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Der Antragsteller wendet sich gegen eine sofort vollziehbare Anordnung des Antragsgegners, mit der ihm - gestützt auf das Bundesbodenschutzgesetz - die Untersuchung des Ausmaßes der Boden- und Grundwasserverunreinigung durch leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe (im Folgenden: LHKW) auf dem Anwesen XXX, in Rastatt aufgegeben wurde.
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Der Antragsteller führte von 1969 bis Anfang 1995 in dem von ihm damals angemieteten Gebäude XXX einen Reinigungsbetrieb für Textilbekleidung. Laut Aktenvermerk des Wasserwirtschaftsamts Karlsruhe vom 12.10.1987 betrieb der Antragsteller zwei Reinigungsmaschinen, die auf gefliestem Boden ohne Auffangwannen aufgestellt waren. Auch der Manipulationsbereich der Reinigungsmaschinen (Einfüllbereich, Lösemittelpumpe, Flusenfänger, Öffnung zur Schlammentfernung) war durch keine Auffangwanne gesichert. Die Lagerung der Destillationsrückstände erfolgte in 200 l-Fässern, die im Hof innerhalb einer Auffangwanne standen. In den über der Reinigung liegenden Wohnungen ergaben Raumluftmessungen durch die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg in den Jahren 1988 bis 1995 erhöhte Belastungen an LHKW; teilweise wurde eine Raumluftkonzentration an Tetrachlorethen von 40 mg/m³ festgestellt (seit dem 01.01.1993 durfte nach der 2. BImSchV eine Raumluftkonzentration an Tetrachlorethen von 0,1 mg/m³ nicht überschritten werden).
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Im Mai 2003 ließ der Antragsgegner im Rahmen einer landkreisweiten Altlastenerhebung eine Gefahrverdachtsuntersuchung auf dem o.g. Anwesen vornehmen. Hierbei wurden Bohrsondierungen im Keller unterhalb der ehemaligen Reinigungsmaschinen sowie im Hof im Bereich des Rückständelagers durchgeführt. Im Grundwasserabstrombereich wurde eine Grundwassermessstelle niedergebracht. Laut Untersuchungsbericht der Fa. G.M.F. vom 04.06.2003 konnten bei den untersuchten Bodenluftproben an sämtlichen Messpunkten eine mehr oder weniger hohe Belastung mit LHKW gefunden werden. In dem Untersuchungsbericht hieß es u.a. wörtlich wie folgt: „Die höchste LHKW-Konzentration (1654,16 mg/m³) wurde bei Messpunkt 2 ermittelt. In der Bundesbodenschutzverordnung vom 12.07.1999 sind keine Prüfwerte für Bodenluftkonzentrationen enthalten... Gemäß der Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg über Orientierungswerte zur Bearbeitung von Altlasten und Schadensfällen vom 16.09.1993 in der Fassung vom 01.03.1998 wird in der Regel bei Bodenluftgehalten von über 10 ng/m³ von einer Grundwassergefährdung ausgegangen. Insgesamt ergaben die Bodenluftuntersuchungen Werte, bei denen eine Grundwassergefährdung zu befürchten ist.... In der Wasserprobe aus der Grundwassermessstelle konnte ein LHKW-Konzentration von 154,5 mg/l nachgewiesen werden, die erheblich über dem Prüfwert für LHKW gemäß der Bodenschutzverordnung von 10 mg/l liegt“.
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Mit Schreiben vom 22.08.2003 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller das Ergebnis der Gefahrverdachtserkundung mit; im Schreiben hieß es zudem, die Verunreinigungen seien durch den vom Antragsteller geführten Reinigungsbetrieb verursacht worden. Nach gewährter Akteneinsicht erfolgte eine Besprechung der Angelegenheit zwischen den Sachbearbeitern des Antragsgegners und dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 14.11.2003. In diesem Zusammenhang wies der Bevollmächtigte „auf die Möglichkeit hin, dass bereits vor dem Antragsteller im Gebäude xxx eine chemische Reinigung betrieben worden sein könnte“.
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Nachdem der Antragsteller auf weitere behördliche Schreiben vom 29.03. und 03.05.2004 nicht reagierte, erließ der Antragsgegner unter dem 17.06.2004 eine bodenschutzrechtliche Verfügung, mit der dem Antragsteller näher bezeichnete Detailuntersuchungen - gestützt auf § 9 Abs. 2 BBodSchG - aufgegeben wurden. In der Anordnung hieß es u.a.: Die Auswahl der Adressaten sei auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG erfolgt. Als mögliche Adressaten kämen danach sowohl der Verursacher als auch der Grundstückseigentümer in Frage. Ein gesetzliches Rangverhältnis gebe es hierbei nicht. Sowohl der Antragsteller als ehemaliger Betreiber der Reinigung als auch Herr E.N. als Grundstückseigentümer seien daher in das Verfahren miteinbezogen worden. Herr XXXX, der den Schaden nicht verursacht habe, habe zum Schutz seiner Mieter Sofortmaßnahmen durchgeführt und bereits einen nicht unerheblichen Beitrag in Höhe von ca. 7.000,-- EUR geleistet. Insofern habe sich die Behörde entschieden, den tatsächlichen Verursacher der Verunreinigung zur Durchführung der weiteren Erkundungsmaßnahmen heranzuziehen. Die geforderten Maßnahmen seien umgehend, insbesondere im Hinblick auf eine Verhinderung der weiteren Schadensausbreitung, durchzuführen. Durch die erhebliche Bodenluft- und Grundwasserbelastung werde ein dringender Handlungsbedarf ausgelöst. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei deshalb nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse geboten.
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Über den gegen die Anordnung vom Antragsteller am 15.07.2004 erhobenen Widerspruch ist noch nicht entschieden worden.
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Mit dem am 19.07.2004 bei Gericht eingegangenen Antrag beantragt der Antragsteller,
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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die Anordnung des Antragsgegners vom 17.06.2004 wiederherzustellen.
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Zum einen rügt er die Anordnung der sofortigen Vollziehung. In formeller Hinsicht sei die Vollzugsanordnung nicht hinreichend begründet worden; es werde lediglich der Gesetzestext wiederholt sowie das in solchen Fällen übliche standardisierte Argument vorgebracht, es gebe „dringenden Handlungsbedarf“. In materieller Hinsicht fehle es an der erforderlichen besonderen Dringlichkeit an der Verwirklichung des Verwaltungsakts. Dies komme schon dadurch zum Ausdruck, dass zwischen der behaupteten Feststellung der Bodenveränderung und der Verfügung mehr als ein Jahr liege. Zum anderen sei auch die Anordnung vom 17.06.2004 formell und materiell rechtswidrig. Eine ordnungsgemäße Anhörung nach § 28 Abs. 1 LVwVfG sei nicht erfolgt. Zwar sei er unter dem 22.08.2003 von der Gefahrverdachtserkundung unterrichtet worden; der Antragsgegner habe jedoch nicht mitgeteilt, welche Entscheidungen er aufgrund des von ihm ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtige. Darüber hinaus könne er auch nicht als Adressat für die Anordnung herangezogen werden. Die Inanspruchnahme eines bloßen Anscheins - oder Verdachtsstörers sei unzulässig. Der Antragsgegner habe lediglich festgestellt, dass sich auf dem Grundstück Belastungen befänden und er dort einen Reinigungsbetrieb geführt habe. Darüber sei die historische Untersuchung nur unzureichend durchgeführt worden. Denn im Gebäude xxx seien schon vorher ein oder mehrere Reinigungsunternehmen - z.B. Fa. W. - betrieben worden; auch sei die letzte Reinigung nicht ordnungsgemäß geführt worden. Zu Unrecht sei seine Verursachung auch mit einer sorglosen Betriebsführung begründet worden; dabei stütze sich der Antragsgegner im Wesentlichen auf den Vorwurf, dass - zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt - bei einem Teil der Maschinen keine zusätzliche Auffangwanne vorhanden gewesen sei. Tatsächlich sei seine Betriebsführung jedoch überwiegend nicht zu beanstanden gewesen. Eine Nachschau habe ergeben, dass die Reinigungsmaschinen innerhalb der Auffangwannen aufgestellt gewesen seien und ein Wannen-Brauchbarkeitsnachweis vorgelegen habe. Ferner seien die von ihm geforderten Detailuntersuchungen nicht hinreichend bestimmt. Auch sei es ihm unmöglich, seiner Untersuchungspflicht nachzukommen, weil er nicht zur Inanspruchnahme des Grundstücks berechtigt sei.
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Der Antragsgegner beantragt,
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Er trägt ergänzend vor, nach den Ergebnissen der historischen Erhebung sei nur der Antragsteller als Betreiber einer chemischen Reinigung auf dem Grundstück festgestellt worden. Auch der jetzige Grundstückseigentümer habe keine Hinweise auf eine Vornutzung durch einen anderen Betreiber einer chemischen Reinigung; nach seiner Erinnerung habe sich dort vorher eine Fahrschule befunden. Selbst wenn im Nachhinein ein weiterer Betreiber festgestellt würde, so wären die konkreten Anhaltspunkte für den „unsauberen Betrieb“ des Antragstellers Beweis genug, um ihm einen maßgeblichen Anteil an der entstandenen Verunreinigung zusprechen zu können. Mit der Anordnung werde auch nichts rechtlich Unmögliches verlangt, weil das Einverständnis des Grundstückseigentümers zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen auf seinem Grundstück vorliege.
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Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die vom Antragsgegner vorgelegten Akten (3 Bände) verwiesen.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Die sofortige Vollziehung der bodenschutzrechtlichen Anordnung wurde vom Antragsgegner formell hinreichend schriftlich begründet (§ 80 Abs. 3 S. 1 VwGO). Die Vollzugsanordnung erfordert grundsätzlich ein besonderes öffentliches Interesse, das über jenes hinausgeht, welches den Verwaltungsakt rechtfertigt. Der Antragsgegner hat in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt: „Die geforderten Maßnahmen sind umgehend, insbesondere im Hinblick auf eine Verhinderung der weiteren Schadensausbreitung durchzuführen. Durch die erhebliche Bodenluft- und Grundwasserbelastung wird ein dringender Handlungsbedarf ausgelöst. Die Anordnung des Sofortvollzugs war deshalb nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse geboten“. Das besondere Vollzugsinteresse wird seitens der Behörde mithin durch die vorgefundenen erheblichen LHKW-Einträge und die Gefahr einer weiteren Schadensausbreitung konkret begründet; von einer standardisierten Argumentation unter Wiederholung des Gesetzestextes - wie vom Antragsteller behauptet - kann folglich nicht die Rede sein.
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Sind die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfüllt, so ergibt die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene umfassende Interessenbewertung, dass das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Verfügung das private Interesse des Antragstellers überwiegt, jedenfalls bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens von der Vollziehung der Verfügung verschont zu bleiben.
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Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist zunächst das für die Anordnung der sofortigen Vollziehung der bodenschutzrechtlichen Anordnung erforderliche besondere Vollzugsinteresse gegeben. Dieses Interesse ist vor allem anzunehmen bei besonderen Gefahrensituationen, die durch den in Frage stehenden Verwaltungsakt behoben werden sollen. Auf der Grundlage der Gefahrverdachtsuntersuchung der Fa. G.M.F. steht die besondere Eilbedürftigkeit der geforderten weiteren Untersuchungsmaßnahmen außer Frage; nach dem Untersuchungsbericht vom 04.06.2003 besteht unter Berücksichtigung der vorgefundenen LHKW-Konzentrationen eine Gefahr für das Grundwasser über den Wirkungspfad Boden-Grundwasser. Außerdem konnte bereits eine Grundwasserverunreinigung konkret festgestellt werden; der vorgefundene LHKW-Gehalt im Grundwasser überschreitet den entsprechenden Prüfwert der Bundesbodenschutzverordnung um das 15-fache.
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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang mit der Umstand, dass zwischen der Gefahrverdachtserkundung und dem Erlass der streitgegenständlichen Verfügung ca. 1 Jahr liegt. Eine - unterstellte - zögerliche Behandlung durch die zuständige Behörde ändert nichts an der besonderen Dringlichkeit der Sache. Zudem trug der Antragsteller selbst maßgeblich zu der verzögerten Behandlung bei. Indem er sich seit der Besprechung im November 2003 bei der Behörde nicht mehr meldete, obwohl er vorgab, dies zu tun, sobald die Frage einer möglichen Haftung seiner Versicherung geklärt sei, und er auch auf zwei weitere Schreiben der Behörde nicht reagierte, verhinderte er eine vom Antragsgegner ins Auge gefasste kooperative Lösung und hielt diesen ca. ein halbes Jahr von dem Erlass einer Verfügung ab.
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Darüber hinaus bestehen bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage keine Bedenken an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.
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Dies gilt zunächst in formeller Hinsicht. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist er ordnungsgemäß nach § 28 Abs. 1 LVwVfG angehört worden. Bereits im Schreiben vom 22.08.2003 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller - neben dem Ergebnis der Gefahrverdachtsuntersuchung - mit, dass er als Verursacher der Altlast angesehen werde. Laut Aktenvermerk vom 14.11.2003 wurde dem Bevollmächtigten des Antragstellers anlässlich einer Besprechung zudem ausdrücklich die Heranziehung des Antragstellers in Aussicht gestellt. Schließlich informierte die Behörde mit Schreiben vom 03.05.2004 nochmals ausdrücklich darüber, dass eine formelle Entscheidung erfolgen werde. Bei einer Gesamtschau dieser Umstände und unter Berücksichtigung der ihm gewährten Akteneinsicht ist nicht nur von einer umfassenden Information des Antragstellers über den maßgeblichen Sachverhalt auszugehen; aus der Sicht eines objektiven Dritten konnte darüber hinaus kein Zweifel daran bestehen, welche Entscheidung - nämlich eine bodenschutzrechtliche Anordnung zur weiteren Abklärung des Schadensumfangs - die Behörde aufgrund des von ihr ermittelten Sachverhalts zu treffen beabsichtigte.
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Auch in materieller Hinsicht ist die streitgegenständliche Anordnung rechtmäßig.
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a) |
| Besteht aufgrund konkreter Anhaltspunkte der hinreichende Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung oder einer Altlast, kann die zuständige Behörde - wie hier geschehen - gemäß § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG anordnen, dass die in § 4 Abs. 3, 5 und 6 BBodSchG genannten Personen die notwendigen Untersuchungen zur Gefährdungsabschätzung durchzuführen haben. Die Behörde kann auch verlangen, dass Untersuchungen von Sachverständigen oder Untersuchungsstellen nach § 18 BBodSchG durchgeführt werden (§ 9 Abs. 2 BBodSchG). Nach Überzeugung der Kammer kann davon ausgegangen werden, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Eingriffsermächtigung des § 9 Abs. 2 BBodSchG erfüllt sind. Es ist bereits geklärt, dass sowohl der Boden als auch das Grundwasser im Bereich des Grundstücks xxx in Rastatt stark durch LHKW-Einträge verunreinigt worden ist. Die Ergebnisse der von der Fa. G.M.F. durchgeführten Untersuchungen geben Grund zu der Annahme, dass diese Kontamination des Bodens bereits zu erheblichen Verunreinigungen des Grundwassers geführt hat und dass die konkrete Gefahr weiterer Grundwasserverunreinigungen besteht (vgl. den Untersuchungsbericht der Fa. G.M.F. vom 04.06.2003). Bislang noch nicht ausreichend geklärt ist die horizontale und vertikale Ausdehnung der LHKW-Bodenbelastung sowie die Ausdehnung der LHKW-Grundwasserbelastung. Ferner ist bisher nicht auszureichend geklärt, in welchem Umfang durch die LHKW-Verunreinigungen gesundheitsgefährdende Ausgasungen im Gebäude stattfinden. Es ist daher notwendig im Sinne des § 9 Abs. 2 S. 1 BBodSchG, die in der angegriffenen Verfügung angeordneten Untersuchungen in Form von Raumluftproben, Bodenluftproben, Bodenproben sowie Wasserproben auf der Grundlage einer neuen Grundwassermessstelle zur Gefahrenabschätzung durchzuführen. Anhaltspunkte für eine Unbestimmtheit der angeordneten Untersuchungen sind nicht ersichtlich, zumal der Antragsteller diese lediglich pauschal behauptet, jedoch in keiner Weise konkretisiert hat. |
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b) |
| Ferner hat der Antragsgegner den Antragsteller bei summarischer Prüfung des Sachverhalts zu Recht als Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast im Sinne von § 4 Abs. 3 BBodSchG angesehen. Die in diesem Zusammenhang erfolgte Behauptung des Antragstellers, „in dem Gebäude XXXXX hätten sich schon vor 1965 ein oder mehrere Reinigungsbetriebe befunden bzw. die angebliche Vorgängerreinigung sei nicht ordnungsgemäß geführt worden“, kann hier dahinstehen; es bedarf insbesondere keiner Entscheidung, ob im Rahmen der historischen Untersuchung des Grundstücks ausreichende Ermittlungen hinsichtlich des Zeitraums vor 1965 angestellt wurden. Denn der Antragsteller ist jedenfalls als „Mitverursacher“ eine Altlast im Sinne des § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG anzusehen. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat für die Fragestellung eines Zusammentreffens mehrerer Verursacher in seinem Beschluss vom 03.09.2002 (Az: 10 S 957/02, VBlBW 2004, 100) folgende Grundsätze aufgestellt: |
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Der Senat geht in Fortführung seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass, wenn verschiedene Anlagenbetreiber nacheinander zu einer Verunreinigung des Bodens und Grundwassers des von ihnen betrieblich genutzten Grundstücks beigetragen haben, auch derjenige von ihnen zur Altlasterkundungs- und -sanierungsmaßnahmen herangezogen werden kann, der den möglicherweise geringeren Beitrag zu der Verunreinigung geleistet hat; Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass sein Anteil an der Verunreinigung auch für sich betrachtet ein Einschreiten der zuständigen Behörde unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit rechtfertigen würde (vgl. Urt. d. Senats v. 19.10.1993, NVwZ-RR 1994, 565 u. v. 15.05.2001; NVwZ 2001, 1297; vgl. ferner Niedersächsisches OVG, B .v. 07.03.1997, NJW 1998,97; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29.03.1984, UPR 1984, 279).
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Die Heranziehung eines Anlagenbetreibers als (Mit-)Verursacher einer Bodenverunreinigung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn seine (Mit-) Verantwortlichkeit objektiv feststeht. Eine Verursacherhaftung nach § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG lässt sich nicht auf bloße Vermutungen zu etwaigen Kausalverläufen stützen. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG begründet keine „konturenlose Gefährdungshaftung für jegliche Folgen gewerblicher Tätigkeit wegen objektiv gefahrenträchtigen Verhaltens“ (vgl. B. d. Senats v. 11.12.2000, NVwZ-RR 2002, 16). Allerdings ist für den Bereich des Altlastenrechts dem Umstand Rechnung zu tragen, dass es vor allem bei gewerblich genutzten Grundstücken sehr häufig nicht möglich sein wird, den konkreten Nachweis zu führen, welcher von mehreren Grundstücksnutzern eine Bodenverunreinigung verursacht hat. Dies gilt vor allem dann, wenn auf dem Grundstück über einen längeren Zeitraum hinweg ein gefahrenträchtiger Gewerbebetrieb geführt worden ist und die Betriebsinhaberschaft während dieser Zeit gewechselt hat. In Fällen dieser Art ist nicht zwangsläufig allein der Grundstückseigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft nach § 4 Abs. 3 BBodSchG zur Verantwortung zu ziehen. Dieser Ansatz würde angesichts der typischen Nachweisproblematik bei Altlastenfällen der Konzeption des § 4 BBodSchG nicht gerecht. Der Gesetzgeber hat die Haftung des Verursachers einer Bodenverunreinigung gleichrangig neben diejenige des Grundstückseigentümers und Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft gestellt. Die Anforderungen an den Nachweis der Verursachung einer Verunreinigung sind daher nicht so hoch anzusetzen, dass im praktischen Ergebnis bei für das Altlastenrecht typischen Fallkonstellationen die Zustandshaftung des Grundstückseigentümers und Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft den Regelfall, die Inanspruchnahme des Verursachers hingegen die Ausnahme bildet. Andererseits begründet - wie gezeigt - § 4 Abs. 3 BBodSchG keine vom Nachweis eines Kausalzusammenhangs unabhängige Gefährdungshaftung desjenigen, der ein objektiv gefahrträchtiges Verhalten an den Tag legt. Die Führung eines Unternehmens, in dem mit Grundwasser gefährdenden Stoffen umgegangen wird, bildet für sich allein noch keine ausreichende Grundlage für die Inanspruchnahme einer Person als Verursacher. Dies gilt jedenfalls dann, wenn noch andere Personen, insbesondere frühere Betriebsinhaber, als Verursacher in Betracht kommen. Kann der Nachweis der als Verursacher verantwortlich gemachten Person nicht erbracht werden, müssen zum Ausschluss spekulativer Erwägungen und bloßer Mutmaßungen wenigstens objektive Faktoren als tragfähige Indizien vorhanden sein, die den Schluss rechtfertigen, zwischen dem Verhalten der Person und der eingetretenen Gefahrenlage bestehe ein gesicherter Ursachenzusammenhang (st. Rspr. d. Senats; vgl. etwa B. v. 11.12.2000, NVwZ-RR 2002, 16).
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Ausgehend von diesen Kriterien sind hier in ausreichendem Umfang objektive Faktoren als tragfähige Indizien vorhanden, die den Schluss auf einen relevanten Ursachenzusammenhang zwischen der Führung des Betriebs des Antragstellers und dem Eintritt jedenfalls eines erheblichen Teils der festgestellten Bodenverunreinigungen rechtfertigen.
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Objektive Verdachtsmomente in diesem Sinne ergeben sich hierbei vor allem aus zwei Umständen: Zum einen fand während der langjährigen Dauer (1969 bis 1995), in der der Antragsteller seinen Reinigungsbetrieb führte, ein Betriebssystem Anwendung, das regelmäßig den „offenen“ Umgang mit LHKW-haltigen Stoffen erforderte und demgemäß den Eintritt des Verlusts kleinerer Mengen dieser Stoffe im täglichen Umgang ermöglichte. Im Betrieb des Antragstellers waren zwei Reinigungsmaschinen im Einsatz, die jeweils austrittsgefährdende Bereiche, wie etwa Einfüllbereich, Lösemittelpumpe, Öffnung zur Schlammentfernung etc., aufwiesen. Das System erforderte die Verwendung und ständige Lagerung größerer Mengen von Lösemitteln und Hilfsmitteln (Reinigungsverstärker, Detachiermittel); diese Lagerung erfolgte im Umfeld der Reinigungsmaschinen, im Keller und im Hof des Anwesens XXX. Im Rahmen der Gefahrverdachtserkundung konnte gerade in diesen Bereichen, in denen nach dem Vorstehenden wohl mit dem Eintritt von LHKW-Verlusten zu rechnen war, erhebliche Verunreinigungen des Bodens festgestellt werden. Darüber hinaus konnte das Wasserwirtschaftsamt Karlsruhe im Jahre 1997 beim Betrieb der beiden Reinigungsmaschinen gravierende Unregelmäßigkeiten feststellen; beide Reinigungsmaschinen waren nicht mit den erforderlichen Auffangwannen ausgestattet, insbesondere die Manipulationsbereiche der Reinigungsmaschinen (Einfüllbereich, Lösemittelpumpe, Flusenfänger, Öffnung zur Schlammentfernung) sowie des Aktivkohleluftfilters (Abscheider, Ablassventil für Kondensat, Auffangbehälter) waren durch keinerlei die Versickerung hindernde Gefäße gesichert. Dass mit dieser Betriebsführung des Antragstellers ein erhebliches Risiko des Eintritts von Bodenverunreinigungen verbunden gewesen ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
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Nicht nachvollziehbar ist insbesondere die in diesem Zusammenhang erfolgte Einlassung des Antragstellers, „zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt sei bei einem Teil der Maschinen keine zusätzliche Auffangwanne vorhanden gewesen“. Das Fehlen der Auffangwanne bezog sich - wie dargelegt - gerade auf sämtliche risikobehafteten Bereiche der Reinigungsmaschinen. Zudem dürften die Auffangwannen nicht lediglich zu einem bestimmten Zeitpunkt im Jahre 1987 - dem Kontrollzeitpunkt durch das Wasserwirtschaftsamt Karlsruhe - gefehlt haben. Vielmehr spricht alles dafür, dass die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen seit Beginn des Betriebs im Jahre 1965 bis zur erfolgten Nachrüstung der Reinigungsmaschinen im Jahre 1989 nicht vorhanden waren.
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Der zweite Gesichtspunkt ergibt sich aus dem Umstand, dass die mit dem Umgang mit LHKW verbundenen Umweltrisiken erst zu Beginn der 80er bekannt geworden sind. Erst ab dieser Zeit kam es in der Reinigungsbranche flächendeckend zum verstärkten Einsatz von Sicherungseinrichtungen gegen den unkontrollierten Austritt von LHKW (vgl. VGH Bad.-Württ., B. v. 03.09.2002 aaO.). Gerade das dargestellte Verhalten des Antragstellers bezüglich der Installierung von Auffangwannen zeigt den praktizierten sorglosen Umgang mit LHKW-haltigen Stoffen, und zwar im hier zu beurteilenden Betrieb des Antragstellers nicht nur bis zum Beginn der 80er, sondern bis zum Beginn der 90er Jahre.
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Vor dem Hintergrund dieser - belegten - objektiven Verdachtsmomente kann offen bleiben, ob darüber hinaus - wie vom Antragsgegner behauptet - die in den Jahren von 1988 bis 1994 gemessenen Raumluftkonzentrationen an Tetrachlorethen in den Betriebsräumen des Antragstellers und in der darüberliegenden Wohnung als weiteres tragfähiges Indiz für eine Bodenverunreinigung durch den Antragsteller anzusehen sind. Der Umstand, das über lange Jahre deutlich überhöhte Raumluftkonzentrationen festgestellt wurden und diese vom Antragsteller trotz vielfacher Aufforderungen nicht nennenswert reduziert werden konnten, spricht jedenfalls für einen nichtsachgerechten Umgang mit LHKW-haltigen Stoffen. Ob sich allerdings aus der gemessenen-erhöhten-Raumluftkonzentration ein Rückschluss auf die festgestellte Bodenverunreinigung ziehen lässt, kann seitens des Gerichts nicht ausreichend beurteilt werden; insoweit fehlt es bislang an einer qualifizierten fachtechnischen Stellungnahme.
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c) |
| Auch die vom Antragsgegner vorgenommene Störerauswahl ist nicht zu beanstanden. Die Behörde hat sich bei der Ausübung des ihr eingeräumten Auswahlermessens vom Verursacherprinzip leiten lassen. Die grundsätzliche Berechtigung der Umsetzung dieses Prinzips bei der Ausübung des durch § 9 Abs. 2 i.V.m. § 4 Abs. 3 BBodSchG eröffneten Auswahlermessens steht außer Frage (vgl. etwa Giesberts in: Fluck, Kreislaufwirtschafts-, Abfall- und Bodenschutzrecht, § 4 BBodSchG, Rn. 231). Zudem hat der Eigentümer des Grundstücks, Herr E.N., für Sofortmaßnahmen in Form von Untersuchungen und Maßnahmen zum der Bewohner des Anwesens XXX bereits ca. 7.000,-- EUR aufgewandt. |
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Ein Ermessensfehler kann auch nicht im Hinblick auf den Vortrag des Antragstellers, es seien schon zuvor ein oder mehrere Reinigungsunternehmen im Gebäude XXX betrieben worden, angenommen werden. Die entsprechenden Nachforschungen der Behörde konnten jedenfalls bislang diese Behauptung des Antragstellers nicht bestätigen; nach Aussage des jetzigen Grundstückseigentümers soll sich in dem Gebäude vor dem Reinigungsbetrieb des Antragstellers eine Fahrschule befunden haben. Der Antragsteller hat seine diesbezügliche Behauptung auch erstmals im streitgegenständlichen Eilverfahren konkretisiert, indem er eine „Fa.XXX“ als vorherigen Reinigungsbetrieb bezeichnete. Allerdings ist - nach eigenem Vortrag des Antragstellers - der Inhaber des angeblichen Fa. XXX „für die Behörden nicht mehr ermittelbar verschwunden. Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls bezogen auf die streitgegenständliche Erkundungsanordnung nach § 9 Abs. 2 BBodSchG nicht zu beanstanden, wenn die Behörde auf den bislang bekannten Verursacher zurückgreift; angesichts der dargestellten Eilbedürftigkeit der Sache und des vom Antragsteller voraussichtlich aufzubringenden Betrags von lediglich 6.000,-- EUR brauchte die Behörde weitere Ermittlungen nicht abzuwarten. Zur Vermeidung weiteren Rechtsstreits weist die Kammer allerdings darauf hin, dass die Behörde vor Erlass der - wohl kostenaufwendigen - Sanierungsanordnung für das Anwesen die Frage der in Betracht kommenden Verursacher umfassend abzuklären haben wird (etwa auch - soweit möglich - durch die Befragung des vorherigen Grundstückseigentümers).
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d) |
| Die streitgegenständliche Anordnung ist schließlich auch nicht deshalb rechtswidrig, weil dem Antragsteller die Durchführung der geforderten Untersuchungen rechtlich unmöglich wäre. Der Grundstückseigentümer forderte die Behörde mit Schreiben vom 04.06.2004 auf, den Antragsteller als Handlungsstörer in Anspruch zu nehmen und ihn zu verpflichten, die Bodenuntersuchungen auf seinem Grundstück durchzuführen. Hierin dürfte eine Zustimmung des Eigentümers zur Inanspruchnahme des Grundstücks liegen. Deshalb musste die Behörde keine Duldungsverfügung gegenüber dem Eigentümer aussprechen. Im Übrigen führt das Fehlen einer Duldungsverfügung nicht zur Rechtswidrigkeit der Verfügung, sondern hindert lediglich deren Durchsetzbarkeit. |
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