2015 im Einzelnen aufgeschlüsselt. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 11 VO VwVG NRW (hier drei Pfändungsgebühren wegen drei Pfändungs- und Einziehungsverfügungen in Höhe von jeweils 119 Euro) und aus § 20 VO VwVG NRW (Auslagen für Porto, Schufa-Anfrage und Zustellungen in Höhe von insgesamt 10,50 Euro).
12Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
13Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. 52 Abs. 1 GKG.
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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Der Verwaltungsakt, der auf die Herausgabe einer Sache oder auf die Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet ist, kann mit den Zwangsmitteln nach § 9 durchgesetzt werden, wenn er unanfechtbar ist oder wenn sein sofortiger Vollzug angeordnet oder wenn dem Rechtsmittel keine aufschiebende Wirkung beigelegt ist.
(2) Der Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn der sofortige Vollzug zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwendung einer drohenden Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt.
Soweit die Vollstreckung in Bundesgesetzen abweichend von diesem Gesetz geregelt ist, sind für Bundesbehörden und bundesunmittelbare juristische Personen des öffentlichen Rechts die Bestimmungen dieses Gesetzes anzuwenden; § 1 Abs. 3 bleibt unberührt.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.