Tenor

Die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ... werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin begehrt die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 21.04.2016, mit der ihr die Nutzung eines Gebäudes als Gaststätte und Versammlungsort untersagt wurde.
Die Antragstellerin betreibt unter der Anschrift ... in ... in dem dort aufstehenden einstöckigen Gebäude mit Kellergeschoss eine Gaststätte und führt Versammlungen durch. Im Erdgeschoss des Anwesens befindet sich ein Lokal mit Bar und kleiner Szenenfläche, eine Küche sowie Toiletten. Im Kellergeschoss befinden sich Lagerräume, eine Heizung mit Öltank sowie Aufenthaltsräume. Die Gastraumfläche beträgt insgesamt ca. 239 qm. Für das Gebäude besteht eine Baugenehmigung des Landratsamts ... vom 03.12.1969 zum Einbau einer Gaststätte ins Untergeschoss des Gebäudes. Daneben findet sich eine Baugenehmigung des Landratsamts ... vom 20.04.1970 zum Einbau einer Gaststätte mit Theke, Tanzfläche, einem Kaminzimmer und einer Küche im Erdgeschoss und dem Einbau von einem Abstellraum, einem Personalraum, einem Heizungsraum, einem Öltankraum und Toiletten im Untergeschoss. Mit Bescheid vom 21.03.1974 genehmigte das Landratsamt ... eine Erweiterung der bestehenden Gaststätte im Erdgeschoss. Schließlich genehmigte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19.06.2000 den Einbau einer Toilettenanlage, einer Spülküche und eines Vorratsraums im Erdgeschoss des Gebäudes.
Mit Verfügung vom 25.02.2016 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Nutzung des Anwesens als Gaststätte und Versammlungsraum. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne von § 65 Satz 2 LBO genutzt werde, weil die für einen der Notausgänge erforderliche Außentreppe abmontiert sei und sämtliche Fenster der Gaststätte mit Holzspanplatten verschlossen seien. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Dagegen legte die Antragstellerin am 01.03.2016 Widerspruch ein und stellte am 03.03.2016 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 8 K 941/16 einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes.
Am 16.03.2016 führte die Antragsgegnerin eine Brandverhütungsschau durch. Hierbei wurde festgestellt, dass die Außentreppe wieder montiert war und die Fenster nicht mehr mit Platten verschlossen waren. Es wurden aber zugleich zahlreiche weitere brandschutzrechtliche Mängel benannt, u.a. fehle im Kellergeschoss der zweite bauliche Rettungsweg, das Erdgeschoss und das Kellergeschoss seien brandschutztechnisch nicht abgetrennt, der Nachweis, dass die Unterdecke im Bereich der Szenefläche/ Zugang zu den Toiletten schwer entflammbar sei, sei nicht erbracht und in der Küche fehle ein Fettbrandlöscher.
Mit Bescheid vom 18.03.2016 gestattete die Antragsgegnerin der Antragstellerin die erneute Nutzung der Gaststätte. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die im Bescheid vom 25.02.2016 gerügten Mängel behoben seien. Es bestehe daher keine Gefahr im Verzug mehr. Zugleich wurde die Antragstellerin zu den weiteren, bei der Brandverhütungsschau am 16.03.2016 festgestellten brandschutzrechtlichen Mängeln angehört. Eine erneute Nutzungsuntersagung im Falle nicht fristgerechter Beseitigung wurde angekündigt und die Anordnung des Sofortvollzugs ausdrücklich vorbehalten.
Mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 20.06.2016, Az.: 8 K 941/16, wurde das Verfahren nach der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache eingestellt. Auf den Inhalt dieses Beschlusses wird verwiesen.
Nach interner Abstimmung und der Information, dass eine überregionale Veranstaltung geplant war, kam die Antragsgegnerin zu dem Ergebnis, dass die im Bescheid vom 18.03.2016 getroffene Einschätzung der Gefahrenlage nicht mehr aufrechterhalten werden kann.
Mit Verfügung vom 21.04.2016 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin erneut die Nutzung des Anwesens als Gaststätte und Versammlungsraum mit sofortiger Wirkung (Ziffer 1). Zur Begründung wurde dargelegt, dass Rechtsgrundlage § 58 Abs. 6 Satz 2 LBO sei. Die im Rahmen der Brandverhütungsschau festgestellten Mängel begründeten eine Gefahr für Leib oder Leben. Da mit der Möglichkeit eines Brandes immer gerechnet werden müsse, bestehe Gefahr im Verzug. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung an (Ziffer 2) und drohte der Antragstellerin für den Fall, dass die Antragstellerin gegen die Nutzungsuntersagung in Ziffer 1 verstoße, die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2000,00 EUR an (Ziffer 3). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde mit dem Hinweis auf das Bestehen von Gefahr im Verzug begründet. In Ziffer 4 der Verfügung wurde eine Gebühr für diese Entscheidung in Höhe von 94,00 EUR festgesetzt.
Hiergegen legte die Antragstellerin mit anwaltlichem Telefax vom 26.04.2016 Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden ist.
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Mit bei Gericht am 26.04.2016 eingegangenem anwaltlichen Schreiben vom 26.04.2016 suchte die Antragstellerin zudem um Eilrechtsschutz nach und beantragt,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 26.04.2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21.04.2016 wiederherzustellen bzw. anzuordnen und
der Antragstellerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Herrn Rechtsanwalt ... als Rechtsanwalt beizuordnen.
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Sie macht im Wesentlichen geltend: Die Verfügung vom 21.04.2016 sei bereits formell rechtswidrig, weil die Anordnung des sofortigen Vollzugs lediglich formelhaft und pauschal erfolgt sei. Die Verfügung sei auch materiell rechtswidrig. Zum einen habe sich die Behörde widersprüchlich verhalten. Die Antragsgegnerin habe in Kenntnis der im Rahmen der Brandverhütungsschau am 16.03.2016 festgestellten Mängel mit Bescheid vom 18.03.2016 der Antragstellerin die erneute Nutzung der Gaststätte gestattet und das Vorliegen von Gefahr im Verzug ausdrücklich verneint. Trotz unveränderter Sachlage bejahe sie nun das Vorliegen von Gefahr im Verzug. Zum anderen läge auch tatsächlich keine Gefahr im Verzug vor, weil der Zustand des Gebäudes seit der Erteilung der Baugenehmigung im Jahr 2000 unverändert sei und die Antragsgegnerin in diesem ganzen Zeitraum keine Mängel festgestellt habe. Zudem verfolge die Antragsgegnerin mit der Nutzungsuntersagung sachfremde Ziele, nämlich die Verhinderung von ihr politisch unliebsamen Veranstaltungen in der von der Antragstellerin betriebenen Gaststätte. Außerdem liege ein Ermessensausfall vor, da die Antragsgegnerin lediglich das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 58 Abs. 6 Satz 2 LBO bejaht habe.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Anträge abzulehnen.
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Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an, dass landes- oder bundesweit beachtete Brandvorfälle in Bruchsal und in Titisee-Neustadt und zwei Brandvorfälle in ... dazu geführt haben, dass sie sich intensiver um den Brandschutz kümmere. Zudem habe es im streitgegenständlichen Objekt Versäumnisse bei der regelmäßigen Durchführung von Brandverhütungsschauen gegeben. Die Begründung der Ermessensausübung sei deswegen knapp ausgefallen, weil sie es im Hinblick auf die festgestellten Mängel und der öffentlichen Diskussion zu Brandereignissen für überflüssig halte, zu viele Worte über Selbstverständlichkeiten zu verlieren.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von der Beklagten vorgelegten Akten Bezug genommen.
II.
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Die Anträge konnten keinen Erfolg haben.
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Der Antrag, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 26.04.2016 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21.04.2016 hinsichtlich der in Nr. 1 ausgesprochenen und für sofort vollziehbar erklärten Nutzungsuntersagung wiederherzustellen, sowie hinsichtlich der in Nr. 3 verfügten und von Gesetzes wegen (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 12 LVwVG) sofort vollziehbaren Zwangsgeldandrohung anzuordnen, ist zulässig, jedoch nicht begründet.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken und genügt insbesondere dem Erfordernis der Begründung (§ 80 Abs. 3 VwGO).
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Die Begründungspflicht hat eine Unterrichtungs- und Warnfunktion. Die Begründung soll nachvollziehbar machen, warum nach Auffassung der Behörde mit dem Vollzug des Verwaltungsaktes nicht bis zu seiner Bestandskraft bzw. bis zu dem Zeitpunkt zugewartet werden kann, in dem der Verwaltungsakt gemäß § 80b Abs. 1 VwGO kraft Gesetzes vollziehbar wird. Auch die Offensichtlichkeit der Gründe, die einen Sofortvollzug gebieten, rechtfertigt in aller Regel keine Ausnahme vom Begründungszwang, wie die ausdrückliche Regelung in § 80 Abs. 3 Satz. 2 VwGO zeigt. Ferner soll die Begründungspflicht der Behörde den Ausnahmecharakter von Entscheidungen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor Augen führen und sie veranlassen, mit besonderer Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Interesse im Raum steht, welches es rechtfertigt, das Prinzip der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen zu durchbrechen (vgl. nur: Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 84 ff.). Diesbezüglich ist jedoch auch anerkannt, dass bei gleichartigen Tatbeständen auch gleiche oder „gruppentypisierte“ Begründungen ausreichen können (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85). In solchen Fällen ist es nicht zwingend geboten, eine ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zugeschnittene Begründung zu geben. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Anordnung des Sofortvollzugs aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt.
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Die von der Antragsgegnerin gesondert verfügte Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs in Form eines kurzen Hinweises auf das Bestehen von Gefahr im Verzug, ist zwar knapp, nach den eben dargestellten Maßstäben jedoch noch ausreichend. Aus der Begründung wird deutlich, dass die Behörde aufgrund der jederzeitigen Möglichkeit eines Schadenseintritts dem Lebens- und Gesundheitsschutz der Besucher den Vorrang vor dem Interesse des Antragstellerin an der Weiterführung der bisherigen Nutzung einräumen will. Die Begründung musste nicht noch näher auf den vorliegenden Einzelfall zugeschnitten werden. Die Behörde hat die im Fall einer Nutzungsuntersagung aufgrund brandschutzrechtlicher Mängel typische Interessenlage aufgezeigt und deutlich gemacht, dass nach ihrer Auffassung diese Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt.
22 
Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht begegnet die Anordnung der sofortigen Vollziehung keinen rechtlichen Bedenken.
23 
Die gerichtliche Entscheidung in einem Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht im Wege einer Interessenabwägung. Maßgeblich ist, ob das private Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs oder das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Für das Interesse des Antragstellers, einstweilen nicht dem Vollzug der behördlichen Maßnahmen ausgesetzt zu sein, sind zunächst die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs von Belang. Ein überwiegendes Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist in der Regel anzunehmen, wenn die im Eilverfahren allein mögliche und gebotene summarische Überprüfung zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergibt, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist. Ist der Verwaltungsakt dagegen offensichtlich rechtmäßig, so überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Hat die Behörde die sofortige Vollziehung abweichend vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO) gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gesondert angeordnet, bedarf es zusätzlich eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts, das über das allgemeine öffentliche Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Zustände, wie es jedem Verwaltungsakt innewohnt, hinausgeht. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich dieses Vollziehungsinteresse im Einzelfall - auch - aus dem allgemeinen Erlassinteresse ergibt bzw. mit diesem identisch ist, etwa wenn bei Maßnahmen der Gefahrenabwehr die begründete Besorgnis besteht, die mit dem Verwaltungsakt bekämpfte Gefahr werde sich bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens realisieren, oder wenn ein Verwaltungsakt ohne sofortige Vollziehung seinen Zweck verfehlt.
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Gemessen an diesem Maßstab überwiegt das öffentliche Vollzugsinteresse das private Aussetzungsinteresse der Antragstellerin.
25 
Die Nutzungsuntersagung in Ziffer 1 der Verfügung vom 21.04.2016 dürfte sich im Hauptsacheverfahren voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Die Antragsgegnerin stützt Ziffer 1 der Verfügung vom 21.04.2016 auf § 58 Abs. 6 Var. 1 LBO. Nach § 58 Abs. 6 Var. 1 LBO können auch nach der Erteilung der Baugenehmigung Anforderungen gestellt werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit abzuwenden und bei Gefahr im Verzug bis zur Erfüllung dieser Anforderungen die Benutzung der baulichen Anlage untersagt werden. Die Vorschrift schränkt im Sinne gesetzlicher Auflagenvorbehalte den baurechtlichen Bestands- und Vertrauensschutz zum Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter ein und geht der bauordnungsrechtlichen Generalermächtigung nach § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO als speziellere Ermächtigungsgrundlage vor, wenn an genehmigte bauliche Anlagen nachträglich weitere Anforderungen gestellt werden (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.03.2011 - 8 S 2910/10 -, juris, Rn. 23). Jede Baugenehmigung steht daher unter dem Vorbehalt, dass bei bestimmten Gefahren und erheblichen Nachteilen oder Belästigungen die Baurechtsbehörde trotz weiter bestehender Baugenehmigung die notwendigen Anforderungen stellen kann (Sauter, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 3. Aufl., 42. Lfg. Dez. 2012, § 58 Rn. 141).
26 
Allerdings muss die in § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO vorausgesetzte Gefahr konkret sein. Dies erfordert eine auf Tatsachen gestützte Prognose, dass in dem zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Eintritt eines Schadens hinreichend wahrscheinlich zu rechnen ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.03.2011 - 8 S 2910/10 -, juris, Rn. 24). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich, ist nicht primär darauf abzustellen, ob ein Brandereignis mehr oder weniger wahrscheinlich erscheint, da mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss. Der Umstand, dass in vielen Gebäuden jahrzehntelang kein Brand ausgebrochen ist, beweist nicht, dass insofern keine Gefahr besteht, sondern stellt für die Betroffenen lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, Urt. v. 25.08.2010 – 7 A 749/09 – juris, Rn. 51). Es ist vielmehr maßgeblich, ob für den Fall, dass es zu einem Brandereignis kommt, die bestehenden Mängel zu einer relevanten Gefahrerhöhung führen können, die sich auf der Grundlage einer an den Schutzgütern Leben und Gesundheit orientierten und damit die Erheblichkeitsschwelle niedrig ansetzenden Risikobewertung als nicht mehr hinnehmbar darstellt (VG München, Beschl. v. 21.08.2012 – M 8 S 12.3574 –, juris, Rn. 40).
27 
Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen des § 58 Abs. 6 Var. 1 LBO sowohl bezüglich des Kellergeschosses als auch bezüglich des Erdgeschosses erfüllt.
28 
Das Fehlen eines zweiten Rettungsweges im Kellergeschoss stellt für den Fall, dass es zu einem Brandereignis kommt, eine nicht mehr hinnehmbare Gefahrerhöhung für Leib und Leben der sich dort aufhaltenden Personen dar. Es entspricht allgemeiner Erfahrung, dass ein Rettungsweg durch den Brand selbst oder durch Rauch versperrt sein kann und die Personen, die über diesen Rettungsweg fliehen wollen, auf einen anderen Rettungsweg angewiesen sind (vgl. VG Düsseldorf, Urt. v. 02.03.2016 – 28 K 2758/15 –, juris, Rn.70). Der Umstand, dass zwischen Erdgeschoss und Kellergeschoss keine brandschutztechnische Trennung vorhanden ist, erhöht die Lebensgefahr im Kellergeschoss zusätzlich.
29 
Aber auch im Erdgeschoss besteht nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der sich dort aufhaltenden Personen.
30 
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass in der Küche einer Gaststätte leicht ein Fettbrand entstehen kann, der nur mit einem speziellen Fettbrandlöscher wirkungsvoll bekämpft werden kann. Damit begründet der fehlende Fettbrandlöscher in der Küche eine nicht mehr hinnehmbare Gefahrerhöhung für in der Küche arbeitende Personen. Auch auf der Szenefläche besteht nach summarischer Prüfung eine konkrete Gefahr für Leib und Leben der sich dort aufhaltenden Gäste, denn es ist davon auszugehen, dass die Unterdecke im Bereich der Szenefläche/Zugang Gastraum nicht schwerentflammbar ist. Trotz Aufforderung durch die Antragsgegnerin im Bescheid vom 31. 07. 2000 und Beanstandung im Rahmen der Brandverhütungsschau am 16.03.2016 legte die Antragstellerin nach Aktenlage bislang keinen entsprechenden Nachweis vor. Die Lichtbilddokumentation der Niederschrift zur Brandverhütungsschau (Lichtbildnr. 10) zeigt in diesem Bereich eine Holzdecke. Im Fall eines Brandereignisses sind die sich unter diese Decke aufhaltenden Personen durch herabfallende, brennende Deckenteile konkret gefährdet.
31 
Zudem besteht in beiden Geschossen Gefahr im Verzug im Sinne des § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO, da, wie bereits ausgeführt, mit der Entstehung eines Brandes jederzeit gerechnet werden muss. Dem kann die Antragstellerin nicht entgegen halten, dass der Zustand des Gebäudes seit dem Jahr 2000 im Innern unverändert sei und die Antragsgegnerin bislang keine Mängel festgestellt habe. Der Umstand, dass über mehrere Jahre hinweg kein Brand ausgebrochen ist, stellt, wie ebenfalls bereits ausgeführt, lediglich einen Glücksfall dar, mit dessen Ende jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, Urt. v. 25.08.2010 – 7 A 749/09 –, juris, Rn. 51).
32 
Die Antragsgegnerin hat mit dem Erlass der Nutzungsuntersagung nicht gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens verstoßen. Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Antragsgegnerin in Kenntnis des gesamten Sachverhalts zunächst das Bestehen von Gefahr im Verzug verneint und dann bejaht habe. Bereits im Bescheid vom 18.03.2016 wurde eine erneute Nutzungsuntersagung aufgrund der im Rahmen der Brandverhütungsschau festgestellten Mängel angekündigt. Zwar sollte die erneute Nutzungsuntersagung nach den Ausführungen im Bescheid vom 18.03.2016 erst nach der nicht fristgerechten Mängelbeseitigung erfolgen. Die Antragsgegnerin handelt aber nicht widersprüchlich, wenn sie nach interner Abstimmung und nach Kenntnis von einer anstehenden überregionalen Veranstaltung im streitgegenständlichen Objekt - und damit aufgrund neuer Erkenntnisse zur Gefahrenlage - schließlich doch eine sofortige Nutzungsuntersagung verfügt. Die Antragstellerin durfte bei verständiger Würdigung der Ausführungen im Bescheid vom 18.03.2016 nicht davon ausgehen, dass die Antragstellerin sich auch für diesen Fall an eine vorherige Aufforderung zur Mängelbeseitigung binden wollte.
33 
Ermessensfehler hinsichtlich der Nutzungsuntersagung sind im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle der Ermessenerwägung (§ 114 VwGO) nicht ersichtlich. Ein Ermessensausfall liegt nicht vor. Bei einer Nutzungsuntersagung besteht ein intendiertes Ermessen, also bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine grundsätzliche Verpflichtung der Bauaufsichtsbehörde zum Einschreiten. Es ist hiernach nicht erforderlich, bei erfolgtem Einschreiten die Ermessenserwägungen darzulegen, die die Behörde zu eben diesem Einschreiten bewogen haben.
34 
Soweit die Antragstellerin die Vermutung äußert, die Nutzungsuntersagung beruhe auf sachfremden Erwägungen, weil die Antragsgegnerin mangels anderer rechtlicher Möglichkeiten auf das Bauordnungsrecht zurückgreife und angebliche Gefahren aus diesem Bereich konstruiere, um die ihr politisch unliebsamen Veranstaltungen in der Gaststätte zu verhindern, macht sie damit einen Ermessensmissbrauch geltend. Die Prüfung des Gerichts, ob ein solcher Missbrauch vorliegt, ist grundsätzlich darauf beschränkt, festzustellen, ob die Gründe des Entscheidungsträgers seiner tatsächlichen Einschätzung entsprachen und nicht nur vorgeschoben sind, um eine in Wahrheit allein oder maßgebend mit auf anderen Beweggründen beruhende Entscheidung zu rechtfertigen, oder ob sie aus anderen Gründen willkürlich sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.09.1997 – 2 B 40/97 –, juris, Rn. 3). Das kann hier nicht festgestellt werden. Der Entscheidungsträger des Bescheids vom 21.04.2016 hat seine Ermessenserwägungen im Schriftsatz vom 12.05.2016 umfassend dargelegt. Darin hat er zusammenfassend ausgeführt, dass Versäumnisse bei der regelmäßigen Durchführung von Brandverhütungsschauen im streitgegenständlichen Objekt sowie Brandereignisse von regionaler und überregionaler Bedeutung dazu geführt haben, dass sich die Antragsgegnerin intensiver um die Einhaltung der Brandschutzvorschriften im streitgegenständlichen Objekt gekümmert habe. Die dazu gemachten Ausführungen sind sachlich gehalten und geeignet, diese Entscheidung zu stützen. Sie lassen sachfremde Motive oder Erwägungen nicht erkennen. Solche wurden auch von der Antragstellerin in Bezug auf den maßgeblichen Entscheidungsträger des Bescheids vom 21.04.2016 nicht substantiiert benannt.
35 
Auch ist die Nutzungsuntersagung nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht unverhältnismäßig. Im Hinblick auf die Gefährdung hochrangiger Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit einer unbestimmten Vielzahl von Menschen im Brandfall ist die ordnungsbehördliche Eingriffsschwelle tendenziell niedrig. Die Baubehörde darf Anordnungen treffen, die ohne Eingehung von Kompromissen in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite liegen. Dies gilt insbesondere für Sonderbauten im Sinne des § 38 LBO wie die Gaststätte der Antragstellerin, in denen eine Vielzahl von Personen ein- und ausgehen und sich gleichzeitig aufhalten können. Ein milderes, aber gleich effektives Mittel wie die Untersagung der Nutzung ist im Hinblick auf die Brandgefahren nicht ersichtlich. Die bloße Anordnung der durchzuführenden Maßnahmen wäre nicht gleichermaßen effektiv. Maßgeblich für diese Einschätzung ist wiederum die Erkenntnis, dass mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (vgl. OVG NRW, Urt. v. 28.08.2001 - 10 A 3051/99 -, juris, Rn.22). Finanzielle Interessen des betroffenen Eigentümers müssen dabei gegenüber den Interessen an der Minimierung von Brandrisiken und der damit bezweckten Vermeidung von Schäden an Leib und Leben der Benutzer der baulichen Anlage grundsätzlich zurücktreten.
36 
Schließlich besteht ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung. Da der erforderliche Brandschutz nach den Darlegungen der Antragsgegnerin nicht hinreichend gewährleistet ist, rechtfertigt der Schutz der Besucher des Gebäudes die Anordnung des Sofortvollzugs zur Gefahrenabwehr.
37 
Die Zwangsgeldandrohungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 20 LVwVG i.V.m. § 2 Nr. 2 LVwVG. Bedenken gegen die Höhe der angedrohten Zwangsgelder sind nicht geltend gemacht und ersichtlich.
38 
Soweit der Antrag sich gegen die Gebührenfestsetzung in Ziffer 4 des Bescheids vom 21.04.2016 wendet, ist der Antrag bereits unzulässig, weil die Antragstellerin vor Stellung des Antrages nach § 80 Abs. 5 VwGO keinen Antrag gemäß § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO auf Aussetzung der Vollziehung der Kostenentscheidung bei der Antragsgegnerin gestellt hat. Anhaltspunkte für einen solchen sind im Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin nicht zu finden. Dass die Antragstellerin einen solchen Antrag gestellt hat, hat sie auch nicht vorgetragen. Ein solcher Antrag nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO war auch nicht gemäß § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO entbehrlich, da keine Anhaltspunkte für eine drohende Vollstreckung der Gebührenfestsetzung durch die Antragsgegnerin bestanden.
39 
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt ... war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 114 Abs. 1 ZPO, § 166 VwGO).
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Ziff. 2, 52 Abs. 1 GKG. Das Gericht folgt hinsichtlich des Streitwertes den Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (Nr. 9.4). Der Schaden ist mangels konkreter Anhaltspunkte unter Berücksichtigung der Art des Gebäudes und dem Nutzen für die Antragstellerin auf 5.000,00 EUR zu schätzen; wegen der Vorläufigkeit des Rechtsschutzverfahrens wurde dieser nur zur Hälfte angesetzt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 08. Aug. 2016 - 8 K 1899/16

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Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage endet mit der Unanfechtbarkeit oder, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels. Dies gilt auch, wenn die Vollziehung durch die Behörde ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung durch das Gericht wiederhergestellt oder angeordnet worden ist, es sei denn, die Behörde hat die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit ausgesetzt.

(2) Das Rechtsmittelgericht kann auf Antrag anordnen, daß die aufschiebende Wirkung fortdauert.

(3) § 80 Abs. 5 bis 8 und die §§ 80a und 80c gelten entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 7. Dezember 2010 - 6 K 3579/10 -, soweit er den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ablehnt, teilweise geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 19. Februar 2010 wird auch insoweit wiederhergestellt, als der Antragstellerin mit Anordnung Nr. 1 dieser Verfügung aufgegeben wird, die in Nr. 2, Nr. 8 und Nr. 21 der Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts der Sachverständigengesellschaft ... ... ... vom 12. November 2009 bezeichneten Maßnahmen durchzuführen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt drei Zehntel und die Antragsgegnerin trägt sieben Zehntel der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das Lederwaren verarbeitet. Sie betreibt in einem Gebäudekomplex im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ihre Werke I und III. Im März 2008 bat sie die Antragsgegnerin um eine Einschätzung zur Löschwasserversorgung. Nach einer Brandverhütungsschau ordnete die Antragsgegnerin die Vorlage eines brandschutztechnischen Konzepts an. Die Antragstellerin legte Anfang Dezember 2009 ein Brandschutzkonzept der Sachverständigengesellschaft ... ... ... vom 12.11.2009 vor. Dieses stuft beide Werke als Sonderbauten i. S. des § 38 Abs. 1 LBO (Industriebauten) ein und beurteilt die Gebäude nach Maßgabe der Landesbauordnung und der Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Industriebaurichtlinie), Fassung März 2000 (Seiten 7, 11, 12, Nr. 4.2 und Nr. 5.1). Abweichungen des Gebäudezustands bewertet es in der Annahme, dass die Werksgebäude nach den zur Zeit ihrer Errichtung geltenden Vorschriften erstellt und Abweichungen mit behördlicher Zustimmung umgesetzt wurden (Seite 11, Nr. 5.1). Ausgehend davon stellt es unter Nr. 5.2 bis 5.12 (Seiten 12 bis 82) brandschutztechnische Anforderungen zusammen und stellt erforderliche Maßnahmen zur “Anpassungen des Bestandes an heute geltende Vorschriften“ (vgl. Seite 11 unten) tabellarisch dar. Im Abschnitt “6 Maßnahmenliste Prioritäten“ folgt auf Seite 82 die “Tabelle 55: Prioritäten“:
und auf Seite 83 die “Tabelle 56: Maßnahmen mit Prioritäteneinstufung“
Mit E-Mail vom 26.01.2010 teilte die Sachverständigengesellschaft ... ... ... der Antragsgegnerin mit, die Begriffe “unverzüglich“, “kurzfristig“ und “mittelfristig“ seien mit “sofort“, “1/2 Jahr“ und “2 Jahre“ gleichzusetzen.
Mit Verfügung an die Antragstellerin vom 19.02.2010 ordnete die Antragsgegnerin an:
„1. Die Maßnahmen des brandschutztechnischen Konzeptes der Sachverständigengesellschaft ... ... ... vom 12.11.2009 sind entsprechend der auf Seite 83 (Tabelle 56) dieses Konzeptes vorgenommenen Prioritäteneinstufung durchzuführen. Hierbei bedeutet kurzfristig = innerhalb eines 1/2 Jahres und mittelfristig = innerhalb von 2 Jahren ab dem Empfang dieses Bescheides.
2. Für die unter Nr. 5 und unter Nr. 16 der Prioritäteneinstufung „langfristig" zu erledigenden Maßnahmen sind kurzfristig, d.h. ebenfalls innerhalb eines 1/2 Jahres ab Empfang dieses Bescheides, Sachverständigenaussagen hinsichtlich Art und Umfang der Maßnahmen einzuholen und dem Referat Baurecht zu übersenden. Sachverständiger für die unter Nr. 5 zu treffenden Maßnahmen ist ein sachverständiger Statiker und für die unter Nr. 16 zu treffenden Maßnahmen der zuständige Bezirksschornsteinfeger.
3. Für die unter Nr. 6 der Prioritäteneinstufung genannten Maßnahmen („Herstellung der Außenwandverkleidung aus nicht brennbaren Baustoffen") wird die Priorität „kurzfristig", d.h. innerhalb eines 1/2 Jahres ab Empfang des Bescheides angeordnet.
4. Die sofortige Vollziehung der unter Nr. 1-3 genannten Anordnungen wird verfügt.“
Als Rechtsgrundlage gab sie § 47 Abs. 1 und § 76 Abs. 1 LBO an. Anordnung Nr. 2 begründete sie mit der Unbestimmtheit der in Nr. 5 und Nr. 16 der Tabelle 56 bezeichneten Maßnahmen. Alle Maßnahmen seien nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlich, um eine konkrete Gefahr aufgrund brandschutztechnischer Mängel zu beseitigen. Daher sei auch die sofortige Vollziehung anzuordnen. Den Widerspruch der Antragstellerin wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Bescheid vom 18.08.2010 zurück, wobei es die Verfügung auf § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO stützte. Über die beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobene Klage (6 K 3578/10) ist noch nicht entschieden.
10 
Auf Antrag der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 07.12.2010 die aufschiebende Wirkung der Klage „gegen Ziffer 1 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 19.02.2010 in Verbindung mit Tabelle 56 Ziffern 1, 3-5, 10, 16-20, 23, 26 und 27 sowie in Verbindung mit Tabelle 56 Ziffern 6 und 7 des Maßnahmenkatalogs der Sachverständigengesellschaft ... ... ... vom 12.11.2009“ wiederhergestellt, weil bei den mittel- und langfristig zu realisierenden Maßnahmen keine akute Gefahr bestehe und weil die Anordnung Nr. 1 rechtlich bedenklich sei, soweit sie sich auf die in Nr. 6 und 7 der Tabelle 56 bezeichneten Maßnahmen erstrecke. Im Übrigen hat es den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
11 
Mit ihrer Beschwerde beantragt die Antragstellerin,
12 
„Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 07.12.2010 - 6 K 3579/10 - wird geändert. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 1 der Verfügung der Antragsgegnerin vom 19.02.2010 wird insgesamt, also auch insoweit wieder hergestellt, als sich diese Verfügung auf Tabelle 56 Nr. 2, 5, 8 und 9, 11-16, 21 und 22 sowie 24 und 25 des Maßnahmenkatalogs der Sachverständigengesellschaft ... ... ... vom 12.11.2009 bezieht.“
13 
Die aufschiebende Wirkung der Klage sei „in vollem Umfang“ anzuordnen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung verstoße gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und sei mangels Darlegung einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit ermessensfehlerhaft; das Gericht könne diesen Mangel nicht mit eigener Begründung heilen. Die Verfügung sei insgesamt unbestimmt und auch nicht rechtmäßig bekanntgegeben, weil sie das Brandschutzkonzept zum Inhalt ihres verfügenden Teils mache; der Verweis auf Tabelle 56 betreffe nur die Prioritäteneinstufung. Ungeachtet dessen seien jedenfalls einzelne Maßnahmen unbestimmt oder entbehrten einer Rechtsgrundlage; soweit sie nur Prüfgebote enthielten, verstießen sie zudem gegen § 24 LVwVfG.
14 
Die Antragsgegnerin beantragt,
15 
die Beschwerde zurückzuweisen.
16 
Sie verweist auf die Bescheide und verteidigt den angefochtenen Beschluss.
17 
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
18 
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 146, 147 VwGO), aber nur teilweise begründet. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), gebieten eine Änderung des angegriffenen Beschlusses nur, soweit der angefochtene Beschluss die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Sofortvollzug der Anordnung Nr. 1 in Verbindung mit den in Nr. 2, Nr. 8 und Nr. 21 der Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts vom 12.11.2009 bezeichneten Maßnahmen versagt (1.). Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, da die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe insoweit keine Änderung des angefochtenen Beschlusses gebieten (2.), wobei der Senat aufgrund der Darlegung in der Beschwerdebegründung, die aufschiebende Wirkung der Klage sei „in vollem Umfang“ anzuordnen, zu Gunsten der Antragstellerin unterstellt, dass sich ihre Beschwerde bei sachdienlicher Auslegung (§ 122 Abs. 1 i.V.m. § 88 VwGO) auch gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich der Anordnung Nr. 2 in der Verfügung vom 19.02.2010 richtet, obwohl der Beschwerdeantrag nur auf die Gewährung weiteren vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Sofortvollzug von Anordnung Nr. 1 in dieser Verfügung zielt.
19 
1. Das Verwaltungsgericht hat die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Sofortvollzug der Anordnung Nr. 1 in Verbindung mit den in Nr. 2, Nr. 8 und Nr. 21 der Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts vom 12.11.2009 bezeichneten Maßnahmen zu Unrecht versagt.
20 
a) Allerdings ist der Antragstellerin insoweit - und auch im Übrigen (siehe unten 2a)) - entgegen der Beschwerdebegründung nicht schon wegen eines Verstoßes gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und eines daraus resultierenden Ermessensfehlers bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung vorläufiger Rechtsschutz - durch Aufhebung der Sofortvollzugsanordnung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.07.1990 - 10 S 1121/90 - juris m.w.N.) - zu gewähren.
21 
Ein Verstoß gegen das - nur formelle (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.09.2001 - 1 DB 26.01 - juris m.w.N.) - Begründungsgebot nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO liegt nicht vor. Die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der Anordnung der sofortigen Vollziehung (Dringlichkeitsinteresse) in der angefochtenen Verfügung ist zwar knapp. Sie genügt aber noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO an eine schlüssige, konkrete und substantiierte Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Aufschubinteresse der Antragstellerin ausnahmsweise zurückzutreten hat. Die Antragsgegnerin hat sich insbesondere nicht auf eine nur formelhafte Wendung zurückgezogen, sondern auf den - ihre gesamte Verfügung tragenden und für die Antragstellerin auch ohne weitere Darlegungen offensichtlich erkennbaren - Aspekt der Abwendung von Brandgefahren für Leben und Gesundheit abgestellt. Das wird dem Informationszweck, der dem Begründungsgebot im Hinblick auf den Adressaten, insbesondere im Interesse einer Einschätzung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten zukommt, noch ebenso gerecht wie der Warnfunktion gegenüber der Behörde selbst, durch die ihr der Ausnahmecharakter der sofortigen Vollziehung vor Augen geführt werden soll. Das wird im angefochtenen Beschluss zutreffend begründet. Darauf nimmt der Senat Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Beschwerdebegründung gebietet keine andere Beurteilung. Die Antragstellerin sieht den Verstoß gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und einen daraus folgenden Ermessensfehler der Sofortvollzugsanordnung darin, dass die Antragsgegnerin den Sofortvollzug ohne Differenzierung nach den mit unterschiedlicher Priorität eingestuften Maßnahmen des Brandschutzkonzepts angeordnet habe; diesen Mangel könne die im angegriffenen Beschluss „nachgeschobene“ Begründung des Verwaltungsgerichts nicht heilen. Dieser Einwand greift schon deshalb nicht durch, weil es zur Einhaltung des nur formellen Begründungsgebots nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht darauf ankommt, ob die von der Behörde für das Vorliegen eines Dringlichkeitsinteresses i. S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO gegebene Begründung sachlich zutrifft (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.07.1994 - 10 S 1017/94 - NVwZ-RR 1994, 625). Die Beantwortung der Frage, ob ein solches Dringlichkeitsinteresse vorliegt, unterliegt auch keinem Beurteilungsermessen der Behörde. Das Dringlichkeitsinteresse ist eine Tatbestandsvoraussetzung der Vollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Soweit diese Tatbestandsvoraussetzung im gerichtlichen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO entscheidungserheblich ist, unterliegt sie uneingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Das Verwaltungsgericht kann daher ein von der Behörde - formell hinreichend - begründetes Dringlichkeitsinteresse selbst mit weiteren Erwägungen rechtfertigen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 11.04.2003 - 14 S 2251/02 - NVwZ-RR 2003, 555). Ein unzulässiges „Nachschieben“ einer Begründung i. S. des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO liegt darin nicht. Soweit die Vollzugsanordnung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Ermessen der Behörde steht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12.07.1995 - 11 B 18.95 - NJW 1995, 3402; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.02.1993 - 4 M 146/92 - NVwZ-RR 1993, 437; Schoch in Schoch/Schmidt/Aßmann-Pietzner, VwGO § 80 Rn. 142 und 159), kann dahinstehen, inwieweit dessen Ausübung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO - gesonderter - gerichtlicher Kontrolle unterliegt (siehe dazu OVG Schleswig-Holstein, a.a.O. sowie Kopp, VwGO, 16. Auflage § 80 Rn. 149). Denn die Beschwerdebegründung beschränkt sich auf eine Kritik an der behördlichen Begründung für das Vorliegen eines Dringlichkeitsinteresses. Anhaltspunkte für spezifische Ermessensfehler der Behörde legt sie nicht dar.
22 
b) Jedoch überwiegt das Aufschubinteresse das Dringlichkeitsinteresse, soweit sich die Antragstellerin gegen die mit Anordnung Nr. 1 verfügten Gebote wendet, die in Nr. 2, Nr. 8 und Nr. 21 der Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts vom 12.11.2009 bezeichneten Maßnahmen durchzuführen. Denn insoweit bestehen aus in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 19.02.2010.
23 
aa) Als Ermächtigungsgrundlage der Verfügung kommen nach derzeitiger Erkenntnislage nur § 58 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 LBO oder § 76 Abs. 1 LBO in Betracht. Nach § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO können auch nach Erteilung der Baugenehmigung Anforderungen gestellt werden, um Gefahren für Leben oder Gesundheit (Alt. 1) oder bei der Genehmigung nicht voraussehbare Gefahren oder erhebliche Nachteile oder Belästigungen (Alt. 2) von der Allgemeinheit oder den Benutzern der baulichen Anlage abzuwenden. Nach § 76 Abs. 1 LBO kann verlangt werden, dass rechtmäßig bestehende oder nach genehmigten Bauvorlagen begonnene Anlagen neuen bauordnungsrechtlichen Vorschriften mit anderen Anforderungen als nach bisherigem Recht angepasst werden, wenn Leben oder Gesundheit bedroht sind. Beide Vorschriften schränken i. S. gesetzlicher Auflagenvorbehalte den baurechtlichen Bestands- und Vertrauensschutz zum Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter ein (Senatsbeschluss vom 15.05.1991 - 8 S 1068/91 - UPR 1992, 32 m.w.N.). Sie gehen der bauordnungsrechtlichen Generalermächtigung nach § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO als speziellere Ermächtigungsgrundlagen vor, wenn an genehmigte bauliche Anlagen nachträglich weitere Anforderungen gestellt werden oder wenn für rechtmäßig bestehende Anlagen eine Anpassung an neues Bauordnungsrecht verlangt wird (Sauter, LBO, 3. Auflage, § 47 Rn. 5 f.). Nur davon ist im vorliegenden Fall nach Aktenlage auszugehen. Die Antragsgegnerin hat in der angefochtenen Verfügung insbesondere nicht für jedes Gebäude anhand der - auch dem Senat nicht vorliegenden - Baugenehmigungsakten bestimmte Abweichungen von erteilten Baugenehmigungen oder die Errichtung von Gebäuden oder anderen baulichen Anlagen ohne Baugenehmigung festgestellt und diesbezüglich Brandschutzmaßnahmen verfügt, wie das gegebenenfalls nach § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO möglich wäre. Sie hat sich mit der Übernahme des Brandschutzkonzepts vom 12.11.2009 vielmehr die diesem Konzept zugrunde liegende Annahme (vgl. Vorbemerkung Nr. 5.1, Seite 11) zu eigen gemacht, alle bestehenden Gebäude auf dem Werksgelände der Antragstellerin seien nach den zur Zeit ihrer Errichtung geltenden Vorschriften erstellt und Abweichungen von diesen Vorschriften seien mit Zustimmung der Genehmigungsbehörde umgesetzt worden. Davon ist offenkundig auch das Regierungspräsidium ausgegangen, soweit es klargestellt hat, dass sich die angefochtene Verfügung auf § 56 Abs. 6 Satz 1 LBO stütze. Allerdings kommt insoweit wohl nur die Alternative 1 dieser Vorschrift in Betracht, da die Antragsgegnerin die Durchführung der in Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts bezeichneten Maßnahmen ungeachtet dessen verlangt, ob diese i. S. des § 58 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 LBO bei der Genehmigung “nicht voraussehbare“ Gefahren oder erhebliche Nachteile oder Belästigungen abwenden. Da nach Aktenlage unklar ist, wann für welches Gebäude Baugenehmigungen erteilt worden sind, und dem Brandschutzkonzept die „heute geltenden Vorschriften“ zugrunde liegen, ist allerdings nicht auszuschließen, dass zumindest einzelne dieser Anforderungen - und damit auch einzelne der mit der angefochtenen Verfügung geforderten Maßnahmen - durch i. S. des § 76 Abs. 1 LBO “neues“ Bauordnungsrecht bedingt sind.
24 
Die in beiden Ermächtigungsgrundlagen vorausgesetzte Gefahr muss konkret sein. Dies erfordert eine auf Tatsachen gestützte Prognose, dass in dem zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Eintritt eines Schadens hinreichend wahrscheinlich zu rechnen ist, wobei hinsichtlich des Grades der Wahrscheinlichkeit nach der Schutzbedürftigkeit des gefährdeten Schutzgutes zu differenzieren ist. Geht es - wie bei den Rechtsgütern Leben und Gesundheit - um den Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter, genügt schon die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.03.1971 - III 376/67 - ESVGH 21, 216 <219f.> im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 26.06.1970 - IV C 99.67 - NJW 1970, 1890; Senatsurteil vom 15.05.1991, a.a.O.; Sauter, a.a.O. § 58 Rn. 145 und § 76 Rn. 13 m.w.N.). Das kommt vor allem in Betracht, wenn eine bauliche Anlage nicht mit dem erforderlichen Brandschutz ausgestattet ist, da mit der Entstehung eines Brandes praktisch jederzeit gerechnet werden muss (Senatsurteil vom 13.10.1993 - 8 S 571/92 - juris Rn. 34 im Anschluss an VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.06.1989 - 5 S 1542/88 - juris Rn. 14; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.08.2001 - 10 A 3051/99 - BauR 2002, 763). Allein die Tatsache, dass eine bestandsgeschützte bauliche Anlage nicht jeder aktuell geltenden Vorschrift über den vorbeugenden Brandschutz entspricht, stützt aber nicht ohne Weiteres die Prognose einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit. Die Baurechtsbehörde hat das Gefährdungspotential vielmehr im jeweiligen Einzelfall durch fachliche Begutachtung ihres Bauverständigen (§ 46 Abs. 4 Satz 2 LBO), gegebenenfalls auch unter Beteiligung der Feuerwehr oder durch Heranziehung eines Sachverständigen (§ 47 Abs. 2 LBO) zu ermitteln und zu bewerten (Sauter, a.a.O. § 76 Rn. 14 m.w.N.; siehe ferner die Verwaltungsvorschriften des Innenministeriums über die brandschutztechnische Prüfung im baurechtlichen Verfahren und über die Brandverhütungsschau vom 10.12.2004, GABl. 2005, S.10).
25 
Allgemeine Anforderungen an den Brandschutz baulicher Anlagen regelt § 15 LBO, der die bauordnungsrechtliche Generalklausel des § 3 Abs. 1 LBO insoweit näher bestimmt. §§ 26 ff. LBO sowie die Vorschriften der Ausführungsverordnung zur Landesbauordnung vom 05.02.2010 (GBl. S. 24) konkretisieren diese Anforderungen. Daneben ermächtigt § 38 Abs. 1 Satz 1 LBO die Baurechtsbehörde, bei Sonderbauten im Einzelfall besondere Anforderungen an den Brandschutz zu stellen oder Erleichterungen zuzulassen (vgl. insbesondere § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 bis 6, 8, 10, 16 und 17 LBO). Ungeachtet dessen ermöglicht die als Technische Baubestimmung i. S. des § 3 Abs. 3 LBO eingeführte (siehe Teil I Nr. 3.3 der Liste der Technischen Baubestimmungen, Bekanntmachungen des Wirtschaftsministeriums vom 01.10.2001, GABl. S. 1031, und vom 07.12.2010, GABl. 2010, S. 506) Industriebaurichtlinie, Fassung März 2000 (IndBauRL), eine einheitliche Beurteilung des erforderlichen Brandschutzes für Industriebauten. Industriebauten, die den in diese Richtlinie geregelten Mindestanforderungen entsprechen, erfüllen die Schutzziele des § 15 Abs. 1 LBO (Nr. 1 IndBauRL).
26 
Sind Leben oder Gesundheit, etwa infolge unzureichenden Brandschutzes, konkret bedroht, steht der Erlass einer nachträglichen Anordnung i. S. des § 58 Abs. 6 Satz 1 und § 76 Abs. 1 LBO im Entschließungs- und Auswahlermessen der Baurechtsbehörde, das sie pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) auszuüben hat.
27 
Maßgebend für die gerichtliche Kontrolle (§ 113 Abs. 1 Satz 1, § 114 VwGO) ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Widerspruchsbescheids, so dass sich die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung nach den Vorschriften der Landesbauordnung in der seit dem 01.03.2010 geltenden Fassung (GBl. S. 357, ber. S. 416) - LBO - und den Bestimmungen der am 01.03.2010 in Kraft getretenen Allgemeinen Ausführungsverordnung des Wirtschaftsministeriums zur Landesbauordnung vom 05.02.2010 (GBl. S. 25) - LBOAVO -beurteilt.
28 
bb) Gemessen daran erscheint bei summarischer Prüfung aus den nachfolgenden - mit der Beschwerdebegründung dargelegten - Gründen ernstlich zweifelhaft, ob die mit Anordnung Nr. 1 i.V.m. den Maßnahmen Nr. 2, Nr. 8 und Nr. 21 der Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts vom 12.11.2009 verfügten Gebote “Errichtung einer Löschwasserentnahmestelle“ (aaa)) sowie “In den Rettungswegen ist zu prüfen, inwieweit die Leitungsanlagenrichtlinie eingehalten wird“ und „Es ist ein SOLL-IST Vergleich der Löschmitteleinheiten durchzuführen“ (bbb)) rechtmäßig sind. Der Senat kann daher offen lassen, ob die bezüglich dieser Maßnahme in der Beschwerdebegründung außerdem noch dargelegten rechtlichen Bedenken durchgreifen.
29 
aaa) Das Gebot “Errichtung einer Löschwasserentnahmestelle“ (Maßnahme Nr. 2) erscheint zumindest ermessensfehlerhaft.
30 
Nach den sachkundigen Feststellungen und Bewertungen des Brandschutzsachverständigen der Antragstellerin spricht zwar einiges dafür, dass die Anforderungen des Bauordnungsrechts an eine ausreichende Versorgung mit Löschwasser (§ 15 Abs. 1 LBO, § 2 Abs. 5 Satz 1 LBOAVO) nicht erfüllt sind. Der Sachverständige berechnet den Löschwasserbedarf nach den Vorgaben der Industriebaurichtlinie (vgl. Nr. 5.1 IndBauRL) in Verbindung mit den technischen Regeln des Deutschen Vereins für Gas- und Wasserwirtschaft (DVGW) in dessen Arbeitsblatt W 405 “Bereitstellung von Löschwasser durch die öffentliche Trinkwasserversorgung“ (siehe dazu auch die Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums über die Löschwasserversorgung vom 21.08.1989, GABl. S. 1068) mit 192 m3/h für zwei Stunden; dies entspreche dem von der Stadt sicherzustellenden “Grundschutz“ i. S. des Arbeitsblatts W 405 DVGW (vgl. S. 21 bis 23 oben des Brandschutzkonzepts). Nach einer ihm erteilten Auskunft der für die Wasserversorgung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zuständigen Energieversorgung ... GmbH & Co. KG vom 20.10.2009 (Anlage 5, S.1 des Brandschutzkonzepts) wird über die Hydranten des öffentlichen Wasserversorgungsnetzes jedoch nur eine Löschwassermenge von 96 m3/h für zwei Stunden gewährleistet. Der Sachverständige hält deshalb die Errichtung einer weiteren Entnahmestelle für Löschwasser im Umkreis von 300 m für “kurzfristig“ erforderlich, was nach seiner Prioritäteneinstufung die “Möglichkeit“ bedeutet, “dass eine akute Gefahr entstehen kann“. Dies könnte die Annahme einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit rechtfertigen. Das kann der Senat aber ebenso offen lassen wie die Verbindlichkeit der technischen Regeln des Arbeitsblatts W 405 DVGW (siehe dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.05.2008 - OVG 1 S 191.07 - juris Rn. 11). Denn die Anordnung zur Errichtung der Löschwasserentnahmestelle erscheint zumindest ermessensfehlerhaft.
31 
Nach Aktenlage spricht viel dafür, dass die Antragsgegnerin ihr Auswahlermessen nicht rechtmäßig ausgeübt hat. Ihre Entscheidung stützt sich auf das von der Antragstellerin vorgelegte Brandschutzkonzept. Die Ermessensausübung wird mithin, was die Forderung nach Errichtung einer zusätzlichen Löschwasserentnahmestelle angeht, von der Erwägung in diesem Konzept getragen, die fehlende Löschwassermenge sei zur Deckung einer Lücke im “Grundschutz“ “ i. S. des Arbeitsblatts W 405 DVGW notwendig, wie er „durch die Stadt sicherzustellen“ sei (Seite 23 oben, erster Absatz). Ausgehend davon drängt sich dann aber der für die Ausübung des Auswahlermessens erhebliche Gesichtspunkt auf, warum es aus Gründen effektiver Gefahrenabwehr erforderlich ist, gerade die Antragstellerin zur Deckung dieser Lücke im “Grundschutz“ der Löschwasserversorgung heranzuziehen. Denn ein den örtlichen Verhältnissen entsprechender “Grundschutz“ an Löschwasservorräten ist nicht nur durch den bauordnungsrechtlich (§ 15 Abs. 1 LBO, § 2 Abs. 5 Satz 1 LBOAVO) Verantwortlichen (§§ 6, 7 PolG entspr.), sondern auch durch die Antragsgegnerin als Trägerin der örtlichen Feuerwehr nach § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 FwG sicherzustellen (vgl. Surwald, Feuerwehrgesetz für Baden-Württemberg, Kommentar, 6. Auflage, § 3 Rn. 24; Schäfer/Hildinger, Feuerwehrgesetz Baden-Württemberg, Kommentar, § 3 Rn. 15). Zwar kann die Gemeinde Eigentümer und Besitzer von Grundstücken und baulichen Anlagen oder abgelegenen Gebäuden unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 FwG auch zu Selbstschutzmaßnahmen verpflichten. Darum geht es der Antragsgegnerin jedoch nicht, zumal im Brandschutzkonzept, dessen Feststellungen und Bewertungen sie sich zu eigen macht, jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, dass eine der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 FwG erfüllt sein könnte. Ihr Einwand in ihrer Beschwerdeerwiderung, im Fall der Antragstellerin sei aus Gründen des “Objektschutzes“ eine über den “Grundschutz“ hinausgehende Löschwassermenge erforderlich, findet im Brandschutzkonzept keine Stütze. Allerdings fällt auf, dass die Energieversorgung ... GmbH & Co. KG für das Baugebiet, in dem die beiden Werke der Antragstellerin liegen, offenbar von einem geringeren “Grundschutz“ nach den Vorgaben des Arbeitsblatts W 405 DVGW ausgeht. Denn sie legt in ihrer Auskunft an den Sachverständigen vom 20.10.2009 dar, dass sie „nur den Grundschutz von 96 m3/h nach dem AB W405, 2 Stunden gewährleisten“ könne. Eine der ausführlichen Berechnung im Brandschutzkonzept (Seite 22) vergleichbare Berechnung der für den “Grundschutz“ erforderlichen Löschwassermenge liegt dieser Auskunft freilich nicht bei, so dass der Senat nicht überprüfen kann, worauf die Divergenz zurückzuführen ist. Das geht mangels näherer Darlegung in der angefochtenen Verfügung, warum gerade die Antragstellerin zur Sicherung des “Grundschutzes“ herangezogen wird, obwohl diesen auch die Antragsgegnerin sicherzustellen hätte, einstweilen zu Lasten der Antragsgegnerin und bleibt der Klärung im Klageverfahren vorbehalten.
32 
bbb) Hinsichtlich der Gebote “In den Rettungswegen ist zu prüfen, inwieweit die Leitungsanlagenrichtlinie eingehalten wird“ (Maßnahme Nr. 8) und „Es ist ein SOLL-IST Vergleich der Löschmitteleinheiten durchzuführen“ (Maßnahme Nr. 21) spricht nach der Begründung der angefochtenen Verfügung in Verbindung mit den Feststellungen und Bewertungen im Brandschutzkonzept schon nichts dafür, dass die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 58 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 LBO oder § 76 Abs. 1 LBO erfüllt sind.
33 
Weder in der Begründung der angefochtenen Verfügung noch in dem von ihr in Bezug genommenen Brandschutzkonzept sind konkrete Tatsachen bezeichnet, welche die Annahme einer konkreten Gefahr für Leben oder Gesundheit wegen eines Verstoßes gegen insoweit einschlägige Vorschriften des Brandschutzes (§§ 15, 31 LBO, § 16 LBOAVO; § 42 ArbStättV) rechtfertigen. Das Brandschutzkonzept legt unter “Nr. 5.5.6 Leitungsanlagen in Rettungswegen“ auf den Seiten 41 bis 50 zwar detailliert die „Anforderungen des Abschnitts 3 der Leitungsanlagenrichtlinie“ (Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an Leitungsanlagen, Fassung November 2006, GABl. S. 859) dar, die bauordnungsrechtliche Brandschutzanforderungen konkretisiert und ebenfalls als Technische Baubestimmung i. S. des § 3 Abs. 3 LBO eingeführt ist (siehe Teil I Nr. 3.7 der Liste der Technischen Baubestimmungen, Bekanntmachungen des Wirtschaftsministeriums vom 01.10.2001, GABl. S. 1031, und vom 07.12.2010, GABl. 2010, S. 506). Gleiches findet sich auf den Seiten 75 bis 78 unter “Nr. 5.9.2 Feuerlöscher“ für die erforderlichen Löschmitteleinheiten. Darin erschöpfen sich die Ausführungen des Brandschutzkonzepts insoweit aber auch. Anders als bei der Löschwasserversorgung stellt es insbesondere keine konkreten Brandschutzdefizite in den Werksgebäuden fest. Seine - von der Antragsgegnerin übernommene - abschließende “Wertung“ besteht lediglich in den Aussagen: “Die Maßnahmen sind in den Rettungswegen zu prüfen und kurzfristig abzustellen“ (Seite 50) und “Es ist ein Soll-Ist-Vergleich durchzuführen. Für die Wandhydranten können je Wandhydrant 18 LE angerechnet werden“ (Seite 78). Ob und inwieweit in den Werksgebäuden die dargelegten Brandschutzanforderungen tatsächlich eingehalten sind, bleibt danach ungeklärt. Das Brandschutzkonzept schließt folgerichtig nur mit Prüfaufträgen. Die Prüfung, ob baurechtliche Vorschriften eingehalten sind, ist aber grundsätzlich Aufgabe der Antragsgegnerin als Trägerin der zuständigen unteren Baurechtsbehörde (§ 47 Abs. 1 Satz 1), die mit Bauverständigen besetzt ist und zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch Sachverständige heranziehen kann (§ 46 Abs. 4 LBO, § 47 Abs. 2 LBO; Nr. 2.1 VwV Brandschutzprüfung). Dabei hat sie den Sachverhalt selbst von Amts wegen zu ermitteln (§ 24 Abs. 1 LVwVfG), wobei den Beteiligten nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 LVwVfG eine Mitwirkungspflicht obliegt. Ausnahmen von dieser Aufgabenzuweisung, etwa über Nachweispflichten, erfordern eine spezielle gesetzliche Ermächtigung (vgl. Sauter, a.a.O. § 47 Rn. 102). Eine solche ist hier nicht ersichtlich. Insbesondere sieht das Bauordnungsrecht keine allgemeine Pflicht zur Vorlage eines Brandschutznachweises vor. Zwar ermächtigt § 38 Abs. 3 LBO die Baurechtsbehörde, bei Sonderbauten nach Erteilung einer Baugenehmigung bei der Abnahme die Vorlage fachtechnischer Nachweise zu verlangen. Auch ermöglicht das Arbeitsschutzrecht die zuständige Behörde, vom Arbeitgeber die zur Durchführung von Überwachungsaufgaben nach dem Arbeitsschutzrecht erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen zu verlangen (vgl. § 22 Abs. 1 ArbSchG). Darum geht es hier aber nicht.
34 
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht nach den Grundsätzen der Gefahrerforschung, wonach die zuständige Behörde im Falle eines konkreten Gefahrenverdachts zur Anordnung von Gefahrerforschungsmaßnahmen befugt sein kann (vgl. Senatsurteil vom 08.02.1993 - 8 S 515/92 - VBlBW 1993, 298 m.w.N.; Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Auflage, Rn. 420, 422). Selbst wenn § 58 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 LBO oder § 76 Abs. 1 LBO, gegebenenfalls in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO, auch zum Erlass solcher Maßnahmen ermächtigen sollten - was der Senat zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt -, fehlt es nach dem Brandschutzkonzept jedenfalls an hinreichend konkreten Tatsachen, Indizien oder Hinweisen darauf, dass in den Werksgebäuden die Brandschutzanforderungen der Leitungsanlagenrichtlinie nicht eingehalten oder dass die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Löschmitteleinheiten unzureichend sein könnten.
35 
2. Im Übrigen gebieten die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.
36 
a) Der Antragstellerin ist nicht schon wegen eines Verstoßes gegen § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO und eines daraus resultierenden Ermessensfehlers bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung insgesamt vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren. Insoweit nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen (1.a)) Bezug.
37 
b) Entgegen der Beschwerdebegründung verstößt die Verfügung vom 19.02.2010 insgesamt nicht schon allein deshalb gegen die Gebote der Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) und Bekanntgabe (§ 41 Abs. 1 LVwVfG) eines Verwaltungsakts, weil ihr Entscheidungssatz die durchzuführenden Maßnahmen nicht im Einzelnen bezeichnet, sondern der Antragstellerin aufgibt, „die Maßnahmen des brandschutztechnischen Konzepts der Sachverständigengesellschaft... vom 12.11.2009 entsprechend der auf Seite 83 (Tabelle 56) dieses Konzepts vorgenommenen Prioritäteneinstufung durchzuführen“.
38 
Das Bestimmtheitsgebot verlangt, dass der Adressat eines Verwaltungsakts in der Lage sein muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im einzelnen richten sich die Anforderungen nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 37.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die “Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Der Antragstellerin liegt das - von ihr selbst in Auftrag gegebene - Brandschutzkonzept vor. Zudem ist der Verfügung eine Mehrfertigung der in Bezug genommenen Seite 83 dieses Konzepts als Anlage beigefügt. Darauf wird auch in der Begründung der Verfügung eingegangen. Entgegen der Beschwerdebegründung lässt sich aus dem gesamten Inhalt der Verfügung, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren, der Antragsgegnerin bekannten oder jedenfalls ohne weiteres erkennbaren Umständen vor und bei Erlass dieser Verfügung, auch unzweifelhaft erkennen, dass sich deren Entscheidungssatz nicht lediglich auf die Prioritäteneinstufung der Maßnahmen (Tabelle 55) bezieht. Dies gäbe ohne die gleichzeitige Anordnung der Maßnahme, auf die sich diese Einstufung bezieht, erkennbar keinen Sinn. Da der Antragstellerin das Brandschutzkonzept bereits vorlag, erforderte die Ordnungsmäßigkeit der Bekanntgabe mittels Postzustellung (§ 41 Abs. 1 und 5 LVwVfG i.V.m. § 1 Abs. 2, § 3 LVwZG) und die davon abhängende Wirksamkeit des Verwaltungsakts (§ 43 Abs. 1 LVwVfG) auch nicht, dass die Antragsgegnerin der an die Antragstellerin übermittelten Ausfertigung ihrer Verfügung eine Mehrfertigung des gesamten Brandschutzkonzepts als Anlage beifügt.
39 
c) Soweit die Beschwerdebegründung rügt, jedenfalls die in Bezug genommenen Maßnahmen Nr. 5 und Nr. 16 in Tabelle 56 seien für sich genommen unbestimmt, gingen ins Leere und verstießen gegen § 24 Abs. 1 LVwVfG, greifen die Einwände der Antragstellerin ebenfalls nicht durch. Was den Sofortvollzug von Anordnung Nr. 1 angeht, gehen ihre Rügen möglicherweise im Ergebnis schon deshalb fehl, weil diese Anordnung sich bei sachdienlicher Auslegung unter Berücksichtigung von Anordnung Nr. 2 sowie der Begründung der angefochtenen Verfügung gar nicht auf die in Tabelle 56 bezeichneten Maßnahmen Nr. 5 und Nr. 16 bezieht. Das kann aber dahinstehen. Denn die Rügen können jedenfalls deshalb nicht durchgreifen, weil das Verwaltungsgericht insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt hat. Hinsichtlich des Sofortvollzugs der Anordnung Nr. 2 setzt sich die Beschwerde im Übrigen nicht - wie geboten (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) - mit dem angefochtenen Beschlusses auseinander, soweit dieser die Bestimmtheit geradedieser eigenständigen zweiten Anordnung eingehend begründet (siehe S. 9/10 des Beschlussabdrucks). Auch übersieht die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin die Notwendigkeit der Anordnung Nr. 2 gerade mit der Unbestimmtheit der in Tabelle 56 des Brandschutzkonzepts formulierten Maßnahmen Nr. 5 und 16 begründet hat.
40 
d) Nicht gefolgt werden kann der Beschwerdebegründung auch, soweit sie die Bestimmtheit von Maßnahme Nr. 9 in Tabelle 56 in Zweifel zieht. Das Verwaltungsgericht hat diese Maßnahme unter Bezugnahme auf die insoweit einschlägigen Erläuterungen des Sachverständigen auf den Seiten 53/54 des Brandschutzkonzepts bejaht. Die Antragstellerin hält dem entgegen, die Tabelle 56 verweise insoweit auf Seite 59 des Brandschutzkonzepts, wo keine einschlägigen Ausführungen zu finden seien, und der vom Verwaltungsgericht vorgenommene Rückgriff auf die tatsächlich einschlägigen Ausführungen auf den Seiten 53/54 könne vom Adressaten des Bescheids nicht erwartet werden. Dem folgt der Senat nicht. Der in der Spalte 4 von Tabelle 56 angeführte Verweis auf die Seite “59“ ist, wie auch die Beschwerdebegründung der Sache nach einräumt, als offenbare Unrichtigkeit erkennbar. Denn Maßnahme Nr. 9 betrifft “Türen mit brandschutztechnischen Anforderungen“, die Ausführungen auf Seite 59 befassen sich jedoch mit brandschutztechnischen Anforderungen an den ersten und zweiten Rettungsweg. Die einschlägige Begründung für Maßnahme Nr. 9 findet sich unter „Nr. 5.5.9 Türen mit brandschutztechnischen Anforderungen“ des Brandschutzkonzepts (Seiten 53/54). Das ist für die Antragstellerin, die einen eigenen Brandschutzbeauftragten beschäftigt, ohne größere Schwierigkeiten erkennbar. Damit ist diese Maßnahme für sie auch in dem vom Verwaltungsgericht dargelegten Sinne hinreichend bestimmbar. Als Auftraggeberin des Brandschutzkonzepts kann sie sich zudem gegebenenfalls beim Sachverständigen über die tatsächlich einschlägige Begründung vergewissern.
41 
Soweit die Antragstellerin ferner die Ansicht des Verwaltungsgerichts beanstandet, Anordnung Nr. 1 i.V.m. Maßnahme Nr. 9 der Tabelle 56 betreffe bauordnungsrechtliche Brandschutzanforderungen nach § 30 LBO i.V.m. § 14 LBOAVO a.F., dringt die Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die Antragstellerin meint, aufgrund der nach § 77 Abs. 1 LBO beachtlichen Meistbegünstigungsklausel sei nach Änderung der Landesbauordnung jetzt auf § 28 Abs. 4 LBO i.V.m. § 13 LBOAVO abzustellen, wonach für Türen keine vergleichbaren brandschutztechnischen Vorgaben wie nach § 14 LBOAVO a.F. mehr gälten; jedenfalls wäre eine Forderung nach Einhaltung der alten Anforderungen unverhältnismäßig. Es kann dahinstehen, ob und inwieweit sich die genannten speziellen Vorschriften zum Brandschutz unterscheiden. Denn der Antragstellerin wird mit Anordnung Nr. 1 i.V.m. Maßnahme Nr. 9 der Tabelle 56 des Brandschutzgutachtens lediglich aufgegeben, für die Rettungswege “Türen mit brandschutztechnischen Anforderungen“ wie auf Seiten 53/54 beschrieben zu planen und einzubauen. Diese Anforderungen werden jedoch weder ausdrücklich noch sinngemäß auf eine spezielle - bauordnungsrechtliche - Rechtsnorm bezogen. Das Brandschutzkonzept gibt insoweit nur brandschutztechnische Standards vor (“DIN 18095“, “T 90, T 60, T 30, T 30-RS und RS“, “Richtlinien für Feststellanlagen (Fassung Oktober 1988, Teil 1)“). Dass die Forderung nach der Einhaltung dieser Standards über den im maßgebenden Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids gesetzlich gebotenen Mindestbrandschutz nach § 15 Abs. 1 LBO oder insoweit einschlägige Anforderungen der Industriebaurichtlinie hinausgeht, legt die Beschwerdebegründung nicht dar. Unerheblich ist im Übrigen auch der Einwand der Antragstellerin, die Industriebaurichtlinie gelte nur für die Anordnung oder Errichtung baulicher Anlagen sowie der nach § 2 Abs. 12 LBO gleichgestellten Maßnahmen, um die es hier aber nicht gehe. Denn die Industriebaurichtlinie konkretisiert brandschutztechnische Mindestanforderungen i. S. des § 15 Abs. 1 LBO. Die Nichteinhaltung dieser Anforderungen kann demzufolge je nach den Umständen des Einzelfalls tatsächlich eine Gefahr für Leben oder Gesundheit indizieren.
42 
e) Die hinsichtlich der Maßnahmen Nr. 11 bis 15 vorgebrachten Angriffe zwingen ebenfalls nicht zu einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
43 
Mit diesen Maßnahmen wird der Antragstellerin aufgegeben, die zweiten Rettungswege für die vier Obergeschosse im Werk I und das erste Obergeschoss im Werk III zu “prüfen und zu sichern“. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin liegt darin keine unzulässige Abwälzung der Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG; auch ist diese Maßnahme nicht unbestimmt. Wie bereits das Verwaltungsgericht unter Heranziehung der einschlägigen Erläuterungen auf den Seiten 58 bis 61 des Brandschutzkonzepts zutreffend darlegt, hat der Sachverständige insoweit bei seinen Begehungen des Werksgeländes am 05./06.11.2009 konkrete Verstöße gegen Brandschutzvorschriften festgestellt, insbesondere “gefangene Räume“, bei denen ein zweiter Rettungsweg nur über Rettungsgeräte der Feuerwehr möglich ist (§ 15 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 LBO), ohne dass dies bislang jedoch baulich (z.B. durch einen Rettungsbalkon) sichergestellt ist. Gerade diese Sicherstellung wird aber der Antragstellerin mit der Anordnung Nr. 1 i.V.m. den Maßnahmen Nr. 11 bis 15 der Tabelle 56 aufgegeben. Soweit in diesem Zusammenhang von einem “prüfen“ die Rede ist, bezieht sich das erkennbar nicht auf die Feststellung von Verstößen gegen Brandschutzvorschriften, sondern auf die Art und Weise der Behebung solcher Verstöße. Dass die Antragsgegnerin dies nicht konkret vorgibt, erscheint zur Vermeidung übermäßiger Eingriffe in die Betriebsabläufe der Antragstellerin schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit, aber auch im Hinblick auf erforderliche Absprachen mit der örtlichen Feuerwehr ermessensfehlerfrei.
44 
Soweit die Antragstellerin sich auch in diesem Zusammenhang auf eine angeblich zu ihren Gunsten eingetretene Änderung der Rechtslage beruft, weil sich die materiell-rechtlichen Anforderungen unter der Geltung der Neufassung der Landesbauordnung erheblich geändert hätten, während das Brandschutzkonzept noch von den Anforderungen nach altem Recht ausgehe, gilt auch hier nichts Anderes als das insoweit bereits oben unter d) Gesagte. Darauf nimmt der Senat Bezug. Insoweit ist zur Beschwerdebegründung ergänzend lediglich zu bemerken, dass die Maßnahmen Nr. 11 bis 15 keine Detail-Anforderungen an die Ausführung des zweiten Rettungswegs, insbesondere hinsichtlich Breite und Höhe von Zu- und Durchgängen sowie Zu- und Durchfahrten, stellen. Sie beschränken sich - wie dargelegt - auf die Sicherstellung eines nach § 15 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 LBO (§ 15 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 LBO a.F.) erforderlichen zweiten Rettungswegs als solchem. Dass die Antragstellerin bei der Umsetzung dieses Gebots aktuell geltende Brandschutzvorschriften und technischen Baubestimmungen zu beachten hat, versteht sich von selbst.
45 
f) Nicht zu folgen vermag der Senat der Beschwerdebegründung auch, soweit sie meint, die Maßnahme Nr. 22 sei entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend bestimmt. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Ansicht der Beschwerdebegründung, die Maßnahme sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht durch Rückgriff auf die im Brandschutzkonzept genannten technischen Regelwerke (DIN 14675 und DIN VDE 0833-2) bestimmbar, weil das Konzept im Anschluss daran ausführe, dass bestimmte Einzelheiten mit der zuständigen Brandschutzstelle unter Beachtung örtlicher Bedingungen und der Aufschaltbedingungen abzusprechen seien, trifft nicht zu. Die Verfügung gibt der Antragstellerin auch mit dieser Maßnahme lediglich ein bestimmtes Ziel des Brandschutzes zur Abwendung von Gefahren für Leben oder Gesundheit vor. Dieses Ziel ist - wie im angefochtenen Beschluss zutreffend dargelegt - durch die Bezugnahme auf die angegebenen Regelwerke jedenfalls hinreichend bestimmbar.
46 
g) Schließlich greift auch der Einwand der Beschwerdebegründung zu den Maßnahmen Nr. 24 und 25 nicht durch, die Industriebaurichtlinie finde im Rahmen von § 76 Abs. 1 LBO keine Anwendung, weil diese Vorschrift außerhalb des Anwendungsbereichs von § 3 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 LBO liege. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter d) (am Ende) Bezug genommen.
47 
3. Die im Hinblick auf den Teilerfolg der Beschwerde für beide Instanzen unter Berücksichtigung der hälftigen Kostenteilung in erster Instanz insgesamt neu zu fassende Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO, wobei der Senat das weitere Obsiegen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren mit einem Fünftel bewertet. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG (Hälfte des Streitwerts erster Instanz).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.


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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.